LVwG-150554/3/DM/WP

Linz, 15.06.2015

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Mag. Doris Manzenreiter über die Beschwerde der S C GmbH, vertreten durch x, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Gmunden vom 27. Oktober 2014, GZ. BauR1-153/9-39659-2013, betreffend ein Bauvorhaben

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Aus Anlass der Beschwerde wird der Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Gmunden vom 27. Oktober 2014, GZ. BauR1-153/9-39659-2013, gemäß §§ 27 iVm 28 Abs 1 VwGVG wegen Unzuständigkeit der bescheiderlassenden Behörde von Amts wegen aufgehoben.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Sachverhalt, bisheriger Verfahrensgang

1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Gmunden vom 1. Juli 2014 wurde der Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) die Baubewilligung für die „Errichtung einer Wohnanlage (64 Wohnungen, 1 Büro) mit Tiefgarage auf der Liegenschaft: xstraße, Parzelle: x, Einlagezahl x, Katastralgemeinde: S“ erteilt.

 

2. Gegen diesen Bescheid erhoben Nachbarn, alle vertreten durch K.M.R Rechtsanwaltssocietät Dr. L J K Dr. J M, mit Schriftsatz vom 24. Juli 2014 Berufung an den Gemeinderat der Stadtgemeinde Gmunden (im Folgenden: belangte Behörde).

 

3. In der öffentlichen Sitzung der belangten Behörde am 2. Oktober 2014 wurden unter Tagesordnungspunkt 35 die Berufungen der Nachbarn gegen den Bescheid des Bürgermeisters und der diesbezügliche Amtsvortrag des Stadtamtes Gmunden vom 29. Juli 2014 mit dem darin enthaltenen Antrag, „der Gemeinderat möge beschließen der Berufung der Berufungswerber [...], vertreten durch x, vom 24.07.2014 keine Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid des Bürgermeisters als Baubehörde I. Instanz vom 01.07.2014, Zl. BauR1-153/9-39659-2013, zu bestätigen“, beraten. Nach umfassender Diskussion wurde der Amtsvortrag vom Bürgermeister zur Abstimmung gebracht. Für den Antrag stimmten 18 Gemeinderatsmitglieder, gegen den Antrag stimmten ebenfalls 18 Gemeinderatsmitglieder. Laut Sitzungsprotokoll wurde der Antrag damit „mehrheitlich abgelehnt“.

 

4. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 27. Oktober 2014, GZ. BauR1-153/9-39659-2013, wurde der berufungsverfangene Bescheid des Bürgermeisters behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde I. Instanz verwiesen. Spruch und Rechtsgrundlage lauten auszugsweise wie folgt:

 

Bescheid

 

Vom Gemeinderat der Stadt Gmunden als Baubehörde 2. Instanz ergeht folgender

 

Spruch

 

Der Berufung der Anrainer [...], vertreten durch x vom 24.07.2014, wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid des Bürgermeisters [...] behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde I. Instanz verwiesen.


Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 2 AVG 1991, BGBl. 1991/51 idgF.

 

Der Bescheid wurde den Berufungswerbern zuhanden ihres rechtsfreundlichen Vertreters sowie der Bf jeweils nachweislich zugestellt.

 

5. Gegen diesen Bescheid erhob die Bf durch ihre rechtsfreundlichen Vertreter mit Schriftsatz vom 2. Dezember 2014 Beschwerde an das Landesverwaltungs­gericht Oberösterreich.

 

6. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 11. und 22. Dezember 2014, beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich am 17. bzw 29. Dezember 2014 (vollständig) eingelangt, legte die belangte Behörde die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsakt zur Entscheidung vor.

 

 

II.            Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt.

 

 

III.           Das Landesverwaltungsgericht hat gemäß § 27 VwGVG durch seine gemäß § 2 VwGVG zuständige Einzelrichterin erwogen:

 

1. Gemäß § 18 Abs 3 AVG sind schriftliche Erledigungen vom Genehmigungs­berechtigten mit seiner Unterschrift zu genehmigen.

 

Gemäß § 95 Oö. Gemeindeordnung 1990 (Oö. GemO 1990), LGBl 91 idF LGBl 2013/90 entscheidet der Gemeinderat über Berufungen gegen Bescheide anderer Gemeindeorgane in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde (siehe auch § 55 Abs 4 Oö. Bauordnung 1994, LGBl 66 idF LGBl 2013/90). Gemäß § 51 Abs 1 Oö. GemO 1990 ist zu einem Beschluss des Gemeinderates die Zustimmung von mehr als der Hälfte der in beschlussfähiger Anzahl anwesenden Stimmberechtigten erforderlich. Kommt die erforderliche Mehrheit nicht zustande, so ist der Antrag abgelehnt.

 

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde zu überprüfen.

 

2. Der Bescheid vom 27. Oktober 2014 ist unzweifelhaft („Vom Gemeinderat der Stadt Gmunden [...]“) der belangten Behörde zuzurechnen. Während bei monokratisch organisierten Behörden der Behördenleiter oder der von diesem Ermächtigte (Approbationsbefugnis) zur Genehmigung der Erledigung zuständig ist, hat bei kollegial organisierten Behörden wie dem Gemeinderat die Willensbildung und damit die Festlegung des Inhalts der Erledigung stets durch Beschluss des Kollegiums zu erfolgen (Hengstschläger/Leeb, AVG [2. Ausgabe 2014] § 18 Rz 5 [Stand 1.1.2014, rdb.at]). Im vorliegenden Fall wurde der belangten Behörde ein näher begründeter Beschlussantrag (Amtsvortrag des Stadtamtes Gmunden) vorgelegt, die belangte Behörde möge die Berufungen abweisen und den erstinstanzlichen Bescheid bestätigen. Dieser Antrag fand unter den Mitgliedern der belangten Behörde keine Mehrheit. Gemäß § 51 Abs 1 Oö. GemO 1990 war der Antrag, da die erforderliche Mehrheit nicht zustande kam, damit abgelehnt. Angesichts der unzweifelhaften Formulierung des Beschlussantrages sowie der diesbezüglichen Begründung im Amtsvortrag kann der belangten Behörde kein über diesen Antrag hinausgehender Beschlusswille zugemessen werden. Eine allenfalls anders gelagerte Entscheidung über die bei der belangten Behörde anhängigen Berufungen kann dem Beschluss nicht unterstellt werden.

 

3. Der in Beschwerde gezogene verfahrensrechtliche Bescheid der belangten Behörde erging damit ohne die dafür erforderliche Beschlussfassung. Nach stRsp des Verwaltungsgerichtshofes ist ein solcher Bescheid so zu betrachten, als ob er von einer unzuständigen Behörde erlassen worden wäre. In einem solchen Fall fehlt es nämlich an der Ermächtigung zur Ausfertigung des Bescheides (vgl VwGH 15.12.1975, 1250/75; 8.10.1982, 82/08/0043; 18.12.1997, 97/06/0164).

 

4. Im Ergebnis war der in Beschwerde gezogene Bescheid daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben. Auf das Beschwerdevorbringen war somit nicht weiter einzugehen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

5. Die belangte Behörde wird sich im fortgesetzten Verfahren mit den nun (wieder) unerledigten Berufungen auseinanderzusetzen haben. In Anbetracht der Begründung des angefochtenen Bescheides sieht sich das Landesverwaltungs­gericht veranlasst, aus verfahrensökonomischen Gründen darauf hinzuweisen, dass eine Aufhebung des (erstinstanzlichen) Bewilligungsbescheides und die Zurückverweisung der Angelegenheit an den Bürgermeister iSd § 66 Abs 2 AVG an strenge Voraussetzungen, insbesondere an die Notwendigkeit der Durchführung einer kontradiktorischen mündlichen Verhandlung gebunden ist. Der bloße Verweis auf ein allenfalls ergänzungsbedürftiges Ermittlungsverfahren vermag eine Entscheidung gem § 66 Abs 2 AVG nicht zu tragen (siehe dazu ausführlich Hengstschläger/Leeb, AVG [2. Ausgabe 2014] § 66 Rz 12f [Stand 1.7.2007, rdb.at]). Zudem wird die belangte Behörde bei der neuerlichen Auseinandersetzung mit den Berufungen ihre eingeschränkte Entscheidungsbefugnis, beispielsweise hinsichtlich jener Themenbereiche, die nicht von den subjektiven Rechten der Berufungswerber umfasst sind (bspw Orts- und Landschaftsbild, siehe Neuhofer, Oö. Baurecht7, 273), zu beachten haben (siehe dazu ausführlich Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrens-recht5 (2014) Rz 518f).

 

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gem § 24 Abs 2 VwGVG entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben war.

 

 

IV.          Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Hinsichtlich der entscheidungswesentlichen Rechtsfrage, ob ein dem Gemeinderat zurechenbarer Bescheid, dem kein Beschluss des Kollegialorgans Gemeinderat zugrunde liegt, eine Unzuständigkeit der belangten Behörde begründet, besteht eine langjährige stRsp des Verwaltungsgerichtshofes (vgl VwGH 15.12.1975, 1250/75; 8.10.1982, 82/08/0043; 18.12.1997, 97/06/0164). Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von dieser Rechtsprechung ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Doris Manzenreiter

Beachte:

Die Behandlung der Beschwerde wurde abgelehnt.

VfGH vom 9. Juni 2016, Zl.: E 343/2016-11

Beachte:

Die Revision wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 13. Dezember 2016, Zl.: Ra 2016/05/0076-8