LVwG-100043/2/DM/WFu

Linz, 26.01.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Doris Manzenreiter über die Beschwerde des Herrn D R, x, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Braunau am Inn vom 29.06.2015 GZ. BauR96-21-2015,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß §§ 27 und 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und der Bescheid des Bezirkshauptmannes Braunau am Inn vom 29.06.2015, GZ. BauR96-21-2015, behoben.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Verfahrensgang:

 

I.1. Den Ursprung in der gegenständlichen Beschwerdesache bildet der bereits rechtskräftige Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde St. Radegund vom 04.12.2012, Zl. 131/9-Akt, betreffend die Beseitigung der baulichen Anlage „Baumhaus“ auf dem Grundstück Nr.: x, EZ x, KG x H.

 

Mit Strafverfügung des Bezirkshauptmannes von Braunau am Inn (in der Folge: belangte Behörde) vom 14.04.2015, GZ. BauR96-21-2015, wurde über D R (in der Folge: Beschwerdeführer), wegen einer Übertretung des § 57 Abs. 1 Z 11 iVm Abs. 2 Oö. BauO 1994, unter Zugrundelegung des Bescheides des Bürgermeisters der Gemeinde St. Radegund vom 04.12.2012, Zl. 131/9-Akt, zum bereits wiederholten Mal eine Geldstrafe, diesmal in der Höhe von € 600,-, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von sechs Stunden, verhängt.

 

Der Strafverfügung liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

„Mit dem seit 14.02.2013 rechtskräftigen Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde St. Radegund vom 04.12.2012, AZ: 131/9-Akt, wurde Ihnen gemäß § 49 Abs. 1 Oö. Bauordnung 1994, LGBL. Nr. 66/1994 i.d.g.F. vorgeschrieben die bauliche Anlage „Baumhaus" auf dem Grundstück Nr: x, EZ x, KG x H, als Eigentümer der baulichen Anlage binnen einer Frist von sechs Monaten zu beseitigen.

 

Nunmehr konnte von der Gemeinde St. Radegund bei einer am 06.04.2015 durchgeführten Überprüfung festgestellt werden, dass das konsenslos errichtete Baumhaus auf Grst. Nr. x, EZ x, KG x H, Gemeinde St. Radegund, nach wie vor besteht und dem baubehördlichen Auftrag zur Beseitigung des Baumhauses nicht nachgekommen worden ist.

 

Sie haben somit zumindest vom 13.02.2015 bis zumindest 06.04.2015. eine baubehördliche Anordnung und zwar den seit 14.02.2013 rechtskräftigen Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde St. Radegund vom 04.12.2012, AZ: 131/9-Akt, nicht bescheidgemäß erfüllt, zumal Sie die bauliche Anlage „Baumhaus" als Eigentümer der baulichen Anlage nicht binnen einer Frist von sechs Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides entfernt haben.“

 

Zusätzlich beinhaltet die Strafverfügung ordnungsgemäß eine Zahlungsfrist sowie eine Rechtsmittelbelehrung.

 

I.2. Aus dem Verwaltungsakt ergibt sich, dass im Verfahrensgang sodann mit Datum vom 19.04.2015 seitens des Beschwerdeführers eine Beschwerde samt diesbezüglicher Begründung und Begehren gegen ein Straferkenntnis vom 07.04.2015 erhoben wurde. Unter „1. Bezeichnung des angefochtenen Bescheides:“ findet sich folgende Bezeichnung: „BauR01-50-1-2014“.

 

I.3. Mit Schreiben vom 21.04.2015, GZ. BauR96-21-2015, teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, dass in der eingebrachten Beschwerde kein Aktenzeichen eines bezugnehmenden Straferkenntnisses angeführt worden sei bzw. dieses bekanntzugeben sei. Des Weiteren sei der belangten Behörde überhaupt kein Straferkenntnis mit Datum vom 07.04.2015 bekannt.

 

I.4. Der Beschwerdeführer brachte mit Datum vom 29.06.2015 Beschwerde zu den Straferkenntnissen vom 14.04.2015 und 19.06.2015 ein. Unter „1. Bezeichnung des angefochtenen Bescheides:“ findet sich folgende Bezeichnung: „BauR96-21-2015 und BauR96-25-2015“.

 

I.5. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Braunau am Inn vom 29.06.2015, GZ. BauR-96-21-2015, zugestellt am 03.07.2015, wurde die Beschwerde vom 29.06.2015, welche als Einspruch angesehen wurde, gegen die Strafverfügung vom 14.04.2015, GZ. BauR96-21-2015, als verspätet zurückgewiesen.

Begründend wurde im Wesentlichen darauf abgestellt, dass die Strafverfügung am 16.04.2015 hinterlegt wurde und somit als zugestellt gelte. Ein Einspruch gem. § 49 Abs. 1 VStG hätte, wie in der Rechtsmittelbelehrung angeführt, spätestens am 30.04.2015 zur Post bzw. beim hiesigen Amt übergeben werden müssen. Die als Einspruch gewertete Beschwerde vom 29.06.2015 sei somit verspätet eingebracht worden.

 

I.6. Dagegen richtet sich die nunmehr vorliegende Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vom 24.07.2015. Begründend wird ausgeführt, dass sehr wohl vor dem 30.04.2015 Beschwerden eingereicht worden seien, mit dem Hinweis auf die aufgestellten Schilder und die Siebenschläfer. Zusätzlich sei ein Brief an den Naturschutz ergangen, welcher in Bezug auf die Siebenschläfer und deren Winterschlaf einen Abriss ab Mai befürworte, was zudem der belangten Behörde auch bekannt sei.

 

I.7. Mit Vorlageschreiben vom 28.07.2015, eingelangt am 31.07.2015, legte die belangte Behörde die Beschwerde samt dem bezugnehmenden Verwaltungsstrafakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vor.

 

 

 

 

II. Beweiswürdigung:

 

II.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt der Behörde (einschließlich der Schriftsätze des Beschwerdeführers), aus welchem sich bereits der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ. Es waren ausschließlich Rechtsfragen zu beurteilen. Somit konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 44 VwGVG abgesehen werden.

 

II.2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

 

Der Beschwerdeführer ist dem, mit rechtskräftigem Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde St. Radegund vom 04.12.2012, Zl. 131/9-Akt, baubehördlichen Auftrag zur Beseitigung der baulichen Anlage „Baumhaus“ bis einschließlich 06.04.2015 nicht nachgekommen. Diesbezüglich sind Strafverfahren für mehrere Zeitabschnitte durchgeführt worden. Die nunmehr verfahrensgegenständliche Strafverfügung vom 14.04.2015, GZ. BauR96-21-2015, wurde dem Beschwerdeführer mit Zustellversuch vom 15.04.2015 hinterlegt. Mit Schriftsatz vom 19.04.2015 erhob der Beschwerdeführer „Beschwerde zur Straferkenntnis vom 07.04.2015“ und führt unter „Bezeichnung des angefochtenen Bescheides“ folgende Aktenzahl an: „BauR01-50-1-2014“. Dieser Schriftsatz erging innerhalb der Frist des § 49 VStG von zwei Wochen. Die belangte Behörde forderte mit Schreiben vom 21.04.2015 den Beschwerdeführer, mangels Vorliegens eines Straferkenntnisses vom 07.04.2015 um Bekanntgabe des Aktenzeichens des in Beschwerde gezogenen Straferkenntnisses auf. Mit Schreiben vom 29.06.2015 reichte der Beschwerdeführer eine Beschwerde mit der „Bezeichnung des angefochtenen Bescheides: BauR96-21-2015 und BauR96-25-2015“ nach. Von Seiten der belangten Behörde wurde mit Bescheid vom 29.06.2015, GZ. BauR96-21-2015, die als Einspruch gewertete Beschwerde vom 29.06.2015 als verspätet zurückgewiesen.

 

 

 

 

III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

III.1. Der Beschwerdeführer wendet unter Zuhilfenahme mehrerer Argumente (vorhandene Schilder, Winterschlaf der Siebenschläfer) zusammengefasst ein, dass er sehr wohl vor dem 30.04.2015 Beschwerden eingereicht habe.

 

Die Strafverfügung vom 14.04.2015 wurde dem Beschwerdeführer nachweislich durch RSb-Rückschein mit Zustellversuch vom 15.04.2015 hinterlegt. Gemäß § 17 Abs 3 ZustG gelten hinterlegte Dokumente mit dem ersten Tag der Abholfrist – laut RSb-Rückschein der 16.04.2015 – als zugestellt.

 

III.2. Gemäß § 49 Abs 1 VStG kann der Beschuldigte gegen eine Strafverfügung binnen zwei Wochen ab Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Aus dem Verwaltungsakt lässt sich ein Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 19.04.2015 entnehmen, der als „Beschwerde zur Straferkenntnis vom 07.04.2015“ bezeichnet ist. Seitens der belangten Behörde erfolgte eine Aufforderung zur Nachreichung des Aktenzeichens. Der Beschwerdeführer brachte darauf folgend mit Datum vom 29.06.2015 neuerlich Beschwerde ein und führte unter „1. Bezeichnung des angefochtenen Bescheides“ nachstehend aus: „BauR96-21-2015 und BauR96-25-2015“. Im Verfahren wurde sodann mit Bescheid vom 29.06.2015, GZ. BauR96-21-2015, die als Einspruch gewertete Beschwerde als verspätet zurückgewiesen.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die belangte Behörde das Risiko der Aufhebung ihrer Entscheidung dann zu tragen, wenn sie von der Feststellung der Versäumung der Rechtsmittelfrist ausgeht, diese Feststellung aber dem Rechtsmittelwerber vor ihrer Entscheidung nicht vorgehalten hat. Vor Zurückweisung eines Rechtsmittels als verspätet hat die Behörde entweder von Amts wegen zu prüfen, ob ein Zustellmangel unterlaufen ist, wenn Umstände auf einen solchen hinweisen, oder dem Rechtsmittelwerber die offenbare Verspätung seines Rechtsmittels vorzuhalten (vgl. unter anderem VwGH 13.10.2015, Zl. Ra 2015/03/0057 mwN).

 

Die belangte Behörde hat es im vorliegenden Fall unterlassen, dem Beschwerdeführer die Verspätung seiner als Einspruch gewerteten Beschwerde vom 29.06.2015 vorzuhalten, weshalb sie den ergangenen Bescheid vom 29.06.2015, GZ. BauR96-21-2015, mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet hat. Für das erkennende Gericht vermag auch der Schriftsatz der belangten Behörde vom 21.04.2015 daran nichts ändern, da diesbezüglich nur die Nachreichung des Aktenzeichens - ohne jegliche Zeitangabe - gefordert wurde.

 

Somit war im Ergebnis spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Doris Manzenreiter