LVwG-601045/7/KLE/MP

Linz, 14.12.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Lederer über die Beschwerde von K L, A, K, D, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 16.6.2015, VerkR96-2118-2015, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.               Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt.

 

II.            Gemäß § 52 VwGVG entfallen sämtliche Verfahrenskosten-beiträge.

 

III.          Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 16.6.2015, VerkR96-2118-2015, wurde über K L wegen einer Übertretung des § 103 Abs. 2 KFG i.V.m. § 9 Abs. 1 VStG 1991 gemäß § 134 Abs. 1 KFG eine Geldstrafe in der Höhe von 100 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 36 Stunden verhängt. Weiters wurde der Beschwerdeführer zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages erster Instanz in Höhe von 10 Euro verpflichtet.

 

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

„Sie haben folgende Verwaltungsübertretung(en) begangen:

Taten (einschließlich Ort, Datum und Zeit der Begehung)

Die Firma KL B UG wurde als Zulassungsbesitzerin des KFZ mit dem Kennzeichen PA-x mit Schreiben vom 14.05.2014 der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn aufgefordert, binnen 2 Wochen ab Zustellung der anfragenden Behörde bekanntzugeben, wer das angeführte Fahrzeug am 19.03.2014 um 10.04 Uhr in St. Peter am Hart auf der B 148, bei Strkm. 29.586 gelenkt bzw. abgestellt hat. Sie haben als zur Vertretung der angeführten Firma gemäß § 9 VStG nach außen berufenes Organ zu verantworten, dass diese Auskunft nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist erteilt wurde. Sie haben auch keine andere Person benannt, die die Auskunft erteilen hätte können. Sie wären als Verantwortlicher der genannten Firma verpflichtet gewesen, diese Auskunft zu erteilen.

Tatort: Gemeinde Braunau am Inn, Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn,  Tatzeit: 19.03.2014, 10:04 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: § 103 Abs. 2 KFG i.V.m § 9 Abs. 1 VStG

Fahrzeug:

Kennzeichen PA-x, PKW, Audi RS 5, rot“.

 

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde, mit der beantragt wird, das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen und eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

 

Begründend wurde Nachstehendes ausgeführt:

„1) Am 1.4.2015 wurde VerkR1367-2015 eingestellt. Beilage 1

2) Am 13.03.2015 wurde „Einspruch“ gegen die Strafverfügung VerkR-1366 und 1367 erhoben. siehe Beilage 2

Unter Punkt „B“ heißt es, wie wurde der Lenker festgestellt?

Unter Punkt „C“ GZ BH-BR-VerkR-3642-2014 wurde vom „GF“ die Lenkerauskunft „bitte mit Foto an die BH übermittelt. Beilage 3

In dem Straferkenntnis vom 16. Juni 2015 heißt es „mit Schreiben vom 14.05.2014 dies wurde innerhalb der Frist nämlich am 30.05.2014 beantwortet. Beilage 3

Am 7. April 2015 gab es eine Strafverfügung VerkR96-2118/2015 die mit 24.04.2015 beeinsprucht wurde. Siehe Beilage 5/1-5/2-5/3-5/4.

Ich als GF der KL B habe mehrmals die Behörde ersucht, vom Vorfall ein Frontfoto zu senden, das nach dem Deutschen Recht verlangt wird gültig für die BH Braunau siehe Beilage 5/2.

Die Ausführungen der Strafverfügung sind daher dem Sinn nach falsch da wie immer angeführt der Lenker nur mit einem Frontfoto festgestellt werden kann und Aufzeichnungen wer wann gefahren ist, nicht vorgesehen ist, daher verlangt ja das deutsche Gesetz ein Foto von vorne. Beilagen 1-5/4.“

 

Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat die Beschwerdeschrift unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsstrafaktes mit Vorlageschreiben vom 9.9.2015 dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung wurde kein Gebrauch gemacht.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung. Zur öffentlich mündlichen Verhandlung am 28.10.2015 ist weder der Vertreter der Behörde, noch der Beschwerdeführer erschienen. Beide waren entschuldigt.

 

Folgender relevanter Sachverhalt steht fest:

Laut Anzeige der PI Braunau am Inn vom 07.04.2014 ist der Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen PA-x, dessen Zulassungsbesitzerin die Kl B T Ug ist, am 19.3.2014, 10:04 Uhr in St. Peter am Hart, B 148, StrKm. 29.586, statt der vorgeschriebenen 50 km/h um 15 km/h zu schnell gefahren.  

 

Die Kl B T Ug wurde als Zulassungsbesitzerin mit Schreiben vom 14.05.2014 gemäß § 103 Abs. 2 KFG aufgefordert, binnen zwei Wochen ab Zustellung, den Lenker der Behörde bekanntzugeben. Diese Aufforderung wurde adressiert an: Kl B T Ug, S, B, D.

 

Da keine Reaktion auf diese Aufforderung erfolgte, wurde die Aufforderung erneut an diese Adresse mit Schreiben vom 27.06.2014 mittels Zustellnachweis (internationalem Rückschein) gesendet und mit dem Vermerk „Empfänger/Firma unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln“ wieder an die Behörde retourniert. Da die Zustellung misslang wurden Erhebungen zum Standort des Fahrzeuges durchgeführt. Bei diesen Erhebungen stellte sich heraus, dass das Fahrzeug an der bereits bekannten Adresse zugelassen ist.

 

Mit Schreiben vom 15.10.2014 wurde Herr L K (persönlich adressiert) als handelsrechtlicher Verantwortlicher der Kl B T Ug gemäß § 103 Abs. 2 KFG aufgefordert, mitzuteilen, wer am 19.03.2014 gegen 10.04 Uhr das Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen PA-x gelenkt hat.

 

Adressiert wurde dieses Schreiben mit „A, B D“. Diese Anschrift wurde der Behörde von der Gemeinde Bad Füssing mit Schreiben vom 04.09.2014 mitgeteilt. Dieser Brief wurde ebenfalls mit dem Vermerk „Empfänger/Firma unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln“ an die Behörde retourniert.

 

Das wegen der Geschwindigkeitsüberschreitung gegen K L mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 3.3.2015, VerkR96-1366-2015 eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren wurde nach seinem Einspruch eingestellt. In diesem Einspruch wurde unter anderem die ausgefüllte Aufforderung zur Bekanntgabe des Lenkers (datiert mit 30.05.2014) übermittelt. Einen Eingangsstempel der Behörde wies diese nicht auf. Ein Nachweis über den Eingang findet sich weder im Akt, noch konnte die Behörde bei der telefonischen Nachfrage am 17.11.2015 diesen bestätigen.

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem Verfahrensakt.

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

Gemäß der Bestimmung § 103 Abs. 2 KFG kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

 

Um die Auskunftspflicht des § 103 Abs. 2 KFG auszulösen, genügt es, dass die Behörde an den Zulassungsbesitzer eine den inhaltlichen Kriterien der genannten Gesetzesstelle entsprechende Anfrage richtet (VwGH vom 7.9.1990, 90/18/0087).

 

Die rechtmäßige Bestrafung nach § 103 Abs. 2 KFG setzt die rechtswirksame vorheriger Zustellung des Auskunftsverlangens voraus (VwGH vom 6.9.1989, 89/02/0034).

 

Bei der Frist zur Beantwortung der Aufforderung handelt es sich um eine verfahrensrechtliche Frist. Diese Frist ist somit an eine ordnungsgemäße Zustellung gebunden. Im gegenständlichen Fall ist nicht davon auszugehen.

 

Wenn die Behörde beim ersten Zustellversuch von einer Zustellfiktion (§ 26 Abs. 2 ZustG) ausgeht, steht dem der zweite Versuch mittels Zustellnachweis und Retournierung der Aufforderung entgegen. In diesem hat die Behörde mit internationalem Rückschein einen Zustellversuch unternommen. Jedoch war diese Zustellung nicht möglich.

 

Eine nachweisliche, ordnungsgemäße Zustellung der Lenkerauskunft an die Zulassungsbesitzerin, nämlich die Kl B T Ug lässt sich aus dem Akt nicht nachvollziehen.

 

Nachdem die Zustellung der Lenkerauskunft die Zulassungsbesitzerin nicht nachweislich erreicht hat, kann der im Spruch des Straferkenntnisses angeführte Sachverhalt dem Beschwerdeführer nicht angelastet werden und ist dieser somit nicht strafbar.

 

Das Verwaltungsstrafverfahren ist daher gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG 1991 einzustellen.

 

II.            Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Karin Lederer