LVwG-601149/2/Sch/CG

Linz, 22.01.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter            Dr. Schön über die Beschwerde der Frau M D, vertreten durch Rechtsanwälte Mag. E A und Mag. I P, vom 19. November 2015, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 20. Oktober – ohne Angabe einer Jahreszahl -, GZ: VerkR96-2300-2014, wegen einer Übertretung der Eisenbahnkreuzungsverordnung 2012,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungs-strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 3 VStG eingestellt.

 

 

II.         Gemäß § 52 Abs. 8 und 9 VwGVG entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision der Beschwerdeführerin an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit Straferkenntnis vom 20. Oktober (Anmerkung: 2015), GZ: VerkR96-2300-2014, über Frau M D wegen einer Übertretung der Eisenbahnkreuzungsverordnung 2012, BGBl. II 216/2012, eine Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.

Im Spruch des Straferkenntnisses heißt es:

Sie haben folgende Verwaltungsübertretung begangen:

Taten (einschließlich Ort, Datum und Zeit der Begehung)

Sie haben an einer durch eine Lichtzeichenanlage gesicherten Eisenbahnkreuzung bei Aufleuchten des roten Lichtes nicht vor der Eisenbahnkreuzung angehalten.

Tatort: Gemeinde Linz, W Straße nächst Haus Nr. 168

Tatzeit: 03.11.2013, 15:00 Uhr

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 99/1 Z.1 Eisenbahnkreuzungsverordnung 2012 - EisbKrV, BGBL. II 216/2012 Fahrzeug: Kennzeichen x, PKW, VW Sharan, schwarz

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

 

Geldstrafe von      falls diese uneinbringlich ist,                     gemäß

                         Ersatzfreiheitsstrafe von

80,00 Euro       37 Stunden                   § 162 Abs. 3 Eisenbahngesetz 1957

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

10,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe, mindestens jedoch 10,00 Euro (ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100,00 Euro);

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 90,00 Euro.“

 

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat die Beschwerdeführerin rechtzeitig Beschwerde erhoben.

Diese ist dem Landesverwaltungsgericht samt Verfahrensakt zur Entscheidung vorgelegt worden. Dieses hatte gemäß § 2 VwGVG durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG entfallen.

 

 

 

 

3. § 99 Abs.1 Z.1 Eisenbahnkreuzungsverordnung 2012 enthält folgendes Gebot:

Nehmen die Straßenbenützer bei der Annäherung an die Eisenbahnkreuzung wahr, dass das gelbe Licht oder das rote Licht oder das blinkende Licht leuchtet, haben die Straßenbenützer anzuhalten.

Demnach ist Tatbestandsmerkmal einer allfälligen Übertretung dieser Bestimmung das Wahrnehmen der dort erwähnten Lichtzeichen, im vorliegenden Fall eben des roten Lichtes. Daraus folgt, dass der Spruch eines Strafbescheides neben dem Vorhalt, dass seitens des Straßenbenützers nicht angehalten worden sei, auch eben jenen, dass das rote Licht wahrgenommen worden sei, zu enthalten hat.

Bezogen auf den gegenständlichen Tatenvorgang bedeutet dies, dass im Spruch des in Beschwerde gezogenen Straferkenntnisses Ausführungen zur Wahrnehmung des roten Lichtes aufzunehmen gewesen wären. Dem gegenüber erschöpft sich der Tatvorwurf darin, dass die Beschwerdeführerin bei Aufleuchten des roten Lichtes nicht vor der Eisenbahnkreuzung angehalten habe.

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich verkennt keinesfalls, dass eine Ergänzung des Spruches des Straferkenntnisses in diese Richtung – entsprechende Beweisergebnisse vorausgesetzt – erfolgen könnte. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass innerhalb der Frist des § 31 Abs.1 VStG eine Verfolgungshandlung gesetzt worden wäre, die dieses Tatbestandsmerkmal enthalten hätte. Die genannte Verfolgungsverjährungsfrist beträgt ein Jahr, gerechnet ab Tatzeitpunkt. Der Fristlauf begann somit am 3. November 2013 und endete am 3. November 2014. Der Vollständigkeit halber soll an dieser Stelle angemerkt werden, dass der – offenkundig von einem Organ der Tatortbehörde – angefertigte Aktenvermerk vom 17. Dezember 2013 im Zusammenhang mit der Aussetzung des Verfahrens bis zum Einlangen der Gerichtsmitteilung gemäß Art. IV Verkehrsrecht – Anpassungsgesetz nichts ändert, zumal gemäß Art. IV Abs.2 dieses Gesetzes zwar die dort beschriebene Frist in den Fristenlauf des § 31 Abs2 VStG nicht einzurechnen ist, gegenständlich geht es aber um die Frist des § 31 Abs.1 VStG.

 

4. Im Zusammenhang mit der Frage der Verfolgungsverhandlungen ist die Strafverfügung vom 31. Juli 2014 relevant, diese enthält allerdings keine Ausführungen zum erwähnten Tatbestandsmerkmal.

Mit Verfügung vom 19. August 2014 wurde der Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin eine Kopie des Verwaltungsstrafaktes übermittelt. Dieser Akt besteht aus der Polizeianzeige, Berichten über die getätigten Ermittlungen und Protokollen, die ihrerseits aber keinen hinreichenden Hinweis darauf enthalten, dass die Beschwerdeführerin bei Annährung an die Eisenbahnkreuzung das rote Licht wahrgenommen hätte (vgl. dazu VwGH 10.12.2001, 2000/10/0024 u.a.). Im Zusammenhang mit der Verschuldensfrage wird zwar nicht verkannt, dass für die Strafbarkeit schon die Wahrnehmungsmöglichkeit bei entsprechender Aufmerksamkeit ausgereicht hätte, welcher Umstand aber nichts daran ändert, dass ein Vorhalt im Sinne der verordnungsmäßigen Formulierung zu erfolgen gehabt hätte.

Die Zeugenvernehmung vom 14. Oktober 2014 ist als Verfolgungshandlung ebenfalls nicht tauglich, da die Zeugin gerade vom Gegenteil der Wahrnehmung des Rotlichtes spricht.

Der Akt ist laut Eingangsstempel von der Rechtshilfebehörde kommend dann wiederum am 17. Oktober 2014 bei der belangten Behörde eingelangt, die aber bis 27. April 2015 (Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme) und dem angefochtenen Straferkenntnis vom    20. Oktober 2015 in der Sache längere Zeit nichts unternommen hatte.

 

Aufgrund dieser Erwägungen war sohin vom Landesverwaltungsgericht unter Bedachtnahme auf die Bestimmung des § 45 Abs.1 Z.3 VStG der Beschwerde Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren zur Einstellung zu bringen.

 

5. Unbeschadet dieser formellen Erwägungen soll in der Sache selbst noch Folgendes angefügt werden:

Wenn die Führerin der Straßenbahngarnitur aufgrund des für sie geltenden und funktionierenden weißen Kontrolllichtes vor der Eisenbahnkreuzung völlig nachvollziehbar davon ausgehen konnte, dass die Anlage funktioniert, und zudem keine Aufzeichnungen über allfällige Störungen dem Verkehrsunternehmen vorliegen, ist dieser Umstand ein starkes Indiz dahingehend, dass die Lichtzeichenanlage zum Vorfallszeitpunkt funktioniert hatte. Andererseits aber die Behauptungen der Beschwerdeführerin, gestützt auf eine Zeugin, die Anlage hätte kein Lichtzeichen angezeigt, als bloßes Schutzvorbringen abzutun, erscheint dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich auch nicht schlüssig begründbar. Die Herbeiführung einer weitergehenden Beweislage zu einem Vorfall, der mehr als zwei Jahre zurückliegt, wäre auch im Falle eines – aus den obigen Erwägungen ohnehin nicht mehr relevanten – weiteren Ermittlungsverfahrens nicht zu bewerkstelligen.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten ist in den zitierten gesetzlichen Bestimmungen begründet.

 

 

Zu III.:

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde/der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

S c h ö n