LVwG-490015/9/Zo

Linz, 01.12.2015

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Gottfried Zöbl über die Beschwerde der A. L., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P. R., x, I., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg vom
21. Juli 2015, GZ: Pol96-47-2015, wegen Verhängung einer Zwangsstrafe nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1.       Mit Bescheid vom 21. Juli 2015, Pol96-47-2015, verhängte die Bezirks­hauptmannschaft Perg (im Folgenden: belangte Behörde) über die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) eine Zwangsstrafe gemäß § 5 Verwal­tungsvollstreckungsgesetz 1991 – VVG wie folgt:

 

„I. Bescheid über eine Zwangsstrafe

Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat am 07.07.2015 um 20.30 Uhr die teilweise Betriebsschließung des Lokals ‘ L. in K., x, nämlich die Schließung des als `S.´bezeichneten Raumes, mündlich gegenüber dem anwesenden Kellner verfügt.

Am 09.07.2015 wurde darüber ein Bescheid gemäß § 56a Abs. 3 Glücksspielgesetz (GSpG) zugestellt.

Als Lokalbetreiberin waren Sie aufgrund der teilweisen Betriebsschließung verpflichtet, die Wiederaufnahme des Betriebs des Raumes mit der Bezeichnung `S.´ am Standort zu unterlassen.

Da Sie diese Verpflichtung verletzt haben, wird die für den Fall der Wiederaufnahme des Betriebes angedrohte Zwangsstrafe über Sie verhängt:

Geldstrafe von             Haft von

4.000 Euro

Rechtsgrundlage:    § 5 Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 (WG) iVm § 52a GSpG „

 

Dieser Bescheid wurde zusammengefasst damit begründet, dass die teilweise Schließung des Raumes mit der Bezeichnung „S.“ mit Bescheid vom 9.7.21015 angeordnet und gleichzeitig für den Fall der Wiederaufnahme des Betriebes die Verhängung einer Zwangsstrafe in Höhe von 8.000 € angedroht worden sei. Bei einer Kontrolle am 16.07.2015 um 16.15 Uhr sei von Polizeibeamten festgestellt worden, dass das „S.“ geöffnet gewesen sei. Das von der Finanzpolizei angebrachte Siegel sei von G. L. (dem Gatten der Bf) entfernt worden. Das beschlagnahmte Glücksspielgerät oder ein anderes dem GSpG unterliegendes Gerät habe sich nicht im „S.“ befunden. Sie sei daher Ihrer Verpflichtung zur Schließung des Raumes nicht nachgekommen, wegen des Fehlens eines Glücksspielgerätes habe aber eine niedrigere als die angedrohte Zwangsstrafe verhängt werden können.

 

I.2.       Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitige Beschwerde der Bf, in der die Anträge gestellt wurden, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben und eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Die Beschwerde wurde zusammengefasst damit begründet, dass binnen drei Tagen ab der mündlich verfügten Betriebsschließung an die Bf kein Betriebsschließungsbescheid ergangen sei. Dieser sei ausschließlich dem damals noch nicht bevollmächtigten nunmehrigen Vertreter innerhalb der 3-Tage-Frist zugestellt worden. Die Betriebsschließung gelte daher ex lege als aufgehoben. Darauf hätte die Bf auch vertrauen dürfen, weil sie über die entsprechende – zutreffende – Rechtsauskunft verfügt habe.

 

Der Bf gegenüber sei die Verhängung einer Zwangsstrafe nicht ausdrücklich angedroht worden. Der Spruch des Bescheides sei nicht hinreichend konkretisiert, weil diesem nicht zu entnehmen sei, wann und wie die Bf gegen ihre angebliche Verpflichtung verstoßen habe. Die Verhängung einer Zwangsstrafe zur Durchsetzung einer unionsrechtswidrigen Sanktion stelle selbst einen Verstoß gegen das unionsrechtlich begründete Anwendungsverbot der österreichischen Glücksspielnormen dar. Zu dieser behaupteten Unionsrechtswidrigkeit wurden umfangreiche Ausführungen gemacht.

 

I.3.       Mit Schreiben vom 19.08.2015 legte die belangte Behörde die gegenständliche Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsakt dem
Oö. Landesverwaltungsgericht vor. Eine Beschwerdevorentscheidung wurde nicht erlassen. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 20.10.2015.

 

I.4.       Es steht folgender entscheidungsrelevante  S a c h v e r h a l t  fest:

 

Mit Bescheid vom 9.7.2015, Pol96-47-2015 wurde die Schließung des als „S.“ bezeichneten Raumes des Betriebs „L.“ in K., x, mit Wirkung ab 07.07.2015, 20.30 Uhr angeordnet. Dieser Bescheid wurde dem Vertreter der Bf per Telefax am 9.07.2015 sowie per RSb am 13.07.2015 zugestellt. Am selben Tag wurde er auch der Bf persönlich zugestellt. Mit diesem Bescheid drohte die belangte Behörde für den Fall der Wiederaufnahme des Betriebs im als „S.“ bezeichneten Raum entgegen der verfügten Betriebsschließung gemäß § 5 Abs 2 VVG die Verhängung einer Zwangsstrafe von 8.000 Euro an und führte dazu aus, dass gemäß § 52a GSpG iVm § 5 Abs 3 VVG Zwangsstrafen bis 22.000 Euro vorgesehen sind.

 

Das LVwG Oberösterreich hat mit Beschluss vom 17.11.2015, LVwG-410911 die Beschwerde gegen den o.a. Betriebsschließungsbescheid als verspätet zurückgewiesen.

 

Bei einer Kontrolle des Lokales durch einen Polizeibeamten am 16.07.2015 um 16.50 Uhr wurde festgestellt, dass das „S.“ geöffnet war. Der Gatte der Bf gab gegenüber dem Polizisten an, dass das Lokal für gastwirtschaftliche Zwecke benötigt werde.

 

Hinsichtlich des Vollmachtsverhältnisses zwischen der Bf und ihrem Rechtsvertreter zum Zeitpunkt der Zustellung des Betriebsschließungsbescheides stellt sich der Sachverhalt wie folgt dar:

 

Bereits am 6.05.2015 hatte im Lokal „ L.“ in K. eine Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz stattgefunden. Im Zuge dieser Kontrolle wurde ein Glücksspielgerät vorläufig beschlagnahmt. Die Bezirks­hauptmannschaft Perg hat mit Schreiben vom 8.05.2015, Pol96-33-2015, die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, dass sie davon ausgeht, dass diese Inhaberin des vorläufig beschlagnahmten Glücksspielgerätes sei und sie aufge­fordert, den Eigentümer sowie den Veranstalter bekannt zu geben. Weiters wurde die Beschwerdeführerin darüber informiert, dass die Behörde beabsichtigt, die Beschlagnahme über dieses Gerät zu verfügen. In einem gesonderten, grafisch herausgehobenen Absatz, wurde die Beschwerdeführerin gem. § 56a Abs. 1 GSpG aufgefordert, die Veranstaltung bzw. Durchführung von Glücks­spielen unverzüglich einzustellen. Sie wurde darüber informiert, dass für den Fall, dass neuerlich betriebsbereite Glücksspielgeräte vorgefunden werden, ohne vorausgegangenes Verfahren die (teilweise) Schließung des Betriebes verfügt werden kann. Der Betreff des ggst. Schreibens lautet wörtlich wie folgt:

„Kontrolle vom 6.5.2015 nach dem Glücksspielgesetz  im Lokal „ L.“, x, K.;

-   vorläufige Beschlagnahme von Glücksspielgeräten

-   Einleitung des Beschlagnahmeverfahrens

-   Androhung der Betriebsschließung.“

 

Als Reaktion auf dieses Schreiben langte bei der Bezirkshauptmannschaft Perg am 26.05.2015 ein E-Mail des nunmehrigen Vertreters der Beschwerdeführerin unter Bezugnahme auf die Aktenzahl Pol96-33-2015-KG mit folgendem Inhalt ein:

„Ich teile mit, dass mich auch Frau A. L. mit ihrer rechts­freundlichen Vertretung beauftragt und bevollmächtigt hat.

Sie ist Inhaberin des „L.“. Wie bereits mitgeteilt ist die U. Int. s.r.o. Eigentümerin der Geräte und Veranstalterin der Spiele.“

 

 

II.         Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und dem Ergebnis der Verhandlung vom 20.10.2015.

 

III.        Gemäß § 5 Abs. 1 Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 – VVG, BGBl
Nr. 53/1991, zuletzt geändert durch BGBl I Nr. 3/2008, wird die Verpflichtung zu einer Duldung oder Unterlassung oder zu einer Handlung, die sich wegen ihrer eigentümlichen Beschaffenheit nicht durch einen Dritten bewerkstelligen lässt, dadurch vollstreckt, dass der Verpflichtete von der Vollstreckungsbehörde durch Geldstrafen oder durch Haft zur Erfüllung seiner Pflicht angehalten wird.

 

Gemäß § 5 Abs. 2 VVG hat die Vollstreckung mit der Androhung des für den Fall des Zuwiderhandelns oder der Säumnis zur Anwendung kommenden Nachteiles zu beginnen. Das angedrohte Zwangsmittel ist beim ersten Zuwiderhandeln oder nach fruchtlosem Ablauf der für die Vornahme der Handlung gesetzten Frist sofort zu vollziehen. Gleichzeitig ist für den Fall der Wiederholung oder des weiteren Verzuges ein stets schärferes Zwangsmittel anzudrohen. Ein ange­drohtes Zwangsmittel ist nicht mehr zu vollziehen, sobald der Verpflichtung ent­sprochen ist.

 

Gemäß § 5 Abs. 3 VVG dürfen die Zwangsmittel in jedem einzelnen Fall an Geld den Betrag von 726 Euro, an Haft die Dauer von vier Wochen nicht übersteigen.

 

Gemäß § 52a GSpG tritt für die Vollstreckung eines Bescheides nach diesem Bundesgesetz an die Stelle des im § 5 Abs. 3 VVG vorgesehenen Betrages der Betrag von 22.000 Euro.

 

Gemäß § 56a Abs. 3 Glücksspielgesetz – GSpG, BGBl Nr. 620/1989, zuletzt geändert durch BGBl I Nr. 112/2012, ist über eine Verfügung nach Abs. 1 (Betriebsschließung) binnen drei Tagen ein schriftlicher Bescheid zu erlassen, widrigenfalls die Verfügung als aufgehoben gilt. (...)

 

Gemäß § 56a Abs. 5 GSpG kommt ordentlichen Rechtsmitteln gegen Bescheide über Verfügungen nach Abs. 1 (Betriebsschließungen) keine aufschiebende Wirkung zu.

 

 

IV.       Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

IV.1.    Normzweck des § 5 VVG ist die Durchsetzung einer unvertretbaren Leistung, im gegenständlichen Verfahren also die Schließung des „S.s“ im verfahrensgegenständlichen Lokal. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 4.11.2009, 2009/17/0006, ausgeführt hat, ist die Schließung eines Betriebs gemäß § 56a GSpG eine unvertretbare Leistung: „Die (...) Vollstreckungsverfügung bezeichnet als Titelbescheid den Bescheid (...), mit dem gemäß § 56a Glücksspielgesetz die Schließung des Betriebes (der Beschwerdeführerin) in den näher umschriebenen Räumlichkeiten angeordnet worden war. Die angeordnete Schließung des Betriebes bedeutet, dass die Beschwerdeführerin den Betrieb einzustellen und die weitere Führung dieses Betriebes zu unterlassen habe; es handelt sich daher um eine unvertretbare Verhaltensweise und um eine Unterlassung.“

 

Der Titelbescheid bezeichnet die Räumlichkeiten, in denen die Schließung des Betriebs mit Wirkung vom 07.07.2015 angeordnet wurde, nämlich das „S.“. Er wurde der Bf zuhanden ihres rechtsfreundlichen Vertreters nachweislich am 09.07.2015 zugestellt. Gemäß § 56a Abs. 3 GSpG wurde der Titelbescheid somit rechtzeitig erlassen. Zum Vollmachtsverhältnis zwischen der Bf und ihrem jetzigen Vertreter zum damaligen Zeitpunkt - und damit zur Wirksamkeit dieser Zustellung - ist Folgendes auszuführen:

 

Die Vollmacht eines beruflichen Parteienvertreters umfasst – sofern nicht ausdrücklich etwas anderes behauptet wird – auch die Zustellvollmacht. Entscheidend ist daher, ob die Behörde zum Zeitpunkt der Zustellung an den Vertreter der Beschwerdeführerin am 9.07.2015 dessen Erklärung vom 26.05.2015 zu Recht so verstehen durfte, dass auch das Betriebsschließungsverfahren vom Vollmachtverhältnis umfasst war.

 

Der Umfang der Vertretungsbefugnis richtet sich nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nach der Parteienerklärung, wobei diese objektiv zu verstehen ist. Wenn sich ein berufsmäßiger Parteienvertreter auf die ihm erteilte Vollmacht beruft, so ist für den Umfang der Vertretungsbefugnis seine Behauptung maßgebend (VwGH 24.06.1999, 97/15/0131). Parteienerklärungen (also auch die Mitteilung des Rechtsanwaltes, welcher sich auf eine ihm erteilte Vollmacht beruft) sind ausschließlich nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen (VwGH 5.09.2008, 2005/12/0068 ua.). Entscheidend ist, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der Aktenlage objektiv verstanden werden muss (VwGH 19.01.2011, 2009/08/0058). Bei eindeutigem Inhalt eines Anbringens sind davon abweichende, nach außen nicht zum Ausdruck gebrachte Absichten und Beweggründe grundsätzlich ohne Belang (VwGH 18.06.1996, 94/04/0183 ua.).

 

Im konkreten Fall hat der nunmehrige Vertreter der Beschwerdeführerin der Bezirkshauptmannschaft Perg unter Bezugnahme auf das Aktenzeichen
Pol96-33-2015-KG mitgeteilt, dass ihn die Beschwerdeführerin mit ihrer rechtsfreundlichen Vertretung beauftragt und bevollmächtigt hat. Diese Mitteilung stellt eine Reaktion der Beschwerdeführerin (bzw. deren Vertreter) auf das Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 8.05.2015,
Zl. Pol96-33-2015 dar, wobei die Behörde in diesem Schreiben im Betreff
drei Punkte angeführt hat, nämlich 1. die vorläufige Beschlagnahme von Glücksspielgeräten, 2. die Einleitung des Beschlagnahmeverfahrens und 3. die Androhung der Betriebsschließung. Die Information betreffend die Betriebs­schließung wurde in diesem Schreiben grafisch deutlich herausgehoben. Unter diesen Umständen besteht nach hs. Ansicht kein Zweifel daran, dass sich die Erklärung des Vertreters der Beschwerdeführerin, mit welcher er sich auf die ihm erteilte Vollmacht beruft, auf alle drei im Betreff dieses Schreibens angeführten Verfahrensgegenstände – also auch die Betriebsschließung - bezieht.

 

Die Androhung der Betriebsschließung bildet gemäß § 56a Abs. 1 GSpG eine notwendige Voraussetzung für die spätere Schließung des Betriebes, woraus abzuleiten ist, dass das Verfahren betreffend die Betriebsschließung bereits mit diesem Androhungsschreiben eingeleitet wird. Der Umstand, dass der spätere Betriebsschließungsbescheid mit einer anderen Aktenzahl (konkret
Pol96-47-2015) erlassen wurde, ändert daran nichts. Der Vertreter der Beschwerde­führerin hat sich unter Bezugnahme auf ein Schreiben der Bezirkshaupt­mannschaft Perg, mit welchem unter anderem die Betriebsschließung angedroht wurde, auf die ihm von der Beschwerdeführerin erteilte Vollmacht berufen. Die Behörde ist daher zu Recht vom Vorliegen einer Vollmacht auch im Betriebs­schließungsverfahren ausgegangen und war daher berechtigt und verpflichtet, den Schließungsbescheid an den Vertreter der Beschwerdeführerin zuzustellen.

 

Der Vertreter der Beschwerdeführerin machte geltend, dass er sich ausdrücklich auf die Aktenzahl Pol96-33-2015 bezogen hat und es sich dabei um die Aktenzahl des behördlichen Beschlagnahmeverfahrens gehandelt hat. Dies ändert aber nichts daran, dass die Behörde unter dieser Aktenzahl auch das Betriebsschließungsverfahren angedroht und damit eingeleitet hat. Hätte sich der Vertreter der Beschwerdeführerin in seinem Schreiben vom 26.05.2015 nur auf die ihm für das Beschlagnahmeverfahren erteilte Vollmacht berufen wollen, so hätte er dies entsprechend klarstellen müssen.

 

Im ggst. Fall bestand nach hs. Ansicht für die Behörde auch kein Grund, den Umfang der Vollmacht gemäß § 13 Abs. 3 AVG zu klären. Dies deshalb, weil die Androhung der Betriebsschließung in jenem Schreiben, auf welches sich der Vertreter der Beschwerdeführerin in seiner Berufung auf die ihm erteilte Vollmacht bezog, ausdrücklich angeführt ist und von einem berufsmäßigen Parteienvertreter erwartet werden muss, dass er sich für einen Fall, in welchem mit einem Schreiben der Behörde mehrere Verfahren angeführt sind und sich seine Vollmacht nur auf eines dieser Verfahren bezieht, diesen Umstand in der Vollmachterklärung darlegt.

 

Zusammengefasst wurde der Betriebsschließungsbescheid innerhalb der dreitägigen Frist zugestellt, weshalb die Schließung des „S.s“ entgegen dem Beschwerdevorbringen nicht ex lege außer Kraft getreten, sondern wirksam angeordnet wurde. Sollte die Bf tatsächlich eine anderslautende – nach hs. Ansicht unzutreffende – Rechtsauskunft erhalten haben, so hätte sie nicht auf diese vertrauen dürfen, sondern sich bei der zuständigen Behörde erkundigen müssen.

 

IV.2.    Gemäß § 5 Abs. 2 VVG hat die Vollstreckung mit der Androhung des Zwangsmittels zu beginnen und ist beim ersten Zuwiderhandeln oder nach fruchtlosem Ablauf der für die Vornahme der Handlung gesetzten Frist sofort zu vollziehen. Die belangte Behörde hat im Titelbescheid die Schließung des „S.s“ mit Wirkung ab 7.07.2015 angeordnet. Ab diesem Zeitpunkt war die Bf verpflichtet, das „S.“ geschlossen zu halten. Dennoch war es bei der Kontrolle am 16.07.2015 geöffnet, wobei der Gatte der Bf angab, dass es für die Gastwirtschaft benötigt werde. Die Bf ist daher ihrer Verpflichtung aus dem Titelbescheid nicht nachgekommen.

 

IV.3.    Sache des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens ist die Rechtmäßigkeit der Verhängung einer Zwangsstrafe nach dem VVG, nicht die Rechtmäßigkeit des Titelbescheids. Auf die behauptete Unionsrechtswidrigkeit des Titelbescheids war daher nicht näher einzugehen. Zusätzlich ist auch kein Auslandsbezug ersichtlich. Vielmehr hätte die Bf der Verpflichtung zur Schließung des Betriebs unverzüglich nachzukommen gehabt, zumal ihrer Beschwerde gegen den Bescheid, mit dem die Schließung angeordnet wurde, gemäß § 56a Abs. 5 GSpG ex lege keine aufschiebende Wirkung zukommt. Der Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass für den Fall, dass einer Beschwerde gegen einen Titelbescheid keine aufschiebende Wirkung zukommt, die in diesem Bescheid ausgesprochene Verpflichtung sofort vollstreckbar wird (vgl jüngst VwGH 27.01.2015, 2012/11/0180, uHa VwGH v 11.04.2000, 99/11/0353; vgl auch VwGH 20.02.1997, 96/07/0202). Zumal die Bf der Anordnung der Betriebsschließung zuwidergehandelt hat, wie sich aufgrund der polizeilichen Kontrolle ergeben hat und was von der Bf auch nicht bestritten wurde, war das angedrohte Zwangsmittel gemäß § 5 Abs. 2 VVG sofort zu vollziehen.

 

IV.4.    Zur Höhe der verhängten Zwangsstrafe ist festzuhalten, dass diese unter einem Viertel des mögliches Ausmaßes gemäß § 52a GSpG iVm § 5 Abs. 3 VVG festgesetzt wurde. Die Bf hat zur Höhe der verhängten Zwangsstrafe nichts Konkretes vorgebracht, die Festsetzung in der Höhe von weniger als einem Viertel des höchstmöglichen Ausmaßes erscheint nicht unangemessen. Im Titelbescheid hat die belangte Behörde der Bf eine Zwangsstrafe in Höhe von 8.000 € angedroht. Diese Androhung ist offensichtlich an die Adressatin des Titelbescheides, also die Bf, gerichtet. Das anderslautende Beschwerdevorbringen kann nicht nachvollzogen werden. In der hier bekämpften Vollstreckungsverfügung wurde jedoch (nur) eine Zwangsstrafe von 4.000 € verhängt. In der Vollstreckungsverfügung darf grundsätzlich nur jene Vollstreckungsmaßnahme angeordnet werden, welche vorher angedroht wurde. Die Verhängung einer niedrigeren als der angedrohten Geldstrafe erscheint jedoch zulässig, weil die Bf dadurch nicht benachteiligt werden kann.

 

Bei der Zwangsstrafe handelt es sich um eine Vollstreckungsmaßnahme, nicht aber um ein Straferkenntnis. Im Spruch muss daher nur die verhängte Zwangsstrafe konkret angeordnet werden. Wann und auf welche Weise die Bf gegen den Titelbescheid verstoßen hat, ist in der Begründung darzulegen, es handelt sich dabei aber – weil gerade kein Strafverfahren vorliegt – nicht um einen notwendigen Bestandteil des Spruches.

 

 

V.        Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu Vollstreckungsverfügungen gem. § 5 VVG ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Mag. Gottfried Zöbl

Beachte:

Die Revision wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 30. März 2016, Zl.: Ra 2016/09/0022-3