LVwG-300856/14/Kl/TO

Linz, 25.02.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr.in Ilse Klempt über die nunmehr auf das Strafausmaß eingeschränkte Beschwerde des Herrn W K B, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. T G, x, W, gegen das Straferkenntnis der Bezirks­hauptmannschaft Steyr-Land vom 20. August 2012, GZ. SV96-5/3-2012, wegen Übertretung des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes (AVRAG) nach Auf­hebung des im ersten Rechtsgang ergangenen Erkenntnisses vom 24. Juni 2013 und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 21. Jänner 2016,

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde gegen das Strafausmaß insofern Folge gegeben, als die verhängten Geldstrafen auf jeweils 1.000 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafen auf 30 Stunden herabgesetzt werden.

 

II.      Gemäß § 38 VwGVG iVm § 64 VStG ermäßigt sich der Kostenbeitrag zum Verfahren vor der belangten Behörde auf insgesamt 300 Euro. Zum Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht hat der Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 20. August 2012, Zl. SV96-5/3-2012, wurden über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) wegen Verwaltungsübertretung nach §§ 7b Abs. 1 iVm 7i Abs. 3 Arbeitsvertragsrechtsanpassungsgesetz – AVRAG drei Geldstrafen in Höhe von jeweils 2.500 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 72 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 750 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

„"Sie haben als zur Vertretung nach außen Berufener in ihrem Unternehmen mit Sitz in L, x die Dienstnehmer

Herrn P T S, geb. x

Herrn W M P, geb. x

Herrn S K, geb. x

als Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit für Arbeiten in D, Baustelle 'S M K' von 03.05.2011 bis 11.05.2011 unter Kollektivvertragslohnhöhe beschäftigt.

 

Die gegenständliche Firma hat somit gegen § 7i Abs. 3 AVRAG verstoßen.

 

Diese Tat wird Ihnen als gem. § 9 Abs. 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher (handelsrechtl. Geschäftsführer mit Sitz in L, x) angelastet.“

 

Begründend führte die belangte Behörde - nach Schilderung des Sachverhalts und Wiedergabe der gesetzlichen Bestimmungen - im Wesentlichen aus, dass auf Grund des festgestellten Sachverhalts die oben angeführten Arbeitnehmer bei Arbeiten für das Unternehmen des Berufungswerbers von der Finanzverwaltung betreten worden seien. Aufgrund der Ermittlungen der Wiener Gebietskranken­kasse hätte den eingesetzten Arbeitskräften für die ausgeübten Tätigkeiten ein Grundlohn auf Basis des Kollektivvertrages für Arbeiten im eisen- und metallverarbeitenden Gewerbe Österreich von zumindest 9,03 Euro/Brutto pro Stunde zugestanden. Tatsächlich sei jedoch Herrn P T S 4,24 Euro/Brutto pro Stunde gezahlt worden, was einer Unterentlohnung von 53,04% entspreche; Herrn S K sei 3,54 Euro/Brutto pro Stunde gezahlt worden, was einer Unterentlohnung von 60,80% entspreche; Herrn W sei 3,89 Euro/Brutto pro Stunde gezahlt worden, was einer Unterentlohnung von 56,92% entspreche. Aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes sei der Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht erfüllt.

Zur Schuldfrage führte die belangte Behörde aus, der Berufungswerber habe nicht glaubhaft gemacht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe. Er hätte als Geschäftsführer über die geltenden gesetzlichen Bestimmungen Kenntnis haben müssen. Er habe keine Stellungnahme eingebracht, die die Vorwürfe entlasten hätte können. Die Verwaltungsübertretung sei daher auch hinsichtlich ihrer subjektiven Tatbestandsmäßigkeit als erwiesen anzusehen. Die belangte Behörde ging von einer fahrlässigen Begehung aus.

 

Bezüglich der Strafhöhe ging die belangte Behörde im Hinblick auf den gesetzlichen Strafrahmen davon aus, dass Verstöße gegen das AVRAG ganz allgemein einen schwerwiegenden Unrechtsgehalt aufweisen könnten. Die belangte Behörde ging davon aus, der Berufungswerber habe fahrlässig gehandelt; für die Annahme eines Vorsatzes hätten sich keine Anhaltspunkte ergeben.

Bei der Festsetzung der Strafhöhe seien auch spezialpräventive Gesichtspunkte berücksichtigt worden. Der Berufungswerber sollte dazu angehalten werden, sich in Zukunft um die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften zu kümmern. Die verhängte Strafe erscheine geeignet, den Berufungswerber in Hinkunft von vergleichbaren Übertretungen abzuhalten. Aufgrund der wesentlichen Unterent­lohnung in drei Fällen sei nicht die Mindeststrafe verhängt worden. Bei der Berücksichtigung der Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse habe der Berufungswerber gegenüber der belangten Behörde nichts angegeben. Bei entsprechender Berücksichtigung sämtlicher gem. § 19 VStG Bemessungsgründe sowie des § 21 VStG erscheine daher die verhängte Strafe dem Unrechtsgehalt der Tat sowie seinem Verschulden angemessen.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig im Wege der rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachte Beschwerde.

Als Beschwerdegründe werden unvollständige Sachverhaltsermittlung und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht. Dazu bringt der Bf im Wesentlichen wie folgt vor:

 

2.1. Zur unvollständigen Sachverhaltsermittlung: Richtig sei, dass die Firma K B, J, K S j (Offene Gesellschaft polnischen Rechts) mit Sitz in Polen (Handelsregister-Nr. x) im Zeitraum vom 03.05.2011 bis 11.05.2011 im Auftrag der Z HandelsgmbH (FN x) diverse Arbeiten auf der Baustelle "S M K" in D geleistet habe. Die zur Vertretung nach außen berufenen Gesellschafter der K B, J, K S J hätten noch vor der Begehung der gegenständlichen Tat in einem Gesellschafterbeschluss aus ihrem Kreis den Gesellschafter R J iSd § 9 Abs. 2 VStG zum allein verantwortlichen Beauftragten bestellt. Im selben Beschluss habe der Gesellschafter R J ausdrücklich seiner Bestellung zugestimmt. Mit dieser Bestellung sei auf den Gesellschafter R J auch die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung im Außenverhältnis übertragen worden. Diese Verantwortung sei für den Bereich des Unternehmens sachlich und räumlich eingeschränkt worden. Daher sei die Bestrafung des Bf nicht gerechtfertigt.

 

2.2. Zur unrichtigen rechtlichen Beurteilung: Da die Bestellung des verantwortlichen Beauftragten sämtliche gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt habe, hätte die Behörde zum Ergebnis kommen müssen, dass eine Bestrafung des Bf nicht hätte erfolgen dürfen.

 

2.3. In eventu beantragt der Bf das Absehen von der Strafe iSd § 21 VStG bzw. die Herabsetzung der verhängten Geldstrafe.

 

Der Bf habe nicht vorsätzlich die Dienstnehmer unter Kollektivvertragslohnhöhe beschäftigt.

Der Bf sei nach der Aufgabenverteilung nur für die Tätigkeit der Gesellschaft in Polen zuständig und verfüge über keine Erfahrung hinsichtlich der grenzüberschreitenden Leistungserbringung. Er habe von seiner Pflicht nach österreichischer Rechtslage nichts gewusst.

Der Bf sei sich seiner Verantwortung für die begangene Verwaltungsübertretung bewusst, ihm sei jedoch nur leichte Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Die Schuld des Bf sei gering und es sei kein öffentliches Interesse gefährdet worden, weil die Dauer der Beschäftigung sehr kurz gewesen sei und keinen dauernden Charakter gehabt habe.

 

Bei der Strafbemessung sei zu berücksichtigen, dass die genannten Mitarbeiter nur acht Tage lang in Österreich tätig gewesen wären. Die belangte Behörde hätte die Umstände des Bf - Vermögens- und Familienverhältnisse - bei der Strafbemessung zu berücksichtigen gehabt. Die Strafe sei diesbezüglich unangemessen hoch.

 

2.4. Der Bf stellt den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und hierzu die beantragten Zeugen zu laden sowie das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land aufzuheben und das Verfahren einzustellen;

in eventu von der Bestrafung gemäß § 21 VStG abzusehen;

in eventu die Höhe der verhängten Strafe auf das gesetzliche Minimum herabzusetzen.

 

3. Über diese Beschwerde (damals noch Berufung) hat der Unabhängige Verwaltungssenat (mit 1.1.2014 trat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich an die Stelle das Oö. Verwaltungssenates) im ersten Rechtsgang mit Erkenntnis vom 24. Juni 2013, VwSen-253282/5/Lg/MG, ohne Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung entschieden, die Beschwerde abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Der Bf hat gegen dieses Erkenntnis Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.

 

Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Oktober 2015, Zl. 2013/11/0184 bis 0186/6, wurde das Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 24. Juni 2013, VwSen-253282/5/Lg/MG, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Verwaltungsgerichtshof führte nach Darstellung des Verfahrensganges in rechtlicher Hinsicht Folgendes aus:

„Die (bereits rechtsanwaltlich vertretenen) Beschwerdeführer haben in ihren Berufungen ausdrücklich die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Zum Entfall der Verhandlung wird in den angefochtenen Bescheiden ausgeführt, diesem stehe Art. 6 EMRK nicht entgegen, da es sich "nur um zu lösende Rechtsfragen" gehandelt habe.

 

Nach § 51e Abs 3 VStG kann von einer Verhandlung jedoch nur dann abgesehen werden, wenn neben der Erfüllung einer der Voraussetzungen der Z 1 bis 4 leg. cit. keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Gegenständlich lagen aber Verhandlungsanträge vor, sodass die belangte Behörde nur bei Erlassung verfahrensrechtlicher Bescheide gemäß § 51e Abs. 4 VStG von einer Verhandlung hätte absehen können. Da es sich bei der vollinhaltlichen Bestätigung der erstinstanzlichen Straferkenntnisse jedoch nicht um verfahrensrechtliche Bescheide handelte, kam ein Entfall der mündlichen

Verhandlung nicht in Betracht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 2013, ZI. 2013/07/0122, mwN).

 

Ausgehend davon hat die belangte Behörde ihre Verfahren mit wesentlicher Mangelhaftigkeit belastet, weshalb die angefochtenen Bescheide gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrens-vorschriften aufzuheben waren.“

 

Diese Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes bewirkt, dass über die Beschwerde des Bf gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 20. August 2012, GZ. SV96-5/3-2012, neuerlich unter Beachtung der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes zu entscheiden ist.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich entscheidet gemäß § 2 VwGVG durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin.

 

5. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht­nahme und Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 21. Jänner 2016, an der der Bf mit seinem Rechtsvertreter sowie ein Vertreter der Wiener Gebietskrankenkasse teilnahmen. Als beantragte Zeugen wurden Herr P K und Herr W B sowie ein Dolmetsch für polnische Sprache geladen. Aufgrund des sachlichen Zusammenhanges der den Verfahren zugrunde liegenden Verwaltungsübertretungen wurde die Verhandlung gemeinsam mit dem im Sachzusammenhang stehenden Beschwerdeverfahren zu LVwG-300857 durchgeführt.

 

Nach Erörterung der Sach- und Rechtslage schränkte der Bf in der mündlichen Verhandlung die gegenständliche Beschwerde auf eine Beschwerde gegen das Strafausmaß ein.

 

6. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

6.1. Da sich die Beschwerde nunmehr ausschließlich gegen das Strafausmaß des Straferkenntnisses richtet, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und ist es dem Landesverwaltungsgericht verwehrt, sich inhaltlich mit der Entscheidung der belangten Behörde auseinander zu setzen.

 

6.2. Die im gegenständlichen Fall anzuwendenden Bestimmungen des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes (AVRAG) in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl. Nr. 459/1993 idF. BGBl. I Nr. 24/2011 lauten:

 

„Ansprüche gegen ausländische Arbeitgeber mit Sitz in einem EU- oder EWR-Mitgliedstaat“

§ 7b. (1) Ein Arbeitnehmer, der von einem Arbeitgeber mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes als Österreich zur Erbringung einer fortgesetzten Arbeitsleistung nach Österreich entsandt wird, hat unbeschadet des auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden Rechts für die Dauer der Entsendung zwingend Anspruch auf

1. zumindest jenes gesetzliche, durch Verordnung festgelegte oder kollektivvertragliche Entgelt, das am Arbeitsort vergleichbaren Arbeitnehmern von vergleichbaren Arbeitgebern gebührt;

2. bezahlten Urlaub nach § 2 UrlG, sofern das Urlaubsausmaß nach den Rechtsvorschriften des Heimatstaates geringer ist; nach Beendigung der Entsendung behält dieser Arbeitnehmer den der Dauer der Entsendung entsprechenden aliquoten Teil der Differenz zwischen dem nach österreichischem Recht höheren Urlaubsanspruch und dem Urlaubsanspruch, der ihm nach den Rechtsvorschriften des Heimatstaates zusteht; ausgenommen von dieser Urlaubsregelung sind Arbeitnehmer, für die die Urlaubsregelung des BUAG gilt;

3. die Einhaltung der kollektivvertraglich festgelegten Arbeitszeitregelungen;

4. Bereithaltung der Aufzeichnung im Sinne der Richtlinie des Rates über die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen (91/533/EWG) in Österreich durch den Arbeitgeber oder den mit der Ausübung des Weisungsrechts des Arbeitgebers gegenüber den entsandten Arbeitnehmern Beauftragten.

[....]

 

§ 7i [....]

 (3) Wer als Arbeitgeber/in ein/en Arbeitnehmer/in beschäftigt oder beschäftigt hat, ohne ihm/ihr zumindest den nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehenden Grundlohn unter Beachtung der jeweiligen Einstufungskriterien zu leisten, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungs­behörde mit einer Geldstrafe zu bestrafen, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Sind von der Unterentlohnung höchstens drei Arbeitnehmer/innen betroffen, beträgt die Geldstrafe für jede/n Arbeitnehmer/in 1 000 Euro bis 10 000 Euro, im Wiederholungsfall 2 000 Euro bis 20 000 Euro, sind mehr als drei Arbeitnehmer/innen betroffen, für jede/n Arbeitnehmer/in 2 000 Euro bis 20 000 Euro, im Wiederholungsfall 4 000 Euro bis 50 000 Euro.

[....]“

 

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

6.3. Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs. 1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs. 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Sind von der Unterentlohnung höchstens drei Arbeitnehmer/innen betroffen, beträgt die Geldstrafe gemäß § 7i Abs. 3 AVRAG für jede/n Arbeitnehmer/in Euro 1.000,00 bis Euro 10.000,00, sind mehr als drei Arbeitnehmer/innen betroffen, für jeden Arbeitnehmer/in Euro 2.000,00 bis Euro 20.000,00.

 

Zweck der Regelungen des AVRAG 1993 ist es, Lohn- und Sozialdumping zu verhindern, weil dadurch nicht nur Arbeitnehmer/innen das ihnen zustehende Entgelt für die erbrachte Arbeitsleistung vorenthalten, sondern auch ein fairer Wettbewerb zwischen den Unternehmen untergraben wird (vgl. die RV 1076 Blg NR 24. GP, 1). Dieses Ziel kann aber nur erreicht werden, wenn für die rechtmäßige Entlohnung von Arbeitskräften effiziente und durchsetzbare Kontrollmechanismen bestehen und im Fall von Übertretungen wirksame Sanktionen zur Verfügung stehen. Der Strafrahmen des § 7i Abs. 3 AVRAG 1993 ist jenem des § 28 Abs. 1 Z 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) nachgebildet (vgl. die RV 1076 Blg NR 24. GP, 8), (VwGH vom 10.6.2015, 2013/11/0121).

 

Als Milderungsgrund kommt dem Bf die lange Dauer des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens zugute. Diesbezüglich hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26.06.2008, ZL. B304/07 ausgesprochen, dass die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach der Rechtsprechung des EGMR nicht abstrakt, sondern im Lichte der besonderen Umstände jedes einzelnen Falles zu beurteilen ist. Die besonderen Umstände des Einzelfalles ergeben sich aus dem Verhältnis und der Wechselwirkung verschiedener Faktoren. Neben Faktoren, welche die Verfahrensdauer beeinflussen, nämlich die Schwierigkeit des Falles, das Verhalten des Beschwerdeführers und das Verhalten der staatlichen Behörden in dem bemängelten Verfahren, ist auch die Bedeutung der Sache für den Beschwerdeführer relevant (vgl. VfSlg. 17.307/2004, 17.582/2005, 17.644/2005).

Da die Tathandlung bereits im Mai 2011 gesetzt wurde, sind bis zur nunmehrigen Entscheidung beinahe 5 Jahre verstrichen und war die überlange Verfahrens­dauer daher mildernd zu berücksichtigen. Auch der Umstand, dass der mit der tatsächlichen Geschäftsführung befasste Gesellschafter geständig war und seine Strafe bereits bezahlt hatte, findet Berücksichtigung. Schließlich wurde auch darauf Bedacht genommen, dass wenige Tage vor Tatbegehung (am 1. Mai 2011) eine Änderung der Rechtslage eingetreten ist. Schließlich sind die geschätzten und bestätigten Einkommensverhältnisse des Beschwerdeführers als unterdurchschnittlich anzusehen. Aus all diesen Gründen ist eine Strafherab­setzung auf die Mindeststrafe gerechtfertigt und wurde dieser von der mitbeteiligten Partei zugestimmt. Eine weitere Herabsetzung oder ein Entfall der Strafe war mangels der Voraussetzungen nicht möglich.

Im Hinblick auf die als strafmildernd zu berücksichtigende lange Dauer des Verfahrens sieht sich das Oö. Landesverwaltungsgericht jedoch veranlasst, die über den Bf verhängte Strafe auf das nunmehrige Ausmaß herabzusetzen, zumal die gesetzliche Mindeststrafe bei höchstens drei Arbeitnehmern als ausreichende Sanktion erscheint, um ihm die Unrechtmäßigkeit seines Verhaltens eindringlich vor Augen zu führen und ihn künftig zu einem gesetzeskonformen Verhalten anzuleiten.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

II.            Die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde reduzieren sich gemäß § 38 VwGVG iVm § 64 Abs. 1 und 2 VStG auf 300 Euro. Im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich fallen gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG keine Kosten an.

 

 

III.           Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

H i n w e i s

 

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr.in Ilse Klempt