LVwG-680006/18/KOF/CG LVwG-680007/18/KOF/CG

Linz, 10.03.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Josef Kofler über die Maßnahmenbeschwerden der S E, x, L, Lettland und des Herrn J I, geb. x, x, J, L, beide vertreten durch Herrn RechtsanwaltDr. B H, x, I wegen der behaupteten Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 19. Februar 2015 durch der Bezirkshaupt-mannschaft Schärding zurechenbare Organe, nach der am 24. August 2015 und am 15. Februar 2016 durchgeführten mündlichen Verhandlung,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.   

Die Beschwerden werden in allen Punkten als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.          

Die Beschwerdeführer werden verpflichtet, dem Bund (Verfahrenspartei Bezirkshauptmannschaft Schärding) jeweils den Schriftsatzaufwand von

368,80 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

III.         

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision  an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs.4 B-VG nicht zulässig.

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

Die beiden Beschwerdeführer haben am 02. April 2015 – somit innerhalb offener Frist – wegen der am 19. Februar 2015 auf dem Kontrollplatz Pramerdorf, Gemeinde St. Florian am Inn angeblich erfolgten Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt nachstehend angeführte Maßnahmenbeschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erhoben:

 

Anmerkung:

1.   Beschwerdeführer (1. Bf): Unternehmen S.E., L

2.   Beschwerdeführer (2. Bf): Herr J.I., L

 

„1.

 

Die Anordnung zur Weiterfahrt vom Anhalteort auf der Innviertler Straße
Höhe Kreuzung Pramerdorf Straße bis zum eigentlichen Kontrollplatz im Gemeindegebiet St. Florian am Inn, Landesstraße Nr. 137 bei km 60.000 ist rechtswidrig.

 

 

 

2.

 

Die Nicht-Herausgabe der abgenommen Unterlagen, wie Fahrzeugpapiere,
CMR-Frachtbrief, EU-Gemeinschaftslizenz und Tachoscheiben, nach Beendigung der Kontrolle um 12.00 Uhr, sowie die Untersagung der Weiterfahrt bis zur Entrichtung der Sicherheitsleistungen um 19.40 Uhr ist rechtswidrig.

 

 

 

3.

 

Die Anordnung zur Entrichtung einer Sicherheitsleistung für die 1. BF in der Eigenschaft als Zulassungsbesitzer und für den 2. BF in seiner Eigenschaft als Lenker eines Kraftfahrzeuges nach § 37a VStG ist unionsrechtswidrig.

 

 

 

4.

 

Die Unterbrechung der Weiterfahrt bis zur Entrichtung der Sicherheitsleistung
ist eine unverhältnismäßige Maßnahme und verstößt sowohl gegen geltendes Unionsrecht als auch § 134 Abs.4a KFG.

 

 

 

5.

 

Das Einbehalten der abgenommenen Dokumente, wie Fahrzeugpapiere,
CMR-Frachtbrief, EU-Gemeinschaftslizenz und Tachografenscheiben ist ab dem Zeitpunkt rechtswidrig, ab dem der 2. BF das abgestellte Fahrzeug wieder in Betrieb nehmen durfte, sei es auch nur um die Sicherheitsleistung aufzutreiben.

 

 

 

6.

 

Die Entgegennahme des Führerscheines des 2. BF als auch die Anordnung zum Abladen eines beförderten PKW ist rechtswidrig.“

 

 

 

 

 

Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richter (Art. 135 Abs.1 1.Satz B-VG) erwogen:

 

Am 24. August 2015 wurde beim LVwG OÖ. eine öffentliche mündliche Verhandlung (mVh) durchgeführt, an welcher der Rechtsvertreter der Bf
sowie der amtshandelnde Polizeibeamte, Herr GI H.H. teilgenommen haben.

 

Zeugenaussage des Herrn GI H. H.:

 

Am 19.02.2015 um 10.55 Uhr wurden von mir Verkehrskontrollen beim Kontrollparkplatz Pramerdorf in der Gemeinde St. Florian am Inn durchgeführt.

Dieser Kontrollparkplatz befindet sich unmittelbar neben der Landesstraße,

aus Grieskirchen kommend auf der linken Seite.

Um 10.55 Uhr wurde der nunmehr verfahrensgegenständliche Kraftwagenzug von mir angehalten und angewiesen, auf den Kontrollparkplatz zu fahren.

Vom Lenker wurden von mir Führerschein, Zulassungsschein, Frachtpapiere,

EU-Lizenz sowie die Schaublätter verlangt.

Diese Papiere wurden mir vom Lenker ausgehändigt.

Bei der Kontrolle fiel mir auf, dass die auf dem Kraftwagenzug geladenen PKW nur mit einem einzigen Gurt pro PKW gesichert waren.

Nach meinem Wissensstand reicht es nicht aus, einen PKW nur mit einem einzigen Gurt zu sichern.

Der auf dem Lichtbild ersichtliche beschädigte Gurt (eingerissen)

war meines Wissens nach beim Traktor angebracht.

Anschließend wurde von mir gemeinsam mit meinem Kollegen die Länge des Kraftwagenzuges gemessen.  Diese hat 20,80 m betragen.

Die im Gesetz (§ 4 Abs.7a KFG) enthaltene Höchstlänge eines Kraftwagenzuges von 18,75 m wurde dadurch um 2,05 m überschritten.

 

Der Kontrollparkplatz befindet sich unmittelbar neben der Landesstraße.

 

Der Lenker hat – über meine Aufforderung – mit von ihm mitgeführten Gurten, die Ladungssicherung ordnungsgemäß hergestellt.

Der Lenker des Kraftwagenzuges ist mit dem auf dem Anhänger geladenen
roten PKW heruntergefahren. Ob dieser PKW auf dem Kontrollparkplatz vorerst verblieben ist oder der Lenker wieder direkt auf den „Hängerzug“ aufgefahren ist, kann ich heute nicht mehr angeben.

 

Stellungnahme des  Rechtsvertreters der Bf:

Dieser rote PKW ist definitiv mit dem verfahrensgegenständlichen Kraftwagenzug mitgenommen worden.

 

 

Fortsetzung der Zeugenaussage des Herrn GI H. H.:

Die Kontrolle der Schaublätter wurde um 12.00 Uhr beendet und

nichts beanstandet.

Die Sicherheitsleistung von insgesamt 800 Euro wurde am 19.02.2015 geleistet.

Die Uhrzeit kann ich heute nicht mehr angeben.

Die Sicherheitsleistung wurde – soweit erinnerlich – in bar vom Lenker geleistet. In derartigen Fällen wird von uns – falls der Lenker das Geld nicht in bar mitführt – der Lenker zu einem Bankomaten transportiert, damit dieser das Geld beheben kann.

Ich kann allerdings heute nicht mehr angeben,

ob wir das auch im ggst. Fall so gehandhabt haben.

Im Verfahrensakt ist kein Kreditkartenbeleg enthalten.

Somit gehe ich davon aus, dass das Geld in bar geleistet wurde.

Die Sicherheitsleistung wurde mit größter Wahrscheinlichkeit am Kontrollparkplatz selbst an uns übergeben.

Da auf der Bestätigung über die Sicherheitsleistung „St. Florian, 19.02.2015“ von mir eingetragen wurde steht fest, dass die Sicherheitsleistung auch auf dem Kontrollparkplatz in St. Florian geleistet wurde.

Hr. RA Dr. H, I hat mit mir an diesem Tag ein einziges Mal telefoniert und zwar noch vor Erlag der Sicherheitsleistung.

Nachdem die Sicherheitsleistung bezahlt wurde, habe ich mit Hrn. RA Dr. H nicht mehr telefoniert.

Ich habe dem Lenker seinen Führerschein, den Zulassungsschein sowie die von ihm mir ausgehändigten Papiere auf dem Kontrollparkplatz zurückgegeben.

Zu welcher Zeit kann ich heute nicht mehr angeben.

Dieser Kontrollparkplatz ist insofern öffentlich, als speziell zur Winterzeit die Fahrzeuge des Straßendienstes zufahren. Dort sind Salzsilos vorhanden.

Ob der Lenker des verfahrensgegenständlichen Kraftwagenzuges unmittelbar nachdem ich ihm die Papiere wieder ausgefolgt habe, weggefahren ist oder noch länger auf diesem Kontrollparkplatz verblieben ist, kann ich heute nicht mehr angeben.

Bei derartigen Verkehrskontrollen am Kontrollparkplatz sind wir im Regelfall zu zweit.

Welcher Kollege damals dabei war, kann ich auswendig nicht angeben, dies ließe sich jedoch eruieren.

Soweit mir erinnerlich, ist der verfahrensgegenständliche Kraftwagenzug auf dem Kontrollparkplatz jedenfalls bis zum Ende der Amtshandlung verblieben.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Stellungnahme des Rechtsvertreters der Bf:

Von uns wird das Schaublatt für den 19.02.2015 vorgelegt sowie eine Erklärung dafür, warum vom Verlassen des Kontrollparkplatzes um 13.05 Uhr bis zur Rückkehr um 19.18 Uhr eine Fahrtstrecke von ca. 150 km gefahren wurde und ein Zeitraum von mehr als 6 Std. vergangen ist.

Die Vorlage des Schaublattes sowie der entsprechenden Erklärung wird

bis Ende September 2015 erfolgen.

Diese Beweisanträge beziehen sich nur auf die Verfahren LVwG-680006 und LVwG-680007.

 

Stellungnahme des Verhandlungsleiters hinsichtlich des gegenständlichen Verfahrens:  Betreffend die Verfahren LVwG-680006 und LVwG-680007 wird die Verhandlung vertagt.

 

Am 15. Februar 2016 wurde beim LVwG Oö. die Fortsetzung der mündlichen Verhandlung durchgeführt.

Zu dieser sind sowohl die Bf, als auch deren Rechtsvertreter – trotz rechtzeitiger und ordnungsgemäßer Ladung – unentschuldigt nicht erschienen.

 

Ist der Bf – trotz rechtzeitiger und ordnungsgemäßer Ladung – ohne triftigen Grund und damit unentschuldigt iSd § 45 Abs.2 VwGVG bzw. 19 Abs.3 AVG iVm § 17 VwGVG zur mVh nicht erschienen, erweisen sich sowohl die Durchführung der mVh, als auch die Verkündung (Fällung)  des  Erkenntnisses in dessen Abwesenheit  als  zulässig;

siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band II, 2. Auflage, E2, E5, E6, E22 zu § 51f VStG (Seite 1048 und 1051) zitierten Erkenntnisse des VwGH sowie VwGH vom 31.01.2005,  2004/03/0153; vom 20.04.2004, 2003/02/0291;  

                    vom 30.01.2004, 2003/02/0223; vom 03.09.2003, 2001/03/0178;

                    vom 18.11.2003, 2001/03/0151; vom 25.02.2010, 2009/09/0146;

                    vom 20.10.2010, 2009/02/0292; vom 29.06.2011, 2007/02/0334.

VwGH vom 18.06.2015,  Ra 2015/20/0110

  

Es fällt einzig und allein den Bf – und nicht dem LVwG – zur Last, wenn die Bf von der ihnen durch die ordnungsgemäße Ladung zur Verhandlung gebotenen Gelegenheit zur Kenntnisnahme der Beweisergebnisse und Stellungnahme dazu, durch ihr Nichterscheinen keinen Gebrauch machen;

VwGH vom 16.10.2009, 2008/02/0391; vom 03.09.2003, 2001/03/0178 unter Verweis auf das Erkenntnis vom 29.01.2003, 2001/03/0194;

vom 29.06.2011, 2007/02/0334; vom 25.06.2013, 2012/08/0031 und

vom 05.09.2013, 2012/09/0131 jeweils mit Vorjudikatur

 

4021 Linz, Fabrikstraße 32Alle Tatsachen, auf die eine behördliche Entscheidung gestützt werden soll, bedürfen eines Beweises. Die Behörde hat alle beweisbedürftigen Tatsachen
von sich aus zum Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens zu machen.

Dabei muss der volle Beweis erbracht werden.

Dies bedeutet, dass sich die Behörde Gewissheit vom Vorliegen der für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente (zB eines tatsächlichen Vorgangs) verschaffen – somit also davon überzeugen – muss.

 

Nach der Rsp des VwGH ist für die Annahme einer Tatsache als erwiesen
keine "absolute Sicherheit" bzw. "kein Nachweis im naturwissenschaftlich-mathematisch exakten Sinn" erforderlich, sondern es genügt, wenn eine Möglichkeit gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt;

VwGH vom 22.03.2012, 2011/09/0004 mit Vorjudikatur

 

Die Behörde hat

-    nach der Aufnahme von Beweisen zu prüfen, ob ihr diese die erforderliche Überzeugung vom Vorliegen oder Nichtvorliegen des maßgeblichen Sachverhalts vermitteln (= Beweiswürdigung)

-    unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht  und

-    den Wert der aufgenommenen Beweise nach deren innerem Wahrheitsgehalt zu beurteilen;

Hengstschläger-Leeb, AVG-Kommentar, RZ 2 und RZ 8 zu § 45 AVG  (Seite 460ff) sowie Leeb – Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung im Verwaltungsverfahren in Holoubek–Lang: Allgemeine Grundsätze des Verwaltungs- und Abgaben-verfahrens, Seite 343 – 348;  jeweils mit zahlreichen Hinweisen.

 

Wesentlich ist, ob

-    der Sachverhalt genügend erhoben wurde  und

-    die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind,
also nicht den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut widersprechen;

VwGH vom 26.06.2009, 2008/02/0044;  vom 15.05.2009, 2008/09/0088;

          vom 16.09.2009, 2009/09/0183;  vom 31.07.2009, 2007/09/0333 uva.

 

Die Beweiswürdigung ist ein "Denkprozess nach den Gesetzen der Logik"
bzw. wird auch auf die "allgemeinen Denkgesetze der Logik" sowie

die "Lebenserfahrung" verwiesen;

VwGH vom 27.04.1972, GZ: 0171/72;  vom 21.12.1994, 94/03/0256.

 

Auf Grund des Verfahrensaktes sowie dem Ergebnis der mVh ergibt

sich folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

 

Der 2. Bf – dieser hat seinen Wohnsitz in L – lenkte am 19. Februar 2015

·     den Autotransporter, amtliches Kennzeichen HL-.....  –

zugelassen auf die 1. Bf, diese hat den Unternehmenssitz in L

sowie

·     den Anhänger, amtliches Kennzeichen B-.....

auf der B 137 Innviertler Straße bei ca. km 60,00, Gemeinde St. Florian am Inn.

 

Dabei wurde dem 2. Bf vom Polizeibeamten GI H.H. die Weisung erteilt,

auf den Kontrollplatz zu fahren.

 

Dort wurde eine Lenker- und Fahrzeugkontrolle durchgeführt, wobei der 2. Bf dem Polizeibeamten GI H.H. den Führerschein, die Fahrzeugpapiere, die

EU-Gemeinschaftslizenz, den CMR-Frachtbrief und die Tachoscheiben aushändigte.

 

Diese Kontrolle wurde um ca. 12.00 Uhr beendet; siehe die Ausführungen des Rechtsvertreters der Bf in der Maßnahmenbeschwerde, Seite 2 – Punkt 2.

 

Bei dieser Lenker- und Fahrzeugkontrolle wurden vom Polizeibeamten

·         die mangelnde Ladungssicherung und

·         die Überschreitung der Fahrzeuggesamtlänge

beanstandet.

 

Der amtshandelnde Polizeibeamte, Herr GI H.H. hat daher gemäß § 37a VStG dem 2. Bf wegen der Verwaltungsübertretungen nach § 102 Abs.1 KFG iVm

·         § 101 Abs.1 lit.e KFG – mangelnde Ladungssicherung und

·         § 4 Abs.7a KFG – Überschreitung der zulässigen höchsten Länge

die Entrichtung einer Sicherheitsleistung aufgetragen.

 

Dem 2. Bf war die Entrichtung dieser Sicherheitsleistung an Ort und Stelle

weder mittels Kreditkarte, noch in bar möglich.

 

Daraufhin gestattete der amtshandelnde Polizeibeamte dem 2. Bf, vom Autotransporter einen PKW abzuladen und mit diesem die Sicherheitsleistung beizuschaffen.

 

Der 2. Bf fuhr – siehe dessen Stellungnahme vom 30.09.2015 – zu Herrn R.P., wohnhaft in H, ……straße Nr. ..

Die Entfernung von St. Florian/Inn nach H und zurück beträgt – gemäß den zutreffenden Angaben des 2. Bf in dieser Stellungnahme – ....... ca. 164 km.

 

 

Nach der Rückkehr auf den Kontrollplatz hat der 2. Bf die ihm auferlegte Sicherheitsleistung dem Polizeibeamten übergeben –

gegen entsprechende Bestätigung.

 

Anschließend hat der 2. Bf den Pkw wieder auf den Autotransporter aufgeladen und ist mit dem Autotransporter weitergefahren;

siehe Stellungnahme des Rechtsvertreters der Bf bei der mVh am 24.08.2015:

Dieser rote Pkw ist definitiv mit dem verfahrensgegenständlichen Kraftwagenzug mitgenommen worden.

 

Zu den Beschwerdepunkten ist im Einzelnen auszuführen:

 

Zu Punkt 1. – Anordnung der Weiterfahrt vom Anhalteort bis zum Kontrollplatz:

Der Zeuge, Herr GI H.H. hat am 19.02.2015 beim Kontrollparkplatz Pramerdorf in der Gemeinde St. Florian am Inn Verkehrskontrollen durchgeführt.

Dieser Kontrollparkplatz befindet sich – siehe die Zeugenaussage des Herrn
GI H.H. – unmittelbar neben der Landesstraße, aus Grieskirchen kommend auf der linken Seite.

Es ist geradezu selbstverständlich und bedarf keiner näheren Erläuterung,
dass in diesem Fall die Verkehrskontrollen nicht auf der Landesstraße selbst, sondern auf dem unmittelbar daneben liegenden Kontrollparkplatz stattfinden;

vgl. § 46 Abs.1 Z1 StVO.

Bei einer derartigen Konstellation – der Kontrollplatz befindet sich unmittelbar neben der Landesstraße – erfolgt die Kontrolle „an Ort und Stelle“;

VwGH vom 24.08.2001, 2000/02/0098; vom 30.03.2001, 2000/02/0177.

  

Zu Punkte 2. und 5. – Nichtherausgabe der abgenommenen Unterlagen wie Fahrzeugpapiere, CMR-Frachtbrief, EU-Gemeinschaftslizenz und Tachoscheiben sowie das Einbehalten dieser Dokumente:

Da der Lenker, Herr J.I. unmittelbar nach der Kontrolle mit dem vom Autotransporter abgeladenen Pkw weggefahren ist, um das Geld für die Sicherheitsleistung zu beschaffen steht fest, dass der amtshandelnde Polizeibeamte GI H.H. dem Lenker J.I. den Führerschein – nach dessen Kontrolle – sofort wieder ausgehändigt hat.

Diese Vorgangsweise des Herrn GI. H.H. entspricht exakt § 14 Abs.1 FSG!

Der amtshandelnde Polizeibeamte, Herr GI H.H. – siehe dessen Zeugenaussage – hat dem Lenker seinen Führerschein, den Zulassungsschein sowie die von ihm ausgehändigten Papiere auf dem Kontrollparkplatz zurückgegeben.

Daraus ergibt sich, dass der Polizeibeamte – unmittelbar nach deren Kontrolle – dem Lenker J.I. alle diese Dokumente zur Gänze wieder ausgehändigt hat.

Die von den Bf behauptete „Nichtherausgabe der abgenommenen Unterlagen“ hat somit nicht stattgefunden.

 

 

Zu Punkt 6. – Die Entgegennahme des Führerscheines des 2. Beschwerdeführers, als auch die Anordnung zum Abladen eines beförderten PKW ist rechtswidrig:

 

·         Betreffend den Führerschein genügt ein Verweis auf die Ausführungen zu
Punkte 2. und 5., wonach die Vorgangsweise des Herrn GI H.H. exakt
dem § 14 Abs.1 FSG entspricht.

 

·                    Betreffend das Abladen des Pkw ist den Beweisergebnissen kein Hinweis zu entnehmen, dass dies vom Polizeibeamten angeordnet wurde.

 

Im Gegenteil:  Dem Lenker J.I. wurde vom Polizeibeamten gestattet,

diesen PKW vom Autotransporter abzuladen, um damit nach H zu fahren und die Sicherheitsleistung beizuschaffen.

Die Fahrtstrecke hat – wie bereits dargelegt – ca. 164 km betragen.

Nach Entrichtung der Sicherheitsleistung wurde dieser Pkw wieder auf

den Autotransporter aufgeladen und ist Herr J.I. mit diesem weitergefahren. –

siehe die Stellungnahme des Rechtsvertreters der Bf in der mVh vom 24.08.2015.

 

Der abgeladene PKW ist daher nicht – wie der Bf in der Maßnahmenbeschwerde behauptet – als „Pfand“ am Kontrollplatz verblieben sondern wurde vom 2. Bf verwendet um das Geld für die Sicherheitsleistung abzuholen.

 

Zu Punkte 3. und 4. – Anordnung einer Sicherheitsleistung sowie Unterbrechung der Weiterfahrt bis zu deren Entrichtung:

 

Gemäß den Vorbringen in der Maßnahmenbeschwerde – siehe Punkt 2. –

erfolgte diese Unterbrechung der Weiterfahrt bis 19:40 Uhr.

 

Aus dem vom Rechtsvertreter der Bf selbst vorgelegten „Tour-Report“ (Einzeltouren mit Standzeiten) ergibt sich, dass der 2. Bf nach Entrichtung dieser Sicherheitsleistung am selben Tag (= 19.02.2015) mit dem Autotransporter noch

von 16:35 – 18:51 Uhr: 136,0 km

von 19:02 – 19:18 Uhr:  12,6 km

von 19:44 – 22:17 Uhr: 173,8 km  und

von 22:54 – 23:35 Uhr:   40,5 km,

somit insgesamt ca. 363 km gefahren ist.

 

Die Unterbrechung der Weiterfahrt mit dem Autotransporter erfolgte somit
nicht – wie vom Rechtsvertreter der Bf behauptet – bis um 19:40 Uhr, sondern bis 16:35 Uhr; diese – angebliche – Maßnahme hat somit nicht im vom Bf behaupteten Umfang stattgefunden.

 

Bei der Verkehrskontrolle hat der amtshandelnde Polizeibeamte folgende

zwei Übertretungen festgestellt:

 

 

·     mangelnde Ladungssicherung – bedingt durch einen eingerissenen und schadhaften Gurt

·     Überschreitung der zulässigen Länge des Kraftwagenzuges.

 

Die belangte Behörde hat wegen dieser Verwaltungsübertretungen über den 2. Bf mit Straferkenntnis vom 02.11.2015, VerkR96-1606-2015 Geldstrafen verhängt.

Auf Grund der dagegen erhobenen Beschwerden wurde mit – im Instanzenzug ergangenen – Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 23. Februar 2016, LVwG-601146/6

betreffend die Verwaltungsübertretung

·     nach § 102 Abs.1 iVm § 101 Abs.1 lit.e KFG (mangelnde Ladungssicherung) die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und

·     nach § 102 Abs.1 iVm § 4 Abs.7a KFG (Überschreitung der zulässigen Länge) der Beschwerde stattgegeben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

Gemäß § 37a Abs.1 Z2 lit.a VStG kann die Behörde besonders geschulte Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigen, von Personen, welche auf frischer Tat betreten werden, eine vorläufige Sicherheit einzuheben wenn andernfalls die Strafverfolgung oder die Strafvollstreckung erheblich erschwert sein könnte.

 

Da vom einschreitenden Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes - anders als von der für die Durchführung des Strafver­fahrens zuständigen Behörde - realistischerweise nicht erwartet werden kann, aus Anlass einer polizeilichen Amtshandlung und innerhalb der dafür zur Verfügung stehenden Zeit eine alle Aspekte umfassende Beurteilung der Frage vorzunehmen, ob die Strafverfolgung (oder die Strafvollstreckung) voraussichtlich
nicht möglich wäre, verlangt § 37a Abs.1 Z2 lit.a VStG nur einen geringen Grad an Wahrscheinlichkeit: Nach dieser Bestimmung ist es bereits ausreichend, wenn die Strafver­folgung (oder die Strafvollstreckung) erheblich erschwert sein könnte, es genügt also die bloße Möglichkeit einer solchen erheblichen Erschwerung.

 

Da bei Verfahren mit Auslandsbezug in der Regel ein erheblich höherer finanzieller und zeit­licher Aufwand verbunden ist als bei anderen Verfahren, wird eine solche erhebliche Erschwernis bei einem Betretenen mit Wohnsitz im Ausland praktisch immer im Bereich des Möglichen liegen und nur selten zuverlässig ausgeschlossen werden können; gedacht werden könnte beispielsweise an einen Beschuldigten mit Wohnsitz in Deutschland, da der Rechtshilfe­verkehr mit Deutschland auf der Grundlage des ARHV BRD einwandfrei funktioniert. Kann aber im Einzelfall eine erhebliche Erschwernis nicht schon von vornherein ausgeschlossen werden, ist die Einhebung einer vorläufigen Sicherheit - dringen­der Tatverdacht vorausgesetzt - zulässig.

 

siehe Elisabeth Tallafuss, Internationale Rechtshilfe in Verwaltungsstrafsachen – ein Überblick  in 2. Verwaltungsstrafrechtliches Symposium (2015), Seite 15.

 

 

Da sowohl die 1.Bf, als auch der 2.Bf ihren Sitz bzw. Hauptwohnsitz in Lettland haben, war die vom Polizeibeamten GI H.H angeordnete Unterbrechung der Weiterfahrt bis zur Entrichtung der Sicherheitsleistung rechtmäßig.

Die Maßnahmenbeschwerden waren daher sowohl hinsichtlich der 1.Bf,

als auch hinsichtlich des 2. Bf in allen Punkten abzuweisen.

 

 

II. Verfahrenskosten:

Die belangte Behörde hat betreffend diese Maßnahmenbeschwerden

den Schriftsatz vom 11. Mai 2015, Verk01-96/97-2015 vorgelegt.

Ein behördlicher Verfahrensakt war nur hinsichtlich der in der gleichen Angelegenheit durchgeführten Verwaltungsstrafverfahren sowie Verfall der Sicherheitsleistungen, nicht jedoch betreffend die Maßnahmenbeschwerden vorhanden.

Bei den mündlichen Verhandlungen vor dem LVwG am 24.08.2015 und 15.02.2016

war kein Vertreter der belangten Behörde anwesend.

 

Somit wird der belangten Behörde jeweils nur der Schriftsatzaufwand von 368,80 € gemäß § 1 Z4 VwG-Aufwandersatzverordnung BGBl II Nr. 2013/517 zuerkannt.

 

 

III.        Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des VwGH.

Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag
der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) und/oder einer außerordentlichen Revision
beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH).

Eine Beschwerde an den VfGH ist unmittelbar bei diesem einzubringen,

eine Revision an den VwGH beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.

Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision
müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Mag. Josef Kofler

Beachte:

Die Revision wurde als unbegründet abgewiesen.

VwGH vom 18. Mai 2018, Zl.: Ra 2016/02/0139 bis 0140-3