LVwG-601082/9/KLE/MP

Linz, 14.12.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Lederer über die Beschwerde von F G L, L H, B, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 15.9.2015, GZ: VerkR96-4903-2015, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG eingestellt.

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4   B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 15. September 2015, VerkR96-4903-2015, wurde über F G L wegen einer Übertretung des § 18 Abs. 1 StVO gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von 80 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 24 Stunden, verhängt. Weiters wurde der Beschwerdeführer zur Zahlung eines Verfahrenskosten-beitrages erster Instanz in der Höhe von 10 Euro verpflichtet. Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 90 Euro.“

 

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf  zu Grunde:

„Sie haben zu einem vor Ihnen am gleichen Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst würde.

Tatort: Gemeinde Helpfau-Uttendorf, Landesstraße Freiland, B147 von Mattighofen in Richtung Braunau am Inn

Tatzeit: 07.06.2015, 15:00 Uhr

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 18 Abs. 1 StVO

Fahrzeug:

Kennzeichen BR-x, PKW, FIAT MAREA WEEKEND, blau“

 

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde, mit der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

 

Begründend wurde nachstehendes angeführt:

„3) Die Strafe ist aus dem Himmel her gegriffen da ich stets einen Sicherheitsabstand halte da es solch verrückte Autofahrer gibt die auch auf der geraden Straße auf einmal zu bremsen beginnen auch wenn kein Grund dafür da ist. Ich bin ein äußerst vorsichtiger Fahrer und halte mich stets an die Vorschriften.

Zu einer Stellungnahme wurde ich nie aufgefordert wo man mir aber 1300 € als Nettoverdienst anrechnet. Es wäre schön wenn ich soviel bekommen würde. Mein Gehalt beträgt aber nur 1050 € Netto, davon muß ich Alimente zahlen, Strom, Miete, Schulden, Versicherungen, sodass mir zum Leben nur mehr in etwa 130€ im Monat bleiben. Ausserdem verlange ich für diese Behauptung ein Beweisfoto, das meines Erachtens nicht einmal existiert und alles aus den Haaren herbeigezogen ist.

4.) Aufhebung und Vernichtung des Bescheides

5.) Den Rsa-Brief habe ich zeitgerecht bei der Post in Braunau (28.09.15) abgeholt und diese Beschwerde ist zeitgerecht abgegeben.“

 

Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat die Beschwerdeschrift unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsstrafaktes mit Vorlageschreiben vom 06.10.2015 dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung wurde kein Gebrauch gemacht.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung. Zur öffentlich mündlichen Verhandlung am 25.11.2015 ist der Zeuge Markus Schneider erschienen. Der Vertreter der Behörde war entschuldigt, der Beschwerdeführer nicht entschuldigt.

 

Folgender relevanter Sachverhalt steht fest:

Der Zeuge hat anlässlich einer persönlichen Vorsprache bei der Polizeiinspektion Braunau am Inn am 07.06.2015, 15:45 Uhr angezeigt, dass der Lenker des Fahrzeuges mit dem pol. Kennzeichen BR-x, FIAT MAREA WEEKEND, blau, von Mattighofen kommend in Richtung Braunau fahrend, kurz vor dem Ortsgebiet Uttendorf auf der B147, ihm gefährlich nahe auffuhr. Im weiteren Verlauf der Fahrt, wurde er vom Lenker dieses Fahrzeuges überholt und dieser hielt zu dem nunmehr vorausfahrenden LKW ebenfalls erneut viel zu wenig Sicherheitsabstand ein. Als Tatzeit wurde der 06.07.2015 zwischen 15:15 und 15:30 Uhr angegeben. Übermittelte Tatzeit in der VStV-Anzeige ist 07.06.2015, 15.00 Uhr.

 

Aus dem Akt ist nicht ersichtlich, ob der Zeuge die Gelegenheit hatte, seine Angaben durchzulesen.

 

Der Zeuge gab, befragt zum divergierenden Tattag bzw. zur Tatzeit vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich an, dass hinsichtlich der Datumsangabe „6.7.2015“ in seiner Aussage vor der PI Braunau am Inn sich der Polizeibeamte „mit dem Datum vertan“ hat. Die Fahrzeit zwischen 15:15 Uhr und 15:30 Uhr konnte der Zeuge bestätigen, da er, entweder seinen Arbeitsplatz um 14:00 Uhr (ohne Überstunde) oder um 15:00 Uhr (mit Überstunde) verlässt. Er konnte ausschließen, dass die Tatzeit 15:00 Uhr war, „weil wir da erst zum Arbeiten aufhören“. Die Tatzeit lag jedenfalls zwischen 15:15 Uhr und 15:30 Uhr.

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem Verfahrensakt und den glaubhaften Ausführungen des Zeugen.

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

§ 44a VStG 1991 lautet wie folgt:

Der Spruch hat, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

1. die als erwiesen angenommene Tat;

2. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;

3. die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;

4. den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;

5. im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten.

 

Der Spruch hat die Anführung des Zeitpunktes der Begehung der Tat und falls es sich um einen Zeitraum handelt, dessen Anfang und Ende in einer kalendermäßig eindeutig umschriebenen Art zu umfassen (VwGH 22. 2. 2006, 2005/17/0195; 20. 11. 2008, 2007/09/0255).

 

Wenn der Spruch des Straferkenntnisses keine oder unrichtige Angaben über den Zeitpunkt der Tat enthält, belastet dies das Straferkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit (VwSlg 10.779 A/1982; VwGH 9.11.1988, 88/03/0043).

 

Im gegenständlichen Fall wurde die Tatzeit von der Polizeiinspektion Braunau am Inn mit 07.06.2015, 15:00 Uhr angezeigt und diese im Strafverfahren durch die Behörde in ihren verfahrensrelevanten Schreiben durchgehend verwendet.

 

Zeitraum der Tat war nach den Zeugenangaben zwischen 15:15 Uhr und 15:30 Uhr.

 

Nach § 45 Abs. 1 Z 2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;

 

Das vor dem Landesverwaltungsgericht durchgeführte Verfahren hat ergeben, dass der Beschwerdeführer die ihm angelastete Tat zum Tatzeitpunkt 15:00 Uhr nicht begangen hat, da der Zeuge ihn zu diesem Zeitpunkt nicht wahrgenommen hat.

 

Das Verwaltungsstrafverfahren ist daher gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG 1991 einzustellen.

 

II. Für das Beschwerdeverfahren sind gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG keine Kosten vorzuschreiben.

 

III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

Für den Beschwerdeführer ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG keine Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Karin Lederer