LVwG-650024/6/Sch /SA

Linz, 25.02.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Schön über die Beschwerde (vormals Berufung) der Frau S H, geb. X, vertreten durch Herren RAe Dr. S H, Dr. T H, S, V, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 26. November 2013, GZ: VerkR21-381-1-2013pl, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung und führerscheinrechtliche Anordnungen, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 20. Februar 2014

 

zu Recht  e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung mit 8 Monaten festgesetzt wird.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I.1. Mit dem angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 26. November 2013, GZ: VerkR21-381-1-2013pl, wurde Frau S H (die nunmehrige Beschwerdeführerin) gemäß §§ 24 Abs. 1, 25 Abs. 1, 26 Abs. 2 Z 1 und 7 und Abs. 4 FSG 1997 die Lenkberechtigung für die Klassen AM und B auf die Dauer von neun Monaten, gerechnet ab 19.6.2013 bis zum Ablauf des 19.3.2014, entzogen.

Die Beschwerdeführerin wurde darüber hinaus aufgefordert, sich auf eigene Kosten einer Nachschulung bei einer vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie ermächtigten Stelle zu unterziehen, sowie vom Amtsarzt der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck ein Gutachten über ihre gesundheitliche Eignung zur Lenkung von Kraftfahrzeugen und eine verkehrs-psychologische Stellungnahme beizubringen.

Auch eine allenfalls bestehende ausländische Lenkberechtigung wurde ihr gemäß § 30 Abs. 2 FSG in der Zeit vom 19.6.2013 bis zum Ablauf des 19.3.2014 entzogen. Einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 64 Abs. 2 AVG 1991 die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

2. Gegen diesen Bescheid, der der Beschwerdeführerin nachweislich am 29. November 2013 zugestellt wurde, richtet sich ihre rechtzeitig mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2013 erhobene Berufung, mit der beantragt wird:

1)   eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen;

2)   den angefochtenen Bescheid der BH Vöcklabruck ersatzlos aufzuheben  und das eingeleitete Verfahren einzustellen;

3)   in eventu: nach neuerlichem und ergänzendem Ermittlungsverfahren den angefochtenen Bescheid der BH Vöcklabruck ersatzlos aufzugeben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen;

4)   in eventu: die Entzugsdauer der Lenkberechtigung tatschuldangemessen herabzusetzen.

 

Diese Berufung ist mit Wirksamkeit 1. Jänner 2014 als Beschwerde im Sinne des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG und die Berufungswerberin als Beschwerdeführerin anzusehen. Die Entscheidung hat gemäß § 2 VwGVG durch einen Einzelrichter des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zu erfolgen.

 

3. Im Rahmen der oben angeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde von der Vertreterin der belangten Behörde das Straferkenntnis vom 27.11.2013, Verk96-12854-2013, vorgelegt. Demnach ist über die Beschwerdeführerin wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit b iVm § 5 Abs. 2 zweiter Satz StVO 1960 eine Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe verhängt worden. Sie habe – und um diesen Sachverhalt geht es auch im gegenständlichen Verfahren betreffend Entziehung der Lenkberechtigung – am 19.6.2013 um 15.20 Uhr an einer näher umschriebenen Örtlichkeit in der Gemeinde Vöcklabruck nach Aufforderung eines besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organes der Straßenaufsicht sich geweigert, ihre Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl sie in Verdacht gestanden sei, dass ihr Verhalten als Lenkerin eines Fahrzeuges am angeführten Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden ist. Sie habe trotz mehrmaliger Versuche am Alkomaten durch unzureichende Beatmung des Alkomaten kein gültiges Messergebnis zustande gebracht.

Dieses Straferkenntnis ist nach einhelliger Aussage der Vertreterin der belangten Behörde sowie der Beschwerdeführerin im Rahmen der Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in Rechtskraft erwachsen.

Somit liegt gegenständlich ein Fall der bindend entschiedenen Vorfrage im Sinne des § 38 AVG vor. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Frage sind die Führerscheinbehörden an rechtskräftige Entscheidungen in der Frage der Alkoholisierung durch die zuständige Verwaltungsstrafbehörde gebunden (vgl etwa VwGH 11.4.1984, 82/11/0178, VwGH 24.4.2001, 2001/11/0101 uva).

Im Verfahrensrecht für die seit 1.1.2014 installierten Landesverwaltungsgerichte findet sich keine eigene Vorschrift im Zusammenhang mit der Beurteilung von Vorfragen, sodass auf § 38 AVG und die dazu ergangene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, die in diesem Sinne auch weiterhin Gültigkeit hat, zurückzugreifen war. Somit steht gegenständlich das Faktum, dass die Beschwerdeführerin rechtskräftig eine Übertretung des § 99 Abs. 1 lit b StVO 1960 begangen hat, fest. Daraus resultiert für die Führerscheinbehörde und in Folge auch für das Landesverwaltungsgericht die Folge, dass der entsprechende Entziehungstatbestand im Sinne des § 7 Abs. 3 Z 1 FSG erfüllt ist.

Somit war mit der Entziehung der Lenkberechtigung der Beschwerdeführerin vorzugehen.

 

4. Gemäß § 26 Abs. 2 Z 1 FSG beträgt die Mindestentziehungsdauer bei der erstmaligen Begehung eines Deliktes gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 sechs Monate.

Für diesen Zeitraum nimmt der Gesetzgeber nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Wertung der gesetzten Tatsache schon vorweg, sodass eine solche durch die Führerscheinbehörde bzw. durch das Landesverwaltungsgericht zu entfallen hat (VwGH 23.3.2004, 2004/11/0008 uva).

Im gegenständlichen Fall hat es die belangte Behörde allerdings nicht bei der gesetzlichen Mindestentziehungsdauer belassen, sondern die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung mit neun Monaten festgesetzt. Sohin hat für die über das Mindestmaß hinausgehende Entziehungsdauer eine Wertung der von der Beschwerdeführerin gesetzten bestimmten Tatsache anhand der Wertungs-kriterien des § 7 Abs. 4 FSG zu erfolgen.

Nach dieser Bestimmung sind für die Wertung der relevanten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin bei der der Aufforderung zur Alkomatuntersuchung vorangegangen Fahrt als Lenkerin eines Pkw einen Verkehrsunfall verursacht, die Verschuldensfrage ist nach den Ausführungen des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin noch nicht geklärt.

Unbeschadet dessen ist hier auf die Bestimmung des § 5 Abs. 2 Z 2 StVO 1960 zu verweisen, wonach eine Aufforderung zur Alkomatuntersuchung auch ohne Verdacht einer Alkoholbeeinträchtigung zulässig ist, wenn es sich um eine Person handelt, bei der der Verdacht besteht, dass ihr Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht.

Der Gesetzgeber hat also bei Unfalllenkern – unabhängig davon, wen das Verschulden am Unfall trifft – „verdachtsfreie“ Alkomatuntersuchungen ermöglicht. Die Beschwerdeführerin wäre also auch dann zur Absolvierung der Untersuchung verpflichtet gewesen, wenn die amtshandelnde Polizeibeamtin keinen Verdacht einer Alkoholbeeinträchtigung gehegt hätte. Nach dem Beweisergebnis im gegenständlichen Beschwerdeverfahren ist aber ohnedies davon auszugehen, dass der entsprechende Verdacht der Polizeibeamtin völlig zurecht bestand, hatte doch der Vortest einen Wert von 0,67 mg/l Alkoholgehalt ergeben gehabt.

Durch ihr Verhalten hat die Beschwerdeführerin diesem gesetzlichen Gebot, das eindeutig im Interesse der Verkehrssicherheit besteht, zuwider gehandelt. Es soll die Ursachenerfoschung nach einem Verkehrsunfall, wozu auch die Frage einer allfälligen Alkoholisierung von Unfallbeteiligten gehört, weitgehendst ermöglicht werden.

Wenn, wie im vorliegenden Fall, noch dazu ein positives Alkovortestergebnis vorliegt, ist dieses Interesse im Hinblick auf die Klärung der Frage der Alkoholisierung durch das (allein) als Beweis geltende Ergebnis einer Alkomat-untersuchung besonders geboten.

In Anbetracht dessen muss das Verhalten der Beschwerdeführerin als mit einer Verwerflichkeit behaftet angesehen werden, die es geboten erscheinen lässt mit einer Entziehungsdauer der Lenkberechtigung von mehr als sechs Monaten vorzugehen. Andererseits hält es das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich bei einer Ersttäterin, wie vorliegend, nicht für erforderlich, die Mindest-entziehungsdauer gleich um die Hälfte zu überschreiten. In diesem Sinne war eine Herabsetzung der Entziehungsdauer der Lenkberechtigung um einen Monat vertretbar und angebracht. Eine noch geringere Entziehungsdauer würde allerdings mit den Wertungskriterien des § 7 Abs. 4 FSG nicht mehr in Einklang zu bringen sein.

 

5. Abgesehen von den formellen Ausführungen im Hinblick auf die mit Bindungswirkung entschiedene Vorfrage ist noch zu bemerken, dass auch das Beweisverfahren im Rahmen der Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich keine Zweifel daran hervortreten hat lassen, dass die Beschwerdeführerin tatsächlich eine Verweigerung der Alkomatuntersuchung zu verantworten hat. Die diesbezüglichen Schilderungen der einvernommenen Meldungslegerin waren – zumindest weitgehend – schlüssig und überzeugend, sodass sich letztlich der Tatvorwurf, wie im eingangs angeführten Straferkenntnis rechtskräftig festgestellt, auch im Führerscheinverfahren bestätigt hat.

 

6. Die von der Führerscheinbehörde weiters verfügten Maßnahmen, wie Entziehung einer allenfalls bestehenden ausländischen Lenkberechtigung, sowie Anordnung von Nachschulung, verkehrspsychologischer Untersuchung und amtsärztlicher Untersuchung sind gesetzliche Folgen von gravierenden Alkoholdelikten, wie eines von der Beschwerdeführerin begangen wurde, und unterliegen daher nicht der Disposition der Behörde, sondern sind vielmehr zwingend anzuordnen.

 

II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

S c h ö n