LVwG-410840/7/Zo/AM

Linz, 02.02.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Gottfried Zöbl über die Beschwerde des Herrn I B, geb. x, x, P, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G S, x, L, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 22. Juni 2015, GZ VStV/914301380246/2014 wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs. 1 Z 1 Glücksspielgesetz

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht in der Höhe von 2.400 Euro (das sind 20 % der Strafe) zu leisten.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich (im Folgenden: belangte Behörde) vom 22. Juni 2015,
GZ VStV/914301380246/2014, wurden über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) vier Geldstrafen von je 3.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 20 Stunden) pro Glücksspielgerät, wegen Übertretungen nach § 52 Abs. 1 Z 1 erstes Tatbild GSpG in der Fassung BGBl Nr. 105/2014 verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von insgesamt 1.200 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

„Sie haben, wie am 15.10.2014, um 13:25 Uhr, in L, x, im Lokal mit der Bezeichnung „C M“, von Organen der Finanzpolizei des Finanzamtes L anlässlich einer Kontrolle festgestellt worden ist, als das zur Vertretung nach außen berufene Organ bzw. als Geschäftsführer der Fa. B A GmbH mit Sitz in x, P, und somit als Unternehmer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen mit folgenden im Eigentum der Fa. B A GmbH stehenden Glücksspielgeräten veranstaltet

 

FA 1), Gehäusbezeichnung „Diplomat“, Seriennr. ubk.

FA 2), Gehäusebezeichnung „Terminator Internet Terminal“, Seriennr. ubk.

FA 3), Gehäusebezeichnung „Diplomat“, Seriennr. ubk.

FA 4), Gehäusebezeichnung „Diplomat“, Seriennr. ubk.

 

mit welchen zumindest seit 01.01.2013 wiederholt Glücksspiele in Form von Walzenspielen durchgeführt wurden und in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wurde, weil die dafür erforderliche Konzession des Bundesministeriums für Finanzen nicht vorlag.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

 

§ 9 Abs. 1 VStG iVm §§ 2 Abs. 1 und 4 GSpG und 52 Abs. 1 Zi. 1 Tatbild 1 GSpG“

 

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Tatbestand der dem Bf zur Last gelegten Verwaltungsübertretung durch die eigene dienstliche Wahrnehmung der Organe des Finanzamtes L und die vorgelegte Anzeige vom 21.10.2014 sowie aufgrund des behördlich durchgeführten Ermittlungsverfahrens zweifelsfrei erwiesen wäre. Daher stehe fest, dass der Bf die im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung begangen habe.

Bei einer Kontrolle von Organen der Finanzpolizei hätten bei den vier beschlagnahmten Terminals folgende Spielabläufe festgestellt werden können:

 

Nach Eingabe von Geld für das Spielguthaben, Auswahl des Spieles und Aufrufen zur Durchführung hätte ein Spieleinsatz ausgewählt werden können, dem jeweils ein entsprechender Gewinnplan mit den in Aussicht gestellten, unterschiedlich hohen Gewinnen, in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen zugeordnet gewesen wäre. Mit jeder Steigerung des Einsatzbetrages wären sämtliche Werte im zugehörigen Gewinnplan erhöht worden. Das Spiel wäre mit der Tastenbetätigung ausgelöst worden. Damit wäre zunächst der gewählte Einsatzbetrag vom Spielguthaben abgezogen und danach das Walzenspiel ausgelöst worden. Dabei wären die in senkrechten Reihen angeordneten Symbole so in ihrer Lage verändert worden, dass der optische Eindruck von rotierenden Walzen entstanden wäre. Der Spielerfolg wäre nach jedem Stillstand der Walzen in Form eines Gewinnes oder des Verlustes des getätigten Einsatzes festgestanden. Ein Vergleich der nun neu zusammengesetzten Symbole mit den im Gewinnplan angeführten gewinnbringenden Symbolkombinationen ergäbe nun einen Gewinn oder den Verlust des Einsatzes. Die Spieler hätten keinerlei Möglichkeit, gezielt Einfluss auf das Zustandekommen gewinnbringender Symbolkombinationen zu nehmen. Die Entscheidung über das Spielergebnis hinge ausschließlich vom Zufall ab. Spieler könnten nur einen Einsatz und den dazugehörigen Gewinnplan auswählen und die Start-Taste betätigen.

Offensichtlich handle es sich um Ausspielungen iSd § 2 GSpG, weil Spieleinsätze zu leisten und Gewinne in Aussicht gestellt würden. Mangels Vorliegen einer Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz wäre von einer verbotenen Ausspielung iSd § 2 Abs. 1 iVm Abs. 4 GSpG auszugehen. Eine Ausnahme gemäß § 4 Glücksspielgesetz läge offensichtlich nicht vor.

Näher ausgeführt wird weiters, warum die belangte Behörde das Glücksspielgesetz nicht als unionsrechtswidrig erachtet.

Gemäß § 9 Abs. 1 VStG wäre für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengesellschaften des Handelsrechtes strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen sei. Der Bf wäre laut historischem Firmenbuchauszug vom 15.10.2014 Geschäftsführer der B A GmbH mit Sitz in x, P und daher als Veranstalter verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich. Auch die Abgabenbehörde hätte ihn als zum Tatzeitpunkt aktiven Geschäftsführer der Fa. B A GmbH ermittelt. Diese Firma wäre wiederum Eigentümerin der im Spruch angeführten Glücksspielgeräte.

 

I.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitige Beschwerde vom 20. Juni 2015, mit der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt werden. Die Beschwerde ist wie folgt begründet:

 

„2. Rechtswidrigkeit des Bescheides:

 

 

 

a. Der Beschwerdeführer bekämpft, dass es als Erwiesen anzunehmen ist, dass durch die gegenständlichen Glücksspielgeräte seit zumindest 01.01.2013 Spiele in Form von virtuellen Walzenspielen durchgeführt werden.

 

Diese Feststellungen sind durch das durchgeführte Beweisverfahren keineswegs gedeckt. Ganz im Gegenteil war es den Kunden bekannt, dass bei den gegenständlichen Automaten keine vermögenswerten Leistungen in Aussicht gestellt werden (Gewinn). Es handelt sich bei den Geräten um reine Unterhaltungsautomaten, bei denen max. Punkteguthaben zu spielen sind. Auszahlungen insbesonders im Form von vermögenswerten Leistungen wurde den Kunden nie in Aussicht gestellt.

 

 

 

Es liegen daher keine Ausspielungen iSd des §2 Abs 4 GSpG vor.

 

 

 

b. Bei den gegenständlichen Geräten FA1 bis FA4 handelt es sich um Glücksspielgeräte bei denen Serienspiele möglich sind und eine „Automatik-Start-Taste“ vorhanden ist. An der Geräten ist zusätzlich ein Maximaleinsatz von über EUR 10,00 möglich. Die Bestimmung des § 52 Abs. 2 GSpG legt fest, dass eine allfällige verwaltungsbehördliche Strafbarkeit nach § 168 StGB zurücktritt, wenn der Einsatz pro Spiel mehr als 10 Euro beträgt, weil es sich diesfalls nicht mehr um „geringe Beträge“ handle. Dies bedeute jedoch nicht, dass bei unterhalb dieser Betragsgrenze gelegenen Spieleinsätzen a priori keine gerichtlich strafbare Handlung vorliegen kann, weil der Tatbestand des § 168 StGB nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes auch bei geringen Einsätzen dann erfüllt ist, wenn - wie gerade bei den gegenständlichen Glücksspielautomaten - sog. „Serienspiele“ möglich sind.

 

Zuständig ist daher allenfalls für ein strafrechtliches Verhalten iSd § 168 StGB das zuständige Bezirksgericht, (vgl. OGH 3.10.2002, 12 Os49/02; OGH 2.7.1992, 15 Os 21/92 uvm.)

 

Die vorgeworfene Tat ist daher als Verwaltungsübertretung nicht strafbar, weil sie den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der ordentliche Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Eine Zuständigkeit der Landespolizeidirektion scheidet schon aus diesen Überlegungen aus.

 

Der am 01.03.2014 in Kraft getretene § 52 Abs. 3 GSpG (idF BGBl I Nr.13/2014), der eine umgekehrte Subsidiaritätsregel für das Glücksspielrecht vorsieht, ändert auch nichts daran, zumal die Behörde von Tatzeiträumen ab 01.01.2013 (somit vor 01.03.2014) ausgeht und eine einmal eingetretene Subsidiarität nicht rückwirkend aufgehoben werden (vgl VwGH 07.12.2013, Zl. 2012/17/0507) . Folgerichtig vermag auch die nachträgliche gesetzliche Umkehrung der Subsidiaritätsregel an der in der Vergangenheit eingetretenen Verdrängung des Verwaltungsdeliktes nichts zu ändern.

 

c. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde handelt es sich bei der Entscheidung LVwG-410287/42/GfMu vom 29.05.2015 nicht um eine Mindermeinung des Landesverwaltungsgerichts OÖ. Vielmehr ist es so, dass sich das Landesverwaltungsgericht erstmalig in dieser Entscheidung mit der Stellungnahme des BMF vom 18.09.2014 auseinandergesetzt hat. Das Landesverwaltungsgericht hat mittlerweile auch in der Entscheidung LVwG-410600/10/Mu vom 24.06.2015 ausgesprochen, dass das GSpG in der geltenden Fassung unionsrechtswidrig ist.

 

Die Stellungnahme des Bundesministeriums für Finanzen vom 18. September 2014 besteht in inhaltlicher Hinsicht im Wesentlichen aus einer Wiederholung der im Glücksspielbericht 2010-2013 enthaltenen Ausführungen. Zum „Glücksspiel Bericht 2010-2013“ hat das Landesverwaltungsgericht ausgeführt, „dass dieser keine Bezugnahme auf eine allfällige Rechtsgrundlage enthält. Objektiv lässt sich daher nicht beurteilen, ob es sich hierbei um den in § 60 Abs. 25 Z. 5 GSpG gesetzlich geforderten „Evaluierungsbericht“ handelt. Jedenfalls weist dieser Bericht zweifelsfrei weder die rechtliche Qualität eines Sachverständigengutachtens noch einer wissenschaftlichen Abhandlung o.Ä. auf.

 

Soweit er inhaltlich über eine bloße Darstellung der Rechtslage und der Zielsetzungen der in diesem Zeitraum ergangenen Novellierungen des GSpG hinausgeht, wird einerseits auf eine wissenschaftliche Studie der Universität Hamburg verwiesen; die in dieser Untersuchung erhobene Anzahl von 64.000 glücksspielsüchtigen Personen in Österreich wurde allerdings nicht faktisch verifiziert, sondern lediglich statistisch hochgerechnet, sodass diese Zahl – davon ausgehend, dass sich tatsächlich bloß 68 der telefonisch befragten Personen selbst als glücksspielsüchtig eingeschätzt haben – einem gerichtlichen Verfahren nicht als Faktum zu Grunde legen lässt.

 

Demgegenüber haben sich andererseits keine Anhaltspunkte ergeben, dass die im Wege einer anderen Studie erhobene Zahl an Fällen von glücksspielmotivierter (Beschaffungs-) Kriminalität in der Steiermark (38 im Jahr 2006 und 36 im ersten Halbjahr 2007) nicht zutreffen würde; Gleiches gilt zum einen für die Intensivierung der staatlichen Aufsicht über legale Glücksspielanbieter, insbesondere hinsichtlich deren Anbindung an ein Datenrechenzentrum und der bescheidmäßigen Vorschreibung von Werbestandards, sowie zum anderen bezüglich der Zahl von ca. 6.000 vorläufig beschlagnahmten Eingriffsgegenständen.

 

All dies berücksichtigend erachtet das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich daher in tatsächlicher Hinsicht als

 

nicht erwiesen,

 

·         dass in Österreich 64.000 Personen spielsüchtig sind und dass es in Österreich beispielsweise mehr spielsüchtige (substanzunabhängige Verhaltenssucht) als drogenabhängige (substanzabhängige Verhaltenssucht) gibt,

·         dass die Spielsucht in Österreich ein erhebliches, einen unverzüglichen staatlichen Handlungsbedarf hinsichtlich Spielerschutzmaßnahmen begründendes gesellschaftliches Problem darstellt(e), und

·         dass das Glücksspiel, insbesondere das Automatenglücksspiel, tatsächlich ein echtes Kriminalitätsproblem verkörpert(e), weil Verstöße gegen glücksspielrechtliche Bestimmungen nur in relativ geringem Ausmaß schwere (strafrechtlich zu ahndende) Delikte bildeten; zum weitaus überwiegenden Teil handelte es sich dagegen bloß um Ordnungswidrigkeiten, nämlich um Verstöße gegen Vorschriften zur effektiven Sicherung und Aufrechterhaltung des bestehenden Monopolsystems

 

erwiesen,

 

·         dass die Staatseinnahmen aus dem Glücksspiel jährlich ca. 500 Mio. Euro betragen (und die Monopolbetriebe damit zu den 5 größten Steuerleistern in Österreich zählen),

·         dass der Spielerschutz seit dem Inkrafttreten der GSpG-Novelle 2010 – wenngleich nicht perfektioniert, so doch (im Wege entsprechender Auflagenvorschreibungen an die Konzessionäre) – erheblich verbessert wurde,

·         dass die Monopolisten eine aggressive Expansions- und Werbestrategie verfolgen, sowie

·         dass der Staat, insbesondere die staatlichen Behörden die Notwendigkeit einer Monopolregelung nicht nachgewiesen haben, sodass insbesondere nicht erkennbar ist, weshalb eine strenge Konzessionsprüfung (Eigenkapitalausstattung, Spielerschutzauflagen, Vertrauenswürdigkeit, etc. bis hin zu hohen Verfahrensabgaben) ohne zusätzliche (auf eine Bedarfsprüfung hinauslaufende) Beschränkung auf eine bestimmte Zahl von Anbietern zur Zielerreichung nicht in gleicher Weise ausreichend sein soll

 

Im Ergebnis bedeutet dies folgendes:

 

Um den Anforderungen des Art. 56 AEUV zu entsprechen, müsste insgesamt besehen mindestens einer der in der Judikatur des EuGH anerkannten, einen Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit rechtfertigenden zwingenden Gründe des Allgemeininteresses (Spielerschutz, Kriminalitätsbekämpfung, o.Ä.) jene Ziele, die in ungerechtfertigter Weise mit den Eingriffsbefugnissen einhergehen, tatsächlich und eindeutig überwiegen.

 

Angesichts dieses Prüfungsmaßstabes ergibt sich allerdings, dass das in den §§ 3 ff GSpG normierte System des Glücksspielmonopols deshalb in Art. 56 AEUV keine Deckung findet und somit dem Unionsrecht widerspricht, weil dieses einerseits tatsächlich nicht auf einem durch die Rechtsprechung des EuGH anerkannten zwingenden Grund des Allgemeininteresses – wie etwa dem Verbraucherschutz (in Form des Spielerschutzes und der Suchtvorbeugung) oder der Kriminalitätsbekämpfung und der Kriminalitäts-, insbesondere Betrugsprävention – basiert, sondern de facto primär der Sicherung einer verlässlich kalkulierbaren Quote an Staatseinnahmen (in Höhe von 0,4% der jährlichen Gesamteinnahmen des Bundes) dient sowie andererseits – und unabhängig davon – auch die konkrete Ausgestaltung des Monopolsystems (Privatisierung durch Übertragung der zwar sowohl strengen Antrittsvoraussetzungen als auch einer rigiden staatlichen Kontrolle unterliegenden Ausübungsbefugnisse nicht auf eine unbeschränkte, sondern – im Sinne einer Bedarfsprüfung – auf eine bloß limitierte Anzahl von Konzessionären) und die den staatlichen Behörden zur Abwehr von Beeinträchtigungen dieses Monopols gesetzlich übertragenen Eingriffsbefugnisse (Betretungs-, Einschau-, Informations- und Überprüfungsrechte; vorläufige und/oder endgültige Beschlagnahme; Verwaltungsstrafe; Einziehung, Betriebsschließung) insbesondere mangels generell fehlender Notwendigkeit einer vorhergehenden richterlichen Ermäßigung jeweils unverhältnismäßig sind.

 

Widerspricht eine innerstaatliche Regelung dem Unionsrecht, so hat diese nach ständiger Rechtsprechung des EuGH faktisch unangewendet zu bleiben. Konkret bedeutet dies insbesondere, „dass der Verstoß eines Wirtschaftsteilnehmers gegen eine Regelung im Glücksspielbereich nicht zu Sanktionen führen kann, wenn diese Regelung mit Art. 56 AEUV nicht vereinbar ist“ (vgl. EuGH vom 30. April 2014, C-390/12 [Pfleger, EU:C:2014:281], RN 64, m.w.N.)

3. Verfahrensfehler der belangten Behörde

 

Aufgrund der vorliegenden Rechtsprechung des VfGH zur Zahl B 422/2013 vom 13.6.2013 steht fest, dass festgestellt hätte werden müssen, welche Einsätze auf welchem Terminal bei welchem Spiel geleistet werden können oder nicht. Dies betrifft jedes einzelne Spiel pro Terminal. Die Aktenlage lässt erkennen, dass die einschreitenden Behörden nicht der Rechtsprechung entsprechend gehandelt haben, da sich aus den Akten ergibt, dass die Behörden -wenn überhaupt lediglich- 1 Spiel probegespielt haben. Die Behörden haben auch keine Feststellungen zu möglichen Höchsteinsätzen getroffen. Wie sich aus der jüngsten Entscheidung des LVwG-410301/12/ER/HUE/PP jedoch ergibt, hat die Behörde jedenfalls die ihr obliegenden Verpflichtung zur Feststellung des zur Beurteilung des Vorliegens der Gerichtszuständigkeit notwendigen Sachverhalts zu erheben und daher jedenfalls Feststellungen zu möglichen Höchsteinsätzen zu treffen. (mwN VwGH 2012/17/0507)

 

Das Ermittlungsverfahren an sich ist somit derart mangelhaft geblieben, dass eine Erlassung des hier angefochtenen Bescheides nach den geltenden Verfahrensvorschriften rechtlich unzulässig ist.“

 

I.3. Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 7. Juli 2015 die Beschwerde dem Oö. Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

 

 

II.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den unter gleichzeitiger Vorlage der Beschwerde übermittelten Verfahrensakt, insbesondere die im Akt einliegende Dokumentation, in eine Stellungnahme des BMF vom September 2014 samt Glücksspielbericht 2010 - 2013 und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 9. November 2015. Zu dieser Verhandlung sind der Bf und sein rechtsfreundlicher Vertreter sowie ein Vertreter des Finanzamtes erschienen. Vom Vertreter des Bf wurde in der mündlichen Verhandlung die Anregung vorgebracht, das ggst. Verfahren auszusetzen, da zum Beschlagnahmeverfahren betreffend die ggst. Kontrolle eine ao. Revision an den VwGH erhoben wurde. In der mündlichen Verhandlung wurde bezüglich der Funktionsweise der Geräte auf das Tonbandprotokoll im Beschlagnahmeverfahren, Zl. LVwG-410513/11 vom 5.5.2015 verwiesen und dieses verlesen. Zudem wies der Vertreter des Bf darauf hin, dass dem Bf sowohl das Veranstalten der Glücksspiele in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der B A GmbH als auch das Unternehmerisch-Zugänglich-Machen in seiner Eigenschaft als Inhaber des C M vorgeworfen werde und es sich hierbei um eine Doppelbestrafung handle. Der Evaluierungsbericht des BMF zu den Auswirkungen des Glücksspielgesetzes 2010 – 2014 sowie die Studie „Glücksspielverhalten und Glücksspielprobleme in Österreich – Ergebnisse der Repräsentativerhebung 2015“ des ISD wurden dem Vertreter des Bf zur Kenntnis gebracht. Er gab dazu, trotz gegenteiliger Ankündigung, keine Stellungnahme ab.

 

II.2. Das Landesverwaltungsgericht Oö. geht bei seiner Entscheidung von folgendem relevanten Sachverhalt aus:

 

Bei einer von der Abgabenbehörde als Organ der öffentlichen Aufsicht am
15. Oktober 2014 um 13:25 Uhr im Lokal mit der Bezeichnung „C M“ in L, x durchgeführten Kontrolle wurden folgende Geräte betriebsbereit vorgefunden, mit Versiegelungsplaketten versehen und vorläufig beschlagnahmt:

 

FA 1), Gehäusbezeichnung „Diplomat“, Seriennr. ubk.

FA 2), Gehäusebezeichnung „Terminator Internet Terminal“, Seriennr. ubk.

FA 3), Gehäusebezeichnung „Diplomat“, Seriennr. ubk.

FA 4), Gehäusebezeichnung „Diplomat“, Seriennr. ubk.

 

Die verfahrensgegenständlichen Geräte wurden am Tag der finanzbehördlichen Kontrolle am 15. Oktober 2014 sowie seit 1.1.2013 von der B A GmbH betrieben, um aus der Durchführung von Glücksspielen selbstständig und nachhaltig Einnahmen zu erzielen und sie standen in diesem Zeitraum in einem öffentlich zugänglichen Bereich im oa. Lokal eingeschaltet und betriebsbereit für Spieler zur Verfügung.

 

Die B A GmbH ist Eigentümerin der Geräte mit den FA-Nrn. 1 bis 4. Der Bf war zum vorgeworfenen Tatzeitraum handelsrechtlicher Geschäftsführer dieser Firma und zudem (als Einzelunternehmer) Betreiber des Lokals „C M“.

 

Keine dieser natürlichen und juristischen Personen war im Besitz einer Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG für die verfahrensgegenständlichen Geräte. Es lag keine Konzession oder Bewilligung für damit in O stattfindende Ausspielungen vor.

 

Von den Organen der Finanzpolizei wurden folgende Probespiele durchgeführt:

 

FA-Nr Spiel mögliche Einsätze in Aussicht gestellte Gewinne

1 „Hot Fruits“ 2 Euro 20 Euro + 15 Supergames (SG)

2 „Fruity Bars“ 0,50 Euro 20 Euro + 78 SG

3 „Ring of Fire“ 3 Euro 20 Euro + 448 SG

4 „Submarine“ 3 Euro 20 Euro + 158 SG

 

Der Spielablauf stellt sich bei den verfahrensgegenständlichen Geräten mit den FA-Nrn. 1 bis 4 generalisierend wie folgt dar:

 

Bei diesen Geräten konnten virtuelle Walzenspiele gespielt werden. Für einen bestimmten Einsatzbetrag in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen wurden Gewinne in Aussicht gestellt. Nach Eingabe von Geld für das Spielguthaben, Auswahl eines Spiels und Aufrufen zur Durchführung konnte ein Spieleinsatz ausgewählt werden, dem jeweils ein entsprechender Gewinnplan mit den in Aussicht gestellten, unterschiedlich hohen Gewinnen in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen zugeordnet war. Das Spiel wurde mit der Starttaste ausgelöst. Damit wurde zunächst der gewählte Einsatzbetrag vom Spielguthaben abgezogen und danach das Walzenspiel ausgelöst. Dabei wurden die in senkrechten Reihen angeordneten Symbole so in ihrer Lage verändert, dass der optische Eindruck von rotierenden Walzen entstand. Ein Vergleich der neu zusammengesetzten Symbole mit den im Gewinnplan angeführten gewinnbringenden Symbolkombinationen ergab nun einen Gewinn oder den Verlust des Einsatzes, der Spielerfolg stand daher nach jedem Stillstand der Walzen in Form eines Gewinnes oder des Verlustes des getätigten Einsatzes fest. Das Spielergebnis hing ausschließlich vom Zufall ab, Spieler hatten keine Möglichkeit bewusst Einfluss auf den Ausgang der Spiele zu nehmen.

 

Der Bf ist österreichischer Staatsbürger, verfügt über ein monatliches Einkommen von 1.666 Euro netto, hat keine Sorgepflichten, kein relevantes Vermögen und keine Schulden.

 

II.3. Im Jahr 2015 weisen in Österreich zwischen 0,34% und 0,60% der Bevölkerung ein problematisches Spielverhalten auf, die Zahl der Problemspieler beträgt daher entsprechend zwischen ca. 19.900 und ca. 35.800 Personen. Zudem sind 2015 in Österreich zwischen ca. 27.600 bis etwa 46.000 Personen aktuell spielsüchtig. Diese Werte sind im Vergleich zum Jahr 2009 annähernd konstant. Männer weisen zu höheren Anteilen ein problematisches und pathologisches Spielverhalten auf als Frauen. Innerhalb der verschiedenen Altersgruppen stellt sich das Ausmaß vorhandener Spielprobleme sehr unterschiedlich dar, wobei die 14- bis 30-Jährigen sich diesbezüglich am stärksten betroffen zeigen.

 

Ausgehend vom Jahr 2015 haben 41% der Bevölkerung (14 bis 65 Jahre) in den letzten 12 Monaten irgendein Glücksspiel um Geld gespielt, dieser Wert ist seit kaum verändert (2009: 42%). Das klassische Lotto „6 aus 45“ ist das beliebteste Glücksspiel in Österreich. Jeder dritte Österreicher hat dieses Spiel im Jahr 2015 mindestens einmal in den letzten 12 Monaten gespielt (ca. 33%), der prozentuale Anteil für die 30-Tages-Prävalenz beträgt ca. 20%. Seit 2009 haben sich diese Werte so gut wie nicht geändert (jeweils nur um ca. ± 1 Prozentpunkt). Dagegen ist für diesen Zeitraum eine deutliche Zunahme bei der europäischen Lotterie, den Euromillionen, zu konstatieren: Der Prozentwert für die monatliche Teilnahme hat sich von etwa 4% auf etwa 8% verdoppelt. Auch beim Joker gibt es seit 2009 einen prozentualen Anstieg. Inzwischen spielt jede siebte Person mindestens einmal im Jahr dieses Glücksspiel (ca. 14%). Damit ist es das zweitverbreitete Glücksspiel in Österreich. Bei den Rubbellosen – die auf dem vierten Platz liegen – sind nur geringe Veränderungen zwischen 2009 und 2015 vorhanden. Alle anderen Glücksspiele besitzen bezogen auf die Spielteilnahme in der Gesamtbevölkerung eine nachgeordnete Bedeutung: Das gilt für die Sportwetten genauso wie für die klassischen Kasinospiele, bei denen 2015 jeweils etwa 4% in den letzten 12 Monaten gespielt wurden. Glücksspielautomaten in Kasinos und in Spielhallen werden von noch weniger Personen gespielt. In den letzten 12 Monaten haben am Automatenglücksspiel in Spielbanken ca. 0,5% teilgenommen, im Jahr 2009 waren dies ca. 0,6% bezogen auf die 12-Monats-Prävalenz. Bezüglich der Teilnahme am Automatenglücksspiel außerhalb von Spielbanken (Spielhallen, Einzelaufstellungen, illegale Glücksspielautomaten) ist der Wert bezogen auf die 12-Monats-Prävalenz von ca. 1,2% im Jahr 2009 auf ca. 1% im Jahr 2015 zurückgegangen.

 

Der monatliche Geldeinsatz für Glücksspiele hat im Zeitraum von 2009 auf 2015 leicht zugenommen und zwar wurden von den Glücksspielenden 2015 im Durchschnitt etwa 57 € pro Monat für Glücksspiele ausgegeben im Vergleich zu 53 € im Jahr 2009. Auf der Ebene der einzelnen Glücksspielarten bestehen hier jedoch sehr unterschiedliche Entwicklungen. Der Geldeinsatz ist 2015 am höchsten bei den Automatenspielen außerhalb der Kasinos. Im Durchschnitt werden hierfür von den Spielern pro Monat ca. 203 € eingesetzt, vor sechs Jahren lag der entsprechende Wert sogar bei etwa 317 €. Es folgen die klassischen Kasinospiele mit einem Mittelwert von ca. 194 €. Auch für diese Glücksspielform wird im Jahr 2015 durchschnittlich weniger Geld aufgewendet als in 2009. Stark angestiegen sind dagegen im betrachteten Zeitraum die Geldeinsätze für Sportwetten, diese haben sich von ca. 47 € auf ca. 110 € mehr als verdoppelt.

 

Die Anteile problematischen und pathologischen Spielens unterscheiden sich je nach Glücksspielart erheblich. Die zahlmäßig große Gruppe der Spieler von Lotterieprodukten beinhaltet anteilsbezogen nur wenige Personen, die ein problematisches oder pathologisches Spielverhalten zeigen (jeweils etwa ein Prozent). Während bei den Rubbellosen sich nur leicht höhere Werte zeigen, ist bei den klassischen Kasinospielen bereits mehr als jeder zwanzigste Spieler betroffen.

 

Auch Sportwetten beinhalten ein erhebliches Risiko, spielbedingte Probleme zu entwickeln. So erfüllen ca. 7,1% dieser Spielergruppe die Kriterien problematischen Spielens und weitere ca. 9,8% zeigen ein pathologisches Spielverhalten. Etwa jeder sechste Sportwetter ist daher von einer Spielproblematik betroffen. Noch höher sind diese Anteile bei Spielautomaten, welche in Spielhallen, Kneipen oder Tankstellen stehen. Etwa 21,2% dieser Spieler sind spielsüchtig. Die Prävalenzwerte für die Automatenspiele der „C A“ nehmen sich im Vergleich dazu eher gering aus. So liegen die Anteile für problematisches Spielen bei ca. 3,7% und für pathologisches Spielen bei ca. 4,4%. Dennoch weist etwa jede zwölfte Person, die in den klassischen Spielbanken am Automaten spielt, glücksspielbedingte Probleme auf. Bei der Prävalenz problematischen und pathologischen Spielens ging die Rate bei Automaten in Kasinos von ca. 13,5% im Jahr 2009 auf ca. 8,1% im Jahr 2015 und bei Automatenaufstellungen außerhalb von Casinos von 33,2% im Jahr 2009 auf 27,2% im Jahr 2015 zurück.

 

Durch Bedienstete des Bundesministeriums für Finanzen bzw. des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel werden stichprobenartig und unangekündigt Spielbankbetriebe nach abgabenrechtlichen und ordnungspolitischen Gesichtspunkten einer Überprüfung auf Einhaltung der gesetzlichen Regelungen unterzogen (sogenannte „Einschau“). Solche Einschauen erfolgen mehrmals jährlich stichprobenartig und unangekündigt durch Bedienstete der BMF-Fachabteilung bzw. des Finanzamts für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel (FAGVG). Neben der Beaufsichtigung des legalen Glücksspiels kommt es auch zur Bekämpfung des illegalen Glücksspiels. So gab es etwa im Jahr 2010 226, 2011 657, 2012 798, 2013 667 und 2014 (bis 3. Quartal) 310 Kontrollen nach dem Glücksspielgesetz, wobei im Jahr 2010 271, 2011 1854, 2012 2480, 2013 1299 und 2014 (bis 3. Quartal) 625 Glücksspielgeräte von der Finanzpolizei vorläufig beschlagnahmt wurden.

 

Im Bereich der Spielbanken wurden gemäß dem jährlichen Bericht des Konzessionärs an die Glücksspielaufsicht im Jahr 2013 in Summe 6.920 Wirtschaftsauskünfte beim KSV 1870, darunter 4.908 über österreichische Spielbankbesucher und 2.012 über Spielbankbesucher aus dem übrigen EU/EWR-Raum eingeholt. Zusätzlich erfolgten bei den Auskunfteien C (vormals D) und B (vormals W) 3.600 online-„Sofort-Checks“. 621.195 Spielbankbesucher aus dem EU/EWR (inklusive Österreich) wurden im Jahr 2013 den monatlichen Screening-Prozessen des Konzessionärs unterzogen. Bei 48.284 davon bestand die begründete Annahme im Sinne des § 25 Abs. 3 GSpG, dass aufgrund der Häufigkeit und Intensität der Spielteilnahme das Existenzminimum gefährdet ist, was zu 1.359 Informationsgesprächen sowie 741 Beratungen bzw. Befragungen führte. Zum 31.12.2013 bestanden in österreichischen Spielbanken bei 22.435 Spielbankbesuchern aufrechte, gültige Einschränkungen der Besuchsmöglichkeiten und 4.381 aktive Selbstsperren. In den VLT-Outlets wurden im Jahr 2013 aus begründetem Anlass 11.330 zur Alterskontrolle anhand eines Lichtbildausweises aufgefordert, wovon in 1.350 Fällen der Zutritt verwehrt wurde. Insgesamt wurden 343 protokollierte Spielerschutz-Informationsgespräche geführt.

 

Beim BMF wurde mit 1.12.2010 eine Spielerschutzstelle eingerichtet. Zu den Aufgaben der BMF-Stabsstelle für Spielerschutz gehören insbesondere folgende Punkte: Fachliche Beurteilung von Spielerschutzkonzepten der Bundeskonzessionäre, Aufklärungs- und Informationsarbeit über die Risiken des Glücksspiels, Schaffung einer besseren Datenlage über die Behandlung und Beratung von Patientinnen durch Spielsuchteinrichtungen in Österreich, Evaluierung der GSpG-Novelle 2010 bis zum Jahr 2014 für den Bereich des Spielerschutzes, Unterstützung der Suchtforschung im Bereich des Glücksspiels, Erarbeitung von Qualitätsstandards hinsichtlich Spielerschutzeinrichtungen im Sinne des Glücksspielgesetzes und Erarbeitung eines Anerkennungsverfahrens für diese, bessere Koordinierung der Arbeit der Spielerschutzeinrichtungen und Erarbeitung/Vorstellung von Best-Practice-Modellen einer Zusammenarbeit zwischen Konzessionären und Bewilligungsinhabern sowie unabhängigen Spielerschutzeinrichtungen, regelmäßiger Erfahrungsaustausch und Dialog zwischen Suchtberatung und Glücksspielaufsicht.

 

Ferner ist durch die GSpG-Novellen 2008/2010 die Anbindung von Glücksspielautomaten und Videolotterieterminals der konzessionierten Unternehmen an die Bundesrechenzentrum GmbH (BRZ) elektronisch festgelegt worden. Aus der elektronischen Anbindung an das Datenrechenzentrum der BRZ können unter anderem folgende Aspekte abgeleitet werden: Erfassung bzw. Kontrolle der minimalen und maximalen Ausschüttungsquoten, Erfassung bzw. Kontrolle der maximalen Ein- und Auszahlungen pro Spiel, Erfassung bzw. Kontrolle der Mindestspieldauer von Einzelspielen, Erfassung bzw. Kontrolle der Abkühlphase und Beschränkung auf die Anzeige spielerschutzbezogener Informationen während dieser Zeit, elektronische Überprüfung der Software-Komponenten zur Verhinderung potenzieller Manipulation von Glücksspielgeräten, Prüfung von Glücksspielgeräten auf die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen von Bund und Ländern durch unabhängige Unternehmen, äußerliche Kennzeichnung genehmigter Glücksspielgeräte über eine Vignette und Anzeige der Verbindung zum Datenrechenzentrum der BRZ am Bildschirm.

 

II.4. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem durchgeführten Beweisverfahren. Die Feststellungen betreffend die durchgeführte Kontrolle sowie die dabei vorgefundenen Geräte, insbesondere auch deren Betriebsbereitschaft in einem öffentlich zugänglichen Bereich, gründen vor allem auf der Anzeige der Finanzpolizei, der Fotodokumentation, dem Aktenvermerk der Finanzpolizei sowie auf den Aussagen des Zeugen in der mündlichen Verhandlung zum Beschlagnahmeverfahren am 5. Mai 2015. Dieser war bei der verfahrensgegenständlichen Kontrolle anwesend und gab unter anderem an, dass die Geräte probebespielt wurden. Die Funktionsweise der Geräte und die Feststellungen zu den auf diesen Gerätschaften möglichen Spielen samt Mindest- und Maximaleinsätzen sowie den dazu in Aussicht gestellten Höchstgewinnen gründen insbesondere auf der Anzeige der Finanzpolizei, der Fotodokumentation sowie der GSp26-Dokumentation sowie auf der Zeugenaussage in der mündlichen Verhandlung. Die Anzeige und der Aktenvermerk der Finanzpolizei enthalten auch eine Beschreibung des Spielablaufs und lässt sich diese Beschreibung auch mit den Lichtbildern, die der Anzeige angeschlossen waren, in Einklang bringen. Die beschriebene Funktionsweise stimmt auch im Wesentlichen mit den festgestellten Abläufen in anderen (veröffentlichten) Entscheidungen zu Walzenspielen überein, sodass aus Sicht des Landesverwaltungsgerichts keine Zweifel an den diesbezüglichen Angaben der Finanzpolizei bestehen. Dass keine der genannten Personen im Besitz einer Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG für die gegenständlichen Geräte war und keine Konzession oder Bewilligung für damit in O stattfindende Ausspielungen vorlag, folgt für das erkennende Gericht daraus, dass weder bei der finanzpolizeilichen Kontrolle, noch im behördlichen bzw. im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eine Bewilligung oder Konzession vorgelegt wurde und das Vorhandensein einer Bewilligung oder Konzession für in O stattfindende Ausspielungen auch nicht behauptet wurde.

 

Die Feststellungen zum Bf bzw. zur B A GmbH (samt den Eigentumsverhältnissen) gründen auf den Angaben der Finanzpolizei in der Anzeige, denen in der mündlichen Verhandlung nicht widersprochen wurde.

Die festgestellte Aufstelldauer der verfahrensgegenständlichen Geräte wurde vom Bf in der öffentlichen mündlichen Verhandlung im Beschlagnahmeverfahren bestätigt, ebenso die Feststellung, dass er auch als Einzelunternehmer Lokalbetreiber ist und über keine Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz verfügt. Ferner führte der Bf aus, dass er regelmäßig Glücksspielabgaben an das Finanzamt leistet und dass für die an den Geräten angebotenen Spiele Einsätze zu leisten waren.

Sowohl aus der Niederschrift im Beschlagnahmeverfahren, deren Richtigkeit die Ehefrau des Bf bestätigt hat, als auch aus im Akt einliegenden und dem Bf in der öffentlichen mündlichen Verhandlung im Beschlagnahmeverfahren zur Kenntnis gebrachten anonymen Anzeigen von Spielern bei der Finanzpolizei geht – entgegen dem Beschwerdevorbringen, wonach an den verfahrensgegenständlichen Geräten nicht um Geld, sondern nur um Punkte gespielt werden könne – hervor, dass vermögenswerte Gewinne in Aussicht gestellt wurden und die erzielten Gewinne auch tatsächlich ausgezahlt wurden. Diese Aussage wiederholte der Bf auch in der Verhandlung am 9. November 2015. Dass die Geräte von der B A GmbH zwecks selbstständiger und nachhaltiger Einnahmenerzielung auf eigene Rechnung betrieben wurden, ergibt sich auch aus den Angaben der Ehefrau des Bf und wurde im gesamten Verfahren nicht bestritten.

 

Die Feststellungen zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen bzw. Sorgepflichten gründen auf den Angaben des Bf in der mündlichen Verhandlung am 9. November 2015.

Die Feststellungen zum Glücksspielverhalten, inklusive des problematischen und pathologischen Spielverhaltens ergeben sich aus der Studie „Glücksspielverhalten und Glücksspielprobleme in Österreich – Ergebnisse der Repräsentativerhebung 2015“ von Dr. Kalke und Prof. Dr. Wurst vom Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung in Hamburg. In dieser Studie ist die Erhebungs- und Auswertungsmethodik nachvollziehbar dargelegt, es sind aus Sicht des erkennenden Gerichts im Verfahren keine Bedenken hinsichtlich der Richtigkeit dieser Studie hervorgekommen. Die Feststellungen zu den Tätigkeiten des BMF, der Finanzpolizei und der Konzessionäre sowie die Feststellungen zur Anbindung an das Bundesrechenzentrum gründen vor allem auf den Angaben des BMF im Glücksspielbericht 2010-2013 und im Evaluierungsbericht des BMF zu den Auswirkungen des Glücksspielgesetzes 2010-2014. Aus Sicht des erkennenden Gerichts bestehen hinsichtlich der diesbezüglichen Ausführungen in der den Berichten keine Bedenken gegen die Richtigkeit, zumal auch davon auszugehen ist, dass das BMF über den Inhalt und Umfang der Tätigkeiten der Behörden Kenntnis hat und aufgrund der Funktion als Aufsichtsbehörde auch über bestimmte Tätigkeiten der Konzessionäre informiert ist. Gründe dafür, dass vom BMF diesbezüglich auf Tatsachenebene falsche Auskünfte gegeben worden wären, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

 

 

III. Rechtsgrundlagen

 

Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 Glücksspielgesetz (GSpG) in der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe von bis zu 60.000 Euro zu bestrafen, wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmen im Sinne des § 2 Abs. 2 GSpG daran beteiligt.

 

Nach § 52 Abs. 2 leg. cit. ist bei Übertretung des Abs. 1 Z 1 mit bis zu drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen für jeden Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 3.000 Euro bis zu 30.000 Euro, bei Übertretung mit mehr als drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen für jeden Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe von 3.000 Euro bis zu 30.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 6.000 Euro bis zu 60.000 Euro zu verhängen.

 

Gemäß § 52 Abs. 3 leg. cit, ist, sofern durch eine Tat sowohl der Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 52 als auch der Tatbestand des § 168 StGB verwirklich ist, nur nach den Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 zu bestrafen.

 

Nach § 168 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) ist derjenige mit einer Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder mit einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, der ein Spiel bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spiels veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird.

 

Ein Glücksspiel im Sinne des GSpG ist ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt (§ 1 Abs. 1 GSpG).

 

Gemäß § 2 GSpG sind Ausspielungen Glücksspiele,

1. die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und

2. bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

 

Gemäß § 2 Abs. 4 GSpG sind Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 ausgenommen sind, verboten.

 

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

IV.1. Hinsichtlich des Glücksspielcharakters der verfahrensgegenständlichen Geräte ist Folgendes auszuführen:

 

Aufgrund der festgestellten Funktionsweise der an den Geräten mit den FA-Nrn. 1 bis 4 verfügbaren virtuellen Walzenspiele ist auch im Hinblick auf die höchstgerichtliche Rechtsprechung (vgl. etwa VwGH 08.09.2005, 2000/17/0201) davon auszugehen, dass das Spielergebnis vorwiegend vom Zufall abhängt und die virtuellen Walzenspiele somit als Glücksspiele iSd § 1 Abs. 1 GSpG zu qualifizieren sind.

 

Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass mit diesen Geräten Glücksspiele veranstaltet wurden, um dadurch selbstständig und nachhaltig Einnahmen zu erzielen. Es handelt sich bei diesen Glücksspielen auch um Ausspielungen iSd § 2 GSpG. Aufgrund der verfahrensgegenständlichen Glücksspielgeräte mit den darauf verfügbaren Spielen, bei denen Spieleinsätze zu leisten und Gewinne in Aussicht gestellt sind, ist – in Ermangelung einer Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz – von einer verbotenen Ausspielung iSd § 2 Abs. 4 GSpG auszugehen. Die Ausspielungen waren auch nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen. Die Behauptung, dass lediglich zu Unterhaltungszwecken gespielt werden konnte, ist durch das Beweisverfahren widerlegt.

 

Die B A GmbH war Eigentümerin der verfahrensgegenständlichen Geräte und diese befanden sich zum Tatzeitpunkt betriebsbereit in einem öffentlich zugänglichen Bereich des Lokals „C M“. Die B A GmbH hat die verbotenen Ausspielungen veranstaltet, indem sie die Spiele auf ihre Rechnung und Gefahr ermöglicht hat, also das Risiko des Gewinns und Verlusts in ihrer Vermögenssphäre getragen hat. Dies hat der Bf als handelsrechtlicher Geschäftsführer zu verantworten. Somit ist der Tatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 erstes Tatbild GSpG in objektiver Hinsicht erfüllt.

 

IV.2. Zur Frage der Zuständigkeit der bescheiderlassenden Behörde:

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 15. Dezember 2014, Ro 2014/17/0121, festgehalten, dass bei Überprüfung der Frage der Zuständigkeit zur Entscheidung die Zuständigkeitsvorschrift heranzuziehen ist, die im Zeitpunkt der Entscheidung der erstinstanzlichen Behörde in Geltung stand. Der bekämpfte Bescheid wurde nach Inkrafttreten des § 52 Abs. 3 GSpG idF BGBl I Nr. 13/2014, konkret am 22.06.2015 erlassen. Der Verfassungsgerichtshof hat darüber hinaus in seiner Entscheidung vom 10. März 2015, E 1139-1140/2014, ausgeführt, „dass § 1 Abs. 2 VStG den Anforderungen des Art. 7 EMRK entsprechend einen umfassenden Günstigkeitsvergleich mehrerer in Betracht kommender Rechtslagen ermöglicht. (...) Für den Verfassungsgerichtshof besteht (...) kein Zweifel, dass die Anwendung der Verwaltungsstrafbestimmung des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG, welche im Gegensatz zur gerichtlichen Strafnorm des § 168 StGB keine Primärfreiheitsstrafe vorsieht, für den Beschwerdeführer in seiner Gesamtaus­wirkung günstiger ist.Ob aufgrund des Umfanges der möglichen Spiele, des möglichen Spieleinsatzes oder aus anderen Gründen eventuell auch der Tatbestand des § 168 StGB verwirklicht wurde, braucht daher nicht weiter beurteilt zu werden, weil auch in diesem Fall iSd zitierten Judikatur gemäß § 52 Abs. 3 GSpG jedenfalls die verwaltungsbehördliche Strafbarkeit, und somit die Zuständigkeit der Landespolizeidirektion Oberösterreich, vorgeht.

 

IV.3. Zum Vorbringen der unzulässigen Doppelbestrafung ist auf das Erkenntnis des VwGH vom 21. 10. 2012, Zl. 2013/17/0138 zu verweisen, wonach durch eine Bestrafung des Veranstalters nach § 52 Abs. 1 Z. 1 erstes Tatbild GSpG eine Bestrafung eines sich unternehmerisch an der Veranstaltung Beteiligenden (§ 52 Abs. 1 Z. 1 viertes Tatbild GSpG) nicht ausgeschlossen ist. Grundlage der vorgenannten Entscheidung war, dass eine natürliche Person sowohl als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer GmbH Glücksspiele veranstaltet, als auch als Betreiber eines anderen, von ersterer GmbH unterschiedlichen Unternehmens, sich daran unternehmerisch beteiligt hat. Eine unzulässige Doppelbestrafung liegt nach Ansicht des VwGH deshalb nicht vor, weil die natürliche Person jeweils für ein unterschiedliches deliktisches Verhalten einzustehen hat. Diese Entscheidung ist auf den vorliegenden Fall zur Gänze übertragbar, weshalb auch hier nicht von einer Doppelbestrafung auszugehen ist.

 

 

V. Zur geltend gemachten Unionsrechtswidrigkeit des GSpG:

 

V.1. Nach der Rsp des EuGH kann ein Glücksspielmonopol geeignet sein, einerseits die Niederlassungsfreiheit, andererseits die Dienstleistungsfreiheit zu beschränken (EuGH Rechtssache Gambelli, C-243/01; Rechtssache Pfleger ua, C-390/12).

 

V.1.1. Hinsichtlich einer behaupteten Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen GSpG ist zunächst festzuhalten, dass nach ständiger Rechtsprechung der Höchstgerichte die Anwendung der unionsrechtlichen Grundfreiheiten Sach­verhalte mit Auslandsbezug voraussetzt (vgl etwa VwGH 27.4.2012, 2011/17/0046). Es ist auch nach der Judikatur des OGH (siehe etwa OGH 21.10.2014, 4 Ob 145/14y) ein Inländer nicht unmittelbar durch die Dienstleistungsfreiheit geschützt. Auch die Entscheidung OGH 4 Ob 244/14g geht davon aus, dass „die Unvereinbarkeit von Bestimmungen des Glücksspiel­gesetzes mit der primärrechtlichen Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit in rein nationalen Fällen nicht zur Unanwendbarkeit dieser Bestimmungen“ führt. Im gegenständlichen Fall ist der Bf österreichischer Staatsbürger und die B A GmbH eine österreichische Gesellschaft. Auch sonst ist im Verfahren kein Auslandsbezug hervorgekommen und es wurde diesbezüglich auch kein (substantiiertes) Vorbringen erstattet, sodass eine (unmittelbare) Anwendung der unionsrechtlichen Grundfreiheiten nicht in Betracht kommt.

 

V.1.2. Hinzu kommt, dass der durch das österreichische GSpG geschaffene gesetzliche Rahmen nach Ansicht des erkennenden Landesverwaltungsgerichtes nicht unionsrechtswidrig ist, was auch im Einklang mit der ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung steht (siehe dazu ausführlich unten). Nach der Rechtsprechung der Höchstgerichte ist zwar entsprechend den Vorgaben des EuGH nicht nur der normative Rahmen von Bedeutung, sondern es ist die unionsrechtliche Zulässigkeit des Glücksspielmonopol auch von der tatsächlichen Wirkung der Regelungen abhängig, sodass zu prüfen wäre, ob die Regelungen des Glücksspielgesetzes in ihrer Gesamtheit dazu führen, dass die vom GSpG bezweckten Wirkungen (etwa Verringerung der Gelegenheit zum Spiel und Bekämpfung der damit verbundenen Kriminalität) erzielt werden (so etwa jüngst VwGH Ro 24.04.2015, 2014/17/0126; OGH 20.01.2015, 4 Ob 231/14w). Wenn aber die gesetzlichen Bestimmungen als solche selbst grundsätzlich mit dem Unionsrecht vereinbar sind, so wären allfällige tatsächlich fehlende Wirkungen dieser Regelungen, die allenfalls zur Unionsrechtswidrigkeit führen könnten, auf die Vollziehung der gesetzlichen Bestimmungen (zB mangelnde Aufsicht) oder das sonstige Agieren des Staates (zB inkohärente Spielerschutzpolitik) zurückzuführen. Eine allfällige dem Anliegen des Spielerschutzes nicht gerecht werdende Beschränkung der unionsrechtlichen Grundfreiheiten wäre dann aber nicht Folge der gesetzlichen Bestimmungen als solchen (vgl OGH 17.02.2015, 4 Ob 229/14a), sondern es würde dies durch das sonstige Agieren des Staates, insbesondere bei Vollziehung der Regelungen des GSpG, verursacht. In einem solchen Fall wäre aber die Konsequenz wohl nicht die Aufhebung des an sich unionsrechtskonformen Gesetzes durch den VfGH wegen Inländerdiskriminierung, vielmehr wäre es Aufgabe der Vollziehung, einen dem Gesetz (unter Beachtung der sich aus dem Unionsrecht ergebenden Vorgaben) entsprechenden Zustand herzustellen. In diesem Sinne wird auch sonst vertreten, dass Gesetze verfassungskonform auszulegen und zu vollziehen sind und es führt eine nicht verfassungskonforme Auslegung durch die Behörden nicht zur Aufhebung des Gesetzes (vgl etwa VfGH 11.12.2012, V8/12 ua). Im Ergebnis kann daher auch aus diesem Grund eine Anfechtung beim Verfassungsgerichtshof durch das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich unterbleiben. Eine allfällige durch das faktische Agieren des Staates geschaffene Inländerdiskriminierung verhilft dem Bf im Übrigen auch sonst nicht zum Erfolg: Es kann grundsätzlich die Rechtmäßigkeit des Verhaltens einer Behörde (im gegenständlichen Fall etwa nach dem GSpG) nicht dadurch in Frage gestellt werden, dass staatliche Stellen in anderen Fällen (andere Personen betreffend) sich rechtswidrig verhalten. Dem Bf erwächst durch eine allfällige zur Unionsrechtswidrigkeit führende Verwaltungspraxis bzw staatliches Agieren kein Rechtsanspruch darauf, dass sein dem GSpG widersprechendes Verhalten nicht geahndet wird, denn dieses Ergebnis wäre ein Anspruch auf die Nichtanwendung des Gesetzes trotz gegebener Tatbestandsmäßigkeit (vgl etwa VfGH 30.09.1991, B 1361/90).

 

Im Ergebnis führen aber die obigen Ausführungen dazu, dass weder die Anfechtung von Regelungen des GSpG (diese bewirken als solche keine Inländerdiskriminierung), noch die Nichtanwendbarkeit dieses Gesetzes bei reinen Inlandssachverhalten (keine Gleichheit bei einem allfälligen durch die Vollziehung bewirkten Unrecht) in Betracht kommen.

 

V.2. Im Übrigen ist zur behaupteten Unionsrechtwidrigkeit noch Folgendes festzuhalten:

 

V.2.1. Gemäß Art 52 iVm 62 AEUV können mitgliedstaatliche Eingriffe in die Freiheiten aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sein. Auch Beschränkungen von Glücksspieltätigkeiten können nach dem EuGH (vgl. etwa Rechtssache Pfleger ua, C-390/12 mwN) durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein. Von den Mitgliedstaaten auferlegte Beschränkungen haben der vom EuGH aufgestellten Voraussetzungen Rechnung zu tragen. Sowohl Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit als auch Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit können durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein, wenn sie geeignet sind, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinn zu gewährleisten, dass sie kohärent, systematisch und verhältnismäßig sind (vgl. EuGH Rechtssache Gambelli, C-243/01; siehe weiters EuGH Rechtssache Dickinger und Ömer, C-347/09; EuGH Rechtssache Pfleger, C-390/12; VwGH 29.05.2015, Ro 2014/17/0049; VwGH 15.12.2014, Ro 2014/17/0121).

 

V.2.2. Wie sich aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt, weisen in Österreich zwischen 0,34% und 0,60% der Bevölkerung ein problematisches Spielverhalten auf, und es sind (Stand 2015) zwischen ca. 27.600 bis ca. 46.000 Personen spielsüchtig. Die Spielsucht stellt daher in Österreich ein relevantes Problem dar. Durch das im GSpG geregelte Glücksspielmonopol sollen unter anderem die Gelegenheiten zum Spiel vermindert, die Ausnutzung der Spielleidenschaft begrenzt und der Spielerschutz gewährleistet werden (vgl. in diesem Zusammenhang etwa die §§ 5, 14, 16, 19, 21, 22, 25, 26, 31 und 56; so ausdrücklich auch die erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zur Novelle BGBl I Nr 73/2010; in diesem Sinne auch bereits die Rsp der österreichischen Höchstgerichte siehe etwa VfGH 06.12.2012, B1337/11 ua; VfGH 12.3.2015, G 205/2014-15 ua; VwGH 7.03.2013, 2011/17/0304, VwGH 4.11.2009, 2009/17/0147; OGH 20.3.2013, 6 Ob 118/12i; 17.02.2015, 4 Ob 229/14a: Aus den gesetzlichen Bestimmungen als solchen sei nicht abzuleiten, dass die Ausgestaltung des Glücksspielrechts nicht dem Ziel des Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung diente). Diese Zielsetzungen vermögen daher eine Beschränkung der Glücksspieltätigkeiten im Sinne der Rsp des EuGH zu rechtfertigen. Dem evidenten Spielsuchtproblem in Österreich soll gerade auch durch das im GSpG geregelte Monopol entgegengetreten werden, wobei es sich bei der Normierung eines Monopolsystems um eine geeignete Maßnahme handeln kann, um den negativen Erscheinungen unkontrollierten Glücksspieles entgegen zu wirken (vgl. EuGH Rechtssache Pfleger, C-390/12 RZ 41).

 

V.2.3. Es ist daher zu prüfen, ob die im GSpG normierten Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit in ihren Wirkungen tatsächlich geeignet sind, dieses Ziel in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen. Hinsichtlich der Eignung der im GSpG normierten Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit zur Erreichung der genannten Ziele in kohärenter und systematischer Weise ist nicht nur zu prüfen, welche gesetzlichen Vorgaben geregelt sind, sondern auch wie diese ungesetzt werden.

 

V.2.3.1. Das GSpG regelt einerseits die Anforderungen an die Erteilung einer Konzession oder Bewilligung zur Durchführung von Ausspielungen sowie deren Einhaltungsvoraussetzungen, andererseits stellt es Ausspielungen, die ohne Konzession oder Bewilligung durchgeführt werden, unter Strafe und ordnet dazu konkrete Verfolgungsmaßnahmen an. Somit geht aus dem GSpG klar hervor, dass nur jene Glücksspielbetreiber legal Glücksspiele in Form von Ausspielungen anbieten können, die einerseits Inhaber einer Konzession oder Bewilligung sind und andererseits die damit verbundenen Anforderungen fortlaufend erfüllen. Es liegt auf der Hand, dass eine beschränkte Zahl von Konzessionären effektiver zu überwachen ist als eine unbeschränkte Anzahl an Anbietern (vgl auch VfGH 6.12.2012, B 1337/11) und somit das im GSpG normierte Konzessions- und Bewilligungssystem dem Spielerschutz dienlich ist. Auch der OGH führte bereits aus, dass aus den gesetzlichen Bestimmungen als solchen nicht abzuleiten sei, dass die Ausgestaltung des Glücksspielrechts nicht dem Ziel des Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung diente (OGH 17.02.2015, 4 Ob 229/14a). Auch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts sahen in jüngeren Entscheidungen keine Veranlassung für eine unionsrechtsbedingte Nichtanwendung, amtswegige Gesetzesprüfung oder Anfechtung der Verbotsbestimmungen des Glücksspielgesetzes (siehe etwa VfGH G 82/12, VfSlg 19.749; B 615/2013; VwGH Ro 2014/17/0120, 0121 und 0123; Ro 2014/02/0026; Z 2012/17/0440). Die österreichischen Höchstgerichte gehen demnach (bislang) davon aus, dass die gesetzlichen Vorgaben des GSpG geeignet sind, die festgelegten Ziele zu verfolgen.

 

V.2.3.2. Durch die zur Vollziehung berufenen Behörden erfolgt auch einerseits die Kontrolle der Einhaltung der Anforderungen an die Konzessionäre und andererseits die tatsächliche Verfolgung und Ahndung von illegalem Glücksspiel.

 

Durch Bedienstete des Bundesministeriums für Finanzen bzw. des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel werden stichprobenartig und unangekündigt Spielbankbetriebe nach abgabenrechtlichen und ordnungspolitischen Gesichtspunkten einer Überprüfung auf Einhaltung der gesetzlichen Regelungen unterzogen (sogenannte „Einschau“). Solche Einschauen erfolgen mehrmals jährlich stichprobenartig und unangekündigt durch Bedienstete der BMF-Fachabteilung bzw. des Finanzamt für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel (FAGVG). Neben der Beaufsichtigung des legalen Glücksspiels kommt es auch zur Bekämpfung des illegalen Glücksspiels. So gab es etwa im Jahr 2010 226, 2011 657, 2012 798, 2013 667 und 2014 (bis 3. Quartal) 310 Kontrollen nach dem Glücksspielgesetz, wobei im Jahr 2010 271, 2011 1854, 2012 2480, 2013 1299 und 2014 (bis 3. Quartal) 625 Glücksspielgeräte von der Finanzpolizei vorläufig beschlagnahmt wurden. Bereits aufgrund dieser vorläufigen Beschlagnahmen wurden aber grundsätzlich weitere Glücksspiele mit betroffenen Glücksspielgeräten (zumindest für die Dauer der Aufrechterhaltung der Beschlagnahme) verhindert und insoweit die Zugänglichkeit zu Ausspielungen beschränkt.

Beim BMF wurde mit 1.12.2010 eine Spielerschutzstelle eingerichtet. Zu den Aufgaben der BMF-Stabsstelle für Spielerschutz gehören insbesondere folgende Punkte: Fachliche Beurteilung von Spielerschutzkonzepten der Bundeskonzessionäre, Aufklärungs- und Informationsarbeit über die Risiken des Glücksspiels, Schaffung einer besseren Datenlage über die Behandlung und Beratung von Patientinnen durch Spielsuchteinrichtungen in Österreich, Evaluierung der GSpG-Novelle 2010 bis zum Jahr 2014 für den Bereich des Spielerschutzes, Unterstützung der Suchtforschung im Bereich des Glücksspiels, Erarbeitung von Qualitätsstandards hinsichtlich Spielerschutzeinrichtungen im Sinne des Glücksspielgesetzes und Erarbeitung eines Anerkennungsverfahrens für diese, bessere Koordinierung der Arbeit der Spielerschutzeinrichtungen und Erarbeitung/Vorstellung von Best-Practice-Modellen einer Zusammenarbeit zwischen Konzessionären und Bewilligungsinhabern sowie unabhängigen Spielerschutzeinrichtungen, regelmäßiger Erfahrungsaustausch und Dialog zwischen Suchtberatung und Glücksspielaufsicht.

Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich ferner, dass durch die GSpG-Novellen 2008/2010 die Anbindung von Glücksspielautomaten und Videolotterieterminals der konzessionierten Unternehmen an die Bundesrechenzentrum GmbH (BRZ) elektronisch festgelegt worden ist. Aus der elektronischen Anbindung an das Datenrechenzentrum der BRZ können unter anderem folgende Aspekte abgeleitet werden: Erfassung bzw. Kontrolle der minimalen und maximalen Ausschüttungsquoten, Erfassung bzw. Kontrolle der maximalen Ein- und Auszahlungen pro Spiel, Erfassung bzw. Kontrolle der Mindestspieldauer von Einzelspielen, Erfassung bzw. Kontrolle der Abkühlphase und Beschränkung auf die Anzeige spielerschutzbezogener Informationen während dieser Zeit, elektronische Überprüfung der Software-Komponenten zur Verhinderung potenzieller Manipulation von Glücksspielgeräten, Prüfung von Glücksspielgeräten auf die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen von Bund und Ländern durch unabhängige Unternehmen, äußerliche Kennzeichnung genehmigter Glücksspielgeräte über eine Vignette und Anzeige der Verbindung zum Datenrechenzentrum der BRZ am Bildschirm.

 

Schon die oben angeführten Umstände, insbesondere der Kontrollen der Konzessionäre, der Maßnahmen zur Bekämpfung des illegalen Glücksspiels, der Festlegung der Anbindung der Glücksspielautomaten und VLT der konzessionierten Unternehmen an die Bundesrechenzentrum GmbH, aber auch der Einrichtung der Spielerschutzstelle, zeigen nach Ansicht des Oö. Landesverwaltungsgerichtes, dass die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben in kohärenter und systematischer Weise erfolgt.

 

V.2.4. Nach der Rechtsprechung der Höchstgerichte ist die unionsrechtliche Zulässigkeit der Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit auch von der tatsächlichen Wirkung der Regelungen abhängig (so etwa jüngst VwGH Ro 24.04.2015, 2014/17/0126; OGH 20.01.2015, 4 Ob 231/14w).

 

V.2.4.1. Als Folge der gesetzlichen und behördlichen Vorgaben werden durch die konzessionierten Betreiber Maßnahmen zum Spielerschutz tatsächlich umgesetzt. So ergibt sich aus dem festgestellten Sachverhalt etwa, dass im Bereich der Spielbanken gemäß dem jährlichen Bericht des Konzessionärs an die Glücksspielaufsicht im Jahr 2013 in Summe nahezu 7.000 Wirtschaftsauskünfte beim KSV 1870 eingeholt wurden und ferner bei Auskunfteien online-„Sofort-Checks“ erfolgten. Auch wurden im Jahr 2013 über 621.000 Spielbankbesucher den monatlichen Screening-Prozessen des Konzessionärs unterzogen. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich zudem, dass zum 31.12.2013 in österreichischen Spielbanken bei 22.435 Spielbankbesuchern aufrechte, gültige Einschränkungen der Besuchsmöglichkeiten und 4.381 aktive Selbstsperren bestanden. In den VLT-Outlets wurde bei begründetem Anlass in über 11.000 Fällen zur Alterskontrolle anhand eines Lichtbildausweises aufgefordert, wovon in mehr als 1.300 Fällen der Zutritt verwehrt wurde.

 

Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich weiters, dass es zu keiner Ausbreitung der Glücksspielsucht seit 2009 in Österreich gekommen ist. Gerade beim in Hinblick auf spielbedingte Probleme besonders risikoreichen Automatenglücksspiel ist die Prävalenz des problematischen und pathologischen Spielens (von ca. 13,5% [2009] auf ca. 8,1% [2015] bei Automaten in Kasinos und von ca. 33,2% [2009] auf ca. 27,2% [2015] bei Automatenaufstellungen außerhalb von Casinos) seit 2009 zurückgegangen. Auch ist der durchschnittliche Geldeinsatz im Automatenglücksspielbereich außerhalb von Spielbanken merklich gesunken. Es zeigt sich auch, dass die Prävalenzwerte für die Automatenspiele der konzessionierten „C A“ im Vergleich zu den (häufig auch nicht bewilligten) Ausspielungen in Spielhallen, Kneipen oder Tankstellen eher gering ausfallen.

 

Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt, insbesondere der oben dargestellten tatsächlich durchgeführten Spielerschutzmaßnahmen durch die konzessionierten Betreiber und dem dargestellten Spielverhalten in Österreich (bezogen auf den Vergleichszeitraum 2009 bis 2015), erachtet das erkennende Landesverwaltungsgericht auch hinsichtlich der tatsächlichen Wirkungen der Regelungen des GspG eine unionsrechtlichen Zulässigkeit der Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit als gegeben.

 

V.2.4.2. Zum Vorbingen betreffend die Werbetätigkeit ist folgendes auszuführen: Aus der Rsp des EuGH ergibt sich, dass Werbung für Glücksspiel nicht generell dem Unionsrecht widerspricht, aber die Werbetätigkeit maßvoll und eng darauf begrenzt werden muss, was erforderlich ist, um Verbraucher zu den kontrollierten Spielernetzwerken zu lenken (vgl dazu etwa Rechtssachen Dickinger/Ömer, C-347/09; Placanica, C-338/04; HIT hoteli u.a., C-176/11). Gemäß § 56 Abs. 1 GSpG haben die Konzessionäre und Bewilligungsinhaber bei ihren Werbeauftritten einen verantwortungsvollen Maßstab zu wahren, wobei die Einhaltung im Aufsichtswege überwacht wird. Bei Beurteilung der Werbetätigkeit kommt es nicht auf eine einzelne Werbung an, sondern es ist vielmehr die Gesamtheit der Werbemaßnahmen der Konzessionäre bzw. Bewilligungsinhaber heranzuziehen (vgl. auch OGH 27.11.2013, 2 Ob 243/12t).

 

Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass sich der Anteil der Personen, die in den letzten 12 Monaten irgendein Glücksspiel um Geld gespielt haben, im Zeitraum 2009 bis 2015 kaum verändert hat. Insgesamt hat sich der Geldeinsatz (in absoluten Zahlen) zwar von 53 € auf 57 € (also nur in etwa um die Inflationsrate) erhöht, bei den besonders problematischen Automatenspielen außerhalb der Kasinos ist er sogar deutlich zurückgegangen. Auch die Anzahl der Spielsüchtigen ist in diesem Zeitraum nicht gestiegen. Daraus ist abzuleiten, dass die Werbetätigkeit der Konzessionäre bzw. Bewilligungsinhaber in ihrer Gesamtheit im Ergebnis jedenfalls kein Wachstum des gesamten Markts für Glücksspiele bewirkt hat. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob jede einzelne Werbemaßnahme jedes Konzessionärs und Bewilligungsinhabers den Vorgaben des EuGH entspricht, da die Werbetätigkeit in ihrer Gesamtheit jedenfalls nicht dem Wachstum des gesamten Markts für Glücksspiele dient. Auch wenn einzelne Werbemaßnahmen für sich genommen geeignet sein sollten, die Spiellust zu wecken bzw. zu verstärken, so hat jedenfalls die Gesamtheit der Werbetätigkeiten nicht zu einer Ausweitung des Glücksspieles geführt. Es haben daher die Gesamtwirkungen der Werbetätigkeit die kohärente und systematische Verfolgung der Ziele des GSpG nicht beeinträchtigt.

 

Nachdem es in Österreich (bezogen auf den Zeitraum 2009 bis 2015) zu keinem Wachstum des gesamten Glücksspielmarkts gekommen ist und (nach der Rsp des EuGH) eine Werbung der Konzessionäre für ihre Produkte zum Zweck, den vorhandenen Markt für sich zu gewinnen, jedenfalls zulässig ist (vgl. EuGH Rechtssache Dickinger/Ömer C347/09, RN 69), geht das Oö. Landesverwaltungsgericht im Ergebnis davon aus, dass die bisherige Werbetätigkeit der Konzessionäre bzw. Bewilligungsinhaber nicht zur Unionsrechtswidrigkeit der österreichischen Regelungen betreffend die Beschränkungen der Glücksspieltätigkeiten führt.

 

V.2.5. Zusammenfassend ergibt sich daher für das erkennende Landesverwaltungsgericht, dass bei Gesamtwürdigung aller in diesem Verfahren hervorgekommenen Umstände eine Unionsrechtswidrigkeit durch die österreichischen Beschränkungen der Glücksspieltätigkeiten nicht vorliegt. Die von der österreichischen Regelung vorgesehenen Beschränkungen verfolgen vom EuGH anerkannten Gründe des Allgemeininteresses und sind geeignet, diese in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen. Die Beschränkungen erscheinen auch nicht unverhältnismäßig.

 

V.3. Zu den offenen Beweisanträgen betreffend die Frage der Unionsrechtskonformität ist Folgendes auszuführen:

 

Die Bf hat die Einvernahme mehrerer Zeugen zum Beweis des Anstiegs der Anzahl an Spielsüchtigen und der Ineffektivität der gesetzlichen und tatsächlichen Vorkehrungen zum Spielerschutz insbesondere innerhalb der Jahre 2010 bis 2015 beantragt. Soweit sich die Bf auf Aussagen von Fachleuten beruft, wonach die Zahl der spielsüchtigen Personen in den letzten Jahren gestiegen sei, sind diese nicht geeignet, die Untauglichkeit des GSpG und der behördlichen Maßnahmen zu beweisen. In der aktuellen Studie „Glücksspielverhalten und Glücksspielprobleme in Österreich – Ergebnisse der Repräsentativerhebung 2015“ von Dr. Kalke und Prof. Dr. Wurst vom Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung in Hamburg sind gerade diese Parameter in wissenschaftlicher Weise erhoben und ausgewertet worden. Diese Studie ist schlüssig und nachvollziehbar. Wahrnehmungen und Einschätzungen (auch einer größeren Zahl) von mit der Materie befassten Einzelpersonen können die Studie nicht widerlegen. Dies wäre nur durch eine auf gleicher fachlicher Ebene erstellten Studie möglich. Die Beweisanträge waren daher abzuweisen.

 

Soweit Zeugeneinvernahmen zum Beweis dafür beantragt wurden, dass die gesetzlichen und tatsächlichen Vorkehrungen zum Spielerschutz ineffektiv seien, ist auszuführen, dass die Zeugen lediglich ihre persönliche Meinung (ob eine „Ineffektivität“ vorliegt) darstellen könnten, die allenfalls auf Umständen gründet, die sich in ihrem unmittelbaren Umfeld abspielen. Hingegen sind der genannten Studie auch Auswirkungen der gesetzlichen Vorgaben und behördlichen Maßnahmen zu entnehmen. Persönliche Meinungen von Einzelpersonen sind daher für die vom Oö. Landesverwaltungsgericht vorzunehmende rechtliche Beurteilung, ob angesichts bestimmter tatsächlicher Gegebenheiten die gesetzlichen und tatsächlichen Vorkehrungen als (im rechtlichen Sinne ausreichend) effektiv angesehen werden können oder nicht, nicht von Relevanz. Auch die Beweisanträge zur Effektivität der gesetzlichen und tatsächlichen Vorkehrungen zum Spielerschutz waren daher abzuweisen.

 

 

VI.1. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, soweit die Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Da § 52 GSpG über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt nach § 5 Abs. 1 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten.

 

Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (sog „Ungehorsamsdelikt“).

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bf initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht (vgl. VwGH 23.12.1991, 88/17/0010 mwN).

VI.2. Da im gesamten Verfahren dahingehend nichts vorgebracht wurde, ist, der belangten Behörde folgend, somit auch von zumindest fahrlässigem Verhalten auszugehen.

 

VII. Zur Strafbemessung ist Folgendes festzuhalten:

 

VII.1. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Gemäß § 19 Abs. 2 leg. cit. sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 Strafgesetzbuch (StGB) sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Bei der Strafzumessung handelt es sich laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (statt vieler VwGH 28.11.1966, 1846/65) innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Demgemäß obliegt es der Behörde in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensausübung maßgeblichen Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (vgl. ua. VwSlg 8134 A/1971). § 19 Abs. 1 VStG enthält jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafzumessung sind, egal ob sie durch Organmandat, Strafverfügung oder im ordentlichen Verfahren (§§ 40 – 46 VStG) erfolgt.

Darüber hinaus normiert Abs. 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer zu berücksichtigender subjektiver Umstände. Neben den explizit Genannten, wie insbes. Verschulden und Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten, findet sich hinsichtlich der Erschwerungs- bzw. Milderungsgründe ein Verweis auf die §§ 32 bis 35 StGB.

 

Gemäß § 32 Abs. 2 StGB hat das Gericht bei der Bemessung der Strafe die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen naheliegen können. Nach Abs. 3 leg cit ist maßgeblich, wie intensiv ein Täter durch seine Handlung Pflichten verletzt hat, wie reiflich er seine Tat überlegt hat, wie sorgfältig er sie vorbereitet oder wie rücksichtslos er sie ausgeführt hat. Besondere Milderungsgründe liegen ua im Fall eines reumütigen Geständnisses, eines bisherigen ordentlichen Lebenswandels bzw. bisheriger Unbescholtenheit, achtenswerter Beweggründe, bloßer Unbesonnenheit, einer allgemein begreif­lichen heftigen Gemütsbewegung  oder, wenn die Tat unter einem Umstand, der einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahekommt, begangen wurde, vor (vgl. § 34 StGB).

 

VII.2. Die belangte Behörde hat ihrer Entscheidung mangels Angaben des Bf ein geschätztes monatliches Nettoeinkommen von 3.000 Euro, kein Vermögen und keine Sorgepflichten zugrunde gelegt. Diesen angenommenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen ist im verwaltungsgerichtlichen Verfahren dahingehend entgegengetreten worden, dass der Bf angegeben hat, lediglich über ein monatliches Nettoeinkommen von 1.666 Euro zu verfügen.

 

VII.3. Zur Bemessung der Strafhöhe ist anzumerken, dass § 52 Abs. 2 GSpG bei Übertretung mit mehr als drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen für jeden Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe von 3.000 Euro bis zu 30.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 6.000 Euro bis zu 60.000 Euro, normiert. Dieser Strafrahmen gilt seit 1.3.2014, während für den davor liegenden Teil des Tatzeitraumes eine niedrigere Höchststrafe und keine Mindeststrafe angedroht waren. Der Bf hat sich aber auch nach Verschärfung der Strafdrohung durch den Gesetzgeber ab 1.3.2014 nicht davon abhalten lassen, die gegenständlichen Übertretungen weiter zu begehen. Es ist daher der Strafbemessung der zum Ende des Tatzeitraumes geltende strengere Strafrahmen zugrunde zu legen.

 

Eine Verwirklichung des verfahrensgegenständlichen Delikts mit vier Glücksspielgeräten lässt einerseits auf die typischerweise damit einhergehende organisierte Übertretung des Gesetzes und andererseits auf den typischerweise damit einhergehenden wirtschaftlichen Nutzen aus dem strafbaren Verhalten schließen (vgl. auch RV 24 Blg.NR 25. GP 22f).

 

Der belangten Behörde kann somit gefolgt werden, wenn sie die für mehr als drei Glücksspielgeräte vorgesehene Mindeststrafe verhängte, auch die aktenkundige Unbescholtenheit des Bf und seine gegenüber der behördlichen Einschätzung ungünstigeren finanziellen Verhältnisse rechtfertigen kein Unterschreiten der Mindeststrafe. Die Verhängung der Mindeststrafe bedarf im Übrigen keiner näheren Begründung; VwGH vom 23.03.2012, 2011/02/0244.

 

VIII. Im Ergebnis ist daher die vorgeworfene Tat als Verwaltungsübertretung strafbar, weshalb eine Aussetzung des Verfahrens nicht zweckmäßig erscheint. Die Beschwerde war somit als unbegründet abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

 

Bei diesem Ergebnis war dem Bf gemäß § 52 Abs.1 und Abs.2 VwGVG ein Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht in der Höhe von 2.400 Euro (das sind 20 % der Strafe) vorzuschreiben.

Die Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens waren gemäß § 38 VwGVG iVm § 64 Abs. 1 und 2 VStG mit insgesamt 1.200 Euro festzusetzen.

 

IX. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Entscheidung weicht nicht von der Rsp des VwGH zur Strafbarkeit von Übertretungen des GSpG ab. Auch die Prüfung der behaupteten Unionsrechswidrigkeit des GSpG wurde entsprechend den von der Rsp des VwGH bzw. EuGH vorgegebenen Kriterien vorgenommen. Hinsichtlich der Beweisanträge ist darauf hinzuweisen, dass es grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts unterliegt, ob eine Beweisaufnahme notwendig ist, sodass dadurch regelmäßig keine Rechtsfrage (jedenfalls keine von grundsätzlicher Bedeutung) im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgeworfen wird (vgl. etwa VwGH 08.01.2015, Ra 2014/08/0064).

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Zöbl

Beachte:

Die Revisionen wurden zurückgewiesen.

VwGH vom 30. Mai 2016, Zl.: Ra 2016/17/0101, 0102-4