LVwG-410156/2/ER/HUE/TK

Linz, 04.02.2014

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin           Dr. Elisabeth Reitter über die Beschwerde des Finanzamts Freistadt Rohrbach Urfahr gegen den Einstellungsbescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Wels, vom 10. Oktober 2013, AZ S-7175/12, betreffend die Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens wegen Übertretung des § 52 Abs 1 Z 1 Glücksspielgesetz (mitbeteiligte Partei: M F)

den

 

B E S C H L U S S

gefasst:

 

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen.

 

 

II.         Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Bescheid vom 10. Oktober 2013, AZ S-7175/12, stellte die Landespolizeidirektion Oberösterreich (im Folgenden: belangte Behörde) das zur selben Zahl protokollierte Verwaltungsstrafverfahren gegen Herrn M F, geb. x, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 2 Abs 1 und 4 GSpG iVm § 52 Abs 1 Z 1 GSpG, das mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 27. Juni 2012 eingeleitet wurde, ein.

 

Begründend führte die belangte Behörde dazu im Wesentlichen aus, dass aufgrund der Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gemäß § 22 VStG ein Vorrang des konkurrierenden Gerichtsdeliktes manifestiert worden sei. Aufgrund der gerichtlichen Strafbarkeit des festgestellten Sachverhalts könne somit keine strafbare Verwaltungsübertretung vorliegen.

 

I.2. Gegen diesen, am 10. Oktober 2013 per E-Mail zugestellten Bescheid richtet sich die rechtzeitige Berufung des Finanzamts Freistadt Rohrbach Urfahr (im Folgenden: beschwerdeführende Partei) vom 23. Oktober 2013. Darin wird – für den Fall, dass die belangte Behörde keine Berufungsvorentscheidung erlässt – beantragt, die Berufungsbehörde möge den bekämpften Bescheid aufheben und den Akt zur Durchführung weiterer Ermittlungen und neuerlicher Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückverweisen.

 

Begründend führt die beschwerdeführende Partei an, dass die belangte Behörde den bekämpften Bescheid nicht mit in einem Ermittlungsverfahren festgestellten Tatsachen oder schlüssig nachvollziehbaren Argumenten, sondern bloß mit unbewiesenen Annahmen begründet habe.

In weiterer Folge führt die beschwerdeführende Partei weitwendig aus, welche Ermittlungsfehler der belangten Behörde ihrer Ansicht nach unterlaufen seien und unterbreitet Vorschläge, wie die belangte Behörde die Sachverhaltsermittlung durchführen solle.

 

Gemäß § 3 Abs 1 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 2013/33 idgF gilt eine bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 erhobene Berufung gegen einen Bescheid, der vor Ablauf des 31. Dezember 2013 erlassen wurde, als rechtzeitig erhobene Beschwerde gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG.

 

Begründet wird die Beschwerde mit Verfahrensmängeln, unrichtigen Tatsachenfeststellungen und unrichtiger rechtlicher Beurteilung des bekämpften Bescheids.

 

I.3. Mit Schreiben vom 29. Oktober 2013 übermittelte die belangte Behörde unter gleichzeitiger Vorlage der Beschwerde den bezughabenden Verwaltungsakt.

 

Da die Beschwerde zurückzuweisen war, hatte eine mündliche Verhandlung zu entfallen (§ 44 Abs 2 VwGVG).

 

Gemäß § 2 VwGVG entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter, soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch einen Senat vorsehen.

 

I.4. Für das Oö. Landesverwaltungsgericht steht im vorliegenden Verfahren fest, dass das Beschwerdebegehren einzig auf die Aufhebung und Zurückverweisung des bekämpften Bescheids zur Durchführung weiterer Ermittlungen und neuerlichen Sachentscheidung durch die belangte Behörde gerichtet ist. Eine Sachentscheidung durch das Oö. Landesverwaltungsgericht wurde nicht begehrt.

 

 

II. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus der vorgelegten Beschwerde und dem darin gestellten Antrag.

 

 

III. Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid [...] aufgrund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) oder aufgrund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs 3) zu überprüfen.

 

Gemäß § 9 Abs 1 VwGVG hat die Beschwerde zu enthalten:

1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, [...],

2. die Bezeichnung der belangten Behörde,

3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

4. das Begehren und

5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.

 

Gemäß Abs 3 tritt, soweit bei Beschwerden gegen Bescheide gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG [...] eine Verletzung des Beschwerdeführers in Rechten nicht in Betracht kommt, an die Stelle der Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, die Erklärung über den Umfang der Anfechtung.

 

Gemäß § 50 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Strafverfahren über Beschwerden gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit (Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG) in der Sache selbst zu entscheiden, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

 

 

IV. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat hinsichtlich der Zulässigkeit der Beschwerde erwogen:

 

IV.1.1. § 27 VwGVG beschränkt den Prüfungsumfang von Bescheidbeschwerden dahingehend, dass das Oö. Landesverwaltungsgericht an das Beschwerdevorbringen bzw. die Anfechtungserklärung gebunden ist (vgl Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren, § 27 Anm 1).

 

Eine Verletzung des Beschwerdeführers in subjektiven Rechten kommt insbesondere bei Amts- und Organparteien nicht in Betracht (vgl Fister/Fuchs/Sachs, § 9 Anm 11). Es tritt in diesen Fällen gemäß § 9 Abs 3 VwGVG die Erklärung über den Umfang der Anfechtung (Anfechtungserklärung) an die Stelle der Gründe (§ 9 Abs 1 Z 3 VwGVG), auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt.

 

Das Erfordernis, das Beschwerdebegehren (§ 9 Abs 1 Z 4 VwGVG) zu formulieren, bleibt von der Sonderregelung des § 9 Abs 3 VwGVG für Amts- und Organparteien allerdings ex lege unberührt.

 

Zumal in § 27 VwGVG hinsichtlich des Prüfungsumfangs für Beschwerden von Amts- und Organparteien explizit auf § 9 Abs 3 VwGVG verwiesen wird, dem eine Ausnahme von der Pflicht, ein Beschwerdebegehren zu formulieren, nicht zu entnehmen ist, geht das erkennende Mitglied des Oö. Landesverwaltungsgerichts davon aus, dass Beschwerden von Amts- und Organparteien sowohl eine Erklärung über den Umfang der Anfechtung, die an die Stelle der Beschwerdegründe tritt, als auch ein Beschwerdebegehren zu enthalten haben (vgl dazu Fister/Fuchs/Sachs, § 27 Anm 7, wonach das Verwaltungsgericht nur an die Anfechtungserklärung gebunden ist, nicht aber an die Beschwerdegründe; vgl außerdem Fister/Fuchs/Sachs, § 9 Anm 11, wonach durch § 9 Abs 3 VwGVG denklogisch überhaupt nur die Bezeichnung des subjektiven Rechts, in dem der Beschwerdeführer verletzt zu sein behauptet, ersetzt werden könne).

 

IV.1.2. Im gegenständlichen Verfahren hat die beschwerdeführende Partei die Erklärung über den Umfang der Anfechtung auf die Geltendmachung von Verfahrensmängeln, unrichtigen Tatsachenfeststellungen und unrichtiger rechtlicher Beurteilung des bekämpften Bescheids beschränkt.

 

Das Beschwerdebegehren ergibt sich aus dem Antrag, die Berufungsbehörde möge den bekämpften Bescheid aufheben und den Akt zur Durchführung weiterer Ermittlungen und neuerlicher Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückverweisen. Dieses Begehren ist – wie bereits unter Punkt I.4. festgestellt – ausdrücklich nicht auf die Erlassung einer Sachentscheidung durch das Oö. Landesverwaltungsgericht gerichtet.

 

IV.2. § 50 VwGVG gibt die in Art 130 Abs 4 Satz 1 B-VG für Verwaltungsstrafverfahren vorgesehene Verpflichtung zur Entscheidung in der Sache wieder. Im Verwaltungsstrafverfahren ist es folglich nicht möglich, mit Aufhebung des angefochtenen Bescheids und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde (§ 28 Abs 3 Satz 2 VwGVG) vorzugehen (vgl Fister/Fuchs/Sachs, § 50 Anm 1; zur im Tatzeitpunkt geltenden Rechtslage vgl. ua VwGH 22.8.2012, 2011/17/0323, wonach im Verwaltungsstrafverfahren die Berufungsbehörde nicht berechtigt war, den erstinstanzlichen Bescheid unter Berufung auf § 66 Abs 2 AVG aufzuheben und die Sache an die Behörde erster Instanz zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen).

 

In Verwaltungsstrafsachen kann somit nicht die Aufhebung und Zurückverweisung des bekämpften Bescheids beantragt werden (vgl Fister/Fuchs/Sachs, § 9 Anm 9).

 

IV.3. Einer Verbesserung gemäß § 13 Abs 3 AVG zugänglich ist nur das Fehlen eines begründeten Berufungsantrags, hingegen dient § 13 Abs 3 AVG nicht dazu, verfehlte Berufungsanträge zu korrigieren (vgl VwGH 21.10.1999, 99/07/0131, VwGH 10.8.2000, 99/07/0219).

Das Beschwerdebegehren der beschwerdeführenden Partei ist ausführlich mit der Aufzählung von Sachverhaltsfeststellungsmängeln der belangten Behörde begründet und bietet darüber hinaus sogar Vorschläge, wie die belangte Behörde nach Ansicht der beschwerdeführenden Partei vorzugehen gehabt hätte.

Da das Beschwerdebegehren ausführlich begründet ist, scheidet ein Auftrag zur Mängelbehebung gemäß § 13 Abs 3 AVG im Sinne der oa Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs aus, zumal dieser bloß dazu dienen würde, ein verfehltes Beschwerdebegehren zu korrigieren.

 

 

V. Im Ergebnis war die Beschwerde mangels Zulässigkeit des Beschwerdebegehrens somit zurückzuweisen.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der aktuellen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerde bzw. Revision ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Beschlusses durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder eine bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Dr. R e i t t e r