LVwG-650428/10/Br

Linz, 02.11.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erkennt durch seinen Richter Mag. Dr. Bleier in Angelegenheit der Beschwerde der F L , F,  vertreten durch die Rechtsanwälte H, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres – Generaldirektion für öffentliche Sicherheit, Minoritenplatz 9, 1010 Wien, vom 13.5.2015, GZ.: BMI-EE1300/0066-II/2/e/2015, nach der am 07.09.2015 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung,

 

zu Recht:

 

 

I.         Gemäß § 28 VwGVG wird der angefochtene Bescheid vom 13. Mai 2015 im Umfang des Spruchpunktes A.3. wegen Unzuständigkeit der bescheiderlassenden Behörde aufgehoben. 

 

 

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

 

 

I.  Mit dem oben zitierte Bescheid der belangten Behörde, wurde der unter der Geschäftszahl, BMI-EE1300/0061-II/2/e/2015 am 24.4.2015 erlassene Bescheid abgeändert und den angefochtenen Spruchpunkt betreffend folgendes ausgesprochen:

A) Die in der Anlage des Änderungsbescheides zu GZ. BMI-EE1300/0061-II/2/e/2015 vom 24.04.2015 dargelegten Verfahren und Anweisungen, zu deren Erfüllung die F /W. AG (gemeint wohl F L GmbH) mit oa. Bescheid gemäß § 4 Abs.1 Luftfahrtsicherheitsgesetz, BGBl I Nr. 111/2010 (LSG) idgF iVm Art. 10 Abs.1 der Verordnung (EG) Nr. 300/2008 über gemeinsame Vorschriften für die Sicherheit in der Zivilluftfahrt und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2320/2002, Abl. Nr. L 97 vom 9.4.2008, S 72 angewiesen wurde, werden wie folgt

geändert:

            ……….

 

[nachfolgend lediglich der angefochtene Spruchpunkt zitiert]

 

3. Punkt 5.3.6 lautet nunmehr wie folgt:

 

Eine Ausnahme von der Kontrolle von Handgepäck ist vorgesehen, wenn es sich um nachfolgende Arten von Handgepäck handelt:

·           sensible technische Geräte, deren Durchleuchtung mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Sachschaden dieser Geräte zur Folge haben kann;

biologische Substanzen (z.B. Krebszellen, Blutzellen), für deren Mitführen eine medizinische Notwendigkeit gegeben ist und welche bei Durchleuchtung Schaden erleiden können oder

·                      Fälle, die mit den oben dargelegten Ausnahmen vergleichbar sind.

 

Diese Ausnahmen werden unter Einhaltung dieser rechtlichen Voraussetzungen vom (gem. § 5 LSG zuständigen) Flugplatzhalter gewährt.

In diesem Ausnahmefall hat der Flugplatzhalter die örtlich zuständige Sicherheitsbehörde im Vorhinein unter Anschluss der erforderlichen Unterlagen und der entsprechenden Entscheidungskriterien zu verständigen. Die geltenden Sicherheitsvorschriften (Gefahrgutbeförderungsgesetzes [GGBG], lATA-Gefahrgutvorschrift) bleiben durch die Erteilung der Ausnahmegewährung unberührt. Über die Absicht der Gewährung einer diesbezüglichen Ausnahme sowie über die Art der mitgeführten Objekte ist das betroffene Luftfahrtunternehmen vom Flugplatzhalter zu verständigen.

Die zuständige Sicherheitsbehörde kann die Gewährung dieser Ausnahmen von der Kontrolle des Handgepäcks im Rahmen ihrer Aufsichtspflicht gemäß § 13 Abs.1 LSG mittels Anordnung untersagen. Insbesondere hat dies zu geschehen, wenn eine Gefährdung der Sicherheit der Luftfahrt nicht hinreichend ausgeschlossen werden kann. Eine Untersagung ist weiters geboten, wenn die oben genannten Voraussetzungen (die auf Punkt 4.1.2.10 des Anhangs Verordnung [EU] Nr. 185/2010 basieren), nicht vorliegen. Die erfolgte Ausnahme ist seitens des Flugplatzhalters und seitens der zuständigen Sicherheitsbehörde schriftlich zu dokumentieren.

 

            ………..

 

 

I.1.  Begründend führte die belangte Behörde folgendes aus:

I.) Verfahren

 

Bescheide, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist, können von der Behörde, die den betreffenden Bescheid erlassen hat, aufgehoben oder abgeändert werden (§ 68 Abs. 2 AVG). Bei dem geänderten Bescheid handelt es sich um einen bloß belastenden Bescheid.

 

Die Durchführung eines Parteiengehörs (§ 37 AVG) war nicht geboten bzw. erforderlich, da sich die mit Erlassung dieses Bescheides erfolgten Änderungen des in Spruchpunkt A zitierten Bescheides weder auf neue Tatsachen- bzw. Sachverhaltsfeststellungen stützen.

 

II.) Rechtliche Begründung

Zu Spruchpunkt A):

 

Der Bundesministerin für Inneres kommen gemäß § 4 Abs. 1 LSG unionsrechtlich vorgesehene behördliche Entscheidungen und Bewilligungen zu, soweit diese nicht im Zusammenhang mit den Ziffern 1 und 2 stehen und auch nicht bereits von den §§ 1 und 2 leg. cit. erfasst sind.

 

Mit Bescheid vom 06. Februar 2015, GZ. BMI-EE1300/0024-II/2/e/2015 sowie vom 23.03.2015 zu GZ. BMI-EE1300/0051-ll/2/e/2015 wurde die F. W. AG angewiesen, die in der Anlage zu oa. Bescheid dargelegten Verfahren und Anweisungen zu erfüllen. Unter der GZ. BMl-EE1300/0061-ll/2/e/2015 wurde mit 24.04.2015 des Weiteren ein Änderungsbescheid erlassen.

Die im Spruchpunkt A) 1. bis 4. dargelegten Änderungen dieses zuletzt zitierten Bescheides waren erforderlich, um die ordnungsgemäße Durchführung der Verfahren und Anweisungen zu gewährleisten.

 

….

Die Änderung nach dem Spruchpunkt A 1) beinhaltet Klarstellungen betreffend die Pflicht des gemäß LSG verpflichteten Zivilflugplatzhalters (sowie des zuständigen S. oder B. im Falle der Begleitung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes), die Gewährung von Ausnahmen aus objektiven Gründen im Falle der Begleitung ausschließlich auf Basis einer konkreten Prüfung der rechtlichen Voraussetzungen für derartige Ausnahmefälle zu erteilen. Die Gewährung der Ausnahmen erfolgt ausschließlich in Einzelfällen, über die der verantwortliche Flugplatzhalter bzw. ggf. das zuständige S. oder B. eine schriftliche Dokumentation zu führen hat. Die Dokumentationspflicht ist damit zu begründen, dass die nach § 13 LSG zuständigen Behörden im Rahmen der Qualitätskontrolle bzw. der Aufsichtspflichten die Rechtsmäßigkeit der Verfahren zu überprüfen haben.

 

Die Änderung im Sinne des Spruchpunktes A 2) gründet sich auf dem Umstand, dass auch Sicherheitspersonal von Luftfahrtunternehmen Begleitfunktionen ausführen dürfen. Rechtliche Voraussetzungen für die Beauftragung von Sicherheitspersonal des Flugplatzhalters oder der Luftfahrtunternehmen sind jedenfalls der Umstand, dass dieses Personal vorwiegend Sicherheitstätigkeiten am Flugplatz ausübt und das begleitende Sicherheitspersonal über einen gültigen Flughafenausweis verfügt (Punkt 1.2.7.3 Anhang Verordnung (EU) Nr. 185/2010).

 

Mit Spruchpunkt A 3) wird klargestellt, dass in diesen auf Basis der Verordnung (EU) Nr. 185/2010 (Pkt. 4.1.2.10 des Anhangs, objektive Gründe) konkretisierten Ausnahmemöglichkelten von der Kontrolle des Handgepäcks ausschließlich die zuständige Sicherheitsbehörde im Sinne des § 13 Abs. 1 LSG von ihrem dort verankerten Anordnungsrecht Gebrauch machen kann. Darüber hinaus wird die jeweilige Verantwortung für die schriftliche Dokumentationspflicht sowie für die Verständigungspflicht des Luftfahrtunternehmens festgelegt.

 

Die Änderung des Spruchpunktes A 4) beinhaltet ebenso eine Klarstellung. Lebende Tiere von anderen Personen als Passagieren können auch nach denselben Methoden wie Fluggäste kontrolliert werden.

 

Zu Spruchpunkt B):

Der Bescheid beinhaltet Verfahren und Informationen, die sich auf Maßnahmen des nicht veröffentlichten Beschlusses der Kommission K(2010) gründen, weshalb Art. 2 Abs. 1 dieses Beschlusses zur Anwendung kommt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.“

 

 

 

I.2. Der Bescheid ist an die M L, F, z.H. Herrn F K (den Sicherheitsbeauftragten Dipl.-Ing. F K) adressiert.

 

Als Betreff ist dem Bescheid vorangestellt:

Exekutiv- und Einsatzangelegenheiten; Flughafensicherheit

Änderung des Bescheides gemäß § 4 Abs.1 LSG iVm Art 10 Abs.1 VO (EG) Nr. 300/2008 an die Flughäfen W., L., G., S., I. und K. sowie des Erlasses an die zuständigen L. (LV)

 

 

 

II. Die gegen den dritten Abänderungsbescheid gegen dessen 3. Punkt 5.3.6. gerichteten Beschwerde  - die hier ebenfalls im Volltext zitiert wird - lautet:

In umseits bezeichneter Verwaltungsrechtssache erhebt die Beschwerdeführerin ge­gen Spruchpunkt 3 des Bescheids der Bundesministerin für Inneres, GZ: BMI-EE1300/0066-II/2/e/2015 vom 13.05.2015, zugestellt am 18.05.2015, sohin binnen offener Frist nachstehende

 

Beschwerde gemäß Artikel 130 Abs.1 Z1 BVG

 

an das Landesverwaltungsgericht des Landes Oberösterreich und stellt folgende

 

Anträge:

 

a)   das Landesverwaltungsgericht möge der Beschwerde stattgeben und Spruch­punkt 3 des angefochtenen Bescheids dahingehend abändern, dass dieser Spruchpunkt in Form der Regelung in der Durchführungsbestimmung (Anlage A) des Bescheides zu GZ: BMI-EE1300/0025-ll/2/e/2015 Punkt 5.3.6. wieder­um anzuwenden ist und Spruchpunkt 3 des Bescheides sohin lautet wie folgt: „Punkt 5.3.6 Ausnahmeregelung für sensible Geräte oder Substanzen. Eine weitere Ausnahme von der Kontrolle von Handgepäck kann durch die örtlich zuständige Sicherheitsbehörde gewährt werden, wenn es sich um nachfolgende Arten von Handgepäck handelt

       Sensible technische Geräte, deren Durchleuchtung mit hoher Wahr­scheinlichkeit einen Sachschaden dieser Geräte zur Folge haben kann;

      Biologische Substanzen (z.B. Krebszellen, Blutzellen), für deren Mitfüh­ren eine medizinische Notwendigkeit gegeben ist und welche bei Durchleuchtung Schaden erleiden können oder

     Fälle, die mit den oben dargelegten Ausnahmen vergleichbar sind. Über Gewährung derartiger Ausnahmen ist ausnahmslos und nachweislich das Luftfahrtunternehmen zu verständigen. Diese drei Ausnahmefälle müs­sen sich auf Tatsachenfeststellungen gründen, die die örtlich zuständige Si­cherheitsbehörde aufgrund diesbezüglicher Ermittlungen getroffen hat und die eine Gefährdung der Sicherheit der Luftfahrt hinreichend ausschließen lassen. Klargestellt wird, dass die genannte Behörde über die Gewährung dieser Ausnahmen im Vorhinein zu entscheiden hat. Das Ausnahmeverfahren ist schriftlich zu dokumentieren. Die geltenden Sicherheitsvorschriften (Gefahrgutbeförderungsgesetz [GGBG], lATA-Gefahrgutvorschrift) dürfen durch die Erteilung der Ausnahmegenehmigung nicht beeinträchtigt wer­den. ", in eventu

b) Spruchpunkt 3 des angefochtenen Bescheids aufheben und die Verwaltungssache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückverweisen.

 

A) Sachverhalt:

 

Die Beschwerdeführerin ist Flugplatzhalterin des F. L.. Im Gefolge der Ereignisse vom 11. September 2001 hat der Gemeinschaftsgesetzgeber in einem mehrstufigen Verfahren Vorschriften erlassen, um die Sicherheit im Zivilluftfahrtwesen auch gegen terroristische Anschläge besser zu gewährleisten. Ausweitungen der Sicherheitskontrollen auf Zivilflugplätzen ergeben sich direkt aus dem europäischen Gemeinschaftsrecht.

 

Auf diesen gemeinschaftsrechtlichen Regelungen basiert das Luftfahrtsicher­heitsgesetz 2011 (kurz „L."). Auf diesen Bestimmungen basierend hat die Bun­desministerin für Inneres zu GZ.: BMI-EE130/0025-ll/e/2015 den Bescheid vom 06.02.2015 mit umfangreichen Durchführungsbestimmungen gemäß § 4 Absatz 1 LSG 2011 erlassen und der Beschwerdeführerin zugestellt. In dieser an die Be­schwerdeführerin übermittelten Anlage A wurde dargestellt, dass eine der wesent­lichen Änderungen des mit 01.01.2011 in Kraft getretenen LSG, die Verpflichtung zur Kontrolle der Fluggäste und deren mitgeführten Gepäcks durch sämtliche Zivilflugplatzhalter mit einem jährlichen Verkehrsaufkommen von mindestens 100.000 abfliegenden Fluggästen ist. Fälschlicherweise wurde in der Anlage A dieses Bescheides die GZ mit „GZ: BMI-EE130/0029-ll/e/2015" bezeichnet, richti­gerweise müsste die Bezeichnung der Anlage A „GZ: BMI-EE130/0025-ll/e/2015" lauten.

 

Im Zusammenhang mit dem ausschließlich bekämpften Spruchpunkt 3 des be­kämpften Bescheides, sind unter Punkt 5. der Durchführungsbestimmungen (An­lage A), ausführliche Regelungen zur Vorgehensweise enthalten.

 

Beim konkret bekämpften Spruchpunkt 3 handelt es sich um die Regelung im Zu­sammenhang mit Ausnahmegenehmigungen für sensible Geräte und Substan­zen. In den, im oben genannten Bescheid zu GZ.: BMf-EE130/0025-ll/e/2015 ent­haltenen Durchführungsbestimmungen wurde dies unter Punkt 5.3.6. dahinge­hend abschließend geregelt, dass unter den dort genannten Voraussetzungen Ausnahmen von der Kontrolle von Handgepäck durch die örtlich zuständige Si­cherheitsbehörde gewährt werden können.

 

Dieser „ursprüngliche" Bescheid wurde in der Folge mehrfach in unterschiedli­chen Spruchpunkten berichtigt, ergänzt und abgeändert. Die letzte Änderung er­folgte durch den gegenständlich in Spruchpunkt 3 angefochtenen Bescheid. Die­ser verpflichtet nunmehr den Flugplatzhalter, eine Ausnahme von der Kontrolle von Handgepäck unter Einhaltung dieser rechtlichen Voraussetzungen zu gewäh­ren. Diese Inpflichtnahme findet keine Deckung in den gesetzlichen Bestimmun­gen.

 

 

B) Angaben zur Rechtzeitigkeit:

 

Der Beschwerdeführerin wurde der angefochtene Bescheid vom 13.05.2015 per E-Mail am 18.05.2015 und postalisch am 19.05.2015 zugestellt. Die vierwöchige Frist zur Erhebung einer Beschwerde ist daher gewahrt.

 

C) Zur Beschwerde:

 

Der angefochtene Bescheid wird im Spruchpunkt 3 bekämpft. Es liegt in diesem Punkt Rechtswidrigkeit seines Inhaltes vor.

 

Rechtliche Grundlagen:

§ 3 LSG regelt explizit, dass Sicherheitsbehörden und Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt sind, den Zutritt von Passagieren von ihrer Bereit­schaft einer Durchsuchung ihrer Kleidung, ihres Gepäcks und den mitgeführten persönlichen Gegenständen abhängig zu machen (Abs 1). Wenn „verbotene Ge­genstände" vorgefunden werden, dann ist der Betroffene vom Zutritt auszuschlie­ßen (Abs 3). Absatz 3 gilt nicht für verbotene Gegenstände, für deren Transport der Inhaber gegenüber der Sicherheitsbehörde oder den Organen des öffentli­chen Sicherheitsdienstes überwiegende berechtigte Interessen glaubhaft machen kann (Abs. 4), Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, die Zutrittsbeschränkung mit unmittelbarer Zwangsgewalt durchzusetzen (Abs 5). Aus der Untersagung des Zutritts entsteht gegenüber dem Bund kein Anspruch auf Erstattung des Beförderungsentgelts (Abs 6).

 

§ 5 LSG regelt die Verpflichtungen des Flugplatzhaltes im Zusammenhang mit der Durchsuchung der Passagiere. Verkürzt dargestellt, ist der Flugplatzhalter verpflichtet, für die Sicherheitsbehörden zu gewährleisten, dass jeder Passagier sowie dessen Gepäck und die mitgeführten persönlichen Gegenstände nach § 3 Abs 1 bis 3 LSG durchsucht werden.

 

Die Haftung des Bundes nach AHG ist in § 8 LSG geregelt. Eine Haftung des Bundes für Dienstnehmer oder sonstige Beauftragte eines Zivilflugplatzhalters besteht ausdrücklich nur für Schäden, die im Rahmen der Aufgabenerfüllung nach § 5 LSG entstehen. Ein Dienstnehmer oder sonstiger Beauftragter haftet dem Geschädigten dann nicht.

 

Auch § 13 LSG, welcher die behördliche Aufsicht regelt, bezieht sich explizit nur auf § 5 LSG. Demnach unterliegt der Zivilflugplatzhalter bei Wahrnehmung von Aufgaben nach § 5 LSG der Aufsicht und den Anordnungen der Sicherheitsbe­hörde erster Instanz.

 

Entsprechend der Verordnung (EU) Nr. 185/2010 der Kommission vom 04.03.2010, Anhang, Punkt 4.1.2.10 kann die zuständige Behörde Kategorien von Handgepäck festlegen, die aus objektiven Gründen besonderen Kontrollverfahren unterzogen werden bzw. von der Kontrolle ausgenommen werden können.

 

Regelungen, die durch den angefochtenen Bescheid, Spruchpunkt 3 zu Punkt 5.3.6. getroffen werden:

 

Dass Spruchpunkt 3 des angefochtenen Bescheides auf diesen gesetzlichen Grundlagen beruht, ist nicht auf den ersten Blick ersichtlich, da Spruchpunkt 3 jeglicher gesetzlicher Grundlage entbehrt.

 

Spruchpunkt 3 des Bescheides ordnet, entgegen den oben dargestellten gesetz­lichen Bestimmungen, an, dass Ausnahmen von der Kontrolle von Handgepäck unter bestimmten Voraussetzungen vom Flugplatzhalter gewährt werden kön­nen/müssen. Der Flugplatzhalter muss unter Einhaltung der im Bescheid (angeb­lich) genannten rechtlichen Voraussetzungen die Ausnahme von der Kontrolle von Handgepäck gewährleisten.

 

Im Vorhinein muss unter Anschluss der erforderlichen Unterlagen und der ent­sprechenden Entscheidungskriterien die örtlich zuständige Sicherheitsbehörde verständigt werden. Welche Unterlagen erforderlich sind und welche Entschei­dungskriterien dafür heranzuziehen sind, wird im Bescheid nicht genannt. Den Flugplatzhalter trifft darüber hinaus auch die Pflicht, das betroffene Luftfahrtun­ternehmen über die Ausnahme und die Art der mitgeführten Objekte zu verstän­digen.

 

Die Überwälzung dieser Pflicht auf die Beschwerdeführerin findet in den gesetzli­chen Regelungen keine Deckung.

Entsprechend § 5 LSG ist die Beschwerdeführerin verpflichtet, die darin genann­ten Tätigkeiten auszuführen. Diese beinhalten (soweit gegenständlich relevant) die Durchsuchung von Personen, des Handgepäcks sowie der mitgeführten per­sönlichen Gegenstände. Eine Verpflichtung zur Erteilung von Ausnahmegeneh­migungen ist darin allerdings nicht vorgesehen.

Da die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen nicht im § 5 LSG genannt ist und sowohl § 8 als auch § 13 LSG lediglich auf die Tätigkeiten in § 5 LSG verweisen, unterläge die Beschwerdeführerin bei der Erteilung oder Nicht-Erteilung von Ausnahmegenehmigungen nicht der behördlichen Aufsicht nach § 13 LSG und würde auch die in § 8 LSG ausdrücklich angeordnete Amtshaftung nicht greifen. Dies würde, neben der rechtswidrigen Inpflichtnahme bei der Beschwerdeführe­rin zu einem unzumutbaren Haftungsrisiko führen.

 

Es ist der Beschwerdeführerin auch gar nicht möglich, diese Genehmigungen für eine Ausnahme von der Kontrolle von Handgepäck zu erteilen. Darüber hinaus ist die im Bescheid enthaltene Regelung auch zu unbestimmt.

 

Das LSG sieht eine Ermächtigung bzw. eine Inpflichtnahme Privater zwar vor, al­lerdings müssen diese konkretisiert sein. Aus dem Wortlaut des angefochtenen Spruchpunktes 3 ergibt sich nicht, wann die Ausnahme zu gewähren ist. Die Er­teilung von Ausnahmegenehmigungen obliegt aber entsprechend den ge­setzlichen Bestimmungen eindeutig den Sicherheitsbehörden und kann nicht durch eine Inpflichtnahme mittels Bescheid übertragen werden.

 

Die oben zitierte Verordnung (EU) Nr. 185/2010 legt abschließend fest, dass die zuständige Behörde Ausnahmen im Zusammenhang mit der Kontrolle von Hand­gepäck festlegen kann. Diese ausdrückliche Zuständigkeitszuweisung, kann mit Bescheid einerseits nicht umgangen werden und findet der Spruchpunkt 3 auch im LSG keine Deckung. Auch die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen im Zusammenhang mit der Personenkontrolle fällt ausdrücklich in den Zuständig­keitsbereich der zuständigen Behörde und nicht in den Zuständigkeitsbereich ei­nes Flugplatzhalters.

 

Bislang wurden diese Ausnahmegenehmigungen auch von den Sicherheitsbe­hörden erteilt. Eine Untersagung einer Ausnahme wurde mittels Bescheides er­lassen und der davon Betroffene hatte auch die Möglichkeit, dagegen Rechtmittel zu erheben. In welcher Form nunmehr die Versagung einer Ausnahme zu ertei­len sein soll, wurde im Bescheid nicht geregelt.

 

Spruchpunkt 3 des Bescheides sieht vor, dass der Flugplatzhalter vor Erteilung einer Ausnahmegenehmigung die örtlich zuständige Sicherheitsbehörde im Vor­hinein zu verständigen hat. Welcher Zeitraum unter „im Vorhinein" gemeint sein soll, wird im Dunkeln gelassen. Spruchpunkt 3 des Bescheides sieht weiters vor, dass die zuständige Sicherheitsbehörde die Gewährung der Ausnahme von der Kontrolle des Handgepäcks im Rahmen ihrer Aufsichtspflicht mittels Anordnung untersagen kann. Angeführt wurde dazu, dass dies erfolgen kann, wenn eine Ge­fährdung der Sicherheit der Luftfahrt nicht ausgeschlossen werden kann.

 

Allein dieser Hinweis auf die Gefährdung der Sicherheit der Luftfahrt zeigt, wel­cher hochgefährliche und sensible Bereich durch diese „mögliche" Ausnahmege­nehmigung betroffen ist. Bei der Abwehr von Gefahren, die durch Straftaten im Bereich der Zivilluftfahrt drohen, handelt es sich zweifellos um eine genuin staat­liche Aufgabe, weil die von einem missbräuchlich irregeleiteten oder als terroristi­sche Waffe eingesetzten Zivilluftfahrzeug ausgehenden Gefahren nicht nur Pas­sagieren, Bordpersonal und anderen Arbeitnehmern im Bereich des Luftfahrtwe­sens drohen, sondern potentiell allen Menschen, die durch einen derartigen An­schlag betroffen sein können. Speziell die Sicherheitskontrollen, und dazu gehört auch die Erteilung von Genehmigungen für eine Ausnahme von Kontrollen des Handgepäcks, liegen zweifelsohne im Interesse aller Menschen, die potentiell von einem terroristischen Akt, der mit Luftfahrzeugen ausgeführt wird, betroffen sein können.

 

Darüber hinaus ist es dem Flugplatzhalter auch nicht möglich, Erhebungen oder Ermittlungen anzustellen, wie dies den Sicherheitsbehörden möglich ist. Dem Flugplatzhalter ist es lediglich möglich, „normale" Recherchen im Internet durch­zuführen. Durch solche Recherchen können aber kaum terroristische Anschläge verhindert werden. Unter der im Spruchpunkt 3 vorgesehenen Zuständigkeitsver­teilung würde daher die Qualität der Sicherheitskontrolle erheblich leiden und die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben könnten nicht mehr eingehalten werden!

 

Eine Überwälzung der Pflicht, Ausnahmen von der Kontrolle des Handgepäcks zu erteilen, ist daher nicht zulässig. Die Erteilung von Ausnahmegenehmigun­gen darf nicht auf ein ermächtigtes Organ übertragen werden.

 

Das LSG regelt abschließend, welche Durchsuchungen in welcher Form vorzu­nehmen sind. Die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen kommt darin nicht vor. Entsprechend den Materialien zum LSG (981 BlgNR. XXIV. GP, Seite 154 von 269) war Hintergrund dieser Übertragungen von Durchsuchungsmaßnahmen an den Zivilflugplatzhalter, dass dieser somit in die Lage versetzt wird, die Durchsuchungsmaßnahmen in den Betriebsprozess zu integrieren und die da­durch entstehenden Synergien zur Kostensenkung zu nutzen. Durch die Über­tragung der Passagierdurchsuchungen auf die Zivilflugplatzhalter soll es diesen ermöglicht werden, die Passagierströme und die Flugsteigbelegung mit der Pas­sagierdurchsuchung zu harmonisieren und dadurch eine effizientere Struktur für die Passagierdurchsuchung zu schaffen. Der Gesetzgeber hat als Gründe für die Übertragung der Verantwortung für die Sicherheitskontrollen wiederholt ange­führt, dass der Zivilflugplatzhalter über das notwendige Wissen und Know-how, das zur effektiven Durchführung notwendig ist, verfügt, dies insbesondere da der Flugplatzhalter den Verlauf der Passagierströme, Stoßzeiten usw. am besten kennt und die Kontrollen darauf abstimmen kann. Die Erteilung von Ausnahme­genehmigungen trägt jedenfalls nicht dazu bei, die Effizienz zu steigern oder Passagierströme zu harmonisieren. Sollte diese Pflicht der Beschwerdeführerin übertragen werden, ist diese zwangsläufig einem erheblichen Haftungsrisiko ausgesetzt und daher in ihren Rechten verletzt. Darüber hinaus ist auch nicht geklärt, wie die weitere Vorgehensweise sein soll, wenn vom Flugplatzhalter eine Ausnahmegenehmigung nicht erteilt wird.

Aus den angeführten Gründen hätte Spruchpunkt 3 des angefochtenen Beschei­des in dieser Form nicht ergehen dürfen. Auch die Formulierung im unmittelbar vorher erlassenen Bescheid vom 24.04.2015 zu GZ.: BMI-EE1300/0061-ll/2/e/2015 entspricht nicht den gesetzlichen Vorgaben. Die unter dem dortigen Spruchpunkt 7 vorgenommene Formulierung sieht, anstelle der örtlich zuständi­gen Sicherheitsbehörde, die örtlich zuständige Polizeiinspektion vor, was ebenso jeglicher gesetzlicher Grundlage entbehrt. Für die Erteilung von Ausnahmen von der Kontrolle des Handgepäcks muss die örtlich zuständige Sicherheitsbe­hörde weiterhin zuständig bleiben, wie dies auch bisher vorgesehen war und wie diese auch weiter für die Ausnahmegenehmigung bei Personen zuständig ist.

 

Die gesetzlichen Bestimmungen sehen keinen Spielraum für die Erteilung von derartigen Ausnahmegenehmigungen für den Flugplatzhalter vor.

 

F L .“

 

 

 

III. Die belangte Behörde hat dem Landesverwaltungsgericht den Verfahrensakt mit Vorlageschreiben vom 1.7.2015 unter Hinweis auf § 14 Abs.2 VwGVG ohne Inhaltsverzeichnis zur Entscheidung vorgelegt.

Hingewiesen wurde auf die postamtliche Zustellung am 19.5.2015 direkt an die  beschwerdeführende F L  und die fristgerecht bei der Behörde elektronisch am 15.6.2015 und am 16.6.2015 auf postalischem Weg eingebrachte Beschwerde.

Die offenbar auf einen Kopierfehler beruhende Fehlbezeichnung „F W. AG“ im Spruch wird vom Oö. Landesverwaltungsgericht  als „M L“ begriffen und gilt so als berichtigt.

 

 

 

III.1. Eine öffentliche mündliche Verhandlung schien iSd § 24 Abs.1 VwGVG zweiter Satz zur unmittelbaren Erforschung des bzw. der jeweiligen  Bescheidinhalte sowie deren in Rechtsbestand erwachsenen Regelungsinhalte geboten. Insbesondere die unmittelbare Erörterung des Regelungsziels, das angesichts der in kurzer Zeitabfolge dreimal  abgeänderten - „berichtigten“ - Bescheide aus diesen kaum erschließbar war, schien geboten.

 

 

III.1.1. Beweis erhoben wurde schließlich durch Verlesung des im Zuge des Beschwerdeverfahrens von der Finanzprokuratur als Vertreterin der belangten Behörde übermittelten Schriftsatzes und der dazu von der Beschwerdeführerin erstatteten Replik, die nach auszugsweiser Erörterung  der Verhandlungsschrift einbezogen wurden.

An der öffentlichen mündlichen Verhandlung nahmen auf Seite der Beschwerdeführerschaft der F. Dipl.-Ing. K, die Sicherheitsbeauftragte Dr. P und der Sicherheitsverantwortliche Dipl.-Ing. K. teil. Die belangte Behörde wurde durch Frau Mag. M und der Finanzprokuratur (Dr. K) vertreten.

 

 

III.2. Gemäß § 28 Abs.1 u. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs.1 Z1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1.           der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2.           die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

 

 

 

III.3. Von den Verfahrensparteien klar gestellt wurden anlässlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung die hier mehrfach unterlaufenen Fehlbezeichnungen, etwa des Bescheidadressaten im Spruchpunkt A) [F. W. AG anstatt M L] sowie die vermutlich irrtümlich falschen Datumsangaben und Fehlzitate diverser Geschäftszahlen. Die Fehlbezeichnung des Bescheidadressaten im Spruch des angefochtenen Bescheides wurde einvernehmlich als berichtigt erachtet.

 

 

IV. Über Antrag der belangten Behörde bereits in deren am 12.8.2015 beim Landesverwaltungsgericht Oö. einlangenden Stellungnahme, wurde vom Richter nach Anhörung der Beschwerdeführerschaft vor Beginn der Beweisaufnahme  gemäß § 25 Abs.2 VwGVG der verfahrensleitende Beschluss gefasst, die Öffentlichkeit von der Teilnahme an der öffentlichen mündlichen Verhandlung aus Gründen der „nationalen Sicherheit“ – in Vermeidung von Verbreitung von Strategien im Sinne der Sicherheit der Luftfahrt auszuschließen. Repräsentanten der Öffentlichkeit waren zum Zeitpunkt der Beschlussfassung jedoch nicht anwesend.

 

 

IV.1. Vom Landesverwaltungsgericht Oö. wurde auf die erfolgte Kontaktaufnahme mit den bei anderen Landesverwaltungsgerichten inhaltsgleich anhängigen Beschwerden befassten RichterInnen hingewiesen. Seitens der Parteien wurde die Anregung des Richters, den damit befassten Richtern die heute aufgenommene Verhandlungsschrift sowie die übermittelte Stellungnahme und die dazu ergangene Replik zur Verfügung zu stellen, zustimmend zur Kenntnis genommen.  

 

 

IV.2. Zur Chronologie dieses die österreichischen Flughäfen betreffenden Behördenverfahrens ist vorweg festzustellen, dass dem hier angefochtenen Bescheid bereits ein Abänderungsbescheid vom 24.4.2015, GZ: BMI-EE1300/0061-II/2/e/2015, ein Abänderungsbescheid vom 23.3.2015, BMI-EE1300/0051-II/2/e/2015  vorausgegangen war, mit dem auch schon der Ausgangsbescheid vom 6.2.2015, GZ: BMI-EE1300/0025-II/2/e/2015 abgeändert worden war.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 13.5.2015 wurde unter anderem Spruchpunkt 7. des Bescheides vom 24.4.2015 und damit die Regelung des  Punktes 5.3.6. der „Anlage A zu GZ. BMI-EE1300/0029-II/2/e/2015“ betreffend Ausnahmeregelungen für sensible Geräte oder Substanzen (zum zweiten Mal) geändert. Die belangte Behörde leitet ihre Berechtigung zur nachträglichen Abänderung des Bescheides vom 24.4.2015 durch den angefochtenen Bescheid aus § 68 Abs. 2 AVG ab, nachdem von Amts wegen Bescheide, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist, sowohl von der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden können.

 

 

IV.3. In Entsprechung des h. Ersuchens an die belangte Behörde (Email v. 7.8.2015, 08:46 Uhr – ON 3) zwecks Abklärung der Fehlbezeichnung der Verfahrenspartei im Spruch, Divergenzen in den zitierten Geschäftszahlen sowie eines offenkundig fehlenden (weiteren) Berichtigungsbescheides (vom 23.3.2015), wurde seitens der ab diesem Zeitpunkt einschreitenden Finanzprokuratur per FAX vom 10.8.2015 der fehlende Bescheid und eine umfassende Stellungnahme folgenden Inhaltes übermittelt:

In umseits rubrizierter Rechtssache teilt die Finanzprokuratur mit, gemäß § 3 ProkG (BGBl I Nr. 110/2008) mit der rechtsfreundlichen Vertretung des Bundesministeriums für Inneres (im Folgenden kurz: BMI) beauftragt zu sein. Zur Vorbereitung für die am 7.9.2015 ausgeschriebene öffentliche mündliche Verhandlung wird zur Beschwerde der F L , vertreten durch die Rechtsanwälte H, gegen den Bescheid des Bundesministeriums für Inneres, GZ.: BMI-EE1300/0066-II/2/e/2015 nachstehende

 

STELLUNGNAHME

übermittelt.  

I. Sachverhalt

Mit Bescheid vom 06.02.2015, GZ. BMl-EE1300/0025-II/2/e/2015 wurden auf Basis des § 4 Abs. 1 Luftfahrtsicherheitsgesetz - BGBl I Nr. 111/2010 (im Folgende kurz: LSG) iVm Art 10 Abs 1 der Verordnung (EG) Nr. 300/2008 gegenüber dem F L  entsprechende Anweisungen über durchzuführende luftfahrtsicherheitsbezogene Maßnahmen und Verfahren erlassen. Damit werden unionsrechtliche Konkretisierungsaufträge (Ermessensentscheidungen) durch die zuständigen Behörden (BMI bzw. Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie) ausgeübt, welche fallbezogen gemäß § 1 Abs. 1 iVm Anlage der Nationales Sicherheitsprogramm-Verordnung, BGBl. II Nr. 276/2011 vom betroffenen Flugplatzhalter durchzuführen sind.

Mit Bescheid vom 24.04.2015, BMI-EE1300/0061-II/2/e/2015 wurde der Punkt 5.3.6 des rechtskräftigen Bescheides basierend auf § 68 Abs. 2 AVG insofern abgeändert, als die bis zu diesem Zeitpunkt festgelegte Möglichkeit der Genehmigung einer Ausnahme von der Kontrolle von sensiblen Geräten und Substanzen durch die örtlich zuständige Sicherheitsbehörde entfallen ist. Daraus folgte, dass der Flugplatzhalter im Rahmen seiner Pflichten nach dem LSG die Erteilung derartiger Ausnahmen auf Basis der gesetzlichen, unionsrechtlichen und mittels Bescheid konkretisierten Kriterien zu vollziehen hat. Damit wurde dem Zivilflugplatzhalter die Möglichkeit eingeräumt, eine Ausnahme von der Kontrolle für sensible Geräte oder Substanzen anzuwenden. Zudem wurde in diesem Punkt neuerdings klargestellt, dass die Sicherheitsbehörde I. Instanz oder ihre Organe gemäß § 13 Abs. 1 LSG die Aufsicht auch in diesem Punkt wahrnimmt. Daher wurde auch den Sicherheitsbehörden dieses Verfahren mittels Erlass mitgeteilt.

Die letzte, nunmehr monierte Änderung des Punktes 5.3.6 des zu diesem Zeitpunkt nicht rechtskräftigen Bescheides vom 24.04.2015 erging mit Bescheid vom 13.05.2015, GZ: BMI-EE1300/0066-II/2/e/2015 (Spruchpunkt 3). Sie beinhaltete neben einer klaren Zuweisung der Dokumentationspflichten auch die Festlegung, dass der Flugplatzhalter nicht die zuständige Polizeiinspektion, sondern die nunmehr örtlich zuständige Sicherheitsbehörde vom betreffenden Ausnahmefall im Vorhinein unter Anschluss der erforderlichen Unterlagen, d.h. vor der Gewährung (oder Nicht-Gewährung) der Ausnahme, zu verständigen hat. Darüber hinaus wurde festgelegt, dass ausschließlich die zuständige Sicherheitsbehörde im Ausnahmefall des Punktes 5.3.6 die Aufsicht nach dem § 13 Abs. 1 LSG wahrnimmt.

 

II. Rechtliche Grundlagen

A. Unionsrechtliche Grundlagen betreffend die Kontrolle von Fluggästen

Gemäß Art. 1 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 300/2008 werden mit dieser Verordnung gemeinsame Vorschriften für den Schutz der Zivilluftfahrt vor unrechtmäßigen Eingriffen, die die Sicherheit der Zivilluftfahrt gefährden, festgelegt.

Gemäß Art 10 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 300/2008 hat jeder Mitgliedstaat ein nationales Sicherheitsprogramm für die Zivilluftfahrt aufzustellen, es anzuwenden und fortzuentwickeln. Dieses Programm legt die Zuständigkeiten für die Durchführung der in Art 4 genannten gemeinsamen Grundstandards (darunter: Art 4 Abs. 2 lit. a: „die zulässigen Verfahren für die Kontrolle") fest und beschreibt die zu diesem Zweck von den Betreibern und Stellen verlangten Maßnahmen.

Gemäß Punkt 4.1 des Anhangs Verordnung (EG) Nr. 300/2008 sind alle Fluggäste, die ihren Ausgangsflug antreten, umsteigen oder weiterfliegen, sowie ihr Handgepäck zu kontrollieren, um zu verhindern, dass verbotene Gegenstände in die Sicherheitsbereiche und an Bord eines Luftfahrzeuges gebracht werden.

 

Die auf der Verordnung (EG) Nr. 300/2008 basierende (Durchführungs-) Verordnung (EU) Nr. 185/2010 „zur Festlegung von detaillierten Maßnahmen für die Durchführung der gemeinsamen Grundstandards in der Luftsicherheit" legt in ihrem Anhang unter Punkt 4.0.1 das Folgende fest:

 

 

„4. FLUGGÄSTE UND HANDGEPÄCK 

4.0 ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN

4.0.1 Soweit nicht anders angegeben, stellt die Behörde, der Flughafenbetreiber, das Luftfahrtunternehmen oder die für das nationale Sicherheitsprogramm für die Zivilluftfahrt gemäß Artikel 10 der Verordnung (EG) Nr. 300/2008 zuständige Stelle die Durchführung der in diesem Kapitel genannten Maßnahmen sicher.

(...)"

B. Rechtsgrundlagen im österreichischen Recht betreffend die Kontrolle von Fluggästen und den damit zusammenhängenden Verantwortlichkeiten

In Umsetzung der unter Punkt A. genannten unionsrechtlichen Bestimmungen werden durch das LSG sowie durch die Nationales Sicherheitsprogramm-Verordnung- NaSP-VO, BGBl II Nr. 276/2011 den Flugplatzhaltern der Österreichischen Flughäfen wie folgt eine Mehrzahl von Verpflichtungen bzw. Verantwortlichkeiten auferlegt:

 

Gemäß § 5 LSG ist bei Flughäfen mit einem jährlichen Passagieraufkommen von mindestens 100.000 abfliegenden Passagieren der Zivilflugplatzhalter verpflichtet, für die Sicherheitsbehörden:

„1. zu gewährleisten, dass jeder Passagier, bevor er Zutritt zu einem in einem Sicherheitsprogramm gemäß § 2 festgelegten Sicherheitsbereich eines Zivilflugplatzes erhält, das von ihm mitgeführte Gepäck sowie die mitgeführten persönlichen Gegenstände mit der nach den jeweiligen Umständen gebotenen Sorgfalt nach Maßgabe des § 3 Abs. 1 bis 3 durchsucht werden,

2.                    dafür vorzusorgen, dass Durchsuchungen der Passagiere unter möglichster Schonung der Betroffenen durchgeführt werden und dass die händische Durchsuchung der Kleidung eines Betroffenen von einem Menschen desselben Geschlechts durchgeführt wird,

3.                    eine umfassende Aufsicht über die Tätigkeit seiner Dienstnehmer auszuüben,

4.                    durch den Abschluss einer Haftpflichtversicherung für die Erfüllung von Schadenersatzverpflichtungen nach § 8 Abs. 2 vorzusorgen,

5.             ( . .)

6.                    jene Dienstnehmer, die Durchsuchungen der Passagiere besorgen, zu verpflichten, eine von einer Sicherheitsbehörde oder einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Zusammenhang mit der Qualität der Durchführung von Durchsuchungen erteilte Anordnung zu befolgen,

7. ( ..)"

 

Die Sicherheitsbehörden und die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind gemäß § 3 Abs. 1 LSG ermächtigt, den Zutritt von Passagieren zu einem Sicherheitsbereich eines Flugplatzes von ihrer Bereitschaft abhängig zu machen, ihre Kleidung, ihr Gepäck und die von ihnen mitgeführten persönlichen Gegenstände durchsuchen zu lassen, und sie im Falle der Weigerung vom Zutritt zum Sicherheitsbereich auszuschließen.

Das LSG legt des Weiteren im Hinblick auf das Auffinden verbotener Gegenstände im § 3 Abs. 3 das Folgende fest:

"... (3) Werden bei einer Durchsuchung gemäß Abs. 1 in der Anlage 4 C der Verordnung (EU) Nr. 185/2010 oder in einer Verordnung des Bundesministers für Inneres als verboten aufgelistete Gegenstände (verbotene Gegenstände) aufgefunden, ist der Betroffene vom Zutritt zum Sicherheitsbereich mit dem verbotenen Gegenstand auszuschließen. In der genannten Verordnung kann der Bundesminister für Inneres Waffen, Sprengstoffe oder andere gefährliche Geräte, Gegenstände oder Stoffe, die für unrechtmäßige Eingriffe, die die Sicherheit der Zivilluftfahrt gefährden, verwendet werden können, zu verbotenen Gegenständen erklären."

 

Gemäß § 3 Abs. 5 leg.cit. sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, die Zutrittsbeschränkung nach Maßgabe des § 50 Abs. 2 und 3 SPG mit unmittelbarer Zwangsgewalt durchzusetzen.

Im Zusammenhang mit den gesetzlichen Verpflichtungen der Flugplatzhalter kommen den zuständigen Sicherheitsbehörden bzw. deren Organe sowohl Aufsichtsrechte als auch Anordnungsbefugnisse zu. § 13 Abs. 1 LSG legt damit zusammenhängend das Folgende fest:

„§ 13. (1) Bei Wahrnehmung von Aufgaben nach § 5 untersteht der Zivilflugplatzhalter der Aufsicht und den Anordnungen der Sicherheitsbehörde erster Instanz, in deren örtlichen Wirkungsbereich sich der Zivilflugplatz befindet, und ihrer Organe.

Gemäß § 1 Abs. 1 LSG sind in jener Verordnung, mit welcher der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie ein nationales Sicherheitsprogramm festlegt, die Verantwortlichkeiten für die Durchführung der gemeinsamen Grundstandards für die Luftsicherheit im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 300/2008 jeweils dem Zivilflugplatzhalter, dem Luftfahrtunternehmen oder den Stellen im Sinne des Art. 3 Abs. 6 der Verordnung (EG) Nr. 300/2008 zuzuweisen.

Die Nationales Sicherheitsprogramm-Verordnung (NaSP- Verordnung), welche aufgrund des § 1 LSG erlassen wurde, weist demnach die sich aus dem Unionsrecht ergebenden Verpflichtungen jeweils den Flug Platzhaltern, den Luftfahrtunternehmen oder den Stellen im Sinne des Art. 3 Ziff. 6 zu. Im Hinblick auf die Verantwortlichkeiten des Flugplatzhalters sieht die NaSP- Verordnung das Folgende vor:

„Verantwortlichkeiten der Zivilflugplatzhalter, Luftfahrtunternehmen und Stellen

§ 1. (1) Die Durchführung der gemäß der Anlage den Zivilflugplatzhaltern obliegenden Maßnahmen ist von den Inhabern einer Zivilflugplatzbewilligung (§ 68 des Luftfahrtgesetzes - LFG, BGBl Nr. 25311957) sowie im Falle von Militärflugplätzen, die gemäß § 62 LFG für Zwecke der Zivilluftfahrt benützt werden, von den Inhabern der Benützungsbewilligung zu gewährleisten.

(...)

Anlage 1

„Verantwortlichkeiten gemäß § 1 NaSP-VO

Rechtsquelle des Unionsrechts

Durchzuführende Maßnahmen im Kapitel des Anhanges der Unionsvorschrift

Verantwortlicher für die Durchführung

VO (EG) Nr. 30012008

VO (EU) Nr. 18512010

4. Fluggäste und Handgepäck

Zivilflugplatzhalter

 

C. Rechtsgrundlagen betreffend Ausnahmemöglichkeiten im Zusammenhang mit der Kontrolle von Fluggästen und Handgepäck im Unionsrecht sowie im österreichischen Recht

Die Verordnung (EU) Nr. 185/2010 verpflichtet - soweit dort nichts anderes verfügt wird - den Zivilflugplatzhalter im Kapitel 4 der Anlage zu einer Mehrzahl an Verfahren und Maßnahmen, mit welchen im Sinne des Punktes 4.1 der Verordnung (EG) Nr. 300/2008 verhindert werden soll, dass verbotene Gegenstände in die Sicherheitsbereiche und an Bord eines Luftfahrzeuges verbracht werden. In diesem Abschnitt der Anlage der Verordnung (EU) Nr. 185/2010 werden - wie in einigen anderen Kapiteln - allerdings nicht nur konkrete Verfahren und Maßnahmen zur Durchführung durch die oben aufgezählten Betreibern und/oder Stellen (fallbezogen durch den verantwortlichen Flugplatzhalter) vorgeschrieben, sondern hat der EU-Verordnungsgeber die jeweils zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten auch zur Erlassung mehrerer Ermessensentscheidungen aufgefordert. Bei diesen Ermessensentscheidungen können basierend auf dem Kapitel 4 des Anhangs der Verordnung (EU) Nr. 185/2010 betreffend die Frage von Ausnahmegewährungen im Wesentlichen zwei Arten unterschieden werden:

 

a. Die zuständige Behörde des Mitgliedstaates kann im Generellen Kriterien bzw. Voraussetzungen festlegen, aufgrund derer entweder entsprechende abweichende (de facto erleichterte) Kontrollverfahren- bzw. Maßnahmen oder entsprechende Ausnahmen von der Kontrolle gewährt werden können (Ausnahmen von der Kontrolle). Im Hinblick auf den monierten Spruchpunkt des angefochtenen Bescheides kam die unionsrechtlich festgelegte Möglichkeit der Behörde zur Festlegung von Kategorien von Handgepäck, die aus objektiven Gründen von der Kontrolle ausgenommen werden können, zur Anwendung (Punkt 4.1.2.10 Anhang der Verordnung [EU] Nr. 185/2010, siehe unten).

 

b. Die zuständige Behörde des Mitgliedstaates kann ebenso unter bestimmten Voraussetzungen bzw. Bedingungen im Einzelfall eine Ausnahme von den grundsätzlich festgelegten Bestimmungen gewähren. Im Kapitel 4 ist hier die Möglichkeit der behördlichen Zustimmung zum Mitführen eines im Sinne der Anlage 4-C verbotenen Gegenstandes zu nennen (Ausnahmen vom Verbot des Mitführens verbotener Gegenstände). Der entsprechende Punkt 4.4 des Anhangs der Verordnung (EU) Nr. 185/2010 lautet wie folgt:

„4.4 VERBOTENE GEGENSTÄNDE

4.4.1            Die in Anlage 4-C aufgeführten Gegenstände dürfen von Fluggästen nicht in Sicherheitsbereiche oder an Bord eines Luftfahrzeugs mitgenommen werden.

4.4.2            Eine Ausnahme von Nummer 4.4.1. kann unter folgenden Bedingungen gewährt werden:

a)           Die zuständige Behörde hat ihre Zustimmung zum Mitführen des betreffenden Gegenstands erteilt und

b)           das Luftfahrtunternehmen wurde über den betreffenden Fluggast und den von ihm mitgeführten Gegenstand unterrichtet, bevor Fluggäste an Bord des Luftfahrzeugs gehen, und

c)           die geltenden Sicherheitsvorschriften werden eingehalten.

Die betreffenden Gegenstände werden daraufhin an Bord des Luftfahrzeugs sicher verwahrt.

4.4.3 Das Luftfahrtunternehmen stellt sicher, dass die Fluggäste vor Abschluss der Abfertigung über das Verbot des Mitführens der in Anlage 4-C aufgeführten Gegenstände unterrichtet werden."

 

Die unter Punkt 4.4 normierten Ausnahmemöglichkeiten des Unionsrechts finden in § 3 Abs. 4 LSG wie folgt ihre Umsetzung:

„(4) Abs. 3 gilt nicht für verbotene Gegenstände, für deren Transport der Inhaber gegenüber der Sicherheitsbehörde oder den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes überwiegende berechtigte Interessen glaubhaft machen kann, insoweit das Luftfahrtunternehmen nachweislich seine Zustimmung zur Beförderung erteilt hat"

Daraus folgt, dass einem Fluggast als Inhaber eines nach der Anlage 4-C des Anhangs der Verordnung (EU) Nr. 185/2010 verbotenen Gegenstandes im Einzelfall eine Ausnahme vom Verbot des Mitführens (d.h. der Einbringung in den Sicherheitsbereich bzw. an Bord von Luftfahrzeugen) gewährt werden kann. Diese Ausnahme kann demgemäß entweder seitens der zuständigen Sicherheitsbehörde oder eines Organes des öffentlichen Sicherheitsdienstes gewährt werden, soweit der betreffende Fluggast als Inhaber in diesem Einzelfall berechtigte Interessen nachweisen kann.

Bei der im gegenständlich monierten Spruchpunkt des angefochtenen Bescheides vorgesehenen Ausnahmemöglichkeit handelt es sich um die vom Unionsrecht auferlegte, und unter a. beschriebene Form der behördlichen Ermessensentscheidung betreffend Ausnahme von Kontrollen und nicht betreffend Ausnahmen vom Verbot des Mitführens verbotener Gegenstände! Im Zusammenhang mit diesen unionsrechtlichen Festlegungen (siehe oben Punkt a) lautet der Punkt 4.1.2.10 des Anhangs der Verordnung (EU) Nr. 185/2010 wie folgt:

„4.1.2.10 - Die zuständige Behörde kann Kategorien von Handgepäck festlegen, die aus objektiven Gründen besonderen Kontrollverfahren unterzogen werden bzw. von der Kontrolle ausgenommen werden können. Die Kommission ist über die eingerichteten Kategorien zu unterrichten."

 

Auf Grund der unmittelbaren Verbindlichkeit der Verordnung (EU) Nr. 185/2010 war und ist eine Umsetzung dieser Ausnahmemöglichkeit, nämlich die Festlegung von generellen Kategorien, die von der zuständigen Behörde bestimmt werden kann, möglich.

 

Im Hinblick auf die Entscheidungsbefugnis im Einzelfall findet sich im LSG allerdings im Gegensatz zu der Ausnahmemöglichkeit für das Mitführen von verbotenen Gegenstände durch die Sicherheitsbehörde oder den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes (§ 3 Abs. 4 LSG) keine rechtliche Grundlage.

 

 

III. Zur Beschwerde

 

A.            Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde

Der gegenständliche Bescheid wurde der F L  am 18.05.2015 postalisch zugestellt. Die Beschwerde gegen den Bescheid wurde am 15.06.2015 in elektronischer Form und somit binnen offener Frist zur Beschwerdeerhebung bei der zuständigen Behörde eingebracht.

 

B. Zur behaupteten Rechtswidrigkeit des Spruchpunktes 3 des angefochtenen
Bescheides

 

1. Die Beschwerdeführerin begründet die Anfechtung des Spruchpunktes 5.3.6 des gegenständlichen Bescheides im Wesentlichen damit, dass eine "Überwälzung" der dort verankerten Verpflichtungen im Hinblick auf die Ausnahmen von der Kontrolle sensibler Geräte oder Substanzen keine gesetzliche Deckung finde. Die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen sei sinngemäß im § 5 LSG nicht abgebildet. Daher greife aufgrund der gesetzlichen Verweise auf den § 5 LSG nicht die Amtshaftung nach dem § 8 LSG und unterläge der Flugplatzhalter bei der Erteilung bzw. Nicht- Erteilung derartiger Ausnahmen auch nicht der Aufsicht nach § 13 LSG.

 

Diesen Ausführungen ist das Folgende zu entgegnen: Der Flugplatzhalter ist auf Basis des § 1 iV mit Anlage 1 der NaSP- Verordnung nicht nur zur Aufgabenerfüllung nach dem § 5 LSG verpflichtet, sondern ist dieser auch für die Durchführung sämtlicher Maßnahmen verantwortlich, die im Kapitel 4 der Anlage der Verordnung (EU) Nr. 185/2010 festgelegt sind. Nach Kapitel 4.0.1 der Anlage der Verordnung (EU) Nr. 185/2010 stellt, soweit nicht anders angegeben, die Behörde, der Flughafenbetreiber, das Luftfahrtunternehmen oder die für das nationale Sicherheitsprogramm für die Zivilluftfahrt gemäß Artikel 10 der Verordnung (EG) Nr. 300/2008 zuständige Stelle die Durchführung der in diesem Kapitel genannten Maßnahmen sicher. Anlage 1 der NaSP-Verordnung überträgt die Verantwortung des gesamten Kapitels 4 (Fluggäste und Handgepäck) ohne Einschränkung dem Zivilflugplatzhalter. Gemäß dem Kapitel 4, Punkt 4.1.2.10 obliegt es der zuständigen Behörde auf Basis des § 4 Abs. 1 LSG Kategorien von Handgepäck festzulegen, die aus objektiven Gründen von der Kontrolle ausgenommen werden. Diese Festlegungen wurden bereits in Umsetzung des Punktes 4.1.2.10 des Anhangs der zit. Verordnung der Europäischen Kommission mittels Bescheid getroffen und finden sich auch im Punkt 5.3.6 des angefochtenen Bescheides wieder. Daraus folgt, dass der Flugplatzhalter in Umsetzung dieses Bescheides eine Kontrolle des betroffenen Handgepäcks unterlassen kann, wenn jene in diesem Punkt aufgezählten Voraussetzungen zutreffen, die das Bundesministerium für Inneres mittels Bescheid als objektive Gründe festgelegt hat. Nur die tatsächliche, auf dem Unionsrecht sowie auch auf dem gegenständlichen Bescheid basierende Umsetzung dieser Ausnahmemöglichkeit hat daher gemäß §§ 1 Abs. 1 LSG und 1 Abs. 1 der NaSP-Verordnung in Verbindung mit deren Anlage 1 sowie dem oben zitierten Punkt der Kommissionsverordnung der Flugplatzhalter durchzuführen.

 

2. Die Beschwerdeführerin verkennt in ihrer Schlussfolgerung (vgl. S. 7 letzter Absatz der Beschwerde), dass die Österreichische Rechtsordnung bzw. das LSG für Sachverhalte, welche dem Punkt 4.1.2.10 der zitierten Verordnung der Europäischen Kommission (Ausnahmen von der Kontrolle von Handgepäck) zu Grunde liegen, keine behördliche Zuständigkeit für die Erteilung einer Genehmigung vorsieht. Demnach kann der (generellen) Aussage der Beschwerdeführerin, nach welcher die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen den Sicherheitsbehörden obliege, nicht bzw. insofern nur eingeschränkt gefolgt werden, als der Gesetzgeber derartige Zuständigkeiten für die Erteilung von Ausnahmen explizit vorsieht bzw. auflistet. Bei diesen vom Gesetzgeber explizit festgelegten, behördlichen Zuständigkeiten für die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen im Zusammenhang mit der Kontrolle von Personen bzw. Fluggästen handelt es sich neben den im § 3 Abs. 2 Z 5 LSG festgelegten Fällen - wie bereits unter Punkt 2.3 dieser Gegenschrift dargelegt - um jene des § 3 Abs. 4 LSG. Die Fälle der möglichen Erteilung von Ausnahmen von der Kontrolle von Handgepäck aus objektiven Gründen kann allerdings weder unter den § 3 Abs. 2 Z 5 LSG noch unter den § 3 Abs. 4 LSG subsumiert werden. Letzteres ist insbesondere damit zu begründen, dass diese im LSG verankerte Ausnahmemöglichkeit durch die Sicherheitsbehörde erster Instanz nicht auf die Ausnahme von der Kontrolle, sondern auf die Ausnahme vom Verbot der Einbringung (an sich nach der Verordnung [EU] Nr. 185/2010) verbotener Gegenstände abzielt.

Dieser Unterschied muss dabei sowohl aus rechtlicher Sicht als auch aus Sicht der Praxis besonders unterstrichen werden, denn eine Ausnahme von der Kontrolle von Handgepäckstücken bedingt niemals zwingend die Tatsache, dass die von der Kontrolle auszunehmenden Gegenständen auch gleichzeitig verboten im Sinne der zitierten Kommissionsverordnung sind. So handelt es sich bei gegenständlichen sensiblen Geräten und Substanzen, wie etwa bei mitgeführten Blutproben oder Zellgewebe, die aus medizinischen Gründen nicht geröntgt werden sollen, nicht um "verbotene Gegenstände" im Sinne der Anlage 4-C des Anhangs der Verordnung. (Inwieweit die Verbringung derartiger Gewebe/Stoffe oder anderer Gegenstände an Bord von Luftfahrzeugen im Hinblick auf das Gefahrgutrecht zulässig ist, hat für die Beurteilung dieser Fragen allerdings keine rechtliche Relevanz, da es sich dabei um A. S. und nicht um A. S. handelt).

In gleichzeitiger Ergänzung der Ausführungen unter 3.2.1 sei darüber hinaus auch darauf hingewiesen, dass es sich bei Einzelfallentscheidungen betreffend die Ausnahmen für sensible Geräte und Substanzen auch nicht um eine Zuständigkeit des Bundesministeriums für Inneres im Sinne des § 4 Abs. 1 LSG handeln kann, da das Unionsrecht mit dem Punkt 4.1.2.10 der zitierten Kommissionsverordnung die nationalen Behörden der Mitgliedstaaten lediglich zur generellen Festlegung von Kategorien von Handgepäck aus objektiven Gründen ermächtigt, was bereits mittels gegenständlichem Bescheid bzw. mit moniertem Spruchpunkt erfolgt ist. Eine Entscheidungskompetenz im Einzelfall aufgrund einschlägiger Tatsachenfeststellungen der Behörde kann daher aus dem § 4 Abs. 1 LSG im Zusammenhang mit Punkt 4.1.2.10 der zitierten Kommissionsverordnung ebenso nicht abgeleitet werden.

 

3.            Aus den Ausführungen des obigen Punktes 3.2.2 folgt somit, dass die von der Beschwerdeführerin beantragte Abänderung des Spruchpunktes 3 des angefochtenen Bescheides einer Festlegung einer Behördenzuständigkeit gleichkomme, die im nationalen Gesetz keinerlei Verankerung findet. Dies impliziert den Umstand, dass eine Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nähme und damit eine Sachentscheidung träfe, die keine gesetzliche Deckung findet. Nach ständiger Rechtsprechung des VfGH würden derartige Entscheidungen von Verwaltungsbehörden das Grundrecht des betroffenen Fluggastes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzen (vgl. z.B. VfSlg 12.889/1991, 13.280/1992, 14.713/1997 u.a.)

4.                   Der von der Beschwerdeführerin festgestellte Umstand, dass die im § 8 LSG geregelte Amtshaftung bei der Gewährung oder Nicht- Gewährung von fallbezogenen Ausnahmen von Kontrolle nicht greife, stellt nach ho. Ansicht keine geeignete Begründung dar, mittels Erlass des Bundesministeriums für Inneres an die nachgeordneten Behörden eine Festlegung von Behördenzuständigkeiten zu treffen, die im Gesetz bis dato nicht gegeben sind. Richtig ist, dass die Amtshaftung nach dem AHG auch nur für Schäden, die im Rahmen der Durchsuchungen nach dem § 5 LSG durchgeführt werden, greift. Dies bedeutet, dass der Gesetzgeber die Amtshaftung nach dem AHG auch nur auf Schäden bezieht, die aufgrund eines rechtswidrigen und schuldhaften Verhaltens eines Dienstnehmers (etwa Kontrollbediensteten) im Rahmen der im § 5 LSG aufgezählten Verpflichtungen in Vollziehung der Gesetze entstanden sind.

Nicht nachvollziehbar ist das Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass neben der rechtswidrigen Inpflichtnahme ein unzumutbares Haftungsrisiko bestehen würde. Aus dem bisherigen Vorbringen der Beschwerdeführerin ergibt sich nicht, warum im konkreten eine Inpflichtnahme vorliegen sollte - es wird auch nicht konkret ausgeführt, was die Beschwerdeführerin unter Inpflichtnahme konkret versteht - und warum ein unzumutbares Haftungsrisiko bestehen soll. Solange die Beschwerdeführerin rechtmäßig Ausnahmen gewährt, besteht kein Haftungsrisiko. Gewährt sie Ausnahmen rechtswidrig, haftet sie entsprechend den allgemeinen Grundsätzen des ABGB betreffend Schadenersatz für ihr eigenes Verhalten. Darüber hinaus wird nicht vorgebracht, wie die Konkretisierung von Ermächtigungen bzw. einer Inpflichtnahme Privater ausgeführt werden sollte. Auf Grund des unschlüssigen Vorbringens der Beschwerdeführerin behält sich die Beschwerdegegnerin diesbezügliches weiteres Vorbringen ausdrücklich vor.

Im Übrigen wird in diesem Zusammenhang zuletzt festgehalten, dass gemäß § 8 Abs. 2 LSG der Zivilflugplatzhalter dem Bund für jeden einzelne einem Passagier oder einem Dritten erbrachte Schadenersatzleistung haftet.

 

5. Soweit die Beschwerdeführerin eine spezielle Regelung im gegenständlichen Bescheid, in
welcher Form nunmehr die Versagung einer entsprechenden Ausnahme zu erteilen wäre,
vermisst, ist darauf hinzuweisen, dass der Zivilflugplatzhalter bei sämtlichen andern Aufgaben
gemäß LSG und NaSP-Verordnung ohne jegliche Formerfordernisse agiert (z.B.
Zurückweisungen von Messern mit einer Klingenfänge von über 6cm oder von Flüssigkeiten).

Daher und aus dem Umstand, dass keinerlei publizierte Rechtsvorschriften1 eine konkrete Ausnahmegenehmigung für den Fall der Mitführung sensibler Geräte oder Substanzen vorsehen, stellt sich für den Bürger bzw. den Fluggast auch nicht die Frage einer Genehmigung oder Versagung mittels eines speziellen Hoheitsaktes wie etwa in Form eines Bescheides. Nach Ansicht der belangten Behörde handelt es sich bei der Aufgabe des Zivilflugplatzhalters lediglich um eine Plausibilitätsprüfung der vom Fluggast getätigten Angaben. Zumal es sich um unterschiedlich gelagerte Einzelfälle handelt, erscheint eine normierte Handlungsanleitung nicht zweckmäßig.

6.                   Die Ansicht der Beschwerdeführerin, wonach es sich bei dieser "Ausnahmegenehmigung" um eine "Abwehr von Gefahren, die durch Straftaten im Bereich der Zivilluftfahrt drohen" handelt, ist entgegenzuhalten, dass dieser Vorgang lediglich eine Plausibilitätsprüfung darstellt, die ohne behördliche Befugnisse gemäß SPG bzw. StPO vorzunehmen ist. Die Mehrheit der luftfahrtsicherheitsrechtlichen Maßnahmen, worunter auch insbesondere die gegenständliche Ausnahmemöglichkeit fällt, findet im Vorfeld von sicherheitspolizeiliehen bzw. strafrechtlichen Tatbeständen statt. Daraus folgt, dass auch den Sicherheitsbehörden keine anderen Mittel für die Plausibilitätsprüfung zur Verfügung stünden als dem Zivilflugplatzhalter.

7.                   Die von der Beschwerdeführerin aufgeworfene Frage, welchen Zeitraum der Begriff "im Vorhinein" meint, ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang der Regelung. Diese Verständigungspflicht kann demnach nur dann rechtzeitig erfolgen, wenn der Flugplatzhalter dieser unverzüglich nachkommt, sobald er aufgrund der von ihm vorgenommenen Plausibilitätsprüfung beabsichtigt, die gegenständlichen Geräte oder Substanzen von der Kontrolle auszunehmen.

 

Aus der Zusammenschau sämtlicher rechtlicher Vorschriften sowie der einschlägigen Rechtsprechung ergibt sich also, dass

      der Flugplatzhalter Ausnahmen von der Kontrolle im Zusammenhang mit sensiblen Geräten oder Substanzen zu vollziehen hat und

          Behördenzuständigkeiten      für      die       Entscheidung       über      derartige Ausnahmegenehmigungen gesetzlich nicht vorgesehen sind.

 

Beweis:           Bescheid vom 6.2.2015,

Bescheid vom 23.3.2015,

Bescheid vom 24.4.2015,

Bescheid vom 13.5.2015,

Anlage A samt Ergänzungen und Berichtigung, weitere Beweise vorbehalten.

 

 

 

________________________

1

Der gegenständliche Bescheid sowie entsprechende Erlässe dürfen gemäß Art. 2 des Beschlusses K[2010] 774 nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, da dieser bzw entsprechende Erlässe auch vielfach Anordnungen enthalten, die auf den nicht veröffentlichten Kommissionsbeschluss K[2010] basieren. Der Bürger bzw. der Fluggast kann aus diesem Grund nur Kenntnis über den gegenständlichen Ausnahmetatbestand haben, wenn dieser etwa bereits entsprechende Erkundigungen beim Flugplatzhalter über die Transportbedingungen von Gepäck eingeholt hat.

 

C. Das Bundesministerium für Inneres stellt demgemäß die

 

Anträge,

 

den Sachverhalt gemäß § 27 iVm § 9 VwGVG zu beurteilen und die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

 

IV. Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit

 

Gemäß § 25 Abs 1 VwGG darf die Öffentlichkeit von der Verhandlung nur so weit ausgeschlossen werden, als dies aus Gründen der Sittlichkeit, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit, der Wahrung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen sowie im Interesse des Schutzes Jugendlicher oder des Privatlebens einer Partei, eines Opfers, eines Zeugen oder eines Dritten geboten ist.

 

Wie schon unter Punkt III.5. in der Fußnote 1 hingewiesen worden ist, dürfen der gegenständliche Bescheid sowie entsprechende Erlässe gemäß Art. 2 des Beschlusses K[2010] 774 nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, da dieser bzw entsprechende Erlässe auch vielfach Anordnungen enthalten, die auf den nicht veröffentlichten Kommissionsbeschluss K[2010] basieren, dies aus Gründen nationalen Sicherheit.

 

Es wird daher schon vorab der

Antrag

 

auf Ausschluss der Öffentlichkeit von der am 7.9.2015 anberaumten Verhandlung gestellt.

 

Wien, am 10. August 2015 Im Auftrag:

 

(Mag. Dr. M P)“

 

 

IV.4. Diese Stellungnahme wurde der  Rechtsvertretung der Beschwerdeführerschaft noch am gleichen Tag zur Kenntnis gebracht, welche dem Landesverwaltungsgericht am 1.9.2015 die nachfolgende Replik übermittelte:

Zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung und in Erwiderung auf die Stellung­nahme der belangten Behörde vom 10.08.2015, wir erstattet folgende:

 

Replik zur Stellungnahme:

 

1.     Wiederholte Änderungen des Bescheides

Die Beschwerdeführerin vermisst in der Stellungnahme der belangten Behörde kon­krete Ausführungen dazu, warum es überhaupt zu einer nochmaligen Änderung des bereits wiederholt geänderten Bescheides, insbesondere hinsichtlich des bekämpften Spruchpunkts, gekommen ist. Zwischen Februar 2015 (erster Bescheid) und April 2015 (erste Änderung des bekämpften Spruchpunktes) kam es weder auf nationaler noch auf EU-Ebene zu einer Änderung der bezughabenden Rechtsnormen. Es wur­de nicht ausgeführt, warum eine (wiederholte) Änderung des Bescheides zulässig gewesen sein soll, sondern wird lediglich auf § 68 Abs 2 AVG verwiesen mit dem Hinweis, dass die Möglichkeit der Genehmigung einer Ausnahme von der Kontrolle durch die örtlich zuständige Sicherheitsbehörde entfallen ist.

 

Auch wenn die Änderung von der vorletzten Version des Bescheids vom 24. April 2015 hin zu der letzten Version vom 13. Mai 2015 anfänglich marginal erscheinen mag, so ergibt sich speziell durch die Hinzufügung des Satzes „Diese Ausnahmen werden unter Einhaltung dieser rechtlichen Voraussetzungen vom (gem. § 5 LSG zuständigen) Flugplatzhalter gewährt." eine Neu-Festlegung der Zuständigkeit hin­sichtlich der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen sowie daran anknüpfend der Haftungsproblematik, weil sich aus der vorletzten Version (Bescheid vom 24.04.2015) noch ergeben hat, dass zwar der Flugplatzhalter schlussendlich für die Durchführung zuständig ist, aber dies nur aufgrund der vorhergehenden Entschei­dungen der Sicherheitsbehörde unter Beteiligung der örtlich zuständigen Polizeiin­spektion. In dieser Version des Bescheids vom 24.04.2015 war die Vorab-Information der Sicherheitsbehörde nicht eine bloße Informationspflicht, sondern eine notwendi­ge Vorarbeit, um die Durchführung einer Ausnahme von der Kontrolle des Handge­päcks im Einzelfall zu ermöglichen. Die Gewährung einer Ausnahmegenehmigung war auch noch näher konkretisiert, da die Voraussetzungen abschließend aufgezählt wurden. Noch bevor diese Version des Bescheides überhaupt in Rechtskraft erwach­sen konnte, wurde die April-Version durch die Letztversion des Bescheides wiederum korrigiert.

 

Der bekämpfte Spruchpunkt der aktuellen Letztversion des Bescheides vom 13.05.2015 ermöglicht einen noch viel größeren Spielraum für den Flugplatzhalter zur Gewährung einer Ausnahmegenehmigung. Dieser Bescheid sieht die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung vor, gleichzeitig wird die Gewährung zusätzlich an die Einhaltung der rechtlichen Voraussetzungen geknüpft. Die Position der Beschwerde­führerin hat sich daher durch die letzte Änderung des Bescheides erheblich ver­schlechtert.

 

Zutreffend betont der VwGH, dass eine Aufhebung gemäß § 68 Absatz 2 AVG unzu­lässig ist, wenn hiedurch die Rechtslage der Partei ungünstiger als durch den aufge­hobenen Bescheid gestaltet wird. (VwSlgNF 9769 A, 9875 A; VwGH 27.2.1989, Zl. 88/12/0201; Ringhofer I, 662). Da durch den bekämpften Bescheid, wie oben darge­legt, die Rechtslage für den Flughafenbetreiber nochmals ungünstiger gestaltet wur­de, ergibt sich schon aus diesem Grund, dass der bekämpfte Bescheid mit Rechts­widrigkeit belastet ist.

 

Bis zur Erlassung des gegenständlichen Bescheides gingen sowohl die belangte Be­hörde als auch die Beschwerdeführerin davon aus, dass die zuständigen Sicher­heitsbehörden über Anträge von Personen auf Ausnahmen von der Kontrolle von Handgepäck im Rahmen der Durchführung eines Ermittlungsverfahrens abschlie­ßend bescheidmäßig zu entscheiden hatte. Es gibt auch keine Gründe, die eine rechtliche Begründung der wiederholten Änderungen berechtigterweise herangezo­gen werden können.

Die wiederholten Änderungen innerhalb kürzester Zeit (vier Bescheide in vier Mona­ten mit über 200 Seiten hochkomplexer Regelungen!) hinsichtlich der anzuwenden­den Verfahren und einzuhaltenden Bestimmungen allein im Zusammenhang mit der Luftsicherheit, machen es für die Beschwerdeführerin unmöglich, den entstandenen „Regelungsdschungel zu durchschauen und gesetzeskonform einzuhalten. Fach­männer und -frauen der jeweiligen Professionen haben Schwierigkeiten, die aktuell geltenden Regelungen im Auge zu behalten und in der schnelllebigen Zeit, in der die „Lebenszeit eines Bescheides nur einen Monat beträgt, den Überblick nicht zu ver­lieren. Es ist aber für ein Unternehmen nicht möglich, die damit betrauten Mitarbeiter in monatlichen Zyklen jeweils neu zu schulen und zu instruieren. Dies vor allem auch dann nicht, wenn das Verstehen eines Bescheides dem Lösen eines kniffligen Rät­sels gleichkommt und nur möglich ist, wenn alle bisherigen Bescheide samt den zu­gehörigen Anlagen zur Auslegung herangezogen werden. Der aktuelle Regelungsin­halt ist für die Beschwerdeführerin nicht mehr überschaubar.

Eine solche Unübersichtlichkeit in einem so heiklen Bereich wie der Luftsicherheit und der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen von der Kontrolle des Handge­päcks, kann nicht Absicht der belangten Behörde gewesen sein. Dies war jedenfalls auch nicht die Intention des österreichischen oder europäischen Gesetzgebers, der seit 9/11 die Regelungen und Kontrollen intensiviert und nicht gelockert hat.

Dies steht auch im Widerspruch zu den Regelungen der VO (EU) Nr. 185/2010 die unter Punkt 4.1.2.10. bestimmt, dass durch die zuständige Behörde Kategorien von Handgepäck (...) von der Kontrolle ausgenommen werden können und dies der Kommission mitzuteilen ist (Seite 6 der Beschwerde). Die gegenständlich mit dem angefochtenen Spruchpunkt weit gefasste Regelung würde es der Beschwerdeführe­rin ermöglichen, neue Kategorien von „Ausnahme-Handgepäck" zu schaffen. Die In­formation über die Gewährung muss lediglich im Vorhinein erfolgen. Wenn dies nur ganz kurz im Vorhinein erfolgt, kann die zuständige Sicherheitsbehörde nicht mehr reagieren. Der Beschwerdeführerin käme dadurch eine mächtige Position zu. Ob die Kommission von solchen „eigenmächtig von Privatpersonen" geschaffenen Katego­rien informiert werden will, ist allerdings fraglich.

 

2.     Nationales Sicherheitsprogramm-Verordnung

Die angeführte Tabelle auf Seite 6 der Stellungnahme (II. B.), welche entsprechend der Anlage 1 NaSP-VO den Zivilflugplatzhalter als Verantwortlichen für die Durchfüh­rung der VO (EG) Nr. 300/2008 beziehungsweise VO (EU) Nr. 185/2010 anführt, be­sagt, dass es um die Verantwortung der Durchführung geht und nicht um die not­wendige Erstellung der Kriterien für die Durchführung. Dies wird davon nicht mit umfasst.

Den Ausführungen in der Stellungnahme ist hinsichtlich der Einordnung der fragli­chen Ausnahmen zuzustimmen. Insbesondere wird der Ausführung zugestimmt, dass das Unionsrecht der Behörde die Möglichkeit bietet, Kategorien von Handge­päck aus objektiven Gründen von der Kontrolle auszunehmen. Diese Ausnahmere­gelungen müssen allerdings dann nach österreichischem Recht auch den verfas­sungsrechtlich normierten Kriterien entsprechen.

Auch ist der Aussage „Im Hinblick auf die Entscheidungsbefugnis im Einzelfall findet sich im LSG allerdings im Gegensatz zu der Ausnahmemöglichkeit für das Mitführen von verbotenen Gegenstände durch die Sicherheitsbehörde oder den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes (§ 3 Abs. 4 LSG) keine rechtliche Grundlage." zuzu­stimmen, weil dies das eigene Vorbringen belegt, dass es keine nationalen gesetzli­chen Vorschriften gibt, welche die fraglichen Ausnahmen näher definieren oder Zu­ständigkeiten normieren.

So ist es einerseits (Seite 9; III. B. 1.) denkrichtig, dass die belangte Behörde ver­meint, dass aufgrund der unionsrechtlichen Regelung ein Bescheid erlassen werden kann, aber gleichzeitig dem österreichischen Recht widersprechend, wenn aufgrund eines oberflächlichen Gesetzes per Bescheid einem Rechtsunterworfenen die selb­ständige Erfindung von notwendigen Kriterien zur Durchführung der unionsrechtli­chen Regelung auferlegt wird. Es wird von der belangten Behörde eindeutig ver­kannt, dass mit der vorliegenden Fassung des Punktes 5.3.6. im Bescheid, vom Zivil­flugplatzhalter nicht die bloße Durchführung verlangt wird, sondern auch die Fällung von Entscheidungen, basierend auf nicht konkret definierten Kriterien.

Der bekämpfte Teil des Bescheids in seiner jetzigen Form entspricht nicht dem in Artikel 18 B-VG festgelegten Legalitätsprinzip, weil die gesetzliche Grundlage, auf welche Bezug genommen wird, nicht die nötigen Details festlegt, damit ein Dritter, welcher vom Staat mit Aufgaben in die Pflicht genommen wird, diese auch gesetzes­konform durchführen kann.

Die Argumentation der belangten Behörde, dass auch andere Bereiche genauso we­nig näher definiert wären, und ohne Formerfordernisse von Dritten in diesem Bereich exekutiert werden, ist per se widersprüchlich, wenn von ihr begriffliche Beispiele wie „Messer mit Klingenlänge von 6 cm" oder Flüssigkeiten" ins Spiel gebracht werden (Seite 12; III. B. 5.). Ein „Durchschnittsmensch" kann ein Messer mit 6 cm Klinge und Flüssiges als solches identifizieren. Dasselbe von einem Durchschnittsmenschen von „Krebszellen" oder „Viren" zu verlangen, ohne zum Beispiel auf zielführende Daten, wie etwa die wissenschaftliche Qualifikation des mitführenden Reisenden oder des­sen/deren Mitgliedschaft in einem radikal-politischen Verein, greifen zu können, ist widersinnig.

 

3.     Inpflichtnahme

Zur Inpflichtnahme wird ergänzend ausgeführt, dass es dazu im Zuge der Übertra­gung der Passagierdurchsuchungen auf die Zivilflugplatzhalter mit einem Passagier­aufkommen von über 100.000 Personen jährlich gekommen ist. Im Gegensatz zu einer Beleihung können die in die Pflicht genommenen Personen keine behördlichen Akte setzen, sondern müssen die auferlegten Pflichten erfüllen. Eine Setzung von Hoheitsakten ist nicht vorgesehen. In diesem Kontext ist auch § 5 LSG und die darin enthaltenen Verpflichtungen zu beurteilen.

Der vorbeugende sicherheitspolizeiliche Schutz vor Straftaten gegen Zivilluftfahrzeu­ge basiert auf der Kompetenzgrundlage des Art 10 Abs 1 Z 7 B-VG und obliegt den Sicherheitsbehörden. Luftfahrtsicherheit und die Fluggastkontrolle sind Aufgabe der allgemeinen Sicherheitspolizei und ihr Schutz zählt zu den staatlichen Kernaufgaben (Kucsko-Stadlmayer, Grenzen der Ausgliederung, 15. ÖJT 1/1 (2003) 86ff). Auf der Grundlage eines privatrechtlich vereinbarten Kooperationsverhältnisses zwischen Sicherheitsbehörden und Sicherheitsunternehmen nehmen dann deren Dienstneh­mer die Fluggastkontrolle oder dergleichen vor. Diese Personen sind allerdings nicht ermächtigt, den Zutritt oder eine Ausnahmegenehmigung zu verweigern und dies mit Zwangsgewalt durchzusetzen oder bescheidmäßig zu erledigen. Bei der Kooperation zwischen Sicherheitsbehörde und den beauftragen Sicherheitsunternehmen, gegen­ständlich der Beschwerdeführerin, auf Grundlage des LSG handelt es sich nicht um einen Fall der Beleihung, sondern um eine „funktionelle Privatisierung", also eine He­ranziehung Privater lediglich zu behördlichen Hilfsaufgaben, wobei die Verantwor­tung für die Aufgabenerfüllung bei der Sicherheitsbehörde verbleibt. Durch die ge­genständliche Regelung wird der Beschwerdeführerin aber gerade keine Pflicht auf­erlegt, sondern ein Recht eingeräumt.

 

4.      Festlegung der Behördenzuständigkeit / Unbestimmtheit

Die Behauptung der belangten Behörde (Seite 11; III. B. 3.), dass die geforderte Ab­änderung des fraglichen Punktes im Bescheid einer unzulässigen Festlegung von Behördenzuständigkeit gleichkomme, ist nicht nachvollziehbar. Einerseits legt die Anlage A zu GZ. BMI-EE1300/0029-ll/2/e/2015 fest, dass die örtlich zuständige Si­cherheitsbehörde für die fragliche Ausnahmeregelung zuständig ist, und der Zivil­flugplatzhalter über die Entscheidung der Behörde zu informieren ist, und anderer­seits liegt die Durchführung, wie von der gesetzlichen Grundlage vorgesehen, nach wie vor in den Händen des Zivilflugplatzhalters, lediglich die von der belangten Be­hörde selbst angesprochene Plausibilitätsentscheidung liegt dann in den Händen jener Mitarbeiter der Behörde, welche diese auch praktisch als einzige korrekt treffen können.

Denn es ist immer auch bei dessen richtiger Interpretation der Zweck der gesetzli­chen Regelung (VO der Europäischen Union) nicht aus dem Auge zu verlieren. Der primäre Zweck der VO ist eindeutig die Gewährleistung der Sicherheit des Flugver­kehrs. Eine Auslegung und Umsetzung, welche diesem Parameter widerspricht, wäre per se nicht gedeckt.

Dass es ein Haftungsrisiko gibt, wird zwar einerseits von der belangten Behörde bestritten, aber andererseits wird der Hauptkritikpunkt, nämlich, dass es keine spezi­fische gesetzliche Regelung (§ 8 LSG deckt den fraglichen Fall nicht ab) für diesen Fall gibt, bestätigt (Seite 12; III. B. 4.). Die Argumentation, dass es keine Haftung nach allgemeinen Grundsätzen (ABGB) geben würde, wenn rechtmäßig von dem Dritten gehandelt werden würde, greift zu kurz beziehungsweise nimmt die Behörde, wie von der Antragsseite offensichtlich richtig befürchtet, von der Haftung aus.

Denn ein rechtmäßiges Handeln wird mit den Worten „im Vorhinein" definiert; und „im Vorhinein" wird einfach als rechtzeitig ausgelegt, welches wiederum als unverzüglich ausgelegt wird. Wenn man dieser Interpretation der Finanzprokuratur folgen würde, und also im Beispielsfall eine Meldung an die Behörde erfolgt, ist diese an keine Zeit­vorgaben bei der Antwort gebunden, und es muss im Zweifelsfall der Mitarbeiter des Flugplatzhalters die Entscheidung treffen, ohne Rückmeldung, weil beispielsweise der Flug in zehn Minuten geht. Haften würde dann bei einem Unfall oder Anschlag nur der Flugplatzhalter für seinen Mitarbeiter nach ABGB, aber nicht die Behörde, welche ja ihrer Verpflichtung nachgekommen ist, die Meldung entgegenzunehmen.

 

Entsprechend dem angefochtenen Spruchpunkt ist das Luftfahrtunternehmen auch bloß über die Absicht der Gewährung einer Ausnahme zu verständigen. Es wird nicht geregelt, ob dieser auch über die Gewährung zu der Ausnahmegenehmigung oder die Verweigerung zu informieren ist. In der Anlage A wurde noch eine nachweisliche Verständigung verlangt. Nunmehr wird nichts mehr verlangt. Auch dies kann nicht die Intention des Gesetzgebers gewesen sein und steht auch nicht im Einklang mit den europarechtlichen Bestimmungen.

 

5.     Durchführung eines behördlichen Verwaltungsverfahrens

Die Entscheidung über einen Antrag auf Ausnahme von der Handgepäckskontrolle erfolgt fast ausschließlich auf Antrag eines Rechtsunterworfenen, wobei über diesen Antrag in rechtsförmiger Weise im Rahmen der Durchführung eines Verwaltungsver­fahrens zu entscheiden ist. Gemäß Artikel I (2) Z 1 EGVG ist auf das behördliche Verfahren der Verwaltungsbehörden (im vorliegenden Fall der Sicherheitsbehörden) das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz anzuwenden.

Aus dem verfassungsrechtlichen Legalitätsprinzip gemäß Artikel 18 Abs.1 B-VG ist abzuleiten, dass die Behörden zur Einleitung eines Verwaltungsverfahrens bei Vor­liegen der gesetzlichen Voraussetzungen verpflichtet sind. Dabei haben die Behör­den gemäß § 39 Abs 2 AVG von Amts wegen vorzugehen. Die notwendige Durchfüh­rung eines Verwaltungsverfahrens, um über den Antrag auf Ausnahme von der Handgepäckskontrolle zu entscheiden, kann beim Rechtsverhältnis der „Inpflichtnahme" nicht auf Private (Zivilflugplatzhalter) übertragen werden. Gemäß § 73 Ab­satz 1 AVG trifft die Behörde die Verpflichtung, über Anträge zu entscheiden, die durch Bescheid zu erledigen sind. Die Bescheiderlassungspflicht deckt sich mit der Rechtsansicht, die seinerzeit auch vom BMI vertreten und verwirklicht wurde, und die es ohne Angabe von diese Maßnahme rechtfertigenden Gründen aufgegeben hat. Es entspricht auch den Anforderungen des Unionsrechtes, dass bei Anträgen ein entsprechender Rechtsschutz eingeräumt wird, der nur im Rahmen eines behördli­chen Verfahrens garantiert ist.

Der gesamte Regelungsinhalt ist nicht überschaubar und gänzlich unbestimmt, so­dass in eventu in Betracht gezogen werden muss, den Bescheid bzw. die gesamte Materie neu zu fassen. Aus diesem Grund wird gestellt folgender

 

Antrag

auf gänzliche Neufassung des gegenständlichen Regelungsinhaltes.

 

         F L “

 

 

 

V. Feststellungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren:

 

Die Vertreter des Flughafens erblickten die Bedenken in der praktischen Umsetzung der Erteilung der Ausnahmegenehmigung von der Kontrolle des Handgepäcks. Insbesondere wurde der dahinter stehende Sinn in Frage gestellt, wenn ohnedies darüber im Vorhinein die Sicherheitsbehörde verständigt werden müsste, wobei ihr vorweg die Unterlagen zur Verfügung gestellt werden müssten. Diesbezüglich wurde auf mögliche Verzögerungen in der Abfertigung von Fluggästen verwiesen, wenn sich ein solcher Bewilligungsbedarf etwa erst im Zuge des „CheckIn“ ergeben würde. Ein weiteres Problem wurde in der nicht gelösten Haftungsfrage im Falle der Verweigerung oder auch der Erteilung dieser Ausnahmebewilligung gesehen, wenn etwa über Scheinkonstruktionen Recherchen des Flughafenbetreibers in die Irre geleitet würden und so verbotene Substanzen der Ausnahme von der Kontrolle unterfallen und daraus ein unüberschaubares Schadensereignis resultierte.

Die belangte Behörde verwies auf die diesbezüglich praktische Gepflogenheit und räumt eine etwas abstrakte Darstellung in den Bescheiden ein, wobei diese Inhalte sich lediglich an einen begrenzten und informierten Personenkreis richteten. So hätten die eine Ausnahmegenehmigung beantragenden Unternehmen dies bereits im Vorhinein beim Flughafen anzumelden.

Die von der Beschwerdeführerschaft erblickten Bedenken in der Übertragung dieser Aufgabe wurden insbesondere darin gesehen, dass bislang derartige Ausnahmeersuchen seitens der Flughäfen an die Sicherheitsbehörde (Polizeidienststelle) weitergegeben worden seien und von dieser die Entscheidung darüber dem Flughafen rückgemeldet wurde.

Dies wurde von der belangten Behörde nicht geteilt.

Laut Auffassung der Behördenvertreterin bestünde nämlich für den Fluggast kein subjektives Recht gegenüber dem Flughafenbetreiber, dass dieser von der Ausnahmegenehmigungsmöglichkeit Gebrauch mache. Die Vertreterin der belangten Behörde räumte jedoch ein, dass derartige Ausnahmen seitens der Behörde bislang im Einzelfall mit Bescheid erteilt worden wären.

Der Vertreter der Finanzprokuratur erblickt die Übertragungsmöglichkeit dieser Aufgabe an die Flughäfen im unmittelbar anwendbaren Gemeinschaftsrecht bzw. der zit. Verordnungen. Auf die dem Landesverwaltungsgericht übermittelte Stellungnahme wurde diesbezüglich hingewiesen.

Die sich aus der Praxis ergebende Problematik der „Vorwegweiterleitung“ der erforderlichen Unterlagen zur Beurteilung bzw. Kontrolle an die zuständige Sicherheitsbehörde  und der daraus wohl zu erwartenden Verzögerungen bei der Passagierabfertigung, vermochte nicht schlüssig widerlegt werden. Seitens der belangten Behörde wurde auf das sich für die Behörde aus der Rechtslage ergebende Ermessen verwiesen, von dem hier die Behörde – durch die mehrfachen Berichtigungen des Ausgangsbescheides – Gebrauch gemacht habe.

Letztlich wurde jedoch aufgezeigt, dass offenbar der die bekämpfte Regelung beinhaltende Bescheid vom 24.4.2015 nicht angefochten und daher in Rechtskraft erwachsen wäre. Dies wurde zuletzt von der Beschwerdeführerschaft, mit dem Hinweis auf dessen zum Zeitpunkt der Zustellung des angefochtenen Bescheides in dessen bezeichneten Punkt 3. (Rz 5.3.6), der noch nicht in Rechtskraft erwachsen war und so von der Beschwerde (gg. den dritten Abänderungsbescheid vom 13.5.2015 (mit-)erfasst bzw. die Beschwerde auch darauf bezogen zu sehen wäre, vertreten.

Abschließend wurde seitens des Landesverwaltungsgerichtes darauf hinzuwirken versucht, angesichts der vier vorliegenden und im Grunde nur unter Aufbringung archivarischen Fleißes und denksportlicher Leistungen nachvollziehbaren Regelungsinhalt neu zu fassen und die nicht von der Hand zu weisenden Bedenken der Beschwerdeführerschaft, insbesondere die problematische Frage der Auslagerung im Grunde hoheitlicher Aufgaben an die Flughafenbetreiber, sowie der ebenfalls nicht erkennbaren Entlastung der Sicherheitsbehörden durch deren Befassung,  abschließend und nachvollziehbar zu gestalten.

 

 

VI. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

VI.1. Rechtsvorschriften (in der jeweils maßgeblichen Fassung):

 

§ 1 Luftfahrtsicherheitsgesetz (LSG):

„(1) Der Bundesminister für Inneres legt im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie durch Verordnung ein nationales Sicherheitsprogramm fest. Darin sind die Verantwortlichkeiten für die Durchführung der in der Verordnung (EG) Nr. 300/2008 über gemeinsame Vorschriften für die Sicherheit in der Zivilluftfahrt und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2320/2002, ABl. Nr. L 97 vom 9.4.2008 S. 72, sowie der Verordnung (EU) Nr. 185/2010 zur Festlegung von detaillierten Maßnahmen für die Durchführung der gemeinsamen Grundstandards in der Luftsicherheit, ABl. Nr. L 55 vom 5.3.2010 S. 1, in der jeweils geltenden Fassung, festgelegten gemeinsamen Grundstandards für den Schutz der Zivilluftfahrt vor unrechtmäßigen Eingriffen, die die Sicherheit der Zivilluftfahrt gefährden, jeweils dem Zivilflugplatzhalter, dem Luftfahrtunternehmen oder der Stelle im Sinne des Art. 3 Abs. 6 der Verordnung (EG) Nr. 300/2008 (Stelle) zuzuweisen sowie die von diesen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 300/2008 und der Verordnung (EU) Nr. 185/2010 zu erbringenden Maßnahmen, die gemäß diesen Verordnungen behördlich festzulegenden Ausnahmeregelungen und nötigen behördlichen Konkretisierungen festzulegen. Verantwortlichkeiten der Zivilflugplatzhalter, Luftfahrtunternehmen und Stellen für Maßnahmen und deren Durchführung auf Grund des Luftfahrtgesetzes (LFG), BGBl. Nr. 253/1957, bleiben unberührt und sind in das nationale Sicherheitsprogramm aufzunehmen.

(2) Die Gewährleistung der Standards der Maßnahmen und deren Durchführung, die sich aus unmittelbar anwendbaren unionsrechtlichen Vorschriften über Maßnahmen für die Sicherheit in der Zivilluftfahrt, dem nationalen Sicherheitsprogramm und bundesgesetzlichen Vorschriften betreffend die Luftfahrt ergeben, obliegt, soweit nicht ausdrücklich anderes festgelegt ist, den Zivilflugplatzhaltern, Luftfahrtunternehmen und Stellen.

(3) Vor Erlassung oder Änderung der Verordnung nach Abs. 1 ist das gemäß Anhang 17 des Abkommens über die internationale Zivilluftfahrt (ICAO-Abkommen) eingerichtete Nationale Zivilluftfahrt-Sicherheitskomitee zu hören.“

 

§ 4 Luftfahrtsicherheitsgesetz (LSG):

„(1) Soweit die unmittelbar anwendbaren unionsrechtlichen Vorschriften behördliche Entscheidungen und Bewilligungen vorsehen, die nicht bereits durch §§ 1 oder 2 erfasst sind, kommen diese dem Bundesminister für Inneres zu. Stehen diese jedoch in Zusammenhang mit

1. der Sicherheit der Luftfahrzeuge, Fracht und Post, Post und Material von Luftfahrtunternehmen, Bordvorräten, Flughafenlieferungen, Sicherheitsmaßnahmen während des Fluges, ausgenommen jene für begleitende Sicherheitsbeamte, oder der damit in Zusammenhang stehenden Risikobewertung, obliegen sie dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Inneres;

2. Flughafenplanung, Zugangskontrolle oder Flugbesatzungs- und Flughafenausweisen, einschließlich Zuverlässigkeitsüberprüfungen und beschäftigungsbezogenen Überprüfungen, obliegen sie dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie.

(2) Das nach der Verordnung (EG) Nr. 300/2008 vorgeschriebene nationale Qualitätskontrollprogramm wird vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie und vom Bundesminister für Inneres gemeinsam erstellt. Sicherheitsaudits gemäß der Verordnung (EU) Nr. 18/2010 werden von beiden Bundesministern gemeinsam vorgenommen.“

 

§ 27 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG):

„Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.“

 

 

VI.2. Das LSG enthält die für die Aufgabenverteilung in Österreich maßgeblichen Regelungen zur Umsetzung unter anderem der in Österreich unmittelbar anzuwendenden Verordnung (EU) Nr. 185/2010 (VwGH 19.12.2013, 2011/03/0161).

 

Die belangte Behörde führt zur Begründung ihrer Zuständigkeit im angefochtenen Bescheid aus, dass ihr gemäß § 4 Abs. 1 LSG unionsrechtlich vorgesehene behördliche Entscheidungen und Bewilligungen zukämen, soweit diese nicht im Zusammenhang mit den Ziffern 1 und 2 leg. cit. stehen und auch nicht bereits von den §§ 1 und 2 LSG erfasst sind. Die letztgenannte Voraussetzung, nämlich dass es sich um eine Entscheidung handeln muss, die nicht bereits durch § 1 LSG erfasst ist, ist im gegenständlichen Fall jedoch aus den nachstehenden Gründen nicht erfüllt, was zur Unzuständigkeit der belangten Behörde führt:

 

Soweit die unmittelbar anwendbaren unionsrechtlichen Vorschriften behördliche Entscheidungen und Bewilligungen vorsehen, die nicht bereits durch die §§ 1 oder 2 LSG erfasst sind, kommen diese nach § 4 Abs. 1 erster Satz LSG dem Bundesminister für Inneres zu. Der in § 4 Abs. 1 LSG angeführte § 1 LSG regelt in seinem Absatz 1 den Inhalt der vom Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie festzulegenden „Nationales Sicherheitsprogramm-Verordnung“ (NaSP-VO). Die Zuständigkeit der belangten Behörde zur Erlassung des angefochtenen Bescheidspruchs hängt folglich davon ab, dass es sich beim gegenständlichen  Spruchpunkt um eine unionsrechtlich vorgesehene behördliche Entscheidung oder Bewilligung handelt, die nicht bereits durch § 1 LSG erfasst ist, die also nicht gemäß § 1 Abs. 1 LSG in der NaSP-VO zu treffen ist.

 

Nach § 1 Abs. 1 LSG sind in der NaSP-VO

-      die Verantwortlichkeiten für die Durchführung der in der Verordnung (EG) Nr. 300/2008 sowie der Verordnung (EU) Nr. 185/2010 festgelegten gemeinsamen Grundstandards für den Schutz der Zivilluftfahrt vor unrechtmäßigen Eingriffen, die die Sicherheit der Zivilluftfahrt gefährden, jeweils dem Zivilflugplatzhalter, dem Luftfahrtunternehmen oder der Stelle im Sinne des Art. 3 Abs. 6 der Verordnung (EG) Nr. 300/2008 (Stelle) zuzuweisen sowie

-      die von diesen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 300/2008 und der Verordnung (EU) Nr. 185/2010 zu erbringenden Maßnahmen,

-      die gemäß diesen Verordnungen behördlich festzulegenden Ausnahmeregelungen und nötigen behördlichen Konkretisierungen festzulegen.

 

Bei den verfahrensgegenständlichen Anordnungen in Spruchpunkt A.3. des bekämpften Bescheides handelt es sich um gemäß der Verordnung (EU) Nr. 185/2010 behördlich festzulegende Ausnahmeregelungen bzw. nötige behördliche Konkretisierungen:

 

Auf unionsrechtlicher Ebene legt zunächst Punkt 4.1.1. des Anhangs zur Verordnung (EG) Nr. 300/2008 die Kontrollpflicht hinsichtlich des Handgepäcks fest. Nach dieser Bestimmung sind alle Fluggäste, die ihren Ausgangsflug antreten, umsteigen oder weiterfliegen, sowie ihr Handgepäck zu kontrollieren, um zu verhindern, dass verbotene Gegenstände in die Sicherheitsbereiche und an Bord eines Luftfahrzeugs gebracht werden. Die darauf folgenden Punkte 4.1.2. und 4.1.3. enthalten Ausnahmebestimmungen für umsteigende und weiterfliegende Fluggäste und deren Handgepäck. Darüber hinaus regelt Punkt 4.1.2. des Anhangs zur Verordnung (EU) Nr. 185/2010 die Kontrolle von Handgepäck näher. In diesem Abschnitt findet sich unter Punkt 4.1.2.10. folgende Bestimmung:

 

„4.1.2.10. Die zuständige Behörde kann Kategorien von Handgepäck festlegen, die aus objektiven Gründen besonderen Kontrollverfahren unterzogen werden bzw. von der Kontrolle ausgenommen werden können. Die Kommission ist über die eingerichteten Kategorien zu unterrichten.“

 

Auf diese Bestimmung stützt sich auch die gegenständliche Anordnung in Spruchpunkt A.3. des angefochtenen Bescheides vom 13. Mai 2015. Die belangte Behörde führt dazu auf Seite 6 des angefochtenen Bescheides wie folgt aus: „Mit Spruchpunkt A 3) wird klargestellt, dass in diesen auf Basis der Verordnung (EU) Nr. 185/2010 (Pkt. 4.1.2.10 des Anhangs, objektive Gründe) konkretisierten Ausnahmemöglichkeiten von der Kontrolle des Handgepäcks ausschließlich die zuständige Sicherheitsbehörde im Sinne des § 13 Abs. 1 LSG von ihrem dort verankerten Anordnungsrecht Gebrauch machen kann.“ Dementsprechend heißt es im durch den angefochtenen Bescheid abgeänderten Punkt 5.3.6. unter anderem: „Eine Untersagung ist weiters geboten, wenn die oben genannten Voraussetzungen (die auf Punkt 4.1.2.10 des Anhangs Verordnung [EU] Nr. 185/2010 basieren), nicht vorliegen.“

 

Die verfahrensgegenständlichen Anordnungen stützen sich daher auf eine der beiden in § 1 Abs. 1 LSG zitierten Verordnungen, nämlich die Verordnung (EU) Nr. 185/2010. Es handelt sich bei diesen Anordnungen auch um Ausnahmeregelungen, da diese vorsehen, unter Einhaltung welcher Bedingungen  eine Ausnahme von der Kontrolle von Handgepäck erfolgen kann. Schließlich sind diese Ausnahmeregelungen auch behördlich festzulegen bzw. behördlich zu konkretisieren, da Punkt 4.1.2.10. des Anhangs zur Verordnung (EU) Nr. 185/2010 ausdrücklich vorsieht, dass die „zuständige Behörde“ Kategorien von Handgepäck festlegen kann, die aus objektiven Gründen von der Kontrolle ausgenommen werden können. Bei den Bestimmungen des angefochtenen Spruchpunktes A.3. handelt es sich daher um gemäß der Verordnung (EU) Nr. 185/2010 behördlich festzulegende Ausnahmeregelungen bzw. nötige behördliche Konkretisierungen, welche nach § 1 Abs. 1 LSG in der NaSP-VO festzulegen sind.

 

Dieses Ergebnis wird durch die Anmerkungen zu § 1 LSG in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum LSG bestätigt. Darin wird unter anderem ausgeführt (vgl. ErlRV 981 BlgNR 24. GP, Seite 155): „Die Verordnung (EU) Nr. 185/2010 bestimmt, dass die nationalen Behörden für die einzelnen darin aufgelisteten Maßnahmen Ausnahmen und erforderliche Konkretisierungen vorsehen können. Dies soll mit dem nationalen Sicherheitsprogramm geschehen.“ Dementsprechend sieht auch Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 185/2010 vor, dass die nationalen Sicherheitsprogramme für die Zivilluftfahrt gemäß Art. 10 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 300/2008 der Verordnung (EU) Nr. 185/2010 angemessen Rechnung tragen.

 

Da § 4 Abs. 1 LSG eine Zuständigkeit der belangten Behörde nur für unionsrechtlich vorgesehene behördliche Entscheidungen und Bewilligungen normiert, die nicht bereits durch § 1 LSG erfasst sind, war die belangte Behörde zur Erlassung der gegenständlichen Regelungen im bekämpften Spruchpunkt A.3. betreffend Ausnahmen von der Handgepäckskontrolle unzuständig. Die behördliche Festlegung der gegenständlichen Ausnahmeregelungen im Sinne von Punkt 4.1.2.10 der Verordnung (EU) Nr. 185/2010 sowie die damit zusammenhängenden nötigen behördlichen Konkretisierungen sind bereits von § 1 Abs. 1 LSG erfasst, weshalb sich die belangte Behörde nicht auf § 4 Abs. 1 LSG stützen konnte.

 

VI.3. Der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass sich auch aus § 1 Abs. 1 LSG keine Zuständigkeit der belangten Behörde zur Erlassung des angefochtenen Bescheidspruchs ableiten lässt, da diese Bestimmung eine Zuständigkeit des Bundesministers für Inneres ausdrücklich nur zur Erlassung einer Verordnung, jedoch keine Kompetenz zur Bescheiderlassung vorsieht. Selbst wenn man aus der Bestimmung des § 1 Abs. 1 LSG eine Zuständigkeit der belangten Behörde zur Erlassung des verfahrensgegenständlichen Spruchpunktes ableiten würde, hätte die belangte Behörde dabei im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie vorzugehen gehabt. Dem Erfordernis der Herstellung des Einvernehmens wird entsprochen, wenn die einvernehmensberechtigte Behörde nach Übermittlung des Bescheidentwurfs an sie ihre Zustimmung zur Erlassung des Bescheides erteilt und weiters die Herstellung des  Einvernehmens im Bescheid selbst zum Ausdruck gebracht wird. Fehlt es an der erforderlichen Übereinstimmung der Meinungen der Behörden, ist die getroffene Entscheidung mit einer Rechtswidrigkeit behaftet, die einer Unzuständigkeit der zur Entscheidung berufenen Behörde gleichkommt. Die bloße Einholung einer Meinungsäußerung reicht für die Herstellung des erforderlichen Einvernehmens ebenso wenig aus wie das Schweigen einer Behörde oder ihre Erklärung, dass eine Zustimmung aus ihrer Sicht nicht notwendig sei (VwGH 19.12.2013, 2011/03/0161). Im vorliegenden Fall fehlt dem angefochtenen Bescheid jeder Hinweis auf die Herstellung eines entsprechenden Einvernehmens. Auch aus dem vorliegenden Verwaltungsakt ergibt sich nicht, dass vor der Erlassung des angefochtenen Bescheides das Einvernehmen über dessen Text zwischen den beiden Behörden hergestellt worden wäre, weshalb auch unter der Annahme, dass sich aus § 1 Abs. 1 LSG eine Zuständigkeit der belangten Behörde ergeben würde, der verfahrensgegenständliche Spruchpunkt wegen Unzuständigkeit zu beheben wäre.      

 

VI.4. Die Beschwerdeführerin führt auf Seite 10 ihrer am 2. September 2015 beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich eingelangten Replik aus, dass der „gesamte Regelungsinhalt“ nicht überschaubar und gänzlich unbestimmt sei, „sodass in eventu in Betracht gezogen werden muss, den Bescheid bzw. die gesamte Materie neu zu fassen“ und stellte einen „Antrag auf gänzliche Neufassung des gegenständlichen Regelungsinhaltes“. In der mündlichen Verhandlung vom 7. September 2015 verwies die Beschwerdeführerin auf die schriftlichen Ausführungen bzw. darauf, der Beschwerde stattzugeben und beide Bescheide zu beheben (vgl. Seite 8 des Tonbandprotokolls). Dem ist folgendes zu entgegnen:

 

Das Deckblatt der verfahrensgegenständlichen Beschwerde („wegen: Bescheid vom 13.05.2015, GZ BMI-EE1300/0066-II/2/e/2015“) sowie insbesondere die Anfechtungserklärung auf Seite 2 der Beschwerde („[...] erhebt die Beschwerdeführerin gegen Spruchpunkt 3 des Bescheids der Bundesministerin für Inneres, GZ: BMI-EE1300/0066-II/2/e/2015 vom 13.05.2015, zugestellt am 18.05.2015 [...] Beschwerde [...]“) nehmen jedoch nur auf den Bescheid vom 13. Mai 2015 Bezug. Auf Seite 2 der Beschwerde führt die Beschwerdeführerin aus, dass sie „gegen Spruchpunkt 3“ (wohl gemeint: A.3.) des angefochtenen Bescheides Beschwerde erhebt und die Beschwerdeführerin beantragt in der Beschwerde auch nur die Abänderung bzw. (in eventu) Aufhebung dieses Spruchpunktes. Weiters heißt es in der Beschwerde auf den Seiten 4 f: „Im Zusammenhang mit dem ausschließlich bekämpften Spruchpunkt 3 des bekämpften Bescheides [...]. Beim konkret bekämpften Spruchpunkt 3 [...]. Der angefochtene Bescheid wird im Spruchpunkt 3 bekämpft.“ Der Bescheid der belangten Behörde vom 24. April 2015, GZ: BMI-EE1300/0061-II/2/e/2015, ist folglich nicht vom Anfechtungsumfang der gegenständlichen Beschwerde erfasst. Lediglich im vorletzten Absatz der Beschwerde finden sich zu diesem Bescheid folgende Ausführungen, die schon ihrem Wortlaut nach und insbesondere vor dem Hintergrund der eindeutig auf den Bescheid vom 13. Mai 2015 eingeschränkten Anfechtungserklärungen auf den Seiten 2 und 3 der Beschwerde keine Anfechtungserklärung beinhalten: „Auch die Formulierung im unmittelbar vorher erlassenen Bescheid vom 24.04.2015 zu GZ.: BMI-EE1300/0061-II/2/e/2015 entspricht nicht den gesetzlichen Vorgaben. Die unter dem dortigen Spruchpunkt 7 vorgenommene Formulierung sieht, anstelle der örtlich zuständigen Sicherheitsbehörde, die örtlich zuständige Polizeiinspektion vor, was ebenso jeglicher gesetzlicher Grundlage entbehrt. Für die Erteilung von Ausnahmen von der Kontrolle des Handgepäcks muss die örtlich zuständige Sicherheitsbehörde weiterhin zuständig bleiben, wie dies auch bisher vorgesehen war und wie diese auch weiter für die Ausnahmegenehmigung bei Personen zuständig ist.“

 

Der äußerste Rahmen für die Prüfbefugnis des Verwaltungsgerichts ist die „Sache“ des bekämpften Bescheides. Dieser Rahmen wird unter anderem in den Fällen einer Trennbarkeit der behördlichen Entscheidung weiter eingeschränkt, wenn in der Beschwerde von mehreren trennbaren Absprüchen nur ein Teil bekämpft wird. Dies gilt auch für den Fall, dass die Behörde zur Erlassung eines der trennbaren Bescheidsprüche unzuständig war (VwGH 26.3.2015, Ra 2014/07/0077; vgl. auch VwGH 27.10.2014, Ra 2014/02/0053). Trennbarkeit in diesem Sinn liegt dann nicht vor, wenn ein Bescheidpunkt notwendige Grundlage („Vorstufe“) für den weiteren Bescheidinhalt darstellt (vgl. VwGH 24.7.2014, 2013/07/0270 m.w.N.). Der von der Beschwerdeführerin allein angefochtene Spruchunkt A.3. des Bescheides vom 13. Mai 2015 ist in diesem Sinne von den vier restlichen, nicht angefochtenen Spruchpunkten des gegenständlichen Bescheides vom 13. Mai 2015 trennbar, da die in Spruchpunkt A.3. enthaltenen Anordnungen betreffend Ausnahmen von der Handgepäckskontrolle keine notwendige Vorstufe für die in den anderen Bescheidpunkten getroffenen Regelungen darstellen:

 

Die in Spruchpunkt A des angefochtenen Bescheides getroffenen Anordnungen beziehen sich auf die in der „ANLAGE A zu GZ. BMI-EE1300/0029-II/2/e/2015“ enthaltenen Bestimmungen. Die Spruchpunkte A.1. und A.2. betreffen die Punkte 2.1.4. bzw. 2.1.4.2. dieser Anlage und damit das Kapitel „Kontrolle von anderen Personen als Fluggästen sowie von mitgeführten Gegenständen“. Spruchpunkt A.4. betrifft Punkt 13.11. der Anlage und damit die Kontrolle von Tieren. Spruchpunkt B. des angefochtenen Bescheides regelt, dass mit dem Inhalt dieses Bescheides ausschließlich jene Personen bzw. Stellen zu betrauen sind, die daran ein besonderes berechtigtes Interesse nachweisen können. Der verfahrensgegenständliche Spruchpunkt A.3. des angefochtenen Bescheids betrifft dagegen die im Rahmen des Kapitels „Fluggäste und Handgepäck“ in Punkt 5.3.6. enthaltene Ausnahmeregelung hinsichtlich Kontrollmaßnahmen bei sensiblen Geräten oder Substanzen. Mit diesem Abschnitt bzw. Kapitel des oben zitierten Anhangs stehen die restlichen Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides offenkundig in keinem Zusammenhang. Der gegenständliche Spruchpunkt A.3. ist daher von den restlichen Absprüchen des gegenständlichen Bescheides trennbar und war damit auch selbständig anfechtbar.

 

Die Prüfungskompetenz des Landesverwaltungsgerichts ist daher aufgrund der Anfechtungserklärung der Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde auf diesen einen Spruchunkt des Bescheides vom 13. Mai 2015 eingeschränkt. Eine Kompetenz zur Überprüfung anderer, mit der verfahrensgegenständlichen Beschwerde nicht angefochtener Bescheide kommt dem Landesverwaltungsgericht nicht zu.

 

Es war daher nur der angefochtene Bescheid vom 13. Mai 2015 und dieser wiederum nur im Umfang des Spruchpunktes A.3. wegen Unzuständigkeit der bescheiderlassenden Behörde aufzuheben (vgl. dazu auch VwGH 24.7.2014, 2013/07/0270).

 

Aufgrund der in diesem Verfahren offenkundig gegebenen Unzuständigkeit des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreichs für den von der Beschwerdeführerin auf der letzten Seite ihrer Replik gestellten Antrag auf „gänzliche Neufassung des gegenständlichen Regelungsinhaltes“ ist davon auszugehen, dass es sich dabei nicht um ein von der Beschwerdeführerin an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich, sondern vielmehr um ein an die belangte Behörde gerichtetes Ansuchen handelt. Da die Replik von der Beschwerdeführerin auch der belangten Behörde übermittelt wurde, erübrigt sich eine Weiterleitung dieses Ansuchens an diese durch das Landesverwaltungsgericht.

 

 

VI.5. Die Unzuständigkeit der belangten Behörde ist auch dann vom Verwaltungsgericht von Amts wegen aufzugreifen, wenn sie weder im Verfahren eingewendet noch in der Beschwerde releviert wurde (Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 Rz 845; Hengstschläger/Leeb, AVG2 § 6 Rz. 19; vgl. auch Pabel, Das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, in Fischer/Pabel/N. Raschauer [Hrsg.], Handbuch der Verwaltungsgerichtsbarkeit Rz. 45).

 

VII. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Dr. B l e i e r

 

 

 

LVwG-650428/10/Br vom 2. November 2015

 

Erkenntnis

 

Rechtssatz

 

§ 1 LSG

§ 4 LSG

NaSP-VO

Verordnung (EG) 300/2008 Verordnung  (EU)   185/2010

*  Bei der durch Bescheid des BMI verfügten Übertragung der „Gewährung von Ausnahmen von der Kontrolle von Handgepäck mit technisch sensiblen Inhalt" an die Flughafenbetreiber handelt es sich um gemäß der Verordnung  (EU)  185/2010 behördlich festzulegende Ausnahmeregelungen bzw. nötige behördliche Konkretisierungen, die nach § 1 Abs. 1 LSG in der NaSP-VO festzulegen sind.

*  Da § 4 Abs. 1 LSG eine Zuständigkeit der belangten Behörde nur für unionsrechtlich vorgesehene behördliche Entscheidungen und Bewilligungen normiert, die nicht bereits durch § 1 LSG erfasst sind, war die belangte Behörde zur Erlassung der gegenständlichen Regelungen im bekämpften Spruchpunkt (Übertragung der Ausnahmegenehmigungen von der Handgepäckskontrolle) betreffend Ausnahmen von der Handgepäckskontrolle unzuständig, weil diese bereits durch den § 1 LSG erfasst sind. Die Behörde durfte sich daher in ihrer Entscheidung nicht auf § 4 LSG stützen, zumal auch kein Einvernehmen mit dem BMVIT hergestellt wurde.

 

 

Beschlagwortung:

 

Behördenzuständigkeit; Aufgreifung von Amts wegen; Übertragung; Anweisung zur Wahrnehmung von hoheitlichen Aufgaben an Flughafenbetreiber; Beleihung