LVwG-150686/2/MK – 150687/2/MK

Linz, 27.01.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Markus Kitzberger über die Beschwerde von

1. Herrn M P, und

2. Frau M P,

beide vertreten durch Dr. J L, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Enns vom 09.03.2015, GZ. Bau-2014-122,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.            Sachverhalt, Verfahrensablauf:

 

I.1. Mit Schriftsatz vom 12.06.2014 teilten die Ehegatten M und M P, (in der Folge: Bf), der E GmbH (in der Folge: Bw), dass sie als Eigentümer und Benützer des Wohnobjektes mit der Anschrift D sowohl zur Tages- als auch zur Nachtzeit durch ihrer Liegenschaft gegenüber parkende Gäste des von der Bw betriebenen und etwa 100 m entfernten Pension „Z R“ massiv gestört und in ihrem Wohlbefinden erheblich beeinträchtigt würden. Schriftliche Zusagen, sich dieser Situation anzunehmen, wären bislang ergebnislos geblieben. Das Parken erfolge zudem entgegen den Vorgaben der Straßenverkehrsordnung.

 

Die Bf würden daher um Vorschläge zur Lösung dieser Situation, sei es durch besseren Hinweis auf die zur Verfügung stehenden Parkplätze oder Schaffung neuer Abstellflächen, ersuchen.

 

I.2. Mit Ansuchen vom 14.10.2014 beantragte die Bw die Baubewilligung von zusätzlichen Parkflächen auf den Gst.Nr X und X, KG E. Dem Ansuchen waren die erforderlichen Unterlagen angeschlossen.

 

I.3. Nach durchgeführtem Vorprüfungsverfahren beraumte der Bürgermeister der Stadtgemeinde Enns für 18.11.2014 eine mündliche Verhandlung an.

 

Mit Eingangsdatum vom 14.11.2014 beantragten die Bf die Untersagung der Fortsetzung der bereits begonnenen Gelände gestaltenden Maßnahmen (Herstellung des Geländeplanums) und erhoben Einwendungen gegen das Bauvorhaben. Darin wurde der rechtliche und technische Immissionsschutz unter Berufung auf die in der Bauordnung eingeräumten subjektiv-öffentlichen Rechte der Nachbarn unter Darstellung des bewilligten Bestandes mit dem Ergebnis ausgeführt, dass die beantragte baubehördliche Bewilligung derzeit nicht erteilt werden könne. Auch liege nach Informationsstand der Bf die straßenbehördliche Bewilligung nicht vor.

 

Die Pensionsgäste würden die in Rede stehenden Flächen rechtswidrig verpacken und den Begriff Besondere im Sommer das Leben auf ihrer Liegenschaft verleiten. Motorengeräusche, Türenschlag und Gesprächslärm - insbesondere bei Reisebussen - würden gesundheitsgefährdend sein. Dies würde auch in der kalten Jahreszeit durch das Warmlaufenlassen von Pkws und diverse störende Gepflogenheiten der Kunden der Bw der Fall sein. Die Einholung eines Lärm- bzw. Schallgutachtens würde beantragt.

 

In der mündlichen Verhandlung führte der Amtssachverständige für Bautechnik aus, dass die beantragte Parkplatzfläche primär von der Gästen der von der Bw betriebenen Pension “Z R“ genutzt werden würde. Die betroffene Fläche sei im rechtsverbindlichen Flächenwidmungsplan als „M – Gemischtes Baugebiet“ ausgewiesen.

 

Die von der Bw vorgebrachte Nutzung der gegenständlichen Parkflächen durch die Bf selbst bzw. durch ihre Subunternehmer und Lieferanten wäre unzutreffend. Auf das in den bereits schriftlich erhobenen Einwendungen enthaltene Vorbringen würde verwiesen. Darüber hinaus würden die Bf in ihren subjektiven Rechten verletzt, da schädliche Umwelteinflüsse wie Abgase, Geruchsstoffe und Lärm geeignet werden, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belastungen herbeizuführen, die es zu vermeiden gelte. Der Beweisantrag auf Einholung eines Lärmgutachtens bleibe aufrecht.

 

I.4. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde eines wurde der Bw die beantragte Bewilligung unter Beschreibung von Auflagen erteilt.

 

Begründung wurde neben der Darstellung des Verfahrensablaufs asylrechtlichen Grundlagen auf die Einwendungen der Bf mit dem (zusammengefassten) Ergebnis eingegangen, dass diese als unbegründet abzuweisen bzw. als unzulässig zurückzuweisen wären und der Erteilung der Baubewilligung nicht entgegenstünden. Bei der Einwendung, das gegenständliche Vorhaben sei auch gewerbebehördlich genehmigungspflichtig, handelt es sich um ein Vorbringen aus dem Bereich des Gewerberechts, für welchen die Baubehörde nicht zuständig sei. Auf der Grundlage eines Größenschlusses zur Kategorisierung in der Betriebstypenverordnung wäre die Errichtung eines Parkplatzes im gemischten Baugebiet zulässig.

 

Im Zusammenhang mit der Einwendung der Bf, dass ihr Grundstück im Wohngebiet liege, führte die Baubehörde aus, dass das von der Baumaßnahme betroffene Gebiet im gemischten Baugebiet liege, im welchem unter Hinweis auf § 22 Abs.5 Oö. Raumordnungsgesetz 1994 (Oö. ROG 1994) unter anderem die Errichtung von Lagerplätzen, welche nicht wesentlich stören würden, zulässig sei. Das geplante Bauvorhaben sei daher mit der Flächenwidmung vereinbar.

 

I.5. In ihrer Berufung von 23. 12. 2014 wiederholten bzw. präzisierten die Bf ihr emissionsrelevantes Vorbringen und erweiterten die diesbezüglichen Beweisanträge und die Einholung eines umwelttechnischen und medizinischen Gutachtens.

 

Im Übrigen seien auch die verfahrensrechtlich mangelhaften Aspekte des Vorgehens der Behörde im Zuge des Ermittlungsverfahrens ebenso zu relevieren wie die Unzulässigkeit des Sachbearbeiterwechsels während des Verfahrens.

Insbesondere der größte Schluss im Zusammenhang mit der Zulässigkeit Errichtung von Parkflächen im gemischten Baugebiet auf Grundlage der Betriebstypenverordnung sei unzutreffend und im Hinblick auf die systematische Behandlung von Gastronomiebetrieben in der Betriebstypenverordnung mangelhaft und nicht nachvollziehbar.

 

Entgegen der Ansicht der Baubehörde sei das Vorbringen, dass die Nachbarn durch den zu erwartenden Verkehr von und zu den beabsichtigten Parkflächen über das ortsübliche Ausmaß hinaus beeinträchtigt würden, sehr wohl im Bauverfahren beachtlich. Die Bf hätten einen subjektiven Anspruch auf Immissionsschutz entsprechend der Widmungskategorie ihres betroffenen Grundstücks.

 

Der Baubewilligungsbescheid sei daher sowohl mit inhaltlicher als auch mit verfahrensrechtlicher Rechtswidrigkeit behaftet. Für das Berufungsverfahren würden die bereitgestellten Beweisanträge vollinhaltlich aufrechterhalten werden.

 

Es würde daher beantragt, den Bescheid der Baubehörde I. Instanz dahingehend abzuändern, den Antrag auf Erteilung der Baubewilligung abzuweisen, in eventu den Bescheid aufzuheben und das Verfahren an die I. Instanz zur Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens, insbesondere zur Aufnahme der beantragten Beweise, zurückzuverweisen.

 

I.6. Mit Bescheid des Gemeinderates vom 19.03.2015, dem ein entsprechender Gemeinderatsbeschluss zu Grunde lag, wurde der Berufung keine Folge gegeben und der Bescheid des Bürgermeisters vom 18.12.2014, GZ. Bau-2014-122, vollinhaltlich bestätigt.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die Berufung rechtzeitig eingebracht worden sei und den Bf in Folge der Erhebung tauglicher Einwendungen – unabhängig von deren Zulässigkeit – weiterhin Parteistellung zukomme. Das eingebrachte Rechtsmittel sei daher zulässig.

 

Zum Zweck der Sachverhaltsfeststellung sei von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten zur Beurteilung der Lärmsituation eingeholt worden, wobei auch die Bf zugestanden hätten, dass die Lärmsituation durch die D Straße, die Westbahn, die Hafenbahn und den Lkw-Verkehr belastet sei. Auf der Grundlage des ermittelten Lärmpegel und vor dem rechtlichen Hintergrund, dass die von einem Bauvorhaben typischerweise ausgehenden Immissionen von den Nachbarn hingenommen werden müssten, soweit nicht außergewöhnliche Umstände vorliegen würden (was bei der Errichtung von 11 Kfz-Abstellplätzen nicht anzunehmen sei), sei festzustellen, dass durch die Errichtung der gegenständlichen Stellplätze schädliche Umwelteinwirkungen nicht zu erwarten seien. Auch die Geruchsimmissionen würden im Bereich des verfahrensgegenständlichen Grundstücks das ortsübliche Ausmaß nicht überschreiten.

 

Die von der beantragten Baumaßnahme betroffenen Grundstücke wären im rechtsverbindlichen Flächenwidmungsplan als „M – gemischtes Baugebiet“ ausgewiesen. Die Errichtung von Parkplätzen sei in dieser Widmungskategorie zulässig. Da die von den Bf betriebene Pension nicht Gegenstand des Verfahrens und daher die Anlage 3 der Oö. Betriebstypenverordnung 1997 nicht anzuwenden sei, ergebe sich aus einem Größenschluss zu Anlage 1 der Verordnung, dass die Errichtung eines Parkplatzes jedenfalls deshalb zulässig sei, da in dieser Anlage lärmintensivere Anlagen (etwa Bauhof für Hoch- und Tiefbau, beschränkt auf eine nicht wesentlich störende Lagernutzung) im gemischten Baugebiet für zulässig erklärt würden.

 

Die von den Bf im Zuge des Parteienvorbringens erhobenen Einwände auf der Grundlage der Gewerbeordnung wären von der Baubehörde nicht zu beurteilen. Durch die bloße Behauptung einer zu befürchten Gesundheitsgefährdung könne die Zuweisung des Bereichs des Immissionsschutzes an ein gewerberechtliches Verfahren nicht umgangen werden.

 

Der Wechsel von Bearbeitern bei der Durchführung eines Verfahrens im Auftrag des Bürgermeisters würde den Grundsatz der Unmittelbarkeit nicht verletzen. Die Unterlassung eines privatrechtlichen Vergleichsversuchs sei nach stRsp des VwGH kein wesentlicher Verfahrensmangel, der zur Aufhebung eines Bescheides führen könnte.

 

Aus einer befürchteten Verschlechterung der Verkehrsverhältnisse auf öffentlichen Straßen könne kein subjektiv öffentliches Nachbarrecht abgeleitet werden.

 

I.7. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom 06.05.2015, in der die Bf zusammengefasst Folgendes ausführen:

 

I.7.1. Verfahrensmängel:

 

I.7.1.1. Feststellung des maßgebenden Sachverhalts:

 

Es sei zwar richtig, dass von den Bf eine generelle Lärmbelastung des verfahrensgegenständlichen Umfeldes zugestanden worden sei; diese hätten allerdings auch mehrfach darauf hingewiesen, dass durch die beabsichtigte Errichtung von Kfz-Stellplätzen das ortsübliche Ausmaß von Lärm- und Geruchsbeeinträchtigungen überschreiten würde. Ebenso sehr detailliert dargelegt worden, dass durch das Zusammenspiel mit den bereits bestehenden Beeinträchtigungen, das Parken von Monteuren und dem damit einhergehenden minutenlangen Warmlaufenlassen von Motoren im Winter, sowie die Anreise vieler Personen mit Reisebussen auch an Wochenenden nach 22:00 h außergewöhnliche Umstände vorliegen würden. Trotz eines entsprechenden Beweisantrages habe es die belangte Behörde unterlassen, ein entsprechendes Sachverständigengutachten einzuholen. Die von der belangten Behörde zur Beurteilung der Immissionssituation herangezogenen Unterlagen seien hingegen unrichtig, nicht aussagekräftig und könnten keinesfalls als Ersatz des beantragten Sachverständigengutachtens dienen. Darin liege ein wesentlicher Verfahrensmangel. Die Vorgehensweise der belangten Behörde, ohne nähere Überprüfung festzustellen, dass die Bf die mit dem verfahrensgegenständlichen Bauvorhaben verbundenen Immissionen hinnehmen müssten, würde weder dem Gesetz noch der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs entsprechen.

 

Diese gelte im Wesentlichen auch für den Bereich von Geruchsimmissionen. Ohne Feststellung des konkreten Sachverhalts hätte die belangt Behörde nicht davon ausgehen dürfen, dass keine solchen Immissionen vorliegen würden, die eine Gesundheitsgefährdung der Bf herbeiführen könnten.

 

Dass ein Bauvorhaben den maßgeblichen Bestimmungen des rechtsverbindlichen Flächenwidmungsplans entspreche, bedeute nicht, dass das subjektive Recht der Bf auf Wahrung des Immissionsschutzes in einer bestimmten Widmungskategorie verloren gehen würde. Im konkreten Fall sei zudem davon auszugehen, dass die durch das Vorhaben verursachten Immissionen das ortsübliche Ausmaß überschreiten würden.

 

Die unter Hinweis auf § 81 GewO 1994 erhobenen Immissionseinwendungen mit dem Hinweis der Unzuständigkeit der belangten Behörde abzutun sei unzureichend, weil eben dieses Vorbringen im Hinblick auf die Art der Emission und deren Ausmaß auch nach der Oö. BauO 194 und dem Oö. BauTG 2013 (in einem allenfalls koordinierten Verfahren) beachtlich sei. Die belangte Behörde führe in ihrer Bescheid Begründung aus, dass Immissionen im ortsunüblichen Ausmaß nicht hätten festgestellt werden können, was allerdings nur deshalb der Fall gewesen sei, weil die entsprechenden Sachverhaltsfeststellungen nicht durchgeführt worden wären.

Entgegen der Auffassung der belangten Behörde hätten die Bf Emissionsüberschreitungen nicht bloß behauptet sondern auch entsprechende Beweisangebote gestellt. Die mangelhafte Sachverhaltsermittlung könne nicht zu Lasten der Bf gehen.

 

Die Unterlassung eines privatrechtlichen Einigungsversuches im Zuge der mündlichen Verhandlung habe den Bf die Möglichkeit genommen, schon in der Bauverhandlung zum Sach- und Rechtsstand der Behörde im nunmehr bekämpften Bescheid Stellung zu nehmen.

 

I.7.1.2. Missachtung des Parteiengehörs:

 

Die belangte Behörde führe im bekämpften Bescheid selbst zu Recht aus, dass Nachbarn im Bauverfahren ein beschränktes Mitspracherecht zustehe. Die Berufung der Bf, zu der sie als Eigentümer angrenzender Grundstücke legitimiert gewesen wären, habe den formellen Voraussetzungen entsprochen. Die Bf hätten in der Bauverhandlung auch schriftliche Einwendungen vorgebracht. Darüber hinaus würde ausgeführt, dass die belangte Behörde Gutachten eingeholt und ihre Entscheidung zu Grunde gelegt habe, ohne dies im Detail zu spezifizieren. Den Beschwerdeführern sei aber keine Gelegenheit gegeben worden, vom (materiell entscheidungsrelevanten) Ergebnis der Beweisaufnahme (Gutachten) Kenntnis zu erlangen und dazu Stellung zu nehmen. Das Verfahren sei daher mangelhaft.

 

I.7.2. Unrichtige rechtliche Beurteilung:

 

Die belangte Behörde führe aus, dass Nachbarn keine subjektiv-öffentlichen Rechte im Zusammenhang mit den Verkehrsverhältnissen auf öffentlichen Verkehrsflächen zukommen würden. Einwendungen der Nachbarn wären in diesem Zusammenhang aber beachtlich, wenn – wie hier – die verkehrsbedingten Belästigungen vom Baugrundstück selbst ausgehen würden.

 

Da die verfahrensgegenständlichen Parkplätze eindeutig und unstrittig dem Gastgewerbebetrieb der Bw zuzurechnen wären, könne der Größenschluss auf die Anwendbarkeit der Anlage 1 der Oö. Betriebstypenverordnung 1997 ebenso wenig nachvollzogen werden wie die darauf basierende Ableitung, dass in der hier vorliegenden Widmungskategorie jedenfalls auch Stellplätze, die über die Zahl der Pflichtstellplätze hinaus gehen würden, zulässigerweise errichtet werden dürften.

 

Es würde daher beantragt, der Beschwerde Folge zu geben und den Antrag auf Erteilung der Baubewilligung abzuweisen, in eventu das Ansuchen unter Erteilung von Auflagen zu bewilligen, in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens zurückzuverweisen.

 

 

II. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt. Auf dessen Grundlage konnten  weitere Ermittlungsschritte unterbleiben, da keine weitere Klärung des in diesem Verfahren gegenständlichen Sachverhaltes zu erwarten war. Es waren diesbezüglich ausschließlich Rechtsfragen zu beurteilen.

 

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest.    

III. Für die Beurteilung der hier relevanten Rechtsfragen sind insbesondere nachstehende Bestimmungen zu berücksichtigen:

 

III.1. In der Sache:

 

§ 31 Oö. Bauordnung 1994 (Oö. BauO 1994) normiert betreffend Einwendungen der Nachbarn Folgendes:

Abs.1: Nachbarn sind

1. bei Wohngebäuden einschließlich der zugehörigen Stellplätze für Kraftfahrzeuge sowie der allenfalls vorgeschriebenen Neben- und Gemeinschaftsanlagen: die Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen der Grundstücke, die vom zu bebauenden Grundstück höchstens zehn Meter entfernt sind;

2. bei allen anderen Bauvorhaben sowie für die Nachbarrechte im Sinn des Abs. 5: die Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen der Grundstücke, die vom zu bebauenden Grundstück höchstens 50 Meter entfernt sind.

Die Stellung als Nachbar besteht jedoch jeweils nur unter der Voraussetzung, dass diese Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen durch das Bauvorhaben voraussichtlich in ihren subjektiven Rechten beeinträchtigt werden können. Personen, denen ein Baurecht zusteht, sind Grundeigentümern oder Grundeigentümerinnen gleichgestellt.

[...]

Abs.3: Nachbarn können gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, dass sie durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechten verletzt werden, die entweder in der Privatrechtsordnung (privatrechtliche Einwendungen) oder im öffentlichen Recht (öffentlich-rechtliche Einwendungen) begründet sind.

Abs.4: Öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn sind im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechts oder eines Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Dazu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen. Ein Schutz gegen Immissionen besteht jedoch insoweit nicht, als die Nachbargrundstücke oder die darauf allenfalls errichteten Bauwerke nicht für einen längeren Aufenthalt von Menschen bestimmt oder geeignet sind und die Errichtung solcher Bauwerke auf Grund faktischer oder rechtlicher Umstände auch in Hinkunft nicht zu erwarten ist. Als längerer Aufenthalt gilt dabei jedenfalls nicht ein wenn auch mehrmaliger oder öfterer, jeweils aber nur kurzzeitiger vorübergehender Aufenthalt von Menschen. Überdies kann der Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen nicht dazu führen, dass die Baubewilligung für ein Bauvorhaben, das nach der für das Baugrundstück geltenden Flächenwidmung zulässig ist, grundsätzlich versagt wird.

[...]

Abs.6: Bei baulichen Anlagen, die auch einer gewerbebehördlichen Genehmigung bedürfen, sind Einwendungen der Nachbarn, mit denen der Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen geltend gemacht wird, nur zu berücksichtigen, soweit sie die Frage der Zulässigkeit der Betriebstype in der gegebenen Widmungskategorie betreffen.

 

III.2. Verwaltungsverfahren:

 

Gemäß § 42 Abs.1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991(AVG) hat dies, wenn eine mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs.1 zweiter Satz [Anm.: Kundmachung an der Amtstafel der Gemeinde, durch Verlautbarung in Dir für amtliche Kundmachung in der Behörde bestimmten Zeitung oder durch Verlautbarung im elektronischen Amtsblatt der Behörde] und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemacht wurde, zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung während der Amtsstunden bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt. […]

[…]

Nach Abs.2 dieser Bestimmung erstreckt sich, wenn eine mündliche Verhandlung nicht gemäß Abs.1 kundgemacht wurde, die darin bezeichnete Rechtsfolge nur auf jene Beteiligten, die rechtzeitig die Verständigung von der Anberaumung der Verhandlung erhalten haben.

[…]

 

III.3. Verfahren vor dem Verwaltungsgericht:

 

Gemäß § 24 Abs.4 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG),
kann das Verwaltungsgericht, sofern durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrages von der Durchführung einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art.6 Abs.1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

 

Nach § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid […] auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3) […] zu überprüfen.

 

Gemäß § 28 Abs.1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.  

 

 

IV. Das Verwaltungsgericht hat erwogen:

 

IV.1. Im Grunde der Bestimmung des § 31 Abs.4 Oö. BauO 1994 bestehen nachbarrechtliche und damit subjektiv-öffentliche Interessen im Zusammenhang mit der Bauweise, der Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, der Lage des Bauvorhabens, der Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, der Gebäudehöhe, der Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen.

 

Selbst unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es sich dabei um eine bloß deklarative Aufzählung der Nachbarinteressen handelt, beschränkt sich das Vorbringen der Bf auf den Bereich des Immissionsschutzes, und dabei im Besonderen auf die Themenbereiche Lärm und Geruch auch wenn dafür in manchen Passagen des Vorbringens der (ursachenbeschreibende) Begriff „Verkehrsverhältnisse“ verwendet wird. Eine darüber hinausgehende Verletzung zwingender Bestimmungen des Baurechts durch das beantragte Bauvorhaben wird vor dem Hintergrund des oben zitierten Interessenskataloges nicht substantiiert ausgeführt. Insbesondere beziehen sich all jene Argumente, die einen raumordnungsrechtlichen Bezug aufweisen, im Kern wiederum auf die in diesem Regelungsregime verankerten Aspekte des (mittelbaren) Immissionsschutzes. Der raumordnungsrechtliche Akt an sich wird nicht bekämpft bzw. in Zweifel gezogen.

 

IV.2. Aus dem vorgelegten Verfahrensakt ergibt sich, abgesehen von der Rechtspersönlichkeit der Bw (H GmbH) insbesondere aus den Feststellungen des beigezogenen Amtssachverständigen für Bautechnik im Befund zu seinem im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 18.11.2014 erstellten Gutachten zweifelsfrei (und wird dies von den Bf nicht nur nicht bestritten, sondern im Gegenteil im Rahmen der eigenen Argumentation explizit vorgebracht) die sachliche Zurechnung der beantragten Baumaßnahme zum Gewerbebetrieb der Bw, welche dafür nach Auskunft der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land (als Gewerbebehörde) seit dem Jahr 2004 über eine aufrechte Gewerbeberechtigung und eine entsprechende Betriebsanlagengenehmigung verfügt. Für das gegenständliche Bauvorhaben ist daher jedenfalls auch eine gewerbebehördliche Genehmigung erforderlich.

 

Auf der Grundlage des (im sachlichen Zusammenhang mit Abs.4 dieser Bestimmung spezielleren) § 31 Abs.6 Oö. BauO 1994 sind immissionsspezifische Einwendungen der Nachbarn im Bauverfahren nun aber nur soweit zu berücksichtigen, als sie die Frage der Zulässigkeit der Betriebstype in der gegebenen Widmungskategorie betreffen. Dies deshalb, weil der Gesetzgeber den jeweiligen Regelungsregimen immanente Doppelgleisigkeiten bei der Berücksichtigung von Schutzinteressen hintanhalten will.

 

Die Frage der Betriebstypenzulässigkeit wurde von den Bf aber nie releviert, was bedeutet, dass von den Bf im Zuge des Verfahrens keine (tauglichen, d.h. aus Sicht der Verfahrenslegitimation zulässigen) Einwendungen im Sinne des § 41 Abs.1 AVG erhoben wurden. Durch unzulässige Einwendungen kann aber – da die übrigen Tatbestandelement der Bestimmung vorliegen – der Eintritt der Rechtsfolge des Verlustes der Parteistellung nicht verhindert werden (vgl. zuletzt im Ergebnis darauf aufbauend VwGH vom 20.01.2015, Ra 2014/06/0055).

 

IV.3. Abschließend ist jedoch festzuhalten, dass das gegenständliche Vorhaben und dem zu Folge die damit verbundenen Immissionen in einem gesonderten gewerbebehördlichen Genehmigungsverfahren zu behandeln sein werden.

 

 

V. Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass die Bf nach Ende der mündlichen Verhandlung im erstinstanzlichen Verwaltungsverfahren ihre Parteistellung verloren haben und bereits die gegen den Bescheid des Bürgermeisters eingebrachten Berufungen als unzulässig zurückzuweisen gewesen wären. Nichts anderes ist daher für die gegenständlichen Beschwerden anzunehmen.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Markus Kitzberger