LVwG-200010/2/Sch/CG

Linz, 19.11.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Schön über die Beschwerde der Frau M. E., x, E., vom 2. Oktober 2015 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 7. September 2015, GZ: Bi96-1-2015, mittels welchem eine Ermahnung wegen einer Übertretung des Schulpflichtgesetzes 1985 erteilt worden war,

 

zu Recht  e r k a n n t :

 

 

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.  

 

 

II.         Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision der Beschwerdeführerin an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

Zu I.:

1.           Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden (im Folgenden: belangte Behörde) hat mit Bescheid vom 7. September 2015, Bi96-1-2015, der Frau M. E. (der nunmehrigen Beschwerdeführerin) gemäß § 45 Abs. 1 Z4 VStG eine Ermahnung erteilt, weil sie es als Mutter und somit Erziehungsberechtigte ihrer Tochter J. E., geb. x, wohnhaft x, E., unterlassen habe, für die Absolvierung der Schulpflicht des Kindes, insbesondere für den regelmäßigen Schulbesuch zu sorgen, da dieses vom 8. September 2014 bis 3. Februar 2015 unentschuldigt nicht am Schulunterricht teilgenommen habe.

Sie habe dadurch die Bestimmung des § 24 Abs. 4 Schulpflichtgesetz 1985 idgF. iVm §§ 24 Abs. 1 und 25 leg.cit verletzt.

 

2.           Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin rechtzeitig Beschwerde erhoben. Die belangte Behörde hat diese samt Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Dieses hatte gemäß § 2 VwGVG durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden, da die Aktenlage erkennen lässt, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.

 

3.           Nach der eindeutigen und von der Beschwerdeführerin auch unwidersprochen gebliebenen Aktenlage steht fest, dass der Beschwerdeführerin vom Bezirksschulrat Gmunden, nunmehr Landesschulrat Oberösterreich, Bildungsregion Gmunden, für ihre Tochter J. E. für das Schuljahr 2013/14 die Erteilung des häuslichen Unterrichts zur Kenntnis genommen worden war. Für das Schuljahr 2014/15 ist die Genehmigung versagt worden, zumal die dafür erforderliche Voraussetzung, nämlich der Nachweis über die Ablegung der Externistenprüfung für das vorangegangene Schuljahr 2013/14 und die x. Schulstufe nicht erbracht worden sei. Damit ergab sich die Verpflichtung, dass die Schülerin J. E. ihre Schulpflicht an einer öffentlichen oder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule zu erfüllen gehabt hätte. Der Landesschulrat hat mit Bescheid vom 1. September 2014, 20-5/14, neben der Versagung der Teilnahme am häuslichen Unterricht auch verfügt, dass damit die Schulpflicht an einer entsprechenden Schule zu erfüllen sei. Zudem wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde ausgeschlossen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Erkenntnis vom 13. Oktober 2014, W224 2012713-1/2E, die dagegen erhobene Beschwerde abgewiesen.

Unbeschadet dieser Sach- und Rechtslage hat die Beschwerdeführerin es unterlassen, für den Schulbesuch ihres Kinders im Schuljahr 2014/15 zu sorgen. Im Spruch des angefochtenen Bescheides findet sich zwar als Zeitpunkt des Endes des inkriminierten Verhaltens der 3. Februar 2015, offenkundig durch Übernahme dieses Textteiles aus der ursprünglich ergangenen Strafverfügung vom 3. Februar 2015, nach der Aktenlage hat aber auch in der Folge kein Schulbesuch stattgefunden.

Aufgrund des nicht erfolgten Schulbesuches  wurde der Fünf-Stufen-Plan des       § 24a Schulpflichtgesetz 1985 in Gang gesetzt. Hiebei sind die entsprechenden vorgesehenen Maßnahmen absolviert worden, die allesamt letztlich nicht zu dem vom Gesetz vorgesehenen Erfolg geführt haben, sodass von der Direktion der zuständigen Pflichtschule im Sinne des § 24a Abs. 7 Schulpflichtgesetz 1985 Strafanzeige bei der Bezirksverwaltungsbehörde erfolgt ist.

 

4.           Die Schülerin J. E. hat in der Folge dann doch noch die Externistenprüfung für die x. Schulstufe nach dem Ende des Schuljahres 2014/15 abgelegt und wurde seitens der Beschwerdeführerin auch der entsprechende Nachweis in Form des Externistenprüfungszeugnisses der Prüfungskommission an der x A. erbracht.

Aufgrund dessen wurde der Beschwerdeführerin die Bewilligung zum häuslichen Unterricht für das Schuljahr 2015/16 (x. Schulstufe) erteilt.

Aus letztgenanntem Umstand leitet die belangte Behörde ab, dass hier eine Vorgangsweise im Sinne des § 45 Abs. 1 Z4 VStG Platz greifen könne.

Gemäß dieser Bestimmung hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind.

Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Tatsache ist gegenständlich, dass die Beschwerdeführerin nicht dafür gesorgt hat, dass ihre Tochter am Unterricht an einer öffentlichen Schule teilnimmt, obwohl eine klare bescheidmäßige Anordnung des Landesschulrates Oberösterreich als auch eine darüber ergangene Beschwerdeentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts keinen Zweifel an der Verpflichtung aufkommen lassen konnten. Es mögen die für die Vorgangsweise der Beschwerdeführerin vorgebrachten pädagogischen Gründe aus ihrer subjektiven Sicht noch so sehr für ihr Verhalten sprechen, unbeschadet dessen kann es nicht angehen, dass Erziehungsberechtigte, weil sie vom Unterrichtsbetrieb oder den Lerninhalten, wie sie an öffentlichen Schulen vermittelt werden, wenig bis nichts halten, ihre schulpflichtigen Kinder einfach vom Schulbesuch dispensieren. Gesetzliche Anordnungen sind vom Rechtsunterworfenen einzuhalten, unbeschadet dessen, welche Meinung er über den Sinn und Zweck einer Gesetzesbestimmung hat. Die erfolgreiche Ablegung der Externistenprüfung durch die Schülerin J. E. und auch der übrigen Kinder der Beschwerdeführerin bzw. des weiteren Erziehungsberechtigten soll hier mit dem Hinweis, dass diese Kinder offenkundig in einem sehr bildungsnahen Umfeld aufwachsen, keinesfalls unerwähnt bleiben. Aber auch dieser Umstand vermag nichts daran zu ändern, dass die Schulpflicht eben für alle betroffenen Kinder gilt und im Falle eines häuslichen Unterrichts die vom Gesetzgeber vorgesehenen Schritte einzuhalten sind. Im anderen Fall verstößt eben der Erziehungsberechtigte gegen das Gesetz und ist die Behörde gemäß § 25 Abs. 1 VStG gehalten, solche Verwaltungsübertretungen von Amts wegen zu verfolgen. Es liegt also keinesfalls, wie die Beschwerdeführerin mutmaßen mag, im Belieben oder in der Willkür einer Behörde, ihr bekannt gewordene Übertretungen zu verfolgen oder nicht.

 

5.           Die von der belangten Behörde gewählte Vorgangsweise, hier mit einer Ermahnung vorzugehen, muss angesichts dieser Ausführungen wohl als sehr extensive Auslegung des § 45 Abs. 1 Z4 VStG angesehen werden. Dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erscheint es nämlich kaum noch vertretbar, bei Delikten, die über einen derartig langen Zeitraum anhalten und wo auch die Einsichtsfähigkeit des betreffenden Beschuldigten äußerst gering erscheint, mit dem Beschreiten des Ermahnungsweges vorzugehen. Weder kann die Bedeutung des geschützten Rechtsgutes, hier die Absolvierung der Schulpflicht, noch die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat grundsätzlich als geringfügig angesehen werden, war doch das Fernbleiben vom Unterricht durch die Schülerin J. E. keinesfalls eine kurzfristige, auf Nachlässigkeit beruhende, Angelegenheit, sondern ist dies von der Beschwerdeführerin regelrecht zum Prinzip erklärt worden. Wie man zudem bei klarem Vorsatz zu Tat über einen Zeitraum von einem Schuljahr hinweg noch geringes Verschulden annehmen kann, begründet die belangte Behörde in ihrem Bescheid nicht und wird dies wohl auch kaum möglich sein.

Dass vorliegend letztendlich doch die Externistenprüfung abgelegt wurde und der häusliche Schulbesuch behördlicherseits für das aktuelle Schuljahr wieder bewilligt werden konnte, ist zwar im Hinblick auf die Zukunftsprognose relevant, und zwar insofern, als wohl angenommen werden kann, dass die Beschwerdeführerin letztendlich eingesehen hat, zwischen ihrer persönlichen Einstellung zum Unterricht an öffentlichen Schulen einerseits und den unbeschadet dessen bestehenden Verpflichtungen des Erziehungsberechtigten andererseits unterscheiden zu müssen. Um der Beschwerdeführerin diese Notwendigkeit auch durch eine behördliche Feststellung zu vermitteln, war die Erteilung einer Ermahnung im Sinne des § 45 Abs.1 2. Satz VStG jedenfalls geboten. Für die retrospektive Betrachtung, ob die Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 Z4 VStG überhaupt vorlagen, die ja Grundlage für die Erteilung einer Ermahnung sind, ist der Blick auf die spezialpräventive Wirkung, wie ihn die belangte Behörde für ihre Entscheidung herangezogen hat, allerdings nicht tauglich.

In Anbetracht dieser Ausführungen konnte der Beschwerde gegen die erteilte Ermahnung als ohnehin höchst gelindes Mittel kein Erfolg beschieden sein.

 

 

Zu II.:

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

Für die Beschwerdeführerin ist die Möglichkeit zur Revisionserhebung gemäß § 25a Abs. 4 VwGG ex lege ausgeschlossen.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

 

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde/der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

S c h ö n