LVwG-150848/3/DM

Linz, 26.01.2016

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Doris Manzenreiter über die Beschwerde der Firma S KG,
x, vertreten durch x, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Laakirchen vom 23. September 2015, GZ. 131-9-6307B/2015-WP, betreffend ein Bauvorhaben

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Auf Grund der Beschwerde wird der Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Laakirchen vom 23. September 2015, GZ. 131-9-6307B/2015-WP, gemäß §§ 27 iVm 28 Abs. 1 VwGVG aufgehoben.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Sachverhalt, Verfahrensgang:

 

1. Der Firma S KG als nunmehrige Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Laakirchen vom
12. September 2014 als Baubehörde I. Instanz die Baubewilligung samt Auflagen für den „Neubau eines Schweinestalles (Warte-, Deck- und Ferkelstall) mit Lagerhalle auf der PZ. x, KG S, nach Maßgabe des vorgelegten Projekts“ erteilt.

 

2. Gegen diesen Bescheid erhoben Nachbarn, alle vertreten durch x, mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2014 Berufung an den Gemeinderat der Stadtgemeinde Laakirchen (im Folgenden: belangte Behörde).

 

3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 5. November 2014, GZ. 131-9-6307A/14-WP, der Bf zugestellt am 19. November 2014, wurde einerseits der berufungsverfangene Bescheid des Bürgermeisters aufgehoben und andererseits der Bf die Baubewilligung für das beantragte Projekt versagt.

 

4. Gegen diesen Bescheid erhob die Bf durch ihre rechtsfreundlichen Vertreter mit Schriftsatz vom 20. November 2014 Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Aufgrund dieser Beschwerde hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Erkenntnis vom 7. Juli 2015, LVwG-150555/6/DM/WFu, den angefochtenen Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Laakirchen vom 5. November 2014 wegen Unzuständigkeit der bescheiderlassenden Behörde von Amts wegen aufgehoben, da der in Beschwerde gezogene Bescheid ohne die erforderliche Beschlussfassung des Gemeinderates ergangen ist.

 

5. In weiterer Folge wurde in der öffentlichen Sitzung der belangten Behörde vom 22. September 2015 unter Punkt „04. Grundangelegenheiten, öffentliches Gut, lit.a“ neuerlich über die Berufungen der Nachbarn gegen den Bescheid des Bürgermeisters und dem diesbezüglichen Amtsbericht des Stadtamtes Laakirchen/Bauabteilung vom 6. September 2015 mit dem darin enthaltenen Antrag, „die Berufung der Nachbarn T S, x, sowie J u. G V, x, x, beide vertreten durch x, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Laakirchen vom 12.9.2014, Zl. 131-9-6307/14-WP mit o.a. Begründung als unbegründet abzuweisen“, beraten. Gleich zu Beginn der kurzen Diskussion bzw. Wortmeldungen wurde sodann von einem Mitglied des Gemeinderates der Antrag gestellt, „der Gemeinderat möge der Berufung der Nachbarn T S sowie J und G V auf Grund der Diskussion im Gemeinderat vom 4. Nov. 2014 stattgeben und den Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Laakirchen vom 12.9.2014 aufheben“. Eine Begründung dafür findet sich im Sitzungsprotokoll nicht. Die Diskussion im Gemeinderat vom 4. November 2014 ging über eine politische Debatte nicht hinaus. Im Rahmen der Abstimmung entfielen 21 Stimmen für diesen Gegenantrag, 15 Gemeinderatsmitglieder stimmten dagegen. Für den entsprechend dem Amtsbericht gestellten Antrag des Vizebürgermeisters x, der Gemeinderat möge die Berufung der Nachbarn abweisen, stimmten vice versa 15 Gemeinderatsmitglieder dafür und 21 dagegen. Laut Sitzungsprotokoll wurde der Antrag somit abgelehnt und der Berufung stattgegeben.

 

6. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 23. September 2015, Zl. 131-9-6307B/2015-WP, der Bf zugestellt am 28. September 2015, wurde wiederum einerseits der berufungsverfangene Bescheid des Bürgermeisters aufgehoben und andererseits der Bf die Baubewilligung für das beantragte Projekt versagt. Spruch und Rechtsgrundlage lauten auszugsweise wie folgt:

 

„Bescheid

 

Über die von Herrn T S, x, sowie J u. G V, x, […], eingebrachte Berufung […], ergeht vom Gemeinderat der Stadtgemeinde Laakirchen als Baubehörde II. Instanz, im Hinblick auf den Gemeinderatsbeschluss vom 22.9.2015, folgender

 

Spruch

 

l. Der Berufung wird stattgegeben und der Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Laakirchen vom 12.9.2014, Zl. 131-9-6307/14-WP, aufgehoben.

 

ll. Die von der Firma S KG, x, beantragte Baubewilligung für die Errichtung eines Schweinestalls mit Lagerhalle auf dem Grundstück PZ. x, KG. S wird versagt.

 

Rechtsgrundlagen:

 

§ 95 Oö. Gemeindeordnung 1990. LGB. Nr. 91/1990, in der Fassung LGBl. Nr. 43/2014

§§ 31, 35, 54, 55 Oö. Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66/1994, in der Fassung LGBl. Nr. 90/2013

§ 66 AVG 1991, BGBl. Nr. 51/1991, in der Fassung BGBl. l Nr. 161/2013“

 

Als Begründung für diese Entscheidung wurde nach kurzer Wiedergabe des Berufungsinhalts Folgendes ausgeführt:

 

„In der Sitzung am 22.9.2015 hat sich der Gemeinderat der Stadtgemeinde Laakirchen mit der Berufung befasst und mehrheitlich beschlossen, der Argumentation der Berufungswerber zu folgen. Im Wesentlichen sei die Baubewilligung zu Unrecht erteilt worden, weil das beantragte Bauvorhaben nicht widmungskonform ist: durch den Betrieb der beantragten Anlage in Form der neu gegründeten Kommanditgesellschaft wird den Anforderungen des § 30 (5) Oö. Raumordnungsgesetz 1994 nicht entsprochen, dem gemäß im Grünland nur Bauten und Anlagen zulässig sind, welche benötigt werden, um dieses bestimmungsgemäß zu nutzen. Diese Notwendigkeit ist bei der beantragten Bewirtschaftungsform nicht gegeben.“

 

7. Gegen diesen Bescheid erhob die Bf durch ihre rechtsfreundlichen Vertreter mit Schriftsatz vom 13. Oktober 2015 Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.

 

8. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 21. Dezember 2015, eingelangt beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich am 11. Jänner 2016, legte die belangte Behörde die Beschwerde samt dem bezugnehmenden Verwaltungsakt zur Entscheidung vor.

 

 

II. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt.

 

 

III. Das Landesverwaltungsgericht hat gemäß § 27 VwGVG durch seine gemäß § 2 VwGVG zuständige Einzelrichterin erwogen:

 

1.           Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde zu überprüfen.

 

2.           Der Bescheid vom 23. September 2015 ist unzweifelhaft („ergeht vom Gemeinderat der Stadtgemeinde Laakirchen [...]") der belangten Behörde zuzurechnen. Während bei monokratisch organisierten Behörden der Behördenleiter oder der von diesem Ermächtigte (Approbationsbefugnis) zur Genehmigung der Erledigung zuständig ist, hat bei kollegial organisierten Behörden wie dem Gemeinderat die Willensbildung und damit die Festlegung des Inhalts der Erledigung stets durch Beschluss des Kollegiums zu erfolgen (Hengstschläger/'Leeb, AVG [2. Ausgabe 2014] § 18 Rz 5 [Stand 1.1.2014, rdb.at]). Im vorliegenden Fall wurde der belangten Behörde ein näher begründeter Beschlussantrag (Amtsvortrag vom 6. September 2015 des Stadtamtes Laakirchen) vorgelegt, die belangte Behörde möge die Berufung als unbegründet abweisen. Dieser Antrag fand unter den Mitgliedern der belangten Behörde keine Mehrheit. Gemäß § 51 Abs. 1 Oö. GemO 1990 war der Antrag, da die erforderliche Mehrheit nicht zustande kam, damit abgelehnt.

 

Allerdings fand der Gegenantrag, der Gemeinderat möge der Berufung stattgeben und den Bescheid des Bürgermeisters aufheben, eine Stimmenmehrheit (21 Stimmen dafür, 15 Stimmen dagegen). Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes umfasst die Willensbildung durch eine Kollegialbehörde nicht nur den Spruch, sondern auch den Inhalt und damit die wesentliche Begründung einer Erledigung (vgl. etwa VwGH 5.11.2015, 2013/06/0086; 27.4.2015, 2012/11/0082; 27.6.2006, 2005/05/0293). Eine Begründung für diese Entscheidung findet sich im Gemeinderatsprotokoll nicht. Aus dem Gemeinderatsprotokoll vom 22. September 2015 (aber auch aus jenem vom 4. November 2014, auf das im Gegenantrag Bezug genommen wird) ist lediglich ersichtlich, dass über die Frage der Stattgebung oder Abweisung der Berufung eine überwiegend politische Debatte abgeführt wurde. Gegenstand der Abstimmung im Gemeinderat war nur die spruchmäßige Entscheidung, eine Begründung wurde nicht einmal in den Grundsätzen der Beschlussfassung unterzogen. Somit ist aber der nun angefochtene Bescheid vom 23. September 2015, der die spruchgemäße Entscheidung mit der Widmungswidrigkeit des Bauvorhabens „begründet“, durch den Beschluss des Gemeinderates nicht gedeckt. Schon aus diesem Grund liegt eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vor, die die Bf in ihren Rechten verletzt.

 

Selbst wenn jedoch diese „Begründung“ vom Gemeinderatsbeschluss umfasst wäre, würde ein zur Aufhebung führender wesentlicher Verfahrensfehler vorliegen, da die im angefochtenen Bescheid angeführte kurze „Begründung“, die einer nicht untermauerten Behauptung gleichkommt, jedenfalls nicht den Anforderungen an ein Verwaltungsverfahren genügt (siehe Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht5, Rz 441ff).

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben war.

 

 

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,-- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Doris Manzenreiter