LVwG-550738/8/Fi/MSch

Linz, 10.03.2016

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch Senat J (Vorsitzender und Berichter Mag. Dr. Johannes Fischer, Beisitzer: Mag. Dr. Harald Wiesinger und Dipl.-Päd. Ing. Josef Peterseil) über die Beschwerden von 1. Herrn J D, und 2. Herrn P Ö, beide vertreten durch Herrn Mag. S M, Öffentlicher Notar, gegen den Bescheid der Bezirksgrundverkehrskommission Braunau am Inn vom 12. November 2015 GZ. Agrar20-297-2015-Rm, betreffend die Versagung der Genehmigung der Eigentumsübertragung nach dem Oö. Grundverkehrsgesetz

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG werden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Herr P Ö, (im Folgenden „Käufer“ genannt), beantragte mit Eingabe vom 01.09.2015 die Genehmigung der Übertragung des Eigentumsrechts an der Liegenschaft EZ X, Grundstück X, GB X, im Ausmaß von 3.455 durch Herrn
J D, (im Folgenden „Verkäufer“ genannt) aufgrund des Kaufvertrages vom 25.08.2015. Die Bezirksgrundverkehrskommission Braunau versagte mit Bescheid vom 12.11.2015, Agrar20-297-2015-Rm, die Übertragung des Eigentumsrechtes. Begründend führte die Bezirksgrundverkehrskommission im Wesentlichen aus, dass durch den Rechtserwerb den Interessen an der Schaffung, Erhaltung und an der Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes und an der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes im Sinne des § 4 Abs. 2 Oö. GVG nicht entsprochen werde. Es entstehe durch den Kaufvertrag ein Einsprung in eine landwirtschaftlich bewirtschaftete Fläche, was zu einer Verschlechterung der Agrarstruktur führe. Zudem werde durch den Rechtserwerb kein selbständig leistungsfähiger land- und forstwirtschaftlicher Betrieb geschaffen und diene eine Genehmigung als Beispielsfall für die Zukunft, was einen weiteren Entzug von Grünlandflächen von der land- und forstwirtschaftlichen Bodennutzung befürchten lasse.

 

I.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die gemeinsame Beschwerde des Käufers und des Verkäufers (gemeinsam im Folgenden „Bf“ genannt), beide vertreten durch den öffentlichen Notar Mag. S M. Darin führen die Bf begründend im Wesentlichen aus, dass – entgegen den Annahmen im bekämpften Bescheid – das gegenständliche Grundstück durch den Kauf keineswegs einem Betrieb entrissen werde, weshalb kein Einsprung in eine landwirtschaftlich genutzte Fläche entstehe und sich auch dadurch die Agrarstruktur nicht verschlechtere. Während der Verkäufer nämlich das gegenständliche Grundstück schon länger nicht mehr selbst bewirtschaftet habe, plane der Käufer, einen landwirtschaftlichen Betrieb durch die Bepflanzung mit Obstbäumen und den Anbau von Gemüse sowie der Kompostierung selbst zu begründen. Dies werde durch den Hauptwohnsitz des Käufers in unmittelbarer Nähe begünstigt.


II.1. Am 11.02.2016 fand eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich statt, bei der es zur Beweisaufnahme durch Einvernahme der Bf und Erörterung des gesamten Akteninhaltes kam.


II.2. Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens wird (in Ergänzung zu Punkt I.) folgender Sachverhalt als erwiesen angenommen:


Der Käufer ist Eigentümer der Liegenschaften EZ X, Grundstück X und EZ X, Grundstück X, je Grundbuch X, die beide die Nutzungsart Gärten aufweisen und über eine Gesamtfläche von 2.093 verfügen. Während diese beiden Grundstücke unmittelbar im Westen an das kaufgegenständliche Grundstück angrenzen, ist der Käufer zudem Eigentümer der ebenfalls westlich, aber etwas weiter entfernt gelegenen Liegenschaft EZ X, Grundstück X, die eine Fläche von 963 aufweist (Grundbuchsauszug) und die Wohnzwecken dient. Die erstgenannten Liegenschaften (EZ X, Grundstück X und EZ X, Grundstück X, je Grundbuch X), die als Bauland/Dorfgebiet gewidmet sind, hat der Käufer für seine Kinder erworben (Aussage Käufer).


Das kaufgegenständliche Grundstück im Ausmaß von 3.455 grenzt in westlicher Richtung an die erstgenannten bereits dem Käufer gehörenden Baugrundstücke an, ist als Grünland gewidmet und ist als landwirtschaftlich genutzte Grundfläche ausgewiesen. Es wird mit Ausnahme seiner westlichen Grenze von ebensolchen landwirtschaftlich genutzten Flächen umringt, ist somit Bestandteil einer größeren Agrarstruktur. An der Nordgrenze erschließt eine Stichstraße das nicht vom Kaufvertrag erfasste Grundstück X, das bei Durchführung des gegenständlich beantragten Rechtsgeschäfts „inselartig“ in einer größeren Agrarstruktur verbleiben würde (Grundbuchsauszug, Kaufvertrag vom 25.08.2015, DORIS-Karte). Dieses Grundstück (X) weist eine Fläche von 321 auf und grenzt – vom kaufgegenständlichen Grundstück aus gesehen – im Nordosten unmittelbar an das kaufgegenständliche Grundstück. Es weist ebenfalls eine landwirtschaftliche Nutzung auf (Grundbuchsauszug, DORIS-Karte). Der Verkäufer möchte sich dieses Grundstück behalten, da es ihm als Holzlagerplatz dient. Der Verkäufer betreibt selbst keine Landwirtschaft (Aussagen Verkäufer).


Derzeit wird das kaufgegenständliche Grundstück von einem Landwirt bewirtschaftet (Aussagen Käufer und Verkäufer).


Der Verkäufer ist darüber hinaus auch Eigentümer des Grundstücks X sowie der westlich vom kaufgegenständlichen Grundstück nicht weit entfernt gelegenen Grundstücke X, X und X, allesamt GB X mit einer Gesamtfläche von 2.498 . Davon werden laut Grundbuch 1070 landwirtschaftlich genutzt. Der Käufer ist kein Landwirt und hat auch nicht vor, das kaufgegenständliche Grundstück selbst zu bewirtschaften. Er möchte dieses vielmehr – wie auch derzeit – von einem Landwirt bewirtschaften lassen und hat ein ideelles Interesse am Erwerb des Grundstücks. Eine konkrete Pachtabsprache liegt nicht vor (Aussagen Käufer).

 

II.3. Der festgestellte Sachverhalt ergab sich widerspruchsfrei aus den im Akt befindlichen Unterlagen sowie aus den schlüssigen und nachvollziehbaren Angaben der Bf im Rahmen der mündlichen Verhandlung (vgl insbesondere die jeweils in Klammer angeführten Beweismittel). Das Beschwerdevorbringen zur beabsichtigten Nutzung durch den Käufer wurde durch dessen mündliche Angaben glaubhaft widerlegt.

 

III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

III.1. Gemäß § 31 Abs. 6 Oö. GVG hat das Landesverwaltungsgericht durch Senat zu entscheiden.


III.2. Der verfahrensgegenständliche Kaufvertrag bedarf aufgrund der darin geregelten Übertragung von Eigentum eines land- und forstwirtschaftlichen Grundstücks einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung gemäß § 4 Oö. GVG (§§ 4 Abs. 1, 1 Abs. 2 Z. 1 und 2 Abs. 1 und 2 Oö. GVG). 


III.3. Das Oö. GVG hat unter anderem das Ziel, beim Verkehr mit Grundstücken oder Teilen davon unter Bedachtnahme auf die Grundsätze eines umfassenden Umwelt-, Natur- und Landschaftsschutzes das öffentliche Interesse an einer geordneten Siedlungsentwicklung, an einer wirtschaftlich gesunden und leistungsfähigen bäuerlichen Land- und Forstwirtschaft in einem funktionsfähigen ländlichen Raum, und an einer sparsamen sowie widmungsgemäßen Verwendung von Grund und Boden zu wahren (§ 1 Abs. 1 Z. 1, 2 und 5 Oö. GVG).


III.4. Gemäß § 4 Abs. 2 Oö. GVG ist eine Genehmigung dann zu erteilen, wenn den öffentlichen Interessen an der Erhaltung land- oder forstwirtschaftlicher Nutzflächen und

1. an der Schaffung, Erhaltung und Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes oder

2. an der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden mittleren oder kleinen land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes

entsprochen wird.

Zudem hat der Rechtserwerber glaubhaft zu machen, dass er oder eine andere Person das zu erwerbende Grundstück ordnungsgemäß bewirtschaften wird.


Das Abstellen auf einen leistungsfähigen Bauernstand in § 4 Abs. 2 Oö. GVG (im Gegensatz zu einem bloß lebensfähigen Bauernstand) bedeutet, dass das Grundverkehrsrecht nur Betriebe mit einer über die bloße Subsistenz hinausgehenden Produktionskraft fördern will, wohingegen die Genehmigung versagt werden soll, wenn kleine, unrationell zu bewirtschaftende Grundstücke geschaffen werden (Oö. LVwG 12.11.2015, 550518/20/Fi/MD). Mit dem gegenständlichen Rechtsgeschäft soll eine Landwirtschaftsfläche im Ausmaß von 3.455 den Eigentümer wechseln, wobei die derzeitige Fremdbewirtschaftung des Grundstücks unberührt bleiben soll. Den Interessen an der Schaffung, Erhaltung und Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes wird durch das gegenständliche Rechtsgeschäft daher ebenso wenig gedient, wie den Interessen an der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden mittleren oder kleinen land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes.

 

Das Gesetz zielt aber nicht bloß darauf ab, „hintanzuhalten, daß sich durch ein Rechtsgeschäft die gegenwärtige Situation aus der Sicht von Grundverkehrsinteressen nachteilig verändert, sondern auch darauf, zu verhindern, daß die Chance für eine künftige Verbesserung dieser Situation durch ein bestimmtes Rechtsgeschäft verloren geht oder geschmälert wird“ (VfGH 9.6.1997, B2176/96). Eine Verbesserung der gegenwärtigen Situation ist im konkreten Fall gerade dadurch geschmälert, als bei Genehmigung des Rechtsgeschäfts inmitten einer größeren, lediglich durch eine Straße unterbrochenen, durchgehend zu bewirtschaftenden Landwirtschaftsfläche ein „inselartiges“ kleines Grundstück im Ausmaß von 321 beim Verkäufer als dessen einziges Grundstück in dieser Agrarstruktur verbliebe. Dass das Grundstück für Landwirte nicht von Interesse ist, konnte nicht belegt werden. Eine Genehmigung nach § 4 Abs. 2 Oö. GVG kommt daher nicht in Betracht. 


III.5. Nach § 4 Abs. 5 Oö. GVG dürfen Rechtserwerbe, die die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 2 Oö. GVG nicht erfüllen, nur genehmigt werden, wenn sie in einem das öffentliche Interesse gemäß § 4 Abs. 2 Oö. GVG überwiegenden Interesse liegen und den sonstigen Zielen dieses Landesgesetzes nicht widersprechen. Dabei darf der land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung nicht mehr Grund und Boden als notwendig entzogen und die land- oder forstwirtschaftliche Nutzung der verbleibenden Grundstücke nicht erheblich erschwert oder unmöglich gemacht werden. Bei der gemäß § 4 Abs. 5 Oö. GVG vorzunehmenden Interessenabwägung sind auch private Interessen zu berücksichtigen (vgl. nur VfGH 22.09.2005, B1266/01).


In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass keine besonderen, über das Gewöhnliche hinausgehenden Interessen (weder öffentliche noch private) an der Genehmigung des gegenständlichen Rechtsgeschäftes gegeben sind. Dem Interesse der besonderen Vorliebe des Erwerbs alleine kommt keine überwiegende Relevanz im Sinne des § 4 Abs. 5 Oö. GVG zu.

 

Unter Berücksichtigung dieser Umstände gelangt das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nach sorgfältiger Interessenabwägung zur Ansicht, dass die Genehmigungsvoraussetzungen des § 4 Abs. 5 Oö. GVG nicht gegeben sind.

 

IV. Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

 


 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die im gegenständlichen Verfahren unter Bedachtnahme auf die konkreten Umstände des Einzelfalls vorgenommene Interessenabwägung hing nicht von der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG ab. Dem Ergebnis einer derartigen Interessenabwägung kommt regelmäßig keine über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu (vgl. VwGH 25.04.2014, Ro 2014/21/00333 [zur Interessenabwägung nach § 61 FPG]: „Eine solche einzelfallbezogene Beurteilung ist im Allgemeinen [...] nicht revisibel“). Zur Auslegung der in § 4 Abs. 2 Oö. GVG genannten Interessen konnte auf Entscheidungen des Höchstgerichtes zu vergleichbaren Regelungen in anderen Bundesländern zurückgegriffen werden und es weicht das vorliegende Erkenntnis nicht von dieser Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. insb. VwGH 17.11.2000, 98/02/0053).

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Dr. Johannes Fischer