LVwG-601238/3/KLE/MP

Linz, 24.02.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Lederer über die Beschwerde von W B, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 13.01.2016 GZ. UR96-233-2014/MH STE P-Akt,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.               Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG eingestellt.

 

II.            Gemäß § 52 VwGVG entfallen sämtliche Verfahrenskosten-beiträge.

 

III.          Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 13.01.2016, UR96-233-2014/MH STE P-Akt, wurde über W B wegen einer Übertretung des § 103 Abs. 2 KFG i.V.m. § 9 Abs. 1 VStG 1991 gemäß § 134 Abs. 1 KFG eine Geldstrafe in der Höhe von 110 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 48 Stunden verhängt. Weiters wurde der Beschwerdeführer zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages erster Instanz in Höhe von 11 Euro verpflichtet.

 

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

„Sie haben folgende Verwaltungsübertretung(en) begangen:

Taten (einschließlich Ort, Datum und Zeit der Begehung)

Die Firma Auto B GmbH wurde als Zulassungsbesitzerin des KFZ mit dem Kennzeichen X mit Schreiben vom 13.1.2014 der BH Linz-Land aufgefordert, binnen zwei Wochen nach Zustellung der anfragenden Behörde bekanntzugeben, wer das angeführte Fahrzeug am 27.9.2013 um 22.51 Uhr in Asten, auf der A 1 bei km 159.801 Richtung Wien gelenkt hat. Sie haben als Vertretung der angeführten Firma gem. § 9 VStG nach außen berufenes Organ zu verantworten, dass diese Auskunft nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist erteilt wurde. Sie haben auch keine andere Person benannt, die die Auskunft erteilen hätte können. Sie wären als Verantwortlicher der genannten Firma verpflichtet gewesen, diese Auskunft zu erteilen.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: § 103 Abs. 2 KFG i.V.m § 9 Abs. 1 VStG

 

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde, mit der beantragt wird, das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen und eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

 

Begründend wurde Nachstehendes ausgeführt:

„Die Firma Auto B GmbH wurde vor mehr als 2 Jahren (am 13.01.2014) in der Eigenschaft als Zulassungsbesitzerin eines KFZ mit dem Kennzeichen X aufgefordert bekanntzugeben, wer das angeführte Fahrzeug am 27.09.2013 um 22:51 Uhr auf der A1 Kilometer 159.801 in Fahrtrichtung Wien gelenkt hat.

 

Es gibt zahlreiche Entscheidungen, dass eine nicht gesetzeskonforme Lenkeranfrage keine Verpflichtung zur Beantwortung auslöst.

 

Die gegenständliche Anfrage ist nicht gesetzeskonform, da die Firma B GmbH nicht Zulassungsbesitzerin eines KFZ mit dem Kennzeichen X ist. Die Firma Auto B GmbH ist vielmehr Inhaber einer Bewilligung zur Durchführung von Probefahrten mit dem Kennzeichen X.

Auch dazu gibt es eine Vielzahl von Entscheidungen, in der Anlage lege ich eine Entscheidung diesbezüglich bei.

 

Beantrage die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, Aufhebung der Strafe und Aufhebung des Verfahrens.“

 

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Beschwerdeschrift unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsstrafaktes mit Vorlageschreiben vom 9.2.2016 dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung wurde kein Gebrauch gemacht.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Von der Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte Abstand genommen werden, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass das Straferkenntnis der belangten Behörde zu beheben war (§ 44 Abs. 2 VwGVG).

 

Folgender relevanter Sachverhalt steht fest:

Laut Anzeige der Landesverkehrsabteilung (LVA) Oberösterreich vom 07.11.2013 ist der Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen X, am 27.09.2013, 22.51 Uhr in Asten, A 1, StrKm. 159.801, statt der vorgeschriebenen 100 km/h um 33 km/h zu schnell gefahren. 

 

Die Auto B GmbH wurde mit Schreiben vom 13.01.2014 als Zulassungsbesitzerin gemäß § 103 Abs. 2 KFG aufgefordert, binnen zwei Wochen ab Zustellung den Lenker der Behörde bekanntzugeben.

 

Da keine Reaktion auf diese Aufforderung erfolgte, wurde mit Datum vom 6.5.2015 ein Verwaltungsstrafverfahren gegen einen der handelsrechtlichen Geschäftsführer der Auto B GmbH – W B, geb. 1949 – gem. § 103 Abs. 2 KFG i.V.m. § 9 VStG eingeleitet. In weiterer Folge wurde das ordentliche Ermittlungsverfahren eingeleitet.

 

Als verantwortlicher Beauftragter für den Fuhrpark der Auto B GmbH ist W B, geb. 1981 seit 2.1.2006 bestellt.

 

Das Verwaltungsstrafverfahren gegen Herrn B, geb. 1949 wurde in weiterer Folge gem. § 45 Abs. 1 VStG eingestellt.

 

Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 21.10.2015 wurde gegen den Beschwerdeführer mittels Aufforderung zur Rechtfertigung das Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet. Da auf diese Aufforderung keine Reaktion erfolgte, wurde das nunmehr angefochtene Straferkenntnis am 13.01.2016 erlassen.

 

Die Auto B GmbH ist nicht Zulassungsbesitzerin des verfahrensgegenständlichen Kraftfahrzeuges, sondern Besitzerin der Bewilligung von Probe- oder von Überstellungsfahrten.

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem Verfahrensakt.

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

Gemäß der Bestimmung § 103 Abs. 2 KFG kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

 

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 3 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.

 

Nach § 44a Z1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Nach dieser Vorschrift ist erforderlich, 1. die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2. die Identität der Tat unverwechselbar feststeht.

 

Was den vorstehenden Punkt 1 anlangt, sind entsprechende, das heißt in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende, wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch die bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Soweit die Strafbarkeit das Vorliegen bestimmter, in der Person des Täters gelegener besonderer Merkmale voraussetzt (z. B. § 99 Abs 1 lit b iVm § 5 Abs 2 StVO die Eigenschaft als Person, die ein Fahrzeug lenkt, in Betrieb nimmt oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versucht), sind insbesondere auch diese Merkmale zu bezeichnen. Was den vorstehenden Punkt 2 anlangt (unverwechselbares Feststellen der Identität der Tat) muss

a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren (Wiederaufnahmeverfahren) auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und

b) der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Taugliche Beweismittel im Sinne der vorstehenden lit a) sind solche, die ein Beweisthema betreffen, das sich auf das in Strafverfolgung gezogene Faktum bezieht (VwGH 15.4.1985, 83/10/0162).

 

Nach § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist.

 

Gemäß § 32 Abs. 2 VStG ist eine Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Strafverfügung u. dgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

 

Eine Verfolgungshandlung im Zusammenhang mit einer Übertretung des § 103 Abs. 2 KFG muss den Vorwurf an den Beschuldigten umfassen, die Übertretung in seiner Eigenschaft als Zulassungsbesitzer oder als Besitzer der Bewilligung von Probe- oder von Überstellungsfahrten (im Hinblick auf die im § 103 Abs. 3 KFG vorgenommene Differenzierung im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten) zu verantworten, da es sich um ein Tatbestandsmerkmal der verletzten Verwaltungsvorschrift handelt (vgl. VwGH 16.1.1987, 86/18/0073; 19.11.2004,2004/02/0219). Im Tatbestand nach § 103 Abs. 2 KFG ist die spruchgemäße Feststellung dass der Täter als Zulassungsbesitzer oder Besitzer der Bewilligung gehandelt hat, wesentlich (vgl. VwGH 9.9.1983, 83/02/0037; 9.3.2001, 97/02/0067).

 

Fest steht, dass die Auto B GmbH nicht Zulassungsbesitzerin sondern Besitzerin einer solchen Bewilligung ist.

 

Der Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses entspricht somit nicht der nach den gesetzlichen Bestimmungen erforderlichen Tatumschreibung, weshalb auch eine innerhalb der Verjährungsfrist vorgenommene taugliche  Verfolgungshandlung nicht vorliegt.

 

Es war daher, wie im Spruch angeführt, zu entscheiden.

 

 

II.          Für das Beschwerdeverfahren sind gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG keine Kosten vorzuschreiben.

 

 

III.         Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Karin Lederer