LVwG-750318/2/BP/BD

Linz, 28.12.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Bernhard Pree über die Beschwerde des Herrn L K, geb. x, StA  der Republik Kosovo, vertreten durch Dr. B W, R, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 12. November 2015,  GZ: Pol18-14674, mit dem der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltskarte als unzulässig zurückgewiesen wurde,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG iVm. § 3 Abs. 1 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 40/2014, wird der Beschwerde insoweit stattgegeben, als der angefochtene Bescheid wegen Unzuständigkeit der Behörde aufgehoben wird.

 

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

 

1. Mit Bescheid vom 12. November 2015,  GZ: Pol18-14674, wies die Bezirkshauptmannschaft Schärding (im Folgenden: belangte Behörde) den Antrag des Beschwerdeführers (im Folgenden: Bf) auf Erteilung einer Aufenthaltskarte gem. § 21 Abs.2 NAG als unzulässig zurück.

 

Begründend führt die belangte Behörde zunächst Folgendes aus:

Ihr Ansuchen vom 26.11.2013, um Erteilung einer Aufenthaltskarte, wurde mit Bescheid der BH Ried im Innkreis vom 28.03.2014 gem. § 54 und § 30 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) zurückgewiesen. Diese Entscheidung ist mit 30.04.2014 in Rechtskraft erwachsen. In der Folge haben sie den Wohnsitz von O nach R verlegt. Mit 13.01.2015 haben Sie dann neuerlich, dieses mal bei der BH Schärding, einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltskarte gestellt.

 

Am 13. Jänner 2015 stellten sie einen Antrag auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte. Begründet war dieser Antrag darauf, dass Sie zu Ihrer in Österreich lebenden, ungarischen Staatsbürgerin, und Gattin S N, ziehen wollten.

 

Am 29.06.2015 wurde vom LVWG die Ablehnung Ihres Antrages wegen „entschiedener Sache" zurückgewiesen und Ihrer Beschwerde stattgegeben. Begründet wurde die Entscheidung im Wesentlichen, dass ein 8-monatige Frist zwischen den Anträgen doch auch relevante Änderungen mit sich gebracht haben könnten und dieses nicht geprüft wurde.

 

Von der hiesigen Behörde wurden daraufhin Ermittlungsschritte in Form von Befragungen und Prüfungen der derzeitigen Situation von Ihnen und Ihrer Gattin vorgenommen. Sie wurden aufgefordert allfällige neue Sachverhalte vorzulegen, eine Passkopie beizustellen und Ihre Gattin wurde zu einer Befragung vorgeladen der sie auch gefolgt ist. Der gesamte Akt wurde zurück bis zu Ihrer Antragstellung auf Asyl durchforstet.

 

In Rahmen dieser neuerlichen Prüfung der Sachlage wurde festgestellt dass Sie Ihren Antrag vom 13.01.2015 offensichtlich in Österreich gestellt haben, obwohl Sie sich zu diesem Zeitpunkt nicht in Österreich aufhalten hätten dürfen.

 

Mit Bescheid vom 20.10.2014 wurde Ihr Antrag auf Zuerkennung des Asylstatus durchsetzbar abgewiesen. Gegenüber Sie wurde mit gleichen Bescheid eine durchführbare Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Kosovo zulässig ist. Mangels Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wurde diese Entscheidung durchführbar. Worauf Sie binnen einer Frist von 14 Tagen zum Verlassen des Bundesgebietes verpflichtet wurden. Sie haben daraufhin Österreich, obwohl im Bescheid aufgetragen, nicht aus eigenen Stücken verlassen, und sind deshalb am 07.05.2015 durch Anordnung des BFA, mittels „Kosovo Charter" nach P abgeschoben worden. Gemäß § 61 Abs.2 FPG idgF bleibt diese Anordnung der Außerlandesbringung seitens des BFA für die Dauer von 18 Monaten ab dem Zeitpunkt der Außerlandesbringung, somit bis zum 07.11.2017 aufrecht. Es sind daher abseits formalrechtlicher Gründe auch inhaltliche Abweisungsgründe vorhanden, auf die mangels fehlender formaler Voraussetzungen nicht mehr näher einzugehen war.

 

Rechtslage:

 

Gemäß § 21 Abs. 2 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes sind zur Inlandsantragstellung jene Drittstaatsangehörigen berechtigt, die über einen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet verfügen.

 

Einen solchen rechtmäßigen Aufenthalt haben Sie weder vorgewiesen, noch war solcher für die hiesige Behörde ersichtlich. Um weitere Wiederholungen zu vermeiden, wird auf die obigen Ausführungen hingewiesen, nach denen Sie auch zum Zeitpunkt der Antragstellung kein gültiges vorübergehendes Aufenthaltsrecht nach dem Asyl- oder BFA Verfahrensgesetz hatten.

 

Es war daher mangels fehlender Formalvoraussetzungen spruchgemäß zu entscheiden.

 

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitige durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter eingebrachte Beschwerde des Bf vom 14. Dezember 2015, in der zunächst zum Sachverhalt wie folgt ausgeführt wird:

 

Der Beschwerdeführer stellte bereits am 26.11.2013 einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltskarte. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis, vom 28.3.2014 wurde dieser Antrag zurückgewiesen und festgestellt, dass der Beschwerdeführer nicht in den Anwendungsbereich des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechtes falle.

Dieser Bescheid erwuchs am 29.4.2014 in Rechtskraft.

 

In der Folge verlegte der Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Gattin den Wohnsitz von N.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.12.2014 wurde seine Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 24.10.2014 als unbegründet abgewiesen.

 

Nach Zustellung dieser Entscheidung stellte der Beschwerdeführer am 1-3.1.2015 einen weiteren Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltskarte, zumal sich der Sachverhalt ab April 2014 maßgeblich verändert hatte.

 

Am 4.5.2015 wurde der Beschwerdeführer am Luftweg nach P ausgeflogen. Seither wartet er auf seine Rückkehr nach Österreich.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 19.5.2015 wurde das Ansuchen vom

13.1.2015 um Erteilung einer Aufenthaltskarte wegen entschiedener Sache

zurückgewiesen.

 

Das Landesverwaltungsgericht gab der Beschwerde dagegen statt und hob den bekämpften Bescheid auf. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 27.7.2015 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, einen neuen Sachverhalt darzulegen. Eine Stellungnahme und Urkundenvorlage erfolgte am 7.8.2015. Mit Schreiben vom 13.10.2015 wurde er aufgefordert, die Kopie eines gültigen Reisedokumentes vorzulegen. Dieser Aufforderung kam er nach.

 

Mit Bescheid vom 12.11.2015 wurde das „Ansuchen" wegen Unzulässigkeit der Inlandsantragstellung zurückgewiesen, „da der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Antragstellung zum Zeitpunkt der Antragstellung keine Legitimation zum berechtigten Aufenthalt vorweisen konnte".

Dieser Bescheid mit der Rechtsgrundlage des NAG stammt vom Bezirkshauptmann als Organ der mittelbaren Bundesverwaltungen 1. Instanz. Der Beschwerdeführer hätte auch zum Zeitpunkt der Antragstellung kein gültiges Vorübergehen des Aufenthaltsrecht nach dem Asyl- oder BFA Verfahrensgesetz gehabt.

 

(...)

 

1) Gemäß § 3 Abs. 1 NAG Behörde nach diesem Bundesgesetz der örtlich zuständige Landeshauptmann. Dieser kann die Bezirksverwaltungsbehörden mit Verordnung ermächtigen, alle oder bestimmte Fälle in seinem Namen zu entscheiden. Im gegenständlichen Fall hat der Zeichnungsbefugte, dessen Approbationsbefugnis angefochten wird, nicht im Namen des Landeshauptmannes, sondern im Namen des Bezirkshauptmannes entschieden. Damit wurde das Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt.

 

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried vom 28.3.2014 wurde damals ein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltskarte zurückgewiesen, wobei damals im Namen des Landeshauptmannes entschieden wurde. Hingegen hat der bekämpfte Vorbescheid der BH Schärding vom 19.5.2015 ebenfalls den Landeshauptmann außen vorgelassen, was allerdings das Landesverwaltungsgericht damals nicht aufgreifen musste, weil der angefochtene Bescheid ohnedies behoben wurde.

 

2) Blickt eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens vor, weil die Erstbehörde den Beschwerdeführer mit einer neuen Rechtslage überrascht. Der Verwaltungsgerichtshof nimmt aufgrund des Zusammenhangs mit § 37 AVG an, dass die Behörde der Partei Gelegenheit zu geben hat, sich auch zu den rechtlichen Konsequenzen der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens auf die Lösung des Rechtsfalles zu äußern.

Einerseits verlangt man die Vorlage einer Kopie des gültigen Reisepasses, andererseits erscheint dies im Lichte der nunmehrigen rechtlichen Beurteilung der Erstbehörde als völlig überflüssig.

Das Landesverwaltungsgericht hat in seinem Erkenntnis vom 29.6.2015 auf keine Punkte hingewiesen, die nun die belangte Behörde ins Treffen führt.

 

V. Die Erstbehörde missachtet das Urteil des EuGH vom 25.7.2008, C-127/08, Metock. Demnach muss sich ein Drittstaatsangehöriger, der mit einem freizügigkeitsberechtigten Unionsbürger verheiratet ist, dass sich vor seiner Einreise in den Aufnahmemitgliedstaat nicht rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat aufgehalten haben, um sich auf die Bestimmungen der Richtlinie berufen zu können.

Das bedeutet, dass der Beschwerdeführer zur Antragstellung im Inland berechtigt war.

 

VI. § 61 Abs. 3 FPG bezieht sich auf andere Fallkonstellationen, nämlich auf Zurückweisungsentscheidungen des Bundesamtes. Tatsächlich wurde ein Antrag auf internationalen Schutz gem. § 3 Asylgesetz abgewiesen.

 

VII. Was hingegen das Verstreichen einer 18 monatigen Frist nach Rückführung betrifft, ist dem § 11 Abs. 3 NAG entgegenzuhalten. Die Aufrechterhaltung des Privat- und Familienleben gebietet die Erteilung eines Aufenthaltstitels. Das Familienleben mit N entstand in einem Zeitpunkt, indem sich der Beschwerdeführer in Kosovo befand.

 

VIII. Beschwerdeanträge

 

Es wird daher beantragt dass Landesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung durchführen und der Beschwerde Folge geben, also den bekämpften Bescheid insofern abändern, dass ihm die Aufenthaltskarte erteilt wird; in eventu den bekämpften Bescheid abermals aufheben und zur neuerlichen Entscheidung an die Erstbehörde zurückverweisen.

 

3. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den mit Schreiben vom 17. Dezember 2015 von der Bezirkshauptmannschaft Schärding vorgelegten Verwaltungsakt. Aus dem Verwaltungsakt ließ sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt widerspruchsfrei feststellen.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 VwGVG abgesehen werden, zumal nach Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben war. Dem diesbezüglichen Parteienantrag war daher nicht nachzukommen.

 

Gemäß § 2 VwGVG entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter, soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch einen Senat vorsehen.

 

4. Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht von dem unter den Punkten I. 1. und I. 2. dieses Erkenntnisses dargestellten in den wesentlichen Fragen widerspruchsfreien, entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus.

 

 

II.

 

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt, weshalb eine detaillierte Beweiswürdigung unterbleiben konnte.

 

 

III.

 

1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B VG erkennen ab 1. Jänner 2014 die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

 

2. In der Beschwerde wird festgestellt, dass die Unterfertigung des angefochtenen Bescheides für den Bezirkshauptmann rechtswidrig sei.

 

Dazu ist festzuhalten, dass grundsätzlich § 3 Abs. 1 NAG den zuständigen Landeshauptmann als Behörde ausweist, der per Verordnung die Bezirksverwaltungsbehörden zur Entscheidung in seinem Namen ermächtigen kann. Dies ist im vorliegenden Fall auch geschehen.

 

Allerdings weist die Präambel des angefochtenen Bescheides nicht den Landeshauptmann als Behörde aus, in deren Namen der Bezirkshauptmann von Schärding entschied, sondern lediglich den Bezirkshauptmann als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung. In seinem Erkenntnis vom 28. November 2004, Zl. 2004/07/0164 stellte der Verwaltungsgerichtshof ua. fest: Die ermächtigte Behörde muss sich in ihrer Entscheidung ausdrücklich auf die Ermächtigung berufen.

 

Da dies aber von der belangten Behörde unterlassen wurde, ist die in Rede stehende Entscheidung tatsächlich von der unzuständigen Behörde erlassen worden.

 

3.1. Es war daher im Ergebnis der angefochtene Bescheid wegen Unzuständigkeit der Behörde aufzuheben und spruchgemäß zu entscheiden.

 

3.2. Es sei hier jedoch angemerkt, dass nach Aktenlage der Umstand, dass es sich bei der in Rede stehenden Antragstellung um eine Inlandsantragstellung handelte, mangels vorliegender Aufenthaltsberechtigung des Bf, tatsächlich die Unzulässigkeit des Antrages nach sich ziehen würde.

 

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. VwGH 2004/07/0164). Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Bernhard Pree

Beachte:

Das angefochtene Erkenntnis wurde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

VwGH vom 13. September 2016, Zl.: Ra 2016/22/0026-6