LVwG-601103/5/MZ

Linz, 11.12.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Markus Zeinhofer über die Beschwerde des E R D, geb. x, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 8.10.2015, VStV/915300865286/2015, wegen einer Übertretung des Führerscheingesetzes,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Der Beschwerde wird insofern stattgegeben, als anstelle der primären Freiheitsstrafe eine Strafe in der Höhe von 1.700,- Euro, im Falle der Nichteinbringung eine Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Tagen, und der Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verfahrens mit 170,- Euro festgesetzt wird.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 8.10.2015, VStV/915300865286/2015, wurde über den Beschwerdeführer (in Folge: Bf) wie folgt abgesprochen:

„Sie haben am 27.05.2015 um 13:11 Uhr in Taiskirchen im Innkreis, Pramer Landesstraße nächst dem Kreisverkehr mit der Rieder Straße, aus Richtung Wolfsedt kommend, das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen WE-x auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gelenkt, obwohl Sie nicht im Besitz einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung der entsprechenden Klasse sind.

Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 1 Abs. 3 FSG“.

 

Wegen dieser Übertretung wurde über den Bf eine primäre Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Tagen verhängt.

 

Ihre Entscheidung begründet die belangte Behörde im Wesentlichen damit, dass der Bf bereits fünf Mal wegen Übertretungen des § 1 Abs 3 FSG rechtskräftig bestraft worden sei, weshalb die Verhängung einer Freiheitsstrafe unbedingt erforderlich wäre, um den Bf in Zukunft von Übertretungen der gleichen Art abzuhalten.

 

II.a) Gegen das in Rede stehende Straferkenntnis erhob der Bf rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde.

 

Diese begründet der Bf wie folgt:

„Beschwerde gegen Ihre Rechnung (Straferkenntnis VStV/915301141817/2015 und VStV/915300865286/2015)

 

Ich habe mit Ihrer Firma noch immer keinen Vertrag, es ist daher immer noch unzulässig das Sie mir Rechnungen schicken. Ich überlege schon Sie wegen Verleumdung anzuzeigen da sie schon wieder behaupten ich hätte keine gültige Lenkerberechtigung … . Das Sie mir die österreichische Lenkerberechtigung entzogen haben und mich nach nicht geltenden Gesetz bestraft haben werde ich auch noch zur Anzeige bringen (Ausser sie geben diese zurück). Denn Bestraft werden darf nur, wer gegen ein zur Zeit seiner Tat bereits bestehendes Gesetz verstoßen hat!

Ihre Zahlungsanweisung bringt mir nichts, am besten überweisen Sie das Geld auf mein Eigengeldkonto bei der JA-Wels.

Ich fordere Sie deshalb auf mich nicht mehr zu belästigen, mir meine Briefmarke zu ersetzen und meinen Führerschein zu returnieren“.

 

b) Mit Schreiben des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 10.11.2015 wurde der Bf aufgefordert, ein § 9 Abs 1 Z 4 VwGVG entsprechendes Begehren zu stellen.

 

Der Bf teilte daraufhin mit Schreiben vom 15.11.2015 mit, er „fordere … das Verfahren endlich einzustellen und mich nicht mehr zu belästigen, sowie mir die Briefmarken u. meine Zeit zu ersetzen.“

 

III.a) Die belangte Behörde hat die Beschwerde unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsstrafaktes, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art 130 Abs 1 Z 1 iVm 131 Abs 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art 135 Abs 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

b) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt sowie Einschau in das Führerscheinregister.

 

c) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht von folgendem Sachverhalt aus:

 

Dem Bf wurde mit Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich, AZ.: III-FE-00650/2009, die Lenkberechtigung für die Dauer von 24 Monaten entzogen und in Folge nicht wieder erteilt.

 

Am 27.05.2015 um 13:11 Uhr lenkte der Bf in Taiskirchen im Innkreis, Pramer Landesstraße nächst dem Kreisverkehr mit der Rieder Straße, aus Richtung Wolfsedt kommend, das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen WE-x auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr.

 

Der Bf wurde im Tilgungszeitraum bereits fünf Mal rechtskräftig wegen Übertretungen des § 1 Abs 3 FSG bestraft; die Strafhöhe betrug in vier Fällen 900,- Euro, in einem Fall 1000,- Euro.

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

a) Die einschlägigen Bestimmungen des Führerscheingesetzes – FSG lauten:

 

§ 1. (1) …

(3) Das Lenken eines Kraftfahrzeuges und das Ziehen eines Anhängers ist, ausgenommen in den Fällen des Abs. 5, nur zulässig mit einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung für die Klasse (§ 2), in die das Kraftfahrzeug fällt. …

 

§ 37. (1) Wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist, mit einer Geldstrafe von 36 Euro bis zu 2 180 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Zuwiderhandlungen gegen Bestimmungen nach diesem Bundesgesetz, die einen bestimmten Alkoholgrenzwert zum Lenken oder Inbetriebnehmen von Kraftfahrzeugen festlegen, sind unbeschadet des Abs. 3 Z 3 jedoch nur dann zu bestrafen, wenn keine Übertretung der StVO 1960 oder des § 37a vorliegt. Dies gilt auch für Zuwiderhandlungen, die auf dem Wege von einer österreichischen Grenzabfertigungsstelle, die auf ausländischem Gebiet liegt, zur Staatsgrenze begangen werden. Auch der Versuch einer solchen Zuwiderhandlung ist strafbar.

(2) Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits einmal bestraft, so kann an Stelle der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen verhängt werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zweimal bestraft, so können Geld- und Freiheitsstrafen auch nebeneinander verhängt werden. Die Verhängung einer Freiheitsstrafe ist in diesen Fällen aber nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten.

(2a) …

(4) Eine Mindeststrafe von 726 Euro ist zu verhängen für das Lenken eines Kraftfahrzeuges, obwohl

1. die Lenkberechtigung entzogen wurde oder

2. gemäß § 30 Abs. 1 ein Lenkverbot ausgesprochen wurde.“

 

b) Der Bf lenkte am 27.05.2015 auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr ein Kraftfahrzeug, wofür der Besitz einer Lenkberechtigung notwendig gewesen wäre. Dem Bf wurde mit Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich, AZ.: III-FE-00650/2009, die Lenkberechtigung für die Dauer von 24 Monaten entzogen. Gemäß § 27 Abs 1 Z 1 FSG ist die Lenkberechtigung daher erloschen; zu einer Wiedererteilung ist es – soweit dem Führerscheinregister zu entnehmen – nicht gekommen. Dass der Bf keine Lenkberechtigung besitzt geht zudem aus seinem Beschwerdeschriftsatz hervor, welchem zu entnehmen ist, „[d]as Sie mir die österreichische Lenkerberechtigung entzogen haben“.

 

Der Bf hat daher den objektiven Tatbestand des § 1 Abs 3 FSG verwirklicht. Hinsichtlich der subjektiven Tatseite ist davon auszugehen, dass der Bf aufgrund der bereits mehrfachen rechtskräftigen Bestrafungen bewusst wiederum ein Kraftfahrzeug ohne gültige Lenkberechtigung gelenkt hat, weshalb eine wissentliche Tatbegehung vorliegt.

 

c) Gemäß § 38 VwGVG iVm § 19 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Das Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne Berechtigung gemäß § 1 Abs 3 FSG gehört zu den gröbsten Verstößen gegen das Kraftfahrrecht (vgl VwGH 27.2.2004, 2004/02/0025). Die der Bestrafung zugrunde liegende Handlung schädigte in nicht unerheblichem Maße das Interesse, dem die Strafdrohung dient, nämlich das Interesse an der Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit durch den Ausschluss von nicht lenkberechtigten Personen an der Teilnahme am Kraftfahrzeugverkehr, sodass der objektive Unrechtsgehalt selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen als erheblich anzusehen ist.

 

Betreffend den Bf sind fünf, gemäß § 55 Abs 1 VStG nicht getilgte, Vormerkungen wegen Übertretung nach § 1 Abs 3 FSG in der Verwaltungsstrafevidenz eingetragen. Da der Bf somit wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits (mehr als) einmal bestraft wurde, ist die Verhängung einer primären Freiheitsstrafe an sich denkbar.

 

Die Verhängung einer Freiheitsstrafe ist jedoch nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten, es müssen sohin "spezialpräventive" Gründe für die Verhängung einer Freiheitsstrafe – sofern die anderen Voraussetzungen zu bejahen sind - vorliegen (VwGH 30.11.2007, 2007/02/0267).

 

Die belangte Behörde hat es unterlassen darzulegen, aufgrund welcher Überlegungen sie zur Auffassung gelangt ist, dass der Bf aus spezialpräventiver Sicht eine primäre Freiheitsstrafe verbüßen soll. Zwar hat sich der Bf trotz mehrfacher einschlägiger Verurteilungen im Tilgungszeitraum nicht davon abhalten lassen, wiederum eine Übertretung des § 1 Abs 3 FSG zu begehen. Von den Behörden wurde allerdings bislang auch die Strafobergrenze der Geldstrafe nicht einmal zur Hälfte ausgeschöpft. Es ist daher für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nicht ersichtlich, dass eine empfindlichere als die bislang verhängten Geldstrafen nicht ausreichen wird, um den Bf in Hinkunft von Übertretungen des § 1 Abs 3 FSG abzuhalten.

 

Angesichts der Tatsache, dass der Gesetzgeber für Fälle wie den vorliegenden eine Mindeststrafe in der Höhe von 726,- Euro vorsieht und der Bf bislang mit bis zu 1000,- Euro bestraft wurde, erachtet das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich eine Geldstrafe in der Höhe von 1700,- Euro als dem Unrecht der Tat angemessen. Eine Bestrafung in dieser Höhe scheint schon insofern unverzichtbar, als dem Bf eine Einsicht in sein Fehlverhalten völlig zu fehlen scheint. Da die Bemessung der Kosten des Strafverfahrens nicht vom Verbot der reformatio in peius betroffen ist (VwGH 19.6.2015, Ro 2014/02/0103), ist zudem der Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verfahrens entsprechend § 64 Abs 2 VStG in der Höhe von 10% der ausgesprochenen Geldstrafe festzusetzen.

 

d) Im Hinblick auf die Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe ist festzuhalten, dass die Dauer derselben die ursprünglich festgesetzte Dauer der primären Freiheitsstrafe nicht übersteigen darf, da ansonsten ein Verstoß gegen das Verbot der reformation in peius erfolgen würde (VwSlg 17.244/1932).

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da es sich bei der Frage, wie hoch die Bestrafung der im vorliegenden Fall begangenen Übertretung auszufallen hat, um eine reine Einzelfallbeurteilung handelt, welche der Verallgemeinerung nicht zugänglich ist, und die Beurteilung der Tatbestandsverwirklichung keinerlei juristische Fragestellungen aufwirft.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Mag. Dr. Markus Zeinhofer