LVwG-840094/6/Kl/IH/SK LVwG-840096/2/Kl/IH/SK

Linz, 04.04.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Dr. Ilse Klempt über den Antrag der A GmbH, W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P G, x, S auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung vom 7. März 2016 im Vergabeverfahren der Auftraggeberin E AG O K GmbH betreffend das Vorhaben „Fernwärme R - Heizcontainer mit Erdgas­betrieb X“

 

zu Recht erkannt:

 

Dem Antrag vom 14. März 2016 wird gemäß §§ 1, 2 und 7 Oö. Vergabe­rechts­­­­schutzgesetz 2006 - Oö. VergRSG 2006, LGBl. Nr. 130/2006 idF LGBl. Nr. 90/2013, stattgegeben und die Zuschlagsentscheidung vom
7. März 2016 für nichtig erklärt.

 

Die E AG O K GmbH als Auftraggeberin wird verpflichtet, der Antragstellerin die entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von 4.500 Euro (für Nachprüfungsverfahren und einstweilige Verfü­gung) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

beschlossen:

 

Der weitere Antrag, die nachträgliche Festlegung der Gewichtung der Zuschlagskriterien hinsichtlich des Kriteriums „Angebotene Technik (Sub­kriterien Thermischer Wirkungsgrad des Kessels, Minimumleistung der Kesselanlage, Emissionswerte)“ vom 8. März 2016 für nichtig zu erklären, wird als unzulässig zurückgewiesen.

 

 

Gegen dieses Erkenntnis/diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133
Abs. 4 B-VG unzulässig
.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1. Mit Eingabe vom 14. März 2016 hat die A GmbH (im Folgenden: Antragstellerin) Anträge auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung und der nachträglichen Festlegung der Gewichtung der Zuschlagskriterien hinsichtlich des Kriteriums „Angebotene Technik (Subkriterien Thermischer Wirkungsgrad des Kessels, Minimumleistung der Kesselanlage, Emissionswerte)“ sowie auf Erlas­sung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren zu untersagen, gestellt. Im Übrigen wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von  insgesamt 4.500 Euro beantragt.

 

Begründend führte die Antragstellerin eingangs hierzu aus, dass die Aus­schreibung unter ABl. Nr. 2015/S-195-353979 europaweit bekanntgemacht worden sei, obwohl lediglich ein Verfahren (Bauauftrag) im Unterschwellen­bereich gewählt wurde.

Es werde die mit E-Mail vom 7. März 2016 bekanntgegebene Zuschlags-entscheidung bekämpft. Mit E-Mail vom 8. März 2016 seien die Zuschlags-kriterien konkretisiert und die spezielle Gewichtung hinsichtlich des Kriteriums „Angebotene Technik“ (Zuschlagskriterium 2 gemäß Pkt. A6 der AU Teil A) erst detailliert bekanntgegeben worden. Mit einem weiteren E-Mail vom 8. März 2016 sei schlussendlich das Bewertungsergebnis hinsichtlich des Angebotes der Antrag­­stellerin unvollständig (lediglich in Zahlen ausgedrückt und ohne verbale Begründung) bekanntgegeben worden.

 

Zwar stelle die Bekanntgabe von Zuschlagskriterien nach der Zuschlagsent­scheidung grundsätzlich keine gesondert anfechtbare Entscheidung im Sinne des § 2 Z 16 BVergG 2006 dar, dennoch sei nicht ausgeschlossen, dass das vorlie­gende Verfahren nach einer möglichen Aufhebung der Zuschlagsentscheidung weiter­geführt werde. Daher werde auch die nachträgliche Festlegung und Konkre­tisierung der Zuschlagskriterien und weitere Differenzierung für die möglich zu erreichenden Punkte angefochten.

 

Da sich die Antragstellerin am gegenständlichen Vergabeverfahren beteiligt und fristgerecht ein ausschreibungskonformes Angebot gelegt habe, sei ihr Interesse am Vertragsabschluss evident. Zudem habe sie ein großes wirtschaftliches und strategisches Interesse am Auftrag und erachte sie sich auch weiter an ihr abgegebenes Angebot gebunden.

 

Zum drohenden bzw. eingetretenen Schaden wurde ausgeführt, dass ein Schaden in der Höhe des mit diesem Auftrag verbundenen marktüblichen entgangenen Gewinnes von zumindest 7 % der Netto-Auftragssumme von 666.045 Euro, sohin zumindest von ca. 46.000 Euro, drohe. Ferner drohe ein Schaden in der Höhe der frustrierten Kosten für die Angebotserstellung von ca. 8.000 Euro sowie 3.000 Euro für die anwaltliche Vertretung. Zudem drohe der Verlust eines wichtigen Referenzprojektes.

 

Die Antragstellerin erachte sich in ihrem Recht auf

-            klare und nachvollziehbare Durchführung des Vergabeverfahrens und Transparenz

-            rechtzeitige Bekanntgabe nachvollziehbarer Zuschlagskriterien

-            rechtzeitige und ausreichend nachvollziehbare Begründung der Zuschlags­entscheidung bzw. der für den Antragsteller als Bieter letzten Entscheidung im Vergabeverfahren

-            richtige Durchführung des Vergabeverfahrens gemäß den Bestimmungen des BVergG 2006

-            sachlich nachvollziehbare Bestbieterermittlung und -entscheidung, insbe­sondere Nichtberücksichtigung von Angeboten, die bei richtiger Bewertung nach den Zuschlagskriterien nicht Bestbieter oder Billigstbieter sind

-            Bietergleichbehandlung auf Grundlage der Vorgaben in den bestandfesten Ausschreibungsunterlagen

-            Zuschlagserteilung an (sie als) die richtige Bestbieterin

-            Nichtigerklärung der rechtswidrigen Zuschlagsentscheidung und auch nach­­prüfende Beurteilung der Angebote anhand der Ausschreibungs­unter­lagen

-            Grundsatz des fairen, freien und lauteren Wettbewerbes

verletzt.

 

Zum Sachverhalt und den Gründen, auf die sich die Rechtswidrigkeit stützt, wurde vorgebracht, dass die Ausschreibungsunterlagen (AU) in vielen Bereichen unklar und unvollständig geblieben und teils widersprüchlich sowie hinsichtlich der Zuschlagskriterien unzureichend seien. Es sei keinesfalls auf Grundlage der Festlegungen in der AU nachvollziehbar, warum der präsumtive Bestbieter als Bestbieter ausgewählt worden sei.

 

Unklar sei auch die Festlegung in Pkt. A.4. zur Art des Ausschreibungsverfahrens, da unklar sei, ob ein Wettbewerb oder ein Verhandlungsverfahren gewählt worden sei. Noch gravierender sei aber die hier enthaltene Vergaberechts­verletzung dahingehend, dass sich die Auftraggeberin (willkürlich) vorbehalte, mit einzelnen Bietern Gespräche zu führen und nicht klar festgelegt sei, unter welchen Voraussetzungen dies erfolge, da sie dies gemäß ihrer Festlegung ausdrücklich vom Ergebnis der Angebotsevaluierung vom zu erwartenden wirtschaftlichen Erfolg sowie dem dafür vertretbaren Aufwand abhängig mache. Ein solches Vorgehen widerspreche dem Grundsatz der Bietergleichbehandlung und dem Gebot eines fairen Wettbewerbes.

 

Diese Festlegung entspreche nicht der Möglichkeit des Auftraggebers, mit dem Bieter des bestgereihten Angebotes gemäß § 105 Abs. 4 BVergG 2006 zu ver-handeln, da gemäß der ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmung dies eben nur mit dem Bieter des bestgereihten Angebotes möglich wäre. Die Auftrag­geberin behalte sich aber vor, mit einer nicht bestimmten Anzahl von Bietern Ver­gabegespräche zu führen, was eben nicht nur von der Angebotsevaluierung, sondern auch von dem erwarteten wirtschaftlichen Erfolg und dem notwendigen Aufwand abhängig sei.

 

Diese Festlegungen seien derartig gravierend vergabewidrige, dass diese Bestim­mungen nicht bestandfest werden können und auf Grundlage eines solcherart ermittelten Bestbieters keine vergabegemäße Bestbieterentscheidung möglich sei und die Ausschreibung bereits aus diesem Grund zu widerrufen wäre.

 

Die Antragstellerin vermute, dass die Auftraggeberin willkürlich mit einem Bieter, welcher ein Erstangebot gelegt habe, nämlich der präsumtiven Zuschlagsempfän­gerin, weitere Verhandlungen durchgeführt und solange nachverhandelt habe, bis dieses Angebot schlussendlich erstgereiht worden sei. Dies widerspreche dem Gleichheitsgebot und sei wettbewerbswidrig und unzulässig.

 

Zur zeitlichen Abfolge wurde festgehalten, dass die Antragstellerin am
12. Oktober 2015 die AU erhalten und sich um die Teilnahme beworben habe. Am 14. Dezember 2015 wurde sie durch Übermittlung der Angebotsunterlagen zum weiteren Verfahren zugelassen. Daraufhin wurde am 18. Jänner 2016 ein Erstangebot auf Basis der bereitgestellten Angebotsunterlagen mit einem Angebotspreis von 643.400 Euro abgegeben. Am 4. Februar 2016 habe eine Bieterverhandlung stattgefunden, in welcher das Angebot diskutiert und viele Punkte in Bezug auf die gewünschte technische Ausführung präzisiert worden seien. Der Angebotsumfang sei damit wesentlich erweitert worden, da die technische Beschreibung in der Ausschrei­bung ursprünglich mangelhaft gewesen sei. In der Folge sei das überarbeitete Angebot am 19. Februar 2016 mit einem Angebotspreis von 701.100 Euro abgegeben worden. Die Antragstellerin sei hierauf zur Letztpreisabgabe aufgefordert worden, welche am 25. Februar 2016 mit einem Angebotspreis von 666.045 Euro erfolgt sei.

 

In Pkt. A.6. der AU sei ursprünglich die Gewichtung der Zuschlagskriterien festgelegt worden. So seien der Angebotspreis und die Kosten für Ersatz- und Ver­schleißteile für 3 Jahre mit 70 %, die angebotene Technik, thermischer Wirkungs­grad des Kessels, Minimumleistung der Kesselanlage, Emissionswert mit 15 % und die Übereinstimmung des Angebotes mit den Bedingungen der Ausschrei­bung, insbesondere betreffend Haftung, Schadenersatz und Vertragsstrafen, mit 15 % gewichtet worden.

Das 3. Zuschlagskriterium sei dabei vergaberechtlich nicht verständlich, da Angebote ohnehin den AU entsprechen müssen und ansonsten auszuscheiden seien.

Jedenfalls sei festzuhalten, dass hinsichtlich aller drei genannten Kriterien keine Differenzierungen und keine Grundlagen genannt sind, wie diese beurteilt werden. Insbesondere Zuschlagskriterium 2, das in drei Subkriterien differen­ziert sei, ohne dass dies auch punktemäßig weiter differenziert worden sei.

 

Erst am 8. März 2016 sei mitgeteilt worden, dass offenbar das Kriterium „Angebotene Technik“ weiter differenziert und mit folgenden Punkten versehen worden sei.

Thermischer Wirkungsgrad des Kessels: 9 %

Minimumleistung der Kesselanlage: 5 %

Emissionswerte: 1 %

Die diesbezügliche Gewichtung der Kriterien sei erstmalig nach Zuschlagsent­scheidung bekanntgegeben worden.

 

Weiters sei in Pkt. A.6 der AU festgelegt, dass die Auftraggeberin jedenfalls eine vertiefte Angebotsprüfung durchzuführen habe.

Die bezügliche Festlegung, erst nach Angebotsabgabe im Zuge der vertieften Angebotsprüfung „geeignet erscheinende Änderungen und Ergänzungen sowie auch Leistungsabgrenzungen einvernehmlich mit den Bietern zu vereinbaren“, damit nach Angebotsabgabe Angebotsänderungen einzelner Bieter zuzulassen, sei grob vergabewidrig und widerspreche dem Wettbewerbsgebot und der Bietergleichbehandlung und sei derart gravierend, dass diese Vergabewidrigkeit auch nicht präkludieren könne. Damit sei eine vergabekonforme Zuschlags­entscheidung niemals möglich, weshalb damit ein zwingender Widerrufsgrund begründet sei. Diesbezüglich wurde auch auf die bisherige Judikatur verwiesen.

 

Nach Kenntnis der Antragstellerin sei zumindest deren Erstangebot preislich erstgereiht gewesen. Mit E-Mail vom 7. März 2016 habe die Antragstellerin die nun­mehr angefochtene Zuschlagsentscheidung erhalten, welche keine aus­reichende Begründung enthalten habe und nicht nachvollziehbar gewesen sei, sodass am 8. März 2016 um Übermittlung der Vergabebeurteilung ersucht worden sei. Die Auftraggeberin sei dem Ersuchen am 8. März 2016 insofern nachgekommen, als die Gewichtung der einzelnen Vergabekriterien differenziert worden sei. Über nochmalige Nachfrage bezüglich der Beurteilung der unklaren nachträglich festgelegten Subkriterien hinsichtlich des Kriteriums „Angebotene Technik“ er­folgte am 10. März 2016 eine weitere Differenzierung hinsichtlich der maximalen Punkteanzahl und der tatsächlich erreichten Punkteanzahl. Eine weitere verbale Begründung sei nicht vorgelegt worden, sodass nach wie vor unklar sei, weshalb das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin besser bewertet worden sei als jenes der Antragstellerin.

 

Hätte die Antragstellerin gewusst, dass eine Gliederung des Qualitätspunktes „Angebotene Technik“ erfolge, hätte sie allenfalls ein anderes Angebot gelegt, um hier die maximale Punktezahl zu erreichen.

Es wurden die fehlende rechtzeitige Bekanntgabe von nachvollziehbaren Zuschlagskriterien, die nicht nachvollziehbaren nachträglich bekanntgegebenen Zuschlagskriterien, die faktische Verkürzung der Anfechtungsfrist, Begründungs­mangel sowie die fehlende vertiefte Angebotsprüfung als Rechtswidrigkeiten, die die Nichtigkeit der Zuschlagsentscheidung und den zwingenden Widerruf der Ausschreibung begründen, geltend gemacht. Die jeweiligen Rechtswidrigkeiten wurden im Antrag detailliert dargelegt.

 

Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wurde von der Antrag­stellerin zunächst auf die Ausführungen im Hauptantrag verwiesen. In Bezug auf die Abwägung der Interessen wurde vorgebracht, dass diese zugunsten der Antragstellerin ausfallen müsse. Ohne eine einstweilige Verfügung könne die Auftraggeberin der präsumtiven Zuschlagsempfängerin, deren Angebot mangels Bekanntgabe der Zuschlagskriterien nicht Bestbieter sein könne, den Zuschlag erteilen. Nach Zuschlagserteilung könnte die geltend gemachte Rechtswidrigkeit nur mehr zu Schadenersatzansprüchen führen, eine Zuschlagserteilung auf das Angebot der Antragstellerin wäre jedoch ausgeschlossen. Schon daraus sei evident, dass nur durch die Erlassung der einstweiligen Verfügung ein wirksamer Rechtsschutz auch im Sinne der Rechtsmittelrichtlinie zu gewährleisten sei. Die Unter­sagung der Erteilung des Zuschlages sei gegenständlich das gelindeste Mittel, um das Interesse der Antragstellerin abzusichern. Die Sicherstellung der Auftrags­erteilung an den tatsächlichen Bestbieter liege im Interesse aller Beteiligten und auch im öffentlichen Interesse. Besondere Umstände an einer raschen Auf­tragserteilung seien in der Ausschreibung nicht erwähnt worden. Auch habe die Auftraggeberin bei der Wahl des Vergabeverfahrens die Mindestangebotsfrist aus Gründen der Dringlichkeit nicht verkürzt, sodass auch daraus kein besonderes öffentliches Interesse einer raschen Auftragserteilung erkannt werden könne. Überdies habe der Auftraggeber die Möglichkeit eines Nachprüfungsverfahrens und die damit einhergehende Verzögerung bei der Erstellung des Zeitplanes mit einzuberechnen.    

 

2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat die Auftraggeberin und die R M GmbH als präsumtive Zuschlagsempfängerin (kurz: mitbeteiligte Partei) am Nachprüfungsverfahren beteiligt. Die Auftraggeberin hat in ihrer Stellungnahme vom 21. März 2016 die Abweisung des Nachprüfungsantrages beantragt und im Wesentlichen ausgeführt, dass der gegenständliche Auftrag die Beschaffung von zwei Stück Heizcontainer mit Erdgasbetrieb X betreffe und in einem Zusammenhang mit einer Sektorentätigkeit „Einspeisung von Wärme in feste Netze zur Versorgung der Allgemeinheit im Zusammenhang mit der Erzeugung, der Fortleitung und der Abgabe von Wärme“ stehe. Sie unterliege daher als Sektorenauftraggeberin dem Sektorenregime des BVergG 2006.

Bei den „Heizcontainern mit Erdgasbetrieb“ handle es sich um individuelle Anlagen, die aus handelsüblichen Standardkomponenten zusammengesetzt und vor Ort montiert werden, allerdings aus Sicht der Auftraggeberin als schlüssel­fertige Komplettanlage geschuldet werde und sohin von einem Bauauftrag im Unterschwellenbereich anwendbar auszugehen war. Das Vergabeverfahren sei elektronisch über eine Vergabeplattform abgewickelt worden. Die Ausschrei­bungsunterlage habe ein Verhandlungsverfahren vorgesehen und seien alternativ Angebote ausdrücklich zugelassen worden. Die Angebotsbeurteilung sei nach dem Bestbieterprinzip festgelegt worden und die Gewichtung der Zuschlags­kriterien für den Angebotspreis (Kosten für Ersatz und Verschleißteile für drei Jahre) mit 70 %, die angebotene Technik (thermischer Wirkungsgrad des Kessels, Minimumleistung der Kesselanlage, Emissionswerte) mit 15 % und Übereinstimmung des Angebotes mit den Bedingungen der Ausschreibung (insbesondere betreffend Haftung, Schadenersatz, Vertragsstrafen) mit 15 % festgelegt worden. Zur Minimumleistung der Kesselanlage wurde näher ausge­führt, dass, je niedriger die Minimalleistung, desto größer die Bandbreite und damit der Einsatzbereich der Kessel und desto geringer die Leistungs- und Wirkungs­gradeinbuße sei. In der ersten Stufe hätten 16 Interessenten die Bewerbungsunterlagen angefordert und 12 Interessenten Teilnahmeanträge gestellt, wovon 11 zur Angebotslegung eingeladen worden seien. 7 Angebote seien fristgerecht eingelangt. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin habe neben dem Hauptangebot ein Alternativangebot eingereicht. Im Grunde des Ergeb­nisses der Angebotsevaluierung seien in der Folge mit der Antragstellerin und mit der präsumtiven Zuschlagsempfängerin jeweils am 4. Februar 2016 Verhand­lungen („Vergabegespräche“) geführt worden. Es seien die technischen Details zu den Angeboten erörtert worden und die aus der zwischenzeitig vorliegenden gewerberechtlichen Betriebsanlagengenehmigung resultierenden Änderungen besprochen worden und die Bieter eingeladen worden, nach einer Besichtigung der Örtlichkeiten ein überarbeitetes Angebot unter Berücksichtigung der Besich­tigungs- bzw. Verhandlungsergebnisse abzugeben. Seitens der Antragstellerin sei am 8. Februar 2016 eine Besichtigung der Örtlichkeit in R und eine Besichtigung eines vergleichbar aufgebauten Heizcontainers im Kraftwerk T durchgeführt worden. Die Antragstellerin und die präsumtive Zuschlags­empfängerin hätten daraufhin nach Besichtigung überarbeitete Angebote abgegeben und sei nach Prüfung und Evaluierung der überarbeiteten Angebote die technische Vergleichbarkeit der Angebote festgestellt worden. Die Antragstellerin und die präsumtive Zuschlagsempfängerin seien dann zur Abgabe eines Letztpreisangebotes aufgefordert worden. Weitere Verhandlungsrunden bzw. Vergabegespräche hätten nicht stattgefunden. Nach Prüfung und Bewertung der Letztpreisangebote durch die vergebende Stelle sei der Antragstellerin und den anderen Bietern am 7. März 2016 per E-Mail bekanntgegeben worden, dass beabsichtigt sei, den Zuschlag an die präsumtive Zuschlagsempfängerin als Bestbieterin zu erteilen.

Ein Sektorenauftraggeber könne ein Verhandlungsverfahren auch in verschie­denen aufeinanderfolgenden Phasen durchführen und in der Schlussphase auch nur mit einem Bieter verhandeln (§ 254 Abs. 2 BVergG 2006). Angebots­änderungen seien daher einem Verhandlungsverfahren immanent und bei Einhal­tung des Gleichbehandlungs- und Transparenzgebotes nicht zu beanstanden. Der Auftraggeber könne im Zuge der Verhandlungen mit den Bietern Angebots­änderungen vereinbaren und damit auch die Leistungsbeschreibung abändern. Der Auftraggeber habe bei Festlegung der relevanten Zuschlagskriterien grund­sätzlich einen sehr weiten Ermessensspielraum, der nur insoweit beschränkt werde, als er das Sachlichkeitsgebot des verfassungsgesetzlichen Gleichheits­satzes zu beachten habe. Nach der Rechtsprechung müsse ein Zuschlags­kriterium nur so weit konkretisiert sein, dass es von einem durchschnittlich fachkundigen Bieter in gleicher Weise ausgelegt werden kann. Aus der Festlegung Punkt 6 der Angebotsunterlage ergebe sich, dass bei der Bewertung der „angebotenen Technik“ die angegebenen Subkriterien in der Reihenfolge ihrer Bedeutung für die Auftraggeberin relevant sind. Die Zuschlagskriterien in der Reihenfolge der ihnen zuerkannten Bedeutung seien daher schon in der Ausschreibungsunterlage festgelegt gewesen. Die Gewichtung der Subkriterien mit 9 % - 5 % - 1 % sei nach der festgelegten Reihenfolge erfolgt. Es seien weder nachträglich neue objektiv nicht nachvollziehbare Bewertungskriterien eingefügt noch die festgelegten Kriterien abweichend von ihrer Reihenfolge neu gewichtet worden. Dem Bewertungsvorgang mangle es daher nicht an der nötigen Transparenz. Darüber hinaus würde sich auch durch die von der Antragstellerin geforderte Gewichtung nichts am Ergebnis der Angebots­bewertung ändern, da alle bewerteten Angebote bei den Subkriterien „ther­mischer Wirkungsgrad des Kessels“ und „Emissionswerte“ mit der gleichen %-Punkteanzahl bewertet worden seien. Eine andere Gewichtung würde nichts am Verhältnis der Angebote zueinander ändern.

Der qualitative Unterschied der Angebote beschränke sich in technischer Hinsicht auf die bewertungsrelevante Minimalleistung bzw. auf das Subkriterium „Minimumleistung der Kesselanlage“. Auch bei einer anderen Gewichtung dieser Kriterien würde sich nichts an der Reihung der Angebote ändern, weil letztlich immer das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin die maximale %-Punkteanzahl beim Subkriterium „Minimumleistung der Kesselanlage“ hätte, was letztlich alleine ausschlaggebend wäre für den technischen Vorsprung des Angebotes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin. Auch wurde auf die Recht­sprechung des Europäischen Gerichtshofes (vgl. EuGH vom 24.01.2008,
C-532/06, Rn43) hingewiesen, wonach ein öffentlicher Auftraggeber sogar Gewichtungsregeln oder Unterkriterien für die Zuschlagskriterien anwenden darf, die er den Bietern nicht vorher zur Kenntnis gebracht hat, wenn die Unter­kriterien wie im gegenständlichen Fall
die in den Verdingungsunterlagen oder in der Vergabebekanntmachung bestimmten Zuschlagskriterien für den Auftrag nicht ändern und nichts enthalten, was, wenn es bei der Vorbereitung der Angebote bekannt gewesen wäre, diese Vorbereitung hätte beeinflussen können.  Das Subkriterium „Minimalleistung im Dauerbetrieb je Kessel“ sei allen Bietern aus der Ausschreibungsunterlage und aus den Verhandlungen bekannt gewesen. Die Antragstellerin hätte daher losgelöst von der Gewichtung dieses Kriteriums einen anderen/besseren Kessel (mit einer geringeren Minimalleistung) anbieten können, z.B. in Form eines Alternativangebotes, wie die präsumtive Zuschlags­empfängerin. Die Zuschlagskriterien würden daher keinen willkürlichen Ermes­sens­spielraum aufweisen, der einen Widerruf rechtfertigen würde. Die Zuschlags­kriterien seien daher weder nachträglich eingefügt noch abweichend der Ausschrei­bungsunterlagen nachträglich neu gewichtet worden.

Die Dauer der Stillhaltefrist ergäbe sich zunächst ex lege aus § 273 Abs. 1 BVergG 2006 mit 7 Tagen für den Unterschwellenbereich. Bei der Bewertung aufgrund von technischen Kennzahlen (hier: Gegenüberstellung von kW) ist die von der Antragstellerin begehrte kurze verbale Begründung für die unter­schiedliche Punktevergabe“ nicht erforderlich und würde auf eine unzulässige Überspannung der Begründungspflicht hinauslaufen.

Die Zuschlagsentscheidung sei der Antragstellerin am 7. März 2016 um
14:20 Uhr übermittelt worden, die aus Sicht der Antragstellerin zusätzlich notwendigen Informationen am 8. März 2016 um 12:58 und um 19:41 Uhr, sodass jedenfalls auch de facto eine relevante Verkürzung der Frist auszu­schließen sei. Entscheidend sei, ob es der Antragstellerin auch möglich sei, gegen die Zuschlagsentscheidung einen begründeten Nachprüfungsantrag einzubringen. Nicht jedes von der Antragstellerin in der Bekanntgabe der Zuschlagsent­scheidung vermisste Begründungselement führe zu einer objektiven Rechts­widrigkeit der Zuschlagsentscheidung. Es käme darauf an, ob die Antragstellerin in die Lage versetzt worden sei, wirksam einen Nachprüfungsantrag einzu­bringen. Hinsichtlich des Kriteriums
Übereinstimmung des Angebotes mit den Bedingungen der Ausschreibung“ verkenne die Antragstellerin, dass eine gerin­gere Bewertung bei diesem Kriterium nicht gleichbedeutend sei mit einem den Ausschreibungsunterlagen widersprechenden Angebot, zumal im gegenständ­lichen Verhandlungsverfahren die Ausschreibungsunterlage keine Einschränkung in Bezug auf den Umfang des Verhandelbaren enthalte. Es seien Änderungs­wünsche bzw. -vorschläge der Bieter bzw. Abweichungen von den Ausschrei­bungs­unterlagen vielmehr in jeder Hinsicht ausdrücklich zugelassen. Eine von den Bietern bspw. angebotene Verkürzung der Gewährleistungsfrist, Haftungs­beschränkungen oder Einschränkungen der Vertragsstrafen wären daher zulässig gewesen und im Rahmen der Bewertung mit einem „Punkteabzug“ zu berücksichtigen gewesen. Auch  Bedenken hinsichtlich  des Preiskriteriums  seien nicht berechtigt, da der Angebotspreis der Antragstellerin gemäß dem Letzt­preisangebot bekannt sei und in Verbindung mit der bekannten Bewertung mit 69,7 %-Punkten von 70 %-Punkten auch der Angebotspreis der bekannt­gege­benen präsumtiven Zuschlagsempfängerin bekannt sei. Nach den Letztpreis­angeboten habe es keine Nachverhandlungen mit den Bietern gegeben. Dies sei aus dem Vergabeakt ersichtlich. Gleichzeitig wurden die Vergabeunterlagen vorgelegt.

 

3.1. Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom
17. März 2016, GZ: LVwG-840095/3/Kl/Rd, wurde dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung stattgegeben und der Auftraggeberin die Erteilung des Zuschlages für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens, längstens aber bis 14. Mai 2016, untersagt.

 

3.2. Mit Eingabe vom 24. März 2016 brachte die R M GmbH als präsumtive Zuschlagsempfängerin (kurz: mitbeteiligte Partei) eine Stellung­nahme bzw. begründete Einwendungen ein und beantragte die Abweisung der Anträge der Antragstellerin. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass gemäß § 254 Abs. 1 BVergG ein Verhandeln mit den Bietern über den gesamten Angebotsinhalt im Verhandlungsverfahren zulässig sei und § 254
Abs. 4 BVergG es zulasse, dass die Auftraggeberin - wie in der Ausschreibung vorbehalten - nicht mit allen Bewerbern Verhandlungen führt. Es wurde auf die ständige Rechtsprechung der Vergabekontrollbehörden hingewiesen, wonach es den Bietern obliege, die Ausschreibungsunterlagen vor Ablauf der Antragsfrist auf allfällige Probleme hin zu überprüfen. Nach Ablauf der Frist trete die Bestands­kraft ein und sei eine Bekämpfung der Ausschreibungsbestimmungen nicht mehr zulässig. Hinsichtlich des Zuschlagskriteriums „angebotene Technik“ wurde ausgeführt, dass weitere Subkriterien nicht eingeführt worden seien, sondern diese bereits in der Ausschreibung enthalten gewesen seien. Auch diesbezüglich sei auf die Bestandskraft der Ausschreibung zu verweisen. Die Gewichtung der Zuschlagskriterien stelle entsprechend dem Vorbringen des Auftraggebers in seiner Stellungnahme vom 21. März 2016 keine für den Ausgang des Vergabe­verfahrens relevante Rechtswidrigkeit dar. Es seien sowohl mit der Antrag­stellerin als auch mit der mitbeteiligten Partei Verhandlungsgespräche durch­geführt worden, es werde auf den Vergabeakt verwiesen.
Auch liege kein Verstoß gegen § 272 BVergG vor, zumal der Antragstellerin die Stellung eines detail­lierten Nachprüfungsantrages möglich gewesen wäre.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme, insbesondere in die eingereichten Schriftsätze und vorgelegten Vergabeunterlagen.

Gemäß § 19 Abs. 3 Z 3 Oö. VergRSG 2006 konnte eine mündliche Verhandlung entfallen, weil bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass dem verfahrens­einleitenden Antrag stattzugeben ist.

 

Folgender Sachverhalt steht aufgrund der vorgelegten Unterlagen als erwiesen fest und wird der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

Mit Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom
8. Oktober 2015 wurde das Vorhaben Fernwärme R - Heizcontainer mit Erdgasbetrieb als Bauauftrag (Erbringung einer Bauleistung, gleichgültig mit welchen Mitteln, gemäß den vom Auftraggeber genannten Erfordernissen) im Verhandlungsverfahren im Sektorenbereich nach dem Bestbieterprinzip ausge­schrieben. Es wurde die Errichtung von zwei gasbefeuerten Heißwasserkesseln (Fernwärmeleistung von insgesamt 13 MW) zur Fernwärmeerzeugung am Kraftwerksstandort R in O, als Ersatz für den beste­henden schwerölbefeuerten Heißwasserkessel, ausgeschrieben. Die neu zu errich­tenden Heißwasserkessel dienen der langfristigen Sicherstellung der Fernwärmeversorgung im Fernwärmenetz der Ortschaften O, R und T. Gegenstand der Ausschreibung ist die Planung, Lieferung, Montage, Inbetriebsetzung, die Begleitung des Probebetriebes, die Einschulung des Betriebspersonals während der Montage und der Inbetrieb­setzung und die Dokumentation von zwei Heißwasserkesseln in Container­bauweise, inklusive Brenner, Steuerung, Economiser, Kamin, Abgasschall­dämpfer, Container und Bauzubehör (Punkt A1 der Ausschreibungsunterlage AU). Für die von der Ausschreibung abweichende Lösungen wurde um Abgabe eines kostenloses Alternativangebotes gebeten (Punkt A3.4. der AU). Es wurde das Verhandlungsverfahren gewählt (Punkt A4 der AU). Zur Angebotsbeurteilung (Punkt A6 der AU) wurden drei Kriterien und ihre Gewichtung angeführt, nämlich Angebotspreis (Kosten für Ersatz- und Verschleißteile für drei Jahre) mit 70 %, angebotene Technik (thermischer Wirkungsgrad des Kessels, Minimumleistung der Kesselanlage, Emissionswerte) mit 15 % und Übereinstimmung des Ange­botes mit den Bedingungen der Ausschreibung (insbesondere betreffend Haftung, Schadenersatz, Vertragsstrafen) mit 15 %. Bei der Angebotsöffnung am 18. Jänner 2016 wurden 7 abgegebene Angebote festgestellt, darunter jenes der Antragstellerin vom 15. Jänner 2016 sowie der mitbeteiligten Partei vom 15. Jänner 2016. Sowohl von der Antragstellerin als auch der mitbeteiligten Partei wurden die Teilnahmebedingungen erfüllt. Am 4. Februar 2016 wurde jeweils mit der Antragstellerin und der mitbeteiligten Partei eine Verhandlung durchgeführt. Gemäß Punkt 4 des Verhandlungsprotokolls wurde seitens des Auftraggebers erklärt, dass es sich um keine Letztpreisverhandlung handelt, sondern um ein technisches und kaufmännisches Aufklärungsgespräch. Es wurde den Bietern die Möglichkeit zur Abgabe eines überarbeiteten Angebotes bis
10. Februar 2016, 16:00 Uhr eingeräumt. Gleichzeitig behält sich die Auftrag­geberin vor, anschließend mit den bestgereihten Bietern weitere Verhandlungen abzuhalten. Die Feststellung der Reihung (Evaluierung) erfolgt gemäß den Kriterien von Teil A der Ausschreibung (siehe Punkt A6 „Angebotsbeurteilung“). Eine Fristverlängerung bis zum 22. Februar 2016 wurde seitens der Auftrag­geberin den Bietern mit 12. Februar 2016 bekanntgegeben und gleichzeitig auf relevante Informationen auf der Ausschreibungsplattform E AG hinge­wiesen. Von der mitbeteiligten Partei wurde am 16. Februar 2016 ein über­arbeitetes Angebot, von der Antragstellerin am 18. Februar 2016 ein über­arbeitetes Angebot gelegt. Mit Schreiben der Auftraggeberin vom 23. Februar 2016 wurden die Bieter zur Letztpreisabgabe bis 25. Februar 2016 aufgefordert. Sowohl die Antragstellerin als auch die mitbeteiligte Partei reichten ein Letztangebot am 25. Februar 2016 ein. Die Evaluierung der Letztpreis­angebote ergab hinsichtlich des Zuschlagskriteriums „Preis“ für die Antrag­stellerin eine Bewertung von 69,7 %-Punkten, für das Haupt- und Alternativ­angebot der mitbeteiligten Partei 70 %-Punkte. Das Zuschlagskriterium über „Übereinstimmung Angebot mit Ausschreibung“ ergab sowohl für das Angebot der Antragstellerin als auch das Haupt- und Alternativangebot der mitbeteiligten Partei die Höchstzahl von 15 %-Punkten. Beim Zuschlagskriterium „angebotene Technik“ erreichten sowohl das Angebot der Antragstellerin als auch das Haupt­angebot der mitbeteiligten Partei 10,8 %-Punkte, das Alternativangebot der mitbeteiligten Partei 12 %-Punkte, wobei sämtliche Angebote bei den Subkri­terien „thermischer Wirkungsgrad des Kessels“ und „Emissionswerte“ mit gleicher Punktezahl (6 bzw. 1 %-Punkte) bewertet wurden, lediglich bei dem Subkriterium „Minimumleistung der Kesselanlage“ erhielten das Angebot der Antragstellerin und das Hauptangebot der mitbeteiligten Partei 3,8 %-Punkte, das Alternativangebot der mitbeteiligten Partei 5 %-Punkte. Es wurde beim Kriterium „angebotene Technik“ das Subkriterium „thermischer Wirkungsgrad des Kessels“ mit 9 Punkten, das Subkriterium „Minimumleistung der Kessel­anlage“ mit 5 Punkten und das Subkriterium „Emissionswerte“ mit 1 Punkt gewichtet. Die Gesamtevaluierung ergab daher 95,5 Gesamtpunkte für die Antragstellerin, 95,8 Gesamtpunkte für das Hauptangebot der mitbeteiligten Partei und 97,0 Gesamtpunkte für das Alternativangebot der mitbeteiligten Partei.

 

Am 7. März 2016 wurde die mitbeteiligte Partei davon informiert, dass die Zuschlagserteilung zugunsten ihrer Firma getroffen wurde und eine Stillhaltefrist bis 14. März 2016 bekanntgegeben.

 

Der Antragstellerin wurde mit E-Mail vom 7. März 2016 folgende Zuschlags­entscheidung bekanntgegeben:

„Nach eingehender Prüfung sämtlicher Unterlagen teilen wir Ihnen im Namen des Auftraggebers mit, dass die Zuschlagsentscheidung an den Bestbieter, Fa. R M-gesellschaft mbH ergeht. Die Zuschlagsentscheidung basiert auf den im Teil A, Punkt A6 genannten Kriterien. Dies ist einerseits der Vergabepreis sowie andererseits die folgenden Kriterien: Thermischer Wirkungsgrad des Kessels, Minimumleistung der Kesselanlage, Emissionswerte, Übereinstimmung des Ange­botes mit den Bedingungen der Ausschreibung. Die Stillhaltefrist gemäß
BVergG 2006 endet am 14. März 2016. Für Rückfragen stehen wir Ihnen jeder­zeit gerne zur Verfügung.“

 

Mit E-Mail vom 8. März 2016 ersuchte die Antragstellerin bei der Auftraggeberin um „Übermittlung der Vergabebeurteilung (Gewichtung der einzelnen Kriterien)“. Mit gleichem Datum wurde seitens der Auftraggeberin per E-Mail „die Gewichtung der einzelnen Vergabekriterien, nach denen der Auftrag vergeben wurde:

-       Angebotspreis, Kosten für Ersatz- und Verschleißteile für drei Jahre: 70 %

-       Thermischer Wirkungsgrad des Kessels: 9 %

-       Minimumleistung der Kesselanlage: 5 %

-       Emissionswerte: 1 %

-       Übereinstimmung des Angebotes mit den Bedingungen der Ausschreibung:
15 %“

bekanntgegeben.

Mit gleichem Datum ersuchte daraufhin die Antragstellerin um Bekanntgabe „Wo wir, wie viele Prozente erreicht haben?“. Dies wurde am selben Tage durch die Auftraggeberin befolgt und per E-Mail beantwortet:

 

Angebotspreis, Kosten für Ersatz- und Verschleißteile für 3 Jahre:

Max. Punkteanzahl: 70

Ihre Punkteanzahl gemäß Evaluierung: 69,7

 

Thermischer Wirkungsgrad des Kessels:

Max. Punkteanzahl: 9

Ihre Punkteanzahl gemäß Evaluierung: 6

 

Minimalleistung der Kesselanlage:

Max. Punkteanzahl: 5

Ihre Punkteanzahl gemäß Evaluierung: 3,8

 

Emissionswerte:

Max. Punkteanzahl: 1

Ihre Punkteanzahl gemäß Evaluierung: 1

 

Übereinstimmung des Angebotes mit den Bedingungen der Aus­schrei­­bung:

Max. Punkteanzahl: 15

Ihre Punkteanzahl gemäß Evaluierung: 15

 

Ihre Gesamtpunkteanzahl: 95,5.

 

Mit E-Mail vom 14. März 2016 wurde schließlich die Tabelle „Evaluierung Letztpreisangebote“ der Antragstellerin per E-Mail übermittelt.

 

5. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

5.1. Gemäß § 1 Abs. 1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006
(Oö. VergRSG 2006) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entschei­dungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens (Vergabe­ver­fahren), die gemäß Art. 14b Abs. 2 Z 2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Alleiniger Gesellschafter der E AG O K GmbH ist die E AG O, welche wiederum im mehrheitlichen Eigentum des Landes Oberösterreich steht. Die Vergabe fällt daher in den Vollzugsbereich des Landes im Sinne des Art. 14b Abs. 2 Z 2 lit. c B-VG und unterliegt daher das gegenständliche Nachprüfungsverfahren den Bestimmungen des Oö. VergRSG 2006. 

 

Gemäß § 2 Abs. 1 Oö. VergRSG 2006 obliegt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs. 1 leg.cit.

Gemäß § 2 Abs. 3 Oö. VergRSG 2006 ist das Landesverwaltungsgericht Ober­österreich bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabe­verfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundes­gesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwend­bares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfü­gungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z 16 lit. a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerde­punkte.

 

Der gegenständliche Antrag ist rechtzeitig und zulässig. Aufgrund der Höhe des Auftragswertes des bestandfest ausgeschriebenen Bauauftrages sind die Bestim­mungen für den Unterschwellenbereich anzuwenden.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 Oö. VergRSG 2006 hat das Landesverwaltungsgericht eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung eines Auftraggebers bzw. einer Auftraggeberin für nichtig zu erklären, wenn

1.   sie oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung den Antragsteller bzw. Antragstellerin in dem vom ihm bzw. von ihr nach § 5 Abs. 1 Z 5 geltend gemachten Recht verletzt und

2.   diese Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesent­lichem Einfluss ist.

 

5.2. Gemäß § 2 Z 16 lit. a sublit. dd BVergG 2006 sind gesondert anfechtbare nach außen in Erscheinung tretende Entscheidungen im Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung: die Ausschreibung (Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages); die Nicht-Zulassung zur Teilnahme; die Aufforderung zur Angebotsabgabe; sonstige Festlegungen während der Verhandlungsphase bzw. während der Angebotsfrist; das Ausscheiden eines Angebotes; die Wider­rufsentscheidung; die Zuschlagsentscheidung.

Bei der gegenständlichen Auftraggeberin handelt es sich um ein öffentliches Unternehmen gemäß § 165 Abs. 2 BVergG 2006, das eine Sektorentätigkeit gemäß § 167 Abs. 1 Z 2 aus BVergG 2006 ausübt, nämlich im Bereich von Gas und Wärme die Einspeisung von Wärme in feste Netze zur Versorgung der Allgemeinheit im Zusammenhang mit der Erzeugung, der Fortleitung und der Abgabe von Wärme. Es sind daher die Bestimmungen über das Vergabeverfahren für Sektorenauftraggeber gemäß dem dritten Teil des BVergG 2006 anzuwenden.

 

Gemäß § 272 Abs. 1 BVergG 2006 hat der Sektorenauftraggeber den im Vergabeverfahren verbliebenen Bietern nachweislich mitzuteilen, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden soll. In dieser Mitteilung sind den verbliebenen Bietern das jeweilige Ende der Stillhaltefrist gemäß § 273 Abs. 1, die Gründe für die Ablehnung ihres Angebotes, der Gesamtpreis sowie die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes bekanntzugeben, sofern nicht die Bekannt­gabe dieser Informationen öffentlichen Interessen oder den berechtigten Geschäfts­interessen von Unternehmern widersprechen oder dem freien und lauteren Wettbewerb schaden würde. Diese Bestimmung ist wortgleich mit
§ 131 Abs. 1 BVergG 2006 für den klassischen Bereich.

 

Zur Begründung der Zuschlagsentscheidung nach § 131 BVergG 2006 hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. April 2009,
Zlen. 2009/04/0081-3, 2009/04/0085-3, unter Hinweis auf die Erläuterungen (RV 1171 Blg NR XXII. GP, 85ff, „..... Durch die Neuregelung ist gewährleistet, dass ein nicht zum Zuge gekommener Bieter schon am Beginn der Stillhaltefrist die Informationen besitzt, die er für einen allfälligen Nachprüfungsantrag benötigt. Durch den Entfall der Bekanntgabepflicht nach der Zuschlags­ent­scheidung entfällt auch das Problem, dass der Auftraggeber nach der Zuschlags-entscheidung eine Entscheidung trifft, die nicht bekämpft werden kann. Die Zuschlagsentscheidung ist somit die ‚letzte‘ gesondert anfechtbare Entschei­dung.“) ausgeführt: „Die beschwerdeführende Auftraggeberin bestreitet nicht, dass die in den angefochtenen Bescheiden für nichtig erklärte Zuschlags-entscheidung nur die Angabe enthalten hat, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden soll, und die übrigen im § 131 BVergG 2006 geforderten Informationen, insbesondere die Gründe für die Ablehnung ihres Angebotes, die Vergabesumme sowie die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes, fehlten. Sie bringt auch nicht vor, dass die Bekanntgabe dieser Informationen öffentlichen Inter­essen oder den berechtigten Geschäftsinteressen von Unternehmern wider­sprechen oder dem freien und lauteren Wettbewerb schaden würde, und somit nicht geboten gewesen wäre. ......... § 131 vierter Satz BVergG 2006 normiert unmissverständlich, dass in der Mitteilung der Zuschlagsentscheidung den verbliebenen Bietern näher bezeichnete Informationen (das jeweilige Ende der Stillhaltefrist gemäß § 132, die Gründe für die Ablehnung ihres Angebotes, die Vergabesumme sowie die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes) bekanntzugeben sind, sofern nicht die Bekanntgabe dieser Informationen öffent­lichen Interessen oder den berechtigten Geschäftsinteressen von Unternehmern widersprechen oder dem freien und lauteren Wettbewerb schaden würde. Eine entgegen dieser Verpflichtung den Bietern abgegebene Zuschlagsentscheidung
(§ 2 Z 48 BVergG 2006) ist daher eine objektiv rechtswidrige Entscheidung des Auftraggebers und verletzt den Bieter in dem gemäß § 131 vierter Satz
BVergG 2006 zustehenden Recht auf Bekanntgabe der in dieser Bestimmung enthaltenen Informationen (vgl. im vorliegenden Zusammenhang § 15 Abs. 1
lit. a K-VergRG bzw. § 325 Abs. 1 Z 1 BVergG 2006). Dies umso mehr, als diese Bestimmung nach den obzitierten Materialien gewährleisten soll, ‚dass ein nicht zum Zuge gekommener Bieter schon am Beginn der Stillhaltefrist die Informa­tionen besitzt, die er für einen allfälligen Nachprüfungsantrag benötigt‘. .....
1.4. Zur Wesentlichkeit der Verletzung von § 131 vierter Satz BVergG 2006 für den Ausgang des Vergabeverfahrens: Von der Verletzung des Bieters in dem ihm gemäß § 131 vierter Satz BVergG 2006 zustehenden Recht auf Bekanntgabe der in dieser Bestimmung enthaltenen Informationen ....... ist die Frage ihrer Wesentlichkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens zu unterscheiden. Gemäß dem - insoweit mit § 325 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006 übereinstimmenden - § 15 Abs. 1 lit. b K-VergRG ist eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung eines Auftraggebers nur dann für nichtig zu erklären, wenn die Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist. ..... Gerade der von der Beschwerdeführerin aufgezeigte Umstand, dass der Gesetzgeber mit § 131 BVergG 2006 ganz bewusst die bisherige Holschuld (des Bieters und Nachprüfungswerbers) in eine Bringschuld (des öffentlichen Auftraggebers) umgewandelt hat, zeigt, dass dem Nachprüfungswerber nicht mehr zuzumuten ist, die vom Auftraggeber in seiner Zuschlagsentscheidung nicht bekanntgegebenen Informationen beim Auftrag­geber selbst oder im Wege eines Nachprüfungsverfahrens zu beschaffen. Daher ist die Unterlassung der Begründung der Zuschlagsentscheidung für den Ausgang des Vergabeverfahrens im Sinne des § 325 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006 bzw. § 15 Abs. 1 lit. b K-VergRG schon dann wesentlich, wenn die Einbringung eines begründeten Nachprüfungsantrages dadurch erschwert oder behindert wird, was - wie die Erläuterungen anführen - in der Regel anzunehmen ist. An dieser Stelle sei angemerkt, dass eine Zuschlagsentscheidung - bis zur Zuschlagserteilung - durch die Erlassung einer weiteren Zuschlagsentscheidung im selben Vergabe­verfahren zurückgenommen werden kann, weil der Auftraggeber durch die spätere Zuschlagsentscheidung zum Ausdruck bringt, an der früheren Zuschlags­entscheidung nicht mehr festzuhalten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29.02.2008, Zl. 2006/04/0011, mwN). Daher steht es dem Auftraggeber im vorliegenden Zusammenhang frei, auch zu Gunsten desselben Zuschlagsempfängers eine neuerliche Zuschlagsentscheidung mit entsprechender Begründung nach § 131 vierter Satz BVergG 2006 zu treffen, ohne das Vergabekontrollverfahren abzu­warten.“

 

Im Grunde dieser ausführlichen Darlegungen des Verwaltungsgerichtshofes unter Zugrundelegung der zitierten diesbezüglichen Materialien ist daher auch hinsichtlich der nunmehr angefochtenen Zuschlagsentscheidung vom
7. März 2016 der Mangel anhaftend, dass sie weder die Gründe für die Ableh­nung des Angebotes, noch den Gesamtpreis noch die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes gemäß den Anforderungen gemäß § 272 Abs. 1
BVergG 2006 enthält. Wie im zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes enthält sie vielmehr nur den Namen der präsumtiven Zuschlagsempfängerin. Der Gesamtpreis wurde bis zum heutigen Tage nicht bekanntgegeben, die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes erst am 14. März 2016, also am letzten Tag der Antragsfrist und Tag der Einreichung des Nachprüfungsantrages. Auch wird die Fehlerhaftigkeit der Zuschlagsentscheidung nicht von der Auftraggeberin bestritten.

Auch in § 7 Abs. 1 Z 2 Oö. VergRSG 2006 ist für die Nichtigerklärung von Entscheidungen erforderlich, dass die Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist. Diesbezüglich wird ebenfalls auf die Ausführungen in der obzitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichts­hofes hingewiesen, wonach die Unterlassung der Begründung der Zuschlags­entscheidung für den Ausgang des Vergabeverfahrens schon dann wesentlich ist, wenn die Einbringung eines begründeten Nachprüfungsantrages dadurch erschwert oder behindert wird, was in der Regel anzunehmen ist.

Im gegenständlichen Fall wurden zwar über Anfrage der Antragstellerin am der Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung folgenden Tag die Gewichtung der zum Zuschlagskriterium 2 zugeordneten Subkriterien sowie schließlich die Punkte­bewertung des Angebotes der Antragstellerin bekanntgegeben. Die übrigen wesentlichen Angaben gemäß § 272 Abs. 1 BVergG 2006 hingegen erfolgten nicht innerhalb der Stillhaltefrist. Ob hingegen die Antragstellerin trotzdem einen Nachprüfungsantrag eingebracht hat, ist dabei nicht von Relevanz. Vielmehr hat der Verwaltungsgerichtshof unter besonderen Hinweis auf die Erläuterungen in den Materialien von vornherein eine wesentliche Erschwernis der Einbringung eines begründeten Nachprüfungsantrages angenommen.

 

Aus diesen Gründen war daher dem Nachprüfungsantrag der Antragstellerin stattzugeben und die angefochtene Zuschlagsentscheidung für nichtig zu erklären.

 

5.3. Hinsichtlich der weiters durch die Antragstellerin angefochtenen Bekannt­gabe der Gewichtung der Subkriterien zum Kriterium 2 „angebotene Technik“ als nachträgliche Festlegung ist darauf hinzuweisen, dass gemäß § 2 Z 16 lit. a sublit. dd BVergG 2006 nur sonstige Festlegungen während der Verhand­lungs­phase bzw. während der Angebotsfrist gesondert anfechtbare Entscheidungen sind, nicht jedoch Festlegungen nach der Zuschlagsentscheidung, wie von der Antragstellerin ausgeführt. Vielmehr ist auf die Judikatur des Verwaltungs­gerichtshofes im vorzitierten Erkenntnis unter Hinweis auf die entsprechenden Erläuterungen zu verweisen, wonach die Zuschlagsentscheidung die letzte gesondert anfechtbare Entscheidung im Vergabeverfahren ist. Es war daher der entsprechende Antrag der Beschwerdeführerin als unzulässig zurückzuweisen.

 

5.4. Aus verfahrensökonomischen Gründen wird jedoch darauf hingewiesen, dass zwar die Mitteilung der Gewichtung der Subkriterien erst nach Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung gegenüber der Antragstellerin erfolgt ist, die Festlegung allerdings schon im Zuge der Angebotsprüfung feststand und auch für die Ermittlung des Bestangebotes angewendet wurde und der Zuschlagsent­schei­dung zugrunde gelegt wurde. Ist sie nicht ausdrücklich nach außen in Erschei­nung getreten, so ist sie mit der nächsten gesondert anfechtbaren Entscheidung, der Zuschlagsentscheidung als letzte gesondert anfechtbare Entscheidung, zu bekämpfen. Die Zuschlagsentscheidung vom 7. März 2016 wurde von der Beschwerdeführerin bekämpft und im Grunde der obigen Ausführungen aus Gründen des § 272 Abs. 1 BVergG 2006 für nichtig erklärt.

Zur aufgezeigten Problematik der nachträglichen Gewichtung von Subkriterien wird in diesem Zusammenhang auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. April 2009, Zl. 2007/04/0065, hingewiesen. Darin hat der Verwaltungs­gerichtshof die Nichtigerklärung der Aufforderung zur Angebotsabgabe und der dieser zugrunde liegenden Ausschreibungsbedingungen bestätigt. Unter Zugrunde­legung der Bestimmungen des § 19 Abs. 1 und § 80 Abs. 3 2. Satz BVergG 2006 führt er dazu aus: „Zuschlagskriterien sollen entsprechend dem Stand der Technik und des Wissens eine eindeutige und neutrale Bewertung der Angebote ermöglichen. Die Kriterien und ihre Gewichte sind so anzugeben, dass abschätzbar ist, wie sich eine Angebotsänderung auf die Gesamtbewertung auswirken kann. .... Da sich die Gewichtung der Zuschlagskriterien im Verhältnis zueinander eindeutig aus den Ausschreibungsunterlagen ergeben muss (vgl. Hackl/Schramm/Öhler, Rz 111 zu § 80 im zitierten Kommentar), hat sich der Auftraggeber einer - aus den Ausschreibungsunterlagen ersichtlichen (Aicher,
Rz 14 zu § 130 im zitieren Kommentar) - Bewertungsmethode zu bedienen, die eine nachträgliche Verschiebung der Gewichtung der Zuschlagskriterien im Verhältnis zueinander im Rahmen der Bewertung der Angebote ausschließt. ..... Unstrittig steht fest, dass für das im jeweiligen Subkriterium bestgereihte Angebot nicht jedenfalls 10 Punkte zu vergeben sind. Dies eröffnet dem Auftraggeber die Möglichkeit, die Gewichtung der Zuschlagskriterien zueinander nachträglich zu verändern. So könnten z.B. dem bei einem Subkriterium besten Angebot 10 Punkte zuerkannt werden, während bei einem anderen - nach den Ausschreibungsunterlagen gleich zu gewichtenden - Subkriterium dem besten Angebot nur 5 Punkte zuerkannt werden, was zu einer Verschiebung der Gewichtung führen müsste. Die von der Beschwerdeführerin gewählte Bewer­tungsmethode entspricht daher jedenfalls bei den messbaren Zuschlagskriterien nicht den Vergabegrundsätzen. .....“

Auch für den Sektorenbereich bestimmt § 187 Abs. 1 BVergG 2006, dass Ver­gabeverfahren nach einem in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Verfahren unter Beachtung der unionsrechtlichen Grundfreiheiten sowie des Diskrimi­nierungsverbotes entsprechend den Grundsätzen des freien und lauteren Wettbewerbes und der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter, durchzu­führen sind. Nach § 236 Abs. 3 BVergG 2006, wenn der Auftrag dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt werden soll, hat der Sektoren­auftraggeber im Aufruf zum Wettbewerb, in der Aufforderung zur Interes­sensbestätigung gemäß § 251, in der Aufforderung zur Angebotsabgabe oder zur Verhandlung oder in den Ausschreibungsunterlagen alle Zuschlagskriterien, deren Verwendung er vorsieht, im Verhältnis der ihnen zuerkannten Bedeutung anzugeben. ..... Ist die Festlegung der Zuschlagskriterien im Verhältnis der ihnen zuerkannten Bedeutung aus nachvollziehbaren Gründen nach Ansicht des Sektoren­auftraggebers nicht möglich, so hat der Sektorenauftraggeber im Aufruf zum Wettbewerb, in der Aufforderung zur Interessensbestätigung gemäß § 251, in der Aufforderung zur Angebotsabgabe oder zur Verhandlung oder in den Ausschreibungsunterlagen alle Zuschlagskriterien, deren Verwendung er vor­sieht, in der Reihenfolge der ihnen zuerkannten Bedeutung anzugeben.

Unter Zugrundelegung dieser gesetzlichen Bestimmungen in Verbindung mit der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat eine Festlegung im Ver­hältnis der ihnen zuerkannten Bedeutung, ansonsten in der Reihenfolge der ihnen zuerkannten Bedeutung sowohl hinsichtlich der (Haupt)Kriterien als auch der Subkriterien zu erfolgen. Dies insbesondere unter dem Gesichtspunkt des Diskriminierungsverbotes bzw. des Grundsatzes der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter. Wenngleich auch die Gewichtung des Hauptkriteriums für alle Bewerber bzw. Bieter feststand, so kann dennoch nicht die Gewichtung der Subkriterien für die Ausgestaltung des Angebotes durch den Bieter als unmaß­geblich erachtet werden. Auch kann eine nachträgliche Änderung oder Verschie­bung der Gewichtung der Subkriterien im Verhältnis zueinander nicht ausge­schlossen werden. Es ist daher grundsätzlich in der Nichtbekanntgabe der Gewichtung der Zuschlagskriterien eine Rechtswidrigkeit zu erblicken. Dem gegenüber ist aber der Antragstellerin entgegenzuhalten, dass eine Anfechtung der Ausschreibung bzw. der Festlegungen bzw. der Nicht-Festlegung der Sub­kriterien während der Angebotsphase von der Antragstellerin nicht vorgenommen wurde und diese daher bestandfest geworden sind. Zu beachten ist aber - wie bereits die Auftraggeberin rechtsrichtig ausgeführt hat -, dass nur jene Rechts­widrigkeiten zu einer Nichtigerklärung führen, die für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss sind (§ 7 Abs. 1 Z 2
Oö. VergRSG 2006). Die Auftraggeberin hat verbal und auch in der Bewer­tungsmatrix, welche der Antragstellerin letztlich zur Verfügung gestellt wurde, anschaulich dargelegt, dass das Angebot der Antragstellerin hinsichtlich des Kriteriums „Preis“ nur 0,3 % hinter dem Angebot der mitbeteiligten Partei liegt, beim Kriterium „Übereinstimmung Angebot mit Ausschreibung“ gleich mit dem Angebot der mitbeteiligten Partei bewertet wurde und beim Kriterium „ange­botene Technik“ sowohl bei Subkriterium 1 als auch bei Subkriterium 3 gleichauf mit der mitbeteiligten Partei bewertet wurde. Lediglich beim Subkriterium 2 „Minimumleistung der Kesselanlage“ liegt das Angebot der Antragstellerin zwar gleichauf mit dem Hauptangebot der mitbeteiligten Partei, allerdings 1,2 Punkte unter dem Alternativangebot der mitbeteiligten Partei. Daraus resultiert, dass sich der Unterschied zum Angebot der mitbeteiligten Partei lediglich aus der Bewertung des letztgenannten Subkriteriums „Minimumleistung der Kessel­anlage“ ergibt. Daraus resultiert weiter, dass sich auch bei einer anderen Auftei­lung der Bewertung der drei Subkriterien, da sich das Angebot der Antragstellerin vom Angebot bzw. Alternativangebot der mitbeteiligten Partei ansonsten nicht unterscheidet, nichts an der Bewertung des Angebotes der Antragstellerin ändern würde. Es ist daher kein wesentlicher Einfluss für den Ausgang des Vergabe­verfahrens festzustellen.

Den übrigen behaupteten Rechtswidrigkeiten ist einerseits die bestandfest gewordene Ausschreibungsunterlage entgegenzuhalten, andererseits die Bestim­mung des § 254 BVergG 2006, wonach der Sektorenauftraggeber mit dem Bieter oder den Bietern über den gesamten Leistungsinhalt verhandeln darf (Abs. 1) und in der Schlussphase eines Verhandlungsverfahrens mit mehreren Bietern auch mit nur einem Bieter verhandeln kann (Abs. 2 letzter Satz).

 

6. Gemäß § 23 Oö. VergRSG 2006 hat der Antragsteller bzw. die Antragstellerin, der bzw. die vor dem Landesverwaltungsgericht wenn auch nur teilweise obsiegt, Anspruch auf Ersatz der gemäß § 22 entrichteten Gebühren durch den Auftrag­geber bzw. die Auftraggeberin. Der Antragsteller bzw. die Antragstellerin hat ferner Anspruch auf Ersatz der zu entrichtenden Gebühren, wenn er bzw. sie während des anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird. Ein Anspruch auf Ersatz der Gebühren für einen Antrag auf einstweilige Verfügung besteht nur dann, wenn dem Nachprüfungsantrag (Hauptantrag) stattgegeben wird und dem Antrag auf einstweilige Verfügung stattgegeben wurde.

Da die Antragstellerin vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich teilweise obsiegt hat, war gemäß § 23 Abs. 1 und 2 Oö. VergRSG 2006 die Auftraggeberin zum Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von
4.500 Euro (für das Nachprüfungsverfahren und für die einstweilige Verfügung) zu verpflichten.

 

7. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis/diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwal­tungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Ilse Klempt