LVwG-700134/9/BP/SA

Linz, 02.02.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Bernhard Pree über die Beschwerde des M L, geb. x, L, gegen Spruchpunkt 3. des Straferkenntnisses der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 17. November 2015, GZ: VStV/ 915300889233/2015, wegen einer Übertretung des Sicherheitspolizeigesetzes (Spruchpunkt 3),

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG iVm. § 82 Abs. 1 des Sicherheitspolizeigesetzes – SPG wird die Beschwerde zu Spruchpunkt 3. des oa. Straferkenntnisses als unbegründet abgewiesen.

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von 16 Euro (das sind 20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I.               

 

1. Mit Spruchpunkt 3. des Straferkenntnisses der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 17. November 2015, GZ. VStV/915300889233/2015, wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) gemäß § 82 Abs. 1 SPG eine Geldstrafe in der Höhe von 80 Euro sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag und 16 Stunden, verhängt.

 

Die belangte Behörde führt dabei folgenden Tatvorwurf aus:

 

1. …

2. …

3.         Sie haben sich am 16.06.2015, von 22:36 Uhr bis 22:55 Uhr, in L, R 16, durch das unten beschriebene Verhalten, trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht, während dieses seine gesetzliche Aufgabe wahrnahm, aggressiv verhalten und dadurch eine Amtshandlung, nämlich eine beabsichtigte Identitätsfeststellung zur Ahndung einer vorangegangenen Verwaltungsübertretung, behindert.

Sie haben wild mit den Händen gestikuliert und lauthals mit den einschreitenden Beamten geschrien.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

1.         …

2.         …

3.         § 82 Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz, BGBl. 566/91

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von Euro                 falls diese uneinbringlich ist,       Gemäß                                                                                  Ersatzfreiheitsstrafe von

1.         …                                …                                                        …        

2.         …                                …                                                        …

3.         80.-                              1 Tag 16 Stunden                                 § 82 Abs 1 SPG

 

In ihrer Begründung führt die belangte Behörde ua. Folgendes aus:

 

Der dem Spruch zugrundeliegende Sachverhalt ist durch die eigene dienstliche Wahrnehmung eines Organes der Straßenaufsicht, sowie das behördlich durchgeführte Ermittlungsverfahren zweifelsfrei erwiesen. Es steht daher fest, dass Sie die im Spruch angeführten Verwaltungsübertretungen begangen haben.

 

Gegen die Strafverfügung der LPD vom 06.07.2015.2015 erhoben Sie fristgerecht Einspruch.

 

(...)

 

Zu Spruchpunkt 3 führten Sie aus, dass sich va. die Beamtin unkooperativ, aggressiv und dominant verhalten habe. (...) Gestikuliert hätten Sie - leider erfolglos - mit der F-Kopie. Diese sei unverständlicherweise nicht übernommen worden und diese Strafe nicht nur unangemessen, sondern geradezu kabarettreif.

 

Auf Ersuchen vom 13.08.2015 nahm die Meldungslegerin am 17.08.2015 zu den Einspruchsangaben Stellung. Spruchpunkt 1 habe der Beschuldigte eingestanden. Zu Spruchpunkt 2 wurde ausgeführt, dass der Beschuldigte bereits zu Beginn der Lenker- und Fahrzeugkontrolle von K N, VB/S, gebeten wurde den Führerschein und Zulassungsschein vorzuzeigen. Dieser Aufforderung sei der Beschuldigte nicht nachgekommen, stattdessen meinte der Beschuldigte, die Beamten sollten in sein Haus kommen, dort würden die Dokumente verwahrt sein. Auch nach Betreten des Hauses war der Beschuldigte nicht bereit den Zulassungs- und Führerschein auszuhändigen. Er gab an nur kooperieren zu wollen, wenn die Beamten Namen und Dienstnummern nennen würden. Der Amtshandlung sei der Beschuldigte durch Erzählungen ständig ausgewichen. Trotz mehrmaliger Aufforderung habe der Beschuldigte die Dokumente nicht vorgewiesen. Anmerkend führte die Meldunglegerin aus, dass sich beide Kollegen durch Übergabe einer Visitenkarte, auf welcher auch die Dienstnummer ersichtlich ist, ausgewiesen hätten und Sie der Bitte des Beschuldigten, die Dienstnummer auf einen Zettel zu schreiben, nachgekommen sei. Der Beschuldigte habe seine Personalien nicht bekannt gegeben. Seine Identität habe nur dadurch geklärt werden können, da der Beschuldigte einigen Kollegen der PI L bereits bekannt gewesen sei. Zu Spruchpunkt 3. wurde ausgeführt, dass der Beschuldigte zu Beginn der Amtshandlung ein aggressives und unkooperatives Verhalten zeigte. Er habe mehrmals lauthals mit den Beamten geschrien, immer wieder mit seinen Händen vor den Gesichtern der Beamten umhergefuchtelt und sich nicht beruhigen lassen. Mehrmalig sei er aufgefordert worden sein Verhalten einzustellen, dem sei er aber nicht nachgekommen. Als schließlich auch die Festnahme angedroht wurde, habe sich der Beschuldigte kurzzeitig beruhigt. Als dieser jedoch neuerlich ein aggressives Verhalten setzte und die Situation zu eskalieren drohte, wurde die Amtshandlung aus Verhältnismäßigkeitsüberlegungen für beendet erklärt.

 

Mit Schreiben der LPD vom 21.08.2015 wurden Sie aufgefordert, sich binnen 2 Wochen ab Zustellung schriftlich zu rechtfertigen. Dem Schreiben wurden die Anzeigen sowie die Stellungnahme der Meldungsiegerin beigelegt.

Mit Eingabe vom 11.09.2015 gaben Sie eine mehrseitige ungegliederte Stellungnahme ab. Sofern für das gegenständliche Verfahren relevant, führten sie zusammengefasst aus, dass es weder Fußgänger noch Radfahrer gegeben hätte und eine präventive Prüfung zur Einbruchsvermeidung nur tolerabel erscheine. Sie würden den Radweg keineswegs immer befahren, sondern fallweise nachts wenn keinerlei Verkehr sei. Den Führerschein hätten Sie nach dem Aussteigen aus dem Auto entnommen und für die Dauer der Amtshandlung in der linken Hand gehalten. Angesichts der Dunkelheit und weil Sie erst neulich die gerichtlich gesuchte Frau F persönlich angetroffen hätten, hätten Sie die Herrschaften ins Haus gebeten (...) Im Haus hätten Sie die wichtige Kopie mit der rechten Hand heftig geschwenkt. Die Amtshandlung sei nach einem negativen Alkotest abrupt abgebrochen worden (...) Der Tatort sei nicht S-straße 2.

 

(...)

 

Die Behörde hat dazu erwogen:

 

An der Richtigkeit des zugrundeliegenden Sachverhaltes besteht für die Behörde keinerlei Anlass zu zweifeln, da dieser von einem zur Beobachtung und Überwachung des öffentlichen Straßenverkehrs geschulten Beamten angezeigt wurde, welchem zugemutet werden muss, Übertretungen der angeführten Art einwandfrei wahrzunehmen, als solche zu erkennen und darüber der Behörde verlässliche Angaben machen zu können.

 

(…)

 

Hinsichtlich Spruchpunkt 3 steht zunächst fest, dass es sich bei den Einschreitern um Organe der öffentlichen Aufsicht gehandelt hat und Sie diese auch als solche erkannt haben, wäre es andernfalls nach allgemeiner Lebenserfahrung doch widersinnig Ihnen fremde Personen in eigene Räumlichkeiten zu bitten und Mithilfe zu fordern. Dass sie sich bei der gegenständlichen Amtshandlung (beabsichtigte Identitätsfeststellung zur Ahnung einer vorangegangen Verwaltungsübertretung) auch nach erfolgter Abmahnung aggressiv verhalten haben ist als erwiesen anzusehen. Ist doch unter „aggressiv" der Gebrauch lautstarker Worte verbunden mit heftiger Gestik (vgl. etwa VwGH vom 20.12.1990, 90/10/0056) - wie Ihnen vorgeworfen - zu subsumieren und wurde ein heftiges Schwenken der Dokumente Ihrerseits eingeräumt und betreffend des Vorwurfs des lauten Schreiens nur entgegnet, zu Beginn höflich und erfreut gebeten zu haben. Die Ausführungen der Meldungsiegerin Sie (sogar mehrmals) ermahnt zu haben, Sie sich darauf hin allerdings abermals aggressiv verhielten - It. Anzeige vom 18.06.2015 schrien Sie abermals lautstark mit den Beamten und fuchtelten wild mit den Händen vor den Gesichtern der Beamtenhaben Sie nicht bestritten. Zweifelsfrei wurde durch Ihr Verhalten auch die Identitätsfeststellung behindert, schließlich konnte eine solche erst nach der aus Verhältnismäßigkeitsüberlegungen abgebrochen Amtshandlung zeitlich verzögert erfolgen.

 

Was die subjektive Tatseite betrifft, ist anzuführen, dass gem. § 5 Abs. 1 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt des Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Im gegenständlichen Fall handelt es sich bei Spruchpunkt 1. und 2. um sogenannte Ungehorsamsdelikte vor und tritt somit eine Verlagerung der Behauptungslast ein, als die Behörde lediglich die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes zu beweisen hat, während es Sache des Täters ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Diese Glaubhaftmachung ist Ihnen in keiner Weise gelungen, sodass letztlich davon auszugehen war, dass Sie die zur Last gelegt Übertretung sowohl in objektiver als auch in subjektiver Sicht zu vertreten haben.

 

(…)

 

Zu Spruchpunkt 3 ist zur subjektive Tatseite anzuführen, dass es sich um ein Erfolgsdelikt handelt und demnach dem Täter nicht nur die Erfüllung des objektiven Tatbestandes, sondern auch das Verschulden nachzuweisen ist (LVwG Tirol vom 26.03.2015, LVwG-2014/12/1654-5). Unter Außerachtlassung der gebotenen Sorgfalt haben Sie jedenfalls verkannt, durch lautes Schreien und Herumfuchteln vor den einschreitenden Polizeibeamten den tatbildmäßigen Sachverhalt zu verwirklichen, weshalb von zumindest fahrlässigem Handeln auszugehen war.

Bei der Bemessung der Strafe wurde das Ausmaß der mit der jeweiligen Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, berücksichtigt.

 

Die verhängte Geldstrafe entspricht somit dem Unrechts- und Schuldgehalt der jeweiligen Tat und erscheint der Behörde notwendig, Sie in Hinkunft von der Begehung derartiger Übertretungen abzuhalten.

 

Als mildernd bei der Strafbemessung war das Fehlen ha. verwaltungsstrafrechtlicher Vormerkungen zu werten; erschwerende Umstände lagen keine vor.

Weiters wird bei der Strafbemessung davon ausgegangen, dass Sie kein hierfür relevantes Vermögen besitzen, keine ins Gewicht fallenden Sorgepflichten haben und ein Einkommen von € 1200,- monatlich beziehen.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, rechtzeitig eingebrachte Beschwerde des Bf vom 18. Dezember 2015, mit welcher die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor Ort begehrt wurde.

 

Im Rechtsmittel bringt der Bf vor, die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen zu haben. Er führt dazu aus, der Tatvorwurf hinsichtlich seines aggressiven Verhaltens sei maßlos übertrieben und es sei im Straferkenntnis nicht auf seine Berufungs-Fragen eingegangen worden. Weiters gibt er ua. an, die übertriebene Vorgehensweise der belangten Behörde schädige nur „das vorwiegend positive Verhalten“ sowie sein Verhältnis zur Polizei.  Es erhöhe auch nicht sein Unrechts- und Schuldgefühl.

3. Mit Schreiben vom 8. Januar 2016 legte die Landespolizeidirektion Oberösterreich den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Landes-verwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vor.

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und das Beschwerde-vorbringen.

 

Zusätzlich wurde am 1. Februar 2016 eine öffentliche Verhandlung vor dem Landesgericht Oberösterreich durchgeführt.

 

5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem relevanten Sachverhalt aus:

Zum in Rede stehenden Zeitpunkt kehrte der Bf von der Musikprobe mit seinem PKW nach Hause und befuhr dabei einen Fahrradweg in Längsrichtung, weshalb er von zwei Beamten der PI L und einem Polizeischüler zu einer Fahrzeugkontrolle aufgefordert wurde. Nachdem es aber dunkel war und der Bf die Beamten nicht erkennen konnte – und vor allem, weil er diesen Dokumente auf die PI mitgeben wollte, kam er der Aufforderung seinen Führer- und Zulassungsschein vorzuzeigen nicht nach, sondern forderte die Beamten auf mit ihm ins Haus zu gehen, weil er dort für sie die Dokumente habe.

 

Nach kurzer Diskussion folgten die Beamten ins Erdgeschoss des Hauses, wo der Bf in einem dort befindlichen Büroraum in Ordnern nach Dokumenten suchte und insbesondere einen ZMR-Auszug vorzeigte, den die Beamten mitnehmen sollten. Er ignorierte dabei völlig die Aufforderung zur Ausweisleistung und geriet mehr und mehr in Erregung wegen des Umstandes, dass die Beamten nicht seinen Ausführungen betreffend seine Ermittlungen im Dienste der Strafrechtsverfolgung die – aus seiner Sicht – gebotene Aufmerksamkeit schenkten. Er wurde von der die Amtshandlung in der Hauptsache führenden Beamtin mehrfach aufgefordert sich zu beruhigen und zu mäßigen, verlangte aber im Gegenzug die Bekanntgabe der Dienstnummern der Polizisten. Die beiden männlichen Beamten übergaben dem Bf in der Folge ihre Visitenkarten, während die Beamtin – der Forderung des Bf nachkommend – ihre Dienstnummer auf einen ihr vom Bf hingeworfenen Block schrieb.

 

In der Folge verlangte der Bf seine Tochter telefonisch kontaktieren zu dürfen, was ihm auch gestattet wurde. Aufgrund des auffälligen Verhaltens des Bf wurde ein Alkovortest an ihm durchgeführt, mit negativem Erfolg. Im Zuge dessen kam die Tochter des Bf dazu und meinte, es handle sich bei dem Vortestgerät um ein Diktiergerät, das sie als nicht zulässig erachtete, wobei der Irrtum aufgeklärt werden konnte. 

 

Nach dem durchgeführten Vortest beharrte der Bf wiederum darauf, dass die Beamten den ZMR-Ausdruck mitnehmen müssten, verweigerte lautstark die Ausweisleistung und verlieh seinem Standpunkt, der vor allem in der Wiedergabe von – den Bf beschäftigenden – Angelegenheiten der Strafrechtspflege bestand, stark gestikulierend Ausdruck, weshalb ihm nach mehreren Abmahnungen auch die Festnahme angedroht wurde. Nachdem sich aber der Bf nicht auf die aktuelle Amtshandlung fokussieren ließ und auf seinem Standpunkt beharrte, wurde die Amtshandlung zur Erhebung der in Rede stehenden Verkehrsübertretungen abgebrochen.

 

 

II.             

 

1. Im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung unterstrich der Bf durch sein persönliches Erscheinungsbild und Auftreten sowohl eine rasche Erregbarkeit

als auch die mangelnde Einsicht, dass es bei der in Rede stehenden Kontrolle nur primär angezeigt gewesen wäre, Führerschein und Zulassungsschein vorzuweisen, um an der Amtshandlung mitzuwirken. Er betonte vielfach – und das auch glaubhaft – dass es ihm allein darum gegangen sei, dass die Beamten ein von ihm aufgefundenes Dokument zur PI mitnehmen sollten. Seinem starken Erregungszustand mag es wohl angerechnet werden, dass sich der Bf bereits vor dem Alkotest als festgenommen betrachtete, wobei von den als Zeugen geladenen Polizisten glaubhaft vermittelt wurde, dass zu diesem Zeitpunkt noch keine Festnahme in den Raum gestellt war.

 

Übereinstimmend und unbestritten ist, dass der Bf der Ausweisleistung nicht nachkam. Wiederum außer Zweifel steht für den erkennenden Richter, dass der Bf lautstark und erregt gestikulierend agierte, was von den Zeugen einhellig vorgebracht wurde, vom Bf selbst zwar abgeschwächt, aber nicht völlig in Abrede gestellt wurde und im Übrigen auch durch das vom Bf in der Verhandlung an den Tag gelegte Verhalten untermauert wird, dass eine Abmahnung und Androhung einer Ordnungsstrafe nach sich zu ziehen geeignet war.

 

Weiters ist unbestritten, dass die Amtshandlung – ohne Identitätsfeststellung und ohne Vorzeigen des Führer- und Zulassungsscheines des Bf – abgebrochen wurde. 

 

 

III.

 

1. Gemäß § 82 Abs.1 des Sicherheitspolizeigesetzes – SPG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 350 Euro zu bestrafen, wer sich trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht oder gegenüber einem militärischen Organ im Wachdienst, während diese ihre gesetzlichen Aufgaben wahrnehmen, aggressiv verhält und dadurch eine Amtshandlung behindert. Anstelle einer Geldstrafe kann bei Vorliegen erschwerender Umstände eine Freiheitsstrafe bis zu einer Woche, im Wiederholungsfall bis zu zwei Wochen verhängt werden.

 

2.1. Tatbildlich im Sinn des § 82 Abs. 1 SPG ist sohin ein aggressives Verhalten einer Person gegenüber Organen (wie hier) der öffentlichen Aufsicht, während diese eine Amtshandlung durchführen. Dieses Verhalten muss zudem trotz vorangegangener Abmahnung fortgesetzt werden und darüber hinaus die Durchführung der Amtshandlung behindern.

 

2.2. Unbestritten ist nun zunächst, dass es sich bei den einschreitenden Beamten um Organe der öffentlichen Aufsicht handelte. Weiters steht außer Zweifel, dass diese wegen Befahrens eines Radweges durch den Bf mit seinem PKW einschritten, also um eine mutmaßliche Verwaltungsübertretung zu ahnden, wozu auch eine Identitätsfeststellung erforderlich war, und damit eine Amtshandlung durchzuführen.

 

Zu den gesetzlichen Aufgaben eines Organs zählt insbesondere der schlichte Streifen- und Überwachungsdienst und jedenfalls auch das Einschreiten bei mutmaßlichen Verwaltungsübertretungen. Diesbezüglich zählt auch die beabsichtigte Fahrzeugkontrolle bzw. Identitätsfeststellung zu deren Aufgaben.

 

Ob eine Amtshandlung auf öffentlichem Gut oder auf einem Privatgrundstück stattfindet, spielt im Übrigen keine Rolle.

 

2.3. Weiters erfordert § 82 Abs. 1 SPG das Vorliegen eines aggressiven Verhaltens.

 

"Aggressiv" bedeutet so viel wie "angreifend" oder "angriffslustig". "Aggression" meint einen Überfall, einen Angriff oder feindseliges Verhalten. Unter aggressivem Verhalten ist ein sowohl in der Sprache als auch in der Bewegung der gebotenen Ruhe entbehrendes, mit ungewöhnlicher Heftigkeit verbundenes Verhalten anzusehen.

 

Weiters ist unter einem aggressiven Verhalten ein solches zu verstehen, durch das die jedem Staatsbürger gegen das Einschreiten eines obrigkeitlichen Organs zuzubilligende Abwehr vermeintlichen Unrechts derart überschritten wird, dass diese Abwehr zufolge des Tones des Vorbringens, der zur Schau gestellten Gestik oder durch beides zusammen als "aggressives Verhalten" gewertet werden muss. Solches liegt etwa vor, bei "Gebrauch lautstarker Worte verbunden mit heftiger Gestik gegenüber einem Sicherheitswachebeamten". 

 

So kann unter aggressivem Verhalten auch ein "sowohl in der Sprache als auch in der Bewegung der gebotenen Ruhe entbehrendes, mit ungewöhnlicher Heftigkeit verbundenes Verhalten" angesehen werden. In diesem Sinne reicht nach ständiger Rechtsprechung bereits allein das "Schreien mit einem Aufsichtsorgan" auch noch nach erfolgter Abmahnung zur Erfüllung des Tatbestandes aus (VwGH vom 20.12.1990, 90/10/0056; siehe auch Hauer/Keplinger, Kommentar zum Sicherheitspolizeigesetz3, Fn. 14 zu § 82  mit weiteren Verweisen). Da das Gesetz lediglich "aggressives Verhalten" verlangt, bedarf es keiner "besonderen" Aggressivität um den Tatbestand zu erfüllen.

 

Dabei ist der Inhalt der schreiend vorgebrachten Äußerungen prinzipiell gleichgültig. Tatbildlich ist sohin Schreien und / oder heftiges Gestikulieren beides als Ausdruck der Aggressivität. Das Vertreten eines Rechtsstandpunktes, mag dies auch in entschiedener Weise geschehen, stellt durchaus eine angemessene Reaktion dar und würde den zur Last gelegten Tatbestand nicht verwirklichen. Es sei denn dies geschieht in aggressiver Weise, denn auch das Vorbringen eines Rechtsstandpunktes berechtigt nicht, durch schreiendes und gestikulierendes Verhalten gegenüber einem Amtsorgan, das gesetzliche Aufgaben wahrnimmt, die in § 82 SPG gesetzten Grenzen zu überschreiten. Die Strafbarkeit ist auch dann nicht ausgeschlossen, wenn sich ein Verhalten als Reaktion auf die Art des Einschreitens eines behördlichen Organs darstellt, selbst wenn ein Organ ungesetzliche Anordnungen, zu deren Erlassung das Organ nur abstrakt berechtigt ist, trifft.

 

Im vorliegenden Fall ist augenfällig, dass der Bf stark erregt, besonders laut vorgetragen und mit entsprechender Gestik seinen Rechtsstandpunkt vertrat, völlig uneinsichtig, dass er der Aufforderung zum Vorweisen des Führerscheins und des Zulassungsscheins nachkommen musste. Hingegen beharrte er vehement darauf, dass die Beamten das – von ihm vorgewiesene – Dokument mitnehmen müssten. Nach Durchführung des Alko-Vortests erfuhr sein Verhalten noch eine Steigerung, weshalb ihm auch die Festnahme angedroht wurde. Es handelt sich hierbei jedenfalls um ein völlig übersteigertes Vertreten eines Rechtsstandpunktes.

 

Im Ergebnis ist das Verhalten des Bf demnach klar als ungerechtfertigt aggressiv zu qualifizieren.

 

2.4. Hinsichtlich der ebenfalls in § 82 Abs. 1 SPG geforderten vorausgegangenen Abmahnung ist zunächst anzumerken, dass für eine solche keine exakte wörtliche Determinierung besteht. Dem Adressaten muss jedenfalls klar gemacht werden, dass er sein strafbares Verhalten einzustellen und damit die Behinderung der Amtshandlung aufzugeben hat. Diese Abmahnung muss grundsätzlich so vorgetragen werden, dass der Adressat sie auch wahrnehmen kann. Der Erfüllung dieser Verpflichtung steht jedoch nicht entgegen, wenn der Adressat zwar akustisch und sprachlich in der Lage ist die "Botschaft" zu erhalten, jedoch dem aussprechenden Organ keinerlei diesbezügliche Aufmerksamkeit schenken will und somit nicht aufnahmebereit ist.

 

Im vorliegenden Fall sprach die die Amtshandlung in weiterer Folge in der Hauptsache führende Beamtin mehrfach Abmahnungen aus, die jedoch vom Bf nicht akzeptiert wurden.

 

2.5. Es ist nach dem Wortlaut des § 82 Abs. 1 SPG nicht erforderlich, dass die Amtshandlung durch das aggressive Verhalten tatsächlich gänzlich verhindert wird. Tatbildmäßig ist hier zweifelsfrei schon, dass ein geordneter Ablauf bzw. Verlauf einer Amtshandlung erschwert oder verzögert wird.

 

Im hier zu beurteilenden Fall musste die Amtshandlung – mangels Kooperationsbereitschaft des Bf – abgebrochen werden, weshalb auch dieses Tatbestandselement erfüllt ist.

 

2.6. Da somit alle Tatbestandselemente des § 82 Abs. 1 SPG als erfüllt zu betrachten sind, war die objektive Tatseite gegeben.

 

3.1. Das SPG sieht keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens vor, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Es ist nun zu prüfen, ob sich der Bf entsprechend sorgfältig verhalten hat, um glaubhaft machen zu können, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

3.2. Der Bf ließ jedenfalls die auch ihm gebotene Besonnenheit vermissen. Er hätte sich dessen bewusst sein müssen, dass er durch sein Verhalten den Beamten gegenüber völlig überzogen reagierte. Im Verfahren hat er zudem keine anerkennenswürdigen Umstände geltend gemacht, die sein Verhalten entschuldigen könnten, da er jedenfalls zunächst an der Amtshandlung hätte mitwirken müssen, bevor er sein Anliegen den Beamten gegenüber weiter hätte betreiben können.

 

3.3. Im Ergebnis bedeutet dies, dass der Bf auch die subjektive Tatseite erfüllt.

 

4.1. Gemäß § 19 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen.

 

Auch auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 Strafgesetzbuch sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen ebenso zu berücksichtigen.

 

4.2. Im vorliegenden Fall wendet sich der Bf nicht gegen die Höhe der verhängten Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafe. Es sei angemerkt, dass auch das LVwG Oberösterreich keinen Anlass gefunden haben würde, diese zu bemängeln.

 

4.3. Es konnte im vorliegenden Fall kein Aspekt erkannt werden, weshalb § 45 Abs. 1 Z. 4 VStG in Anwendung zu bringen gewesen wäre, da sowohl das Verschulden des Bf als auch die Folgen der Tat für das geschützte Rechtsgut nicht als unbedeutend bzw. geringfügig zu qualifizieren sind. 

 

5. Es war daher im Ergebnis die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und spruchgemäß zu entscheiden.

 

6.1. Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

 

Gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG ist dieser Beitrag für das Beschwerdeverfahren mit 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit 10 Euro zu bemessen; bei Freiheitsstrafen ist zur Berechnung der Kosten ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100 Euro anzurechnen. Der Kostenbeitrag fließt der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand des Verwaltungsgerichtes zu tragen hat.

 

6.2. In diesem Sinn war dem Bf ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem LVwG in Höhe von 16 Euro (das sind 20 % der verhängten Geldstrafe) aufzuerlegen.

 

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei:

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde / der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Bernhard Pree