LVwG-000129/2/FP

Linz, 16.02.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Pohl über die Beschwerde von Hrn Mag J O, M, B, vertreten durch Hrn Dr B G, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 27. Oktober 2015,  GZ. SanRB96-25-2015, mit welchem dem Beschwerdeführer (Bf) ein Verstoß gegen die VERORDNUNG (EG) Nr. 834/2007 DES RATES vom 28. Juni 2007 über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 angelastet und über ihn eine Ermahnung ausgesprochen wurde,

 

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, der bekämpfte Bescheid aufgehoben und das Verwaltungsstraf-verfahren gem. § 45 Abs 1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) eingestellt.

 

II.      Der Beschwerdeführer hat keinen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Oö. Landesverwaltungsgericht (§ 52 Abs 9 VwGVG) zu leisten. Weiters entfällt auch die Verpflichtung zum Ersatz von Kosten der Lebensmitteluntersuchung gemäß § 71 Abs 3 LMSVG.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Bescheid vom 27. Oktober 2015 warf die belangte Behörde dem Bf im Spruch wie folgt vor:

 

„Ermahnung

Sie haben es als Inhaber der O Biohandel e.U, in B, M zu vertreten, dass bei einer am 28.10.2014 um 08:00 Uhr im Betrieb H KG T B I durchgeführten Probeziehung durch ein Aufsichtsorgan gemäß § 35 LMSVG und infolgedessen in einer von der österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH, Institut für Lebensmittelsicherheit Innsbruck durchgeführten Lebensmitteluntersuchung (Gutachten mit der Auftragsnummer x) festgestellt wurde, dass die mit dem amtlichen Probenzeichen 4000 GUGE 0109/14 vom 21.10.2014 bezeichnete Probe „B " nicht zur Gänze den Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 über den ökologischen Landbau entsprochen hat.

Die genannte Probe entsprach nicht den Bestimmungen des Artikel 24 Abs. 1 lit. c der  Verordnung (EG) Nr. 834/2007.

Werden Bezeichnungen mit Bezug auf die ökologische/biologische Produktion im Sinne des Artikel 23 Abs. 1 verwendet muss bei der Verwendung des Gemeinschaftslogos im selben Sichtfeld wie das Logo auch der Ort der Erzeugung der landwirtschaftlichen Ausgangsstoffe erschienen, aus denen sich das Erzeugnis zusammensetzt, und zwar je nach Fall in einer der folgenden Formen:

-

EU-Landwirtschaft", wenn die landwirtschaftlichen Ausgangsstoffe in der EU erzeugt wurden;

-

"Nicht-EU-Landwirtschaft", wenn die landwirtschaftlichen Ausgangsstoffe in Drittländern erzeugt wurden;

-

"EU-/nicht-EU-Landwirtschaft", wenn die landwirtschaftlichen Ausgangsstoffe zum Teil in der Gemeinschaft und zum Teil in einem Drittland erzeugt wurden.

 

Bei vorliegender Probe wird der Ort der Erzeugung der landwirtschaftlichen Ausgangsstoffe  mit "EU/Non-EU-Agriculture" und entspricht somit Nicht der in einem EU-Mitgliedsstaat mit der Amtssprache Deutsch zwingend, nämlich wörtlich vorgegebenen Form "EU-/Nicht-Eu-Landwirtschaft".

 

Die Kennzeichnung der vorliegenden Lebensmittelprobe verstößt somit in diesem Punkt gegen die Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 834/2007.

 

Die Probe wurde im Betrieb H KG, T, B im Selbstbedienungsregal des kontrollierten Betriebes für den Verkauf bereitgehalten.

 

Die Ware wurde im Oktober 2014 von der O Biohandel EU (Hersteller) an die H KG geliefert. Durch dieses Liefern fand ein in-Verkehr-Bringen des Produktes statt.

 

Die Kennzeichnung der vorliegenden Lebensmittelprobe verstößt somit in diesem Punkt gegen die Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 834/2007.

 

Die Probe wurde im Betrieb H KG, W, x Selbstbedienungsregal des kontrollierten Betriebes für den Verkauf bereitgehalten.

 

Die Ware wurde von der O Biohandel e. U. (Hersteller) an die H KG geliefert. Durch dieses Liefern fand ein In-Verkehr-Bringen des Produktes statt.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

 

§ 95Abs. 6 Z 1 LMSVG iVm § 74 Abs. 6 LMG i.V.m, Art. 24 Abs. 1 lit. c der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 (EG-BioVo) i.d.g.F.

 

Es wird jedoch von der Verhängung einer Strafe abgesehen und ihnen eine Ermahnung erteilt.

 

Rechtsgrundlage: §45 Abs. 1 letzter Satz des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 -VStG, BGBl. Nr. 52/1991, i.d.g.F.

 

 

Gemäß § 71 Abs. 3 LMSVG haben Sie 126,40 Euro als Ersatz der Barauslaqen für die Untersuchungskosten der A zu zahlen.“

 

Die belangte Behörde begründete zusammengefasst, dass der Bf die Kennzeichnung des ggst. Produkts in slowakischer und deutscher Sprache verfasst hat, jedoch für die Kennzeichnung im Hinblick auf den Ort der Erzeugung Englisch verwendet habe. Im Rahmen der deutschen Kennzeichnung hätte er, um für den Verbraucher leicht verständlich zu bleiben, den deutschen Text zu verwenden gehabt. Andernfalls hätte der Bf den gesamten Text in englischer Sprache zu verfassen gehabt. Eine Vermischung von Amtssprachen sei unzulässig.

 

Die Behörde sei aber zur Ansicht gelangt, dass im vorliegenden Fall die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Ermahnung erfüllt seien. Um den Bf auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens aufmerksam zu machen und ihn vor weiteren Handlungen gleicher Art abzuhalten, könne von dieser nicht abgesehen werden.

 

I.2. Grundlage des bekämpften Bescheides war ein amtliches Untersuchungszeugnis der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH, Institut für Lebensmittelsicherheit Innsbruck (A) vom 15. Jänner 2015 (Probenzeichen x) in welchem unter der Rubrik „Gutachten“ (wedergegeben unter II.2.) dargestellt wurde, dass die Kennzeichnung der vorliegenden Lebensmittelprobe in einem Punkt gegen die genannte EU Verordnung verstoße, weil der Ort der Erzeugung nicht der vorgegebenen Form entspreche.

 

Die belangte Behörde hat die Rechtsansicht der A annähernd wortwörtlich in ihren Spruch übernommen.

 

I.3. Mit Schriftsatz vom 26. November 2015 erhob der Bf rechtzeitig Beschwerde, beantragte die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung sowie die Aufhebung des bekämpften Bescheides und begründete wie folgt:

 

„Die belangte Behörde geht in ihrer Ermahnung zu Unrecht davon aus, dass die auf dem gegenständlichen Produkt angebrachte Angabe „EU-/NON EU Agriculture" aufgrund der deutschen Kennzeichnung auch in deutscher Sprache angegeben hätte werden müssen. Weiters geht die Behörde zu Unrecht davon aus, dass eine Durchmischung mehrerer Amtssprachen unzulässig sei.

Mangelhafte Beweiswürdigung/mangelhafte Sachverhaltsfeststellung:

Die belangte Behörde hat sich mit der umfangreichen, vom Einschreiter eingebrachten Rechtfertigung offenbar nicht auseinandergesetzt und sämtliches Vorbringen, Erklärungen und Ausführungen, insbesondere dass in der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 nicht dezidiert vorgesehen ist, dass die Kennzeichnungselemente in deutscher Sprache anzubringen sind, nicht beachtet.

Seitens der Behörde wird lediglich ausgeführt, dass eine Mischung in deutscher und englischer Sprache erfolgt sei und im Rahmen der deutschen Kennzeichnung somit der deutsche Text „EU-/Nicht-EU-Landwirtschaft" hätte verwendet werden müssen, um für Verbraucher leicht verständlich zu sein. Zum objektiven Tatbestand wurden seitens der Behörde keinerlei weitere Ausführungen getätigt, nur, dass eine Durchmischung mehrerer Amtssprachen hinsichtlich eines Punktes in der Textierung nicht zulässig sei.

 

Entsprechend der im Ermittlungsverfahren geltenden Offizialmaxime wäre es aber Aufgabe der Behörde, den maßgeblichen Sachverhalt zu ermitteln. Ist die Behörde zwar grundsätzlich in ihrer Beweiswürdigung frei und an keine festen Beweisregeln gebunden, so ist sie doch verpflichtet, den inneren Wahrheitsgehalt der Ergebnisse der Beweisaufnahme zu erkunden. Grundlos auf sämtliches Vorbringen des Einschreiters nicht einzugehen, ist jedenfalls zu wenig. Hätte sich die Behörde daher in verfahrensrechtlich konformer Weise mit sämtlichen Beweisen auseinandergesetzt und den inneren Wahrheitsgehalt dieser angebotenen Beweise ermittelt, so hätte sie zweifelsfrei zu dem Ergebnis kommen müssen, dass die Kennzeichnung für den Verbraucher leicht verständlich und somit im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 auf dem verfahrensgegenständlichen Produkt angebracht war.

 

Der Einschreiter wiederholt seine bereits in der Rechtfertigung gemachten Ausführungen und erklärt nochmals, dass der Tatvorwurf der Behörde, dass der Ort der Erzeugung der landwirtschaftlichen Ausgangsstoffe nicht der in einem EU-Mitgliedsstaat mit der Amtssprache Deutsch zwingend, nämlich wörtlich vorgegebenen Form „EU-/Nicht-EU-Landwirtschaft" entsprochen habe, nicht zutreffend ist. Der Einschreiter führt dazu aus, dass in der VO (EG) Nr. 834/2007 nicht dezidiert vorgesehen ist, dass die Kenn-zeichnungselemente in deutscher Sprache anzubringen sind. Art 24 Abs 1 Buchstabe c VO (EG) Nr. 834/2007 ist lediglich zu entnehmen, dass diese Kennzeichnungsangaben bei Verwendung des Gemeinschaftslogos im selben Sichtfeld wie das Logo erscheinen müssen, was im gegenständlichen Fall korrekt vorgenommen wurde. Dass die auf dem verfahrensgegenständlichen Produkt vorgenommene Kennzeichnung verordnungs-konform vorgenommen wurde, ergibt sich auch aus dem englischen Text der VO (EG) Nr. 834/2007, der wie folgt lautet:

...Where the communitiy logo is used, an indication of the place where the agricultural raw materials of which the product is composed have been farmed, shall also appear in the same visual fields as the logo and shall take one of the following forms, as ap-propriate:

EU-Agriculture...

non-EU-Agriculture...

EU/non-EU-Agriculture...

The abovementioned indication EU or non-EU may be replaced or supplemented by a country in the case where all agricultural raw materials of which the product is com-posed have been farmed in that country...

 

Durch die Angabe „EU-/NON EU Agriculture" ist die Kennzeichnung somit einwandfrei, da auch durch die Angaben in englischer Sprache sämtliche geforderten Kennzeich-nungselemente angebracht sind. Es handelt sich um handelsübliche fremdsprachige Sachbezeichnungen, wie sie als Lehnworte schon lange in Verwendung stehen bzw. im englisch-sprachigen Text der VO (EG) Nr. 834/2007 angeführt sind.

 

Gemäß Artikel 24 Abs 2 der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 müssen die Angaben nach Abs 1 an gut sichtbarer Stelle, deutlich lesbar und unverwischbar angebracht sein. Eine besondere Regelung über die Sprache ist in der Verordnung nicht enthalten, insbesondere wird nicht vorgeschrieben, dass die Angaben in der Landes (Amts-) Sprache verfasst sein müssen. Ebenso findet sich keine Regelung, dass eine Durchmischung mehrerer (Amts-)Sprachen unzulässig sei. Eine solche Verpflichtung, die Landessprache zur Kennzeichnung zu verwenden bzw. keine Durchmischung mehrerer Amtssprachen vorzunehmen, ist ebensowenig in vergleichbaren bzw. allgemeinen Vorschriften zur Lebensmittelkennzeichnung zu finden. Vielmehr muss eine Kennzeichnung (lediglich) „leicht verständlich" und an gut sichtbarer Stelle deutlich lesbar und dauerhaft auf der Verpackung oder auf einem mit ihr verbundenen Etikett angebracht sein. Dabei bedeutet „leicht verständlich" nicht automatisch, dass die Etikettierung in deutscher Sprache erfolgen muss bzw. dass nicht mehrere Sprachen bei der Kennzeichnung verwendet werden dürfen. Dass sich aus § 3 Abs 1 lit a LMKV nicht zwangsläufig ergibt, dass die Kennzeichnung in deutscher Sprache erfolgen muss, wurde sogar seitens der A selbst in einem Gutachten, ebenfalls betreffend eine englischsprachige Kennzeichnung, ausgeführt. Aus diesem Gutachten ist auch zu entnehmen, dass seitens der A ausgeführt wird, dass, wenn eine Fremdsprache verwendet wird, sichergestellt werden muss, dass sich der Verbraucher auch in der Fremdsprache vollständig über alle Angaben informieren kann.

Aufgrund der irrigen Ansicht der A in anderen Verfahren betreffend dasselbe Thema wurde von Frau Mag. H K von der L F S GmbH auch eine Anfrage an die Europäische Kommission übermittelt. Auf die Frage, ob es zulässig sei, bei mehrsprachig ausgelobten Bio-Produkten die Pflichtangabe unter dem EU-Bio-Logo nur einsprachig, nämlich in englischer Sprache, anzugeben, wurde von der EU-Kommission eine Stellungnahme abgegeben. In dieser Stellungnahme wird seitens der EU-Kommission von Referatsleiter J O ausgeführt, dass in Bezug auf die Wahl der Sprachfassungen die horizontalen Rechtsvorschriften zur Etikettierung gelten und Art 16 Abs 1 der RL 2000/13/EG lediglich vorsieht, dass die vorgeschriebenen Angaben in einer dem Verbraucher leicht verständlichen Sprache abgefasst sein müssen. Auch nach Ansicht der EU-Kommission irrt daher die A, wenn sie vermeint, dass die Verwendung der deutschen Sprache in der VO (EG) Nr. 834/2007 festgelegt wird bzw. eine Durchmischung mehrerer Sprachen unzulässig sei.

 

 

Beweis:

Gutachten der A vom 01.08.2013 (Beilage ./1); Stellungnahme der EU-Kommission vom 14.11.2014 (Beilage ./2);

 

Überdies wurde in einem bei der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land anhängigen Ver-waltungsstrafverfahren (SanRB96-65-2014) aufgrund einer Beschwerde von der Be-zirkshauptmannschaft Wels-Land im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung ent-schieden, dass in der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 eine besondere Regelung über die Sprache nicht enthalten ist und insbesondere nicht vorgeschrieben wird, dass die Angaben in der Landessprache verfasst sein müssen.

 

Beweis:

Beschwerdevorentscheldung der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land, SanRB96-65-2014 (Beilage ./3);

 

Auch in einem weiteren bei der Bezirkshauptmannschaft Tulln (TUS2-V-15 1424) geführten Verwaltungsstrafverfahren wegen des Verdachts der Übertretung nach § 90 Abs. 3 Zi 1 LMSVG iVm Art. 23 iVm Art. 24 iVm Art. 27 der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 wurde das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

Beweis:

Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Tulln (Beilage ./4);

Mitteilung der Bezirkshauptmannschaft Tulln, TUS2-V-15 1424 (Beilage ./5);

 

Aus Artikel 23 Verordnung (EG) Nr. 834/2007 leitet sich nicht ab, dass die Bezeichnung „EU/Nicht-EU-Landwirtschaft" aufgrund der Nichtanführung im Anhang der Verordnung somit in der Amtssprache zu deklarieren sei. Aus Artikel 2 Verordnung (EG) Nr. 834/2007 geht hervor, dass, wenn Bezeichnungen nach Artikel 23 Verordnung (EG) Nr. 834/2007 verwendet werden, unter anderem der Ort der landwirtschaftlichen Ausgangsstoffe, aus denen sich das Erzeugnis zusammensetzt, anzugeben ist und zwar in den in der Verordnung angeführten Formen. Hätte die EU-Kommission gewollt, dass dieser Absatz so verstanden wird, dass hier immer die Landessprache anzugeben ist, hätte sie im Artikel 24 Abs 1 lit c der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 folgende Formulierung aufgenommen: „... und zwar je nach Fall in der jeweiligen Landessprache und in einer der folgenden Formen:...".

Aus dem Fehlen der Vorgabe „in der Landessprache" ist abzuleiten, dass es dem Erzeuger freisteht, in welcher Sprache diese Pflichtangaben abgedruckt werden. Weiters ist der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 auch nicht zu entnehmen, dass bei einer mehrsprachigen Auslobung die Pflichtangabe unter dem EU-Bio-Logo nur einsprachig, und zwar in der Landessprache, erfolgen darf. Es muss nur sichergestellt werden, dass es sich bei der verwendeten Sprache um eine „leicht verständliche Sprache" handelt. Dass die Angabe „EU-/NON EU Agriculture" leicht verständlich ist, kann aus dem Umstand geschlossen werden, dass der Durchschnittsverbraucher zumindest vier Jahre Englischunterricht hatte und ihm daher die Worte „Agriculture" und „Non", jedenfalls in dem hier interessierenden Zusammenhang, somit bekannt sind. Für einen mündigen verständigen Durchschnittsverbraucher, auf dessen Verständnis es vorliegend ankommt, ist die Angabe jedenfalls leicht verständlich.

Weiters handelt es sich auch um allgemein bekannte Ausdrücke, die aufgrund ähnlicher Schreibweise leicht verständlich sind. Dies ist bei dem englischen „Agriculture" jedenfalls gegeben, weil die Schreibweise nahezu ident mit dem deutschen Begriff „Agrikultur", einem synonym für „Landwirtschaft", ist. „EU-/NON EU Agriculture" ist daher jedenfalls leicht verständlich, wobei nochmals darauf hingewiesen wird, dass die Verwendung der deutschen Sprache für die in Artikel 24 Verordnung (EG) Nr. 834/2007 genannten Kennzeichnungselemente ohnehin nicht vorgeschrieben ist.

 

Bei der Angabe „EU-/NON EU Agriculture" handelt es sich daher, entgegen der Ansicht der A, sehr wohl um eine in der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 festgelegte Form. Die Angabe „EU-/NON EU Agriculture" entspricht den Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 und geht der Tatvorwurf der Behörde somit ins Leere. Nachdem keine ausreichende Auseinandersetzung mit den vorliegenden Fakten stattgefunden hat, ist die Begründung der belangten Behörde unzureichend und liegt somit eine mangelhafte Begründung der Ermahnung vor. Weiters wurde seitens der belangten Behörde die auf den Sachverhalt passende Rechtsnorm über ihren Sinngehalt hinaus interpretiert, weshalb die Ermahnung aus diesem Grund rechtswidrig und daher aufzuheben ist.

Der Bf legte mit der Beschwerde aufschlussreiche Unterlagen insbesondere eine Rechtsauskunft der A und der europäischen Kommission vor.“

 

  

I.4. Die belangte Behörde legte dem Verwaltungsgericht die Beschwerde samt Verfahrensakt mit Schreiben vom 29. Jänner 2016 zur Entscheidung vor. Von der Möglichkeit, eine Beschwerdevorentscheidung zu fällen, wurde nicht Gebrauch gemacht.

Das Landesverwaltungsgericht entscheidet durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter (§ 2 VwGVG).

 

II.1. Das Landesverwaltungsgericht Oö. hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Zumal schon aufgrund der Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, entfällt die öffentliche mündliche Verhandlung (§ 44 Abs 2 VwGVG).

 

II.2. Nachstehender entscheidungswesentlicher  S A C H V E R H A L T  steht fest:

 

Der Bf hat als Einzelunternehmer ein Produkt „N a – B G f L“ durch Verkauf an die weiter unten genannte Lebensmittelkette in Verkehr gebracht (unbestrittener Sachverhalt). Bei einer lebensmittelpolizeilichen Kontrolle in einem Betrieb der H KG, in der T, B, am 21. Oktober 2014, 8.00 Uhr, entnahm ein Organ der A eine Probe des genannten Produkt (U Zahl 14109199-001, Probenzeichen x). Das von der A dazu erstellte Gutachten lautet wie folgt:

 

„GUTACHTEN

 

Die vorliegende Lebensmittelprobe mit der Bezeichnung "B G f L" unterliegt als Erzeugnis, das mit Bezug auf die ökologische/biologische Produktion gekennzeichnet ist ("Bio", "aus kontrolliert biologischer Landwirtschaft"), den Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr 834/2007 (EG-BioVO),

Gemäß Art 24 Abs 1 lit c EG-BioVO muss bei Verwendung von Bezeichnungen mit Bezug auf die ökologische/biologische Produktion im Sinne des Art 23 Abs 1 bei der Verwendung des Gemeinschaftslogos im selben Sichtfeld wie das Logo auch der Ort der Erzeugung der landwirtschaftlichen Ausgangsstoffe erscheinen, aus denen sich das Erzeugnis zusammensetzt, und zwar je nach Fall in einer der folgenden Formen:

- "EU-Landwirtschaft", wenn die landwirtschaftlichen-Ausgangsstoffe in der EU erzeugt wurden;

- "Nicht-EU-Landwirtschaft", wenn die landwirtschaftlichen Ausgangsstoffe in Drittländern erzeugt wurden;

- "EU-/Nicht-EU-Landwirtschaft", wenn die landwirtschaftlichen Ausgangsstoffe zum Teil in der Gemeinschaft und zum Teil in einem Drittland erzeugt wurden.

Bei vorliegender Probe wird der Ort der Erzeugung der landwirtschaftlichen Ausgangsstoffe mit "EU/non-EU Agriculture" angegeben und entspricht somit nicht der in einem EU-Mitgliedstaat mit der Amtssprache Deutsch zwingend, nämlich wörtlich vorgegebenen Form "EU-/Nicht-EU-Landwirtschaft".

Die Kennzeichnung der vorliegenden Lebensmittel probe verstößt in einem Punkt gegen Vorschriften der Verordnung (EG) Nr 834/2007.

 

Die A verzeichnete 126,40 Euro an Lebensmitteluntersuchungskosten.

(Untersuchungszeugnis A).

 

Die Etikette des Produktes ist im Hinblick auf seinen Fließtext zweisprachig, in deutscher und slowenischer Sprache, verfasst.

 

Im Hinblick auf die Kennzeichnungselemente Haltbarkeitsdatum, Herkunft und Charge ist die Etikette nicht industriell vorgedruckt, sondern werden neben den diesbezüglichen in Deutsch und Slowenisch gehaltenen Themenbegriffen die jeweils variablen Begriffe und Daten nachträglich aufgebracht. Im vorliegenden Fall ist dies bei Haltbarkeitsdatum: 03.10.2016, bei Herkunft: EU/non-EU Agriculture und bei Charge: 00614050701. (Kopie Etikette)

 

II.3. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorliegenden Verwaltungsakt, insbesondere den in Klammern angegebenen Beweismitteln, der Beschwerde und dem amtlichen Untersuchungszeugnis der A, samt Kopie des Etiketts.

Dass die lebensmittelpolizeiliche Kontrolle am 21. Oktober 2014 und nicht am 28. Oktober, wie von der belangten Behörde im Spruch festgehalten, stattgefunden hat, ergibt sich aus dem Untersuchungszeugnis der A und der Anzeige des Amtes der Oö. Landesregierung.

 

III. Rechtliche Beurteilung   

 

III.1. Rechtliche Grundlagen

§ 24 der deutschsprachigen Fassung der VERORDNUNG (EG) Nr. 834/2007 des Rates vom 28. Juni 2007 über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 lautet:

 

Artikel 24

Verbindliche Angaben

(1) Werden Bezeichnungen nach Artikel 23 Absatz 1 verwendet, muss

a) die Kennzeichnung auch die nach Artikel 27 Absatz 10 erteilte Codenummer der Kontrollbehörde oder Kontrollstelle enthalten, die für die Kontrolle des Unternehmers

zuständig ist, der die letzte Erzeugungs- oder Aufbereitungshandlung vorgenommen hat;

b) bei vorverpackten Lebensmitteln auf der Verpackung auch das Gemeinschaftslogo nach Artikel 25 Absatz 1 erscheinen;

c) bei der Verwendung des Gemeinschaftslogos im selben Sichtfeld wie das Logo auch der Ort der Erzeugung der landwirtschaftlichen Ausgangsstoffe erscheinen, aus denen

sich das Erzeugnis zusammensetzt, und zwar je nach Fall in einer der folgenden Formen:

— „EU-Landwirtschaft“, wenn die landwirtschaftlichen Ausgangsstoffe in der EU erzeugt wurden;

— „Nicht-EU-Landwirtschaft“, wenn die landwirtschaftlichen Ausgangsstoffe in Drittländern erzeugt wurden;

— „EU-/Nicht-EU-Landwirtschaft“, wenn die landwirtschaftlichen Ausgangsstoffe zum Teil in der Gemeinschaft und zum Teil in einem Drittland erzeugt wurden.

 

Sind alle landwirtschaftlichen Ausgangsstoffe, aus denen sich das Erzeugnis zusammensetzt, in demselben Land erzeugt worden, so kann die genannte Angabe „EU“ oder „Nicht-EU“ durch die Angabe dieses Landes ersetzt oder um diese ergänzt werden.

Bei der genannten Angabe „EU“ oder „Nicht-EU“ können kleine Gewichtsmengen an Zutaten außer Acht gelassen werden, sofern die Gesamtmenge der nicht berücksichtigten Zutaten 2 Gewichtsprozent der Gesamtmenge der Ausgangsstoffe landwirtschaftlichen

Ursprungs nicht übersteigt.

Die genannte Angabe „EU“ oder „Nicht-EU“ darf nicht in einer auffälligeren Farbe, Größe oder Schrifttype als die Verkehrsbezeichnung des Erzeugnisses erscheinen.

Bei aus Drittländern eingeführten Erzeugnissen sind die Verwendung des Gemeinschaftslogos nach Artikel 25 Absatz 1 und die Angaben nach Unterabsatz 1 fakultativ. Erscheint das Gemeinschaftslogo nach Artikel 25 Absatz 1 jedoch in der Kennzeichnung, so müssen die Angaben nach Unterabsatz 1 auch in der Kennzeichnung erscheinen.

(2) Die Angaben nach Absatz 1 müssen an gut sichtbarer Stelle, deutlich lesbar und unverwischbar angebracht sein.

 

 

§ 16 der deutschsprachigen Fassung der RICHTLINIE 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür lautete:

 

Artikel 16

(1) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, daß in ihrem Hoheitsgebiet keine Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden dürfen, bei denen die in Artikel 3 und Artikel 4 Absatz 2 genannten Angaben nicht in einer dem Verbraucher leicht verständlichen Sprache abgefaßt sind, es sei denn, die Information des Verbrauchers ist durch andere Maßnahmen für eine oder mehrere Angaben auf dem Etikett effektiv sichergestellt; diese Maßnahmen werden nach dem Verfahren des Artikels 20 Absatz 2 festgelegt.

 

 

§ 3 der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 (BGBl. Nr. 72/1993 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 67/2014) lautete in der am Tattag gültigen Fassung:

 

§ 3. (1) a) Die Kennzeichnungselemente (Angaben) müssen leicht verständlich sein und sind an gut sichtbarer Stelle deutlich lesbar und dauerhaft auf der Verpackung oder auf einem mit ihr verbundenen Etikett anzubringen; sie dürfen nicht durch andere Angaben oder Bildzeichen verdeckt oder getrennt werden.

b) Die Datumsangaben haben in der Reihenfolge Tag, Monat, Jahr sowie unter Sicherstellung der Eindeutigkeit des Datums zu erfolgen.

(2) Die in § 4 Abs. 1 Z 1, Z 3a - unter Berücksichtigung von § 6 -, Z 5 und Z 9 angeführten Angaben sind im gleichen Sichtfeld anzubringen. Dies gilt nicht für zur Wiederverwendung bestimmte Glasflaschen, auf denen eine dieser Angaben dauerhaft angebracht ist.

(3) Bei verpackten Waren, die auf einer der Abgabe an den Letztverbraucher vorangehenden Stufe oder an Einrichtungen der Gemeinschaftsversorgung abgegeben werden, dürfen - anstelle Abs. 1 - die in § 4 Abs. 1 geforderten Angaben in den die Waren begleitenden Geschäftspapieren aufscheinen, wobei die in § 4 Abs. 1 Z 1, 2, 4 und 5 sowie gegebenenfalls § 5 angeführten Angaben auch auf der äußeren Verpackung aufzuscheinen haben.

 

 

Die wesentlichen Teile des § 13 Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 (BGBl. Nr. 72/1993 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 67/2014) lauteten in der am Tattag gültigen Fassung:

 

§ 13. Durch diese Verordnung werden folgende Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft umgesetzt:

[...]

- Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür, ABl. Nr. L 109 vom 6. Mai 2000,

[...]

 

Artikel 1 und 4 der VERORDNUNG Nr. 1 zur Regelung der Sprachenfrage für die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (ABl. L 17 vom 6.10.1958, S. 385) lauten:

 

Artikel 1

Die Amtssprachen und die Arbeitssprachen der Organe der Union sind Bulgarisch, Dänisch, Deutsch, Englisch, Estnisch, Finnisch, Französisch, Griechisch, Irisch, Italienisch, Lettisch, Litauisch, Maltesisch, Niederländisch, Polnisch, Portugiesisch, Rumänisch, Schwedisch, Slowakisch, Slowenisch, Spanisch, Tschechisch und Ungarisch.

 

Artikel 4

Verordnungen und andere Schriftstücke von allgemeiner Geltung werden in den Amtssprachen abgefasst.

 

 

III.2. Das Landesverwaltungsgericht Oö. hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

Der Beschwerdeführer ist im Recht.

 

III.2.1. Zur „Amtssprache“ Deutsch

 

Vorauszuschicken ist Folgendes:

 

Amtssprache (in Österreich Staatssprache; Art 8 B-VG) eines Staates ist jene offizielle Sprache eines Staates, die dieser in der Gesetzgebung, Verwaltung, bei den Gerichten und Schulen, also im Umgang zwischen Staat und Bürger verwendet und in welcher der Bürger mit dem Staat kommuniziert.

So führte der VwGH in seiner Entscheidung 2008/19/0990 vom 3. Dezember 2008 etwa aus: „Nach Art. 8 Abs. 1 B-VG haben sich die Behörden der deutschen Sprache als Amtssprache - abgesehen von der in Art. 8 Abs. 1 B-VG vorgesehenen Ausnahme betreffend sprachliche Minderheiten - zu bedienen; die deutsche Sprache ist die offizielle Sprache, in der alle Anordnungen der Staatsorgane zu ergehen und mittels derer die Staatsorgane mit den Parteien und untereinander zu verkehren haben (Hinweis E 10. Juni 1983, 81/04/0122, VwSlg 11081 A/1983; E VfGH 9. Oktober 1981, B 459/78, VfSlg 9233/1981). Wenn der Gebrauch einer anderen Sprache nicht zugelassen ist, sind die behördlichen Erledigungen ausschließlich in deutscher Sprache abzufassen; die Verwendung der deutschen Sprache ist Voraussetzung dafür, dass die betreffende Äußerung der Behörde eine behördliche Erledigung darstellt, und damit wesentliches Erfordernis für das Vorliegen eines Bescheides (Hinweis E 10. Juni 1983, 81/04/0122). Verwenden die Behörden selbst fälschlicherweise die Staatssprache nicht, handelt es sich um ein "rechtliches Nichts".“

 

Es kann aber daraus, dass die Bundesverfassung in ihrem Art 8 Abs 1 Deutsch als Staatssprache vorsieht, nicht abgeleitet werden, dass die Bürger untereinander zur ausschließlichen Verwendung der deutschen Sprache verpflichtet sind. Die belangte Behörde und die A übersehen zunächst, dass bei der Kennzeichnung von Lebensmittel Bürger untereinander kommunizieren, sodass die Rechtsansicht der A und ihr folgend die belangte Behörde, es sei in diesem Zusammenhang die Amtssprache zu verwenden schon von vorneherein verfehlt ist. 

 

Der vorliegende Fall kann nicht durch Bezugnahme auf die österreichische Staatssprache gelöst werden, sondern bedarf es der Auslegung der o.a. Bestimmungen.

 

Nur am Rande sei bemerkt, dass es sich bei der vorliegenden Frage um eine Rechtsfrage handelt, deren Beurteilung  primär der belangten Behörde und nicht der A obliegt (vgl. dazu auch LVwG Oö vom 18. Dezember 2014, LVwG-000062). Die belangte Behörde war insofern nicht gehalten, die Behauptung der A („Bei vorliegender Probe wird der Ort der Erzeugung der landwirtschaftlichen Ausgangsstoffe mit ‚EU/non-EU Agriculture‘ angegeben und entspricht somit nicht der in einem EU-Mitgliedsstaat mit der Amtssprache Deutsch zwingend, nämlich wörtlich vorgegebenen Form ‚EU-/Nicht-EU-Landwirtschaft‘.“) ungeprüft zu übernehmen sondern den Sachverhalt ihrer eigenen rechtlichen Würdigung zu unterziehen.

 

 

III.2.2. Zu den Amtssprachen der Union:

 

Die oben in Auszügen dargestellte sog. Verordnung Nr. 1 definiert klar, dass EU-Verordnungen in den 23 Amtssprachen abzufassen sind, woraus folgt, dass sämtliche Sprachfassungen gleichermaßen verbindlich sind.

 

Es ergibt sich insofern, dass die allgemeinen Regeln über Amtssprachen im vorliegenden Fall nicht von Relevanz sind und die belangte Behörde ihre Argumentation nicht auf diese stützen kann, zumal diese sehr allgemeinen Regeln keine Aussagen über die Kennzeichnung von Lebensmitteln treffen.

 

Aufgrund dieser (und der unter III.2.1. dargestellten) Erwägungen kann der belangten Behörde und der A sohin nicht in ihrer Ansicht gefolgt werden, dass (vereinfacht dargestellt) in Österreich nur die deutsche Sprachfassung der VO (EG) Nr. 834/2007 zur Anwendung kommen kann, sondern, wie überall in der EU, alle Sprachfassungen gleichermaßen wirksam werden.

In diesem Zusammenhang kann etwa auf das Urteil des EuGH v. 3. April 2008, Rs. C-187/07, Endendijk Slg. 2008 I-02115 Rn 22 verwiesen werden, in welchem der Gerichtshof ausführte, dass Ausdrücke nicht alleine in einer bestimmten Sprachfassung untersucht werden dürfen, da die Gemeinschaftsbestimmungen im Licht der Fassungen in allen Sprachen der EG einheitlich ausgelegt und angewandt werden müssen. Der EuGH stellte mit diesem Urteil dar, dass einer eigenständigen Auslegung des Wortsinnes eines Begriffes in einer bestimmten Sprachfassung die Einheitlichkeit des Unionsrechtes entgegensteht.

Wenn der Gerichtshof aber schon in Zusammenhang mit der Auslegung (Wortinterpretation) einer Norm die Betrachtung nur einer bestimmten Sprachfassung als nicht ausreichend ansieht, heißt dies umso mehr, dass die Vorgabe einer bestimmten Formulierung, die in einer unmittelbar anwendbaren EU-Bestimmung gemacht wird, nicht so verstanden werden kann, dass nur die in der gerade angewendeten Sprachfassung vorgesehenen Worte als verbindlich anzusehen sind.

 

Die VO (EG) Nr. 834/2007 enthält keine Regelung im Hinblick auf die zu verwendende Sprache, sodass aus ihr keine Verpflichtung zur Verwendung der deutschen Sprache abgeleitet werden kann und auf allgemeinere Kennzeichnungsregelungen des Gemeinschaftsrechtes oder des innerstaatlichen Rechtes zurück zu greifen ist.

 

III.2.3. Konkrete relevante Bestimmungen:

 

Im Hinblick auf den vorliegenden Tatzeitpunkt, den 21. Oktober 2014, ist diesbezüglich auf § 16 der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 zu verweisen, welche eine Zuständigkeit der Nationalstaaten zur Fassung von Sprachregeln vorsah und vorgab, dass die Kennzeichnung in einer für den Verbraucher leicht verständlichen Sprache verfasst sein muss.

 

Österreich hat die genannte Richtlinie in der mittlerweile außer Kraft getretenen Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 (LMKV) umgesetzt. Die bezughabende Bestimmung des § 3 Abs 1 lit a) LMKV folgt der Richtlinie beinahe wortwörtlich und sieht vor, dass die Kennzeichnungselemente leicht verständlich sein müssen.

 

Weder die Richtlinie noch die LMKV geben vor, dass Kennzeichnungen in der Sprache Deutsch zu verfassen sind und ist der Begriff „Sprache“ auch nicht im engen Sinne von „Amtssprache“ oder „Landessprache“ zu verstehen sondern meint die Richtlinie, dass die Kennzeichnung, auch was ihre Formulierung betrifft, leicht „fassbar“ sein soll (vgl. EuGH, Rs. C-85794; 1995 Slg. I-2955). Die Kennzeichnung soll sich einer „einfachen Sprache“ bedienen. Die Kennzeichnung soll nicht so kompliziert formuliert sein, dass sie nicht mehr leicht verständlich ist.

Was in diesem Zusammenhang die Verwendung ausländischer Begriffe betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass auch diese so stark verbreitet sein können, dass sie als Teil der deutschen Sprache anzusehen sind (vgl. zur LMIV Voit/Grube, LMIV1, Art 15 RN 11.). Die Verwendung einer anderen als der Landessprache begründet für sich keinen Verstoß gegen die LMKV (Blass ua, LMR³ § 3 LMKV Rz 4; Natterer, Lebensmittelrecht [2008] Rz 204). Vielmehr kommt es darauf an, dass diese leicht verständlich sind. Etwa sind Begriffe wie Corn Flakes, Kebab, made in, Corned beef, Rost Beef und Pralinés leicht verständlich (Blass ua, LMR³ § 3 LMKV Rz 5f; Natterer, Lebensmittelrecht [2008] Rz 204; zur LMIV Voit/Grube, LMIV1, Art 15 RN 11.), zumal sie im Sprachgebrauch der hiesigen Verbraucherschaft gängig sind. 

 

Die Prüfung, ob eine Kennzeichnung leicht verständlich ist, ist sohin stets einzelfallbezogen durch die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht vorzunehmen. 

 

III.2.4. Leichte Verständlichkeit der Kennzeichnung

 

Bei der Frage der Verständlichkeit einer Kennzeichnung kommt es, wie etwa auch bei der Frage der Irreführungseignung von Lebensmittelkennzeichnungen, in Anlehnung an die Rechtsprechung des EuGH, nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs auf die mutmaßliche (wahrscheinliche) Auffassung bzw Erwartung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers an (vgl mit Hinweisen auf EuGH-Judikatur VwGH 22.11.2006, Zl. 2003/10/0042; VwGH 20.09.2011, Zl. 2011/10/0128; VwGH 26.09.2011, Zl. 2010/10/0145 = VwSlg 18217 A/2011). Gemeint ist damit nicht ein „uninformierter“ Ignorant, sondern der „aufmerksame und verständige“ Durchschnittsverbraucher als Maßfigur (Vgl. dazu etwa LVwG Oö. v. 25. November 2015; LVwG-000081).

 

Vor diesem Hintergrund ist nun zu beurteilen, ob der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher in der Lage war, der Kennzeichnung „Herkunft/[...]: EU/Non-EU Agriculture“ leicht zu entnehmen, dass der Inhalt des Produkts aus landwirtschaftlichen Quellen innerhalb und außerhalb der EU stammten, also die Kennzeichnung für ihn leicht verständlich war.

 

Daran hegt das Gericht keinerlei Zweifel.

 

Zunächst ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass heutzutage bereits Volksschüler Englisch lernen und die englische Sprache, wie keine andere, von großen Teilen der Bevölkerung beherrscht, jedenfalls aber rudimentär verstanden wird. In einer Zeit von globalen Migrations- und Reisebewegungen ist sogar davon auszugehen, dass nicht unerheblich viele Verbraucher Englisch besser verstehen als Deutsch.

 

Im vorliegenden Fall ist aber festzuhalten, dass Englischkenntnisse zum Verständnis der ggst. Kennzeichnung nicht erforderlich sind.

 

Angesichts der seit Jahren zunehmenden Anglifizierung der deutschen Sprache, kann kaum ein Zweifel daran bestehen, dass der verständige Verbraucher das Wort „NON“ nur im Sinne von „Nicht“ oder „Nein“ verstehen kann. Es kann in diesem Zusammenhang auch auf den Duden verwiesen werden, der etwa schon in seiner 19. Auflage (1986) die Worte „No-name-Produkt“, „Non-Book- und Non-Food-Abteilung“ der Deutschen Sprache zumaß.

Es kann also kein Zweifel daran bestehen, dass das Wort „Non“ im Sinne von „Nicht“ längst in den deutschen Sprachgebrauch eingeflossen ist und damit von einem verständigen Verbraucher auch in diesem Sinne verstanden wird. Wie der Bf schon in seiner Stellungnahme und später in der Beschwerde ausführte, handelt es sich um ein Lehnwort, das längst zum deutschen Sprachschatz zu zählen ist

 

Auch was das Wort „Agriculture“ betrifft, ist auf den Duden zu verweisen, der das Wort „Agrikultur“ kennt und auf die lateinische Herkunft und die Bedeutung „Ackerbau und Landwirtschaft“ verweist.

Alleine der Umstand, dass sich die englische und die deutsche Fassung dieses Wortes, schon was ihre Schreibweise betrifft, nahezu gleichen, lässt keinen Zweifel offen, dass das Wort „Agriculture“ für die oben dargestellte Maßfigur leicht verständlich ist.

Gerade jener Verbraucher, der des Englischen nicht mächtig ist, wird es kaum anders aussprechen, als die deutsche Form.

 

Was die Argumentation der belangten Behörde, es sei eine Vermischung von Deutsch und Englisch unzulässig und hätte der Bf insofern auch die sonstige Deklaration in Englisch zu halten gehabt, betrifft, ist zu bemerken, dass diese Argumentationslinie nicht mit dem Spruch übereinstimmt, zumal die Behörde dem Bf dort anlastet, er hätte seine Kennzeichnung angesichts der Amtssprache Deutsch in Deutsch zu verfassen gehabt. In der Begründung will sie ihm eine Fassung der Gesamten Deklaration in Englisch zugestehen.

 

Ein Verbot der Vermischung von Sprachen kann dem Gesetz nicht entnommen werden. Vielmehr ist auch eine solche Vermischung an der leichten Verständlichkeit zu messen. Das Gericht kann aber auch in diesem Hinblick nicht feststellen, dass die Verwendung verschiedener Sprachen im Bereich unterschiedlicher Kennzeichnungsabschnitte, zu einer Verschlechterung der Verständlichkeit geführt hat und die Kennzeichnung dadurch weniger leicht verständlich macht.

Eine Verschlechterung im Bereich der Verständlichkeit könnte hier allenfalls dann eintreten, wenn die Kennzeichnung innerhalb eines Satzes oder in willkürlicher Art die Sprachen wechseln würde. Dies ist jedoch nicht der Fall.

 

Die belangte Behörde hat daher, der unrichtigen Rechtsansicht der A folgend, dem Gesetz eine Bedeutung beigemessen, die es nicht hat. Es existiert schlicht keine Regelung, die das Verwenden einer bestimmten Landessprache vorschreibt oder die Vermischung verschiedener Sprachen untersagt.

 

Der Bf hat weder die zitierte VO (EG) Nr. 834/2007, noch die LMKV verletzt. Er hat damit schon in objektiver Hinsicht keinen vom Gesetz mit Strafe bedrohten Tatbestand verwirklicht. Er durfte insofern auch nicht ermahnt werden.

 

III.2.5. Spruchkonkretisierung

 

Eine (die Verfolgungsverjährung nach § 31 VStG unterbrechende) Verfolgungshandlung nach § 32 Abs 2 VStG ist auf eine bestimmte physische Person als Beschuldigten, auf eine bestimmte Tatzeit, den ausreichend zu konkretisierenden Tatort und sämtliche Tatbestandselemente der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschriften iSd § 44a Z 2 VStG zu beziehen; (VwGH 21.10.2014, Ra 2014/03/0006;).

 

„Die Umschreibung der Tat hat – bereits im Spruch und nicht erst in der Bescheidbegründung (VwSlg 17.326 A/2007; VwGH 1. 7. 2010, 2008/09/0149) – so präzise zu sein, dass der Beschuldigte seine Verteidigungsrechte wahren kann und er nicht der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt ist (zB VwSlg 11.894 A/1985; VwGH 12. 3. 2010, 2010/17/0017; 17. 4. 2012, 2010/04/0057), sie muss mithin die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens erforderlich sind, ermöglichen (vgl VwGH 20. 7. 1988, 86/01/0258; 31. 1. 2000, 97/10/0139; s auch VwGH 6. 11. 2012, 2012/09/0066 [AuslBG]) und sie darf keinen Zweifel daran bestehen lassen, wofür der Täter bestraft worden ist (VwGH 23. 4. 2008, 2005/03/0243). Andererseits dürfen bei der Angabe der als erwiesen angenommenen Tat auch keine Verhaltensweisen mitumfasst werden, die nicht der verletzten Verwaltungsvorschrift iSd § 44 a Z 2 unterliegen (vgl VwGH 24. 4. 2008, 2007/07/0124).

(Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 44 a Rz 2).“

         

Die belangte Behörde hat dem Bf seine Tat sowohl in der Strafverfügung, als auch im bekämpften Bescheid im Hinblick auf den Tatzeitpunkt 28. Oktober 2014 vorgeworfen. Wie sich aus den Unterlagen der A ergibt, zog diese ihre Probe am 21. Oktober 2014.

Von einer ausreichenden Konkretisierung im Hinblick auf die Tatzeit kann insofern nicht mehr gesprochen werden.

Angesichts der bereits eingetretenen Verfolgungsverjährung wäre es dem Verwaltungsgericht verboten, eine Spruchkorrektur vorzunehmen und wäre der bekämpfte Bescheid auch aus diesem Grund zu beheben gewesen.

 

III.3. Im Ergebnis war die dem Bf vorgeworfene Tat sohin nicht strafbar und war der bekämpfte Bescheid aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Der Argumentation des Bf in seiner Beschwerde ist weitgehend zu folgen.

 

Bei diesem Ergebnis entfällt die Verpflichtung gemäß § 71 Abs 3 LMSVG zum Ersatz von Kosten der Lebensmitteluntersuchung, zumal insofern ein Straferkenntnis und damit eine Verurteilung vorausgesetzt wird.

 

Ein Beitrag zu den Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens kommt bei diesem Ergebnis nicht in Betracht.

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Der hier vorliegende Fall ist nicht verallgemeinerungsfähig zumal die leichte Verständlichkeit bestimmter Wendungen zu beurteilen war. Zudem ist die gesetzliche Regelung inhaltlich klar. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. P o h l


 

LVwG-000129/2/FP vom 16. Februar 2016

 

Erkenntnis

 

Normen:

RL 2000/13/EG

VO 1169/11

LMKV

Die schon in der Etikettierungsrichtlinie (RL 2000/13/EG), der Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung 1993 und der nunmehr geltenden Lebensmittelinformationsverordnung [VO (EU) Nr. 1169/11] gleichermaßen verwendete Wendung „leicht verständliche Sprache“ ist nicht dahingehend auszulegen, dass eine Kennzeichnung zwingend in der jeweiligen Landessprache vorzunehmen ist, sondern bedeutet, dass eine Ausdrucksform zu wählen ist, die es dem durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher ermöglicht, den Sinn und Inhalt der Kennzeichnung ohne Probleme zu erfassen.

 

Beschlagwortung:

 

Landessprache; leicht verständliche Sprache; Englisch