LVwG-411176/4/Wg

Linz, 10.02.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Wolfgang Weigl über die Beschwerde des K A, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F M, x, W, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 12. November 2015, GZ VStV/915301464951/2015, betreffend Übertretungen des Glücksspiel­gesetzes (GSpG), nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung,

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde teilweise stattgegeben. Der Spruch des Straferkenntnisses wird eingeschränkt und folgende   Taten werden als erwiesen iSd § 44a Z 1 VStG angenommen: „K A hat als handelsrechtlicher Geschäftsführer und damit nach Außen zur Vertretung Berufener der P GmbH mit Sitz in x, W, gemäß § 9 Abs 1 VStG zu verantworten, dass sich diese Gesellschaft am
25. August 2015 als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs 2 GSpG an verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 GSpG, an denen vom Inland aus teilgenommen werden konnte, beteiligt hat, indem sie die in ihrem Eigentum stehenden Terminals (Geräte mit der Fa Nr 1 und 2) zur Durchführung von Glücksspielen zur Verfügung stellte, um daraus selbstständig und nachhaltig Einnahmen zu erzielen. Bei diesen Geräten konnten Glücksspiele in Form des Walzenspieles „ring of fire XL“ im Lokal „C A“ des M A im Standort W, x, durchgeführt werden, für welche zur Teilnahme am Spiel eine vermögenswerte Leistung in Form eines Geldeinsatzes zu entrichten war und bei denen von einem Unternehmer vermögenswerte Leistungen in Form eines Geldbetrages in Aussicht gestellt wurden, wobei das Spielergebnis vom Zufall abhing. Für diese Ausspielungen lag weder eine Konzession oder Bewilligung vor und es waren diese auch nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen.“
Für jedes der beiden Geräte wird gemäß § 52 Abs 2 GSpG iVm § 20 VStG eine Geldstrafe von jeweils 900 Euro festgesetzt.  Für die Geräte FA Nr 1 und 2 wird jeweils eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Stunden festgesetzt. Als Verfahrenskostenbeitrag für das Verfahren der belangten Behörde wird gemäß § 38 VwGVG iVm § 64 Abs 2 VStG ein Betrag von 180 Euro festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

1.1.      Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 12. November 2015, GZ VStV/915301464951/2015, lastete die Landespolizeidirektion Oö. (im Folgen­den: belangte Behörde) dem Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) an, er habe als vertretungsbefugtes Organ der P GmbH zu verantworten, dass sich diese Gesellschaft an verbotenen Ausspielungen unternehmerisch beteiligt habe, weil sie die Geräte FA Nr 1 und 2 seit zumindest 1. August 2014 bis 27. August 2015 für die Durchführung von Glücksspielen zur Verfügung gestellt habe, um fortgesetzt Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen zu erzielen. Der Bf habe dadurch die Verwaltungsübertretung nach §§ 52 Abs 1 Z 1 iVm § 2 Abs 2 und 4 iVm § 4 GSpG begangen. Die belangte Behörde verhängte  eine Gesamt­strafe von 2.000 Euro und eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden. Gleich­zeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe 200 Euro vorge­schrieben. Als mildernd wurde gewertet, dass gegen den Bf keine rechtskräftigen Verwaltungs­strafvormerkungen nach dem Glücksspielgesetz aufscheinen. Erschwerend wertete sie keinen Umstand. Die Behörde ging davon aus, dass der Bf kein relevantes Vermögen besitzt, keine ins Gewicht fallenden Sorgepflichten hat und ein Einkommen von ungefähr 3.000 Euro monatlich bezieht.

 

1.2.      Dagegen erhob der Bf Beschwerde, über die das LVwG am
11. Jänner 2016 eine öffentliche Verhandlung durchführte. Als Beweis­mittel wurde der Inhalt der Verfahrensakte der belangten Behörde und des LVwG einschließlich aller darin befindlicher Beweismittel sowie die Beilagen 1 bis 5 der Niederschrift (Stellungnahme BMF vom 26. Juni 2015, Bericht „Auswirkungen des Glücksspiel­gesetzes 2010-2014“, Glücksspielbericht 2010-2013, Informationsschreiben des BMF vom 30. Oktober 2015, das auf den selben Tag datierte Schreiben vom 30. Oktober 2015) verwertet. Finanzpolizist W wurde als Zeuge einvernommen.  Der Bf stellte abschließend folgende Beweisanträge: „Wir stellen zum Beweis dafür: 1. Anstieg der Anzahl an Spielsüchtigen innerhalb der letzten Jahre, insbesondere zwischen 2010 – 2015 sowie, 2. Ineffektivität der gesetzlichen und tatsächlichen vorgegangen zum Spielerschutz innerhalb der letzten Jahre insbesondere zwischen 2010 – 2015 (den Antrag auf Einvernahme der) Zeugen Dr. I H, Mag. A S, Dr. D K, Dr. P B, Mag. B F, Mag. A F, Mag. DSA M G, H G, Mag. I G, M G, Mag. R H, Mag. L H, Dipl. Soz. H M, Mag. N R, C L, M D, Mag. S P, Mag. Dr. U H, Mag. N R. Auf die in der Eingabe vom 5. Jänner 2016 noch beantragten Zeugen, H K, R N, R R und E F wird ausdrücklich verzichtet, weil die Einvernahme Protokolle betreffend K, N und R bzw. deren Verlesung verzichtet wurde, diese Protokolle sind der Eingabe vom 5. Jänner 2016 angeschlossen. Weiters wurde zum selben Beweisthema die Einholung eines Sachverständigen­gutachtens beantragt. Darüber hinaus wird der Antrag gestellt, das Verfahren bis zum Abschluss des vom LVwG Oö. eingeleiteten bzw. am VwGH vorgelegten davor Entscheidungsverfahren vom 14. Dezember 2015, LVwG-411039.“ Ansonsten werden keine weiteren Beweisanträge gestellt oder aufrechterhalten. Der Verhandlungsleiter verfügte daraufhin den Schluss der Beweisaufnahme und gab den Verfahrensparteien die Gelegenheit, ein Schlussvorbringen zu erstatten.

 

 

2.           Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender Sachverhalt fest:

 

2.1.      Die Finanzpolizei führte am 26. August 2015 im Lokal „C A“ im Standort x, W, das von M A seit 12. Mai 2014 betrieben wird, eine Glücksspielkontrolle durch. M A ist Gewerbeinhaber. Die Finanzpolizisten fanden zwei Geräte vor, die in der Folge mit den FA Nummern „FA Nr. 1 und 2“ gekennzeichnet wurden, aber nicht bespielt werden konnten, weil keine Verbindung zum Internet bestand. Laut Aussage der anwesenden Lokalangestellten B war das Internet am Vortag abgeschaltet worden. Die von den Finanzpolizisten angefertigten Fotos der Geräte zeigen, dass die Bildschirmmaske des Gerätes 1 mehrere Spiele zur Auswahl stellt, darunter das Spiel „Ring of Fire XL“. Eine Bespielung war aber nicht möglich, weil keine Internetverbindung bestand und „Network Error“ aufschien. Die Fotos vom Gerät FA Nr. 2 zeigen einen schwarzen Bildschirm. B sagte dem Beamten gegenüber aus, dass das Internet in ein oder zwei Tagen wieder zur Verfügung stehen werde. Beide Geräte hätten – so B – gleich funktioniert. Ihren Angaben zu Folge standen die Geräte schon seit
1. August 2014 im Lokal. Unstrittig ist, dass die Terminals (Geräte 1 und 2) im Eigentum der P GmbH stehen. Die eingebauten Banknotenleser stehen im Eigentum der P GmbH (Erörterung Akteninhalt Tonbandprotokoll).

 

2.2.      Die Finanzpolizisten hatten den Verdacht, dass auf dem Gerät FA Nr. 1 seit 1. August 2014 bis jedenfalls 25. August 2015 (1 Tag vor der Kontrolle) das Spiel Ring of Fire – ein zufallsabhängiges Walzenspiel und damit ein Glücksspiel – veranstaltet worden war, ohne dass dafür eine Konzession oder Berechtigung vorlag. Sie gingen davon aus, dass auf dem Gerät FA Nr. 2 im selben Zeitraum ebenfalls Walzenspiele veranstaltet wurden. Diese Annahme stützen die Finanzpolizisten darauf, dass es sich augenscheinlich, nach dem äußeren Eindruck um bauartgleiche Geräte handelt. Offenkundig aufgrund der Aussage der B, das Internet werde wieder hergestellt werden, befürchteten die Finanzpolizisten eine neuerliche Inbetriebnahme stehe unmittelbar bevor. Wenn auch im Kontrollzeitpunkt bzw. am Tag der Kontrolle keine Verbindung mit dem Internet hergestellt werden konnte, so war nach Ansicht der Finanzpolizisten durch die Aussage der Frau B doch eindeutig belegt, dass die Internet­verbindung bis zum Vortag am 25. August 2015 hergestellt werden können. Darüber hinaus hat B auch beispielsweise angegeben, vor zwei Tagen habe Sie einmal 60 Euro ausbezahlt und beide Geräte hätten gleich funktioniert. Beide Geräte wurden vorläufig beschlagnahmt. Der Beschlagnahmebescheid richtet sich an M, P GmbH und P GmbH. Es wurden gegen den handelsrechtlichen Geschäftsführer der P GmbH (K A), der im Zeitraum 1. August 2014 bis jedenfalls 25. August 2015 handelsrechtlicher Geschäftsführer war, und M Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet. Die in der Begründung der bekämpften Straferkenntnisse vorgenommene Schätzung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse wird vom Bf nicht weiter bestritten. (Erörterung Akteninhalt Tonbandprotokoll).

 

2.3.      Für das LvWG steht auf Grund der vorhandenen Beweismittel fest, dass die Geräte FA Nr 1 und 2 jedenfalls am 25. August 2015 zunächst noch in Betrieb waren und auf beiden Geräten dieselben Spiele den Spielern zur Verfügung standen. So konnten die Spieler unter anderem das Spiel „Ring of Fire XL“ auswählen und spielen. Das Spiel „Ring of Fire XL“ (Walzenspiel) ist wie folgt zu beschreiben: Die Spieler konnten nur einen Einsatz und den dazugehörigen Gewinnplan auswählen und wurde den Spielern keine Möglichkeit geboten Einfluss auf das Zustandekommen gewinnbringender Symbolkombinationen oder Zahlen zu nehmen, sondern hing die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich vom Zufall ab. Die Spieler konnten nur durch Betätigen der Starttaste, wodurch bei dem dadurch ausgelösten virtuellen Walzenspiel für die Dauer einer Sekunde die am Bildschirm dargestellten Symbole ausgetauscht oder in ihrer Lage verändert wurden, auf das Spiel Einfluss nehmen. Mindesteinsatz sind üblicherweise 20 Cent und der Höchsteinsatz beträgt üblicherweise zwischen 5 und 6 Euro. Die in Aussicht gestellten Gewinne sind vom Einsatz abhängig und werden in einem Gewinnplan dem Spieler aufgeschlüsselt. Lt Gewinnplan scheinen bei 0,20 Euro Einsatz 20+498 SG (Supergames) üblicherweise auf. Es war für die Teilnahme am Spiel eine vermögenswerte Leistung in Form eines Geldeinsatzes zu entrichten und wurden von einem Unternehmer vermögens­werte Leistungen in Form eines Geldbetrages in Aussicht gestellt (Niederschrift B vom 26. August 2015, Aussage W Tonbandprotokoll).

 

2.4.      Es steht nicht fest, wer Veranstalter der Glücksspiele war, diese also auf eigene Rechnung und Gefahr durchführte. Die P GmbH hat aber jedenfalls die in ihrem Eigentum stehenden Terminals (Geräte Fa Nr 1 und 2), zur Durchführung von Glücksspielen entgeltlich zur Verfügung gestellt, um selbst­ständig und nachhaltig Einnahmen daraus zu erzielen (Akteninhalt, Erörterung Tonbandprotokoll).

 

2.5.      Alle an den Ausspielungen beteiligten Unternehmen haben ihren Sitz in Österreich. Ein Unternehmen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ist nicht beteiligt. Fest steht, dass keine Konzession oder Berechtigung zur Durchführung von Glücksspielen vorhanden ist. Es wurde nicht behauptet, dass sich eine der Beteiligten um eine solche Konzession bemüht hat. Es steht fest, dass keiner der Beteiligten die Voraussetzungen für die Erteilung einer Konzession nach dem GSpG, insbesondere die Kapitalerfordernisse nach GSpG erfüllt. Für die mittels der Geräte erfolgenden Ausspielungen lag weder eine Konzession oder Bewilligung vor und es waren diese auch nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen (Akteninhalt, Erörterung Tonbandprotokoll).

 

2.6.      Zur behaupteten Unionsrechtswidrigkeit liegen dem LVwG die Eingabe des Rechtsanwaltes vom 5. Jänner 2015, einschließlich der darin angeführten Beilagen 1 bis 19 vor. Angeschlossen ist weiters die sog. „Kalke Studie 2015“. Des Weiteren liegen die der Niederschrift als Beilagen 1 bis 5 angeschlossenen Urkunden vor. Die bereits erwähnten Beweisanträge der Bf (1.2.) wurden abgewiesen. Fest steht:

 

2.6.1. Im Jahr 2015 weisen in Österreich zwischen 0,34% und 0,60% der Bevölkerung ein problematisches Spielverhalten auf, die Zahl der Problemspieler beträgt daher entsprechend zwischen ca. 19.900 und ca. 35.800 Personen. Zudem sind 2015 in Österreich zwischen ca. 27.600 bis etwa 46.000 Personen aktuell spielsüchtig. Diese Werte sind im Vergleich zum Jahr 2009 annähernd konstant. Männer weisen zu höheren Anteilen ein problematisches und pathologisches Spielverhalten auf als Frauen. Innerhalb der verschiedenen Altersgruppen stellt sich das Ausmaß vorhandener Spielprobleme sehr unterschiedlich dar, wobei die 14- bis 30-Jährigen sich diesbezüglich am stärksten betroffen zeigen.

 

2.6.2. Ausgehend vom Jahr 2015 haben 41% der Bevölkerung (14 bis 65 Jahre) in den letzten 12 Monaten irgendein Glücksspiel um Geld gespielt, dieser Wert ist seit kaum verändert (2009: 42%). Das klassische Lotto „6 aus 45“ ist das beliebteste Glücksspiel in Österreich. Jeder dritte Österreicher hat dieses Spiel im Jahr 2015 mindestens einmal in den letzten 12 Monaten gespielt (ca. 33%), der prozentuale Anteil für die 30-Tages-Prävalenz beträgt ca. 20%. Seit 2009 haben sich diese Werte so gut wie nicht geändert (jeweils nur um ca. ± 1 Prozentpunkt). Dagegen ist für diesen Zeitraum eine deutliche Zunahme bei der europäischen Lotterie, den Euromillionen, zu konstatieren: Der Prozentwert für die monatliche Teilnahme hat sich von etwa 4% auf etwa 8% verdoppelt. Auch beim Joker gibt es seit 2009 einen prozentualen Anstieg. Inzwischen spielt jede siebte Person mindestens einmal im Jahr dieses Glücksspiel (ca. 14%). Damit ist es das zweitverbreitete Glücksspiel in Österreich. Bei den Rubbellosen – die auf dem vierten Platz liegen – sind nur geringe Veränderungen zwischen 2009 und 2015 vorhanden. Alle anderen Glücksspiele besitzen bezogen auf die Spielteilnahme in der Gesamtbevölkerung eine nachgeordnete Bedeutung: Das gilt für die Sportwetten genauso wie für die klassischen Kasinospiele, bei denen 2015 jeweils etwa 4% in den letzten 12 Monaten gespielt wurden. Glücksspielautomaten in Kasinos und in Spielhallen werden von noch weniger Personen gespielt. In den letzten 12 Monaten haben am Automatenglücksspiel in Spielbanken ca. 0,5% teilgenommen, im Jahr 2009 waren dies ca. 0,6% bezogen auf die 12-Monats-Prävalenz. Bezüglich der Teilnahme am Automatenglücksspiel außerhalb von Spielbanken (Spielhallen, Einzelaufstellungen, illegale Glücksspielautomaten) ist der Wert bezogen auf die 12-Monats-Prävalenz von ca. 1,2% im Jahr 2009 auf ca. 1% im Jahr 2015 zurückgegangen.

 

2.6.3. Der monatliche Geldeinsatz für Glücksspiele hat im Zeitraum von 2009 auf 2015 leicht zugenommen und zwar wurden von den Glücksspielenden 2015 im Durchschnitt etwa 57 € pro Monat für Glücksspiele ausgegeben im Vergleich zu 53 € im Jahr 2009. Auf der Ebene der einzelnen Glücksspielarten bestehen hier jedoch sehr unterschiedliche Entwicklungen. Der Geldeinsatz ist 2015 am höchsten bei den Automatenspielen außerhalb der Kasinos. Im Durchschnitt werden hierfür von den Spielern pro Monat ca. 203 € eingesetzt, vor sechs Jahren lag der entsprechende Wert sogar bei etwa 317 €. Es folgen die klassischen Kasinospiele mit einem Mittelwert von ca. 194 €. Auch für diese Glücksspielform wird im Jahr 2015 durchschnittlich weniger Geld aufgewendet als in 2009. Stark angestiegen sind dagegen im betrachteten Zeitraum die Geldeinsätze für Sportwetten, diese haben sich von ca. 47 € auf ca. 110 € mehr als verdoppelt.

 

2.6.4. Die Anteile problematischen und pathologischen Spielens unterscheiden sich je nach Glücksspielart erheblich. Die zahlmäßig große Gruppe der Spieler von Lotterieprodukten beinhaltet anteilsbezogen nur wenige Personen, die ein problematisches oder pathologisches Spielverhalten zeigen (jeweils etwa ein Prozent). Während bei den Rubbellosen sich nur leicht höhere Werte zeigen, ist bei den klassischen Kasinospielen bereits mehr als jeder zwanzigste Spieler betroffen.

 

2.6.5. Auch Sportwetten beinhalten ein erhebliches Risiko, spielbedingte Probleme zu entwickeln. So erfüllen ca. 7,1% dieser Spielergruppe die Kriterien problematischen Spielens und weitere ca. 9,8% zeigen ein pathologisches Spielverhalten. Etwa jeder sechste Sportwetter ist daher von einer Spielproblematik betroffen. Noch höher sind diese Anteile bei Spielautomaten, welche in Spielhallen, Kneipen oder Tankstellen stehen. Etwa 21,2% dieser Spieler sind spielsüchtig. Die Prävalenzwerte für die Automatenspiele der „C A“ nehmen sich im Vergleich dazu eher gering aus. So liegen die Anteile für problematisches Spielen bei ca. 3,7% und für pathologisches Spielen bei ca. 4,4%. Dennoch weist etwa jede zwölfte Person, die in den klassischen Spielbanken am Automaten spielt, glücksspielbedingte Probleme auf. Bei der Prävalenz problematischen und pathologischen Spielens ging die Rate bei Automaten in Kasinos von ca. 13,5% im Jahr 2009 auf ca. 8,1% im Jahr 2015 und bei Automatenaufstellungen außerhalb von Casinos von 33,2% im Jahr 2009 auf 27,2% im Jahr 2015 zurück.

 

2.6.6. Durch Bedienstete des Bundesministeriums für Finanzen bzw. des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel werden stich­probenartig und unangekündigt Spielbankbetriebe nach abgabenrechtlichen und ordnungspolitischen Gesichtspunkten einer Überprüfung auf Einhaltung der gesetzlichen Regelungen unterzogen (sogenannte „Einschau“). Solche Einschauen erfolgen mehrmals jährlich stichprobenartig und unangekündigt durch Bedienstete der BMF-Fachabteilung bzw. des Finanzamts für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel (FAGVG). Neben der Beaufsichtigung des legalen Glücksspiels kommt es auch zur Bekämpfung des illegalen Glücksspiels. So gab es etwa im Jahr 2010 226, 2011 657, 2012 798, 2013 667 und 2014 (bis 3. Quartal) 310 Kontrollen nach dem Glücksspielgesetz, wobei im Jahr 2010 271, 2011 1854, 2012 2480, 2013 1299 und 2014 (bis 3. Quartal) 625 Glücksspielgeräte von der Finanzpolizei vorläufig beschlagnahmt wurden.

 

2.6.7. Im Bereich der Spielbanken wurden gemäß dem jährlichen Bericht des Konzessionärs an die Glücksspielaufsicht im Jahr 2013 in Summe 6.920 Wirtschaftsauskünfte beim KSV 1870, darunter 4.908 über österreichische Spielbankbesucher und 2.012 über Spielbankbesucher aus dem übrigen EU/EWR-Raum eingeholt. Zusätzlich erfolgten bei den Auskunfteien C (vormals D) und B (vormals W) 3.600 online-„Sofort-Checks“. 621.195 Spielbankbesucher aus dem EU/EWR (inklusive Österreich) wurden im Jahr 2013 den monatlichen Screening-Prozessen des Konzessionärs unterzogen. Bei 48.284 davon bestand die begründete Annahme im Sinne des § 25 Abs. 3 GSpG, dass aufgrund der Häufigkeit und Intensität der Spielteilnahme das Existenzminimum gefährdet ist, was zu 1.359 Informationsgesprächen sowie 741 Beratungen bzw. Befragungen führte. Zum 31.12.2013 bestanden in österreichischen Spielbanken bei 22.435 Spielbankbesuchern aufrechte, gültige Einschränkungen der Besuchsmöglichkeiten und 4.381 aktive Selbstsperren. In den VLT-Outlets wurden im Jahr 2013 aus begründetem Anlass 11.330 zur Alterskontrolle anhand eines Lichtbildausweises aufgefordert, wovon in 1.350 Fällen der Zutritt verwehrt wurde. Insgesamt wurden 343 protokollierte Spielerschutz-Informations­gespräche geführt.

 

2.6.8. Beim BMF wurde mit 1.12.2010 eine Spielerschutzstelle eingerichtet. Zu den Aufgaben der BMF-Stabsstelle für Spielerschutz gehören insbesondere folgende Punkte: Fachliche Beurteilung von Spielerschutzkonzepten der Bundeskonzessionäre, Aufklärungs- und Informationsarbeit über die Risiken des Glücksspiels, Schaffung einer besseren Datenlage über die Behandlung und Beratung von Patientinnen durch Spielsuchteinrichtungen in Österreich, Evaluierung der GSpG-Novelle 2010 bis zum Jahr 2014 für den Bereich des Spielerschutzes, Unterstützung der Suchtforschung im Bereich des Glücksspiels, Erarbeitung von Qualitätsstandards hinsichtlich Spielerschutzeinrichtungen im Sinne des Glücksspielgesetzes und Erarbeitung eines Anerkennungsverfahrens für diese, bessere Koordinierung der Arbeit der Spielerschutzeinrichtungen und Erarbeitung/Vorstellung von Best-Practice-Modellen einer Zusammenarbeit zwischen Konzessionären und Bewilligungsinhabern sowie unabhängigen Spielerschutzeinrichtungen, regelmäßiger Erfahrungsaustausch und Dialog zwischen Suchtberatung und Glücksspielaufsicht.

 

2.6.9. Ferner ist durch die GSpG-Novellen 2008/2010 die Anbindung von Glücksspielautomaten und Videolotterieterminals der konzessionierten Unter­nehmen an die Bundesrechenzentrum GmbH (BRZ) elektronisch festgelegt worden. Aus der elektronischen Anbindung an das Datenrechenzentrum der BRZ können unter anderem folgende Aspekte abgeleitet werden: Erfassung bzw. Kontrolle der minimalen und maximalen Ausschüttungsquoten, Erfassung bzw. Kontrolle der maximalen Ein- und Auszahlungen pro Spiel, Erfassung bzw. Kontrolle der Mindestspieldauer von Einzelspielen, Erfassung bzw. Kontrolle der Abkühlphase und Beschränkung auf die Anzeige spielerschutzbezogener Informationen während dieser Zeit, elektronische Überprüfung der Software-Komponenten zur Verhinderung potenzieller Manipulation von Glücksspiel­geräten, Prüfung von Glücksspielgeräten auf die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen von Bund und Ländern durch unabhängige Unternehmen, äußerliche Kennzeichnung genehmigter Glücksspielgeräte über eine Vignette und Anzeige der Verbindung zum Datenrechenzentrum der BRZ am Bildschirm.

 

3.           Beweiswürdigung:

 

3.1.      Einleitend (1.) werden Beschwerdegegenstand und Ablauf des verwal­tungsgerichtlichen Ermittlungsverfahrens zusammenfassend wiedergegeben. In der Sache selbst (2.) stützen sich die Feststellungen auf die in Klammer angegebenen Beweismittel. Der Ablauf der Kontrolle wurde in der Verhandlung eingehend erörtert (2.1. und 2.2.). Die Behörde geht von einem Tatzeitraum 1. August 2014 bis 25. August 2015 aus. Mag. A führte in der Verhandlung dazu aus: „Diese Annahme stützt sich auf die Aussage der Frau B, wonach die Geräte in diesem Zeitraum aufgestellt waren. Bezüglich einen Betrieb hat sie hier keine Aussage getroffen. Allein der Umstand, dass die Geräte in diesem Zeitraum aufgestellt waren lässt noch keinen Rückschluss auf einen Betrieb der Geräte oder überhaupt auf die Veranstaltung von irgendwelchen Spielen zu. Wenn mir die Verrechnungsschrift der P GmbH betreffend Verrechnungszeitraum
2. Mai 2015 bis 3. Juni 2015 vorgehalten wird, gebe ich an, dass hier bezüglich der Geräte im Zeitraum 2. Mai 2015 bis 3. Juni 2015 eine Verrechnung stattgefunden hat. Dies ist durch die Verrechnungsschrift belegt. Vom Verhandlungsleiter befragt, ob das Spiel „Ring of Fire XL“ auf Gerät Nr. 1 im Zeitraum 1. August 2014 bis 25. August 2015 bzw. im eingeschränkten Zeitraum 2. Mai 2015 bis 3. Juni 2015 ausgewählt und bespielt hätte werden können, gebe ich an, dass ich dazu keine Angaben machen kann. Ob dieses Spiel auf dem Gerät FA Nr. 2 im jeweiligen Zeitraum ausgewählt und bespielt hätte werden können, ist mir nicht bekannt. Auch dazu kann ich keine Angaben machen.“ Der Vertreter des Finanzamtes führte aus: „Wenn auch im Kontrollzeitpunkt bzw. am Tag der Kontrolle keine Verbindung mit dem Internet hergestellt werden konnte, so ist durch die Aussage der Frau B doch eindeutig belegt, dass die Internetverbindung bis zum Vortag am 25. August 2015 hergestellt werden können. Darüber hinaus hat B auch beispielsweise angegeben, vor zwei Tagen habe Sie einmal 60 Euro ausbezahlt und beide Geräte hätten gleich funktioniert.“ Auf Grund der einvernehmlich erörterten Aussage der Frau B steht fest, dass die Internetverbindung (jedenfalls) am 25. August 2015 zunächst noch bestanden hat und dann aber abgeschaltet wurde (Zitat Niederschrift vom 26. August 2015: „Sie sind am Internet angeschlossen, das Internet funktioniert aber seit gestern Vormittag nicht mehr, weil die Rechnung dafür nicht eingezahlt wurde.“). Bei der Kontrolle selbst bestand keine Internetverbindung, es war nur die Auswahlmaske bei Gerät Nr 1 ersichtlich. Beide Geräte funktionierten – wie B  aussagte – gleich, weshalb für das LVwG feststeht, dass auf beiden Geräten das Spiel „Ring of Fire XL“ gespielt werden konnte. Der zur Durchführung von Glücksspielkontrollen geschulte Zeuge W beschrieb schlüssig und nachvollziehbar das Spiel Ring of Fire XL. Er hat dieses Spiel schon mehrmals bei Kontrollen festgestellt. Es handelt sich  um ein zufallsabhängiges Walzenspiel. Dem Bf ist es nicht gelungen, Zweifel daran zu begründen.

 

3.2.      Auf Grund der Aussage und den Erfahrungswerten des W steht weiters fest, dass gegen Einsätze vermögenswerte Gewinne in Aussicht gestellt wurden. Die Frage, wer Veranstalter der Walzenspiele (Glücksspiele) war, wurde in der Verhandlung erörtert, steht aber nicht fest. Dass keine Konzession oder Bewilligung für Ausspielungen vorlag, ist unstrittig. Da die gegenständlichen Geräte betriebsbereit im Lokal (öffentlich zugänglich) aufgestellt waren und deren Funktionsweise eine Einnahmenerzielung ermöglicht, ist bei lebensnaher Betrachtungsweise davon auszugehen, dass die Geräte auch zwecks selbst­ständiger und nachhaltiger Einnahmenerzielung betrieben wurde. Zudem ist bei realistischer Betrachtungsweise weiters davon auszugehen, dass auch die P  GmbH die Gehäuse der Geräte zur Durchführung von Glücksspielen im Lokal Stardust zur Verfügung stellte, um selbstständig und nachhaltig Einnahmen zu erzielen. Es sind im Verfahren im Übrigen keine ausreichenden Anhaltspunkte hervorgekommen, die dafür sprechen würden, dass die P  GmbH die Gehäuse aus reiner Freigiebigkeit zur Verfügung gestellt hätte oder, dass die Geräte von der P  GmbH gar nicht freiwillig zur Verfügung gestellt worden wäre (sondern etwa gestohlen worden wäre). Derartiges wurde vom Beschuldigten im Übrigen nicht einmal konkret behauptet.

 

3.3.      Unstrittig ist, dass keine Konzession vorliegt. Es liegt unstrittig ein sog. Inlandssachverhalt vor. Die Feststellungen zum Glücksspielverhalten, inklusive des problematischen und pathologischen Spielverhaltens ergeben sich aus der Studie „Glücksspielverhalten und Glücksspielprobleme in Österreich – Ergebnisse der Repräsentativerhebung 2015“ von Dr. Kalke und Prof. Dr. Wurst vom Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung in Hamburg. In dieser Studie ist die Erhebungs- und Auswertungsmethodik nachvollziehbar dargelegt, es sind aus Sicht des erkennenden Gerichts im Verfahren keine Bedenken hinsichtlich der Richtigkeit dieser Studie hervorgekommen. Die Feststellungen zu den Tätigkeiten des BMF, der Finanzpolizei und der Konzessionäre sowie die Feststellungen zur Anbindung an das Bundesrechenzentrum gründen vor allem auf den Angaben des BMF im Glücksspielbericht 2010-2013 und im Evaluierungsbericht des BMF zu den Auswirkungen des Glücksspielgesetzes 2010-2014. Aus Sicht des erkennenden Gerichts bestehen hinsichtlich der diesbezüglichen Ausführungen in der den Berichten keine Bedenken gegen die Richtigkeit, zumal auch davon auszugehen ist, dass das BMF über den Inhalt und Umfang der Tätigkeiten der Behörden Kenntnis hat und aufgrund der Funktion als Aufsichtsbehörde auch über bestimmte Tätigkeiten der Konzessionäre informiert ist. Gründe dafür, dass vom BMF diesbezüglich auf Tatsachenebene falsche Auskünfte gegeben worden wären, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

 

3.4.      Die der Stellungnahme vom 5. Jänner 2016 angeschlossenen Beilagen wurden berücksichtigt. Es handelt sich dabei um einen Antrag auf Vorabent­scheidung (Beilage 1), Urteil LG F (Beilage 2), Einstellungsbeschluss (Beilage 3), Ladung (Beilage 4), Urteil EuGH (Beilage 5), Entscheidung LVwG (Beilage 6), Beschluss LG W (Beilage 7), Beschlüsse LG L (Beilage 8 und 9), Auflistung Glücksspielwerbung (Beilage 10), Konvolut Werbeeinschaltung (Beilage 11), Ausführungen Mag. Z (Beilage 12), Urteil LG L (Beilage 13), Übersicht Spielsuchthilfe (Beilage 14), Zeitungsartikel Kronen Zeitung (Beilage 15), Anfrage Nationalrat samt Beantwortung (Beilage 16), Email Dr. H (Beilage 17), Protokolle LG S (Beilage 18), Urteil LVwG (Beilage 19), sowie die bereits erwähnte Kalke Studie 2015. Im Ergebnis sind die Beilagen 1 bis 19 nicht geeignet, die Aussagekraft der Studie Kalke 2015 zu relativieren. Dies gilt insb für die Ausführungen der MMag. Z, die ihre Stellungnahme ohnedies lediglich als „Überblick“ bezeichnet. Die Studie Kalke 2015 wird den Feststellungen zu Grunde gelegt. Soweit in den erwähnten Beilagen auf einzelne Werbemaßnahmen Bezug genommen wird, ist festzuhalten: Die aufgezeigte Werbetätigkeit erscheint maßvoll und eng darauf begrenzt, was erforderlich ist, um Verbraucher zu den kontrollierten Spielernetzwerken zu lenken. Anderes lässt sich daraus nicht erschließen.

 

4.           Rechtliche Erwägungen zur maßgeblichen Rechtslage und zum Einwand, das österreichische Glücksspielgesetz müsse unangewendet bleiben:

 

4.1.        Die Bf bringen vor, das GSpG sei unionsrechtswidrig und dürfe nicht angewendet werden. Wie der Verwaltungsgerichtshof in stRsp festhält, ist, um zu einer derartigen Beurteilung zu gelangen, zunächst die Frage zu beantworten, ob das Unionsrecht im konkreten Fall überhaupt anzuwenden ist, was auf Sachverhalte ohne Auslandsbezug nicht zutrifft (vgl VwGH vom 29.05.2015, GZ 2012/17/0178). Es ist zu prüfen, ob sich der Bf im vorliegenden Fall auf die Dienstleistungsfreiheit (Art 56 AEUV) oder die Niederlassungsfreiheit (Art 49 AEUV) berufen kann. Der Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit ist insofern eingeschränkt, als sie gemäß Art. 57 AEUV der Niederlassungsfreiheit nachrangig ist (EuGH RS C-55/94). Bei der Abgrenzung zur Niederlassungsfreiheit kommt es auf die Dauer und Verfestigung der Tätigkeit im Ausland an: Die Dienstleistungsfreiheit nimmt derjenige in Anspruch, der sich nur vorübergehend in einen anderen Mitgliedstaat begibt. Er lässt sich dort gerade nicht nieder und ist dementsprechend nicht fest in die dortige nationale Volkswirtschaft integriert. Für diese Abgrenzung zwischen vorübergehender und verfestigter Tätigkeit haben sich in der Rechtsprechung des EuGH einige Indikatoren herausgebildet. Neben Dauer, Häufigkeit, Regelmäßigkeit und Kontinuität der Auslandstätigkeit kann auch eine infrastrukturelle Verfestigung (etwa in Form eines Büros) gegen den vorübergehenden Charakter einer Dienstleistungstätigkeit sprechen, wenn die Einrichtung nicht nur vorübergehend zur besseren Bewältigung einer konkreten Einzeldienstleistung erforderlich ist und unterhalten wird.

 

4.2.        Es liegt unstrittig kein Fall mit Auslandsbezug vor.  Damit liegt (vgl. hierzu etwa VwGH 27.04.2012, 2011/17/0046 und VwGH 15.12.2014, Ro 2014/17/0121) kein Sachverhalt vor, der die Anwendung der unionsrechtlichen Grundfreiheiten begründen würde.

 

4.3.        Zur Niederlassungsfreiheit:

 

4.3.1.    Damit ein Eingriff (oder streng genommen eine Beschränkung) der Niederlassungsfreiheit angenommen werden kann, musste nach der alten Rechtsprechung des EuGH eine Diskriminierung, also eine Ungleichbehandlung (sei es eine offene oder verdeckte) vorliegen, vgl. etwa EuGH, Rs. C-61/89. Die neuere Rechtsprechung des EuGH ist offener für einen weiten Beschränkungsbegriff. Gleichwohl tendiert der EuGH bei der Niederlassungs­freiheit insbesondere bei steuerrechtlichen Regelungen eher zum Maßstab des Diskriminierungsverbots, vgl. EuGH, Rs. C­446/0. Auch neuere Fälle zeigen, dass der EuGH bei der Annahme eines allgemeinen Beschränkungsverbots bei Art. 49 AEUV zurückhaltender als etwa bei der Waren- und Dienstleistungsfreiheit vorgeht, vgl. etwa EuGH, Rs. C-656/08.

 

4.3.2.    Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Urteil vom
6. Dezember 2012, B 1337/11, festgehalten hat, ist es Ziel der gesetzlichen Beschränkungen hinsichtlich der Glücksspielkonzessionen, Straftaten zu verhindern, eine übermäßige Anregung zur Teilnahme am Glücksspiel durch unreglementierte Konkurrenz zu vermeiden und zu verhindern, dass das Glücksspiel ausschließlich zu gewerblichen Gewinnzwecken veranstaltet wird, wobei die strenge Mindestkapitalvorschrift Konzessionswerber vom Markt abhalten soll, die gegebenenfalls mit Hilfe illegaler Geschäfte die finanziellen Voraussetzungen für die Veranstaltung von Glücksspiel schaffen wollen. Im Hinblick auf diese von der österreichischen Rechtsordnung verfolgten Ziele und die sich aus der Rechtsprechung des EuGH ergebende Aufgabe der einzelnen Mitgliedstaaten, im Bereich des Glücksspielwesens im Einklang mit ihrer eigenen Wertordnung zu beurteilen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der betroffenen Interessen ergeben, erscheint die Bestimmung des § 14 Abs. 2 Z. 3 GSpG über das eingezahlte Stamm- oder Grundkapital jedenfalls nicht unvereinbar mit dem Unionsrecht (VwGH vom 7. März 2013, GZ 2011/17/0304).

 

4.3.3.    Im gegenständlichen Verfahren ist nicht hervorgekommen, dass die beteiligten Unternehmer über jenes Stamm- oder Grundkapital verfügen würden, welches gemäß § 21 Abs. 2 Z 3 GSpG als zwingendes Erfordernis für die Erteilung einer Konzession nach dem GSpG Voraussetzung ist. Auch im vorliegenden Fall hat diese Gesellschaft ähnlich der Entscheidung des Verwaltungsgerichthofes vom  21.12.2012, 2012/17/0417, „gar nicht behauptet [...], über ein ausreichendes Grund- bzw. Stammkapital bzw. über einen Aufsichtsrat zu verfügen“, sodass auch gegenständlich entsprechend der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes davon auszugehen ist, dass sie schon deswegen keine Konzession nach § 21 GSpG erlangen konnte, weil sie die zulässigen Rechtsform- und Kapitalerfordernisse nicht erfüllt.

 

4.3.4.    Es wurde im Verfahren nicht behauptet, dass sich die beteiligten Unternehmer um eine Konzession in Österreich bemüht hätte. Eine Konzession könnte ihnen mangels ausreichendem Kapital (Stamm- oder Grundkapital von mindestens 109 Millionen Euro iSd § 14 Abs 2 Z 3 GSpG bzw 22 Millionen Euro iSd § 16 Abs 2 Z 3 GSpG)  auch nicht erteilt werden. Die nicht diskriminierenden Bestimmungen des GSpG stehen im Einklang mit der Niederlassungsfreiheit.

 

4.4.        Zur Dienstleistungsfreiheit:

 

4.4.1.    Unternehmer der 28 Mitgliedstaaten der EU, die in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen sind und dort eine Tätigkeit befugt ausüben, dürfen diese Tätigkeit vorübergehend und gelegentlich unter den gleichen Voraus­setzungen wie Inländer in Österreich ausüben. (Dienstleistungsfreiheit).  Die Dienstleistungsfreiheit umfasst Leistungserbringungen bei vorübergehendem Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat. Unternehmer der 28 Mitgliedstaaten der EU, die in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen sind und dort eine Tätigkeit befugt ausüben, dürfen diese Tätigkeit vorübergehend und gelegentlich unter den gleichen Voraussetzungen wie Inländer in Österreich ausüben. (Dienstleistungsfreiheit).

 

4.4.2.    Die beteiligten Unternehmen verfügen über keine Konzession oder Berechtigung zur Durchführung von Glücksspielen in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union. Es liegt daher kein Anwendungsfall der Dienstleistungs­freiheit vor.

 

4.5.        Zur Zielsetzung und den tatsächlichen Wirkungen des GSpG:

 

4.5.1.    Im Ergebnis stehen weder Dienstleistungs- noch Niederlassungsfreiheit einer Bestrafung entgegen. Würde man entgegen der Ansicht des LVwG von einem Anwendungsfall der Dienstleistungsfreiheit oder der Niederlassungsfreiheit ausgehen, wäre nach der Rsp des VwGH Folgendes zu beachten: Der Europäische Gerichtshof hat mit seinen Urteilen vom 15. September 2011, Rs C-347/09 (Dickinger und Ömer), und vom 30. April 2014, Rs C-390/12 (Pfleger), die unionsrechtliche Zulässigkeit des Glücksspielmonopols nicht nur von der Zielsetzung des Gesetzgebers - Spielerschutz und Kriminalitätsbekämpfung - sondern auch von der tatsächlichen Wirkung der Regelungen abhängig gemacht. Im Zuge eines amtswegigen Ermittlungsverfahrens wäre zu prüfen, ob die Regelungen des Glücksspielgesetzes in ihrer Gesamtheit dazu führen, dass die Gelegenheit zum Spiel verringert und die damit verbundene Kriminalität bekämpft wird. Dies wäre beispielsweise dann nicht erfüllt, wenn es trotz der restriktiven Ausgestaltung des Glücksspielrechts in den letzten Jahren zu einer Ausweitung der Spielsucht samt der damit verbundenen Probleme gekommen wäre (vgl VwGH vom 24. April 2015, Ro 2014/17/0126). Grundsätzlich ist die Vereinbarkeit von nationalem Recht mit Unionsrecht als Rechtsfrage von Amts wegen zu prüfen, sodass sich Fragen zu einer Darlegungspflicht (Behauptungslast) nicht stellen. Können aber bei Regelungen, bei denen   wie hier sowohl der Wortlaut und als auch die erklärte Zielsetzung des Gesetzgebers gegen die Annahme eines Unionsrechtsverstoßes sprechen, ausnahmsweise tatsächliche Umstände zu einem anderen Ergebnis führen, so hat sich diese Prüfung grundsätzlich an diesbezüglichen Parteienbehauptungen zu orientieren (Vgl OGH 20.01.2015 4Ob200/14m; 4Ob231/14w; 4Ob32/15g; 4Ob10/15x; 4Ob230/14y; 4Ob243/14k; 4Ob244/14g; 4Ob229/14a; 4Ob33/15d; 4Ob6/15h; 4Ob68/15a; 4Ob55/15i; 4Ob97/15s).

 

4.5.2.    Gemäß Art 52 iVm 62 AEUV können mitgliedstaatliche Eingriffe in die Freiheiten aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sein. Auch Beschränkungen von Glücksspieltätigkeiten können nach dem EuGH (vgl. etwa Rechtssache Pfleger ua, C-390/12 mwN) durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein. Von den Mitgliedstaaten auferlegte Beschränkungen haben der vom EuGH aufgestellten Voraussetzungen Rechnung zu tragen. Sowohl Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit als auch Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit können durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein, wenn sie geeignet sind, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinn zu gewährleisten, dass sie kohärent, systematisch und verhältnismäßig sind (vgl. EuGH Rechtssache Gambelli, C-243/01; siehe weiters EuGH Rechtssache Dickinger und Ömer, C-347/09; EuGH Rechtssache Pfleger, C-390/12; VwGH 29.05.2015, Ro 2014/17/0049; VwGH 15.12.2014, Ro 2014/17/0121).

 

4.5.3.    Wie sich aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt, weisen in Österreich zwischen 0,34% und 0,60% der Bevölkerung ein problematisches Spielverhalten auf, und es sind (Stand 2015) zwischen ca. 27.600 bis ca. 46.000 Personen spielsüchtig. Die Spielsucht stellt daher in Österreich ein relevantes Problem dar. Durch das im GSpG geregelte Glücksspielmonopol sollen unter anderem die Gelegenheiten zum Spiel vermindert, die Ausnutzung der Spielleidenschaft begrenzt und der Spielerschutz gewährleistet werden (vgl. in diesem Zusammenhang etwa die §§ 5, 14, 16, 19, 21, 22, 25, 26, 31 und 56; so ausdrücklich auch die erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zur Novelle BGBl I Nr 73/2010; in diesem Sinne auch bereits die Rsp der österreichischen Höchstgerichte siehe etwa VfGH 06.12.2012, B1337/11 ua; VfGH 12.3.2015, G 205/2014-15 ua; VwGH 7.03.2013, 2011/17/0304, VwGH 4.11.2009, 2009/17/0147; OGH 20.3.2013, 6 Ob 118/12i; 17.02.2015, 4 Ob 229/14a: Aus den gesetzlichen Bestimmungen als solchen sei nicht abzuleiten, dass die Ausgestaltung des Glücksspielrechts nicht dem Ziel des Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung diente). Diese Zielsetzungen vermögen daher eine Beschränkung der Glücksspieltätigkeiten im Sinne der Rsp des EuGH zu rechtfertigen. Dem evidenten Spielsuchtproblem in Österreich soll gerade auch durch das im GSpG geregelte Monopol entgegengetreten werden, wobei es sich bei der Normierung eines Monopolsystems um eine geeignete Maßnahme handeln kann, um den negativen Erscheinungen unkontrollierten Glücksspieles entgegen zu wirken (vgl. EuGH Rechtssache Pfleger, C-390/12 RZ 41).

 

4.5.4.    Es ist daher zu prüfen, ob die im GSpG normierten Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit in ihren Wirkungen tatsächlich geeignet sind, dieses Ziel in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen. Hinsichtlich der Eignung der im GSpG normierten Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit zur Erreichung der genannten Ziele in kohärenter und systematischer Weise ist nicht nur zu prüfen, welche gesetzlichen Vorgaben geregelt sind, sondern auch wie diese ungesetzt werden.

 

4.5.5.    Das GSpG regelt einerseits die Anforderungen an die Erteilung einer Konzession oder Bewilligung zur Durchführung von Ausspielungen sowie deren Einhaltungsvoraussetzungen, andererseits stellt es Ausspielungen, die ohne Konzession oder Bewilligung durchgeführt werden, unter Strafe und ordnet dazu konkrete Verfolgungsmaßnahmen an. Somit geht aus dem GSpG klar hervor, dass nur jene Glücksspielbetreiber legal Glücksspiele in Form von Ausspielungen anbieten können, die einerseits Inhaber einer Konzession oder Bewilligung sind und andererseits die damit verbundenen Anforderungen fortlaufend erfüllen. Es liegt auf der Hand, dass eine beschränkte Zahl von Konzessionären effektiver zu überwachen ist als eine unbeschränkte Anzahl an Anbietern (vgl auch VfGH 6.12.2012, B 1337/11) und somit das im GSpG normierte Konzessions- und Bewilligungssystem dem Spielerschutz dienlich ist. Auch der OGH führte bereits aus, dass aus den gesetzlichen Bestimmungen als solchen nicht abzuleiten sei, dass die Ausgestaltung des Glücksspielrechts nicht dem Ziel des Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung diente (OGH 17.02.2015, 4 Ob 229/14a). Auch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts sahen in jüngeren Entscheidungen keine Veranlassung für eine unionsrechtsbedingte Nichtanwendung, amtswegige Gesetzesprüfung oder Anfechtung der Verbotsbestimmungen des Glücksspielgesetzes (siehe etwa VfGH G 82/12, VfSlg 19.749; B 615/2013; VwGH Ro 2014/17/0120, 0121 und 0123; Ro 2014/02/0026; Z 2012/17/0440). Die österreichischen Höchstgerichte gehen demnach (bislang) davon aus, dass die gesetzlichen Vorgaben des GSpG geeignet sind, die festgelegten Ziele zu verfolgen.

 

4.5.6.    Durch die zur Vollziehung berufenen Behörden erfolgt auch einerseits die Kontrolle der Einhaltung der Anforderungen an die Konzessionäre und andererseits die tatsächliche Verfolgung und Ahndung von illegalem Glücksspiel.

 

4.5.7.    Durch Bedienstete des Bundesministeriums für Finanzen bzw. des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel werden stich­probenartig und unangekündigt Spielbankbetriebe nach abgabenrechtlichen und ordnungspolitischen Gesichtspunkten einer Überprüfung auf Einhaltung der gesetzlichen Regelungen unterzogen (sogenannte „Einschau“). Solche Einschauen erfolgen mehrmals jährlich stichprobenartig und unangekündigt durch Bedienstete der BMF-Fachabteilung bzw. des Finanzamt für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel (FAGVG). Neben der Beaufsichtigung des legalen Glücksspiels kommt es auch zur Bekämpfung des illegalen Glücksspiels. So gab es etwa im Jahr 2010 226, 2011 657, 2012 798, 2013 667 und 2014 (bis 3. Quartal) 310 Kontrollen nach dem Glücksspielgesetz, wobei im Jahr 2010 271, 2011 1854, 2012 2480, 2013 1299 und 2014 (bis 3. Quartal) 625 Glücksspielgeräte von der Finanzpolizei vorläufig beschlagnahmt wurden. Bereits aufgrund dieser vorläufigen Beschlagnahmen wurden aber grundsätzlich weitere Glücksspiele mit betroffenen Glücksspielgeräten (zumindest für die Dauer der Aufrechterhaltung der Beschlagnahme) verhindert und insoweit die Zugänglichkeit zu Ausspielungen beschränkt.

 

4.5.8.    Beim BMF wurde mit 1.12.2010 eine Spielerschutzstelle eingerichtet. Zu den Aufgaben der BMF-Stabsstelle für Spielerschutz gehören insbesondere folgende Punkte: Fachliche Beurteilung von Spielerschutzkonzepten der Bundeskonzessionäre, Aufklärungs- und Informationsarbeit über die Risiken des Glücksspiels, Schaffung einer besseren Datenlage über die Behandlung und Beratung von Patientinnen durch Spielsuchteinrichtungen in Österreich, Evaluierung der GSpG-Novelle 2010 bis zum Jahr 2014 für den Bereich des Spielerschutzes, Unterstützung der Suchtforschung im Bereich des Glücksspiels, Erarbeitung von Qualitätsstandards hinsichtlich Spielerschutzeinrichtungen im Sinne des Glücksspielgesetzes und Erarbeitung eines Anerkennungsverfahrens für diese, bessere Koordinierung der Arbeit der Spielerschutzeinrichtungen und Erarbeitung/Vorstellung von Best-Practice-Modellen einer Zusammenarbeit zwischen Konzessionären und Bewilligungsinhabern sowie unabhängigen Spieler­schutzeinrichtungen, regelmäßiger Erfahrungsaustausch und Dialog zwischen Suchtberatung und Glücksspielaufsicht.

 

4.5.9.    Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich ferner, dass durch die GSpG-Novellen 2008/2010 die Anbindung von Glücksspielautomaten und Videolotterieterminals der konzessionierten Unternehmen an die Bundes­rechenzentrum GmbH (BRZ) elektronisch festgelegt worden ist. Aus der elektronischen Anbindung an das Datenrechenzentrum der BRZ können unter anderem folgende Aspekte abgeleitet werden: Erfassung bzw. Kontrolle der minimalen und maximalen Ausschüttungsquoten, Erfassung bzw. Kontrolle der maximalen Ein- und Auszahlungen pro Spiel, Erfassung bzw. Kontrolle der Mindestspieldauer von Einzelspielen, Erfassung bzw. Kontrolle der Abkühlphase und Beschränkung auf die Anzeige spielerschutzbezogener Informationen während dieser Zeit, elektronische Überprüfung der Software-Komponenten zur Verhinderung potenzieller Manipulation von Glücksspielgeräten, Prüfung von Glücksspielgeräten auf die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen von Bund und Ländern durch unabhängige Unternehmen, äußerliche Kennzeichnung genehmigter Glücksspielgeräte über eine Vignette und Anzeige der Verbindung zum Datenrechenzentrum der BRZ am Bildschirm.

 

4.5.10. Schon die oben angeführten Umstände, insbesondere der Kontrollen der Konzessionäre, der Maßnahmen zur Bekämpfung des illegalen Glücksspiels, der Festlegung der Anbindung der Glücksspielautomaten und VLT der konzessionierten Unternehmen an die Bundesrechenzentrum GmbH, aber auch der Einrichtung der Spielerschutzstelle, zeigen nach Ansicht des Oö. Landesverwaltungsgerichtes, dass die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben in kohärenter und systematischer Weise erfolgt.

 

4.5.11. Nach der Rechtsprechung der Höchstgerichte ist die unionsrechtliche Zulässigkeit der Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit auch von der tatsächlichen Wirkung der Regelungen abhängig (so etwa jüngst VwGH Ro 24.04.2015, 2014/17/0126; OGH 20.01.2015, 4 Ob 231/14w).

 

4.5.12. Als Folge der gesetzlichen und behördlichen Vorgaben werden durch die konzessionierten Betreiber Maßnahmen zum Spielerschutz tatsächlich umgesetzt. So ergibt sich aus dem festgestellten Sachverhalt etwa, dass im Bereich der Spielbanken gemäß dem jährlichen Bericht des Konzessionärs an die Glücksspielaufsicht im Jahr 2013 in Summe nahezu 7.000 Wirtschaftsauskünfte beim KSV 1870 eingeholt wurden und ferner bei Auskunfteien online-„Sofort-Checks“ erfolgten. Auch wurden im Jahr 2013 über 621.000 Spielbankbesucher den monatlichen Screening-Prozessen des Konzessionärs unterzogen. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich zudem, dass zum 31.12.2013 in österreichischen Spielbanken bei 22.435 Spielbankbesuchern aufrechte, gültige Einschränkungen der Besuchsmöglichkeiten und 4.381 aktive Selbstsperren bestanden. In den VLT-Outlets wurde bei begründetem Anlass in über 11.000 Fällen zur Alterskontrolle anhand eines Lichtbildausweises aufgefordert, wovon in mehr als 1.300 Fällen der Zutritt verwehrt wurde.

 

4.5.13. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich weiters, dass es zu keiner Ausbreitung der Glücksspielsucht seit 2009 in Österreich gekommen ist. Gerade beim in Hinblick auf spielbedingte Probleme besonders risikoreichen Automatenglücksspiel ist die Prävalenz des problematischen und pathologischen Spielens (von ca. 13,5% [2009] auf ca. 8,1% [2015] bei Automaten in Kasinos und von ca. 33,2% [2009] auf ca. 27,2% [2015] bei Automatenaufstellungen außerhalb von Casinos) seit 2009 zurückgegangen. Auch ist der durchschnittliche Geldeinsatz im Automatenglücksspielbereich außerhalb von Spielbanken merklich gesunken. Es zeigt sich auch, dass die Prävalenzwerte für die Automatenspiele der konzessionierten „C A“ im Vergleich zu den (häufig auch nicht bewilligten) Ausspielungen in Spielhallen, Kneipen oder Tankstellen eher gering ausfallen.

 

4.5.14. Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt, insbesondere der oben dargestellten tatsächlich durchgeführten Spielerschutzmaßnahmen durch die konzessionierten Betreiber und dem dargestellten Spielverhalten in Österreich (bezogen auf den Vergleichszeitraum 2009 bis 2015), erachtet das erkennende Landesverwaltungsgericht auch hinsichtlich der tatsächlichen Wirkungen der Regelungen des GspG eine unionsrechtlichen Zulässigkeit der Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit als gegeben.

 

4.5.15. Zum Vorbingen betreffend die Werbetätigkeit ist folgendes auszuführen: Aus der Rsp des EuGH ergibt sich, dass Werbung für Glücksspiel nicht generell dem Unionsrecht widerspricht, aber die Werbetätigkeit maßvoll und eng darauf begrenzt werden muss, was erforderlich ist, um Verbraucher zu den kontrollierten Spielernetzwerken zu lenken (vgl dazu etwa Rechtssachen Dickinger/Ömer, C-347/09; Placanica, C-338/04; HIT hoteli u.a., C-176/11). Gemäß § 56 Abs. 1 GSpG haben die Konzessionäre und Bewilligungsinhaber bei ihren Werbeauftritten einen verantwortungsvollen Maßstab zu wahren, wobei die Einhaltung im Aufsichtswege überwacht wird. Bei Beurteilung der Werbetätigkeit kommt es nicht auf eine einzelne Werbung an, sondern es ist vielmehr die Gesamtheit der Werbemaßnahmen der Konzessionäre bzw. Bewilligungsinhaber heranzuziehen (vgl. auch OGH 27.11.2013, 2 Ob 243/12t).

 

4.5.16.             Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass sich der Anteil der Personen, die in den letzten 12 Monaten irgendein Glücksspiel um Geld gespielt haben, im Zeitraum 2009 bis 2015 kaum verändert hat. Insgesamt hat sich der Geldeinsatz (in absoluten Zahlen) zwar von 53 € auf 57 € (also nur in etwa um die Inflationsrate) erhöht, bei den besonders problematischen Automatenspielen außerhalb der Kasinos ist er sogar deutlich zurückgegangen. Auch die Anzahl der Spielsüchtigen ist in diesem Zeitraum nicht gestiegen. Daraus ist abzuleiten, dass die Werbetätigkeit der Konzessionäre bzw. Bewilligungsinhaber in ihrer Gesamtheit im Ergebnis jedenfalls kein Wachstum des gesamten Markts für Glücksspiele bewirkt hat. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob jede einzelne Werbemaßnahme jedes Konzessionärs und Bewilligungsinhabers den Vorgaben des EuGH entspricht, da die Werbetätigkeit in ihrer Gesamtheit jedenfalls nicht dem Wachstum des gesamten Markts für Glücksspiele dient. Auch wenn einzelne Werbemaßnahmen für sich genommen geeignet sein sollten, die Spiellust zu wecken bzw. zu verstärken, so hat jedenfalls die Gesamtheit der Werbe­tätigkeiten nicht zu einer Ausweitung des Glücksspieles geführt. Es haben daher die Gesamtwirkungen der Werbetätigkeit die kohärente und systematische Verfolgung der Ziele des GSpG nicht beeinträchtigt. Soweit in den erwähnten von den Bf vorgelegten Beilagen auf einzelne Werbemaßnahmen Bezug genommen wird, ist festzuhalten: Die aufgezeigte Werbetätigkeit erscheint maßvoll und eng darauf begrenzt, was erforderlich ist, um Verbraucher zu den kontrollierten Spielernetzwerken zu lenken. Anderes lässt sich daraus nicht erschließen.

 

4.5.17. Nachdem es in Österreich (bezogen auf den Zeitraum 2009 bis 2015) zu keinem Wachstum des gesamten Glücksspielmarkts gekommen ist und (nach der Rsp des EuGH) eine Werbung der Konzessionäre für ihre Produkte zum Zweck, den vorhandenen Markt für sich zu gewinnen, jedenfalls zulässig ist (vgl. EuGH Rechtssache Dickinger/Ömer C‑347/09, RN 69), geht das Oö. Landesver­waltungsgericht im Ergebnis davon aus, dass die bisherige Werbetätigkeit der Konzessionäre bzw. Bewilligungsinhaber nicht zur Unionsrechtswidrigkeit der österreichischen Regelungen betreffend die Beschränkungen der Glücksspiel­tätigkeiten führt.

 

4.5.18. Zusammenfassend ergibt sich daher für das erkennende Landesver­waltungsgericht, dass bei Gesamtwürdigung aller in diesem Verfahren hervorgekommenen Umstände eine Unionsrechtswidrigkeit durch die österreichischen Beschränkungen der Glücksspieltätigkeiten nicht vorliegt. Die von der österreichischen Regelung vorgesehenen Beschränkungen verfolgen vom EuGH anerkannten Gründe des Allgemeininteresses und sind geeignet, diese in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen. Die Beschränkungen erscheinen auch nicht unverhältnismäßig.

 

4.6.        Zu den offenen Beweisanträgen betreffend die Frage der Unionsrechts­konformität ist Folgendes auszuführen:

 

4.6.1.    Der Bf hat die Einvernahme mehrerer Zeugen zum Beweis des Anstiegs der Anzahl an Spielsüchtigen und der Ineffektivität der gesetzlichen und tatsächlichen Vorkehrungen zum Spielerschutz insbesondere innerhalb der Jahre 2010 bis 2015 beantragt (1.2.). Soweit sich der Bf auf Aussagen von Fachleuten beruft, wonach die Zahl der spielsüchtigen Personen in den letzten Jahren gestiegen sei, sind diese nicht geeignet, die Untauglichkeit des GSpG und der behördlichen Maßnahmen zu beweisen. In der aktuellen Studie „Glücksspiel­verhalten und Glücksspielprobleme in Österreich – Ergebnisse der Repräsentativerhebung 2015“ von Dr. Kalke und Prof. Dr. Wurst vom Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung in Hamburg sind gerade diese Parameter in wissenschaftlicher Weise erhoben und ausgewertet worden. Diese Studie ist schlüssig und nachvollziehbar. Wahrnehmungen und Einschätzungen (auch einer größeren Zahl) von mit der Materie befassten Einzelpersonen können die Studie nicht widerlegen. Dies wäre nur durch eine auf gleicher fachlicher Ebene erstellten Studie möglich. Die Beweisanträge waren daher abzuweisen.

 

4.6.2.    Soweit Zeugeneinvernahmen zum Beweis dafür beantragt wurden, dass die gesetzlichen und tatsächlichen Vorkehrungen zum Spielerschutz ineffektiv seien, ist auszuführen, dass die Zeugen lediglich ihre persönliche Meinung (ob eine „Ineffektivität“ vorliegt) darstellen könnten, die allenfalls auf Umständen gründet, die sich in ihrem unmittelbaren Umfeld abspielen. Hingegen sind der genannten Studie auch Auswirkungen der gesetzlichen Vorgaben und behördlichen Maßnahmen zu entnehmen. Persönliche Meinungen von Einzelpersonen sind daher für die vom Oö. Landesverwaltungsgericht vorzunehmende rechtliche Beurteilung, ob angesichts bestimmter tatsächlicher Gegebenheiten die gesetzlichen und tatsächlichen Vorkehrungen als (im rechtlichen Sinne ausreichend) effektiv angesehen werden können oder nicht, nicht von Relevanz. Auch die Beweisanträge zur Effektivität der gesetzlichen und tatsächlichen Vorkehrungen zum Spielerschutz waren daher abzuweisen.

 

4.6.3.    Auch die Einholung des beantragten Sachverständigengutachtens war nicht erforderlich, liegt doch bereits die – vom Bf vorgelegte - Studie Kalke 2015 vor.

 

4.7.        Zusammenfassung:

 

4.7.1.    Keine der beteiligten Personen weist einen Auslandsbezug auf oder hat behauptet, in Österreich oder in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union über eine Konzession zu verfügen oder sich um eine derartige Berechtigung bemüht zu haben.  Es liegt daher kein Sachverhalt mit Auslandsbezug vor, der in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallen würde  (vgl VwGH vom 29.05.2015, GZ 2012/17/0178). Eine Unanwendbarkeit des GSpG wegen eines allfälligen Widerspruchs zum Unionsrecht scheidet aus. Eine Aufnahme der vom Beschuldigten beantragten Beweise betreffend die behauptete Unionsrechts­widrigkeit war daher schon aus diesem Grund nicht erforderlich.

 

4.7.2.    Das LVwG hat die vorhandenen Beweismittel eingehend geprüft. Das BMF hat sich wie schon erwähnt umfassend und schlüssig zur Zielsetzung des GSpG geäußert. Es werden – wie das BMF ebenfalls betont, massive Anstrengungen zur Eindämmung der Spielsucht unternommen und entsprechende Maßnahmen gesetzt.  Die von den Bf beantragten Beweise und vorgelegten Urkunden sind ungeeignet, ein vollständiges Bild über die Auswirkungen des Glücksspielgesetzes zu vermitteln. Einer möglichen Ausbreitung der Glücksspielsucht konnte entgegengewirkt werden. Die Regelungen des Glücksspielgesetzes führen in ihrer Gesamtheit dazu, dass die Gelegenheit zum Spiel verringert und die damit verbundene Kriminalität bekämpft wird. (vgl VwGH vom 24. April 2015, Ro 2014/17/0126). Die Bestimmungen sind daher kohärent.

 

4.7.3.    Da die Rechtslage durch die Rechtsprechung des VfGH, VwGH und EUGH geklärt ist, konnte von einer Anfechtung beim VfGH Abstand genommen werden. Das Recht der Europäischen Union steht der Anwendbarkeit des Glücksspielgesetzes nicht entgegen. Die beantragte Aussetzung war nicht erforderlich.

 

 

5.     Rechtliche Beurteilung:

 

5.1.      Die maßgeblichen Bestimmungen des Glücksspielgesetzes (GSpG) lauten:

 

Ein Glücksspiel im Sinne des GSpG ist ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt (§ 1 Abs. 1 GSpG).

 

Gemäß § 2 GSpG sind Ausspielungen Glücksspiele,

1. die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und

2. bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammen­hang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögens­werte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

 

Gemäß § 2 Abs. 4 GSpG sind Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 ausgenommen sind, verboten.

 

Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 Glücksspielgesetz (BGBl 620/1989) – GSpG in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung (BGBl. I Nr. 13/2014) begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe von bis zu
60.000 Euro zu bestrafen, wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Aus­spielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG veranstaltet, organisiert oder unter­nehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmen im Sinne des § 2 Abs. 2 GSpG daran beteiligt.

 

Bei Übertretung des Abs. 1 Z 1 mit bis zu drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen ist gemäß § 52 Abs. 2 GSpG für jeden Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 3.000 Euro bis zu 30.000 Euro, bei Übertretung mit mehr als drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen für jeden Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe von 3.000 Euro bis zu 30.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 6.000 Euro bis zu 60.000 Euro zu verhängen.

 

Gemäß § 52 Abs. 3 leg.cit. ist, sofern durch eine Tat sowohl der Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 52 als auch der Tatbestand des § 168 StGB verwirklich ist, nur nach den Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 zu bestrafen.

 

5.2.      Zum angelasteten Tatvorwurf iSd § 52 Abs 1 Z 1 GSpG (Unternehmerische Beteiligung, 4. Tatbild):

 

Aufgrund der festgestellten Funktionsweise des an den Geräten mit den FA-
Nrn. 1 und 2 verfügbaren virtuellen Walzenspiels (Ring of Fire XL) ist auch im Hinblick auf die höchstgerichtliche Rechtsprechung (vgl. etwa VwGH 08.09.2005, 2000/17/0201) davon auszugehen, dass das Spielergebnis vorwiegend vom Zufall abhängt und die virtuellen Walzenspiele somit als Glücksspiele iSd § 1 Abs. 1 GSpG zu qualifizieren sind.

 

Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass mit diesen Geräten Glücks­spiele veranstaltet wurden, um dadurch selbstständig und nachhaltig Einnahmen zu erzielen. Es handelt sich bei diesen Glücksspielen auch um Ausspielungen iSd § 2 GSpG. Aufgrund der Funktionsweise der verfahrensgegenständlichen Glücksspielgeräte mit den darauf verfügbaren Spielen, bei denen Spieleinsätze zu leisten und Gewinne in Aussicht gestellt sind, ist – in Ermangelung einer Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz – von einer verbotenen Ausspielung iSd § 2 Abs. 4 GSpG auszugehen. Weiters ergibt sich aus dem Sachverhalt, dass eine Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG nicht erteilt wurde und diese Ausspielungen auch nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen waren.

 

Die P GmbH ist Eigentümerin der Geräte. Die P Gmbh hat sich an der Veranstal­tung von Glücks­spielen, an de­nen vom Inland aus teilgenommen werden konnte, unter Verwendung der aufgestellten betriebsbereiten und funktionsfähigen Geräte unternehmerisch iSd § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG beteiligt, um da­mit selbständig und nachhaltig Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen zu erzie­len, indem sie die Gehäuse dieser Geräte, mit denen den Spielern für einen geld­werten Einsatz Gewinne in Aussicht gestellt wurden und deren Spielergebnis ausschließlich vom Zufall abhing, gegen Entgelt  zur Verfügung gestellt hat. Der Bf ist gemäß § 9 Abs. 1 VStG strafrechtlich verantwortlich. Der objektive Tatbestand der im Straferkenntnis angelasteten Verwaltungsübertretung ist erwiesen. In diesem Sinne bezieht sich die unternehmerische Beteiligung unmittelbar auf die Veranstaltung von Glücksspielen und ist nicht mit der bloßen Strom- oder Gebäudevermietung zu vergleichen. Die als erwiesen angenommene Tat iSd § 44a Z 1 VStG war aber einzuschränken.

 

Die Tat ist gemäß § 52 Abs 3 GSPG jedenfalls als Verwaltungsübertretung zu ahnden (VwGH 15. Dezember 2014, Ro 2014/17/0121, VfGH 10. März 2015, G 203/2014-16).

 

 

5.3.      Zum Verschulden:

 

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, soweit die Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Da § 52 GSpG über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt nach § 5 Abs. 1 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (sog „Ungehorsamsdelikt“). Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Beschuldigte initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht (vgl. VwGH 23.12.1991, 88/17/0010 mwN).

 

Die Bf beruft sich im Ergebnis auf einen Verbotsirrtum. Entschuldigend wirken dabei nach stRspr nur das Vertrauen auf die einschlägige und einhellige höchstgerichtliche Rsp zum Tatzeitpunkt (VwGH 22.3.1994, 93/08/0177), von der zuständigen Behörde selbst erteilte Auskünfte über ihre Verwaltungspraxis (VwSlg 14.020 A/1994) bzw. eine tatsächlich bestehende „ständige Verwaltungsübung“ (VwGH 22.3.1994, 93/08/0177) sowie Rechtsauskünfte auf Grundlage einer vollständigen Sachverhaltsmitteilung, wenn sie von einer fachkompetenten Stelle/Person stammen und bestimmte wesentliche Kriterien erfüllen. Entschuldigend wirkt hiebei eine Rechtsauskunft der zuständigen Behörde (VwGH 4.10.2012, 2012/09/0134, 18.9.2008, 2008/09/0187), einer anderer fachkompetenter Institutionen, zB der gesetzlichen beruflichen Vertretungen (zB VwGH 16.11.1993, 93/07/0022, 0023), der Gebietskranken­kasse (VwSlg 14.020 A/1994) oder auch des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (VwSlg 13.257 A/1990) bzw in sehr eingeschränktem Ausmaß die Rechtsaus­kunft berufsmäßiger Parteienvertreter (zB von Rechtsanwälten). Diese muss sich jedenfalls an der maßgeblichen Rsp der Höchstgerichte und gegebenenfalls an der Rechtsmeinung der zuständigen Behörde (VwSlg 11.744 A/1985) orientieren. Das Vertrauen auf die (falsche) Rechtsauskunft ist dem Auskunftssuchenden insbesondere dann vorwerfbar, wenn dem Beschuldigten das Spannungs­verhältnis zur gegenteiligen Behördenauffassung bekannt ist oder sich unmittelbar aus dem Inhalt der Auskunft auch für den Nicht-Fachmann ersichtliche Zweifel ergeben (VwGH 22.2.2006, 2005/17/0195); (vgl. Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 5 Rz 21  (Stand 1.7.2013, rdb.at). Der Bf beruft sich lediglich auf die vereinzelt gebliebene Judikatur des LVwG Oö. Der Bf konnte sich demnach nicht erfolgreich auf einen entschuldigenden Verbotsirrtum berufen, sondern unterliegt bestenfalls einem Rechtsirrtum, der ihm allerdings vorwerfbar ist. Dem Bf ist damit im Ergebnis fahrlässiges Verhalten anzulasten.

 

5.4.      Zur Strafbemessung:

 

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungs­strafrechts sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Bei der Strafzumessung handelt es sich laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. VwGH 28.11.1966, 1846/65) innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessens­entscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Demgemäß obliegt es der Behörde in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensausübung maßgeblichen Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist.

 

Bei Übertretung mit 2 Eingriffsgegenständen ist gemäß § 52 Abs. 2 GSpG für jeden Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro zu verhängen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für jeden Eingriffsgegenstand eine gesonderte Strafe zu verhängen. Die belangte Behörde verhängte dagegen eine Gesamtstrafe. Es liegt weder eine „Doppelbestrafung“ noch ein Verstoß gegen das Verbot der „reformatio in peius“ vor, wenn das Landesverwaltungs­gericht Oberösterreich in Abänderung des Straferkenntnisses richtigerweise für zwei Verwaltungsübertretungen zwei Strafen statt einer „Gesamtstrafe“ verhängt, sofern die Summe der beiden Strafen die „Gesamtstrafe“ nicht übersteigt (vgl. VwGH vom 25.1.2005, GZ: 2004/02/0293).

 

Mildernd war die Unbescholtenheit. Erschwerend war kein Umstand zu werten. Der Strafbemessung war die unbestritten gebliebene Schätzung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Bf zu Grunde zu legen.

 

Im Beschwerdeverfahren ergab sich eine Einschränkung des Tatzeitraumes auf den 25. August 2015. Das sich aus § 42 VwGVG ergebende Verbot der reformatio in peius führt dazu, dass dann, wenn im Erkenntnis der Tatzeitraum reduziert wird - sofern nicht andere Strafzumessungsgründe heranzuziehen sind als im bekämpften Bescheid -, nicht die gleiche Strafe verhängt werden darf wie im Bescheid (VwGH 21.02.2012, 2010/11/0245). Im Ergebnis waren daher gemäß § 42 VwGVG unter Anwendung des § 20 VStG die verhängten Strafen auf das festgesetzte Ausmaß herabzusetzen. Eine weitere Herabsetzung oder gar eine Ermahnung kamen auf Grund des keinesfalls als geringfügig anzusehenden Unrechtsgehaltes der Verwaltungsübertretungen nicht in Betracht. Damit reduziert sich auch der Verfahrenskostenbeitrag für das Verfahren vor der belangten Behörde. Für das Beschwerdeverfahren sind bei diesem Ergebnis keine Kosten zu entrichten.

 

6.     Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

6.1.      Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Entscheidung weicht nicht von der Rsp des VwGH zu den Voraussetzungen der Strafbarkeit des § 52 Abs. Z. 1 GSpG ab. Auch die Prüfung der behaupteten Unionsrechswidrigkeit des GSpG wurde entsprechend den von der Rsp des VwGH bzw. EuGH vorgegebenen Kriterien vorgenommen. Hinsichtlich der Beweis­anträge ist darauf hinzuweisen, dass es grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts unterliegt, ob eine Beweisaufnahme notwendig ist, sodass dadurch regelmäßig keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs. 4 B-VG aufgeworfen wird (vgl. etwa VwGH 08.01.2015, Ra 2014/08/0064).

 

6.2.      Die Rechtslage ist durch die angeführte Rechtsprechung des VwGH geklärt.

 

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Wolfgang Weigl

Beachte:

Die Revision wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 16. Juni 2016, Zl.: Ra 2016/17/0196-3