LVwG-150840/4/VG

Linz, 01.03.2016

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Verena Gubesch über die Beschwerde des L T (als Rechtsnachfolger nach G A und M H),  vertreten durch Dr. B W, Rechtsanwalt in x, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde A. vom 14. September 2015, GZ. 131-9/R-38/2014, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben, den

B E S C H L U S S

gefasst:

 

I. Die Beschwerde wird gemäß Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG iVm §§ 28 Abs. 1 und 31 Abs. 1 VwGVG mangels Beschwerdelegitimation als unzulässig zurückgewiesen.

 

II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Verfahrensgang, Sachverhalt:

 

1. Mit Eingabe vom 30. Juni 2014 (eingelangt am selben Tag) beantragte die x AG (in der Folge: Bauwerberin), die Erteilung einer Baubewilligung für die Neuerrichtung einer Siloanlage, die Erweiterung der bestehenden Siloanlage sowie den Abbruch und Neubau eines Bürogebäudes auf näher bezeichneten Grundstücken der EZ x, KG x. Mit Schreiben vom 3. November 2014 legte die Bauwerberin modifizierte Projektunterlagen vor. Die Baugrundstücke sind als „Industriegebiet“ gewidmet und von keinem Bebauungsplan umfasst.

 

2. Der Beschwerdeführer ist Alleineigentümer der Liegenschaft EZ x, KG x, welche zuvor jeweils zur Hälfte im Eigentum von G A und M H (in der Folge: Rechtsvorgängerinnen) stand. Diese Liegenschaft, bestehend aus den Grundstücken Nr. x und x, befindet sich – getrennt durch die B x A. Straße – nördlich der zu bebauenden Grundstücke.

 

3. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens, insbesondere der am 4. Dezember 2014 eröffneten und am 20. April 2015 fortgesetzten Bauverhandlung, erteilte der Bürgermeister der Marktgemeinde A. mit Bescheid vom 15. Juni 2015 die Baubewilligung für das modifizierte Bauvorhaben unter Vorschreibung diverser Bedingungen und Auflagen.

 

4. Der dagegen erhobenen Berufungen (u.a.) der Rechtsvorgängerinnen des Beschwerdeführers gab der Gemeinderat der Marktgemeinde A. (in der Folge: belangte Behörde) mit Bescheid vom 14. September 2015 keine Folge und ergänzte die erstinstanzlich erteilte Baubewilligung um eine zusätzliche Auflage.

 

5. Gegen diesen Berufungsbescheid erhob der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.

 

 

II. Beweiswürdigung:

 

Der unter Punkt I. dargestellte entscheidungswesentliche Verfahrensgang und Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und aus eigener Erhebung des Landesverwaltungsgerichts (Einholung eines aktuellen Grundbuchsauszuges zur Liegenschaft des Beschwerdeführers sowie eines Orthofotos aus dem digitalen oberösterreichischen Rauminformationssystem - DORIS). Da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass die Beschwerde zurückzuweisen war, konnte die beantragte öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 VwGVG entfallen.

 

 

III. Maßgebliche Rechtslage:

 

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid […] auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) […] zu überprüfen.

 

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG durch Beschluss.

 

Die hier maßgebliche Bestimmung der Oö. BauO 1994, LGBl. Nr. 66/1994, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 90/2013, lautet auszugsweise:

„§ 31
Einwendungen der Nachbarn

(1) Nachbarn sind

1. bei Wohngebäuden einschließlich der zugehörigen Stellplätze für Kraftfahrzeuge sowie der allenfalls vorgeschriebenen Neben- und Gemeinschaftsanlagen: die Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen der Grundstücke, die vom zu bebauenden Grundstück höchstens zehn Meter entfernt sind;

2. bei allen anderen Bauvorhaben sowie für die Nachbarrechte im Sinn des Abs. 5: die Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen der Grundstücke, die vom zu bebauenden Grundstück höchstens 50 Meter entfernt sind.

Die Stellung als Nachbar besteht jedoch jeweils nur unter der Voraussetzung, dass diese Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen durch das Bauvorhaben voraussichtlich in ihren subjektiven Rechten beeinträchtigt werden können. Personen, denen ein Baurecht zusteht, sind Grundeigentümern oder Grundeigentümerinnen gleichgestellt.

[…]

(4) Öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn sind im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechts oder eines Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Dazu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen. […]

[…]

(5) Beim Neubau von Wohngebäuden auf bisher unbebauten Grundstücken (heranrückende Bebauung) sind auch Einwendungen zu berücksichtigen, mit denen Immissionen geltend gemacht werden, die von einer bestehenden benachbarten Betriebsanlage oder von einem bestehenden benachbarten land- und forstwirtschaftlichen Betrieb ausgehen und auf das geplante Bauvorhaben einwirken. Dies gilt jedoch nur für Immissionen, die auf Grund rechtskräftiger Bescheide zulässig sind. In diesem Fall hat der Nachbar die entsprechenden Nachweise beizubringen.“

 

 

IV.         Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

Der Beschwerdeführer bringt zusammengefasst vor, dass im Jahr 1976 der Flächenwidmungsplan Nr. x der Marktgemeinde A. erarbeitet worden sei. Im Zuge dieses Verfahrens seien Immissionsschutzuntersuchungen eingeleitet worden. Ein deutlich unangenehmer Stärkegeruch sei in der Umgebung der x AG wahrgenommen worden. Im Verfahren habe man auch von einer brutalen optischen Wirkung des Mischfutterwerkes gesprochen. Es sei auf die Zone des charakteristischen Ortsbildes hingewiesen worden. Bei der Ausweisung von Flächen für die industriell-gewerbliche Nutzung sei darauf zu achten, dass nach außen hin ein hinreichender Immissionsschutz verwirklicht werden könne. Zwischen den einzelnen Funktionen des Baulandes sollten entsprechende Abstände eingehalten werden. In der Nähe bereits bestehender Betriebe sollte die Errichtung von Wohnbau unbedingt vermieden werden. Andererseits sollten entsprechende Ausdehnungsmöglichkeiten für bestehende Betriebe geschaffen werden. Die Gesellschaft der W. habe eine Wohnverbauung auf dem Grundstück Nr. x für Bedienstete der x schaffen wollen. Das habe der Ortsplaner wegen der Widmungskonflikte vehement abgelehnt. Der damalige Bürgermeister habe gebeten, die bestehenden Industrien streng von Wohnbaugebieten zu trennen und für diese Industrien entsprechende Erweiterungsgebiete vorzusehen. Das Schloss A. sollte mit dem Park als Kulturgut und die Auwälder für die Erholung erhalten bleiben. So sei es zur Widmung eines breiten Industriegebietes zwischen dem Renaissanceschloss A. und der B x A. gekommen. Ein Teil des Industriegebietes sei nur durch die B x A. von der Kernzone bzw. vom Wohngebiet getrennt. Andererseits stoße das Industriegebiet direkt an das Schlossgelände. Ein Bebauungsplan für das Industriegebiet sei nie beschlossen worden, auch nicht auf jenen Flächen, die an das Schlossgebäude bzw. an die B x heranreichten.

 

Bei der bestehenden Betriebsanlage der Bauwerberin sei der Abbruch und die anschließende Neuerrichtung des Verwaltungsgebäudes mit Brückenwaage sowie der Neubau einer Siloanlage mit Verlade-, Trocknungs- und Reinigungsausstattung vorgesehen. Im nordwestlichen Bereich der Betriebsanlage sollen insgesamt 29 Rundsilos mit einer Höhe von bis zu 31,5 m errichtet werden. Diese würden in etwa in Nord-Süd Ausrichtung in insgesamt vier Zeilen sowie einem Einzelstandort bei einer bestehenden Siloanlage platziert. Der geringste Abstand zur nördlich verlaufenden B x A. Straße betrage 14,68 m. Im südlichen Bereich zum angrenzenden Schloss A. sei ein Mindestabstand von 27 m zur Grundgrenze bzw. ca. 48 m zum Schloss gegeben. Zur nächstgelegenen Nachbargrundgrenze bei der Wohnbebauung nördlich der B x A. Straße würde der Abstand etwa 38 m betragen.

 

Am 4. September 2014 habe eine gewerberechtliche Verhandlung stattgefunden, an der auch die Baubehörde teilgenommen habe. Wegen des Wasserschutzgebietes sei eine Verschiebung der Siloanlage erforderlich gewesen. Das Mitglied der Ortsbildkommission habe bekannt gegeben, dass sehr wahrscheinlich mit neuerlichen Änderungen zu rechnen sei, weil die Baumaßnahmen vermutlich aus Gründen des Ortsbildschutzes zu modifizieren seien. Die Bauwerberin sollte das Projekt aktualisieren. Schließlich habe am 4. Dezember 2014 eine gemeinsam durchgeführte gewerbe- und baurechtliche Verhandlung stattgefunden. Die Bauverhandlung sei wegen noch fehlender Daten des Ortsbildbeirates unterbrochen worden. Im gewerberechtlichen Verfahren habe der Bürgermeister eine Stellungnahme abgegeben. Demnach wäre bei der Realisierung des eingereichten Projekts eine starke Verschlechterung der Situation für die Anrainer im Hinblick auf Lärm, Staub und Schmutzbelastung sowie Einbußen bei der Belichtung für die Objekte in der xstraße zu befürchten. Vor allem in den Monaten Oktober bis März sei mit stark eingeschränktem Lichteinfall zu rechnen, was für die betroffenen Grundstücke einen deutlichen Wertverlust bedeuten würde. Betreffend Ortsbildschutz seien die Höhe der Silos sowie deren Anzahl für diesen Standort nicht vertretbar. Es sei eine Reduzierung der Anzahl, sowie eine Reduzierung der Höhe der Silos gewünscht worden. Es sei weiters die Auffassung vertreten worden, dass das gesamte Projekt südlich im Anschluss an das bestehende x Betriebsgelände besser situiert wäre, weshalb gefordert worden sei, diese Variante auf ihre Realisierbarkeit zu prüfen. Bei Umsetzung dieser Variante würden die Befürchtungen nicht zum Tragen kommen.

 

Am 20. April 2015 sei die Bauverhandlung wieder aufgenommen worden. Die Rechtsvorgängerinnen des Beschwerdeführers hätten dort bereits auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 18.6.2014, B 683/2012, verwiesen, welches auf die Situation in x umgelegt werden könne. Es sei kritisiert worden, dass beim gegenständlichen Projekt im Randbereich der Widmung ein Bebauungsplan fehle. Ein Bebauungsplan hätte die Interessen sowohl der Nachbarn als auch des Ortsbildes berücksichtigt. Ohne wesentlichen Puffer stoße die Widmung „Industriegebiet“ an das Kerngebiet, das auch Wohngebiet darstelle. Eine niedrigere Verbauung des Industriegebietes nahe dem Kerngebiet würde dem Ortsbild entsprechen.

 

Zum nunmehr angefochtenen Bescheid bringt der Beschwerdeführer vor, die belangte Behörde argumentiere damit, dass für die Erteilung einer Baubewilligung in keinster Weise die Existenz eines Bebauungsplanes Voraussetzung wäre. Die Nachbarn hätten keinen Rechtsanspruch auf die Erlassung eines Bebauungsplanes, weil es sich um eine Verordnung handle. Die belangte Behörde sei an die Widmung „Industriegebiet“ gebunden. Diesen Ausführungen entgegnet der Beschwerdeführer im Wesentlichen, dass auch wenn der Ortsbildschutz und dessen mangelnde Beachtung von den Nachbarn nicht geltend gemacht werden könne, der Verfassungsgerichtshof bei einem fehlenden Ortsbildkonzept über den Gleichheitssatz zu subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten komme. Regelungen über das äußere Erscheinungsbild im Ortsbildkonzept könnten nämlich Nachbarrechte im Sinne des § 26 des steiermärkischen Baugesetzes berühren. Für den Fall, dass für ein Ortsbildschutzgebiet das rechtlich erforderliche Ortsbildkonzept (noch) nicht vorliege, verletze die Abweisung der Vorstellung eines Nachbarn das Gleichheitsrecht. Ohne Vorliegen eines rechtlich erforderlichen Ortsbildkonzeptes sei die Erteilung der Baubewilligung daher nicht zulässig. Der Beschwerdeführer führt diesbezüglich aus, dass diese Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes zwar zugegebenermaßen zu einem steirischem Fall ergangen sei, diese könne aber analog auf das gegenständliche Verfahren nach dem oberösterreichischen Baurecht angewendet werden. Fehle in der Steiermark am Hauptplatz von L ein aufzustellendes Ortsbildkonzept, aus dem sich Nachbarrechte ergeben hätten, so fehle für das Bauverfahren in x ein Bebauungsplan, aus dem die Anrainer in der xstraße subjektiv-öffentliche Rechte hätten ableiten können.

 

1976/1977 sei das Industriegebiet gewidmet und in weiterer Folge kein Bebauungsplan erlassen worden. Die nun zur Bebauung mit Silos vorgesehenen Flächen seien als Erweiterungsgebiet fast 40 Jahre unbebaut, also Reserveflächen, geblieben. Die zwischen D. und B x befindlichen Flächen der Marktgemeinde A. seien als Betriebsbaugebiet gewidmet worden, nicht als Industriegebiet. Warum zwischen der B x A. Straße und den bisherigen Siloanlagen und auch zum Schloss hin kein Betriebsbaugebiet im Sinne einer abgestuften Widmung vorgesehen worden sei, sei schwer nachzuvollziehen. Seit 20-30 Jahren beschäftige sich der Verfassungsgerichtshof mit der heranrückenden Wohnbebauung bzw. störenden Gewerbe- und Industriebetrieben im Wohngebiet. Er habe in seiner Rechtsprechung den Gedanken der weitestmöglichen Beeinträchtigungsfreiheit entwickelt. Nach dem das Oö. Raumordnungsgesetz das Berücksichtigungsgebot kenne, gelte dies umso mehr, wenn unbebaute Grundstücke im Spiel seien. Der Beschwerdeführer verweist im Zusammenhang mit der heranrückenden Wohnbebauung noch auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 28.11.1985, V 27/85, betreffend einen Flächenwidmungsplan der Gemeinde A.. In diesem Erkenntnis habe der Verfassungsgerichtshof ausgeführt, dass bei einem unmittelbaren Zusammenstoßen von bereits zu Wohnzwecken verbauten Flächen und Industriearealen von der Planung her eine gegenseitige Beeinträchtigung in vielen Fällen kaum vermeidbar sei. Wenn aber zwischen einem - noch dazu mit starken Emissionen verbundenen - Betriebsbaugebiet und einem bewohnten Gebiet unverbaute Flächen lägen, dann scheine es, dass deren Widmung als gemischtes Baugebiet (auf welchem auch Wohngebäude errichtet werden dürften) mit dem Gebot der möglichsten Vermeidung gegenseitiger Beeinträchtigungen nicht vereinbar sei. Der Beschwerdeführer vermeint, dass dieses Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom November 1985 stamme, weshalb man dem Verordnungsgeber von 1976/77 daraus keinen Vorwurf machen könne. Jedoch hätte in der Änderung des Flächenwidmungsplanes Nr. x dieses Erkenntnis bereits berücksichtigt werden müssen. Zumindest hätte durch die Erlassung eines Bebauungsplanes dieser Widmungskonflikt sowohl aus Sicht des Nachbarschutzes als auch aus Sicht des Ortsbildschutzes vermieden werden können. Die Bauwerberin hätte sich daher bei ihren langfristigen Planungen darauf einstellen und unter Umständen im Süden Ersatzflächen beschaffen können.

 

Dieses Vorbringen führt die Beschwerde aus folgenden Gründen nicht zum Erfolg:

 

Der Beschwerdeführer ist aufgrund seiner Rechtsnachfolge im Eigentum an der Liegenschaft EZ x, KG x, unstrittig Nachbar gemäß § 31 Abs. 1 Oö. BauO 1994. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht der Nachbarn im Baubewilligungsverfahren aber in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat. Der Nachbar kann daher nur eine Verletzung seiner ihm vom Gesetz eingeräumten subjektiv-öffentlichen Rechte geltend machen (vgl. etwa VwGH 24.2.2015, 2013/05/0054, mwN). Der Nachbar behält seine Parteistellung im Baubewilligungsverfahren zudem nur, wenn er (taugliche) Einwendungen im Rechtssinn erhoben hat. Eine Einwendung in diesem Sinne liegt nur dann vor, wenn aus dem Vorbringen des Nachbarn zu erkennen ist, in welchem vom Gesetz geschützten Recht er sich durch die beabsichtigte Bauführung verletzt erachtet. Er muss zwar das Recht, in dem er sich verletzt erachtet, nicht ausdrücklich bezeichnen und auch nicht angeben, auf welche Gesetzesstelle sich seine Einwendung stützt, und er muss seine Einwendung auch nicht begründen, jedoch muss daraus erkennbar sein, welche Rechtsverletzung behauptet wird (VwGH 15.11.2011, 2008/05/0146 und 27.2.2013, 2010/05/0203 jeweils mwN). Jedenfalls hat das Landesverwaltungsgericht die hier gegenständliche Nachbarbeschwerde nur insoweit zu prüfen, als die Frage einer Verletzung von subjektiv-öffentlichen Rechten Gegenstand ist (VwGH 27.8.2014, Ro 2014/05/0062, mwH; dieser Entscheidung folgend VwGH 17.12.2014, Ro 2014/03/0066).

 

Vor diesem Hintergrund kann der belangten Behörde aber nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie ausführte, dass der Nachbar auf die Erlassung eines Bebauungsplanes kein Recht hat. Ein Bebauungsplan hat Verordnungscharakter (vgl. VwGH 10.9.1974, 0491/74). Hinsichtlich eines solchen generellen Rechtssetzungsaktes besteht kein im Verwaltungsverfahren unmittelbar verfolgbares subjektiv-öffentliches Recht des Nachbarn (insofern vergleichbar VwGH 23.4.1991, 89/05/0011 zur Änderung von Flächenwidmungsplänen). Vielmehr können sich subjektiv-öffentliche Rechte der Nachbarn nur aus bestehenden Bauvorschriften, nicht aber aus der der Behörde allenfalls an die Hand gegebenen Möglichkeit, derartige Bestimmungen festzusetzen, herleiten lassen (VwGH 14.9.1964, 0884/64, VwSlg. 6420/A). Das Beschwerdevorbingen zum Fehlen eines Bebauungsplanes geht daher ins Leere.

 

Mit dem übrigen Beschwerdevorbringen rügt der Beschwerdeführer, dass das gegenständliche Bauvorhaben, insbesondere die Größe und Anzahl der Silos, das Ortsbild störe und fordert im Wesentlichen eine analoge Anwendung höchstgerichtlicher Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu einer Rechtsangelegenheit in der Steiermark. Dem ist aber entgegenzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof zu der hier ausschließlich relevanten Rechtslage in Oberösterreich ein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht zu Ortsbildfragen klar abgelehnt (VwGH 15.6.2010, 2009/05/0212; 16.11.2010, 2009/05/0342; 24.2.2015, 2013/05/0054, jeweils mwN). Die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Rechtslage in der Steiermark ist auf den gegenständlichen Fall daher schon deshalb nicht übertragbar. Das Beschwerdevorbringen bietet keinen Anlass von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abzugehen.

 

Der Vollständigkeit halber ist noch festzuhalten, dass im gegenständlichen Beschwerdefall auch kein Neubau eines Wohngebäudes auf bisher unbebauten Grundstücken (heranrückende Wohnbebauung) verfahrensgegenständlich ist, weshalb auch das diesbezügliche Beschwerdevorbringen hier nicht relevant ist.

 

Gemäß Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG ist zur Erhebung einer Parteibeschwerde an das Verwaltungsgericht legitimiert, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Nach allgemeinen Grundsätzen impliziert eine solche Beschwerde auch ein Rechtsschutzbedürfnis des Beschwerdeführers. Daher muss diese Behauptung nicht nur aufgestellt werden, sondern auch zutreffen können, d.h. die Verletzung in eigenen Rechten möglich sein (Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht5 [2014] Rz 1027). Da der Beschwerdeführer aber im Ergebnis keine mögliche Verletzung in subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten aufzeigte, war die Beschwerde mangels Beschwerdelegitimation zurückzuweisen.

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe dazu insbesondere die in dieser Entscheidung zitierte höchstgerichtliche Judikatur zum eingeschränkten Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren). Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Verena Gubesch

Beachte:

Die Behandlung der Beschwerde wurde abgelehnt.

VfGH vom 22. September 2016, Zl.: E 706/2016-19