LVwG-410857/23/Wg – 410858/2

Linz, 01.01.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Wolfgang Weigl über die Beschwerden 1) der A. G. und 2) der P. GmbH, beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F. M., x, W., gegen den Bescheid der Landespolizei­direktion Oberösterreich vom 26. Juni 2015, Zl. VStV/915300916020/2015, wegen der Beschlagnahme von Glücksspielgeräten nach dem Glücksspielgesetz nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 22. September 2015, zu Recht erkannt:

 

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG werden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen.

 

II.      Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.1.       Am 27. Mai 2015 führten Finanzpolizisten im Lokal der Erstbe­schwerdeführerin (Erstbf) G. in W., x, eine Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz durch. Die Finanzpolizisten fanden dabei insgesamt 9 Geräte vor und war nach Ansicht der Finanzpolizisten der hinreichend begründete Verdacht eines fortgesetzten Verstoßes gegen § 52 Abs 1 Z 1 Glücksspielgesetz (GSpG) gegeben. Sie verfügten die vorläufige Beschlagnahme gemäß GSpG und informierten die Landespolizeidirektion Oberösterreich (im Folgenden: belangte Behörde). Mit Eingabe vom 28. Mai 2015 erklärte die Zweitbeschwerdeführerin (Zweitbf) P. GmbH gegenüber der belangten Behörde Eigentümerin von vier der beschlagnahmten Terminals zu sein (FA Nr 1, 6, 7, 9).

 

1.2.      Mit Bescheid der belangten Behörde vom 26. Juni 2015, Zl. VStV/915300923195/2015, wurde gemäß § 53 Abs. 1 Z. 1 lit. a des Glücksspielgesetzes (GSpG), BGBl. Nr. 620/1989 idgF die Beschlagnahme dieser vier Geräte zur Sicherung der Einziehung angeordnet. Dieser Bescheid wurde damit begründet, dass es sich um Glücksspielgeräte handle und der Verdacht bestehe, dass mit diesen fortgesetzt gegen die Bestimmungen des Glücksspielgesetzes verstoßen werde.

 

1.3.      Gegen diesen Bescheid richten sich die vorliegenden gleichlautenden rechtzeitigen Beschwerden vom 16. Juli 2015. Zum technischen Ablauf der angeblichen Glücksspiele hätte die belangte Behörde – so die Bf - mehrere näher angeführte Fragen selbst oder durch einen Sachverständigen lösen müssen. In der Beschwerde werden im Zusammenhang mit Vorbringen zur  behaupteten Unionsrechtswidrigkeit des GSpG folgende Beweisanträge gestellt: „Beweis:       beizuschaffender Akt des LG Linz zu 1 CG 190/11 y; H. K., p.A. österreichischer Automatenverband, Guglgasse 5, 1030 Wien; R. N., p.A. Institut für Glückspiel und Abhängigkeit, Emil-Kofler-Gasse 2, 5020 Salzburg; R. R., Privatdedektiv, x, L.;  J. M., p.A. BM für Inneres, Herrengasse 7, 1014 Wien.“ Zum Beweis dafür, dass es sich um ein Eingabeterminal und nicht um ein Glücksspielgerät handelt, wurde angeführt: „Beweis: Beizuschaffende Akten: UVS Land Niederösterreich Senat MI-10-1006, Senat MI-10-1005 vom 17.6.2011, Senat GD-10-1004 vom 3.8.2011, Senat GD-10-1002 vom 3.8.2011, Senat ZT-11-006 vom 8.3.2012, Senat ZT-11-00005 vom 12.3.2012, Senat ZT 11-0005 vom 8.3.2012.“ In der Eingabe vom 21. September 2015 erstatteten die Bf ergänzendes Vorbringen zur behaupteten Unionsrechtswidrigkeit des GSPG und beantragten zum Beweis, 1. Anstieg der Anzahl der Spielsüchtigen innerhalb der letzten Jahren insbesondere 2010-2015 sowie 2. Ineffektivität der gesetzlichen und tatsächlich Vorkehrungen zum Spielerschutz innerhalb der letzten Jahre ins­besondere 2010-2015 die Einvernahme folgender Zeugen: „Dr. H, Mag. S, Dr. K, Dr. P B, Mag. B F, Mag. A F, Mag. M G, H G, Mag. I G., M G, Mag. R H, Mag. L H, Dipl.-Soz. H M, Mag. N Rr, C L, M D, Mag. S B, Mag. Dr. U H, Mag. N R, H. K., R. N., R. R. und E F“. Des Weiteren sind dieser Eingabe 19 Urkunden angeschlossen. Des Weiteren beantragten die Bf das Verfahren bis zur Entscheidung des EUGH im Vorabentscheidungs-verfahren (Antrag des LG Wiener Neustadt zu 60 Cg 44/15y vom 26.8.2015) auszusetzen bzw zu unterbrechen. Entweder sei das Verfahren auszusetzen oder ein gleichlautender Antrag beim EUGH zu stellen.

 

1.4.      Das LVwG führte am 22. September 2015 eine öffentliche Verhandlung durch. Der Rechtsanwalt ist nicht erschienen und wurde seitens seiner Kanzlei in der mündlichen Verhandlung auf tel. Anfrage mitgeteilt, dass eine Teilnahme auch nicht erfolgen werde. Die Verfahrensakte, insb die bei der Kontrolle von den Finanzpolizisten angefertigten Urkunden, sowie die Eingaben der Bf sowie die zur behaupteten Unionsrechtswidrigkeit vorliegenden Stellungnahmen und Berichte des BMF wurden eingehend erörtert. Es wurden J. M. (Kontrollorgan der Finanzpolizei) und C. D. (Angestellte der Erstbf) als Zeugen einvernommen. Abschließend beantragte der Vertreter des Finanzamtes die Abweisung aller von den Bf gestellten Anträge. Es wurden in der Verhandlung keine weiteren Beweisanträge gestellt. Der Verhandlungsleiter verfügte daraufhin den Schluss der Beweisaufnahme und gab den Erschienen die Gelegenheit ein Schlussvorbringen zu erstatten. Zur Studie Kalke 2015 (ON 15) wurde das Parteiengehör gewahrt.

 

2.           Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender Sachverhalt fest:

 

2.1.      Insgesamt wurden bei der Kontrolle 9 Geräte vorläufig beschlagnahmt. Die Finanzpolizisten nahmen bei der Kontrolle eine Niederschrift mit C. D. auf, füllten für jedes der Geräte ein sog. „GSp26“ Formular aus, stellten eine Bescheinigung über die vorläufige Beschlagnahme der Geräte aus, erstellten eine Lichtbilddokumentation und einen Aktenvermerk über den Kontrollablauf sowie eine Handskizze über das Lokal der Erstbf. Die Geräte wurden in den GSP26 Formularen fortlaufend mit „FA-Kontrollnummern“ versehen. Beim Gerät Nr. 1 scheint im GSp26-Formular bzw. im Aktenvermerk auf, dass zu Beginn der Kontrolle das Walzenspiel „M.“ lief. Im GSp26-Formular ist dazu eine Spielerbeobachtung angemerkt. Finanzpolizist L. versuchte laut GSp26-Formular eine Bespielung des Gerätes Nr. 2 mit Ring of Fire XL. Die Internetverbindung wurde dann aber, wie im Aktenver­merk angegeben, offenbar unterbrochen. FA-KNr. 3 bzw. Gerät Nr. 3 wurde laut GSp26-Formular aufgrund einer Spieler­beobachtung angezeigt bzw. beschlag­nahmt. Laut GSp26-Formular wurde Gerät Nr. 4 mit Ring of Fire XL bespielt.  Laut GSp26-Formular wurde bei Gerät Nr. 5 ein Spieler beobachtet. Laut GSp26-Formular wurde Gerät Nr. 6 bespielt. Gerät Nr. 7 wurde nicht bespielt, weil ein Spieler ein Auszahlungsticket vorlegte. Gerät Nr. 9 wurde laut GSp26-Formular bespielt. FA-KNr 8 betrifft ein sog. „afric2go“ Gerät, dessen vorläufige Beschlagnahme von der belangten Behörde in der Folge aufgehoben wurde.

 

2.2.      Die Zweitbf erklärte gegenüber der belangten Behörde Eigentümerin von vier Geräten zu sein. Dabei handelt es sich um Gerät FA Knr 1, 6, 7, 9.

 

2.3.      Zum von der belangten Behörde angenommenem begründeten Verdacht, dass dass mit den Geräten FA Knr 1, 6, 7, 9 fortgesetzt gegen die Bestimmungen des Glücksspielgesetzes verstoßen werde, wird festgestellt:

 

2.3.1. Der Zeuge M. machte vor dem LVwG folgende Aussage: „Vom Verhandlungsleiter auf die Wahrheitspflicht und die Aussage­verweigerungsrechte hingewiesen und befragt, ob ich mich an die Kontrolle am 27. Mai 2015 erinnere, gebe ich an, dass ich mich sehr wohl an die Kontrolle am 27. Mai 2015 erinnere. Ich war an diesem Tag Leiter der Amtshandlung. Die Bespielung wurde von Herrn L. vorgenommen. Über Vorhalt folgender Angaben im Aktenvermerk vom 27. Mai 2015: „Während der am 27. Mai 2015 im Lokal „S. C. G.“ der Claudia G. in W., x, durchgeführten Kontrolle wurde dienstlich wahrgenommen, dass an dem in Folge mit der Nummer FA-KNr. 4 versehenen Gerät ein Testspiel durchgeführt werden konnte, bei dem zu einem bestimmten Einsatzbetrag in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen Gewinne in Aussicht gestellt wurden. Beim Gerät mit der Nummer FA-KNr. 2 konnte noch ein Spielguthaben aufgebaut und ein Spiel mit Gewinnplan aufgerufen werden, dann wurde die Internetverbindung (net error) unter­brochen. Beim Gerät mit der Nummer FA-KNr. 1 lief zu Beginn der Kontrolle automatisch das Walzenspiel „M.“. Als Guthaben wurden 8 Euro und ein Spieleinsatz von 0,2 Euro festgestellt. Zu diesem Zeitpunkt waren mehrere Personen im Raum aufhältig. Am Gerät Nr. FA-KNr. 3 wurde beobachtet, wie ein Spieler 10 Euro dem Gerät zuführte und spielte. Das Gerät Nr. FA-KNr. 5 wurde ebenfalls von einem Spieler bespielt. Von ihm wurde auch ein Gutschein über 130 Euro ausgedruckt, welcher um 11.05 Uhr an der Theke durch D. C. eingelöst wurde. Um 11.19 Uhr zeigten die Geräte mit den FA-KNr. 1 bis 5 net error. Die Spiele (hauptsächlich virtuelle Walzenspiele) konnten am Gerät mit der FA-KNr. 4 durch Betätigung mechanischer Tasten oder virtueller Bildschirmtasten zur Durchführung aufgerufen werden. Nach Eingabe von Geld, Auswahl eines Einsatzbetrages mit der „Setzen“-Taste und Auslösung des Spieles durch die Start-Taste oder die Automatic-Start-Taste wurden die am Bildschirm darge­stellten Symbole auf den virtuellen Walzen ausgetauscht oder in ihrer Lage ver­ändert, sodass der optische Eindruck von rotierenden, senkrecht ablaufenden Walzen entstand. Nach etwa einer Sekunde kam der „Walzenlauf“ zum Stillstand. Ein Vergleich der nun neu zusammengesetzten Symbole mit den im Gewinnplan angeführten gewinnbringenden Symbolkombinationen ergab nun einen Gewinn oder den Verlust des Einsatzes. Bei den Walzenspielen hatte man keinerlei Möglichkeit, gezielt Einfluss auf das Zustandekommen gewinn­bringender Symbolkombinationen zu nehmen. Es war nur möglich, nach Eingabe eines Geldbetrages als Spielguthaben, ein Spiel auszuwählen und zur Durch­führung aufzurufen, den Einsatz zu wählen, die Start-Taste so lange zu betätigen, bis das aufgerufene (z.B.) Walzenspiel ausgelöst wurde und nach etwa einer Sekunde den Verlust des Einsatzes oder einen Gewinn festzustellen. Sämtliche Geräte waren betriebsbereit aufgestellt und voll funktionsfähig. Dies wurde durch Testspiele durch die Organe der Abgabenbehörde bzw. durch Beob­achtung von Spielern an den Geräten mit den FA-KNrn. 1 bis 5 bestätigt. Hunderennen: Bei den Geräten mit den Nummern FA-KNr. 6, FA-KNr. 7 und FA-KNr. 9 konnte die Möglichkeit wahrgenommen werden, Wetten auf den Ausgang von bereits in der Vergangenheit stattgefundenen virtuellen Hunderennen abzuschließen. Jede Wette stellt zweifelsfrei ein Glücksspiel dar. Wetten aus Anlass sportlicher Veran­staltungen könnten durch einen landesrechtlichen (Buchmacher)Bescheid gedeckt sein. Diese Form von Wetten würde ein bewilligtes Glücksspiel darstellen. Die Wiedergabe aufgezeichneter, virtueller Rennabläufe stellt eine Ab­folge elektronischer Funktionen dar, nicht aber eine sportliche Veranstaltung. Die Wette auf das Ergebnis elektronischer Funktionsabläufe stellt somit nicht eine Wette aus Anlass sportlicher Veranstaltungen dar, sondern eine verbotene Aus­spielung im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG. Aufgrund landes- oder gewerberecht­licher Bewilligungen könnten allenfalls Wetten aus Anlass sportlicher Veran­staltungen bewilligt gewesen sein, nicht aber Wetten auf aufgezeichnete Rennen. Derartige Wetten auf den Ausgang virtueller Rennen stellen auch deshalb Glücks­spiele dar, weil den Wettkunden keinerlei sinnvoll verwertbare Informationen bezüglich des Rennaustragungsortes, der Reiter, der Pferde oder der Hunde ge­boten werden. Die Wettkunden können lediglich einen Einsatzbetrag und eine oder mehrere vermutete Rennergebnisse auswählen und nach Eingabe von Geld eine Wette darauf abschließen. Danach ist der in kurzen Abständen regelmäßig erfolgende Rennstart und das etwa 60 Sekunden dauernde Rennereignis abzu­warten, wonach der Verlust des Einsatzes oder ein Gewinn feststeht. Die Wett­kunden haben keinerlei Einfluss auf das Zustandekommen bestimmter Renn­ergebnisse." gebe ich an, dass Herr L. diesen Aktenvermerk unterfertigt hat und die Bespielung, soweit in den GSp26-Formularen dokumentiert, auch durchgeführt hat. Herr L. ist in spezieller Weise für die Durchführung von solchen Kontrollen und Bespielungen geschult, weshalb aus meiner Sicht als Leiter der Amtshandlung keine Bedenken gegen die Ausführungen des Herrn L. auch bestehen. Nach meinen Erfahrungswerten, ich führe regelmäßig selbst solche Kontrollen bzw. Bespielungen durch, handelt es sich bei den vorgefundenen Walzenspielgeräten und dem Hundewettterminal immer um ähnliche bzw. gleiche Vorgänge. Die Wahrnehmungen und Aufzeichnungen des Herrn L. decken sich insoweit mit meinen bei anderen Bespielungen festgestellten Wahr­nehmungen. Vom Verhandlungsleiter ergänzend befragt, ist zusammenfassend auszuführen, dass es sich bei den Geräten 1 bis 5 um die sogenannten Walzenspielgeräte handelte. Bei den Geräten 6, 7 und 9 handelte es sich um sogenannte Hunderennen-Terminals und beim Gerät Nr. 8 handelt es sich um ein sogenanntes afric2go.“ Festzuhalten ist, dass der Rechtsanwalt vor der Verhandlung schriftlich mitgeteilt hatte, dass die Einvernahme des Finanzpolizisten L. nicht erforderlich ist und die Verlesung des Aktes ausreicht.

 

2.3.2. Als geforderter Mindesteinsatz wird auf dem GSP26 Formular betr. FA KNr 1 angegeben: „0,2, dabei in Aussicht gestellter Höchstgewinn 20+18SG,“ Betr FAKnr 6 wird angegeben: „0,5 Mindesteinsatz 2,0 Höchsteinsatz; höchste Quote beim Testspiel: 71,9“ betr. FAKnr 7 wird angegeben: „mögliche Wettein­sätze 0,5 Mindesteinsatz“ Betr FA Knr 9 wird angegeben: „mögliche Wetteinsätze 0,5 Mindesteinsatz, 2,0 Höchsteinsatz; höchste gebotene Quote beim Testspiel 65,6 “.

 

2.3.3.  Die Zeugin D. machte vor dem LVwG folgende Aussage: „Vom Verhandlungsleiter befragt, ob ich einen Dolmetscher brauche, gebe ich an, dass ich der deutschen Sprache soweit mächtig bin, dass ich keinen Dolmetscher brauche. Ich brauche keinen Dolmetscher. Vom Verhandlungsleiter auf die Wahrheitspflicht und die Aussageverweigerungsrechte hingewiesen, gebe ich an, dass ich nur Arbeiterin im Lokal der Frau A. G. bin. Ich bin mit ihr nicht verwandt oder verschwägert. Vom Verhandlungsleiter zur Glücksspielkontrolle am 27. Mai 2015 befragt, gebe ich an, dass ich in der Arbeit gewesen bin. Vom Verhandlungsleiter befragt, ob ich mich an die niederschriftliche Befragung erinnern kann, gebe ich an, dass ich mich daran nicht erinnere. Der Verhandlungsleiter verliest die Angaben laut Niederschrift:  „Seit wann arbeiten Sie hier im Lokal und in welchem Umfang? Antwort: Ich arbeite seit vier Monaten hier. - Wann haben Sie heute angefangen zu arbeiten? – Ich arbeite seit zehn Uhr hier. - Wie wissen Sie, wann Sie arbeiten müssen? Antwort: Es gibt einen Dienstplan. - Wer hat das Lokal heute aufgesperrt? – Für die Eingangstür habe ich einen Schlüssel. - Haben Sie heute die Geräte und die Beleuchtung eingeschaltet? – Ja.  Haben Sie auch gestern hier gearbeitet? Antwort: Ja. - Waren gestern die gleichen Geräte hier? Antwort: Ja. - Sie arbeiten laut Ihren Angaben seit vier bis fünf Monaten hier. Hat es bei den hier aufgestellten Geräten eine Änderung gegeben? Antwort: Ich weiß nicht. - Wann haben Sie gestern gearbeitet? Antwort: Ich hatte Schlussdienst und habe um 24.00 Uhr das Lokal geschlossen. Kurz vorher habe ich die Geräte und das Licht abgeschaltet. - Frau D. C. wurde um 12.47 Uhr neuerlich rechtsbelehrt. Sie wurden zu Beginn der Kontrolle darauf aufmerksam gemacht, dass Sie für die Bespielung Geld zur Verfügung stellen müssen. Ihnen wird nunmehr mitgeteilt, dass bei einer Weigerung ein eigener Straftatbestand nach dem Glücksspielgesetz verwirklicht wird. Um 13.00 Uhr händigt D. C. Probespielgeld aus, welches bisher vorgestreckt wurde. Um 13.05 Uhr wurde bei der Bespielung des afric2go ein Gewinn von 10 Euro erzielt. Das eingesetzte Spielgeld für den afric2go wurde wieder an D. C. ausgehändigt. - Protokollierte Frage: Haben Sie Schlüssel oder irgendwelche Aufzeichnungen hier? Antwort: Darüber kann ich keine Auskunft geben und ich kann auch keine weiteren Fragen beantworten.“ Dazu gebe ich an, dass meine Aussage richtig protokolliert wurde. Vom Vertreter des Finanzamtes befragt, wie das mit der Auszahlung funktioniert, gebe ich an, dass der Spieler mit einem Ticket zu mir kommt. Ich bezahle dann das Ticket aus. Vom Vertreter des Finanzamtes befragt, wo das Ticket herkommt, gebe ich an, dass ich das nicht weiß.  Ich scanne dann das Ticket und zahle das Geld aus. Vom Vertreter des Finanzamtes befragt, wieviel man da gewinnen kann, gebe ich an, dass das ganz unterschiedlich ist. Manchmal sind es 10 Euro, 20 Euro, aber manchmal kommt es auch vor, dass es 200 oder 500 Euro sind. Vom Vertreter des Finanzamtes befragt, ob ich mich bei den Spielen, die auf den Geräten laufen, auskenne, gebe ich an, dass ich mich da nicht auskenne. Vom Vertreter des Finanzamtes befragt, ob es schon einmal vorgekommen ist, dass zu wenig Geld in der Kasse war, um einen Spieler auszuzahlen, gebe ich an, dass das noch nicht vorgekommen ist. Vom Vertreter des Finanzamtes befragt, was ich mache, wenn ein Gerät nicht funktioniert, gebe ich an, dass ich mit der Chefin spreche. Vom Vertreter des Finanzamtes befragt, wer Eigentümer der Geräte ist oder wem die Geräte gehören, gebe ich an, dass ich nicht weiß, wem die Geräte gehören. Vom Vertreter des Finanzamtes befragt, wie lange die Geräte in der am 27. Mai 2015 vorgefundenen Art schon im Lokal aufgestellt waren und in Betrieb waren, gebe ich an, dass ich dazu nichts sagen kann. Vom Verhandlungsleiter befragt, ob ich einmal mitbekommen habe, dass andere Spiele installiert worden wären, gebe ich an, dass ich dazu nichts mitbekommen habe.“

 

2.3.4. Eine Konzession oder Bewilligung für die Veranstaltung von Ausspielungen wurde gegenüber den Beamten weder behauptet, noch vorgewiesen.

 

2.4.      Zur von den Bf behaupteten Unionsrechtswidrigkeit des GSpG wird festgestellt:

 

2.4.1. Dem LVwG liegen zur behaupteten Unionsrechtswidrigkeit des Weiteren die in der mündlichen Verhandlung erörterten und einvernehmlich als verlesen geltenden Urkunden Beilage 1 (Stellungnahme des BMF vom 26. Juni 2015), Beilage 2 (Glückspielbericht 2010 – 2013) sowie Beilage 3 (Bericht Auswirkungen Glückspielgesetz 2010 – 2014) vor sowie die von den Bf in der Eingabe vom 21. September 2015 vorgelegten Urkunden (Beilage 1 bis 19 des Schriftsatzes) und die als Beilage 4 und 5 der Niederschrift angeschlossenen Firmenbuchauszüge der G. s.r.o. vor. Weiters liegt die Studie Kalke 2015 (ON15) vor.

 

2.4.2. Auf folgende Ausführungen in der Niederschrift wird verwiesen: „Der Verhandlungsleiter verweist den Vertreter des Finanzamtes auf den im Schrift­satz des Dr. M. vom 21. September 2015 gestellten Antrag, das gegen­ständliche Verfahren bis zur Entscheidung des EuGH im Vorab­entscheidungs­ver­verfahren betreffend Antrag des LG Wiener Neustadt auszusetzen oder eben einen gleichlautenden Antrag an den EuGH zu stellen. Der Vertreter des Finanz­amtes beantragt insoweit die Abweisung dieses Antrages. Der Verhandlungsleiter weist den Vertreter des Finanzamtes weiters auf die in den Beschwerden und im Schriftsatz vom 21. September 2015 gestellten Beweisanträge betreffend zeugen­schaftliche Einvernahmen bzw. die vorgelegten Urkunden hin. Die dort gestellten Beweisanträge dienen zum Beweis des Beweisthemas 1. Anstieg der Anzahl an Spielsüchtigen innerhalb der letzten Jahre, insbesondere zwischen 2010 bis 2015, sowie 2. Ineffektivität der gesetzlichen und tatsächlichen Vor­kehrungen zum Spielerschutz innerhalb der letzten Jahre, insbesondere zwischen 2010 bis 2015. Der Verhandlungsleiter weist weiters darauf hin, dass auf Seite 39 des Evaluierungsberichtes des Bundesministers für Finanzen betreffend Auswirkungen Glücksspielgesetz 2010 bis 2014 eine Studie für das zweite Halb­jahr 2015 angekündigt wird, die offenkundig zur Zeit noch nicht vorliegt. Der Vertreter des Finanzamtes bestätigt, dass ihm eine derartige Studie nicht bekannt ist. Der Vertreter des Finanzamtes hält Folgendes fest: „Vom Verhandlungsleiter zum im erwähnten Schriftsatz des Dr. M. erwähnten VwGH-Judikat gebe ich an, dass ich nicht beurteilen kann, ob es trotz der Ausgestaltung des Glücksspiel­rechtes in den letzten Jahren zu einer Ausweitung der Spielsucht samt den damit verbundenen Problemen gekommen wäre. Mir liegen dazu keine konkreten Beweismittel vor. Insbesondere liegt mir keine Studie vor, in der dazu eine Äußerung getroffen würde. Diese Rückschlüsse können nur durch eine Studie gezogen werden, wie sie eben zur Zeit auch in Ausarbeitung ist, aber noch nicht vorliegt. Die von den Beschwerdeführern vorgelegten Urkunden bzw. die bean­tragten Zeugen können nur auf Momentaufnahmen und subjektive Wahrneh­mungen einzelner Vorgänge sich beziehen und sind daher schon per se ungeeignet, einen vollständigen Konnex darzustellen, der nur durch eine ent­sprechende Studie hergestellt werden kann. Es ist aus Sicht des Finanzamtes keinesfalls so, dass die Republik für ein allfälliges, von den Beschwerdeführern behauptetes Ausweichen der Spieler auf andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union eine Verantwortung übernehmen kann. Das Beschwerdevorbringen bzw. ergänzende Vorbringen ist insoweit jedenfalls unschlüssig. Es wird die Abweisung aller Beweisanträge der Beschwerdeführer beantragt. Der Vertreter des Finanzamtes ergänzt: „Die G. s.r.o. als einzige Person mit Auslandsbezug behauptet lediglich Eigentum an den Geräten. In diesem konkreten Fall ist nicht ersichtlich, dass die G. s.r.o. ein Anbieten von Glücksspieldienstleistungen oder Ähnliches eingewendet hätte.“ Mittlerweile liegt die Studie Kalke 2015 (ON 15) vor.

 

2.4.3. Fest steht: Im Jahr 2015 weisen in Österreich zwischen 0,34% und 0,60% der Bevölkerung ein problematisches Spielverhalten auf, die Zahl der Problemspieler beträgt daher entsprechend zwischen ca. 19.900 und ca. 35.800 Personen. Zudem sind 2015 in Österreich zwischen ca. 27.600 bis etwa 46.000 Personen aktuell spielsüchtig. Diese Werte sind im Vergleich zum Jahr 2009 annähernd konstant. Männer weisen zu höheren Anteilen ein problematisches und pathologisches Spielverhalten auf als Frauen. Innerhalb der verschiedenen Altersgruppen stellt sich das Ausmaß vorhandener Spielprobleme sehr unterschiedlich dar, wobei die 14- bis 30-Jährigen sich diesbezüglich am stärksten betroffen zeigen.

 

2.4.4. Ausgehend vom Jahr 2015 haben 41% der Bevölkerung (14 bis 65 Jahre) in den letzten 12 Monaten irgendein Glücksspiel um Geld gespielt, dieser Wert ist seit kaum verändert (2009: 42%). Das klassische Lotto „6 aus 45“ ist das beliebteste Glücksspiel in Österreich. Jeder dritte Österreicher hat dieses Spiel im Jahr 2015 mindestens einmal in den letzten 12 Monaten gespielt (ca. 33%), der prozentuale Anteil für die 30-Tages-Prävalenz beträgt ca. 20%. Seit 2009 haben sich diese Werte so gut wie nicht geändert (jeweils nur um ca. ± 1 Prozentpunkt). Dagegen ist für diesen Zeitraum eine deutliche Zunahme bei der europäischen Lotterie, den Euromillionen, zu konstatieren: Der Prozentwert für die monatliche Teilnahme hat sich von etwa 4% auf etwa 8% verdoppelt. Auch beim Joker gibt es seit 2009 einen prozentualen Anstieg. Inzwischen spielt jede siebte Person mindestens einmal im Jahr dieses Glücksspiel (ca. 14%). Damit ist es das zweitverbreitete Glücksspiel in Österreich. Bei den Rubbellosen – die auf dem vierten Platz liegen – sind nur geringe Veränderungen zwischen 2009 und 2015 vorhanden. Alle anderen Glücksspiele besitzen bezogen auf die Spielteilnahme in der Gesamtbevölkerung eine nachgeordnete Bedeutung: Das gilt für die Sportwetten genauso wie für die klassischen Kasinospiele, bei denen 2015 jeweils etwa 4% in den letzten 12 Monaten gespielt wurden. Glücksspielautomaten in Kasinos und in Spielhallen werden von noch weniger Personen gespielt. In den letzten 12 Monaten haben am Automatenglücksspiel in Spielbanken ca. 0,5% teilgenommen, im Jahr 2009 waren dies ca. 0,6% bezogen auf die 12-Monats-Prävalenz. Bezüglich der Teilnahme am Automatenglücksspiel außerhalb von Spielbanken (Spielhallen, Einzelaufstellungen, illegale Glücksspielautomaten) ist der Wert bezogen auf die 12-Monats-Prävalenz von ca. 1,2% im Jahr 2009 auf ca. 1% im Jahr 2015 zurückgegangen.

 

2.4.5. Der monatliche Geldeinsatz für Glücksspiele hat im Zeitraum von 2009 auf 2015 leicht zugenommen und zwar wurden von den Glücksspielenden 2015 im Durchschnitt etwa 57 € pro Monat für Glücksspiele ausgegeben im Vergleich zu 53 € im Jahr 2009. Auf der Ebene der einzelnen Glücksspielarten bestehen hier jedoch sehr unterschiedliche Entwicklungen. Der Geldeinsatz ist 2015 am höchsten bei den Automatenspielen außerhalb der Kasinos. Im Durchschnitt werden hierfür von den Spielern pro Monat ca. 203 € eingesetzt, vor sechs Jahren lag der entsprechende Wert sogar bei etwa 317 €. Es folgen die klassischen Kasinospiele mit einem Mittelwert von ca. 194 €. Auch für diese Glücksspielform wird im Jahr 2015 durchschnittlich weniger Geld aufgewendet als in 2009. Stark angestiegen sind dagegen im betrachteten Zeitraum die Geldeinsätze für Sportwetten, diese haben sich von ca. 47 € auf ca. 110 € mehr als verdoppelt.

 

2.4.6. Die Anteile problematischen und pathologischen Spielens unterscheiden sich je nach Glücksspielart erheblich. Die zahlmäßig große Gruppe der Spieler von Lotterieprodukten beinhaltet anteilsbezogen nur wenige Personen, die ein problematisches oder pathologisches Spielverhalten zeigen (jeweils etwa ein Prozent). Während bei den Rubbellosen sich nur leicht höhere Werte zeigen, ist bei den klassischen Kasinospielen bereits mehr als jeder zwanzigste Spieler betroffen.

 

2.4.7. Auch Sportwetten beinhalten ein erhebliches Risiko, spielbedingte Probleme zu entwickeln. So erfüllen ca. 7,1% dieser Spielergruppe die Kriterien problematischen Spielens und weitere ca. 9,8% zeigen ein pathologisches Spielverhalten. Etwa jeder sechste Sportwetter ist daher von einer Spielproblematik betroffen. Noch höher sind diese Anteile bei Spielautomaten, welche in Spielhallen, Kneipen oder Tankstellen stehen. Etwa 21,2% dieser Spieler sind spielsüchtig. Die Prävalenzwerte für die Automatenspiele der „Casino Austria“ nehmen sich im Vergleich dazu eher gering aus. So liegen die Anteile für problematisches Spielen bei ca. 3,7% und für pathologisches Spielen bei ca. 4,4%. Dennoch weist etwa jede zwölfte Person, die in den klassischen Spielbanken am Automaten spielt, glücksspielbedingte Probleme auf. Bei der Prävalenz problematischen und pathologischen Spielens ging die Rate bei Automaten in Kasinos von ca. 13,5% im Jahr 2009 auf ca. 8,1% im Jahr 2015 und bei Automatenaufstellungen außerhalb von Casinos von 33,2% im Jahr 2009 auf 27,2% im Jahr 2015 zurück.

 

2.4.8. Durch Bedienstete des Bundesministeriums für Finanzen bzw. des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel werden stichprobenartig und unangekündigt Spielbankbetriebe nach abgabenrechtlichen und ordnungspolitischen Gesichtspunkten einer Überprüfung auf Einhaltung der gesetzlichen Regelungen unterzogen (sogenannte „Einschau“). Solche Einschauen erfolgen mehrmals jährlich stichprobenartig und unangekündigt durch Bedienstete der BMF-Fachabteilung bzw. des Finanzamts für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel (FAGVG). Neben der Beaufsichtigung des legalen Glücksspiels kommt es auch zur Bekämpfung des illegalen Glücksspiels. So gab es etwa im Jahr 2010 226, 2011 657, 2012 798, 2013 667 und 2014 (bis 3. Quartal) 310 Kontrollen nach dem Glücksspielgesetz, wobei im Jahr 2010 271, 2011 1854, 2012 2480, 2013 1299 und 2014 (bis 3. Quartal) 625 Glücksspielgeräte von der Finanzpolizei vorläufig beschlagnahmt wurden.

 

2.4.9. Im Bereich der Spielbanken wurden gemäß dem jährlichen Bericht des Konzessionärs an die Glücksspielaufsicht im Jahr 2013 in Summe 6.920 Wirtschaftsauskünfte beim KSV 1870, darunter 4.908 über österreichische Spielbankbesucher und 2.012 über Spielbankbesucher aus dem übrigen EU/EWR-Raum eingeholt. Zusätzlich erfolgten bei den Auskunfteien CRIF (vormals Deltavista) und BISNODE (vormals Wisur) 3.600 online-„Sofort-Checks“. 621.195 Spielbankbesucher aus dem EU/EWR (inklusive Österreich) wurden im Jahr 2013 den monatlichen Screening-Prozessen des Konzessionärs unterzogen. Bei 48.284 davon bestand die begründete Annahme im Sinne des § 25 Abs. 3 GSpG, dass aufgrund der Häufigkeit und Intensität der Spielteilnahme das Existenzminimum gefährdet ist, was zu 1.359 Informationsgesprächen sowie 741 Beratungen bzw. Befragungen führte. Zum 31.12.2013 bestanden in österreichischen Spielbanken bei 22.435 Spielbankbesuchern aufrechte, gültige Einschränkungen der Besuchsmöglichkeiten und 4.381 aktive Selbstsperren. In den VLT-Outlets wurden im Jahr 2013 aus begründetem Anlass 11.330 zur Alterskontrolle anhand eines Lichtbildausweises aufgefordert, wovon in 1.350 Fällen der Zutritt verwehrt wurde. Insgesamt wurden 343 protokollierte Spielerschutz-Informations­gespräche geführt.

 

2.4.10.    Beim BMF wurde mit 1.12.2010 eine Spielerschutzstelle eingerichtet. Zu den Aufgaben der BMF-Stabsstelle für Spielerschutz gehören insbesondere folgende Punkte: Fachliche Beurteilung von Spielerschutzkonzepten der Bundeskonzessionäre, Aufklärungs- und Informationsarbeit über die Risiken des Glücksspiels, Schaffung einer besseren Datenlage über die Behandlung und Beratung von Patientinnen durch Spielsuchteinrichtungen in Österreich, Evaluierung der GSpG-Novelle 2010 bis zum Jahr 2014 für den Bereich des Spielerschutzes, Unterstützung der Suchtforschung im Bereich des Glücksspiels, Erarbeitung von Qualitätsstandards hinsichtlich Spielerschutzeinrichtungen im Sinne des Glücksspielgesetzes und Erarbeitung eines Anerkennungsverfahrens für diese, bessere Koordinierung der Arbeit der Spielerschutzeinrichtungen und Erarbeitung/Vorstellung von Best-Practice-Modellen einer Zusammenarbeit zwischen Konzessionären und Bewilligungsinhabern sowie unabhängigen Spieler­schutzeinrichtungen, regelmäßiger Erfahrungsaustausch und Dialog zwischen Suchtberatung und Glücksspielaufsicht.

 

2.4.11.    Ferner ist durch die GSpG-Novellen 2008/2010 die Anbindung von Glücksspielautomaten und Videolotterieterminals der konzessionierten Unter­nehmen an die B. GmbH (B.) elektronisch festgelegt worden. Aus der elektronischen Anbindung an das Datenrechenzentrum der B. können unter anderem folgende Aspekte abgeleitet werden: Erfassung bzw. Kontrolle der minimalen und maximalen Ausschüttungsquoten, Erfassung bzw. Kontrolle der maximalen Ein- und Auszahlungen pro Spiel, Erfassung bzw. Kontrolle der Mindestspieldauer von Einzelspielen, Erfassung bzw. Kontrolle der Abkühlphase und Beschränkung auf die Anzeige spielerschutzbezogener Informationen während dieser Zeit, elektronische Überprüfung der Software-Komponenten zur Verhinderung potenzieller Manipulation von Glücksspiel­geräten, Prüfung von Glücksspielgeräten auf die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen von Bund und Ländern durch unabhängige Unternehmen, äußerliche Kennzeichnung genehmigter Glücksspielgeräte über eine Vignette und Anzeige der Verbindung zum Datenrechenzentrum der B. am Bildschirm.

 

3.           Beweiswürdigung:

 

3.1.      Einleitend (1.) werden Ausgangspunkt des Verfahrens, Beschwerde­gegenstand und Ablauf des verwaltungsgerichtlichen Ermittlungsverfahrens zusammengefast wieder gegeben. Unstrittig ist, dass die Geräte beschlagnahmt wurden und G. s.r.o. ihre Eigentümereigenschaft betr die näher genannter Geräte im behördlichen Verfahren erklärte, das mit dem bekämpften Bescheid endete.

 

3.2.      In der Sache waren zunächst die maßgeblichen Aktenbestandteile zusammenfassend wiederzugeben (2.1., 2.2.). Zu den von den Finanzpolizisten und der belangten Behörde angenommenen Verdachtsmomenten (2.3.) werden Ablauf der Beweisaufnahme und die einzelnen Aussagen wiedergegeben.

 

3.3.      Zur von den Bf behaupteten Unionsrechtswidrigkeit (2.4.) waren Feststellungen zu den beteiligten Unternehmen zu treffen. Keine der beteiligten Gesellschaften behauptete im Verfahren über eine Konzession zu verfügen oder sich um eine solche bemüht zu haben. Die Bf führten – im Anschluss an die Ausführungen zum Antrag auf Aussetzung bzw Vorlage beim EUGH  - mit Eingabe vom 21. September 2015 aus:

 „Laut ständiger Rechtsprechung des VwGH und des OGH ist die Unionsrechtswidrigkeit als Vorfrage der Inländerdiskriminierung zu prüfen. Ein Verstoß gegen Art 7 B-VG liegt im gegenständlichen Fall vor.

 

So der VwGH in Ro 2014/17/0120, 0121 und 0123 wörtlich:

 

Die - eine Vorfrage für eine allfällige Verfassungswidrigkeit bildende – Unionsrechts­konformität des Glücksspielgesetzes hängt nach der Rechtsprechung des EuGH auch von tatsächlichen Umständen ab (C-390/12, Pfleger; 4 Ob 145/14y; nunmehr auch VwGHRo 2014/17/0120, 0121 und 0123). Die einschlägigen Regelungen müssen in ihrer Gesamtheit dazu führen, dass die Gelegenheit zum Spiel verringert und die damit verbundene Kriminalität bekämpft wird. Diese Bedingung wäre etwa dann nicht erfüllt, wenn es trotz der vordergründig restriktiven Ausgestaltung des Glücksspielrechts in den letzten Jahren - auch unter Bedachtnahme auf Landesausspielungen iSv § 5 GSpG und die konkrete Geschäftstätigkeit von Konzessionären - zu einer Ausweitung der Spielsucht samt den damit verbundenen Problemen gekommen wäre. Dazu werden die Parteien in erster Instanz ein konkretes, mit Beweisanboten belegtes Vorbringen zu erstatten haben; dem Bund wird Gelegenheit zu geben sein, sich dazu in Form einer gutachterlichen Stellungnahme zu äußern (1 Ob 71/13t).

 

Somit ist bei Vorliegen von Unionsrechtswidrigkeit das im Glücksspielgesetz normierte Monopol nicht anwendbar und demnach auch ein Rechtsbruch unmöglich.

 

Darüber hinaus ist anzuführen:

•           Ein grenzüberschreitender Sachverhalt - wie immer wieder behauptet - ist nach der jüngsten Entscheidung des OGH vom 20.01.2015 zu 4 OB 244/14g sowie nach der EUGH-Rechtsprechung in der Rechtssache Garkalns zu Zahl C 470/11 nicht notwendig, um sich auf die Unionsrechtswidrigkeit direkt berufen zu können.

 

•          Bei Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols ist der Einwand einer Vergleichsfigur innerhalb der Europäischen Union unstatthaft. Wenn das normierte Monopol inexistent ist, kann nicht dagegen verstoßen werden. Dies gilt völlig unabhängig davon, ob die Beschwerdeführer theoretisch rechtswidrigerweise Glücksspiele in einem anderen Land der Europäischen Union veranstalten bzw. anbieten darf.

Auf Grund der getätigten Aussagen steht fest, dass in jedem europäischen Land, in welchem Glücksspiele veranstaltet werden, der Spielerschutz besser ausgestaltet ist als in Österreich.

Der Oberste Gerichtshof hat erst jüngst in seiner Entscheidung vom 20.01.2015 zu 4 OB 244/14g zum mittlerweile wiederholten Mal festgestellt, dass die Bedingungen für die Zulässigkeit eines Monopols im Glücksspielbereich etwa dann nicht erfüllt sind, wenn

im Sinne der Rechtssprechung des EUGH und im Sinne der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa die Spielsucht in den letzten Jahren, auch unter Bedachtnahme der Landesausspielungen prozentuell gestiegen wäre. Genau das ist hier der Fall:

1.          Der Anteil an Spielsüchtigen steigt seit dem Jahr 2003 kontinuierlich.

2.          Die Bundesregierung kann Anfragen betreffend Spielerschutz, Kriminalitäts­bekämpfung und Spielsucht nicht beantworten.

3.          Die Regelungen betreffend Spielerschutz sind in allen Ländern direkt angesprochen durch den Zeugen R. N. zum Beispiel in Deutschland massiv besser als in Österreich.

4.          Die Medien berichten ständig über einen dramatischen Anstieg der Spielsüchtigen. So wurde z. B. auf der allseits bekannten Online-Plattform www.spieler-info.at am 03.04.2015 ein Beitrag geschaltet, wonach auf Grund der Aussage von Mag. Dr. Izabela H, Leiterin der Suchtberatungsstelle in Wien trotz des Verbotes in Wien kein zahlmäßigen Rückgang der Spielsüchtigen zu beobachten ist. H führt an, dass die Spielsüchtigen einfach umsteigen. Steigende Besucherzahl bei den C. sind bereits zu verzeichnen, das Online-Glücksspiel wird immer attraktiver, Wettbüros freuen sich übersteigende Besucherzahlen und das benachbarte Bundesland Niederösterreich sowie Spielmöglichkeiten in Tschechien, in der Slowakei und Ungarn werden genutzt.

H sagt laut dieses Zeitungsberichtes auch selbst, dass allein die Anzahl der Online-Spielsüchtigen sich von 2012 auf 2014 verdoppelt hat. Weiters erläutert H dem ORF gegenüber, dass ihrer Meinung nach das Automatenverbot (Landesausspielung) nicht dazu beiträgt, die Spielsucht einzudämmen. Im Übrigen wurde in gegenständlichem Verfahren bereits ein E-Mail nach einer Anfrage des Beschwerdeführervertreters von Frau Dr. H sowie Auszüge aus ihren Behandlungsergebnissen vorgelegt. Auf Grund dieser Tatsache alleine steht fest, dass sich die Anzahl der Online-Spielsüchtigen von 2012 auf 2014 verdoppelt hat. Der Rechtssprechung des OGH, EUGH sowie Verwaltungsgerichtshofs folgend bedeutet das somit die Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols.

 

5.         Nach einer telefonischer Anfrage bei Dr. H durch den
Beschwerdeführervertreter hat die Leiterin der Spielsuchthilfe Wien bestätigt, auch per Mail (vorgelegt), dass

1)  Die Dunkelziffer der Spielsüchtigen massiv ist.

2)  Keine geregelte Finanzierung der Spielsuchteinrichtungen besteht. In Deutschland etwa werden diese staatlich gefördert, in Österreich sind diese Einrichtungen auf freiwillige Spenden der Konzessionsinhaber angewiesen.

 

 

6.          Es gibt keine gesetzlichen Vorgaben für Spielsüchtige sowie z. B. für Drogensüchtige.

 

7.          Der Anteil an Spielsüchtigen steigt weiter massiv an. Diesbezüglich gab es etwa Im Jahr 2008 55 Erstkontakte zu Suchtbehandlung, 2014 60. Weiters wurden 2008 16 Beratungen durchgeführt, 2014 41; das Online-Gambling schlägt mit einer Steigerung von 11 % auf 40,7 % der Süchtigen zu Buche.

 

8.          Die Bundesregierung unternimmt nichts zum Thema Spielerschutz und Kriminalität. Beweis:

•           Aufstellung Dr. H betreffend Behandlungen 2008-2014

•           Zeitungsartikel Die Kronenzeitung von 17.03.2015 „Zitat H"

•           Anfrage vom 24.09.2014 XXV GB

•           Antwort D B von 21.11.2014 zu 2559/J XXV. GB

•           E-Mail Dr. H vom 24.03.2015

•           ZV Einvernahme R. N.

 

Aus den bisher genannten Gründen steht fest, dass die Anzahl der Spielsüchtigen massiv gestiegen ist und demnach auf Grundlage der bestehenden Judikatur des Obersten Gerichtshofes unter anderem zu 4 OB 244/14g vom 20.01.2015 das im Glücksspielgesetz normierte Monopol mit Unionsrechtswidrigkeit belastet ist, da die Anzahl der Spielsüchtigen prozentuell in den letzten Jahren auch unter Bedachtnahme auf die Landesausspielungen massiv gestiegen ist.

Das in den Verhandlungen vor dem LG Steyr zur Zahl 2 CG 46/14 d erstattete Vorbringen der Beschwerdeführer wird unter Vorlage der jeweiligen Protokolle (Beilage ./18) auch zum Vorbringen in diesem Verfahren erhoben. Einer Verlesung der Protokolle wird bereits jetzt zugestimmt.

Die Regelungen im GSpG betreffend die Monopolregelungen und auch in weiterer Folge die aufgrund des Monopols erteilten Konzessionen sind unionsrechtswidrig und haben daher unangewendet zu bleiben. Ein Verstoß bzw. ein unerlaubter Eingriff in das Monopol ist somit unmöglich.

 

Untersuchungen haben gezeigt, dass der Spielerschutz in der momentanen Ausgestaltung nicht existent ist. So war es ua möglich in Lokalen der Konzessionsinhaber in NÖ und in den Sommermonaten 2014 für Minderjährige zu spielen und Gewinne bzw. Verluste zu lukrieren. Ebenso hat die Einholung eines Sachverständigengutachtens gezeigt, dass die im Gesetz vorgesehenen Mechanismen zur Gewährleistung von Spielerschutz nicht umgesetzt wurden.

Bei der Frage, ob ein Glücksspielmonopol überhaupt errichtet werden darf, ist zu prüfen, ob die Verfolgung einer expansionistischen Geschäftspolitik durch die mit einem Glücksspielmonopol betraute Einrichtung mit den von der Monopol­regelung verfolgten Zielen im Einklang stehen kann (RS Dickinger und Omer, Rz 40). Vor dem Hintergrund der soeben beschriebenen Judikatur des EuGH gilt es nunmehr zu klären, ob im Allgemeininteresse liegende zwingende Gründe bestehen, die das österreichische Glücksspielmonopol in seiner konkreten rechtlichen Ausgestaltung als adäquat und verhältnismäßig erscheinen lassen. Das österreichische Glücksspielmonopol ist als Finanzmonopol mit besonderer ordnungspolitischer Zielsetzung eingerichtet (VwGH 21.12.1985, 97/17/0175; 04.08.2005, 2004/17/0035). Das besondere Gewicht der fiskalpolitischen Intentionen des historischen Gesetzgebers ist aus den Materialien unschwer erweisbar. Aus der EuGH-Judikatur folgt jedoch, dass diese fiskalpolitischen Erwägungen nicht geeignet sind, die mit einer Monopolisierung notwendig verbundenen Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit zu rechtfertigen.

Das staatliche Monopol soll nach Ansicht der österreichischen Regierung der Kriminalitätsbekämpfung dienen (RS Dickinger und Omer Rz 52). Es ist damit zunächst zu prüfen, ob die staatlichen Kontrollen über die Tätigkeit des Inhabers des Monopols gewährleisten können, dass dieser tatsachlich in der Lage sein wird, die geltend gemachten Ziele mit einem Angebot, das nach Maßgabe dieser Ziele quantitativ bemessen und qualitativ ausgestaltet ist, in kohärenter und systematischer Weise zu verfolgen (RS Dickinger und Omer, Rz 57).

In diesem Zusammenhang kann aber bereits nicht festgestellt werden, dass von 2009 bis 2012 kriminelle und betrügerische Aktivitäten im Zusammenhang mit Glücksspielen und Spielsucht in Osterreich ein erhebliches Problem darstellten. Dieses „non liquet" geht zu Lasten der klagenden Partei. Diese stützt sich in ihrem Vorbringen ua darauf, dass das österreichische Glücksspielmonopol aufgrund derartiger Probleme gerechtfertigt sei bzw. notwendig sei um diesen Zweck zu verfolgen.

Weiters ist zu prüfen, ob die Geschäftspolitik des Inhabers des Monopols sowohl hinsichtlich des Umfangs der Werbung als auch hinsichtlich der Schaffung neuer Spiele als Teil einer Politik der kontrollierten Expansion im Glücksspielsektor zur wirksamen Lenkung der Spiellust in rechtmäßige Bahnen angesehen werden kann. Die gesetzten Maßnahmen müssen darauf abzielen, die Spiellust der Verbraucher in rechtmäßige Bahnen zu lenken (RS Dickinger und Omer, Rz 65 und 67).

 

Die Werbung des Inhabers des staatlichen Monopols muss deshalb maßvoll und eng auf das begrenzt bleiben, was erforderlich ist, um die Verbraucher zu den kontrollierten Spielenetzwerken zu lenken. Hingegen darf eine solche Werbung nicht darauf abzielen, den natürlichen Spieltrieb der Verbraucher zu fördern, also zur aktiven Teilnahme am Spiel anregen. Sie darf etwa das Spiel nicht verharmlosen, die Anziehungskraft durch zugkräftige Werbebotschaften erhöhen, oder bedeutende Gewinne verführerisch in Aussicht stellen. Ebenso wenig darf der Werbung wegen der Verwendung der Einnahmen für im Allgemeininteresse liegender Aktivitäten ein positives Image verliehen werden (RS Dickinger und Omer, Rz 68).

Die von den L. GmbH und den C. AG betriebene Werbung lässt ober alle diese Vorgaben vermissen. Nicht nur, dass die Werbung aktiv zur Teilnahme am Spiel anregen soll, sie verharmlost konsequent das Spielen ganz grundsätzlich und spielt bewusst mit den Sehnsüchten der Spieler. Zugkräftige Werbebotschaften und Sexismus sind dabei ebenso an der Tagesordnung wie auch das Werben mit Aktionen, die den Unternehmen ein positives Image verleihen sollen.

Aufgrund der (aggressiven) Bewerbung der von den Monopolisten angebotenen Glücksspiele können die mit dem Glücksspielmonopol einhergehenden Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit mit Verbraucher- oder Spielerschutzerwägungen nicht gerechtfertigt werden.

Darüber hinaus kommt auch keine andere, mit dem Verbraucherschutz einhergehende Rechtfertigung im Allgemeininteresse in Betracht, da die Konzessionsvoraussetzungen des § 14 GSpG gar nicht auf eine Verhinderung von Wirtschaftsverbrechen (zB Betrug, Geldwäsche) abzuzielen scheinen. Eine Rechtfertigung scheidet sohin schon aus diesem Grund aus.

Selbst wenn man von einer Rechtfertigung ausgehen würde, so fehlt jede nachvollziehbare Begründung dafür, dass die angestrebten Zielsetzungen nur allein im Weg einer Monopolisierung erreicht werden konnten. Diese Ziel­setzungen lassen sich mithin auch durch gelindere Mittel als die Monopolisierung eines ganzen Wirtschaftszweiges erreichen. So wäre es sinnvoller, anstelle einer Monopolisierung Suchtspielambulanzen finanziell zu unterstützen, damit den tatsachlich von der Glückspielsucht Betroffenen wirksam geholfen werden kann, oder Online-Seiten, auf denen gespielt werden kann, generell zu sperren, bedenkt man, dass mehreren Medienberichten zufolge gerade im Online-Bereich die Spielsucht bemerkbar ist, oder bei Sportwetten, für welche es von vorneherein keine gesetzliche Reglementierung gibt.

Dazu kommt, dass eben auch die Monopolinhaberin auf www.win2day.at Online-Glücksspiel anbietet, sohin in einem Bereich, wo das Monopol keinerlei Rechtfertigung mehr aufweisen kann, auch wenn zwar gewisse Einsatzgrenzen eingeführt sind, der monatliche Betrag, der verspielt werden kann, jedoch weit über dem Durchschnittseinkommen eines Österreichers liegt. Eine durch ein Monopol gegebene Kontrolle der Spielsucht ist daher schon durch dos Angebot der Monopolinhaberin von Onlineglückspiel gänzlich nicht mehr gewährleistet, sodass die staatlichen Kontrollen über die Tätigkeit des Inhabers des Monopols nicht mehr dazu dienen können, dass dieser tatsachlich in der Lage sein wird, die geltend gemachten Ziele mit einem Angebot, das nach Maßgabe dieser Ziele quantitativ bemessen und qualitativ ausgestaltet ist, in kohärenter und systematischer Weise zu verfolgen.

 

Das österreichische Glückspielmonopol ist in seiner derzeitigen Ausgestaltung somit unionsrechtswidrig. Die monopolisierenden Bestimmungen im GSpG werden daher wegen Widerspruchs gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschafts­recht bei Auslandsbezug verdrängt.

Die bisherigen Ausführungen teilt auch das LG Linz in seiner Entscheidung zu 1 CG 190/11 y, worin das LG Linz das GSpG für unionsrechtswidrig erklärt.

Wie bereits der OGH in seiner jüngsten Entscheidung zu 4 Ob 200/14 m festgehalten hat muss nunmehr diese Unionrechtswidrigkeit aufgrund Art 7 B-VG direkt auch für Inländer gelten.

Die in der Beilage ./11 vorgelegte Auflistung zeigt, dass sich die nicht unionsrechtskonforme Werbung in Österreich seit dem Jahr 2009 häuft und die gesamte Situation eher schlechter als besser wird. Ein unabhängiges Gutachten aus dem Jahr 2015, welches auch vorgelegt wird, beleuchtet die Spielsuchtprävention in Österreich vier Jahre nach Inkrafttreten der Glücksspielgesetzesnovellierung 2010. Dieses Gutachten wurde erstattet von Frau MMag. Malgorzata Z, eine ausgesprochene Expertin im Bereich Glücksspielverhalten, klinische Psychologie und Gesundheitspsychologie. Frau MMag. Z hat sich unter anderem in den Jahren 2009 bis laufend mit pathologischen Glücksspielverhalten, Suchterkrankungen insbesondere Glücksspielsucht sowie Behandlungsmöglichkeiten von pathologischen Spielern auseinandergesetzt. Ihre Qualifikation beweist sich durch zahlreiche Publikationen sowie zahlreiche orale Präsentationen. Ihren genauen CV kann man auf x einsehen. Der hier vorgelegte Bericht, welcher die Suchtspielprävention und die gesetzten bzw. nicht gesetzten Maßnahmen durch den Gesetzgeber aber auch die nicht vorhandene Umsetzung der Spielsuchtprävention in Österreich innerhalb der letzten Jahre (2010 - 2015) beleuchtet, kommt zu einem vernichtenden Ergebnis. So kristallisiert sich nach 15 Seiten stark kritischen Aussagen folgende Tatsache heraus:

Es geht mittlerweile nicht mehr um eine Vorreiterrolle Österreichs mit Vorbildfunktion in der Spielsuchtprävention, von der damals der zuständige Staatssekretär Reinhold L 2010 gesprochen hat. Es geht nunmehr vielmehr um Sicherung der Maßnahmen zur Prävention zum Spielerschutz und schließlich um eine gut organisierte Hilfeleistung für die Spielsüchtigen und ihre Familien. Das dringende Anliegen der Politik soll bei heutigem Tag heißen, kein europaweites Schlusslicht in der Spielsuchtprävention zu bilden. Schon alleine durch diesen letzten zusammenfassenden Satz steht fest, dass sowohl der Gesetzgeber wie auch die tatsächliche Umsetzung betreffend Spielerschutz nicht nur nicht vorhanden ist, sondern die Gesamtkonzeption des Gesetzes vollkommen versagt hat. So hat man z. B. am 10.12.2010 auf der unter http:\\www.spieler-info.at/article/L-spielerschutzstelle-im-finanzministerium-eingerichtet lesen können:

„Finanzstaatssekretär betont europaweite Vorbildfunktion Österreichs bei Suchtprävention im Bereich des Glücksspiels. Mehr Spielerschutz ist eines der Hauptziele des neuen Glücksspielgesetzes, das seit Sommer 2010 in Kraft ist. Erstmalig wird dadurch auch Suchtprävention und Spielerberatung gefördert...“

 

Wie bereits der Oberste Gerichtshof in seiner jüngsten Entscheidung zu 40b 200 -14m festgehalten hat, ist nach Durchsicht des reinen Gesetzestextes nicht von vornhinein erkennbar, dass das Gesetz keine Regelungen zum Spielerschutz trifft. Wie aber ebenfalls der OGH in der jetzt zitierten Entscheidung anführt, geht es nicht nur um die Grundintention des Gesetzgebers, sondern auch die darauf folgende tatsächliche Umsetzung und auch die Weiterentwicklung des Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung, welche sowohl In der Praxis als auch durch den Gesetzgeber zu erfolgen haben. Sind diese Faktoren nicht gegeben - was spätestens nach Vorliegen des Gutachtens von MMag. Z festgestellt wurde - so ist das Gesetz nicht mit den zwingenden Vorgaben des Unionsrechtes vereinbar und hat daher auf Grund bestehender Unionsrechtswidrigkeit unangewendet zu bleiben. Wie bereits eben ausgeführt, wurde im Jahr 2010 unter anderem durch den damals zuständigen Finanzstaatssekretär L verlautbart, dass Österreich durch die erfolgte Novellierung eine Vorbildfunktion innerhalb Europas betreffend Spielerschutz und Suchtprävention einnimmt. Der eben erwähnte Finanzstaatssekretär veröffentlichte diese Meinung ebenso in seinem WEbblog unter www.L.at. Auszugsweise führt dies folgendes an:

„Seit 1. Dezember haben wir im Finanzministerium eine neue Spielerschutzstelle im Glücksspielbereich eingerichtet. Dr. D K leitet die neu ins Leben gerufene Spielerschutzstelle. Sie ist eine ausgewiesene Fachexpertin und hat bisher im Finanzministerium ihre Expertise als ehemalige Anwältin einfließen lassen... Dr. D K wird in ihrer neuen Funktion eine Schnittstelle zu Glücksspielaufsicht bilden und wird sich auch bei der Konzessionsbewertung hinsichtlich ausreichender Spielerschutzkonzepte einbringen. Eine der ersten Aufgaben dieser Stelle wird neben der Einrichtung eines Spielsuchtbeirates als Beratungsorgan sein, den Spielerschutz bei den für 2011 zu vergebenen Konzessionen umfassend einer fachlichen und wissenschaftlich fundierten Beurteilung zu unterziehen..."

Am 24.02.2011 konnte man online unter www.ots.at lesen, dass der Finanzierungsbeitrag aus Glücksspielumsätzen gesichert ist. Begründet wurde dies unter anderem damit, dass der Spielerschutz auch schon präventiv gestärkt wird durch den im Glücksspielgesetz verankerten Finanzierungsbeitrag in Höhe von ein Promille aller Glücksspielumsätze.

Mittlerweile steht fest, dass im Rückblick alle diese hoffnungsvollen Kommentare und Statements zum vorbildlich geregelten Spielerschutz nichts als reine Unwahrheiten sind. Die Hoffnungen der Spielerschutzeinrichtungen auf eine geregelte Finanzierung ihrer Arbeit wurde bis jetzt nicht erfüllt. Nach wie vor ist die Finanzierung der Spielerschutzeinrichtungen angewiesen auf freiwillige Spenden der Glücksspielanbieter. Die im Gesetz verankerten Bestimmungen wurden bis heute nicht erfüllt.

Auf jeder Fachtagung im BMF seit 2010 wird die Regelung der Finanzierung durch teilnehmende Vertreter der Spielerschutzeinrichtungen gefordert. In den Jahren 2011 bis 2013 wurde seitens des Gesetzgebers Versprechungen gemacht, dass erst mit der Anbindung der Glücksspielautomaten an das Bundesrechnungs­zentrum eine finanzielle Unterstützung erfolgen kann.

 

Nach der Übernahme der Leitung der Stabstelle durch Mag. A S (diese ersetzte Dr. D K) bei der Fachtagung 2014 kam die nunmehrige Leiterin der Stabstelle für Spielerschutz zu folgendem Ergebnis:

 

„Steuerannahmen in Österreich sind nicht zweckgebunden, daher werden sie auch nicht an Spielsuchteinrichtungen weitergeleitet."

Alleine diese Aussage aus dem Mund der Hauptverantwortlichen der Stabstelle für den Spielerschutz beweist, dass Suchtprävention und Spielerschutz in Österreich keine Rolle spielen.

Auf der ersten Fachtagung Glücksspielsucht im BMF am 20.06.2011 wurden notwendige Rahmenbedingungen betreffend effektiven Spielerschutz wie folgt dargestellt:

„Im Rahmen des Responsible Gaming muss ein Umfeld geschaffen werden, in dem es für den Konsumenten möglich ist, eine informierte Wahl zu treffen. Damit richtet sich das verantwortungsvolle Glücksspiel gleichermaßen an die Politik, an die Industrie und an den Konsumenten. Weiters wurde vom Vortragenden Prof. J H angeführt, dass glücksspielbezogene Probleme sich aus der Wechselwirkung zwischen spezifischen Eigenschaften eines Glücksspiels, ... des Spielers und der Verfügung von Glücksspielen ohne ausreichende Maßnahmen des Spielerschutzes ergeben. Der Vortragende Prof. H führte zum Schluss seines Vortrages an, dass das Schweizer Modell aus dem Grund erfolgreich ist, da die staatliche Regulierung und die gesetzlichen Auflagen klar und widerspruchsfrei sind. Für den angeblich bereits umgesetzten oder zumindest angestrebten Erfolg im Responsible Gaming Bereich in Österreich würde dies Folgendes heißen:

Um eine wirksame Spielsuchtprävention zu betreiben, müssen alle beteiligten Parteien mitwirken und ihren Teil der Verantwortung übernehmen. Jugendschutz und Spielerschutz kann nur in einem gesetzlich regulierten Rahmen gesichert werden. Die ordnungsbildnerische Verantwortung übernimmt der Staat, in dem er den Glücksspielmarkt klar und widerspruchsfrei reguliert. Die Umsetzung von im Gesetz ausformulierten Auflagen muss kontrolliert und bei Nichterfüllung oder mangelhafter Umsetzung mit entsprechenden Konsequenzen sanktioniert sein. Ein Glücksspielgesetz ohne gut funktionierende Kontrolle und Sanktionen kann keine sichere Grundlage für eine wirksame Prävention gegen Spielsucht und illegale Aktivität bilden. Im Rahmen der Informationsvermittlung muss Risiko bewusst sein, für Glücksspiel in der Allgemeinbevölkerung geweckt und Spielsucht als eine behandelbare Krankheit entstigmatisiert werden. Das sind Voraussetzungen, die in den Jahren 2011 bis 2014 seitens des BMF nicht umgesetzt wurden. Darüberhinaus dies lässt sich unter anderem durch folgende Tatsachen beweisen:

Im Rahmen der ersten Fachtagung im BMF (20.6.2011) unter dem Titel „Glücksspielsucht -aktuelle Entwicklung: Epidemilogie, Prävention und Spielerschutz in Österreich, Deutschland und der Schweiz" stellte die Leiterin der neu eingerichteten Stabstelle für Suchtprävention und Suchtberatung im BMF Frau Dr. D K Kernpunkte des Glücksspielgesetzes 2010, das Tätigkeitsprofil und die im Gesetz verankerten Aufgaben der neuen Einheit vor. Mit neuer Einheit ist die Suchtpräventionsstelle im BMF gemeint. Folgende Aufgaben der Stabstelle wurden genannt:

1.  Unterstützung der Suchtforschung im Bereich Glücksspiel

2.  Erarbeitung und Vorstellung von besten Praxismodellen (Zusammenarbeit von Spielerschutzeinrichtungen und Glücksspielkonzessionären

3.  Erarbeitung von Qualitätsstandards hinsichtlich Spielerschutzeinrichtungen

4.  Erarbeiten einer Verordnung zu Errichtung des Spielerschutzbeirates und Errichtung des Beirates

5.  für 2012 die Ausrichtungen der österreichweiten Antistigmakampagne

6.  bis Ende 2013 Folgestudien Epidemilogie

7.  im Jahr 2013 österreichweite Aufklärungs- und Informationskampagne zu Glücksspielsucht

8.  2014 Evaluierung der Wirksamkeit der Spielerschutzmaßnahmen im Glücksspielgesetz 2010 gemäß § 60 Abs. 2 Ziff. 5 GSpG

Fest steht, dass die Umsetzung dieser Punkte bis heute gänzlich ausständig ist. Dies beweist sich auch dadurch, dass 2012 das BMF eine Umfrage zum Wissenstand der Allgemeinbevölkerung zum Glücksspiel, Glücksspielsucht und Änderungen im Glücksspielgesetz in Auftrag gegeben wurde. Hierbei stellte sich heraus, dass etwas über die Hälfte der Österreicher denkt, dass die Jugend in unserem Land nicht bzw. wenig vor den negativen Folgen des Spielens geschützt ist. Obwohl 80 % der befragten Österreicher und Österreicherinnen Spielsucht als eine Krankheit erkennen, können sechs von zehn Personen spontan keine Stelle nennen, an die sich Spielsüchtige wenden können. Fazit aus dieser Umfrage, die von Dr. D K auf der zweiten Fachtagung im BMF 2012 präsentiert wurde, war:

„Das tatsächliche Wissen zur Veränderung ist gering; subjektiver Wissenstand zum Glücksspiel und zu Änderungen Verschärfungen unzureichend. Aufklärungs- und Informationskampagne ... gerichtet an Bevölkerung und Spieler ist notwendig!"

Es läßt sich erkennen, dass die Stabstelle für Spielerschutz eine Umfrage/Studie finanzieren musste, um einen Beweis dafür zu haben, dass eine Aufklärungs- und Informationskampagne zum Glücksspiel, Glücksspielsucht und Änderungen des Glücksspielgesetzes notwendig ist. Diese Notwendigkeit wurde im Mai 2012 kostenaufwendig nachgewiesen, eine Aufklärungskampagne wurde bis heute nicht umgesetzt. Weitere große gravierende Mängel insbesondere auch im Bereich Jugendschutz, welcher als Priorität im Glücksspielgesetz durch den Gesetzgeber ausgewiesen wurde, ergeben sich unter anderem aus einer Studie aus dem Jahr 2013 zum Thema Nutzung von Glücksspielen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Österreich. Ergebnisse aus dieser Studie belegen, dass der Jugendschutz bei Lotterieprodukten äußerst mangelhaft ist. Diese Fakten, welche sich ebenfalls aus dem Gutachten MMag. Z ergeben, decken sich auch mit den Aussagen von R. N., Institut für Glücksspiel und Abhängigkeit in Salzburg.

Zum Schluss geht Frau MMag. Z darauf ein, dass die Frage der Finanzierung und Betreuung bzw. Behandlung von Spielsüchtigen in Österreich nach wie vor ungeklärt ist. Als Vergleichsbeispiel dazu gibt es staatliche Unterstützung für Spielerschutzeinrichtungen in Deutschland durch den Staat selbst, in Österreich ist dies nach wie vor nicht umgesetzt. Zusammenfassen läßt sich folgendes festhalten:

Die Werbung der L. sowie der C. AG entsprechen nicht dem Koherenzgebot der Unionsrechtssprechung.

Die einzige Rechtfertigung für die Bildung eines Glücksspielmonopols, auf welchem das Glücksspielgesetz fusst, ist, dass der Spielerschutzgedanke und die Kriminalitätsbekämpfung einzig und allein durch dieses Monopol umgesetzt werden können. Diesbezüglich wurde nunmehr zweifelsfrei unter anderem durch das vorgelegte Konvolut an Werbeeinschaltungen der Konzessionäre, durch die Auflistung unzulässiger Glücksspielwerbung und der Zugrundelegung der vom OGH aufgestellten Kriterien, durch die zeugenschaftliche Einvernahme von R. N., durch die zeugenschaftliche Einvernahme von R. R. sowie durch die Vorlage des Gutachtens der klinischen Psychologin der MMag. Malgorzata Z eindeutig nachgewiesen, dass das Monopol nicht im geringsten die gebotenen Zielsetzungen, nämlich jene des Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung verfolgen. Der Gesetzgeber geht noch weiter und hüllt den einzigen Paragraphen, der eine strafrechtliche Verfolgung des illegalen Glücksspiels möglich macht, so aus, dass dieser nicht mehr angewendet werden kann. Spielerschutzeinrichtungen werden einzig und allein durch Glücksspielanbieter finanziert. Die Stabstelle für Spielerschutz kommt ihren geforderten Aufgaben in keinster Weise nach. Die Umsetzung der angekündigten Themen und Tätigkeitsgebiete betreffend Spielerschutz ist seit dem Jahr 2010 vollkommen ausgeblieben. Auch die tatsächliche Kontrolle der Konzessions­inhaber funktioniert nicht. Der beauftragte Privatdetektiv konnte stichprobenartig problemlos mit Minderjährigen in Lokale aller Konzessionsinhaber Glücks­spielprodukte konsumieren. Eine darüber hinaus gehende betreiberübergreifende Spielerkarte wurde bis heute trotz vehementen Forderungen nicht umgesetzt. Das heißt in der Praxis kann man neuen Stunden am Stück bei allen (drei Stunden pro Konzessionsinhaber in Oberösterreich) spielen. Fällt das Ende dieser neun Stunden genau auf den Tagessprung, um Mitternacht kann dann bis zu einer durchschnittlichen Öffnungszeit von vier Uhr morgens erneut bei den ersten beiden Konzessionsinhabern weiter spielen. Dies führt zu einer maximalen Spieldauer ununterbrochen am Stück von 13 Stunden. Auch hier sieht man, dass einer der Spielerschutzgedanken in Österreich nicht im Geringsten ein wichtiges Anliegen des Gesetzgebers ist.

 

Schließlich spricht auch die jüngst erfolgte Novellierung des GSpG durch BGBl.
Nr. I 13/2014 deutlich gegen die Annahme, dass das illegale Glücksspiel ein maßgebliches Kriminalitätsproblem darstellt. Angesichts dessen, dass § 52 Abs. 2 GSpG in seiner zuvor maßgeblichen Fassung festlegte, dass bei einem Einsatz von mehr als 10 Euro pro Spiel ex lege von einer nicht bloß behördlich, sondern vielmehr von einer gerichtlich strafbaren Handlung nach § 168 StGB auszugehen war, ordnet nämlich § 52 Abs. 3 GSpG in seiner nunmehr geltenden Fassung an, dass ein Beschuldigter dann, wenn er durch seine Tat sowohl den Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 52 GSpG als auch den Tatbestand des § 168 StGB verwirklicht hat, nur nach den Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 GSpG zu bestrafen ist. Im Ergebnis wird damit aber objektiv besehen eine vergleichsweise ganz essentielle Einschränkung des rechtspolitischen Unwerturteils zum Ausdruck gebracht, knüpfen sich doch an eine bloß behördliche Bestrafung wesentlich geringfügigere Folgen als an eine strafgerichtliche Verurteilung. Eine derartige gesetzgeberische Maßnahme wäre schon unter dem Aspekt des Sachlichkeitsgebotes des Gleichheitsgrundsatzes freilich nicht vertretbar, wenn die Kriminalität und/oder die Spielsucht im präjudiziellen Zeitraum tatsächlich ein erhebliches Problem darstellt bzw. dargestellt hätte. Dass dies objektiv nicht zutraf, wird im Übrigen auch aus den Gesetzesmaterialien, in denen die geringe Zahl strafgerichtlicher Verurteilungen (insgesamt nur 13 in zwei Jahren) sogar ausdrücklich hervorgehoben wird, deutlich, wenngleich mit den dort - in zumindest fahrlässig irreführender Weise - verwendeten Begriffen „Kriminalität" und „Verurteilungen" die gerichtliche einerseits und die behördliche Strafbarkeit andererseits in unzulässiger Weise gleichgesetzt werden. Vielmehr resultiert insgesamt und objektiv besehen zweifelsfrei, dass die Novelle BGBl.Nr. I 14/2013 ausschließlich den Zweck einer verfahrensrechtlichen Effizienzsteigerung zur Sicherung des bestehenden Monopolsystems verfolgte.

Dies erhärtet sich durch den Bericht 111-104 der Beilagen XXV. GP - Bericht - Hauptdokument mit folgendem Inhalt:

 

StGB 2015 - Bericht der Arbeitsgruppe zum Thema § 168 Glücksspiel:

§ 168. (1) Wer ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird.

(2) Wer sich gewerbsmäßig an einem solchen Spiel beteiligt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.

Empfehlung der Arbeitsgruppe:

Die Arbeitsgruppe spricht sich einhellig für die Streichung des § 168 StGB aus. Ausgangssituation:

In der Praxis traten bei der Frage der Anwendbarkeit des § 168 StGB zum einen Abgrenzungsschwierigkeiten zu § 52 Glücksspielgesetz, und zum anderen Probleme im Zusammenhang mit der Diskussion um die Europarechtskonformität der Monopolregeln im Glücksspielgesetz auf.

Mit dem Abgabenänderungsgesetz 2014 (BGBl. I Nr. 13/2014) wurde § 52 Abs. 3 Glücksspielgesetz wie folgt geändert: „Ist durch eine Tat sowohl der Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 52 als auch der Tatbestand des § 168 StGB verwirklicht, so Ist nur nach den Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 zu bestrafen." Diese Änderung trat mit 1.3.2014 in Kraft.

In der Arbeitsgruppe diskutierte Vorschläge:

Streichung des § 168 StGB

 

Erwägungen:

Durch die Änderung im Glücksspielgesetz fällt der Hauptanwendungsbereich des § 168 StGB aufgrund des Vorranges des Verwaltungsstrafrechtes weg. Für die wenigen Fälle, die nur unter § 168 StGB zu subsumieren wären, ist die strengere gerichtliche Ahndung im Gegensatz zu den anderen Fällen, in denen nunmehr lediglich eine verwaltungsrechtliche Ahndung vorgesehen ist, nicht zu recht­fertigen.

Schon alleine aus dem Wortlaut des Berichtes geht eindeutig hervor, dass die strafrechtliche Konsequenz stärker zu bewerten ist als die verwaltungs­strafrechtliche. Wird somit § 168 StGB gestrichen so steht fest, dass es dem Gesetzgeber nicht notwendig erscheint illegales Glückspiel strafrechtlich zu sanktionieren.

Es lässt sich daher festhalten, dass ein verifizierbarer Nachweis dafür, dass die Kriminalität (in jener vom EuGH verstandenen Bedeutung) und/oder die Spielsucht im präjudiziellen Zeitraum tatsächlich ein erhebliches Problem darstell(t)e(n), objektiv besehen - und entgegen den vom EuGH in seinen Urteilen vom 9. September 2010, C 64/08, und vom 15. September 2011, C 347/09, aufgestellten Kriterien - nicht vorliegt. Fehlt es aber schon an dieser Voraussetzung, so entfällt damit auch die Möglichkeit der nach dieser höchstgerichtlichen Judikatur erforderlichen Klärung der Frage, ob diesem Problem insbesondere nur durch ein Monopolsystem mit kontrollierter Expansion von zugelassenen Spieltätigkeiten hätte abgeholfen werden können.

Zudem ergibt sich aus den einschlägigen Gesetzesmaterialien, dass eine Einnahmenmaximierung zugunsten der öffentlichen Haushalte - wenn nicht das ausschließliche, so doch - ein Hauptziel (und nicht, wie die Österreichische Bundesregierung in ihrer Stellungnahme vom 11. Dezember 2012 ausführte, „bloß eine erfreuliche Nebenwirkung") der GSpG-Novelle BGBl.Nr. I 73/2010 war. Denn die Motivation des Gesetzgebers lag objektiv besehen zweifelsfrei - jedenfalls auch - darin, im Wege der gleichzeitigen Novellierung des Finanzausgleichsgesetzes 2008 die Staatseinnahmen zu erhöhen (vgl. 657 BlgNR, 24. GP, insbes. S. 1,3 ff u. 11 f, sowie 981 BlgNR, 24. GP, insbes. S. 148).

Auf Grund der gegenwärtigen Faktenlage resultiert sohin als Ergebnis, dass das im GSpG verankerte Monopolsystem nur vordergründig das Ziel des Spielerschutzes und nicht wirklich das Ziel der Kriminalitätsbekämpfung, sondern in erster Linie vielmehr das Ziel einer Maximierung der Staatseinnahmen verfolgt, sodass sich vor diesem Hintergrund die derzeit bestehende Monopolregelung in Verbindung mit dem unter einem zu dessen Effektuierung institutionalisierten strikten Sanktionensystem insgesamt besehen unver­hältnismäßig ist.

Entsprechend den vom EuGH in seinem Urteil vom 30. April 2014, C 390/12, getroffenen Feststellungen (vgl. RN 54 bis 56) widerspricht daher eine solche nationale Regelung dem Art. 56 AEUV (sowie den Art. 15 bis 17 EGRC), wobei sich vor dem Hintergrund der Unvereinbarkeit des Monopolsystems des GSpG als solchem auch das darauf fußende Sanktionensystem als unionsrechtswidrig erweist.“

 

Es wurde die Einvernahme der eingangs erwähnten Zeugen beantragt. Als Urkunden wurde vorgelegt:

•    Antrag auf Vorabentscheidung (Beilage ./l);

•    Urteil LG Feldkirch (Beilage ./2);

•    Einstellungsbeschluss vom 28.1 .2014 (Beilage ./3);

•    Ladung zur Beschuldigtenvernehmung (Beilage ./4);

•    Urteil EuGH vom 30.4.2014 (Beilage ./5);

•    Entscheidung des LVwG 00 vom 9.5.201 4 (Beilage ./6);

•    Beschluss LG Weis zur Zahl 36 CG 138/ 14t vom 10.06.201 4 (Beilage ./7);

•    Beschluss des LG Linz zur Zahl 4 CG 54/14 z vom 02.06.201 4 (Beilage ./8);

•    Beschluss des LG Linz zur Zahl 1 CG 70/14 f vom 30.05.201 4 (Beilage ./9);

•    Auflistung unzulässiger Glückspielwerbung unter Zugrundelegung der von EuGH aufgestellten Kriterien (Beilage ./10)

•    Konvolut an Werbeeinschaltungen der Konzessionäre (Beilage ./ 11);

•    Sachverständigengutachten MMag. Malgorzata Z (Beilage ./ 12) Urteil LG Linz zu 1 CG 190/1 ly (Beilage ./13)

•    Übersicht über Spielsuchthilfe 2008 -2014 (Beilage ./l 4)

•    Zeitungsartikel Die Kronen Zeitung vom 17.03.2015 (Beilage ./15)

•    Anfrage Nationalrat vom 24.09.2014 samt Beantwortung (Beilage ./16)

•    E-Mail Dr. H vom 24.3.2015 (Beilage ./17)

•    Protokolle der Verhandlungen vor dem LG Steyr zur Zahl 2 CG 46/14 d (Beilage ./18)

•    Urteil des LVwG Oberösterreich vom 29.5.2015 (Beilage ./l 9)“

 

Die Feststellungen zum Glücksspielverhalten, inklusive des problematischen und pathologischen Spielverhaltens ergeben sich aus der Studie „Glücksspielverhalten und Glücksspielprobleme in Österreich – Ergebnisse der Repräsentativerhebung 2015“ von Dr. Kalke und Prof. Dr. Wurst vom Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung in Hamburg. In dieser Studie ist die Erhebungs- und Auswertungsmethodik nachvollziehbar dargelegt, es sind aus Sicht des erkennenden Gerichts im Verfahren keine Bedenken hinsichtlich der Richtigkeit dieser Studie hervorgekommen. Die Feststellungen zu den Tätigkeiten des BMF, der Finanzpolizei und der Konzessionäre sowie die Feststellungen zur Anbindung an das B. gründen vor allem auf den Angaben des BMF im Glücksspielbericht 2010-2013 und im Evaluierungsbericht des BMF zu den Auswirkungen des Glücksspielgesetzes 2010-2014. Aus Sicht des erkennenden Gerichts bestehen hinsichtlich der diesbezüglichen Ausführungen in der den Berichten keine Bedenken gegen die Richtigkeit, zumal auch davon auszugehen ist, dass das BMF über den Inhalt und Umfang der Tätigkeiten der Behörden Kenntnis hat und aufgrund der Funktion als Aufsichtsbehörde auch über bestimmte Tätigkeiten der Konzessionäre informiert ist. Gründe dafür, dass vom BMF diesbezüglich auf Tatsachenebene falsche Auskünfte gegeben worden wären, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

 

4.           Rechtliche Erwägungen zur maßgeblichen Rechtslage und zum Einwand, das österreichische Glücksspielgesetz müsse unangewendet bleiben:

 

4.1.        Die Bf bringen vor, das GSpG sei unionsrechtswidrig und dürfe nicht angewendet werden. Wie der Verwaltungsgerichtshof in stRsp festhält, ist, um zu einer derartigen Beurteilung zu gelangen, zunächst die Frage zu beantworten, ob das Unionsrecht im konkreten Fall überhaupt anzuwenden ist, was auf Sachverhalte ohne Auslandsbezug nicht zutrifft (vgl VwGH vom 29.05.2015, GZ 2012/17/0178). Es ist zu prüfen, ob sich der Bf im vorliegenden Fall auf die Dienstleistungsfreiheit (Art 56 AEUV) oder die Niederlassungsfreiheit (Art 49 AEUV) berufen kann. Der Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit ist insofern eingeschränkt, als sie gemäß Art. 57 AEUV der Niederlassungsfreiheit nachrangig ist (EuGH RS C-55/94). Bei der Abgrenzung zur Niederlassungsfreiheit kommt es auf die Dauer und Verfestigung der Tätigkeit im Ausland an: Die Dienstleistungsfreiheit nimmt derjenige in Anspruch, der sich nur vorübergehend in einen anderen Mitgliedstaat begibt. Er lässt sich dort gerade nicht nieder und ist dementsprechend nicht fest in die dortige nationale Volkswirtschaft integriert. Für diese Abgrenzung zwischen vorübergehender und verfestigter Tätigkeit haben sich in der Rechtsprechung des EuGH einige Indikatoren herausgebildet. Neben Dauer, Häufigkeit, Regelmäßigkeit und Kontinuität der Auslandstätigkeit kann auch eine infrastrukturelle Verfestigung (etwa in Form eines Büros) gegen den vorübergehenden Charakter einer Dienstleistungstätigkeit sprechen, wenn die Einrichtung nicht nur vorübergehend zur besseren Bewältigung einer konkreten Einzeldienstleistung erforderlich ist und unterhalten wird.

 

4.2.        Durch Erstbf und Zweitbf, die ihren Sitz in Österreich haben, liegt nach der Judikatur des VwGH (vgl. hierzu etwa VwGH 27.04.2012, 2011/17/0046 und VwGH 15.12.2014, Ro 2014/17/0121) kein Sachverhalt vor, der die Anwendung der unionsrechtlichen Grundfreiheiten begründen würde.

 

4.3.      Zur Niederlassungsfreiheit:

 

4.3.1. Damit ein Eingriff (oder streng genommen eine Beschränkung) der Niederlassungsfreiheit angenommen werden kann, musste nach der alten Rechtsprechung des EuGH eine Diskriminierung, also eine Ungleichbehandlung (sei es eine offene oder verdeckte) vorliegen, vgl. etwa EuGH, Rs. C-61/89. Die neuere Rechtsprechung des EuGH ist offener für einen weiten Beschränkungsbegriff und kategorisiert deshalb teilweise auch Regelungen, die unterschiedslos für Inländer wie Ausländer gelten, als Eingriff in den Schutzbereich des Art. 49 AEUV Beschränkungsverbots setzte sich mit der Rechtssache in Gebhard (EuGH, Rs. C-55/94) fort. Gleichwohl tendiert der EuGH bei der Niederlassungsfreiheit insbesondere bei steuerrechtlichen Regelungen eher zum Maßstab des Diskriminierungsverbots, vgl. EuGH, Rs. C­446/0. Auch neuere Fälle zeigen, dass der EuGH bei der Annahme eines allgemeinen Beschränkungsverbots bei Art. 49 AEUV zurückhaltender als etwa bei der Waren- und Dienstleistungsfreiheit vorgeht, vgl. etwa EuGH, Rs. C-656/08.

 

4.3.2. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Urteil vom 6. Dezember 2012, B 1337/11, festgehalten hat, ist es Ziel der gesetzlichen Beschränkungen hinsichtlich der Glücksspielkonzessionen, Straftaten zu verhindern, eine übermäßige Anregung zur Teilnahme am Glücksspiel durch unreglementierte Konkurrenz zu vermeiden und zu verhindern, dass das Glücksspiel ausschließlich zu gewerblichen Gewinnzwecken veranstaltet wird, wobei die strenge Mindestkapitalvorschrift Konzessionswerber vom Markt abhalten soll, die gegebenenfalls mit Hilfe illegaler Geschäfte die finanziellen Voraussetzungen für die Veranstaltung von Glücksspiel schaffen wollen. Im Hinblick auf diese von der österreichischen Rechtsordnung verfolgten Ziele und die sich aus der Rechtsprechung des EuGH ergebende Aufgabe der einzelnen Mitgliedstaaten, im Bereich des Glücksspielwesens im Einklang mit ihrer eigenen Wertordnung zu beurteilen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der betroffenen Interessen ergeben, erscheint die Bestimmung des § 14 Abs. 2 Z. 3 GSpG über das eingezahlte Stamm- oder Grundkapital jedenfalls nicht unvereinbar mit dem Unionsrecht (VwGH vom 7. März 2013, GZ 2011/17/0304).

 

4.3.3. Im gegenständlichen Verfahren ist nicht hervorgekommen, dass die erwähnte Gesellschaft über jenes Stamm- oder Grundkapital verfügen würde, welches gemäß § 21 Abs. 2 Z 3 GSpG als zwingendes Erfordernis für die Erteilung einer Konzession nach dem GSpG Voraussetzung ist. Auch im vorliegenden Fall hat diese Gesellschaft ähnlich der Entscheidung des Verwaltungsgerichthofes vom  21.12.2012, 2012/17/0417, „gar nicht behauptet [...], über ein ausreichendes Grund- bzw. Stammkapital bzw. über einen Aufsichtsrat zu verfügen“, sodass auch gegenständlich entsprechend der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes davon auszugehen ist, dass sie schon deswegen keine Konzession nach § 21 GSpG erlangen konnte, weil sie grundsätzlich zulässige Rechtsform- und Kapitalerfordernisse nicht erfüllt und sie daher nicht unter Verstoß gegen das Unionsrecht davon abgehalten werden konnte, eine Konzession zu erlangen.

 

4.3.4. Es wurde im Verfahren nicht behauptet, dass sich die Bf um eine Konzession in Österreich bemüht hätte. Eine Konzession könnte ihnen mangels ausreichendem Kapital (Stamm- oder Grundkapital von mindestens 109 Millionen Euro iSd § 14 Abs 2 Z 3 GSpG bzw 22 Millionen Euro iSd § 16 Abs 2 Z 3 GSpG)  auch nicht erteilt werden. Die nicht diskriminierenden Bestimmungen des GSpG stehen im Einklang mit der Niederlassungsfreiheit.

 

4.4.      Zur Dienstleistungsfreiheit:

 

4.4.1. Die Dienstleistungsfreiheit umfasst Leistungserbringungen bei vorübergehendem Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat. Unternehmer der 28 Mitgliedstaaten der EU, die in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen sind und dort eine Tätigkeit befugt ausüben, dürfen diese Tätigkeit vorüber­gehend und gelegentlich unter den gleichen Voraussetzungen wie Inländer in Österreich ausüben. (Dienstleistungsfreiheit). Die Bf könnten abgesehen davon die Dienstleistungsfreiheit nur dann in Anspruch nehmen, wenn sie zu Ausspielungen befugt wäre.  Es wurde im Verfahren nicht behauptet und hat sich auch sonst nicht ergeben, dass die Bf in einem Mitgliedstaat der EU zur Durchführung von Ausspielungen im Sinne des Glückspielgesetzes berechtigt oder konzessioniert wäre.

 

4.5.      Zur Zielsetzung und den tatsächlichen Wirkungen des GSpG:

 

4.5.1. Im Ergebnis stehen weder Dienstleistungs- noch Niederlassungsfreiheit einer Bestrafung entgegen. Würde man entgegen der Ansicht des LVwG von einem Anwendungsfall der Dienstleistungsfreiheit oder der Niederlassungsfreiheit ausgehen, wäre nach der Rsp des VwGH Folgendes zu beachten: Der Europäische Gerichtshof hat mit seinen Urteilen vom 15. September 2011, Rs
C-347/09 (Dickinger und Ömer), und vom 30. April 2014, Rs C-390/12 (Pfleger), die unionsrechtliche Zulässigkeit des Glücksspielmonopols nicht nur von der Zielsetzung des Gesetzgebers - Spielerschutz und Kriminalitätsbekämpfung - sondern auch von der tatsächlichen Wirkung der Regelungen abhängig gemacht. Im Zuge eines amtswegigen Ermittlungsverfahrens wäre zu prüfen, ob die Regelungen des Glücksspielgesetzes in ihrer Gesamtheit dazu führen, dass die Gelegenheit zum Spiel verringert und die damit verbundene Kriminalität bekämpft wird. Dies wäre beispielsweise dann nicht erfüllt, wenn es trotz der restriktiven Ausgestaltung des Glücksspielrechts in den letzten Jahren zu einer Ausweitung der Spielsucht samt der damit verbundenen Probleme gekommen wäre (vgl VwGH vom 24. April 2015, Ro 2014/17/0126). Grundsätzlich ist die Vereinbarkeit von nationalem Recht mit Unionsrecht als Rechtsfrage von Amts wegen zu prüfen, sodass sich Fragen zu einer Darlegungspflicht (Behauptungslast) nicht stellen. Können aber bei Regelungen, bei denen   wie hier   sowohl der Wortlaut und als auch die erklärte Zielsetzung des Gesetz­gebers gegen die Annahme eines Unionsrechtsverstoßes sprechen, ausnahms­weise tatsächliche Umstände zu einem anderen Ergebnis führen, so hat sich diese Prüfung grundsätzlich an diesbezüglichen Parteienbehauptungen zu orientieren (Vgl OGH 20.01.2015 4Ob200/14m; 4Ob231/14w; 4Ob32/15g; 4Ob10/15x; 4Ob230/14y; 4Ob243/14k; 4Ob244/14g; 4Ob229/14a; 4Ob33/15d; 4Ob6/15h; 4Ob68/15a; 4Ob55/15i; 4Ob97/15s).

 

4.5.2. Gemäß Art 52 iVm 62 AEUV können mitgliedstaatliche Eingriffe in die Freiheiten aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sein. Auch Beschränkungen von Glücksspieltätigkeiten können nach dem EuGH (vgl. etwa Rechtssache Pfleger ua, C-390/12 mwN) durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein. Von den Mitgliedstaaten auferlegte Beschränkungen haben der vom EuGH aufgestellten Voraussetzungen Rechnung zu tragen. Sowohl Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit als auch Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit können durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein, wenn sie geeignet sind, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinn zu gewährleisten, dass sie kohärent, systematisch und verhältnismäßig sind (vgl. EuGH Rechtssache Gambelli, C-243/01; siehe weiters EuGH Rechtssache Dickinger und Ömer, C-347/09; EuGH Rechtssache Pfleger, C-390/12; VwGH 29.05.2015, Ro 2014/17/0049; VwGH 15.12.2014, Ro 2014/17/0121).

 

4.5.3. Wie sich aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt, weisen in Österreich zwischen 0,34% und 0,60% der Bevölkerung ein problematisches Spielverhalten auf, und es sind (Stand 2015) zwischen ca. 27.600 bis ca. 46.000 Personen spielsüchtig. Die Spielsucht stellt daher in Österreich ein relevantes Problem dar. Durch das im GSpG geregelte Glücksspielmonopol sollen unter anderem die Gelegenheiten zum Spiel vermindert, die Ausnutzung der Spielleidenschaft begrenzt und der Spielerschutz gewährleistet werden (vgl. in diesem Zusammenhang etwa die §§ 5, 14, 16, 19, 21, 22, 25, 26, 31 und 56; so ausdrücklich auch die erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zur Novelle BGBl I Nr 73/2010; in diesem Sinne auch bereits die Rsp der österreichischen Höchstgerichte siehe etwa VfGH 06.12.2012, B1337/11 ua; VfGH 12.3.2015, G 205/2014-15 ua; VwGH 7.03.2013, 2011/17/0304, VwGH 4.11.2009, 2009/17/0147; OGH 20.3.2013, 6 Ob 118/12i; 17.02.2015, 4 Ob 229/14a: Aus den gesetzlichen Bestimmungen als solchen sei nicht abzuleiten, dass die Ausgestaltung des Glücksspielrechts nicht dem Ziel des Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung diente). Diese Zielsetzungen vermögen daher eine Beschränkung der Glücksspieltätigkeiten im Sinne der Rsp des EuGH zu rechtfertigen. Dem evidenten Spielsuchtproblem in Österreich soll gerade auch durch das im GSpG geregelte Monopol entgegengetreten werden, wobei es sich bei der Normierung eines Monopolsystems um eine geeignete Maßnahme handeln kann, um den negativen Erscheinungen unkontrollierten Glücksspieles entgegen zu wirken (vgl. EuGH Rechtssache Pfleger, C-390/12 RZ 41).

 

4.5.4. Es ist daher zu prüfen, ob die im GSpG normierten Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit in ihren Wirkungen tatsächlich geeignet sind, dieses Ziel in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen. Hinsichtlich der Eignung der im GSpG normierten Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit zur Erreichung der genannten Ziele in kohärenter und systematischer Weise ist nicht nur zu prüfen, welche gesetzlichen Vorgaben geregelt sind, sondern auch wie diese ungesetzt werden.

 

4.5.5. Das GSpG regelt einerseits die Anforderungen an die Erteilung einer Konzession oder Bewilligung zur Durchführung von Ausspielungen sowie deren Einhaltungsvoraussetzungen, andererseits stellt es Ausspielungen, die ohne Konzession oder Bewilligung durchgeführt werden, unter Strafe und ordnet dazu konkrete Verfolgungsmaßnahmen an. Somit geht aus dem GSpG klar hervor, dass nur jene Glücksspielbetreiber legal Glücksspiele in Form von Ausspielungen anbieten können, die einerseits Inhaber einer Konzession oder Bewilligung sind und andererseits die damit verbundenen Anforderungen fortlaufend erfüllen. Es liegt auf der Hand, dass eine beschränkte Zahl von Konzessionären effektiver zu überwachen ist als eine unbeschränkte Anzahl an Anbietern (vgl auch VfGH 6.12.2012, B 1337/11) und somit das im GSpG normierte Konzessions- und Bewilligungssystem dem Spielerschutz dienlich ist. Auch der OGH führte bereits aus, dass aus den gesetzlichen Bestimmungen als solchen nicht abzuleiten sei, dass die Ausgestaltung des Glücksspielrechts nicht dem Ziel des Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung diente (OGH 17.02.2015, 4 Ob 229/14a). Auch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts sahen in jüngeren Entscheidungen keine Veranlassung für eine unionsrechtsbedingte Nichtanwendung, amtswegige Gesetzesprüfung oder Anfechtung der Verbotsbestimmungen des Glücksspiel­gesetzes (siehe etwa VfGH G 82/12, VfSlg 19.749; B 615/2013; VwGH Ro 2014/17/0120, 0121 und 0123; Ro 2014/02/0026; Z 2012/17/0440). Die österreichischen Höchstgerichte gehen demnach (bislang) davon aus, dass die gesetzlichen Vorgaben des GSpG geeignet sind, die festgelegten Ziele zu verfolgen.

 

4.5.6. Durch die zur Vollziehung berufenen Behörden erfolgt auch einerseits die Kontrolle der Einhaltung der Anforderungen an die Konzessionäre und andererseits die tatsächliche Verfolgung und Ahndung von illegalem Glücksspiel.

 

4.5.7. Durch Bedienstete des Bundesministeriums für Finanzen bzw. des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel werden stich­probenartig und unangekündigt Spielbankbetriebe nach abgabenrechtlichen und ordnungspolitischen Gesichtspunkten einer Überprüfung auf Einhaltung der gesetzlichen Regelungen unterzogen (sogenannte „Einschau“). Solche Einschauen erfolgen mehrmals jährlich stichprobenartig und unangekündigt durch Bedienstete der BMF-Fachabteilung bzw. des Finanzamt für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel (FAGVG). Neben der Beaufsichtigung des legalen Glücksspiels kommt es auch zur Bekämpfung des illegalen Glücksspiels. So gab es etwa im Jahr 2010 226, 2011 657, 2012 798, 2013 667 und 2014 (bis 3. Quartal) 310 Kontrollen nach dem Glücksspielgesetz, wobei im Jahr 2010 271, 2011 1854, 2012 2480, 2013 1299 und 2014 (bis 3. Quartal) 625 Glücksspielgeräte von der Finanzpolizei vorläufig beschlagnahmt wurden. Bereits aufgrund dieser vorläufigen Beschlagnahmen wurden aber grundsätzlich weitere Glücksspiele mit betroffenen Glücksspielgeräten (zumindest für die Dauer der Aufrechterhaltung der Beschlagnahme) verhindert und insoweit die Zugänglichkeit zu Ausspielungen beschränkt.

 

4.5.8. Beim BMF wurde mit 1.12.2010 eine Spielerschutzstelle eingerichtet. Zu den Aufgaben der BMF-Stabsstelle für Spielerschutz gehören insbesondere folgende Punkte: Fachliche Beurteilung von Spielerschutzkonzepten der Bundeskonzessionäre, Aufklärungs- und Informationsarbeit über die Risiken des Glücksspiels, Schaffung einer besseren Datenlage über die Behandlung und Beratung von Patientinnen durch Spielsuchteinrichtungen in Österreich, Evaluierung der GSpG-Novelle 2010 bis zum Jahr 2014 für den Bereich des Spielerschutzes, Unterstützung der Suchtforschung im Bereich des Glücksspiels, Erarbeitung von Qualitätsstandards hinsichtlich Spielerschutzeinrichtungen im Sinne des Glücksspielgesetzes und Erarbeitung eines Anerkennungsverfahrens für diese, bessere Koordinierung der Arbeit der Spielerschutzeinrichtungen und Erarbeitung/Vorstellung von Best-Practice-Modellen einer Zusammenarbeit zwischen Konzessionären und Bewilligungsinhabern sowie unabhängigen Spieler­schutzeinrichtungen, regelmäßiger Erfahrungsaustausch und Dialog zwischen Suchtberatung und Glücksspielaufsicht.

 

4.5.9. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich ferner, dass durch die GSpG-Novellen 2008/2010 die Anbindung von Glücksspielautomaten und Videolotterieterminals der konzessionierten Unternehmen an die B. GmbH (B.) elektronisch festgelegt worden ist. Aus der elektronischen Anbindung an das Datenrechenzentrum der B. können unter anderem folgende Aspekte abgeleitet werden: Erfassung bzw. Kontrolle der minimalen und maximalen Ausschüttungsquoten, Erfassung bzw. Kontrolle der maximalen Ein- und Auszahlungen pro Spiel, Erfassung bzw. Kontrolle der Mindestspieldauer von Einzelspielen, Erfassung bzw. Kontrolle der Abkühlphase und Beschränkung auf die Anzeige spielerschutzbezogener Informationen während dieser Zeit, elektronische Überprüfung der Software-Komponenten zur Verhinderung potenzieller Manipulation von Glücksspielgeräten, Prüfung von Glücksspielgeräten auf die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen von Bund und Ländern durch unabhängige Unternehmen, äußerliche Kennzeichnung genehmigter Glücks­spielgeräte über eine Vignette und Anzeige der Verbindung zum Daten­rechenzentrum der B. am Bildschirm.

 

4.5.10.    Schon die oben angeführten Umstände, insbesondere der Kontrollen der Konzessionäre, der Maßnahmen zur Bekämpfung des illegalen Glücksspiels, der Festlegung der Anbindung der Glücksspielautomaten und VLT der konzessionierten Unternehmen an die B. GmbH, aber auch der Einrichtung der Spielerschutzstelle, zeigen nach Ansicht des Oö. Landesverwaltungsgerichtes, dass die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben in kohärenter und systematischer Weise erfolgt.

 

4.5.11.    Nach der Rechtsprechung der Höchstgerichte ist die unionsrechtliche Zulässigkeit der Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit auch von der tatsächlichen Wirkung der Regelungen abhängig (so etwa jüngst VwGH Ro 24.04.2015, 2014/17/0126; OGH 20.01.2015, 4 Ob 231/14w).

 

4.5.12.    Als Folge der gesetzlichen und behördlichen Vorgaben werden durch die konzessionierten Betreiber Maßnahmen zum Spielerschutz tatsächlich umgesetzt. So ergibt sich aus dem festgestellten Sachverhalt etwa, dass im Bereich der Spielbanken gemäß dem jährlichen Bericht des Konzessionärs an die Glücksspielaufsicht im Jahr 2013 in Summe nahezu 7.000 Wirtschaftsauskünfte beim KSV 1870 eingeholt wurden und ferner bei Auskunfteien online-„Sofort-Checks“ erfolgten. Auch wurden im Jahr 2013 über 621.000 Spielbankbesucher den monatlichen Screening-Prozessen des Konzessionärs unterzogen. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich zudem, dass zum 31.12.2013 in österreichischen Spielbanken bei 22.435 Spielbankbesuchern aufrechte, gültige Einschränkungen der Besuchsmöglichkeiten und 4.381 aktive Selbstsperren bestanden. In den VLT-Outlets wurde bei begründetem Anlass in über 11.000 Fällen zur Alterskontrolle anhand eines Lichtbildausweises aufgefordert, wovon in mehr als 1.300 Fällen der Zutritt verwehrt wurde.

 

4.5.13.    Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich weiters, dass es zu keiner Ausbreitung der Glücksspielsucht seit 2009 in Österreich gekommen ist. Gerade beim in Hinblick auf spielbedingte Probleme besonders risikoreichen Automatenglücksspiel ist die Prävalenz des problematischen und pathologischen Spielens (von ca. 13,5% [2009] auf ca. 8,1% [2015] bei Automaten in Kasinos und von ca. 33,2% [2009] auf ca. 27,2% [2015] bei Automatenaufstellungen außerhalb von Casinos) seit 2009 zurückgegangen. Auch ist der durchschnittliche Geldeinsatz im Automatenglücksspielbereich außerhalb von Spielbanken merklich gesunken. Es zeigt sich auch, dass die Prävalenzwerte für die Automatenspiele der konzessionierten „Casino Austria“ im Vergleich zu den (häufig auch nicht bewilligten) Ausspielungen in Spielhallen, Kneipen oder Tankstellen eher gering ausfallen.

 

4.5.14.    Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt, insbesondere der oben dargestellten tatsächlich durchgeführten Spielerschutzmaßnahmen durch die konzessionierten Betreiber und dem dargestellten Spielverhalten in Österreich (bezogen auf den Vergleichszeitraum 2009 bis 2015), erachtet das erkennende Landesverwaltungsgericht auch hinsichtlich der tatsächlichen Wirkungen der Regelungen des GSpG eine unionsrechtlichen Zulässigkeit der Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit als gegeben.

 

4.5.15.    Zum Vorbingen betreffend die Werbetätigkeit ist folgendes auszuführen: Aus der Rsp des EuGH ergibt sich, dass Werbung für Glücksspiel nicht generell dem Unionsrecht widerspricht, aber die Werbetätigkeit maßvoll und eng darauf begrenzt werden muss, was erforderlich ist, um Verbraucher zu den kontrollierten Spielernetzwerken zu lenken (vgl dazu etwa Rechtssachen Dickinger/Ömer, C-347/09; Placanica, C-338/04; HIT hoteli u.a., C-176/11). Gemäß § 56 Abs. 1 GSpG haben die Konzessionäre und Bewilligungsinhaber bei ihren Werbeauftritten einen verantwortungsvollen Maßstab zu wahren, wobei die Einhaltung im Aufsichtswege überwacht wird. Bei Beurteilung der Werbetätigkeit kommt es nicht auf eine einzelne Werbung an, sondern es ist vielmehr die Gesamtheit der Werbemaßnahmen der Konzessionäre bzw. Bewilligungsinhaber heranzuziehen (vgl. auch OGH 27.11.2013, 2 Ob 243/12t).

 

4.5.16.    Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass sich der Anteil der Personen, die in den letzten 12 Monaten irgendein Glücksspiel um Geld gespielt haben, im Zeitraum 2009 bis 2015 kaum verändert hat. Insgesamt hat sich der Geldeinsatz (in absoluten Zahlen) zwar von 53 € auf 57 € (also nur in etwa um die Inflationsrate) erhöht, bei den besonders problematischen Automatenspielen außerhalb der Kasinos ist er sogar deutlich zurückgegangen. Auch die Anzahl der Spielsüchtigen ist in diesem Zeitraum nicht gestiegen. Daraus ist abzuleiten, dass die Werbetätigkeit der Konzessionäre bzw. Bewilligungsinhaber in ihrer Gesamtheit im Ergebnis jedenfalls kein Wachstum des gesamten Markts für Glücksspiele bewirkt hat. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob jede einzelne Werbemaßnahme jedes Konzessionärs und Bewilligungsinhabers den Vorgaben des EuGH entspricht, da die Werbetätigkeit in ihrer Gesamtheit jedenfalls nicht dem Wachstum des gesamten Markts für Glücksspiele dient. Auch wenn einzelne Werbemaßnahmen für sich genommen geeignet sein sollten, die Spiellust zu wecken bzw. zu verstärken, so hat jedenfalls die Gesamtheit der Werbetätigkeiten nicht zu einer Ausweitung des Glücksspieles geführt. Es haben daher die Gesamtwirkungen der Werbetätigkeit die kohärente und systematische Verfolgung der Ziele des GSpG nicht beeinträchtigt.

 

4.5.17.    Nachdem es in Österreich (bezogen auf den Zeitraum 2009 bis 2015) zu keinem Wachstum des gesamten Glücksspielmarkts gekommen ist und (nach der Rsp des EuGH) eine Werbung der Konzessionäre für ihre Produkte zum Zweck, den vorhandenen Markt für sich zu gewinnen, jedenfalls zulässig ist (vgl. EuGH Rechtssache Dickinger/Ömer C‑347/09, RN 69), geht das Oö. Landes­verwaltungsgericht im Ergebnis davon aus, dass die bisherige Werbetätigkeit der Konzessionäre bzw. Bewilligungsinhaber nicht zur Unionsrechtswidrigkeit der österreichischen Regelungen betreffend die Beschränkungen der Glücks­spieltätigkeiten führt.

 

4.5.18.    Zusammenfassend ergibt sich daher für das erkennende Landes­verwaltungsgericht, dass bei Gesamtwürdigung aller in diesem Verfahren hervorgekommenen Umstände eine Unionsrechtswidrigkeit durch die österreichischen Beschränkungen der Glücksspieltätigkeiten nicht vorliegt. Die von der österreichischen Regelung vorgesehenen Beschränkungen verfolgen vom EuGH anerkannten Gründe des Allgemeininteresses und sind geeignet, diese in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen. Die Beschränkungen erscheinen auch nicht unverhältnismäßig.

 

4.6.      Zu den offenen Beweisanträgen betreffend die Frage der Unionsrechts­konformität ist Folgendes auszuführen:

 

4.6.1. Der Bf hat die Einvernahme mehrerer Zeugen zum Beweis des Anstiegs der Anzahl an Spielsüchtigen und der Ineffektivität der gesetzlichen und tatsächlichen Vorkehrungen zum Spielerschutz insbesondere innerhalb der Jahre 2010 bis 2015 beantragt (1.3.). Soweit sich der Bf auf Aussagen von Fachleuten beruft, wonach die Zahl der spielsüchtigen Personen in den letzten Jahren gestiegen sei, sind diese nicht geeignet, die Untauglichkeit des GSpG und der behördlichen Maßnahmen zu beweisen. In der aktuellen Studie „Glücksspielverhalten und Glücksspielprobleme in Österreich – Ergebnisse der Repräsentativerhebung 2015“ von Dr. Kalke und Prof. Dr. Wurst vom Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung in Hamburg sind gerade diese Parameter in wissenschaftlicher Weise erhoben und ausgewertet worden. Diese Studie ist schlüssig und nachvollziehbar. Wahrnehmungen und Einschätzungen (auch einer größeren Zahl) von mit der Materie befassten Einzelpersonen können die Studie nicht widerlegen. Dies wäre nur durch eine auf gleicher fachlicher Ebene erstellten Studie möglich. Die Beweisanträge waren daher abzuweisen.

 

4.6.2. Soweit Zeugeneinvernahmen zum Beweis dafür beantragt wurden, dass die gesetzlichen und tatsächlichen Vorkehrungen zum Spielerschutz ineffektiv seien, ist auszuführen, dass die Zeugen lediglich ihre persönliche Meinung (ob eine „Ineffektivität“ vorliegt) darstellen könnten, die allenfalls auf Umständen gründet, die sich in ihrem unmittelbaren Umfeld abspielen. Hingegen sind der genannten Studie auch Auswirkungen der gesetzlichen Vorgaben und behördlichen Maßnahmen zu entnehmen. Persönliche Meinungen von Einzel­personen sind daher für die vom Oö. Landesverwaltungsgericht vorzunehmende rechtliche Beurteilung, ob angesichts bestimmter tatsächlicher Gegebenheiten die gesetzlichen und tatsächlichen Vorkehrungen als (im rechtlichen Sinne ausreichend) effektiv angesehen werden können oder nicht, nicht von Relevanz. Auch die Beweisanträge zur Effektivität der gesetzlichen und tatsächlichen Vorkehrungen zum Spielerschutz waren daher abzuweisen.

 

4.7.      Zusammenfassung:

 

4.7.1. Die Bf haben ihren Sitz in Österreich, weshalb es sich um einen reinen Inlandssachverhalt handelt, der keinen Anwendungsfall des Unionsrechts begründet.

 

4.7.2. Keine der beteiligten Personen hat behauptet, in Österreich oder in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union über eine Konzession zu verfügen oder sich um eine derartige Berechtigung bemüht zu haben.  Es liegt daher kein Sachverhalt mit Auslandsbezug vor, der in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallen würde  (vgl VwGH vom 29.05.2015, GZ 2012/17/0178). Eine Unanwendbarkeit des GSpG wegen eines allfälligen Widerspruchs zum Unionsrecht scheidet aus. Eine Aufnahme der vom Beschuldigten beantragten Beweise (Zeugeneinvernahmen) betreffend die behauptete Unionsrechtswidrig­keit war daher schon aus diesem Grund nicht erforderlich.

 

4.7.3. Das LVWG hat die vorhandenen Beweismittel eingehend geprüft. Das BMF hat sich wie schon erwähnt umfassend und schlüssig zur Zielsetzung des GSpG geäußert. Es werden – wie das BMF ebenfalls betont, massive Anstrengungen zur Eindämmung der Spielsucht unternommen und entsprechende Maßnahmen gesetzt.  Wenn man das Vorbringen der Bf, Spieler würden auf andere Mitgliedstaaten der Europäischen  ausweichen, als wahr unterstellt, kann die Republik Österreich dafür keine Verantwortung treffen (vgl Pkt 3 im Urteil des EUGH RS C-347/09). Die von den Bf beantragten Beweise und vorgelegten Urkunden sind ungeeignet, ein vollständiges Bild über die Auswirkungen des Glückspielgesetzes zu vermitteln. Einer möglichen Ausbreitung der Glücks­spielsucht konnte entgegengewirkt werden. Die Regelungen des Glücksspiel­gesetzes führen in ihrer Gesamtheit dazu, dass die Gelegenheit zum Spiel verringert und die damit verbundene Kriminalität bekämpft wird. (vgl VwGH vom 24. April 2015, Ro 2014/17/0126). Die Bestimmungen sind daher koheränt.

 

4.7.4. Da die Rechtslage durch die Rechtsprechung des VfGH, VwGH und EUGH geklärt ist, konnte von einer Anfechtung beim VfGH Abstand genommen werden. Das Recht der Europäischen Union steht der Anwendbarkeit des Glückspielgesetzes nicht entgegen.

 

5.           Rechtliche Beurteilung:

 

5.1.      Die maßgeblichen Rechtsvorschriften ergeben sich aus folgenden Bestimmungen des Glücksspielgesetzes (GSpG):

 

Gemäß § 53 Abs 1 Z 1 lit a) Glücksspielgesetz (GSpG, BGBl 620/1989, zuletzt geändert durch BGBl I 13/2014) kann die Behörde die Beschlagnahme von Glücksspielautomaten, sonstigen Eingriffsgegenständen und technischen Hilfsmitteln anordnen, und zwar sowohl wenn der Verfall als auch wenn die Einziehung vorgesehen ist, wenn der Verdacht besteht, dass mit Glücks­spielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG verstoßen wird.

 

Gemäß § 54 Abs. 1 GSpG sind Gegenstände, mit denen gegen Bestimmungen des § 52 Abs. 1 leg.cit. verstoßen wird, zur Verhinderung weiterer Verwaltungs­übertretungen nach den Bestimmungen des § 52 Abs. 1 leg.cit. einzuziehen, es sei denn, der Verstoß war geringfügig.

 

Gemäß § 52 Abs. 4 letzter Satz GSpG unterliegen Gegenstände, mit deren Hilfe eine verbotene Ausspielung iSd § 2 Abs. 4 GSpG durchgeführt oder auf andere Weise in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, sofern sie nicht gemäß § 54 leg.cit. einzuziehen sind, dem Verfall.

 

Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe zu bestrafen, "wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt".

 

§ 52 Abs. 3 GSpG lautet: Ist durch eine Tat sowohl der Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 52 als auch der Tatbestand des § 168 StGB verwirklicht, so ist nur nach den Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 zu bestrafen.

 

Gemäß § 2 GSpG sind Ausspielungen Glücksspiele,

1.  die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und

2.  bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammen­hang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

3.  bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögens­werte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

 

Gemäß § 2 Abs. 4 GSpG sind Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 ausgenommen sind, verboten.

 

5.2.      Eine Beschlagnahme nach § 53 Abs. 1 GSpG setzt lediglich den Verdacht des Verstoßes mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, gegen Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG voraus (vgl. VwGH 26.1.2009,  2005/17/0223, mit Hinweis auf VwGH 24.4.2007, 2004/05/0268). Eine abschließende, einer juristischen "Feinprüfung" standhaltende Qualifikation eines Spieles als Glücks- oder Geschicklichkeitsspiel ist im Beschlagnahmebescheid hingegen noch nicht erforderlich (vgl. VwGH 23. 2 2012, 2012/17/0033).(VwGH 15.1.2014, 2012/17/0587). Anders als in einem allfälligen Strafverfahren, bei dem naturgemäß ein umfassendes, verdichtetes Ermittlungsverfahren zu einem abschließenden und unzweifelhaften Ermittlungsergebnis führen muss, erschöpft sich die Ermittlungspflicht im Rahmen eines Beschlagnahmeverfahrens nach § 53 Abs. 1 GSpG im Nachweis des Verdachts eines GSpG-Verstoßes. Schon begrifflich kommt es nicht darauf an, dass dass tatsächlich Ausspielungen vorgenommen wurde. Die Sachverhaltsfeststellungen beschränken sich auf die Wiedergabe der maßgeblichen Beweismittel. Ob diese einen „Verdacht“ rechtfertigen, ist auf Ebene der rechtlichen Beurteilung zu klären.

 

Die Finanzpolizisten sind zur Durchführung von Glücksspielkontrollen besonders geschult, wie sich auch aus der Aussage des Zeugen M. ergibt. Bei den beschlagnahmten Geräten handelt es sich seiner Aussage zufolge um sog. „Walzenspielgeräte“, bei denen es sich immer um ähnliche bzw gleiche Vorgänge handelt. Der VwGH hat hinsichtlich der mit Walzenspielgeräten angebotenen Spiele in zahlreichen Entscheidungen (z.B VwGH v. 27.1.2012, 2011/17/0246) festgehalten, dass es sich dabei um Glücksspiele handelt. Es gibt keine Hinweise, dass der Spieler durch besonderes Geschick, Erfahrung oder besondere Kenntnisse den Spielausgang bewusst beeinflussen könnte. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt bei bereits in der Vergangenheit stattgefundenen Rennen keine Sportwette vor, da nicht auf ein künftiges sportliches Ereignis gewettet werden kann und der Ausgang des Spiels ausschließlich davon abhängt, welches in der Vergangenheit stattgefundene Rennen abgespielt wird. Es hat lediglich der Umstand, welches Rennen ausgewählt wird, Einfluss auf das Spielergebnis  (vgl. VwGH 16.10.2014, 2013/16/0239 mwN). Es handelt sich somit bei Wetten auf den Ausgang von aufgezeichneten Hunderennen, welche von einem Zufallsgenerator ausgewählt werden, um ein Glücksspiel, da die Entscheidung ausschließlich vom Zufall abhängt (vgl. auch VwGH 27.02.2013, 2012/17/0352 mwN). Den Spielern wurden auch keine im Hinblick auf den Rennausgang sinnvoll verwertbaren Informationen geboten. Es liegt nahe, dass die Spieler Einsätze leisteten und für diese ein Gewinn in Aussicht gestellt war und damit Ausspielungen i.S.d. GSpG erfolgten, wobei für diese keine Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG vorlag und die Bf von diesem auch nicht ausgenommen waren. Die Zeugin D. sagte zwar aus, sie könne nicht sagen wie lange die Geräte schon aufgestellt gewesen wären. Ihre Aussage zu den ausbezahlten Beträgen belegen aber, dass sich auf über einen längeren Zeitraum gesammelte Erfahrungswerte stützte. Die von ihr geschilderten Auszahlungsbeträge sind nicht als geringfügig zu betrachten, wobei hier auch auf die in Aussicht gestellten Höchstgewinne lt GSP26 Formularen zu verweisen ist.   Es besteht damit der Verdacht eines fortgesetzten Verstoßes gegen das GSpG. Da dieser Umstand sohin feststeht, kann eine weitere Erörterung dieser Frage und insbesondere die Einholung eines Sachverständigengutachtens unterbleiben.

 

5.3.      Die Spieler im Lokal haben ihre Spieleinsätze jedenfalls im örtlichen Bereich der belangten Behörde getätigt, weshalb es nicht darauf ankommt, ob das Spielergebnis direkt an den gegenständlichen Geräten erzeugt oder von einem anderen Ort aus auf technischem Weg an diese Geräte übermittelt und dort nur angezeigt wurde. Allfällige Gewinne wären ebenfalls vor Ort ausgezahlt worden. Sämtlichen diesbezüglichen Beweisanträgen war daher nicht nachzukommen und auf das diesbezügliche rechtliche Vorbringen nicht weiter einzugehen. Es reicht, dazu auf die Entscheidung des VwGH v. 29.4.2014, Ra 2014/17/0002 (mit zahlreichen weiteren Judikaturhinweisen) zu verweisen.

 

5.4.      § 52 Abs. 4 GSpG sieht für derartige Eingriffsgegenstände den Verfall, § 54 Abs. 1 GSpG die Einziehung vor, weshalb die Voraussetzungen für die Beschlagnahme gegeben sind. Schon aufgrund der festgestellten Einsatzhöhen und der Funktionsweise des Gerätes (kurze Spiel­dauer, da ein Walzenlauf nur etwa eine Sekunde dauert, wobei auch nicht ausge­schlossen ist, dass Spieler mehrere Einzelspiele hintereinander spielen) kann nicht von einer Geringfügigkeit ausgegangen werden (vgl. alleine hinsichtl. der Geringfügigkeit von Einsätzen VwGH vom 28.05.2013, 2012/17/0195).

 

5.5.      Zur Frage der Verfassungswidrigkeit der Subsidiarität des § 168 StGB: Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 15. Dezember 2014, Ro 2014/17/0121, festgehalten, dass bei Überprüfung der Frage der Zuständigkeit zur Entscheidung die Zuständigkeitsvorschrift heranzuziehen ist, die im Zeitpunkt der Entscheidung der erstinstanzlichen Behörde in Geltung stand. Der bekämpfte Bescheid wurde nach Inkrafttreten des § 52 Abs 3 GSpG idF BGBl I Nr 13/2014 erlassen. Der Verfassungsgerichtshof hat darüber hinaus in seiner Entscheidung vom 10.3.2015, E 1139-1140/2014, ausgeführt, „dass § 1 Abs. 2 VStG den Anforderungen des Art. 7 EMRK entsprechend einen umfassenden Günstigkeitsvergleich mehrerer in Betracht kommender Rechtslagen ermöglicht. (...) Für den Verfassungsgerichtshof besteht (...) kein Zweifel, dass die Anwendung der Verwaltungsstrafbestimmung des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG, welche im Gegensatz zur gerichtlichen Strafnorm des § 168 StGB keine Primärfreiheitsstrafe vorsieht, für den Beschwerdeführer in seiner Gesamtauswirkung günstiger ist.Ob aufgrund des Umfanges der möglichen Spiele, des möglichen Spieleinsatzes oder aus anderen Gründen eventuell auch der Tatbestand des § 168 StGB verwirklicht wurde, braucht nicht weiter beurteilt zu werden, weil auch in diesem Fall iSd zitierten Judikatur gemäß § 52 Abs 3 GSpG jedenfalls die verwaltungsbehördliche Strafbarkeit vorgeht. Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 10. März 2015, G 203/2014-16 ua, ferner festgestellt, dass die Regelungen des GSpG zur Behördenzuständigkeit verfassungskonform sind, sodass die diesbezüglichen Einwände der Bf nicht stichhaltig sind.

 

5.6.      Zum geltend gemachten Verbotsirrtum: Wie oben dargestellt wird, besteht eine eindeutige Judikatur des VwGH dahingehend, dass die österreichischen Regeln des GSpG anwendbar und nicht vom Gemeinschaftsrecht überlagert sind. Die vereinzelt gebliebene Judikatur des LVwG Oö. (insb. LVwG-410286) wurde vom VwGH nicht bestätigt (Ro2014/17/0121-5).  Die Bf berufen sich im Ergebnis auf einen Verbotsirrtum. Entschuldigend wirken dabei nach stRspr nur das Vertrauen auf die einschlägige und einhellige höchstgerichtliche Rsp zum Tatzeitpunkt (VwGH 22. 3. 1994, 93/08/0177), von der zuständigen Behörde selbst erteilte Auskünfte über ihre Verwaltungspraxis (VwSlg 14.020 A/1994) bzw. eine tatsächlich bestehende „ständige Verwaltungsübung“ (VwGH 22. 3. 1994, 93/08/0177) sowie Rechtsauskünfte auf Grundlage einer vollständigen Sachverhaltsmitteilung, wenn sie von einer fachkompetenten Stelle/Person stammen und bestimmte wesentliche Kriterien erfüllen. Entschuldigend wirkt hiebei eine Rechtsauskunft der zuständigen Behörde (VwGH 4. 10. 2012, 2012/09/0134, 18. 9. 2008, 2008/09/0187), einer anderer fachkompetenter Institutionen, zB der gesetzlichen beruflichen Vertretungen (zB VwGH 16. 11. 1993, 93/07/0022, 0023), der Gebietskrankenkasse (VwSlg 14.020 A/1994) oder auch des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (VwSlg 13.257 A/1990) bzw in sehr eingeschränktem Ausmaß die Rechtsauskunft berufsmäßiger Parteienvertreter (zB von Rechtsanwälten). Diese muss sich jedenfalls an der maßgeblichen Rsp der Höchstgerichte und gegebenenfalls an der Rechtsmeinung der zuständigen Behörde (VwSlg 11.744 A/1985) orientieren. Das Vertrauen auf die (falsche) Rechtsauskunft ist dem Auskunftssuchenden insbesondere dann vorwerfbar, wenn dem Beschuldigten das Spannungsverhältnis zur gegenteiligen Behördenauffassung bekannt ist oder sich unmittelbar aus dem Inhalt der Auskunft auch für den Nicht-Fachmann ersichtliche Zweifel ergeben (VwGH 22. 2. 2006, 2005/17/0195); (vgl. Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 5 Rz 21  (Stand 1.7.2013, rdb.at). Die Bf berufen sich lediglich auf die vereinzelt gebliebene Judikatur des LVwG Oö. Demgegenüber steht eine ständige, dem Rechtsvertreter der Bf aus etlichen anderen Verwaltungs­strafverfahren bekannte Praxis der zuständigen Verwaltungsbehörden und insbesondere die einhellige, weiter oben dargestellte Judikatur des VwGH. Sie konnte sich demnach nicht erfolgreich auf einen entschuldigenden Verbotsirrtum berufen, sondern unterliegt bestenfalls einem Rechtsirrtum, der ihr allerdings vorwerfbar ist. Aus den oben dargestellten Gründen, waren die Beschwerden abzuweisen.

 

6.           Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

6.1.      Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Beschlagnahme von Glücksspiel­geräten ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

6.2.      Die Rechtslage ist durch die angeführte Rechtsprechung des VwGH geklärt. Auf folgende Ausführungen im Erkenntnis des VwGH vom 10. Oktober 2011, GZ 2008/17/0113, wird hingewiesen (stRsp): „Zum Vorbringen hinsichtlich des allgemeinen Diskriminierungsverbots (des Verbots einer Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit) nach Art. 12 EG (nunmehr Art. 18 Abs. 1 AEUV) genügt es, darauf zu verweisen, dass die im Beschwerdefall maßgeblichen Vorschriften des GSpG, BGBl. Nr. 620/1989 in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2006, nicht zwischen inländischen und ausländischen Dienstleistern unterschieden (vgl. etwa Holoubek in: Schwarze, EU-Kommentar, Art. 12 Rz 6). Mangels Vorliegens einer Differenzierung nach der Staatsangehörigkeit bedarf es daher auch keiner sachlichen Rechtfertigung einer solchen. Es erübrigt sich daher, näher auf dieses Vorbringen einzugehen. Soweit in der Beschwerde eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids im Hinblick auf eine sogenannte "Inländerdiskriminierung" behauptet wird, ist gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe des hg. Erkenntnisses vom 15. September 2011, Zl. 2011/17/0200, zu verweisen. Da die unterstellte Differenzierung zwischen inländischen und ausländischen Personen - wie im hg. Erkenntnis vom 28. Juni 2011, Zl. 2011/17/0068, näher dargelegt - für Sachverhalte wie dem im Beschwerdefall nicht eintritt, ist es nicht entscheidend, welche Konsequenz die Annahme der Anwendbarkeit der verfassungsrechtlichen Überlegungen des Verfassungsgerichtshofes zum Grundverkehrsrecht auch auf den vorliegenden Zusammenhang hätte.“

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Mag. Wolfgang Weigl

Beachte:

Die Revision wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 7. November 2016, Zl.: Ra 2016/17/0086 bis 0087-3