LVwG-300844/7/Kl/PP

Linz, 17.12.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde des Herrn H.H., T., vertreten durch Rechtsanwälte P. Anwaltspartnerschaft, x, L., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 10. September 2015, Ge96-33-2015, wegen Verwaltungsüber­tretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde hinsichtlich der Schuld als unbegründet abgewiesen. Hinsichtlich der Strafe wird der Beschwerde insofern stattgegeben, als die Geldstrafen je Delikt auf 600 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit die Ersatzfreiheits­strafen jeweils auf 24 Stunden herabgesetzt werden.

 

II.      Gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG ermäßigt sich der Kostenbeitrag erster Instanz auf insgesamt 240 Euro, das sind 10 % der ver­hängten Geldstrafen.

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG entfällt ein Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 10. September 2015, Ge96-33-2015, wurden über den Beschwerdeführer jeweils in zwei Fällen Geldstrafen von zweimal 830 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit jeweils 36 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung nach 1. § 87 Abs. 2 und §§ 7 bis 10 Bauarbeiterschutzverordnung iVm §§ 118 Abs. 3 und 130 Abs. 5 Z 1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz und 2. § 36 Abs. 3 Arbeitsmittelver­ordnung iVm § 130 Abs. 1 Z 16 des Arbeitnehmer­Innenschutzgesetzes verhängt, weil er als verwaltungsstrafrechtlicher verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der H.H. Gesellschaft m.b.H. (Industrielle Ausübung des Sägergewerbes und industrielle Erzeugung von Holzprodukten im Standort T., x) zu verantworten hat, wie anlässlich einer Baustellenüberprüfung durch ein Organ des Arbeitsinspektorates Linz am 7. Juli 2015 festgestellt wurde und wie aus der Anzeige des Arbeitsinspektorates Linz, Zl. 041-54/1-9/15, vom 8. Juli 2015 hervorgeht, dass am 7. Juli 2015 im Betrieb in T., x, zwei Arbeitnehmer des Betriebes (Herr F.B., geb. x, Herr E.S., geb. x) auf dem ca. 2˚ geneigten Dach der Containereinhausung Restholzauswurf-Leimbinderfertigung bei einer Absturzhöhe von ca. 6 m mit dem Verlegen der Dacheindeckung beschäftigt waren, wobei

1.   keine Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen vorhanden waren (die Arbeitnehmer waren auch nicht mittels Sicherheitsgeschirr angeseilt), obwohl bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung bis zu 20˚ und einer Absturzhöhe von mehr als 3 m Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen vorhanden sein müssen und

2.   die zum Erreichen der Dachfläche verwendete Anlegeleiter nur bis etwa 1 m unterhalb der Traufe reichte und keine andere Vorrichtung ausreichend Gelegenheit zum Anhalten bot, obwohl Anlegeleitern um mindestens 1 m über die Ein- oder Ausstiegsstelle hinausragen müssen, wenn nicht eine andere Vorrichtung ausreichend Gelegenheit zum Anhalten bietet.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass im Zeitraum vom 1. Juli bis 20. Juli 2015 eine Gelenk-Teleskopbühne angemietet worden sei und die Arbeiter angewiesen worden seien, diese Gelenk-Teleskopbühne zu verwenden und die in der Werkstatt im Betrieb bereitgehaltenen Sicherheitsgeschirre zu benützen. Das Zuwiderhandeln gegen diese Anordnungen sei dem Beschwerdeführer nicht bekannt geworden. Auch wurde auf die Dokumentationen über die Sicher­heitsunterweisungen hingewiesen. Da der Beschuldigte keinerlei Kenntnis vom Zuwiderhandeln der Mitarbeiter gehabt hätte, könne er nicht dafür zur Verantwortung gezogen werden. Auch sei zu Z 1 nur ein pauschaler Verstoß gegen §§ 7 bis 10 der BauV vorgeworfen worden ohne zu konkretisieren, gegen welche Bestimmung der Beschuldigte tatsächlich verstoßen hätte. Hinsichtlich des Verstoßes nach AM-VO werde ausgeführt, dass die erwähnte Leiter nicht dafür vorgesehen gewesen sei, den Arbeitern das Erreichen des Daches oder den Abstieg vom Dach zu ermöglichen. Hierfür sei die gemietete Gelenk-Teleskopbühne zur Verfügung gestellt worden und deren Verwendung aufgetragen worden. Hinsichtlich der Strafbemessung wurde auf die Milderungsgründe hingewiesen, nämlich ordentlicher Lebenswandel, mangelnde Kenntnis des Beschuldigten, kein Eintritt eines Schadens durch das Verhalten des Beschuldigten sowie Mitwirkung des Beschuldigten an der Feststellung des Sachverhaltes.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt als belangte Behörde hat die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Landesver­waltungsgericht Oberösterreich vorgelegt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Weiters wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung für den 3. Dezember 2015 anberaumt und an diesem Tage durchgeführt, zu welcher die Parteien geladen wurden und mit Ausnahme der belangten Behörde erschienen sind. Weiters wurde der Zeuge DI A.H., Arbeits­inspektorat Linz, geladen und einvernommen. Schließlich werden die in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vorgelegten und zum Akt genommenen Fotos herangezogen.

 

4.1. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest und wird der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

Der Beschwerdeführer ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der H.H. Gesellschaft m.b.H. mit Sitz in T., x. Bei der Kontrolle am 7. Juli 2015 durch das Arbeitsinspektorat Linz wurden zwei namentlich genannte Arbeitnehmer des Betriebes bei Dacharbeiten, nämlich Verlegung der Dach­eindeckung, angetroffen, wobei das Dach der Containereinhausung Restholz­auswurf-Leimbinderfertigung eine Dachneigung von ca. 2˚ aufwies und die Absturzhöhe zirka 6 m betrug. Die Arbeitnehmer hatten auch immer in der Nähe der Absturzkante Arbeiten zu verrichten. Es waren keine Absturzsicherungen vorhanden. Die Arbeitnehmer waren auch nicht mittels persönlicher Schutzausrüstung gesichert. Weiters verwendeten sie zum Abstieg vom Dach und wieder Aufstieg auf das Dach eine Anlegeleiter, welche nur bis etwa 1 m unterhalb der Traufe reichte und somit nicht mindestens 1 m über die Ein- bzw. Ausstiegsstelle hinausragte. Eine andere Aufstiegs- bzw. Abstiegshilfe bestand zum Kontrollzeitpunkt nicht. Der vorhandene Hubsteiger war nur zur Beförderung des Dacheindeckmaterials geeignet. Ein auf dem Dach befindlicher Arbeitnehmer verwendete den Zinken des Hubsteigers und dann die angelehnte Leiter zum Abstieg vom Dach, verfuhr den Hubsteiger dann um ein Stück, um das Dachein­deckmaterial zu positionieren, und verbrachte auch dann die Leiter wieder zum Hubsteiger. So wurde dann weiterhin die Leiter zum Abstieg für den weiteren Arbeitnehmer verwendet. Eine Gelenk-Teleskopbühne war zum Zeitpunkt der Kontrolle in diesem Bereich nicht vorhanden. Es gab Anweisung an die Arbeitnehmer, die im Betrieb befindliche persönliche Schutzausrüstung sowie die Gelenk-Teleskopbühne für die Arbeiten zu verwenden. Es gab eine allgemeine Unterweisung der Arbeitnehmer gemäß § 14 ArbeitnehmerInnerschutzgesetz. Eine konkrete Unterweisung hinsichtlich der Verwendung der persönlichen Schutzausrüstung und von Anlegeleitern, konkret auch für die durchgeführten Arbeiten wurde nicht vorgelegt.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ist im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens, insbesondere der Angaben des unter Wahrheitspflicht stehenden Zeugen, welcher als Arbeitsinspektor als sachverständiger Zeuge zu bezeichnen ist, sowie die vorgewiesenen Fotos erwiesen. An der Glaubwürdigkeit des einvernommenen Zeugen bestehen keine Zweifel.

 

5. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

5.1. Gemäß § 87 Abs. 2 Bauarbeiterschutzverordnung – BauV müssen bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung bis zu 20˚ und einer Absturzhöhe von mehr als 3,00 m Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen gemäß §§ 7 bis 10 vorhanden sein.

Gemäß § 7 Abs. 1 BauV sind bei Absturzgefahr Absturzsicherungen (§ 8), Abgrenzungen (§ 9) oder Schutzeinrichtungen (§ 10) anzubringen.

Gemäß § 130 Abs. 5 Z 1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 166 bis 8.324 Euro, im Wieder­holungsfall mit Geldstrafe von 333 bis 16.659 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weiter geltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

Gemäß § 18 Abs. 3 ASchG gilt die BauV nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

Gemäß § 36 Abs. 3 Arbeitsmittel-Verordnung – AM-VO müssen Anlegeleitern müssen um mindestens 1 m über die Ein- oder Ausstiegsstelle hinausragen, wenn nicht eine andere Vorrichtung ausreichend Gelegenheit zum Anhalten bietet.

Gemäß § 130 Abs. 1 Z 16 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 166 bis 8.324 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 333 bis 16.659 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundes­gesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Verpflichtungen betreffend die Beschaffenheit, die Aufstellung, die Benutzung, die Prüfung oder die Wartung von Arbeitsmitteln verletzt.

 

5.2. Im Grunde des als erwiesen festgestellten Sachverhaltes hat daher der Beschwerdeführer den objektiven Tatbestand der vorgeworfenen Verwaltungs­übertretungen erfüllt. Es waren zum Tatzeitpunkt keinerlei Absturzsicherungen vorhanden und die Arbeitnehmer waren auch nicht angeseilt. Beide Arbeitnehmer waren zum Kontrollzeitpunkt mit dem Verlegen der Dacheindeckung auf dem Dach beschäftigt. Weiters ist ohne Aufforderung des Arbeitsinspektors ein Arbeitnehmer vor dem Arbeitsinspektor über den Zinken des Hubsteigers und sodann unter Verwendung der Anlegeleiter herabgestiegen, um den Hubstapler zu verfahren und dann die Anlegeleiter wieder an den Hubstapler anzulegen, sodass das Absteigen über den Stapler und die Leiter möglich wurde, obwohl die Anlegeleiter nur bis 1 m unter die Traufe reichte und sohin nicht über die Ein- oder Ausstiegsstelle hinausragte und auch keine andere Vorrichtung zum Anhalten gegeben war.

Als handelsrechtlicher Geschäftsführer der H.H. GmbH hat daher der Beschwerdeführer gemäß § 9 Abs. 1 VStG die Verwaltungsübertretung verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten.

Hingegen reicht es entgegen der Rechtsfertigung des Beschwerdeführers nicht aus, dass irgendwo im Betrieb eine Gelenk-Teleskopbühne vorhanden war, diese im Zeitraum der Dacheindeckarbeiten, nämlich vom 1. Juli bis 20. Juli 2015 angemietet wurde, aber zum Kontrollzeitpunkt nicht für die am Dach angetroffenen Arbeitnehmer konkret zur Verfügung stand. Der vorhandene Hubstapler hingegen war nur zur Beförderung von Lasten, nicht jedoch von Personen vorgesehen und geeignet. Arbeiten ohne die vom Beschwerdeführer vorgesehene Teleskopbühne hätten jedoch nicht durchgeführt werden dürfen und auch die – auch nach den Angaben des Beschwerdeführers ungeeignete – Anlegeleiter nicht zum Auf- und Abstieg der Arbeitnehmer verwendet werden dürfen.

 

5.3. Zum Verschulden führte der Beschwerdeführer aus, dass die Arbeitnehmer eine Unterweisung nach § 14 ASchG erhalten haben und unterzeichnet haben, dass sie auch konkret an diesem Tag angewiesen wurden die Gelenk-Teleskopbühne zu verwenden, und die Arbeiten ohne die Teleskopbühne und das Verwenden der Anlegeleiter ohne Wissen und Kenntnis des Beschwerdeführers stattgefunden hätten. Dieses Vorbringen kann den Beschwerdeführer jedoch nicht entlasten.

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Wie bereits die belangte Behörde in der Begründung des Straferkenntnisses angeführt hat, hat im Sinn der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes der Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Überträgt er einzelne Angelegenheiten anderen Personen selbstver­antwortlich, so hat die eigene Tätigkeit in diesen Belangen sich auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Der Unternehmer ist dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Beschwerdeführer nach § 5 Abs. 1 VStG obliegende Entlastungsnachweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen wird. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177 u.a.). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer „Oberaufsicht“ nicht aus (VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen eines wirksamen Kontrollsystems genügt (vgl. auch das Erkenntnis des VwGH vom 23.5.2006, 2005/02/0248). Insbesondere bemängelt der Verwaltungsgerichtshof, dass der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. „Gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen. Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg. Judikatur vorhanden war.“

Im Sinne dieser Judikatur reicht das Vorbringen und das durchgeführte Beweisverfahren nicht aus, den Beschuldigten von seinem Verschulden zu befreien. Eine Kontrolle zum Tatzeitpunkt wurde vom Beschwerde­führer nicht vorgebracht. Auch wurden nicht solche Maßnahmen vorgebracht und nachgewiesen, die mit gutem Grund erwarten lassen, dass die entsprechenden Vorschriften des Arbeitnehmerschutz eingehalten werden. Insbesondere hat der Beschwerdeführer nicht aufgezeigt und unter Beweis gestellt, welche Maßnahmen im Einzelnen der unmittelbar Übergeordnete im Rahmen des Kontrollsystems zu ergreifen verpflichtet war, um durchzusetzen, dass jeder in dieses Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter die arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften auch tatsächlich befolgt und welche Maßnahmen schließlich der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnungsbefugte vorgesehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, d.h., sicher­zustellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchie-Ebene gelangen und dort auch tatsächlich befolgt werden (vgl. VwGH vom 23.3.2012, 2010/02/0263).

 

Im Grunde dieser Judikatur reicht daher das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass Anweisungen und Unterweisungen nach § 14 ASchG durch­geführt worden seien, nicht aus, zumal diese Unterweisung lediglich allgemeine Arbeit­nehmerschutzbestimmungen betrifft, nicht jedoch konkrete Unterweisungen hinsichtlich der Verwendung von Anlegeleitern bzw. Arbeiten auf dem Dach. Auch reicht es nicht aus, dass grundsätzlich im Betrieb eine persönliche Schutzaus­rüstung zur Verfügung gestellt wurde. Auch dass grundsätzlich eine Teleskop­hebebühne angemietet wurde reicht hier nicht aus, sondern hätte der Beschwerdeführer auch im konkreten Fall dafür Sorge tragen müssen, dass die bereitgehaltenen Sicherheitseinrichtungen auch tatsächlich verwendet werden. Genau zu diesem Zwecke ist ein lückenloses Kontrollsystem nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes einzurichten und nachzuweisen. Hingegen ist auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, dass gerade für den Fall, dass Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb in eigenmächtiger Handlung gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen, eine wirksame Kontrolle stattfinden muss. Dies wurde jedoch vom Beschwerdeführer nicht dargelegt und unter Beweis gestellt. Vielmehr ist aufgrund des festgestellten Sachverhaltes ersichtlich, dass zum Tatzeitpunkt eine Kontrolle durch den Beschwerdeführer nicht vorgelegen war und auch keine von ihm beauftragten Personen eine Kontrolle vorgenommen haben. Auch der Einwand, dass die Arbeitnehmer vertrauenswürdige geübte Arbeitnehmer sind zieht nicht, weil der Verwaltungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen ausführt, dass es „kein Vertrauen darauf geben kann, dass die eingewiesenen, laufend geschulten und ordnungsgemäß ausgerüsteten Arbeitnehmer die Arbeitnehmerschutzvorschriften einhalten (Erkenntnis vom 24.5.2013, Zl. 2012/02/0072)“. Es war daher kein ausreichendes lückenloses Kontrollsystem gegeben.

 

5.4. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG idF. BGBl. I Nr. 33/2013, in Geltung ab 1. Juli 2013, sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermes­sensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechts­verfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nach­prüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde hat bei ihrer Strafbemessung ein monatliches Netto­einkommen von 3.000 Euro geschätzt, weiters kein Vermögen und keine Sorgepflichten. Erschwerungs- und Milderungsgründe wurden nicht gefunden und nicht zugrunde gelegt. Sie hat auf den besonderen Schutzzweck der Norm, nämlich die Arbeitnehmer/innen vor physischen und psychischen Beein­trächtigungen zu bewahren hingewiesen und bei der Strafbemessung berück­sichtigt, dass durch das nicht Verwenden bzw. nicht Anbringen von geeigneten Schutzeinrichtungen Arbeitnehmer jenen Gefahren in hohem Maß ausgesetzt sind, denen die Arbeitnehmerschutzbestimmungen entgegentreten wollen.

Vom Beschwerdeführer wurden keine geänderten Umstände vorgebracht. Der Beschwerdeführer ist seit 2001 handelsrechtlicher Geschäftsführer der H. GmbH. Es liegen keine einschlägigen Verwaltungsvorstrafen vor.

Im Hinblick auf den Umstand, dass keine einschlägigen Verwaltungsvorstrafen bestehen, also erstmalige Tatbegehung vorliegt, konnte – wie auch bereits vom Arbeitsinspektorat in der Stellungnahme von 7. August 2015 angeführt – mit einer Strafherabsetzung je Arbeitnehmer und je Verwaltungsübertretung vorgegangen werden. Die nunmehr festgesetzten Geldstrafen sind im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens gelegen und erforderlich, um den Beschwerdeführer von einer weiteren Begehung abzuhalten. Die nunmehr verhängten Geldstrafen sind auch geeignet, andere Unternehmer vor gleich­artigen Verwaltungsübertretungen abzuschrecken. Die Geldstrafen sind tat- und schuldangemessen.

Gemäß § 16 VStG waren auch entsprechend der Herabsetzung der Geldstrafen die Ersatzfreiheitsstrafen jeweils herabzusetzen.

Die vom Beschwerdeführer angeführten Milderungsgründe liegen hingegen nicht vor und können keine weitere Strafmilderung bewirken. Insbesondere drückt sich der ordentliche Lebenswandel in dem Nichtvorliegen einschlägiger Vorstrafen aus. Hingegen Unbescholtenheit liegt nicht vor. Mangelnde Kenntnis des Beschuldigten wirkt nicht als Strafmilderungsgrund, sondern ist vielmehr als Verschulden im Rahmen eines nicht ordnungsgemäß eingerichteten Kontroll­systems zu berücksichtigen. Das nicht Vorliegen eines Schadens ist hingegen ebenfalls nicht strafmildernd, zumal es sich bei den gegenständlichen Verwaltungsübertretungen um reine Ungehorsamsdelikte handelt und der Eintritt eines Erfolges für eine Strafbarkeit nicht erforderlich ist. Strafbar ist hingegen rein das Zuwiderhandeln gegen eine gesetzliche Bestimmung. Daraus erhellt auch, dass das nicht Vorliegen eines Schadens nicht mildernd wirkt. Dass hingegen der Beschuldigte an der Feststellung des Sachverhaltes mitgewirkt hätte, war aus den durchgeführten Verwaltungsstrafverfahren nicht ersichtlich. Die Übertretungen ergaben sich vielmehr aus den durchgeführten Zeugen­beweisen und den vom Zeugen vorgelegten Fotos.

 

Es war daher ein erhebliches Überwiegen von Milderungsgründen nicht festzu­stellen, sodass § 20 VStG nicht zur Anwendung kam. Weiters lagen die wesentlichen Voraussetzungen für das Absehen von einer Strafe gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG nicht vor. Insbesondere liegt kein geringfügiges Verschulden vor, zumal es an einem tauglichen lückenlosen Kontrollsystem mangelt.

 

6. Im Grunde der Strafherabsetzung ermäßigt sich der Kostenbeitrag erster Instanz auf insgesamt 240 Euro. Weil die Beschwerde hinsichtlich der Strafe Erfolg hatte, entfällt ein Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG.

 

7. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

H i n w e i s

 

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Ent­scheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Ilse Klempt