LVwG-300645/20/BM/PP

Linz, 25.11.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Michaela Bismaier über die Beschwerde des Herrn J. P., vertreten durch Rechtsanwältin Mag. C. O., x, S., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 5.2.2015, Ge96-21/19-2014, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.11.2015

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 1.200 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 70 Stunden herabgesetzt werden.

 

 

II.      Der Kostenbeitrag zum behördlichen Verwaltungsstrafverfahren wird mit 120 Euro (10 % der nunmehr festgesetzten Geldstrafe) bestimmt. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Beschwerdeverfahren.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I. und II.

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 5.2.2015, Ge96-21/19-2014, wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) eine Geldstrafe von 2.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 80 Stunden, gemäß § 130 Abs. 1 Z 16 iVm § 35 Abs. 1 Z 2 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) verhängt.

 

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

„Herr Ing. J. P., geb. x, whft. in x, N., in der Verwaltungsstrafsache vertreten durch L. Rechtsanwälte, x, S., hat als nach außen hin vertretungsbefugtes Organ (handelsrechtlicher Geschäftsführer), der Firma C. HandelsgesmbH, x, Sitz des Unternehmens in x, N., nachstehende Verwaltungsübertretung zu verantworten:

Der Arbeitsinspektor DI D. hat bei einer Unfallerhebung festgestellt, dass am 27.2.2014 (Tatzeit)

auf der Baustelle x, A. (neben S.)

die Bedienungsanleitung bei der Benutzung des Arbeitsmittels A. (beh. Kennzeichen x) nicht eingehalten wurde, da die höchste zulässige Bodenpressung überschritten wurde.

 

Nachweis: Angaben durch C. HandelsgesmbH:

• Abstand der Last vom Kranwagen: ca. 3,80 m

• Gewicht der Last: 7800 kg

• Kranarm 21 m ausgefahren

• Boden aufgeschüttet nicht ordnungsgemäß verdichtet

 

Durch die Polizei A. erhobene Fakten:

• Abstand der Last Drehkranz-Lasthaken (lt. Polizei A.: 8 - 9 m

• Kranarm dürfte zur Gänze ausgefahren gewesen sein (lt. Polizei A. - entspricht 25,3 m)

• Abstützfläche ca. 6 x 6 m (lt. Polizei A.)

 

Durch das Arbeitsinspektorat Vöcklabruck erhobene Fakten:

• Gewicht des Fertigteils x (Teil mit Tür): 9 to laut Aufkleber des Herstellers (Fotos x)

• Code-Nummer im LMB Bediengerät: 01 (x)

• Abstand Drehkranz Mitte bis Hintere Stoßstange: 3,128 m (Herstellerangaben)

• Gegengewicht: 2,2 to (Foto x)

• Unterlagen aus Holz: jeweils 4 Stück a 12 cm bzw. 14cm mal 65 cm (Fotos x)

 

Für die Berechnung der Bodenpressung verwendete Werte (immer der günstigste Wert bzw. die günstigste Annahme für den Beschuldigten wurde herangezogen):

• Abstand Drehkranz-Last: 3,8 m + 3,128 m = 6,93 m

• Gewicht der Last: 7800 kg (Hackenflasche des Kranes bleibt unberücksichtigt)

• Maximale Stützkraft (niedrigster Wert bei Code-Nummer 01 im LMB Bedien­gerät): 15,7 to

• Abstützfläche bei Verwendung der größeren Holzunterlagen: 4 Stück 14 cm mal 65 cm = 4 x 14 x 65 = 3640cm2

 

Bodenpressung unter der Last der Stütze : 15700 kg/3640 cm2 = 4,31kg/cm2

 

Laut Bedienungsanleitung des Herstellers Tabelle Punkt 13.5.1 zulässige Boden­pressung ist für den vom Beschuldigten angeführten Boden eine Bodenpressung von maximal 1 kg/cm2 zulässig.

Selbst bei der Annahme der besten Bodenverhältnisse (gewachsener, offen­sichtlich unberührter Boden - Grobsand bis Kies) wäre die maximal zulässige Bodenpressung mit 2 kg/cm2 um mehr als das doppelte überschritten gewesen.

 

Vorhandene Bodenpressung 4,31 kg/cm2 > 2 kg/cm2 maximal zulässige Bodenpressung

 

Dadurch wurde folgende Vorschrift übertreten:

§ 35 Abs. 1 Z 2 Arbeitnehmerinnenschutzgesetz BGBL Nr. 450/1994 (ASchG), wonach bei der Benutzung von Arbeitsmitteln die für sie geltenden Bedienungs­anleitungen der Hersteller oder Inverkehrbringer, sowie die für sie geltenden elektrotechnischen Vorschriften einzuhalten sind.“

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde erhoben und zusammengefasst vorgebracht, dass den Bf kein Verschulden treffe, da der verunfallte Arbeit­nehmer Arbeitsanweisungen eines Dritten entgegengenommen habe.

 

Beantragt wurde, der Beschwerde Folge zu geben, das Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben, in eventu eine mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht anzuberaumen.

 

3. Die belangte Behörde hat die Beschwerde samt den bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (LVwG) zur Entscheidungsfindung vorgelegt.

 

4. Das LVwG hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durch­führung einer mündlichen Verhandlung am 11.11.2015, an der der Bf und seine Rechtsvertreterin sowie ein Vertreter des Arbeitsinspektorates Vöcklabruck teilgenommen haben und gehört wurden. Als Zeugen einvernommen wurden Herr F. J. sowie Herr R. O.

Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurde vom Bf die Beschwerde auf die Strafhöhe eingeschränkt.

 

5. Das LVwG hat hierüber erwogen:

 

5.1. Gemäß § 130 Abs. 1 Z 16 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 166 bis 8.324 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 333 bis 16.659 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen, die Verpflichtungen betreffend die Beschaffenheit, die Aufstellung, die Benutzung, die Prüfung oder die Wartung von Arbeitsmitteln verletzt.

 

Gemäß § 35 Abs. 1 Z 2 ASchG sind bei der Benutzung von Arbeitsmitteln die für sie geltenden Bedienungsanleitungen der Hersteller oder Inverkehrbringer, sowie die für sie geltenden elektrotechnischen Vorschriften einzuhalten.

 

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

 

5.2. Die Bestimmungen des ASchG bzw. der auf ihrer Grundlage erlassenen Verordnungen haben den Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer zum Ziel und sind daher entsprechende Verstöße mit einem besonderen Unrechtsgehalt der Tat behaftet, weil hierdurch genau jene Gefährdungen herbeigeführt werden, denen die genannten Bestimmungen entgegenwirken sollen. Das Rechtsgut ist im gegenständlichen Fall aufgrund des Arbeitsunfalles auch wesentlich beeinträchtigt worden.

 

5.3. Von der belangten Behörde wurde im angefochtenen Straferkenntnis über den Bf eine Geldstrafe von 2.000 Euro bei einem Strafrahmen von 166 Euro bis 8.324 Euro verhängt. Ein Wiederholungsfall liegt gegenständlich nicht vor. Von der belangten Behörde wurde bei der Strafbemessung berücksichtigt, dass die Sicherheit und Gesundheit von Arbeitnehmern gegenständlich im beträchtlichen Ausmaß geschädigt wurde, da der Arbeitnehmer F. J. verletzt wurde.

In der mündlichen Verhandlung wurde vom Bf zu den persönlichen Verhältnissen angegeben, dass er über ein Einkommen von zirka 1.800 Euro verfüge und keine Sorgepflichten bestehen. Vermögen oder Schulden liegen nicht vor.

Grundsätzlich bedürfen Verwaltungsübertretungen nach dem ASchG, bei welchen es zu einem Arbeitsunfall gekommen ist, im Hinblick auf den general- und spezialpräventiven Aspekt einer strengeren Ahndung. Aufgrund des Umstandes, dass dem Bf der Milderungs­grund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholten­heit zugute zu halten ist und er den objektiven Tatbestand von vornherein zugestanden und keinerlei Verschleierungshandlungen gesetzt hat, war das LVwG gehalten, die verhängte Geldstrafe auf das nunmehr festgesetzte Ausmaß herabzusetzen. Vom Arbeitsinspektorat  wurde dieser Herabsetzung zugestimmt.

 

Eine Anwendung des § 20 VStG konnte seitens des LVwG nicht nähergetreten werden, da hierfür die Voraussetzungen, insbesondere ein beträchtlichen Über­wiegen der Milderungsgründe – das Vorliegen der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit allein genügt noch nicht für die Annahme eines beträchtlichen Überwiegens – nicht vorlagen.

 

6. Weil die Beschwerde teilweise Erfolg hatte, entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Beschwerdeverfahren gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG. Der Kostenbeitrag zum behördlichen Verwaltungsstrafverfahren war spruchgemäß herabzusetzen.

 

 

Zu III.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

H i n w e i s

 

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Ent­scheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Michaela Bismaier