LVwG-300772/11/Kl/PP

Linz, 24.11.2015

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde des Herrn A V, X, B, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 3. August 2015, SV96-2-2015, wegen Übertretung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz den

B E S C H L U S S

gefasst:

 

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungs­strafverfahren eingestellt.

 

II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren zu leisten.

 

III. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom
3. August 2015, SV96-2-2015, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 3.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 51 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 lit.a iVm § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz – AuslBG verhängt, weil er nachstehenden ausländischen Staatsbürger beschäftigt hat, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung, noch eine Anzeigen­bestätigung ausgestellt wurde, noch er eine für die Beschäftigung gültige Rot Weiß Rot Karte, blaue Karte EU oder eine Aufenthaltsbewilligung Künstler oder eine Rot Weiß Rot Karte plus, eine Aufenthaltsbewilligung plus, einen Befreiungsschein (§ 4c) oder einen Aufenthaltstitel Familienangehöriger oder Daueraufenthalt EU besitzt.

 

Name und Geburtsdatum des Ausländers: A T, geb. X

Staatsangehörigkeit: T

Beschäftigungszeitraum: 26.11.2014 – 16.12.2014, 11 Stunden pro Woche

Beschäftigungsort: Gemeinde B, B, X

Tatzeitraum: 26.11.2014 – 16.12.2014

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer beim AMS G wegen der Beschäftigungsbewilligung für Herrn T persönlich vorgesprochen hätte und ihm dort mitgeteilt worden sei, dass der Antrag noch am gleichen Tag erledigt werden könne. Er habe daher den Herrn T am nächsten Werktag zur Sozialversicherung angemeldet. Erst am 16.12.2014 sei er von der Sachbearbeiterin des AMS angerufen worden und angeraten worden, Herrn T abzumelden, damit dann die Beschäftigungsbewilligung erteilt werden könne. Am selben Tag sei dann auch die Abmeldung erfolgt. Eine Beschäftigungsbewilligung sei daraufhin erteilt worden, woraufhin Herr T am 18.12.2014 wieder zur Sozialversicherung angemeldet worden sei. Die Anmeldung sei aufrechterhalten worden, weil nur geringe Nebenkosten ange­fallen seien, nämlich 5 Euro monatlich für die Unfallversicherung. Herr T hätte die Arbeit erst am 20.12.2014 aufgenommen. Zu den persönlichen Verhältnissen wurde ein Einkommen von zirka 800 Euro und kein Vermögen angegeben sowie Sorgepflichten für fünf Kinder im Alter von 13 bis 20 Jahren, wobei drei Kinder Beeinträchtigungen haben.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden als belangte Behörde hat die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Landesver­waltungsgericht vorgelegt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 18.11.2015, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden. Der Beschwerdeführer und ein Vertreter der Finanzpolizei Team 45 haben an der Verhandlung teilgenommen, die Bezirkshauptmannschaft Gmunden ist nicht erschienen. Weiters wurde der Zeuge A T geladen und einvernommen.

 

4.1. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender Sach­verhalt als erwiesen fest und wird der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

Der Beschwerdeführer betreibt einen Gastronomiebetrieb am Standort B, X. Im November 2014 nahm er telefonisch Kontakt mit seinem Cousin Herrn A T auf und fragte ihn, ob er ihm im Lokal aushelfen könnte. Dies für 11 Stunden pro Woche als geringfügig Beschäftigter. Herr T ist Student. Herr T sagte zunächst mit sofortigem Termin zu. Weil er aber mehrere Termine für sein Studium im November und Dezember hatte, teilte er dem Beschwerdeführer mit, dass er erst kurz vor Weihnachten, nämlich am 20.12.2014 zu arbeiten beginnen könne. Herr Student T ist türkischer Staatsangehöriger. Der Beschwerdeführer hat ihn mit Beginn 26.11.2014 zur Sozialversicherung angemeldet. Ein Antrag auf Beschäftigungsbewilligung wurde am 24.11.2014 beim AMS gestellt und über Aufforderung der Ergänzung des Entgeltes die Ergänzung am 28.11.2014 vorgenommen. Eine Beschäftigungs­bewilligung wurde für den Zeitraum 17.12.2014 bis 16.12.2015 erteilt. Erst über telefonische Verständigung durch das AMS wurde die Abmeldung zur Sozialversicherung am 16.12.2014 vorgenommen und im Grunde der Erteilung der Beschäftigungsbewilligung eine neuerliche Anmeldung am 18.12.2014 vorgenommen. Der tatsächliche Arbeitsantritt erfolgte am 20.12.2014. Ein Entgelt wurde Herrn T für den Rest des Dezembers und für Jänner erstmals im Jänner 2015 in bar ausbezahlt. Es war ein Entgelt von 8 Euro pro Stunde vereinbart. Abgerechnet wurde nach Stunden.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich einerseits aus den vorliegenden Unterlagen des AMS sowie der Finanzpolizei sowie auch aus den Aussagen des einvernommenen Zeugen und den Angaben des Beschwerdeführers. Insbesondere bestätigte der Zeuge die Angaben des Beschwerdeführers, dass er zunächst mit 26.11.2014 zu arbeiten beginnen wollte, allerdings aufgrund seines Studiums dann sagte, dass er nicht kommen könne und der Arbeitsantritt erst am 20.12.2014 erfolgte. Der Zeuge machte in der mündlichen Verhandlung einen glaubwürdigen Eindruck. Zweifel an der wahrheitsgemäßen Aussage ergaben sich für das Landesverwaltungsgericht nicht. Hingegen erfolgte die Anzeige der Finanzpolizei aufgrund einer Meldung des AMS. Eine Kontrolle im Lokal im Zeitraum vom 26.11. bis 16.12.2014 gab es nicht. Es wurde der ausländische Student nicht im genannten Zeitraum bei einer Tätigkeit im Lokal angetroffen.

 

5.1. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

Gemäß § 1 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz – AuslBG regelt dieses Bundes­gesetz die Beschäftigung von Ausländern (§ 2) im Bundesgebiet.

Gemäß § 2 Abs. 2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis, in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, in einem Aus­bildungsverhältnis, nach den Bestimmungen des § 18 oder überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs. 1 und 4 des Arbeitskräfteüberlassungs­gesetzes.

Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige „Rot-Weiß-Rot – Karte“, „Blaue Karte EU“ oder „Aufent­haltsbewilligung – Künstler“ oder eine „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“, eine „Aufent­haltsberechtigung plus“, einen Befreiungsschein (§ 4c) oder einen Aufenthalts­titel „Familienangehöriger“ oder „Daueraufenthalt – EU“ besitzt.

Gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 lit.a AuslBG, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet (§ 28c), begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder der keine für diese Beschäftigung gültige „Rot-Weiß-Rot – Karte“, „Blaue Karte EU“ oder „Aufenthaltsbewilligung – Künstler“ oder keine „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“, keine „Aufenthaltsberechtigung plus“, keinen Befreiungsschein (§ 4c) oder keinen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ oder „Daueraufenthalt – EU“ besitzt.

 

5.2. In § 2 Abs. 2 AuslBG wurde ein eigener Beschäftigungsbegriff – ab­weichend vom Sozialversicherungsrecht und Arbeitsvertragsrechts – geschaffen, der vor allem den spezifischen Gegebenheiten und verschiedenen Formen, unter denen Ausländer auf dem Arbeitsmarkt tätig werden können, Rechnung trägt und damit jede Tätigkeit in persönlicher oder wirtschaftlicher Abhängigkeit erfasst, gleichgültig ob es sich um ein Arbeitsverhältnis, um ein arbeitnehmerähnliches Rechtsverhältnis um ein Ausbildungsverhältnis oder um eine sonstige bloße Tätigkeit in Österreich handelt.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, ist der Begriff der Beschäftigung durch § 2 Abs. 2 AuslBG unter anderem in der Weise bestimmt, dass die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis als Beschäftigung gilt. Maßgebend für diese Einordnung in den genannten Beschäftigungsbegriff ist, dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher bzw. wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird. Als (der Bewilligungspflicht unterworfenes) Beschäftigungs­verhältnis iSd § 2 Abs. 2 lit.cit. ist unter anderem auch eine kurzfristige oder aushilfsweise Beschäftigung anzusehen. Das Tatbestandselement der Beschäftigung ist ausschließlich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit zu beurteilen. Liegt eine Verwendung (vgl. § 2 Abs. 2 AuslBG) in einem Abhängig­keitsverhältnis vor, das typischer Weise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bildet, ist von einer der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterworfenen Beschäftigung auszugehen. Auch seine zivilrechtliche Betrachtung, ob überhaupt ein Arbeitsvertrag zustande kam, ob diesem (etwa im Hinblick auf § 879 ABGB oder mangels einer rechtsgeschäftlichen Willensübereinstimmung) Mängel anhaften, oder welche vertragliche Bezeichnung die Vertragsparteien der Tätigkeit gegeben haben, kommt es hingegen nicht an (vgl. VwGH vom 23.5.2002, Zl. 2000/09/0190, mwN).

Bei der Beurteilung des konkret erhobenen Sachverhaltes geht es nicht darum, dass lückenlos alle rechtlichen und faktischen Merkmale festgestellt sind, sondern darum, die vorhandenen Merkmale zu gewichten und sodann das Gesamtbild daraufhin zu bewerten, ob wirtschaftliche Unselbständigkeit vorliegt oder nicht (VwGH v. 22.2.2006, Zl. 2002/09/0187). Auch in weiteren Entscheidungen stellt der VwGH im Hinblick auf das Vorliegen einer bewilligungspflichtigen Beschäftigung auf die tatsächlichen Umstände ab, unter denen der Ausländer verwendet wird.

 

5.3. Im Grunde des festgestellten Sachverhaltes ist zwar die Anmeldung des türkischen Staatsangehörigen zur Sozialversicherung im Zeitraum vom 26.11.2014 bis 16.12.2014 erwiesen. Dies wird vom Beschwerdeführer auch gar nicht bestritten. Eine Beschäftigung des türkischen Staatsangehörigen in diesem Zeitraum in dem Sinn, dass er tatsächlich im Betrieb des Beschwerdeführers eine Verwendung gefunden hat und Tätigkeiten ausgeführt hat, konnte hingegen nicht nachgewiesen werden. Auch die Zeugeneinvernahme des türkischen Staatangehörigen hat eine tatsächliche Beschäftigung erst ab 20.12.2014 ergeben. Eine Kontrolle vor Ort wurde nicht durchgeführt. Da im Sinne der oben zitierten Judikatur des VwGH auf die tatsächliche Verwendung, nämlich auf die konkrete Tätigkeit des Ausländers abgestellt wird, kann aus der Anmeldung zur Sozialversicherung allein noch nicht eine tatsächliche Beschäftigung im Betrieb des Beschwerdeführers abgeleitet und als erwiesen angesehen werden.

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG, der gemäß § 38 VwGVG auch im Beschwerde­verfahren anzuwenden ist, hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

Im Grunde der obigen Ausführungen war dem Beschuldigten die zur Last gelegte Tat nicht erwiesen und war daher spruchgemäß mit Einstellung des Strafver­fahrens vorzugehen.

 

6. Bei diesem Ergebnis entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kosten­beitrages zum Beschwerdeverfahren gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG.

 

7. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

H i n w e i s

 

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig.

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Ilse Klempt