LVwG-150732/12/DM/FE

Linz, 07.03.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Doris Manzenreiter über die Beschwerde der U L GmbH, x, vertreten durch x, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde A vom 25.6.2015, Zl. Bau 1201319 Fe, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag (Errichtung einer Lärmschutzwand – Berufung vom 30.4.2015), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 25.2.2016

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerdeführerin wird gemäß § 40 Abs. 8 Oö. ROG 1994 die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes durch Beseitigung der auf Grundstück Nr. x, EZ x, KG A, errichteten Lärmschutzwand (6 Felder entlang der Grundstücke Nr. x1 und x2 bzw. gegenüber der Grundstücke Nr. x3 und x4, alle KG A) binnen vier Monaten ab Zustellung dieser Entscheidung aufgetragen.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I. Verfahrensgang, Sachverhalt:

 

I.1. Auf Grund einer Anfrage eines Stadtrates der Stadtgemeinde A vom 25.8.2014 bezüglich der beschwerdegegenständlichen Lärmschutzwand richtete der Bürgermeister der Stadtgemeinde A mit Schreiben vom 25.8.2014 folgendes Rechtsauskunftsersuchen an das Amt der Oö. Landesregierung, Direktion Inneres und Kommunales:

 

„Betreff:   Errichtung einer Lärmschutzwand - Anzeigepflicht Baubehörde   Rechtsauskunft

 

 

 

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

 

 

In der Stadtgemeinde A ist ein Fall anhängig, bezüglich dessen wird um Rechtsauskunft ersucht.

 

 

 

bisheriger Sachverhalt:

 

Die U L GmbH, x besitzt bereits eine gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung der Ladezone West zur Be- und Entladung von LKW ohne Anhänger auf den Gstn. Nr. x2, x5 und x6 sowie für die Errichtung einer Lärmschutzwand auf den Grstn Nr. x7, x1, x5 und x2 entlang der S- und Zstraße im Standort A, je KG A. Die Genehmigung in der Fassung des Bescheides des LH von Oö vom 22.12.2003, Ge-442712/8-2003/Z/STr wurde letztlich rechtskräftig durch das VwGH Erkenntnis vom 01.07.2010, ZI. 2004/04/0166-21.

 

 

 

Mit Bescheid vom 12.12.2012, Ge20-13187-9-2012-Wg/Hd hat die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der genehmigten Betriebsanlage durch Errichtung einer neuen Zufahrt zur Ladezone West für einen Kraftwagenzug pro Tag (LKW mit Anhänger) von der Zstraße ausgehend, im Standort A, x Straße x, Gste.Nr. x8, x5, x1 und x, alle KG A erteilt.

 

 

 

zur gegenständlichen Lärmschutzwand:

 

Im mit Bescheid aus 2012 genehmigten Projekt soll die Änderung so erfolgen, dass die damals (Bescheid des LH v. Oö. v. 22.12.2003, Ge-442712/8-2003-Z/Str) genehmigte Lärmschutzwand mit einer Höhe von 5m samt gleicher Ausführung hinsichtlich Ausgestaltung und Schalldämmung unverändert bleibt, sich aber folgende Änderungen ergeben:

 

-          Zufahrt nicht mehr v. der Straße v. Westen aus zur Betriebsanlage, sondern nun v. der Zstraße vom Süden aus -> dh die früher geplante Zufahrt auf die Sstraße entfällt u. wird durch die Zufahrt im Süden ersetzt

 

-          Betriebszeiten wurden auf Mo - Fr von 06.30 Uhr bis 19.00 Uhr eingeschränkt

 

-          Zufahrt nun mit einen LKW mit Anhänger

 

Lt. Bescheid der Gewerbebehörde (Seite 3) ist die Lärmschutzwand im östlichen Bereich der Sstraße sowie im nördlichen Bereich der Zstraße Bestand. Diese Lärmschutzwand wird im südwestlichen Bereich (Zufahrt) unterbrochen ausgeführt. Der Aufbau der Lärmschutzwand entspricht der bisherigen Genehmigung. („System S", welches aus tragenden Metallstehern mit einer Holzgeflechtfüllung besteht). Die Gesamthöhe wird wie bisher genehmigt 5 m betragen. Weiters würden verkehrstechnische Auflagen vorgeschrieben (siehe Bescheid).

 

 

 

aus baurechtlicher Sicht:

 

Ortsplanungsbelange:

 

Die Ladezone selbst liegt entsprechend dem Flächenwidmungsplan Nr. 4 im Betriebsbaugebiet. Das Grst. Nr. x5, auf dem sich die geplante Umkehrschleife befindet ist teils als Betriebsbaugebiet und teils als eingeschränkten gemischten Baugebiet, „MB" gewidmet. Die Zufahrt führt über das Grst. Nr. x7 (= „MB") weiter über eine 15 m breite Zone „Bm" (=Schutzzone im Bauland) zur Zstraße.

 

 

 

Der Bebauungsplan Nr. x „Betriebsbaugebiet L", rechtswirksam seit 30.06.2000, definiert die vorangeführte Schutzzone dahingehend, dass ein bepflanzter Erdwall mit mind. 4,50 m Höhe und 15 m Breite zu errichten ist. Weiters ist in diesem Bebauungsplan mit entsprechender Signatur festgelegt, dass zwischen der F Straße und der Einmündung des Bweges in die Sstraße ein Zu- und Ausfahrtsverbot (Pkt. 8.4. der Legende) besteht.

 

 

 

Für die Baubehörde stellt sich nun die Frage, ob die von der Gewerbebehörde genehmigte Lärmschutzwand ein gemäß § 25 Abs. 1 Z. 15 anzeigepflichtiges Bauvorhaben darstellt??? Wie im SV dargestellt wurde die gewerbebehördliche Genehmigung sowie die Errichtung der Lärmschutzwand mit Bescheid v. 22.12.2003 genehmigt.

 

Gemäß § 1 Abs. 3 Z. 13 Oö. BauO 1994 war dieses Landesgesetz für Lärm- und Schallschutzwände, die nach anderen Rechtsvorschriften vorgesehen sind oder errichtet werden, nicht anzuwenden. Daher war diese Lärmschutzwand 2003 baurechtlich weder anzeige- noch bewilligungspflichtig!

 

Seit der Änderung der Bauordnung, LGB1. 96/2006 entfällt diese Z. 13.

 

 

 

Wie oben bereits dargestellt, ist die Errichtung eines Lärmschutzwalles lt. Bpl. Nr. x nicht zulässig, sondern nur die Errichtung eines Lärmschutzwalles.

 

 

 

Es stellt sich daher die Frage, ob dadurch dass die Lärmschutzwand bereits mit Bescheid v. 22.12.2003 (gewerbebehördl. Bescheid) genehmigt wurde, oder diese Bewilligung abgelaufen ist und die Errichtung daher ein bei der Baubehörde anzeigepflichtiges Bauvorhaben darstellt.

 

Dieses wäre auf Grund des rechtskräftigen Bebauungsplans Nr. x nicht genehmigungsfähig.“

 

 

 

[Anmerkung: Der Verwaltungsgerichtshof hat in der angeführten Entscheidung vom 1.7.2010, 2004/04/0166, über die Beschwerde der Bf gegen den (damals) Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit wegen Verletzung der Entscheidungspflicht betreffend die Erledigung der Berufung der Nachbarn gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 22.12.2003, Ge-442712/8-2003-Z/Str, betreffend die Genehmigung der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage in der Sache selbst entschieden und der Berufung der Nachbarn keine Folge gegeben.]

 

I.2. Im Aktenvermerk der Baubehörde vom 28.8.2014 wurde festgehalten, dass an diesem Tage ein Ortsaugenschein mit dem amtlichen Bausachverständigen erfolgt sei und festgestellt werden konnte, dass Herr DI F L mit der Errichtung der Lärmschutzwand auf den Grundstücken Nr. x1 und x2, KG A, begonnen habe. Zur Beweissicherung seien drei Fotos angefertigt worden.

 

I.3. Mit Rechtsauskunft des Amtes der Oö. Landesregierung, Direktion Inneres und Kommunales, vom 2.3.2015 wurde Folgendes ausgeführt:

 

Ihre Anfrage bezieht sich auf eine fünf Meter hohe Lärmschutzwand, die erstmals mit Bescheid aus dem Jahr 2003 gewerbebehördlich genehmigt worden ist. Eine weitere gewerbebehördliche Genehmigung wurde im Jahr 2012 erteilt und betrifft Änderungen der Betriebsanlage, die sich un­ter anderem auch auf die Lärmschutzwand bezogen.

 

Nach Ihren Angaben sollte dabei die bauliche Gestaltung der Lärmschutzwand (insb. auch die Hö­he) unverändert bleiben, allerdings wird sie in einem bestimmten Teilbereich im Zusammenhang mit einer Zufahrt unterbrochen ausgeführt.

 

 

 

Unklar war nach Ihren Ausführungen zunächst, ob die Lärmschutzwand überhaupt entsprechend der im Jahr 2003 erteilten Genehmigung errichtet worden ist. Eine telefonische Nachfrage bei Ihnen hat dann ergeben, dass die Lärmschutzwand offenbar nur teilweise errichtet wurde, während in den übrigen Bereichen dieses Bauwerk nicht oder zumindest nicht vollständig ausgeführt wor­den ist.

 

Zu diesem Sachverhalt fragen Sie nun an, ob die Lärmschutzwand, die nach der zum Zeitpunkt der gewerbebehördlichen Genehmigung aus dem Jahr 2003 geltenden Rechtslage unter die Aus­nahmebestimmung des § 1 Abs. 3 Z. 13 Oö. BauO 1994 gefallen ist, nach den aktuellen Bestim­mungen einer Bauanzeige bedarf.

 

Dazu können wir Ihnen - allerdings vorbehaltlich einer allfälligen anderslautenden verwaltungs­gerichtlichen Judikatur - Folgendes mitteilen:

 

 

 

Gemäß § 1 Abs. 3 Z. 13 Oö. BauO 1994 in der bis zur Oö. Bauordnungs-Novelle 2006 geltenden Fassung waren Lärm- und Schallschutzwände, die nach anderen Rechtsvorschriften vorgesehen oder errichtet werden, vom Geltungsbereich der Oö. BauO 1994 ausgenommen. Mit der genann­ten Novelle wurde diese Bestimmung ersatzlos aufgehoben.

 

Nach Auffassung der Direktion Inneres und Kommunales greift dieser Ausnahmetatbestand nur bei Bauten, die bereits vor Inkrafttreten der Oö. Bauordnungs-Novelle 2006 errichtet worden sind. Mit anderen Worten: Für Lärmschutzwände, die erst nach diesem Zeitpunkt (also ab dem 01.09.2006) ausgeführt wurden, gelten die Vorschriften der Oö. Bauordnung 1994, und zwar auch dann, wenn sie nach anderen Rechtsvorschriften vorgesehen waren oder errichtet werden sollten, mithin auch dann, wenn sie bereits vor dem 01.09.2006 gewerbebehördlich genehmigt wurden.

 

Im gegenständlichen Fall wäre also zu prüfen, in welchen Teilbereichen die Lärmschutzwand be­reits vor dem 01.09.2006 fertiggestellt wurde. Für diese Teile besteht unseres Erachtens keine Bauanzeigepflicht, da bestehende bauliche Anlagen, die bei ihrer Errichtung vom Geltungsbe­reich der Oö. BauO 1994 ausgenommen waren, nach unserem Rechtsverständnis nicht nach­träglich einem Anzeigeverfahren hinsichtlich eines Tatbestands zu unterziehen sind, der erst nach ihrer Fertigstellung in Kraft getreten ist.

 

 

 

Vice versa bedeutet dies, dass überall dort, wo die Lärmschutzwand nicht, nicht vollständig oder nicht entsprechend der gewebebehördlichen Genehmigung errichtet worden ist und auch dort, wo die im Jahr 2003 gewerbebehördlich genehmigte Lärmschutzwand wieder geändert wurde bzw. geändert werden soll, eine Anzeigepflicht nach § 25 Abs. 1 Z. 15 Oö. BauO 1994 gegeben ist.

 

…“

 

 

 

I.4. In einem weiteren Aktenvermerk der Baubehörde vom 5.3.2015 wurde festgehalten, dass der Amtssachverständige ersucht worden sei, eine freistehende Wand auf den Grundstücken Nr. x1 und x2, KG A, zu besichtigen und eine Stellungnahme abzugeben. Bei der an diesem Tag durchgeführten Besichtigung sei beobachtet worden, dass auf den Grundstücken mit der Errichtung einer freistehenden Wand bereits begonnen worden sei. Es seien mehrere Stahlstützen mit regelmäßigem Abstand entlang der Straßengrundgrenze der südwestlich vorbeiführenden Gemeindestraße (Schwallstraße) aufgestellt und teilweise mit Holzelementen befüllt worden. Während einige Felder zwischen den Stahlstützen noch nicht mit Füllelementen geschlossen worden seien, seien bereits mehrere Felder an der Sstraße und in der Nähe vom Kreuzungsbereich Sstraße/Zstraße geschlossen worden. Dadurch sei eine freistehende Wand mit einer Länge von ca. 20 bis 25 m und einer Höhe von ca. 5 bis 6 m entstanden. Der Abstand zu den Straßengrundgrenzen sei nicht bekannt. Zur Beweissicherung seien vier Fotos angefertigt worden.

 

I.5. Mit Schreiben vom 6.3.2015 wurde sowohl Herrn DI F L als auch der U L GmbH (= Beschwerdeführerin, kurz: Bf) das bisherige Ermittlungsergebnis zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt.

 

Mit Stellungnahme vom 10.4.2015 teilten Herr DI F L sowie die Bf durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter daraufhin mit, die angesprochene gemäß LH‑Bescheid vom 22.12.2003 erteilte gewerbebehördliche Genehmigung der nunmehr beanstandeten Lärmschutzwand sei erst mit VwGH‑Erkenntnis 2004/04/0166‑21 vom 1.7.2010 letztlich rechtskräftig und damit unanfechtbar, unwiederholbar ("entschiedene Sache") und verbindlich geworden, mag auch diesbezüglich die seinerzeitige Ausnahmebestimmung des § 1 Abs. 3 Z 13 Oö. BauO 1994 schon mit 1.9.2006 aufgehoben worden sein. Insofern existiere daher auch kein Rechtssatz, dass obiger Ausnahmetatbestand nur bei solchen Bauten gelten solle, die bereits vor dem 1.9.2006 errichtet worden seien, solange sie schon vor diesem Stichtag gemäß Bescheid vom 22.12.2003 vorgesehen ("ODER-Tatbestand") gewesen seien. Damit unterliege aber die gegenständliche rechtsgültig nach der Gewerbeordnung vorgesehene und vom VwGH konsentierte Lärmschutzwand auch keiner nachträglichen baurechtlichen Anzeigepflicht mehr. Anzumerken sei, dass Teilbereiche der Lärmschutzwand, nämlich die senkrechten I‑Träger entlang des Grundstückes x9 ohnedies bereits vor dem 1.9.2006 fertig gestellt worden seien. Weiters sei anzumerken, dass eine dennoch rückwirkend verfügte Anzeigepflicht mangels gesetzlicher Grundlage auch mit dem verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz kollidieren müsste.

 

I.6. Daraufhin erging mit Bescheid des Bürgermeisters als Baubehörde erster Instanz vom 15.4.2015 der auf § 49 Oö. BauO 1994 gestützte baupolizeiliche Auftrag sowohl an Herrn DI F L als auch an die Bf, die konsenslos errichtete Lärmschutzwand auf den Grundstücken Nr. x1 und 2, KG A, (entlang der Sstraße) binnen zwei Monaten (ab Zustellung dieses Bescheides) zu beseitigen und den rechtmäßigen Zustand wieder herzustellen. Begründet wurde dies zusammengefasst damit, dass die beschwerdegegenständliche Lärmschutzwand im Bereich „Ladezone West“, entlang der Sstraße/Zstraße, zum Zeitpunkt 1.9.2006 in keinem Teilbereich fertiggestellt gewesen sei, sondern lediglich Metallsteher errichtet worden seien, eine Verfüllung/Fertigstellung in Teilbereichen (= 5 Felder) jedoch erst im Sommer 2014 erfolgt sei. Für diese Lärmschutzwand, die daher erst nach dem Zeitpunkt 1.9.2006 ausgeführt worden sei, würden die Vorschriften der Oö. BauO 1994 gelten, und zwar auch dann, wenn sie wie im vorliegenden Fall nach anderen Rechtsvorschriften vorgesehen oder errichtet werden sollten, mithin auch dann, wenn sie bereits vor dem 1.9.2006 gewerbebehördlich genehmigt worden seien. Es bestehe somit eine Anzeigepflicht gemäß § 25 Abs. 1 Z. 15 Oö. BauO 1994. Der rechtswirksame Bebauungsplan Nr. x „Betriebsbaugebiet L“ definiere die in diesem Bereich definierte Schutzzone dahingehend, dass ein bepflanzter Erdwall mit mindestens 4,50 m Höhe und 15 m Breite zu errichten sei. Weiters sei in diesem Bebauungsplan festgelegt, dass zwischen der F Straße und der Einmündung des Bweges in die Sstraße ein Zu- und Ausfahrtsverbot bestehe.

 

I.7. In der dagegen erhobenen Berufung vom 30.4.2015 wurde zunächst im Wesentlichen wie in der Stellungnahme vom 10.4.2015 argumentiert und darüber hinaus auch vorgebracht, dass die gegenständliche Lärmschutzwand im Alleineigentum der Zweiteinschreiterin (= Bf) stehe, weshalb mangelnde Passivlegitimation des Ersteinschreiters (DI F L) als Bescheidadressat eingewendet werde. Auch sei der Baubehörde darin zu widersprechen, dass gegenständlich eine Baubewilligung nach der maßgeblichen Rechtslage nicht erteilt werden könne. Wenn der maßgebliche Bebauungsplan Nr. x als Schutzzone im Bauland einen mindestens 4,5 m hohen bepflanzten Lärmschutzwall vorschreibe, sei darin kein unheilbarer Widerspruch zur gegenständlichen mit Holzelementen verfüllten Lärmschutzwand in der Höhe von ca. 5 m zu erblicken. Beide Schutzbauten dienten der Abschirmung betrieblicher auf das angrenzende Wohngebiet einwirkender Lärmimmissionen, wobei durch eine um ca. 0,5 m höhere Lärmschutzwand sogar ein „Mehr an Immissionsschutz“ erreichen würde. Anzumerken sei weiters, dass gemäß § 32 Abs. 2 Z. 12 Oö. ROG 1994 im Bebauungsplan auch Bestimmungen über Einfriedungen, Lärm- und Schallschutzwände sowie ähnliche Umweltein-richtungen festgelegt werden können, allerdings die eigentumsbeschränkende Anordnung eines – wie hier – 15 m breiten Erdwalls auf Kosten eines fremden privaten Grundeigentümers als unverhältnismäßiger Eigentumseingriff unzulässig wäre, wenn dessen das gleiche Planungsziel verfolgender Schutzzweck lärmtechnisch auch durch eine erheblich weniger Privatgrund in Anspruch nehmende moderne Lärmschutzwand erreicht werden könne.

 

I.8. Mit dem nun angefochtenen Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde A (= belangte Behörde) wurde unter Spruchpunkt 1. der Berufung des DI F L auf Grund der mangelnden Passivlegitimation Folge gegeben und der Bescheidadressat entsprechend berichtigt - alleiniger Bescheidadressat sei nunmehr die Bf. Unter Spruchpunkt 2. wurde der Berufung der Bf keine Folge gegeben. Der erstinstanzliche Bescheid wurde dahingehend berichtigt, dass die angeführten Grundstücke Nr. x1 und x2, beide KG A, durch das Grundstück Nr. x, EZ x, KG Ax, ersetzt wurde, die Lage der Lärmschutzwand präzisiert und die vorgeschriebene Frist von zwei Monaten entsprechend angepasst wurde. Ansonsten wurde der Bescheid vollinhaltlich bestätigt. Der Spruch des Bescheides lautet wie folgt: "Die konsenslos errichtete Lärmschutzwand auf dem Grst. x, EZ x, KG A (6 Felder entlang der Grundstücke x1 und x2 bzw. gegenüber der Grst´e x3 u. x4, alle KG A) ist binnen zwei Monaten (ab Zustellung dieses Bescheides) zu beseitigen und der rechtmäßige Zustand wieder herzustellen". In der Begründung wurde festgehalten, dass gemäß § 66 AVG das Ermittlungsverfahren entsprechend ergänzt worden sei und auf Grund einer vorliegenden Vermessung des DI L vom 8.5.2015 (Anmerkung: die Vermessung erfolgte auf Grund eines Auftrages der Stadtgemeinde A und wurde im angefochtenen Bescheid abgebildet) festgestellt habe werden können, dass sich die Lärmschutzwand zur Gänze auf dem Grundstück Nr. x, KG A, befinde. In der rechtlichen Begründung wurde im Wesentlichen festgehalten, dass mit der gewerbebehördlichen Genehmigung vom 22.12.2003 die Errichtung der Lärmschutzwand genehmigt worden sei. Zu diesem Zeitpunkt sei gemäß § 1 Abs. 3 Z 13 Oö. BauO 1994 dieses Landesgesetz für Lärm- und Schallschutzwände, die nach anderen Rechtsvorschriften vorgesehen seien oder errichtet würden, nicht anzuwenden. Daher sei diese Lärmschutzwand 2003 baurechtlich weder anzeige- noch bewilligungspflichtig gewesen. Seit der Änderung der Oö. BauO 1994 mit LGBl. Nr. 96/2006 entfalle diese Z 13. Es sei daher für die Behörde die Rechtsfrage zu klären gewesen, ob diese Lärmschutzwand bereits mit Bescheid vom 22.12.2003 (gewerbebehördlicher Bescheid) genehmigt worden sei bzw. diese Bewilligung noch immer aufrecht ist, oder ob die Errichtung bzw. weitere Ausführung/Verfüllung der bereits bestehenden Eisenständer ein bei der Baubehörde anzeigepflichtiges Bauvorhaben gemäß § 25 Abs. 1 Z 14 Oö. BauO 1994 darstelle. Der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs. 3 Z 13 Oö. BauO 1994 in der bis zur Oö. Bauordnungs-Novelle 2006 geltenden Fassung greife nur bei Bauten, die bereits vor Inkrafttreten der Oö. Bauordnungs-Novelle errichtet worden seien, d.h. es sei zu prüfen, ob die Lärmschutzwand in Teilbereichen bereits vor dem 1.9.2006 fertig gestellt worden sei. Mit anderen Worten: Für Lärmschutzwände, die erst nach diesem Zeitpunkt (also ab dem 1.9.2006) ausgeführt worden seien, gelten die Vorschriften der Oö. BauO 1994, und zwar auch dann, wenn sie nach anderen Rechtsvorschriften vorgesehen waren oder errichtet werden sollten, mithin auch dann, wenn sie bereits vor dem 1.9.2006 gewerbebehördlich genehmigt worden seien. Im gegenständlichen Fall stehe eindeutig fest, dass die Lärmschutzwand im Bereich "Ladezone West" entlang der Sstraße/Zstraße zum Zeitpunkt 1.9.2006 in keinem Teilbereich fertig gestellt gewesen sei, sondern lediglich Metallsteher errichtet worden seien, eine Verfüllung/Fertigstellung in Teilbereichen (= fünf Felder) sei erst im Sommer 2014 erfolgt. Für diese Lärmschutzwand, die daher erst nach diesem Zeitpunkt (also ab dem 1.9.2006) ausgeführt worden sei, würden die Vorschriften der Oö. BauO 1994 gelten, und zwar auch dann, wenn sie, wie im vorliegenden Fall, nach anderen Rechtsvorschriften vorgesehen oder errichtet werden sollten, mithin auch dann, wenn sie bereits vor dem 1.9.2006 gewerbebehördlich genehmigt worden seien. Es bestehe daher für die Lärmschutzwand, die zwar im Jahr 2003 gewerbebehördlich genehmigt worden sei, aber nicht vollständig errichtet worden sei, eine Anzeigepflicht gemäß § 25 Abs. 1 Z 15 Oö. BauO 1994. Die Möglichkeit, nachträglich die Bewilligung zu erlangen, könne nicht eingeräumt werden, da die Lärmschutzwand dem rechtswirksamen Bebauungsplan Nr. x "Betriebsbaugebiet L" widerspreche. Die in diesem Bereich definierte Schutzzone sehe vor, dass ein bepflanzter Erdwall mit mindestens 4,50 m Höhe und 15 m Breite zu errichten sei. Weiters sei in diesem Bebauungsplan festgelegt, dass zwischen der F Straße und der Einmündung des Bweges in die Sstraße ein Zu- und Ausfahrtsverbot bestehe (Pkt. 8.4. der Legende des Bebauungsplanes). Die errichtete Lärmschutzwand stelle daher einen unheilbaren Widerspruch zum geplanten Lärmschutzwall dar. Das Argument, dass beide Schutzbauten der Abschirmung von Lärmimmissionen dienen, könne diesen Widerspruch keinesfalls heilen.

 

I.9. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Bf vom 24.7.2015, mit welcher der angefochtene Bescheid - ausgenommen Spruchpunkt I. - im vollen Umfang angefochten wurde. Begründet wurde diese im Wesentlichen wie in den zuvor bereits eingebrachten Schriftsätzen.

I.10. Mit Vorlageschreiben vom 30.7.2015, eingelangt am 4.8.2015, legte die belangte Behörde die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vor.

 

I.11. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat am 25.2.2016 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. Die Bf war vertreten durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter, anwesend waren weiters ein informierter Vertreter der Bf und eine Vertreterin der belangten Behörde. Die Sachlage wurde erörtert. Die Vertreterin der belangten Behörde teilte mit, dass das beschwerdegegenständliche Grundstück Nr. x, KG A, im Zeitpunkt der Erlassung des hier maßgeblichen gewerbebehördlichen Bescheides vom 22.12.2003 noch nicht existierte. Dieses sei erst später herausgemessen worden.

 

 

II. Feststellungen, Beweiswürdigung:

 

II.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der Behörde (samt der Schriftsätze der Bf), Einholung eines Grundbuchsauszuges betreffend das beschwerdegegenständliche Grundstück der Bf, Auszug aus dem Digitalen Oberösterreichischen Raum-Informations-System (DORIS) sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 25.2.2016.

 

II.2. Folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt steht fest:

 

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 22.12.2003, Zl. Ge-442712/8-2003-Z/Str, wurde der Bf unter Spruchpunkt II. u.a. die gewerbebehördliche Bewilligung für die Errichtung einer Lärmschutzwand auf den Grundstücken Nr. x7, x1, x5 und x2, je KG A, entlang der Sstraße und der Zstraße nach Maßgabe der vorliegenden Projektunterlagen erteilt.

 

Auf dem Grundstück Nr. x, KG A, wurden in Ausführung der beschwerde-gegenständlichen Lärmschutzwand jedenfalls vor dem Stichtag 1.9.2006 zunächst Metallsteher (I-Profile samt Fundament) aufgestellt und mit einem 0,5 m hohen Betonsockel verfüllt. Die restliche Verfüllung mit Holzelementen im Bereich von sechs Feldern erfolgte sodann im Jahr 2014. Diese Lärmschutzwand befindet sich im Bereich der Ecke Schwallstraße/Zeughausstraße entlang der Grundstücke Nr. x1 und x2 bzw. gegenüber den Grundstücken Nr. x3 und x4, alle KG A.

 

Das Grundstück Nr. x, KG A, befindet sich im Alleineigentum der Bf. Diese ist Eigentümerin der beschwerdegegenständlichen Lärmschutzwand.

 

II.3. Der hier entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt, insbesondere aus den Aktenvermerken der Baubehörde vom 28.8.2014 und vom 5.3.2015, sowie aus dem eingeholten Grundbuchsauszug zum beschwerdegegenständlichen Grundstück und dem im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 25.2.2016 durchgeführten Ermittlungsverfahren.

 

 

III. Maßgebliche Rechtslage:

 

Nach § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und Z 4) zu überprüfen.

 

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

 

III.1. Die hier relevante Bestimmung der Oö. Bauordnung 1994 (Oö. BauO 1994), LGBl. Nr. 66/1994, in der Fassung LGBl. Nr. 70/1998, bis zur Oö. Bauordnungs-Novelle 2006, LGBl. Nr. 96/2006, lautet auszugsweise wie folgt:

 

㤠1

Geltungsbereich

 

[…]

(3) Dieses Landesgesetz gilt nicht für

[…]

13. Lärm- und Schallschutzwände, die nach anderen Rechtsvorschriften vorgesehen sind oder errichtet werden;

[…]“

 

III.2. Die hier relevanten Bestimmungen der Oö. Bauordnung 1994 (Oö. BauO 1994), LGBl. Nr. 66/1994, lauten seit der Oö. Bauordnungs-Novelle 2006 unverändert auszugsweise wie folgt:

 

㤠1

Geltungsbereich

 

[…]

(3) Dieses Landesgesetz gilt nicht für

[…]

13. Entfallen;

[…]

§ 25

Anzeigepflichtige Bauvorhaben

 

(1) Folgende Bauvorhaben sind der Baubehörde vor Beginn der Bauausführung anzuzeigen (Bauanzeige), soweit § 26 nichts anderes bestimmt:

[…]

15. die Errichtung von Lärm- und Schallschutzwänden mit einer Höhe von mehr als drei Meter über dem jeweils tiefer gelegenen Gelände.

[…]

 

§ 49

Bewilligungslose bauliche Anlagen

 

(1) Stellt die Baubehörde fest, daß eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage ohne Baubewilligung ausgeführt wird oder bereits ausgeführt wurde, hat sie - unabhängig von § 41 - dem Eigentümer der baulichen Anlage mit Bescheid aufzutragen, entweder nachträglich innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist die Baubewilligung zu beantragen oder die bauliche Anlage innerhalb einer weiters festzusetzenden angemessenen Frist zu beseitigen und gegebenenfalls den vorigen Zustand wiederherzustellen. Die Möglichkeit, nachträglich die Baubewilligung zu beantragen, ist dann nicht einzuräumen, wenn nach der maßgeblichen Rechtslage eine Baubewilligung nicht erteilt werden kann.

[…]

(6) Stellt die Baubehörde fest, daß eine baubehördlich nicht bewilligungspflichtige bauliche Anlage nicht entsprechend den für sie geltenden bau- oder raumordnungsrechtlichen Bestimmungen, insbesondere jenen des Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans, ausgeführt wird oder bereits ausgeführt wurde, hat sie dem Eigentümer mit Bescheid die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist aufzutragen. § 48 Abs. 7 gilt sinngemäß.

 

III.3. Die hier maßgebliche Bestimmung nach dem Oö. Raumordnungsgesetz 1994 (Oö. ROG 1994), LGBl. Nr. 114/1993, lautet seit der Oö. Raumordnungsgesetz-Novelle 1997, LGBl. Nr. 83/1997, wie folgt:

 

㤠40

Schlussbestimmungen

 

(8) Stellt die Baubehörde fest, daß eine bauliche Anlage nicht entsprechend diesem Landesgesetz ausgeführt wurde oder ausgeführt oder verwendet wird, hat sie - soweit nicht eine entsprechende Maßnahme nach der Oö. Bauordnung 1994 zu setzen ist - dem Eigentümer mit Bescheid die Herstellung des rechtmäßigen Zustands innerhalb einer angemessenen Frist aufzutragen oder, wenn dies tatsächlich nicht möglich ist, die Verwendung der baulichen Anlage zu untersagen. § 57 Abs. 1 Z 11 und Abs. 2 der Oö. Bauordnung 1994 gelten.

…“

 

III.4. Der Bebauungsplan Nr. x „Betriebsbaugebiet L“, beschlossen im Gemeinderat der Stadtgemeinde A am 11.5.2000, aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom 7.6.2000, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel in der Zeit von 14.6.2000 bis 30.6.2000, sieht entlang der Sstraße auf den Grundstücken Nr. x, x2, x1, alle KG A, eine 15 m breite Schutzzone im Bauland vor, gestaltet als bepflanzten Erdwall (mit Schnittdarstellung). In den Erläuterungen zum Bebauungsplan wird dazu Folgendes festgehalten:

 

„15. Lärmschutz:

Der planlich dargestellte Lärmschutzwall ist mindestens 4,50 m hoch und mit heimischen, standortgerechten Sträuchern/Bodendeckern bepflanzt auszuführen.

Die notwendigen lärmschutztechnischen Maßnahmen sind auf Kosten der Grundeigentümer zu errichten und zu erhalten, auf deren Grundstücken der Lärmschutzwall planlich festgelegt ist.“

 

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat gemäß § 27 VwGVG erwogen:

 

IV.1. Die belangte Behörde hat den hier angefochtenen Beseitigungsauftrag in der Annahme, dass es sich bei der beschwerdegegenständlichen Lärmschutzwand um eine konsenslose bauliche Anlage handelt, auf § 49 Abs. 1 und Abs. 6 Oö. BauO 1994 gestützt.

 

§ 49 Abs. 1 Oö. BauO 1994 regelt den Fall, dass eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage ohne Baubewilligung ausgeführt wird oder wurde, wobei diese Bestimmung sinngemäß auch für anzeigepflichtige bauliche Anlagen gilt (§25a Abs. 5 Z. 1 und 2 Oö. BauO 1994). Die Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages nach § 49 Abs. 1 Oö. BauO 1994 setzt voraus, dass die den Gegenstand des Verfahrens bildende bauliche Anlage sowohl im Zeitpunkt ihrer Errichtung als auch im Zeitpunkt der Erlassung des behördlichen Auftrages bewilligungspflichtig (anzeigepflichtig) war bzw. ist. Für die Klärung der Frage aber, ob die Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung (Kenntnisnahme einer Bauanzeige) im Zeitpunkt der Erlassung des Abbruchauftrages möglich ist, ist die in diesem Zeitpunkt geltende Rechtslage maßgeblich (vgl. VwGH 29.4.2015, 2013/05/0025).

 

Gemäß § 49 Abs. 6 Oö. BauO 1994 hat die Baubehörde dem Eigentümer mit Bescheid die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes aufzutragen, wenn sie feststellt, dass eine baubehördlich nicht bewilligungspflichtige bauliche Anlage nicht entsprechend den für sie geltenden bau- oder raumordnungsrechtlichen Bestimmungen ausgeführt wird oder bereits ausgeführt wurde.

 

Da unter „maßgeblicher Rechtslage“ in § 49 Abs. 1 letzter Satz Oö. BauO 1994 jedenfalls auch die in Abs. 6 genannten bau- und raumordnungsrechtlichen Bestimmungen zu verstehen sind, erübrigt sich, wenn ein solcher Widerspruch zu bau- und raumordnungsrechtlichen Bestimmungen besteht, eine Differenzierung dahingehend, ob eine bewilligungspflichtige, anzeigepflichtige oder bau- und anzeigefreie Ausführung vorliegt. Es muss sich nur um eine „bauliche Anlage“ handeln (vgl. VwGH 17.4.2012, 2009/05/0063; 24.4.2007, 2006/05/0054 ua).

 

IV.2. Die beschwerdegegenständliche Lärmschutzwand weist eine Höhe von ca. 5 bis 6 m auf und ist seit der Oö. Bauordnungs-Novelle 2006 grundsätzlich anzeigepflichtig gemäß § 25 Abs. 1 Z. 15 Oö. BauO 1994. Die Bf beruft sich jedoch bezüglich des Bestehens eines Konsenses für diese Lärmschutzwand auf den gewerbebehördlichen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 22.12.2003, Ge-442712/8-2003-Z/Str, mit welchem „die Errichtung einer Lärmschutzwand auf den Grundstücken x7, x1, x5 und x2, je KG A, entlang der Sstraße und Zstraße“ nach Maßgabe der vorgelegten Projektsunterlagen genehmigt wurde. Dass der nun angefochtene Bescheid als Situierung der Lärmschutzwand das Grundstück Nr. x, KG A, angibt, ergibt sich daraus, dass dieses Grundstück später aus den oben angeführten Grundstücken heraus-gemessen wurde.

 

Im Zeitpunkt der Erlassung dieses gewerbebehördlichen Genehmigungsbescheides galt die Oö. BauO 1994 gemäß § 1 Abs. 3 Z. 13 nicht für „Lärm- und Schallschutzwände, die nach anderen Rechtsvorschriften vorgesehen sind oder errichtet werden“. Ein Konsens nach der Oö. BauO 1994 musste daher zu diesem Zeitpunkt für die gegenständliche Lärmschutzwand, deren Metallsteher (I-Profile samt Fundament) in der Zeitspanne zwischen Erlassung dieses Gewerbebescheides und dem Stichtag 1.9.2006 (Inkrafttreten der Oö. Bauordnungs-Novelle 2006, mit der Lärmschutzwände wieder in das Regelungsregime der Oö. BauO 1994 aufgenommen wurden) aufgestellt und mit einem 0,5 m hohen Betonsockel verfüllt wurden, nicht erwirkt werden.

 

IV.3. Allerdings ist das gegenständliche Grundstück, auf welchem sich die beschwerdegegenständliche Lärmschutzwand befindet, vom Bebauungsplan Nr. x „Betriebsbaugebiet L“ erfasst. Dieser ist seit 30.6.2000 bis heute rechtswirksam (siehe dazu auch das zu diesem Bebauungsplan, allerdings hinsichtlich eines anderen Grundstücks, ergangene Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27.2.205, V 123-124/2014).

 

Dieser Bebauungsplan sieht entlang der Sstraße auf den Grundstücken Nr. x, x2, x1, alle KG A, eine 15 m breite Schutzzone im Bauland vor, gestaltet als bepflanzten Erdwall (mit Schnittdarstellung). In den Erläuterungen zum Bebauungsplan wird dazu Folgendes festgehalten:

 

„15. Lärmschutz:

Der planlich dargestellte Lärmschutzwall ist mindestens 4,50 m hoch und mit heimischen, standortgerechten Sträuchern/Bodendeckern bepflanzt auszuführen.

Die notwendigen lärmschutztechnischen Maßnahmen sind auf Kosten der Grundeigentümer zu errichten und zu erhalten, auf deren Grundstücken der Lärmschutzwall planlich festgelegt ist.“

 

Nach dem Kumulationsprinzip bzw. der Gesichtspunktetheorie können für ein und denselben Gegenstand (bestimmter Lebenssachverhalt) verschiedene Bewilligungen notwendig sein (vgl. etwa auch VwGH 31.5.2012, 2010/06/0203 mit Hinweis auf VfGH 22.6.1995, VfSlg. 14178). Im gewerbebehördlichen Verfahren wird die Übereinstimmung mit den Bestimmungen des Oö. ROG 1994 nicht geprüft. Die beschwerdegegenständliche Lärmschutzwand widerspricht dem Regelungsinhalt des hier anzuwendenden Bebauungsplanes, der als Lärmschutz explizit und ausschließlich einen mit standortgerechten Sträuchern bzw. Bodendeckern bepflanzten Lärmschutzwall vorsieht. Der Ansicht der Bf, wonach in Bezug auf diese Regelung im Bebauungsplan kein unheilbarer Widerspruch zur gegenständlichen mit Holzelementen verfüllten Lärmschutzwand in der Höhe von ca. 5 m erblickt werden kann, weil beide Schutzbauten der Abschirmung betrieblicher Lärmimmissionen dienten, kann nicht gefolgt werden. In Ansehung der Regelung betreffend den Inhalt eines Bebauungsplanes in § 32 Oö. ROG 1994 (insbesondere Abs. 2 Z. 10 bis Z. 12) kann ein Bebauungsplan auch gestalterische Vorgaben machen und liegt es wohl auf der Hand, dass eine Lärmschutzwand anders in Erscheinung tritt als ein bepflanzter Erdwall, weshalb dem Verordnungsgeber nicht unterstellt werden kann, dass er – obwohl er explizit von einem Erdwall spricht – auch eine Lärmschutzwand für zulässig erachten wollte.

 

IV.4. Fest steht daher, dass die beschwerdegegenständliche Lärmschutzwand sowohl im Zeitpunkt (zwischen Ende 2003 und 2006), in dem mit deren Errichtung begonnen wurde (Metallsteher/I-Profile samt Fundament und 0,5 m hoher Betonsockel), als auch im Zeitpunkt (2014), in dem diese Metallsteher mit Holzelementen verfüllt wurden, und auch noch im Zeitpunkt dieser verwaltungsgerichtlichen Entscheidung dem hier rechtswirksamen Bebauungsplan „Betriebsbaugebiet L“ widersprochen hat bzw. widerspricht.

 

IV.5. Gemäß § 40 Abs. 8 Oö. ROG 1994 hat die Baubehörde, wenn sie feststellt, dass eine bauliche Anlage nicht entsprechend dem Oö. ROG 1994 ausgeführt wurde oder ausgeführt oder verwendet wird, – soweit nicht eine entsprechende Maßnahme nach der Oö. BauO 1994 zu setzen ist – dem Eigentümer mit Bescheid die Herstellung des rechtmäßigen Zustands innerhalb einer angemessenen Frist aufzutragen.

 

Es kann nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich daher dahingestellt bleiben, ob für die beschwerdegegenständliche Lärmschutzwand ein (für ein Verfahren nach § 49 Oö. BauO 1994 maßgeblicher) Konsens aus dem gewerbebehördlichen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 22.12.2003 besteht, weil jedenfalls damals wie heute ein Widerspruch zum Bebauungsplan vorliegt und somit ein Handlungsbedarf für die Baubehörde gegeben ist. Die belangte Behörde hat daher unter Hinweis auf den Widerspruch der Lärmschutzwand zum hier maßgeblichen Bebauungsplan zu Recht einen (unbedingten) Beseitigungsauftrag erlassen. Dass dieser gemäß § 25a Abs. 5 Z. 2 Oö. BauO 1994 auf § 49 leg.cit gestützt wurde und das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich diesen Entfernungsauftrag nun auf § 40 Abs. 8 Oö. ROG 1994 stützt, schadet nicht, da die Rechtsfolge dieselbe ist (vgl. insb VwGH 18.11.2014, 2012/05/0186; aber auch VwGH 20.10.2009, 2008/05/0265).

 

V. Im Ergebnis erging von der belangten Behörde daher zu Recht der Auftrag an die Bf, die widmungwidrig errichtete bauliche Anlage auf dem Grundstück Nr. x, EZ x, KG A, zu beseitigen. Die Erfüllungsfrist wurde im Hinblick auf das ebenfalls beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich anhängige Verfahren bezüglich einer weiteren Lärmschutzwand (LVwG-150733-2015) von zwei Monaten auf vier Monate ab Zustellung dieser Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts verlängert. Diese Erfüllungsfrist ist angemessen, da die Frist geeignet ist, der Bf als Leistungspflichtigen unter Anspannung aller ihrer Kräfte nach der Lage des konkreten Falles die Erfüllung der aufgetragenen Leistung zu ermöglichen (vgl. VwGH 27.5.2004, 2003/07/0074 ua). Die Bf konnte daher mit ihrer Beschwerde keine Verletzung in ihren subjektiven Rechten aufzeigen.

 

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Doris Manzenreiter

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VfGH vom 9. Juni 2016, Zl.: E 645/2016-3

Beachte:

Die Revisionen wurden zurückgewiesen.

VwGH vom 29. September 2016, Zl. Ra 2016/05/0078, 0079-3