LVwG-840085/9/KLi/IH

Linz, 05.04.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Dr. Lidauer über den Antrag vom 16. Februar 2016 der Z H- u T GmbH, x, A, vertreten durch die H, M & P Rechtsanwälte OG, x, W, auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung vom 4. Februar 2016 im Vergabeverfahren „Bauvorhaben Gemeinde N, Ortskanalisation BA X und Wasserversorgung BA X, GZ: x“ der Auftraggeberin Gemeinde N, x, N, vertreten durch die ausschreibende Stelle, d Z GmbH, x, A, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

zu Recht    e r k a n n t :

I.         Der Antrag vom 16. Februar 2016 auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung vom 4. Februar 2016, der Antragstellerin zugestellt am 9. Februar 2016, wird gemäß §§ 1, 2 und 7
Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 - Oö. VergRSG 2006,
LGBl. Nr. 130/2006 idF LGBl. Nr. 90/2013, abgewiesen.

 

II.      Der Antrag, der Gemeinde N den Ersatz der Pauschalgebühr für diesen Antrag zu Handen der ausgewiesenen Vertreter der Antragstellerin aufzuerlegen, wird abgewiesen.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I.1.            Mit Eingabe vom 16. Februar 2016 hat die Z H- u T GmbH (im Folgenden: Antragstellerin) einen Antrag auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung vom 4. Februar 2016 sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin als Antragsgegnerin für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens im hier gegenständlichen Vergabeverfahren die Bekanntgabe der Zuschlags-entscheidung, in eventu die Erteilung des Zuschlages zu untersagen, gestellt. Im Übrigen wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von insgesamt 1.500 Euro beantragt.

 

Begründend führte die Antragstellerin aus, die Auftraggeberin, Gemeinde N (im Folgenden: Antragsgegnerin), führe unter der Bezeichnung „Bauvorhaben Gemeinde N, Ortskanalisation BA X und Wasserversorgung BA X,
GZ: x“ ein Vergabeverfahren zur Vergabe von Bauleistungen durch. Ausschreibende Stelle sei die d Z GmbH.

 

Die Antragsgegnerin habe als Sektorenauftraggeberin nach dem BVergG 2006 einen Bauauftrag im Unterschwellenbereich ausgeschrieben. Als Verfahrensart sei das „nicht offene Verfahren“ (ohne nähere Angaben) gewählt worden. Tatsächlich sei es ein nicht offenes Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung bzw. vorherigen Aufruf zum Wettbewerb. Eine erste Verfahrensstufe habe nicht stattgefunden. Der Zuschlag habe dem Angebot mit dem niedrigsten Preis erteilt werden sollen (Billigstbieterprinzip).

 

Die Antragsgegnerin habe die Antragstellerin mit Schreiben vom
22. Dezember 2015 zur Teilnahme am Vergabeverfahren und Legung eines Angebotes eingeladen. Grundlage des Angebotes hätten die in Punkt B 2 der als „Angebotsschreiben“ bezeichneten Verfahrensunterlage angeführten „Angebots­unterlagen“ sein sollen. Diese würden aus dem Angebotsschreiben, dem Leistungsverzeichnis samt Text, allfälliger Z-Positionen, dem Verzeichnis der Ausschreiberlücken, dem Verzeichnis der Bieterlücken, dem Datenträger und Plänen bestehen. Die Verfahrensunterlagen seien nach Kenntnisstand der Antragstellerin nicht angefochten worden und seien somit bestandsfest. Die Antragstellerin habe sich ordnungsgemäß am Vergabeverfahren beteiligt und entsprechend den Festlegungen der Auftraggeberin im Vergabeverfahren die jeweiligen Verfahrensschritte bis hin zur rechtzeitigen Vorlage eines ausschrei­bungs- sowie gesetzeskonformen Angebotes gesetzt.

 

Die Öffnung der Angebote habe am 22. Jänner 2016 stattgefunden. Das Angebot der Antragstellerin weise eine Angebotssumme von 877.407,50 Euro (exklusive USt) aus und sei als preislich niedrigstes Angebot an 1. Stelle gereiht worden.

 

Mit am 9. Februar 2016 postalisch zugestelltem Schreiben vom 4. Februar 2016 habe die ausschreibende Stelle der Antragstellerin für die Antragsgegnerin mitgeteilt, dass ihr Angebot unvollständig ausgepreist sei und „somit gemäß
§ 129 Abs. 7 auszuscheiden“ wäre. Daraus folge, dass, wenn das Angebot der Antragstellerin nicht ausgeschieden worden wäre, die Zuschlagsentscheidung zu Gunsten der Antragstellerin ausfallen hätte müssen, da die Antragstellerin das Angebot mit dem niedrigsten Preis gelegt habe.

 

Das Vergabeverfahren befinde sich nach Kenntnisstand der Antragstellerin im Stadium der Zuschlagserteilung (und vor Widerruf). Eine Zuschlagsentscheidung sei der Antragstellerin bislang nicht zugestellt oder sonst bekanntgegeben worden. Die Frist für die Bekämpfung der genannten Entscheidung der Auftrag­geberin ende am 16. Februar 2016.

 

Die Zulässigkeit des vorliegenden Antrages sei nach dem BVergG 2006 und dem Oö. VergRSG 2006 zu beurteilen. Nach dem B-VG erkenne das Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich über Nachprüfungsanträge betreffend Entscheidungen von Auftraggebern in Verfahren nach den bundesrechtlichen  Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens, die in den Vollzugsbereich des Landes Oberösterreich fallen würden.

 

Gemäß § 2 Abs. 1 iVm § 1 Oö. VergRSG 2006 sei das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich für die Nachprüfung von Entscheidungen zuständig, die die hier tätige öffentliche Auftraggeberin (Antragsgegnerin) betreffen würden.

 

Das Vergabeverfahren befinde sich im Stadium vor Widerruf und Zuschlags­entscheidung, sodass das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Erlas­sung der einst­weiligen Verfügung (§ 8 Oö. VergRSG 2006) und zur Nichtig­erklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen der Antragsgegnerin zuständig sei (§ 2 Abs. 2 und Abs. 3 Oö. VergRSG 2006).

 

Das antragsgegenständliche Vergabeverfahren trage die Bezeichnung „Bauvor­haben Gemeinde N, Ortskanalisation BA X und Wasser­versorgung BA X,
GZ: x“. Fallweise verwende die ausschreibende Stelle dafür auch die Bezeichnung „Ortskanalisation BA X und WVA BA X“ - etwa im Leistungsverzeichnis - oder „ABA BA X, WVA BA X und Straßenbau“ - etwa in der bekämpften Entscheidung.

 

Die Antragstellerin bekämpfe die gesondert anfechtbare und rechtswidrige Entscheidung der Antragsgegnerin (§ 5 Abs. 1 Oö. VergRSG 2006), Entscheidung über das Ausscheiden des Angebotes der Antragstellerin (Ausscheidensent­scheidung) vom 4. Februar 2016.

 

Die Antragsgegnerin führe im Schreiben vom 4. Februar 2016 als Rechts­grundlage „§ 129 Abs. 7“ (ohne Gesetzesangabe) an. Eine solche Norm finde sich im BVergG nicht. Gemeint sei wohl § 129 Abs. 1 Z 7 BVergG, dort finde sich der Ausscheidensgrund des den Ausschreibungsbestimmungen widersprechenden Angebotes. Allerdings sei nach den bestandsfesten Festlegungen der Auftrag­geberin diese als Sektorenauftraggeberin tätig. Somit komme § 129 BVergG nicht zur Anwendung. Aus Gründen der Vorsicht bekämpfe die Antragstellerin die Ausscheidensentscheidung vom 4. Februar 2016, auch wenn diese auf eine nicht anwendbare Rechtsgrundlage gestützt sei. Gemäß § 2 Z 16 lit. a) sublit. bb) bzw. cc) BVergG gilt als gesondert anfechtbare Entscheidung in nicht offenen Verfahren jedenfalls die Entscheidung über das Ausscheiden eines Angebotes. Da der Inhalt des Schreibens vom 4. Februar 2016 auf das Ausscheiden des Angebotes der Antragstellerin gerichtet sei, komme dieses jedenfalls als bekämpfbare Entscheidung in Frage.

 

Die Antragsgegnerin habe die bekämpfte Ausscheidensentscheidung mit Schreiben vom 4. Februar 2016 bekanntgegeben und habe sie der Antragstellerin ausschließlich mit am 8. Februar 2016 zur Post gegebenem Schreiben zugestellt. Dieses Schreiben sei bei der Antragstellerin am 9. Februar 2016 eingelangt. Dies habe die Anfechtungsfrist von 7 Tagen gemäß § 4 Abs. 2 Oö. VergRSG 2006 ausgelöst. Der vorliegende Antrag auf Nachprüfung und Nichtigerklärung der bekämpften Ausscheidensentscheidung sei somit fristgerecht eingebracht worden.

 

Durch die Rechtswidrigkeit der gesondert anfechtbaren Entscheidung der Antragsgegnerin sei die Antragstellerin in ihren Rechten auf Durchführung eines den gesetzlichen Bestimmungen des BVergG entsprechenden Verfahrens durch die Auftraggeberin; Teilnahme an einem gesetzeskonformen Vergabeverfahren nach dem BVergG, insbesondere in den ihr gesetzlich zustehenden Rechten auf Gleichbehandlung, Transparenz und Nichtdiskriminierung in einem solchen; rechtskonforme Gestaltung sämtlicher Verfahrensschritte und Festlegungen durch die Auftraggeberin; ordnungsgemäße und rechtskonforme Durchführung, Fortsetzung und Beendigung des Vergabeverfahrens; Einhaltung des Gebotes des fairen, transparenten und lauteren Wettbewerbes, vor allem auf gesetzes- und ausschreibungskonforme Prüfung, Beurteilung und Bewertung ihres Angebotes; speziell in ihrem Recht auf Nichtausscheiden ihres Angebotes bei Fehlen von Ausscheidensgründen sowie letztlich in ihren Rechten auf Zuschlagsentscheidung und auf Zuschlagserteilung zu ihren Gunsten verletzt.

 

Weiters berufe sich die Antragstellerin auch ausdrücklich darauf, in allen Rechten verletzt zu sein, die an dieser Stelle des Antrages nicht ausdrücklich genannt würden, sich aber aus der Gesamtheit des Antrages ergeben würden.

 

 

Das Interesse der Antragstellerin am Vertragsabschluss sei schon durch die Abgabe eines gesetzes- und ausschreibungskonformen Angebotes evident. Das besondere Interesse am Vertragsabschluss ergebe sich auch aus dem Umstand, dass der Unternehmensgegenstand der Antragstellerin unter anderem in den ausgeschriebenen Leistungen liege und sie zur Erbringung der ausgeschriebenen Leistungen fähig und befugt sei. Im Übrigen sei das Interesse der Antragstellerin auch durch den vorliegenden Nachprüfungsantrag dokumentiert.

 

Infolge der bekämpften rechtswidrigen Entscheidung der Auftraggeberin, die Gegenstand dieses Nachprüfungsantrages sei, würden der Antragstellerin erhebliche Schäden drohen. Nach der ständigen Rechtsprechung der Vergabe­kontrollinstanzen umfasse der Begriff des Schadens nicht nur bloße Vermögens­schäden im Sinne des Zivilrechtes, sondern ganz allgemein jene Nachteile, die in der Beeinträchtigung der Möglichkeiten liegen, an einem Vergabeverfahren teilzunehmen.

 

Ein dem Antragsteller drohender Schaden liege bereits dann vor, wenn die Möglichkeit des Antragstellers, am Vergabeverfahren teilzunehmen, durch die behauptete Rechtswidrigkeit beeinträchtigt werden könnte. Dem Erfordernis, einen drohenden oder eingetretenen Schaden dar­zutun, werde im Nach­prüfungsantrag im Übrigen bereits dann entsprochen, wenn die entsprechende Behauptung plausibel sei. Ins Einzelne gehende „genaueste“ Darlegungen seien nicht geboten. Auch der Verlust eines Referenzprojektes werde von der herrschenden Meinung als Schaden gesehen.

 

Der Antragstellerin wäre bei rechtskonformem Vorgehen der Auftraggeberin der Zuschlag zu erteilen. Die der Antragstellerin aufgrund der rechtswidrigen Vorgangsweise der Auftraggeberin drohenden Schäden seien somit evident. Es sei evident, dass jedem Bieter bei Zuschlagserteilung auf das Angebot eines Mitbewerbers ein Schaden in Form von Gewinnentgang bzw. Verlust des Deckungsbeitrages drohe.

 

Weiters seien der Antragstellerin durch die Teilnahme am Vergabeverfahren, insbesondere die Angebotserstellung und -legung Kosten entstanden, die durch das Ausscheiden ihres Angebotes frustriert würden. Des Weiteren würden die Kosten des vorliegenden Nachprüfungsverfahrens, insbe­sondere der rechts­freundlichen Vertretung der Antragstellerin und der Pauschal­gebühren gemäß
§ 22 Oö. VergRSG 2006 in der Höhe von 1.500 Euro und die Gebühren gemäß GebG einen drohenden Schaden der Antragstellerin darstellen. Diese Schäden seien nur durch die Stattgabe des gegenständlichen Antrages auf Nichtig­erklärung der hier bekämpften rechtswidrigen Auftraggeberentscheidung zu verhindern.

 

 

Die Antragstellerin weise darauf hin, dass der Angebotspreis niedriger sei, als der aller anderen Bieter in diesem Vergabeverfahren. Aufgrund der Festlegung der Antragsgegnerin auf das Billigstbieterprinzip folge daraus logischerweise, dass der Antragstellerin der Zuschlag zu erteilen wäre, wäre ihr Angebot nicht ausge­schieden worden. Der Antragstellerin komme daher jedenfalls Antragslegiti­mation zu.

 

Die hier angefochtene Auftraggeberentscheidung vom 4. Februar 2016 sei rechtswidrig, da die Auftraggeberin das Angebot der Antragstellerin zu Unrecht ausgeschieden habe und es somit unterlassen habe, die Antragstellerin als diejenige Bieterin im Vergabeverfahren, die offenkundig das Angebot mit dem niedrigsten Angebotspreis gelegt habe, als präsumtive Zuschlagsempfängerin für die Zuschlagserteilung vorzusehen. Die Antragsgegnerin begründe ihre Entschei­dung über das Ausscheiden des Angebotes der Antragstellerin vom
4. Februar 2016 damit, dass bestimmte Leistungen gegenüber dem Ausschrei­bungstext im Positionspreis der Antragstellerin für die LIV-Position x nicht enthalten gewesen wären. Sie stütze dies auf das Begleitschreiben der Antragstellerin vom 21. Jänner 2016 zum Angebot. Dieser Ausscheidungsgrund sei nicht zutreffend, die der Antragstellerin gemachten Vorhaltungen seien unrichtig, das Ausscheiden des Angebotes der Antragstellerin könne nicht auf diesen Grund (oder andere) gestützt werden.

 

Die Antragsgegnerin, vertreten durch die ausschreibende Stelle, führe in ihrem Schreiben vom 4. Februar 2016 aus:

 

„Unter anderem war ein Preis für die Herstellung eines kompletten Retentions­beckens
(Pos. x) abzugeben. Gemäß Ausschreibungsunterlagen, GZ: x ist in dieser Position die Herstellung eines Retentionsbeckens gemäß Lageplan x bzw. den beiden Plänen mit den Profilen 1-6, Plan x/05.01 und 05.02 enthalten. Im Text dieser Position heißt es weiter: Die Leistung beinhaltet die komplette Anlage, d.h. alle Erdarbeiten (Aushub, Verfuhr und Deponie), Dammschüttung mit vorhandenem Material aus dem Leitungsbau und der Humusierung aus vorhandenem Material inkl. Einsaat, inkl. Wasserhaltung, Herstellung der befestigten Ein- und Auslaufbereiche, das Anle­gen des Rund- und Erhaltungsweges aus mind. 30 cm Frostkoffermaterial und einer Deckschicht aus ‚Weißenbacher Schotter‘ (B = 2,0 bzw. 3,0 m), der drei Holzbrücken, dimensioniert für Fußgänger bzw. Kleintraktor mit Betonfundament (3,0
x 1,5 m, 3,0 x 3,0 m bzw. 4,0 x 3,0 m) inkl. Geländer, liefern und verlegen der Drosselleitung. Weiters ist die Begrünung des Beckens und der Böschungen mit Normalsaat einzurechnen.

 

Größe des Sickerbeckens:

Beckenfläche: 3.300 m2

Speichervolumen: 3.462 m3  bei Wasserstand 1,45 m

 

Außerdem lagen den Ausschreibungsunterlagen Typenpläne über die Ein- und Auslaufbereiche bei.

Gemäß Ihrem Schreiben vom 21.1.2016, welches Sie dem Angebot beigelegt hatten, sind folgende Leistungen gegenüber dem Ausschreibungstext in Ihrem Positionspreis nicht enthalten:

Alle Erd-, Schal-, Bewehrungs- und Betonarbeiten für Aus- und Einlaufbauwerke

Schlosserarbeiten für verzinkte Gitter und Rechen

Rohrbettung bei Drossel

Aushub und Verfüllung für Drossel und offene Gräben

Pflaster- und Betonarbeiten für den Notüberlauf

Somit wurde Ihr Angebot unvollständig ausgepreist und ist somit gemäß § 129 Abs. 7 auszuscheiden.“

 

Die Antragsgegnerin zitiere jedoch nicht vollständig aus dem Schreiben der Antragstellerin. Konkret präzisiere die Antragstellerin den von ihr angebotenen Preis zur Position AB x Retentionsbecken, indem sie ausführe, dass zusätzlich zur Leistungsbeschreibung im angebotenen Pauschalpreis noch weitere Leistungen enthalten seien.

 

Zu den nicht im Pauschalpreis zu dieser LV-Position enthaltenen Arbeiten, die auch im Schreiben der Antragsgegnerin zitiert würden, führe die Antragstellerin einleitend aus: „Nicht im Pauschalpreis sind die in der LV-Position nicht angeführten Arbeiten wie folgt:" und sie habe dann diese Arbeiten aufgezählt.

 

Daraus ergebe sich, dass die Antragstellerin jedenfalls sämtliche zur Leistungspo­sition zählenden Arbeiten angeboten habe. Denn unter der einleitenden Bemerkung „zu den nicht im Pauschalpreis enthaltenen Arbeiten“ sei nichts anderes zu verstehen, als dass eben nur die in der LV-Position nicht enthaltenen Arbeiten nicht im Pauschalpreis enthalten seien. Mit anderen Worten: Sämtliche sich aus dem LV und dem Langtext ergebenden Leistungspositionen seien im Pauschal­preis enthalten. Von den im Begleitschreiben der Antragstellerin vom
21. Jänner 2016 genannten Arbeiten, die nicht im Pauschalpreis enthalten seien, finde sich keine Tätigkeit im Langtext zur Position x Reten­tions­becken im Leistungsverzeichnis.

 

Die Antragstellerin präzisiere in ihrem Schreiben vom 21. Jänner 2016 auch, dass in ihrem Pauschalpreis zur genannten Position im LV zusätzlich zur Leistungs-beschreibung“ weitere Leistungen enthalten seien. Das Schreiben der Antrag-
stellerin vom 21. Jänner 2016 könne daher nicht anders verstanden werden, als dass selbstverständlich die geforderten Arbeiten laut dem LV im von der Antragsgegnerin geforderten Pauschalpreis enthalten seien. Die
Vorhaltung der Antragsgegnerin im Schreiben vom 4. Februar 2016, wonach bestimmte Leistungen gegenüber dem Ausschreibungstext in ihrem Positionspreis nicht enthalten“ wären, sei unrichtig. Die dort genannten Arbeiten seien nicht Teil des Leistungs­verzeichnisses und würden sich auch aus dem Langtext nicht ableiten lassen.

 

Die Antragstellerin habe somit sämtliche in der LV-Position x
angeführten Tätigkeiten angeboten.
Das ergebe sich einerseits daraus, dass keine darin enthaltenen Tätigkeiten im Begleitschreiben vom 21. Jänner 2016 ausgeschlossen worden seien und darüber hinaus, dass aus der Einleitung der Aufzählung der im Pauschalpreis enthaltenen Leistungen durch die Wendung „zusätzlich zur Leistungsbeschreibung“ klar hervorgehe, dass die Inhalte der LV-Position wie beschrieben jedenfalls kalkuliert und - im Pauschalpreis für diese LV-
Position - angeboten worden seien.
Das Ausscheiden des Angebotes der Antragstellerin sei daher zu Unrecht erfolgt.

 

Die Antragstellerin stütze die Bekämpfung der angefochtenen Auftraggeberent-
scheidung und ihren Antrag auf Nichtigerklärung derselben der Vollständigkeit
halber auch darauf, dass in der Entscheidung keine taugliche Rechtsgrundlage
für dieselbe genannt worden sei und die Ausscheidungsentscheidung daher schon
aus formalen Gründen unwirksam sei.

 

Die Antragstellerin rüge die angeführten Rechtswidrigkeiten ausdrücklich auch als Mängel des Vergabeverfahrens und damit als eigenständige Rechtswidrigkeit. Die Antragsgegnerin habe es insbesondere unterlassen, die Angebotsprüfung im Hinblick auf das Angebot der Antragstellerin ordnungsgemäß durchzuführen bzw. zu beenden.

 

Hätte die Antragsgegnerin nicht zu Unrecht das Angebot der Antragstellerin aus­geschieden, wäre dieses im Verfahren verblieben. Aufgrund der bestandsfesten Festlegung der Antragsgegnerin auf das Billigstbieterprinzip hätte die Antrags­gegnerin somit die Antragstellerin als präsumtive Zuschlagsempfängerin bekanntgeben müssen.

 

Die von der Antragstellerin geltend gemachte Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung der Antragsgegnerin sei zweifellos von wesentlichem Einfluss auf den Ausgang des Vergabeverfahrens. Dies sei nämlich bereits dann anzunehmen, wenn die festgestellte Rechtswidrigkeit Auswirkungen auf den Verfahrensausgang habe und somit ein anderes Ergebnis des Vergabeverfahrens bewirken könnte. Es genüge also eine bloß potenzielle Relevanz für den Ausgang des Vergabe­verfahrens. Die Antragsgegnerin hätte das Vergabeverfahren ordnungsgemäß und gesetzeskonform gestalten müssen und das Angebot der Antragstellerin nicht ausscheiden dürfen. Sie hätte die Zuschlagsentscheidung zu Gunsten der Antragstellerin treffen und bekanntgeben müssen, um der Antragstellerin nach Ablauf der Stillhaltefrist den Zuschlag zu erteilen.

 

Die Antragstellerin behalte sich vor, zu Rechtswidrigkeitsgründen betreffend die bekämpfte Auftraggeberentscheidung im weiteren Verfahren weiter auszuführen, insbesondere nach Akteneinsichtnahme.

 

Die Antragstellerin richtet daher an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Anträge, das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich wolle ein Nach­prüfungsverfahren zur Prüfung der geltend gemachten Rechtswidrigkeiten einleiten und gemäß § 18 Abs. 2 Oö. VergRSG 2006 die Auftraggeberin davon verständigen; die am 4. Februar 2016 der Antragstellerin bekanntgegebene Autraggeberentscheidung im Vergabeverfahren „Bauvorhaben Gemeinde N, Ortskanalisation BA X und Wasserversorgung BA X, GZ: x“, auch als „N ABA, BA X und WVA, BA X“ bezeichnet, nämlich die Entscheidung vom 4. Februar 2016 über das Aus-scheiden des Angebotes der Antragstellerin für nichtig erklären, in eventu die mit diesem Antrag angefochtene Auftraggeberentscheidung vom 4. Februar 2016 für nichtig erklären; eine mündliche Verhandlung durchführen (§ 19 Oö. VergRSG 2006); der Antragstellerin Akteneinsicht in den Vergabeakt und in den Nachprüfungsakt gewähren (§ 17 AVG) und die Auftraggeberin als Antrags­gegnerin zum Ersatz der von der Antragstellerin entrichteten Gebühren in der gesetzlichen Höhe gegenüber der Auftraggeberin binnen 14 Tagen zu Handen der Vertreterin der Antragstellerin bei sonstiger Exekution verpflichten.

 

 

I.2. Die Antragsgegnerin, bzw. vertreten durch die ausschreibende Stelle, hat sich am Nachprüfungsverfahren beteiligt.

 

I.2.1. Mit Eingabe vom 19. Februar 2016 legte die Antragsgegnerin die Angebotsunterlagen der Antragstellerin im Original sowie das Prüfprotokoll im Original vor.

 

Ferner führte die Antragsgegnerin aus, dass aufgrund der Angebotsprüfung durch den beauftragten Ziviltechniker (ausschreibende Stelle) und des Vergabevor­schlages in der Gemeinderatssitzung vom 11. Februar 2016 der einstimmige Beschluss gefasst worden sei, (vorbehaltlich) der Zustimmung des Amtes der
Oö. Landesregierung, den Auftrag an die nunmehr zweitgereihte Bieterin zu vergeben. Die Bieterverständigung erfolge erst nach Einlangen der Zustimmung des Amtes der Oö. Landesregierung. Alle weiteren Unterlagen würden direkt von der ausschreibenden Stelle vorgelegt werden.

 

I.2.2. Mit Eingabe vom 17. Februar 2016 legte die ausschreibende Stelle weitere Unterlagen vor.

 

Ferner brachte die ausschreibende Stelle vor, dass im Auftrag der Antrags­gegnerin die Ausschreibungsunterlagen für die Erweiterung der Ortskanalisation, der Wasserversorgungsanlage und die Errichtung der neuen Siedlungsstraßen zusammengestellt worden seien. Die Kostenschätzung habe einen Gesamtpreis von 990.000 Euro exkl. USt ergeben.

 

Als Vergabeverfahren sei das nicht offene Verfahren ohne vorherige Bekannt­machung gewählt worden. Es seien neun Unternehmen zur Angebotslegung eingeladen worden und hätten alle neun Unternehmen ein Angebot abgegeben.

 

Ihrem Angebot habe die Antragstellerin ein Begleitschreiben beigelegt, wonach bestimmte Teilleistungen (alle Erd-, Schalungs-, Bewehrungs- und Betonier­arbeiten für Aus- und Einlaufbauwerke, Schlosserarbeiten für verzinkte Gitter und Rechen, Rohrbettung bei Drossel, Aushub und Verfüllung für Drossel und offene Gräben, Pflaster- und Betonarbeiten für den Notüberlauf) betreffend Retentionsbecken im angebotenen Einheitspreis nicht enthalten seien, obwohl im Ausschreibungstext die Errichtung des gesamten Retentionsbeckens inklusive der angeführten Arbeiten auszupreisen gewesen sei.

 

Da bei geförderten Bauvorhaben im Siedlungswasserbau immer das Einver­nehmen mit dem Amt der Oö. Landesregierung, Abteilung Oberflächengewässer und Abteilung Grund- und Trinkwasser herzustellen sei, sei vorab Kontakt mit der Abteilung Oberflächengewässer aufgenommen und das Begleitschreiben der Antragstellerin besprochen worden.

 

Sowohl der zuständige Sacharbeiter als auch die ausschreibende Stelle seien zu dem eindeutigen Schluss gekommen, dass das Angebot der Antragstellerin auszuscheiden sei, weil nicht alle Leistungen, die eindeutig in der Ausschrei­bungsposition beschrieben worden seien, in den Einheitspreis eingerechnet worden seien. Somit sei das Angebot nicht vollständig. Diese Vorabentscheidung sei der Antragstellerin per Schreiben vom 4. Februar 2016 mitgeteilt worden.

 

Der Angebotsprüfbericht sei in der Zwischenzeit ausgefertigt und sowohl der Antragsgegnerin als auch dem Amt der Oö. Landesregierung, Abteilung Oberflächengewässer übermittelt worden. Die Antragsgegnerin habe in der letzten Gemeinderatssitzung den Vergabebeschluss gemäß dem Angebots­prüfbericht zu Gunsten der zweitgereihten Bieterin, vorbehaltlich der Zustim­mung des Landes Oberösterreich, gefasst. Erst nach Einlangen der Zustimmung solle die Bieterverständigung erfolgen. Demnach sei das Vergabeverfahren noch nicht abgeschlossen.

 

 

II. Nachfolgender Sachverhalt steht fest:

 

II.1. Ausschreibung - Inhalt:

 

II.1.1. Die Antragsgegnerin und Auftraggeberin führt unter der Bezeichnung „Bauvorhaben Gemeinde N, Ortskanalisation BA X und Wasserversorgung BA X, GZ: x“ ein Vergabeverfahren zur Vergabe von Bauleistungen durch. Ausschreibende Stelle ist die d Z GmbH. Die Antragsgegnerin hat als Sektorenauftraggeberin einen Bauauftrag im Unterschwellenbereich ausge­schrieben. Als Verfahrensart hat sie das „nicht offene Verfahren“, genau das „nicht offene Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung“, gewählt. Bei dem gegenständlichen Auftrag handelt es sich um einen Bauauftrag im Unterschwellenbereich und wurde das Billigstbieterprinzip gewählt.

 

II.1.2. In den Ausschreibungsunterlagen findet sich insbesondere nachfolgender Inhalt:

 

Ich (wir) biete(n) die Ausführung der in der Ausschreibung beschriebenen Leistungen (Arbeiten und Lieferungen) unter Berücksichtigung der oben angeführten (bei der ausschreibenden Stelle zur Einsicht aufliegenden) Ausschreibungsunterlagen zu den im Leistungsverzeichnis eingesetzten Einheits-, Pauschal- und Regiepreisen an.

 

Beschreibung des Bauvorhabens:

 

Die gegenständliche Ausschreibung beinhaltet die Erd-, Baumeister- und Rohrverlegungsarbeiten für die Aufschließungskanäle in den neuen Siedlungen Z S und L. Geplant sind 1141 m Schmutz- und Regenwasserkanäle sowie ein St. Regenwasserrückhaltebecken einschließlich der zugehörigen Ein- und Auslaufbereiche sowie der zugehörigen Straßenbauarbeiten, zuzüglich der zugehörigen Hausanschlusskanäle, welche bis rd. 2,0 m in das jeweilige Anschluss­grundstück miterrichtet werden. Weiters sind 755 m Wasserleitungen zuzüglich der dazugehörigen Hausanschlüsse, welche max. 2,0 m in das Grundstück verlegt werden, geplant. Das Überschuss­material ist auf eine Deponie des AN zu verführen.

Zusätzlich zum Kanal- und Wasserleitungsbau ist eine Verlegung eines Straßenbeleuchtungskabels bzw. einer Leerverrohrung im Ausmaß von rd. 580 m und die Herstellung von 12 Lichtmast­fundamenten vorzunehmen.

 

02 03  99 01 Retentionsbecken

x Retentionsbecken

Herstellen eines Retentionsbeckens gemäß Lageplan x bzw. den beiden Plänen mit den Profilen 1 bis 6, Plan x/05.01 und 05.02.

 

Die Leistung beinhaltet die komplette Anlage, d.h. alle Erdarbeiten (Aushub, Verfuhr und Deponie), Dammschüttung mit vorhandenem Material aus dem Leitungsbau und der Humusierung aus vorhandenem Material inkl. Einsaat, inkl. Wasserhaltung, Herstellung der befestigten Ein- und Auslaufbereiche, das Anlegen des Rund- und Erhaltungsweges aus mind. 30 cm Frostkoffermaterial und einer Deckschicht aus „Weißenbacher Schotter“ (B = 2,0 bzw. 3,0 m), der drei Holzbrücken, dimensioniert für Fußgänger bzw. Kleintraktor mit Betonfundament (3,0 x 1,5 m, 3,0 x 3,0 m bzw. 4,00 x 3,00 m) inkl. Geländer, Liefern und Verlegen der Drosselleitung. Weiters ist die Begrünung des Beckens und der Böschungen mit Normalsaat einzurechnen.

 

Größe des Sickerbeckens:

Beckenfläche: 3.300 m2

Speichervolumen: 3.462 m3  bei Wasserstand 1,45 m

 

II.1.3. Der Ausschreibung wurden außerdem planliche Darstellungen des zu errichtenden Gewerkes beigefügt. Aus den Plänen ergibt sich insbesondere „Auslaufbauwerk DN 700 Einfassung in Beton“ und „Einlaufbauwerk: Kopfsteinpflaster in Beton“.

 

Inwiefern Abweichungen bzw. Widersprüche zwischen der Ausschreibung und dem Angebot bestehen und ob diese zum Ausscheiden des Angebotes führen, ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung (unten Punkt V.).

 

 

II.2. Bestandsfestigkeit:

 

Die Ausschreibung wurde von keiner der Bieterinnen angefochten. Sie ist somit bestandsfest geworden.

 

 

II.3. Bieteranfragen:

 

Nach den vorliegenden Aktenunterlagen wurden im Verfahren keine Bieter­anfragen an die Auftraggeberin/Antragsgegnerin gerichtet.

 

 

II.4. Angebot der Antragstellerin:

 

II.4.1. Die Antragstellerin legte fristgerecht ein Angebot über die ausge­schriebene Leistung. Sie legte diesem Angebot ein Begleitschreiben bei, welches nachfolgenden Inhalt hat:

 

Bei nachstehender Leistungsposition geben wir Ihnen die Grundlage unserer Kalkulation wie folgt bekannt:

 

Pos. x Retentionsbecken

 

Wir präzisieren den Pauschalpreis wie folgt:

 

Enthalten in unserem angebotenen Pauschalpreis ist zusätzlich zur Leistungsbeschreibung:

    Transporte vom Leitungsbau zum Becken

            (keine Anwendung der Pos. „Transporte auf Anordnung AG")

    Transporte im Baustellenbereich des Beckens (keine Anwendung der Pos. 30.01 01 A)

    Alle Erd-, Schal-, Bewehrungs- und Betonierarbeiten bei den drei Brücken

    Die Holzbrücke ist aus Lärchenholz sägerauh hergestellt.

    Das Geländer aus Lärchenholz gehobelt

 

Nicht im Pauschalpreis sind die in der LV-Position nicht angeführten Arbeiten wie folgt:

    Alle Erd-, Schal-, Bewehrungs- und Betonierarbeiten für Aus- und Einlaufbauwerke

    Schlosserarbeiten für verzinkte Gitter und Rechen

    Rohrbettung bei Drossel

    Aushub und Verfüllung für Drossel und offene Gräben

    Pflaster- und Betonarbeiten für den Notüberlauf

 

II.4.2. Inwiefern die Ausschreibung und das Angebot voneinander abweichen bzw. ob das Begleitschreiben der Antragstellerin lediglich der Klarstellung dient bzw. ob die Antragstellerin in der Ausschreibung geforderte Leistungen durch ihr Begleitscheiben ausgenommen hat, was zum Ausscheiden des Angebotes führt, ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung (unten Punkt V.).

 

 

II.5. Aufklärung:

 

Aufklärungsgespräche haben nicht stattgefunden. Inwiefern solche erforderlich gewesen wären bzw. ob das Unterbleiben einer Aufklärung relevant ist, ist wiederum eine Frage der rechtlichen Beurteilung (siehe Punkt V.).

 

 

II.6. Ausscheidensentscheidung:

 

II.6.1. Mit Schreiben vom 4. Februar 2016, der Antragsgegnerin zugestellt am
9. Februar 2016, teilte die Antragsgegnerin (vertreten durch die ausschreibende Stelle) der Antragstellerin nachfolgende Ausscheidensentscheidung mit:

 

Am 22. Jänner 2016 um 09:35 Uhr haben Sie ein Angebot für die Errichtung der Ortskanalisation
BA X, der Wasserversorgungsanlage BA X und diverser neuer Siedlungsstraßen für die Gemeinde N mit einem Angebotspreis von € 877.407,50 exkl. MwSt. abgegeben.

Unter anderem war ein Preis für die Herstellung eines kompletten Retentionsbeckens
(Pos. x) abzugeben. Gemäß Ausschreibungsunterlagen, GZ: x ist in dieser Position die Herstellung eines Retentionsbeckens gemäß Lageplan x/03.03 bzw. den beiden Plänen mit den Profilen 1 bis 6, Plan x/05.01 und 05.02 enthalten. Im Langtext dieser Position heißt es weiter:

 

Die Leistung beinhaltet die komplette Anlage d.h. alle Erdarbeiten (Aushub, Verfuhr und Deponie), Dammschüttung mit vorhandenem Material aus dem Leitungsbau und der Humusierung aus vorhandenem Material inkl. Einsaat, inkl. Wasserhaltung, Herstellung der befestigten Ein- und Auslaufbereiche, das Anlegen des Rund- und Erhaltungsweges aus mind. 30 cm Frostkoffermaterial und einer Deckschicht aus „Weißenbacher Schotter“ (B = 2,0 bzw. 3,0 m), der drei Holzbrücken, dimensioniert für Fußgänger bzw. Kleintraktor mit Betonfundament (3,0 x 1,5 m, 3,0 x 3,0 m bzw. 4,00 x 3,00 m) inkl. Geländer, Liefern und Verlegen der Drosselleitung. Weiters ist die Begrünung des Beckens und der Böschungen mit Normalsaat einzurechnen.

 

Größe des Sickerbeckens:

Beckenfläche: 3.300 m2

Speichervolumen: 3.462 m3  bei Wasserstand 1,45 m

 

Außerdem lagen den Ausschreibungsunterlagen Typenpläne über die Ein- und Auslaufbereiche bei.

 

Gemäß Ihrem Schreiben vom 21. Jänner 2016, welches Sie dem Angebot beigelegt hatten, sind folgende Leistungen gegenüber dem Ausschreibungstext in ihrem Positionspreis nicht enthalten:

 

-       alle Erd-, Schalungs-, Bewehrungs- und Betonierarbeiten für Aus- und Einlaufbauwerke

-       Schlosserarbeiten für verzinkte Gitter und Rechen

-       Rohrbettung bei Drossel

-       Aushub und Verfüllung für Drossel und offene Gräben

-       Pflaster- und Betonarbeiten für den Notüberlauf

 

Somit wurde Ihr Angebot unvollständig ausgepreist und ist somit gemäß § 129 Abs. 7 auszuscheiden.

 

II.6.2. Diese Ausscheidensentscheidung wurde der Antragstellerin am
9. Februar 2016 postalisch zugestellt. Dagegen richtet sich der (fristgerechte) Nachprüfungsantrag vom 16. Februar 2016.

 

II.7. Retentionsbecken:

 

Die Erklärungen der Antragstellerin in ihrem Begleitschreiben betreffen Leistungen im Zusammenhang mit der Errichtung des Retentionsbeckens.

 

II.7.1. Alle Erd-, Schal-, Bewehrungs- und Betonierarbeiten für Ein- und Auslaufbauwerke:

 

Für die Errichtung der Ein- und Auslaufbauwerke gibt es unterschiedliche Ausführungen, welche in der Ausschreibung nicht festgelegt wurden. Die Ein- und Auslaufbauwerke dienen dem Schutz des im Boden zu verlegenden Kanalrohres. Dieses Rohr benötigt eine Ummantelung, um vor dem unmittelbaren Kontakt mit Erdreich, dem Eindringen von Wurzeln, etc. geschützt zu sein. Diese Schutz­ummantelung kann entweder betoniert oder mit Steinen verlegt werden.

 

Unabhängig davon, welche Ausführung in einem Angebot kalkuliert wird, sind in jedem Fall - wenn auch in unterschiedlichem Umfang - Erdarbeiten erforderlich.

 

Die Verlegung von Steinen erfolgt derart, dass mit einem Bagger Wurfsteine verlegt werden, welche das Rohr ummanteln, sodass ein unmittelbarer Kontakt mit Erdreich, Wurzeln, etc. verhindert wird. Bei der Verlegung von Steinen sind weniger Erdarbeiten erforderlich als bei einer Betonummantelung; gänzlich ohne Erdarbeiten kann aber auch die Ausführung mit Steinen nicht bewerkstelligt werden.

 

Die Antragstellerin hat die Ausführung der Ein- und Auslaufbauwerke mit der Verlegung von Steinen geplant. Allerdings hat sie in ihrem Begleitschreiben alle Erd-, Schal-, Bewehrungs- und Betonierarbeiten für Ein- und Auslaufbauwerke aus ihrem Angebot ausgenommen. Inwiefern darin ein Widerspruch bzw. eine Unvollständigkeit liegt, ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung (siehe
Punkt V.).

 

II.7.2. Schlosserarbeiten für verzinkte Gitter und Rechen:

 

Die Schlosserarbeiten für verzinkte Gitter und Rechen sind nicht Teil der Ausschreibung und werden von den Bietern nicht gefordert; sie sind deshalb auch nicht in der Ausschreibung erwähnt.

 

II.7.3. Rohrbettung bei Drossel:

 

Für eine dauerhaft funktionstaugliche Drossel ist die Errichtung einer Rohr­bettung erforderlich; sie dient als Schutz für das Rohr. Das Rohr darf nicht ohne entsprechende Bettung mit Steinen und/oder Erdreich bedeckt werden, da es dadurch zu Beschädigungen in Form von Rissen und/oder Dellen kommen kann.

 

Auch kann man das aufgeschüttete Erdreich nicht ohne weiteres durch Rütteln verdichten, weil das Rohr durch diese Einwirkungen ohne Bettung beschädigt werden könnte. Sämtliche Verlege-Richtlinien schreiben die Errichtung einer Rohrbettung vor.

 

Wenn die Rohrbettung fehlt, ist zwar zunächst Funktionstauglichkeit gegeben; es ist allerdings eine Frage der Zeit, bis Schäden durch eindringende Wurzeln, Steine, Erdreich, etc. auftreten. Aus diesem Grund ist die Errichtung einer Rohrbettung Teil der Ausschreibung, lediglich die Art der Ausführung bleibt den Bietern überlassen.

 

Inwiefern darin ein Widerspruch bzw. eine Unvollständigkeit liegt, ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung (siehe Punkt V.).

 

II.7.4. Aushub und Verfüllung für Drossel und offene Gräben:

 

Die Arbeiten für den Aushub und die Verfüllung für die Drossel und offene Gräben steht in Zusammenhang mit den Arbeiten für die Rohrbettung bei der Drossel, sodass auf die diesbezüglichen Ausführungen zu Punkt II.7.3. verwiesen werden kann.

 

II.7.5. Pflaster- und Betonarbeiten für den Notüberlauf:

 

Gegenstand der Ausschreibung ist nur der Notüberlauf an sich, nicht aber die konkrete Ausführung; insbesondere wird in der Ausschreibung nicht gefordert, dass Pflaster- und Betonarbeiten durchgeführt werden. Insgesamt handelt es sich bei den Pflaster- und Betonarbeiten um nicht geforderte Leistungen.

 

 

III. Beweiswürdigung:

 

III.1. Ausschreibung - Inhalt:

 

Der Inhalt der Ausschreibung bzw. die Ausschreibungsunterlagen und planlichen Darstellungen ergeben sich aus den vorgelegten Unterlagen der Antragsgegnerin. Diese Unterlagen wurden auch der Antragstellerin im Zuge des Vergabe­verfahrens (Ausschreibung bzw. Einladung) übermittelt und sind dieser bekannt. Die obigen Sachverhaltsfeststellungen konnten insofern anhand der Ausschrei­bungsunterlagen getroffen werden.

 

 

III.2. Bestandsfestigkeit:

 

Dass die Ausschreibung nicht bekämpft wurde und somit bestandsfest ist, ergibt sich ebenfalls aus dem Akteninhalt. Darüber hinaus ist der Inhalt der Ausschrei­bung an sich auch keine Frage des Nachprüfungsverfahrens, sondern, ob das Angebot der Antragstellerin von der Ausschreibung abweicht. Die Bestands­festigkeit der Ausschreibung wurde außerdem nicht bestritten.

 

 

III.3. Bieteranfragen:

 

Unbestritten ist ferner, dass keine Bieteranfragen bezüglich der Ausführung des Retentionsbeckens an die Antragsgegnerin gerichtet wurden; weder von der Antragstellerin noch von den übrigen Bieterinnen. Welche Leistungen Inhalt der Ausschreibung sind, wurde insofern nicht erörtert (Protokoll ON 8, S. 7, Abs. 3).

 

 

III.4. Angebot:

 

Das Angebot der Antragstellerin und das Begleitschreiben wurden im Nach­prüfungsverfahren sowohl von der Antragstellerin als auch von der Antrags­gegnerin vorgelegt. Der Text des Angebotes bzw. des Begleitschreibens geht aus den Aktenunterlagen hervor. Der Inhalt ist auch unbestritten, fraglich ist jedoch, wie dieser in rechtlicher Hinsicht zu würdigen ist (siehe Punkt V.).

 

 

III.5. Aufklärung:

 

Aufklärungsgespräche haben nicht stattgefunden, was auch unbestritten ist. So hat der Vertreter der ausschreibenden Stelle angegeben, dass das Begleit­schreiben der Antragstellerin mit der Förderstelle beim Amt der Oö. Landes­regierung erörtert worden sei; ein Aufklärungsgespräch mit der Antragstellerin sei aber nicht geführt worden (Protokoll ON 8, S. 7, Abs. 4 und 5). Inwiefern ein solches erforderlich gewesen wäre, ist wiederum eine Frage der rechtlichen Beurteilung (siehe Punkt V.).

 

 

III.6. Ausscheidensentscheidung:

 

Der Inhalt der Ausscheidensentscheidung ist ebenfalls unstrittig und geht aus den vorgelegten Unterlagen hervor. Inwiefern die Ausscheidensentscheidung zu Recht erfolgt ist, ist gerade Gegenstand dieses Verfahrens (siehe Punkt V.).

 

 

III.7. Retentionsbecken - Verhandlungsergebnisse:

 

Am 11. März 2016 hat vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich eine öffentliche mündliche Verhandlung stattgefunden, zu der sowohl die Antrag­stellerin als auch die Antragsgegnerin und die ausschreibende Stelle geladen wurden. Im Rahmen der Verhandlung wurde die Sach- und Rechtslage umfas­send erörtert und wurde allen Anwesenden die Möglichkeit gegeben, ihren Sach- und Rechtsstandpunkt darzulegen.

 

III.7.1. Alle Erd-, Schal-, Bewehrungs- und Betonierarbeiten für Ein- und Auslauf­bauwerke:

 

Zunächst ergibt sich schon aus den von der Antragsgegnerin vorgelegten Unterlagen, dass die gegenständliche Ausschreibung die Erd-, Baumeister- und Rohrverlegungsarbeiten für die Aufschließungskanäle in den neuen Siedlungen Z S und L umfasst, wobei auch ein Regenwasser­rückhaltebecken einschließlich der zugehörigen Ein- und Auslaufbereiche sowie der zugehörigen Straßen-bauarbeiten, zuzüglich der zugehörigen Hausanschluss­kanäle, anzubieten ist.

 

Außerdem wird in der Ausschreibung zum Retentionsbecken im Detail angeführt, dass die Leistung die komplette Anlage, d.h. alle Erdarbeiten (Aushub, Verfuhr und Deponie), Dammschüttung mit vorhandenem Material aus dem Leitungsbau und der Humusierung aus vorhandenem Material inkl. Einsaat, inkl. Wasser­haltung, Herstellung der befestigten Ein- und Auslaufbereiche, das Anlegen des Rund- und Erhaltungsweges aus mind. 30 cm Frostkoffermaterial und einer Deckschicht aus „Weißenbacher Schotter“ (B = 2,0 bzw. 3,0 m), der drei Holzbrücken, dimensioniert für Fußgänger bzw. Kleintraktor mit Betonfundament (3,0 x 1,5 m, 3,0 x 3,0 m bzw. 4,00 x 3,00 m) inkl. Geländer, Liefern und Verlegen der Drosselleitung, beinhaltet. Weiters ist die Begrünung des Beckens und der Böschungen mit Normalsaat einzurechnen.

 

Somit lässt sich schon aus der Ausschreibung selbst erkennen, dass auch alle Erdarbeiten für die Ein- und Auslaufbauwerke vom Angebot umfasst sein müssen; dass allenfalls bestimmte Erdarbeiten davon ausgenommen werden könnten, lässt sich der Ausschreibung gerade nicht entnehmen.

 

Die Frage der Ein- und Auslaufbauwerke und ob für die Errichtung derselben überhaupt Erdarbeiten notwendig sind, wurde auch in der Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erörtert.

 

Die Antragstellerin erklärte ihr Angebot bzw. das Begleitschreiben damit, dass in der Ausschreibung eine Befestigung verlangt würde, welche man entweder mit der Verlegung von Steinen oder mit Betonierarbeiten errichten könnte. Die Antragstellerin habe eine Befestigung mit Steinen angeboten. Nur zur Klar­stellung sei daher im Begleitschreiben erklärt worden, dass keine Erd- und Betonierarbeiten im Angebot umfasst seien. Jene Erdarbeiten, welche für die Verlegung von Steinen erforderlich seien, seien aber selbstverständlich ange­boten und kalkuliert worden. Nachdem eine Befestigung verlangt worden sei, habe man im Begleitschreiben darauf hinweisen wollen, dass jene Erdarbeiten, welche nicht für eine Befestigung notwendig seien, eben nicht vom Angebot umfasst seien (Protokoll ON 8, S. 2, Abs. 3, S. 3, Abs. 3-4).

 

Die Antragsgegnerin führte dazu aus, dass für die Ein- und Auslaufbauwerke je nach der gewählten Ausführungsart mehr oder weniger intensive Erdarbeiten notwendig seien. Auch wenn es möglicher Weise nicht sehr viele Erdarbeiten sein würden, wären jedenfalls welche nötig. Außerdem würden sich die nunmehrigen Ausführungen der Antragstellerin nicht aus dem Begleitschreiben ergeben, weil dort alle Erdarbeiten ausgenommen worden seien (Protokoll ON 8, S. 3, Abs. 2,
S. 3, Abs. 4).

 

Ob das Begleitschreiben so zu verstehen ist, dass alle Erd-, Schal-, Bewehrungs- und Betonierarbeiten für Ein- und Auslaufbauwerke vom Angebot ausgenommen wurden und daher das Angebot zu Recht ausgeschieden wurde oder ob lediglich eine Klarstellung erfolgte, welche nicht zur Ausscheidung des Angebotes führt, ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung (siehe Punkt V.6.1.).

 

III.7.2. Schlosserarbeiten für verzinkte Gitter und Rechen:

 

Dass es sich bei den Schlosserarbeiten für verzinkte Gitter und Rechen um in der Ausschreibung nicht geforderte Leistungen handelt, welche deshalb auch in der Ausschreibung gar nicht erwähnt wurden, hat der Vertreter der ausschreibenden Stelle in der Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich klargestellt (Protokoll ON 8, S. 5, Abs. 1, 3 und 4).

 

III.7.3. Rohrbettung bei Drossel:

 

Dass die Errichtung einer Rohrbettung Teil der Ausschreibung war, ergibt sich zunächst aus der Ausschreibung selbst. Im Ausschreibungstext wurde ausge­führt, dass die Leistung die komplette Anlage beinhaltet. Die Frage, was unter der „kompletten Anlage“ verstanden wird, wurde in der Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich umfassend erörtert.

 

Der Vertreter der ausschreibenden Stelle schilderte nachvollziehbar, dass die Rohrbettung für eine dauerhaft funktionsfähige Anlage notwendig ist, zumal diese eine Schutzfunktion für das Rohr hat, insbesondere um Beschädigungen durch eindringende Wurzeln, Steine, Erdreich, etc. zu verhindern (Protokoll ON 8, S. 5, Abs. 8, S. 6, Abs. 1).

 

Er gab auch an, dass eine bloße Aufschüttung von Erdreich oder Steinen zu Dellen oder Rissen führen kann und ein Verdichten des Erdreiches durch Rütteln nicht möglich wäre, weil dadurch ebenfalls Schäden an den Rohren verursacht werden können (Protokoll ON 8, S. 6, Abs. 1).

 

Dass eine Rohrbettung insofern notwendig ist, hat der Vertreter der ausschrei­benden Stelle nachvollziehbar erläutert. Insgesamt ergibt sich daher, dass die Rohrbettung sehr wohl Teil der Ausschreibung war und der Antragstellerin nur die Art der Ausführung der Rohrbettung freigestellt war (Protokoll ON 8, S. 6, Abs. 6).

 

Letztendlich lässt sich diese Feststellung auch aus der Aussage des Geschäfts­führers der Antragstellerin ableiten, welcher ausgesagt hat, dass die Rohrbettung von seinem Unternehmen so hergestellt würde, dass man mittels eines Sieb­löffels grobe Steine aus dem vorhandenen Material herausfiltern und dann das so gewonnene Material für die Rohrbettung verwenden würde. Es würde auch ein Druckrohr verwendet, welches widerstandsfähiger ist. Mit dem Begleitschreiben sollte klargestellt werden, dass keine Extraleistungen erfolgen, sondern dass diese mit dem vorhandenen Material durchgeführt werden (Protokoll ON 8, S. 6, Abs. 3, Abs. 5).

 

Ob das Begleitschreiben so zu verstehen ist, dass die Rohrbettung vom Angebot ausgenommen wurde und daher das Angebot zu Recht ausgeschieden wurde oder ob lediglich eine Klarstellung erfolgte, welche nicht zur Ausscheidung des Angebotes führt, ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung (siehe Punkt V.6.3.).

 

III.7.4. Aushub und Verfüllung für Drossel und offene Gräben:

 

Die Arbeiten für den Aushub und die Verfüllung für die Drossel und offene Gräben stehen in Zusammenhang mit den Arbeiten für die Rohrbettung bei der Drossel, sodass auf die diesbezüglichen Ausführungen zu Punkt III.7.3. verwiesen werden kann.

 

III.7.5. Pflaster- und Betonarbeiten für den Notüberlauf:

 

Dass es sich bei den Pflaster- und Betonarbeiten für den Notüberlauf um in der Ausschreibung nicht geforderte Leistungen handelt, welche deshalb auch in der Ausschreibung gar nicht erwähnt wurden, hat der Vertreter der ausschreibenden Stelle in der Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich klargestellt (Protokoll ON 8, S. 6, Abs. 8, S. 7, Abs. 1).

 

 

IV. Rechtslage:

 

IV.1. Allgemeines:

 

Gemäß § 1 Abs. 1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 (Oö. VergRSG 2006) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftrag­geber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens (Vergabeverfahren), die gemäß Art. 14b Abs. 2 Z 2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Gemäß Art. 14b Abs. 2 Z 2 lit. c) B-VG ist die Vollziehung Landessache hin-sichtlich der Vergabe von Aufträgen durch Unternehmungen im Sinne des
Art. 127 bzw. 127a B-VG.

 

Gemäß § 2 Abs. 1 Oö. VergRSG 2006 obliegt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs. 1 leg.cit. Gemäß § 2 Abs. 3 Oö. VergRSG 2006 ist das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfü­gungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z 16 lit. a) BVergG 2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerde­punkte.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 Oö. VergRSG 2006 hat das Landesverwaltungsgericht eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung eines Auftraggebers bzw. einer Auftraggeberin für nichtig zu erklären, wenn

1.   sie oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung den Antragsteller bzw. die Antragstellerin in dem von ihm bzw. von ihr nach
§ 5 Abs. 1 Z 5 geltend gemachten Recht verletzt und

2.   diese Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesent­lichem Einfluss ist.

 

Gemäß § 3 Abs. 1 Oö. VergRSG 2006 kann ein Unternehmer bzw. eine Unternehmerin bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zur Widerrufserklärung die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern ein Interesse am Abschluss eines den bundesgesetzlichen Bestimmungen auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens unterliegenden Vertrages behauptet wird und durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstan­den ist oder zu entstehen droht.

 

Gemäß § 19 Abs. 1 Bundesvergabegesetz 2006 - BVergG 2006,
BGBl. I Nr. 17/2006 idF BGBl. I Nr. 513/2013, sind Vergabeverfahren nach einem in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Verfahren unter Beachtung der unions­rechtlichen Grundfreiheiten sowie des Diskriminierungsverbotes entsprechend den Grundsätzen des freien und lauteren Wettbewerbes und der Gleich­behandlung aller Bewerber und Bieter durchzuführen. Die Vergabe hat an befugte, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmer zu angemessenen Preisen zu erfolgen.

 

 

IV.2. Ausscheiden von Angeboten:

 

§ 269 BVergG 2006 regelt das Ausscheiden von Angeboten für Sektoren­auftraggeber:

 

(1) Vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung hat der Sektoren­auftraggeber auf Grund des Ergebnisses der Prüfung im Oberschwellenbereich folgende Angebote auszuscheiden:

1.    Angebote von Bietern, die von der Teilnahme am Vergabeverfahren gemäß § 188 Abs. 5 oder - sofern der Sektorenauftraggeber dies so vorgesehen hat ‑ gemäß § 229 Abs. 1 auszuschließen sind;

2.    Angebote von Bietern, deren Befugnis, finanzielle, wirtschaftliche oder technische Leistungsfähigkeit oder Zuverlässigkeit nicht gegeben ist;

3.    Angebote, die eine - durch eine vertiefte Angebotsprüfung festgestellte - nicht plau­sible Zusammensetzung des Gesamtpreises (z.B. spekulative Preisgestaltung) aufwei­sen;

4.    verspätet eingelangte Angebote;

5.    den Ausschreibungsbestimmungen widersprechende Angebote, Teil-, Alternativ- und Abänderungsangebote, wenn sie nicht zugelassen wurden, nicht gleichwertige Alter­nativ- oder Abänderungsangebote und Alternativangebote, die die Mindest­anforde­rungen nicht erfüllen, sowie fehlerhafte oder unvollständige Angebote, wenn deren Mängel nicht behoben wurden oder nicht behebbar sind;

6.    Angebote von Bietern, die mit anderen Unternehmern für den Sektoren­auftrag­geber nachteilige, gegen die guten Sitten oder gegen den Grundsatz des Wett­bewerbes verstoßende Abreden getroffen haben;

7.    Angebote von Bietern, bei denen dem Sektorenauftraggeber im Zeitpunkt der Zuschlags­entscheidung bzw. des Ablaufes der gemäß § 260 Abs. 3 gesetzten Nachfrist

a)    keine für die Zulässigkeit der Ausübung einer Tätigkeit in Österreich erfor­derliche behördliche Entscheidung,

b)    kein Nachweis darüber, dass die gemäß einer Entscheidung nach lit. a fehlenden Kenntnisse erworben worden sind,

c)    kein Nachweis darüber, dass vor Ablauf der Angebotsfrist ein auf Einholung einer Entscheidung nach lit. a gerichtetes Verfahren eingeleitet worden ist oder

d)    eine behördliche Entscheidung, die die Zulässigkeit der Ausübung einer Tätigkeit in Österreich ausschließt,

vorliegt.

(2) Vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung kann der Sektoren­auftraggeber im Unterschwellenbereich Angebote von Bietern gemäß den in Abs. 1 genannten Gründen ausscheiden.

(3) Vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung kann der Sektoren­auftraggeber Angebote von Bietern ausscheiden, die es unterlassen haben, innerhalb der ihnen gestellten Frist die verlangten Aufklärungen zu geben oder deren Aufklärung einer nachvollziehbaren Begründung entbehrt. Von einem Bieter, der im Gebiet einer anderen Vertragspartei des EWR-Abkommens oder in der Schweiz ansässig ist, können auch Aufklärungen über die Zulässigkeit der Ausübung der Tätigkeit in Österreich verlangt werden.

(4) Der Sektorenauftraggeber hat den Bieter vom Ausscheiden seines Angebotes unter Angabe des Grundes nachweislich elektronisch oder mittels Telefax zu ver­ständigen.

 

 

V. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat hierzu erwogen:

 

V.1. Rechtsgrundlage - § 269 BVergG:

 

§ 269 BVergG enthält in seinem Absatz 1 einen - nicht abschließenden - Katalog an zwingenden Ausscheidungsgründen für Vergabeverfahren im Oberschwellen-bereich. Er statuiert in seinem Absatz 2 diese Ausscheidungsgründe als lediglich fakultativ für Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich. § 269 Abs. 1 BVergG ist - als Parallelbestimmung für den Sektorenbereich - der Bestimmung des
§ 129 BVergG nachgebildet. Aus diesem Grund ist auch für die Auslegung des
§ 269 BVergG weitgehend auf die Rechtsprechung und Literatur zu § 129 zurück­zugreifen (siehe RV 1171 BlgNR 22. GP 124:
„§ 269 Abs. 1 entspricht im Wesentlichen der Bestimmung des § 129 Abs. 1“; vgl. Öhler/Schramm, in Schramm/Aicher/Fruh­mann/Thienel, Bundesvergabegesetz2, § 269 Rz 1 f).

 

Insofern schadet es nicht, dass die Antragsgegnerin in ihrer Ausschei­dungs­entscheidung als Rechtsgrundlage § 129 BVergG und nicht § 269 BVergG angeführt hat. Für die Antragstellerin war jedenfalls erkennbar, auf welche Rechtsgrundlage bzw. auf welche Begründung die Antragsgegnerin ihre Ausscheidungsentscheidung stützt.

 

Dies ergibt sich auch aus dem Nachprüfungsantrag der Antragstellerin. Der Einwand der Antragstellerin, die Ausscheidungsentscheidung würde den formalen Anforderungen nicht genügen, geht insofern ins Leere.

 

 

V.2. Bestandsfestigkeit:

 

Die gegenständliche Ausschreibung wurde von der Antragstellerin innerhalb der gesetzlichen Frist nicht angefochten. Sie ist daher bestandsfest geworden (vgl. VwGH 19.9.2004, 2004/04/0054; 17.11.2004, 2002/04/0078; BVA 11.4.2006, N/0001-BVA/02/2006-71; 19.1.2006, 04N-134/05-17).

 

Damit sind sowohl die Auftraggeberin als auch die Bieter an die in der Ausschreibung festgelegten Bestimmungen gebunden. Die Bindung der für die Zuschlagserteilung in Frage kommenden Angebote an die Ausschreibung ist für die Gleichbehandlung der Bieter im Sinne des § 19 BVergG entscheidend (vgl. VwGH 27.9.2000, 2000/04/0050, und die dort zitierte Rechtsprechung des EuGH vom 25.4.1996, RS-C-87/94, Wallonische Busse, wonach die Abweichung von in der Ausschreibung festgelegten Bestimmungen eine Verletzung wesentlicher Grundsätze des Vergabeverfahrens darstellt; ebenso BVA 17.3.2006,
N/0007-BVA/05/2006-54; 8.2.2006, 15N-127/05-25). Dem BVergG liegt das System der gesondert oder nicht gesondert anfechtbaren Entscheidungen gemäß § 2 Z 16 (RV1171 BlgNR 22 GP 13) mit den einer effizienten Abwicklung von Rechtsschutzverfahren dienenden flankierenden Bestimmungen zu Fristen und Präklusionsregelungen zugrunde. Die Präklusionswirkung der Antragsfristen ist als umfassend zu interpretieren, zumal nicht danach zu differenzieren ist, ob es sich um einen grundlegenden Ausschreibungsmangel oder um einen sonstigen Rechtsverstoß handelt. Die Präklusionswirkung im BVergG 2006 bezieht sich undifferenziert auf alle Rechtsverstöße, die nicht innerhalb der jeweiligen Antragsfrist durch einen Nachprüfungsantrag geltend gemacht wurden. Dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist es somit auch verwehrt, derart bestandskräftige Entscheidungen im Zuge der Anfechtung späterer Entschei­dungen inzident in Prüfung zu ziehen (vgl. RV 1171 BlgNR 22. GP 137 f; siehe auch zum BVergG 2002 BVA 12.12.2003, 04N-107/03-38; 29.8.2003,
13N-72/03-11; 20.3.2003, 17N-46/03-34; sowie Thienel, Grundfragen gesondert und verbunden anfechtbarer Entscheidungen nach dem BVergG 2002, ZVB 2003, 69f) [BVA 3.5.2006, N/0017-BVA/04/2006-25].

 

Zusammengefasst ergibt sich insofern für den vorliegenden Fall, dass die unangefochten gebliebene Ausschreibung der Antragsgegnerin bestandsfest ist und daher der Inhalt dieser Ausschreibung für die Interpretation derselben und für den Vergleich mit dem Begleitschreiben und dessen Interpretation heran­zuziehen ist.

 

 

V.3. Interpretation der Ausschreibung:

 

Wie sich aus der Ausschreibung ergibt, beinhaltet diese die Erd-, Baumeister- und Rohrverlegungsarbeiten für die Aufschließungskanäle in den neuen Sied­lungen Z S und L. Im Hinblick auf das Retentions­becken (welches gegenständlich relevant ist) beinhaltet die Leistung die komplette Anlage, d.h. alle Erdarbeiten (Aushub, Verfuhr und Deponie), Dammschüttung mit vorhandenem Material aus dem Leitungsbau und der Humusierung aus vorhandenem Material inkl. Einsaat, inkl. Wasserhaltung, Herstellung der befestigten Ein- und Auslaufbereiche, das Anlegen des Rund- und Erhaltungsweges, der drei Holzbrücken, inkl. Geländer, Liefern und Verlegen der Drosselleitung. Weiters ist die Begrünung des Beckens und der Böschungen mit Normalsaat einzurechnen.

 

Insofern ergibt sich aus der Ausschreibung, dass alle Erdarbeiten für die Errichtung des Retentionsbeckens vom Angebot umfasst sein müssen, unab­hängig davon, welche Ausführungsart gewählt wird und unabhängig davon, wie geringfügig diese Erdarbeiten auch sein mögen. Dass bestimmte Erdarbeiten allenfalls vom Angebot ausgenommen werden könnten, lässt sich der Aus­schreibung nicht entnehmen.

 

Ferner ergibt sich im Hinblick auf das verfahrensgegenständliche Retentions­becken auch, dass das Liefern und Verlegen der Drosselleitung gefordert wird. Somit lässt sich jedenfalls aus der Ausschreibung entnehmen, dass ein vollständiges und funktionsfähiges Retentionsbecken zu errichten ist. Diese Ausführungen werden durch die beigelegten Pläne veranschaulicht und graphisch dargestellt.

Für einen durchschnittlichen, fachkundigen Bieter bei Anwendung üblicher Sorgfalt [vgl. EuGH 4.12.2003, RS-C-448/01 (X-AG G GmbH gegen R Ö); VwGH 17.11.2004, 2002/04/0078; 16.2.2005, 2004/04/0030; BVA 19.1.2006, 04N-134/05-17] war damit erkennbar, dass von dem geforderten Angebot alle (ohne Ausnahme) Erdarbeiten umfasst sein mussten, ebenso alle für eine funktionsfähige Drossel erforderlichen Leistungen (vgl. BVA 3.5.2006, N/0017-BVA/04/2006-25).

 

Die Antragstellerin hat das Anbotschreiben sowie das Leistungsverzeichnis gemäß der Ausschreibung der Antragsgegnerin unterfertigt. Lediglich in einem diesem Angebot beigelegten und nunmehr verfahrensgegenständlichen Begleit­schreiben hat die Antragstellerin weitere Erklärungen abgegeben, welche nun­mehr auf ihre Übereinstimmung mit dem Angebot zu überprüfen sind. Von einem Bieter wird insofern mittels Unterschrift anerkannt, seinem Angebot u.a. die Leistungsbeschreibung der Ausschreibungsunterlagen sowie die Vertragsbestim­mungen und die Leistungsbeschreibungen sowie die planlichen Darstellungen als integrierten Bestandteil seines Angebotes zu werten. Der Bieter bestätigt somit auch, dass die Ausführungen der im Leistungsverzeichnis angeführten Leistungen unter Berücksichtigung der genannten Angebotsunterlagen zu den in der Leistungskalkulation eingesetzten Preisen angeboten werden und dass diese auch mit den planlichen Darstellungen übereinstimmen. Für die Antragstellerin war insofern bei üblicher Sorgfalt erkennbar, dass allfällige Ergänzungen mittels Begleitschreiben eine Abweichung bzw. einen Widerspruch zum Angebot darstellen können (siehe V.6. Unvollständigkeit/Widersprüchlichkeit des Ange­botes und V.7. Behebbarkeit/Wettbewerbsstellung/Gleichbehandlung).

 

 

V.4. Verhalten der Antragstellerin (Bieteranfragen, Begleitschreiben):

 

V.4.1. Bieteranfragen:

 

Nach dem durchgeführten Verfahren steht fest, dass zur Ausführung der Leistungen, insbesondere zur Ausführung der Ein- und Auslaufbauwerke sowie deren Befestigung (mittels Steinen oder Betonierarbeiten), sowie im Hinblick auf die Errichtung der Drossel keine Bieteranfragen an die Antragsgegnerin gerichtet wurden. Eine Abklärung der allenfalls gewünschten Ausführung der Ein- und Auslaufbauwerke mit Steinen oder Betonierungen sowie zur Drossel wurde nicht erhoben. Derartige Bieteranfragen hätten die Ausführungswünsche der Antrags­gegnerin womöglich aber klären können und es hätte sich dann das Begleit­schreiben der Antragstellerin erübrigt.

 

Die Antragstellerin hätte sich allerdings nicht auf ihre Ausführungen im Begleitschreiben verlassen dürfen bzw. damit begnügen dürfen. Wie das gegenständliche Nachprüfungsverfahren zeigt, führte das Begleitschreiben nämlich keineswegs zu den gewünschten Klarstellungen, sondern vielmehr dazu, dass das Angebot der Antragstellerin als widersprüchlich bzw. unvollständig erachtet und daher ausgeschieden wurde.

 

Abgesehen davon, dass solche Bieteranfragen zum Vergabeverfahren schriftlich gestellt werden hätten müssen, hätte es einer allen Bewerbern zugegangenen Änderung bzw. Ergänzung der Ausschreibungsunterlagen bedurft, um die Errich­tung der Ein- und Auslaufbauwerke und/oder Drossel zu konkretisieren. Eine solche Vorgehensweise fand jedoch nicht statt.

 

Die Antragstellerin hat vielmehr erklärt, ihr Angebot der Ausschreibung gemäß zu legen. Würde dessen ungeachtet das Angebot der Antragstellerin in diesem Punkt (Ein- und Auslaufbauwerke/Drossel) dennoch als ausschreibungskonform gewer­tet werden, würde ein Verstoß gegen § 19 BVergG gegenüber den restlichen Bietern vorliegen, denen diese Möglichkeit des Abweichens von den Ausschrei­bungsbestimmungen nicht bekannt sein konnte und für die die Vorgabe zur Errichtung der Ein- und Auslaufbauwerke bzw. zum Retentionsbecken in den Ausschreibungsunterlagen Maßstab für die Angebotslegung war (BVA 28.1.2005, 04N-131/04-38; BVA 3.5.2006, N/0017-BVA/04/2006-25).

 

In Ermangelung entsprechender Bieteranfragen der Antragstellerin konnte diese daher mit ihrem Begleitschreiben ihr Angebot weder rechtswirksam ergänzen noch konkretisieren. Vielmehr stellt sich nunmehr die Frage, inwieweit dieses Begleitschreiben eine Abänderung oder einen Widerspruch zur Ausschreibung darstellt.

 

V.4.2. Begleitschreiben:

 

Durch das gegenständliche Begleitschreiben wirft die Antragstellerin nunmehr die Frage auf, inwieweit dieses Begleitschreiben eine Abweichung bzw. einen Widerspruch zur Ausschreibung darstellt. Ferner stellt sich auch die Frage, ob derartige Abweichungen durch Aufklärungsgespräche behoben werden hätten können bzw. ob diese überhaupt zulässig gewesen wären bzw. ob überhaupt behebbare Mängel vorliegen.

 

 

V.5. Aufklärungsgespräche:

 

Im Hinblick auf Aufklärungsgespräche ist zu hinterfragen, ob solche überhaupt geführt werden hätte müssen bzw. dürfen. Immerhin darf auch durch Aufklä­rungsgespräche ein nicht als ausschreibungskonformes Angebot zu wertendes Angebot nicht ausschreibungskonform werden. Diese Vorgehensweise würde den im § 19 BVergG festgelegten Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter wider­sprechen (BVA 3.5.2006, N/0017-BVA/04/2006-25).

 

Im Zusammenhang damit steht das Verfahren zur Aufklärung von Unklarheiten in den Angeboten und zur Behebung von Mängeln. Auch dazu wird wieder auf die Rechtsprechung zum klassischen Bereich zu § 126 BVergG verwiesen (Öhler/Schramm, in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Bundesvergabegesetz2,
§ 269 Rz 122).

 

§ 126 BVergG regelt das Vorgehen bei Mangelhaftigkeit der Angebote und daran anknüpfend § 127 BVergG Aufklärungsgespräche und Erörterungen. Aus diesen beiden Bestimmungen lässt sich zunächst die Frage der Zulässigkeit von Aufklärungsgesprächen beantworten.

 

§ 126 Abs. 1 BVergG verpflichtet den Auftraggeber, bei Unklarheiten über das Angebot und Angebotsmängeln von Bietern eine verbindliche schriftliche Aufklärung zu verlangen, sofern die Unklarheiten für die Beurteilung der Angebote von Bedeutung sind. Die vom Bieter erteilten schriftlichen Auskünfte bzw. die vom Bieter allenfalls vorgelegten Nachweise sind der Niederschrift über die Prüfung der Angebote beizuschließen. § 126 BVergG ist im systematischen Zusammenhang mit der Ausscheidungsregelung des § 129 BVergG zu lesen.
§ 126 BVergG regelt das Verfahren, dessen Ergebnisse Entscheidungsgrundlage für den Auftraggeber sind, Angebote auszuscheiden oder in die Angebots­bewertung - also die nächste Stufe des Vergabeverfahrens - aufnehmen zu müssen. Das Aufklärungsverfahren soll daher zum einen dem Auftraggeber die erforderlichen Sachverhaltsinformationen liefern, die er benötigt, um eine Entscheidung über das Ausscheiden treffen zu können. Das Aufklärungsverfahren soll zum anderen den Bietern Schutz vor übereilten Entscheidungen des Auftraggebers auf Grundlage falscher Sachverhaltsinformation im Zusam­menhang mit Unklarheiten und Mängel gewähren. Zweck des § 126 BVergG ist somit auch der Bieterschutz (Öhler/Schramm, in Schramm/Aicher/Fruh­mann/Thienel, Bundesvergabegesetz2, § 126 Rz 1 f).

 

Unklarheiten über das Angebot - genauer dessen Inhalt - bestehen, wenn der objektive Erklärungswert eines Angebotes nicht eindeutig ist und mit Hilfe der Interpretationsmethoden der §§ 914 f ABGB vom Auftraggeber nicht alleine ermittelt werden kann. Lässt sich hingegen mit Hilfe der Interpretations­methoden der §§ 914 f ABGB der Angebotsinhalt feststellen, besteht keine Unklarheit und es ist keine Aufklärung geboten. Ist der Angebotsinhalt daher klar im Sinn des § 126 BVergG, ist auch der Inhalt nachträglicher Bieteraufklärungen unerheblich (Öhler/Schramm, in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Bundesver­gabe­gesetz2, § 126 Rz 8).

 

Eine Aufklärung ist nach Abs. 1 auch dann zu verlangen, wenn ein Mangel festgestellt wird. Eine Zusammenschau mit § 129 Abs. 1 BVergG zeigt, dass unter Mängeln alle Fehler und Unvollständigkeiten in Angeboten erfasst sind, die zur Ausscheidung nach § 129 Abs. 1 Z 7 BVergG führen können. Im Unterschied zum Fall der Unklarheiten hat der Auftraggeber aber den Mangel bereits vor Verlangen der Aufklärung festgestellt. Daher ist - wiederum dem Zweck der Norm entsprechend - nur dann Aufklärung zu verlangen, wenn ein behebbarer Mangel festgestellt wird. Bei festgestellten unbehebbaren Mängeln wäre eine Aufklärung sinnlos und würde nur einer rechtswidrigen Angebotsänderung Vorschub leisten (Öhler/Schramm, in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Bundes­vergabegesetz2, § 126 Rz 9 und FN 7 mit Judikaturbeispielen).

 

Wie sogleich unter V.7. noch auszuführen sein wird, sind Aufklärungsgespräche dann nicht zulässig, wenn sie die Wettbewerbsstellung der Antragstellerin gegenüber den anderen Bietern verbessern würden bzw. wenn sie gegen das Gebot der Gleichbehandlung aller Bieter verstoßen würden. In einem solchen Fall liegen unbehebbare Mängel vor, welche Aufklärungsgespräche unzulässig machen. Konsequenterweise schadet es dann auch nicht, wenn Aufklärungs­gespräche (so wie hier) nicht geführt wurden.

 

 

V.6. Unvollständigkeit/Widersprüchlichkeit des Angebotes:

 

Rechtlich relevant sind die Erklärungen der Antragstellerin in ihrem Begleit­scheiben im Hinblick auf (V.6.1.) alle Erd-, Schal-, Bewehrungs- und Betonierarbeiten für Ein- und Auslaufbauwerke, (V.6.3.) die Rohrbettung bei der Drossel und (V.6.4.) Aushub und Verfüllung für Drossel und offene Gräben. Nachdem die Leistungen für (V.6.2.) Schlosserarbeiten für verzinkte Gitter und Rechen sowie (V.6.5.) Pflaster- und Betonarbeiten für den Notüberlauf nicht Gegenstand der Ausschreibung waren, schadet es nicht, dass diese von der Antragstellerin aus ihrem Angebot ausgenommen wurden.

 

Die Antragstellerin und die Antragsgegnerin haben in der Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich außer Streit gestellt, dass von recht­licher Bedeutung für die Vollständigkeit bzw. Unvollständigkeit des Angebotes
(V.6.1.) alle Erd-, Schal-, Bewehrungs- und Betonierarbeiten für Ein- und Auslaufbauwerke, weiters (V.6.3.) die Rohrbettung bei der Drossel sowie
(V.6.4.) Aushub und Verfüllung für Drossel und offene Gräben sind.

 

V.6.1. Alle Erd-, Schal-, Bewehrungs- und Betonierarbeiten für Ein- und Auslauf­bauwerke:

 

Die Erörterung in der Verhandlung hat ergeben, dass es für die Bewehrungs­arbeiten für die Ein- und Auslaufbauwerke zwei Ausführungsmöglichkeiten
- entweder mit Betonierungen oder mit Steinen - gibt. Für beide Ausfüh­rungs­möglichkeiten sind in jedem Fall, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß, Erdarbeiten notwendig. In der Ausschreibung werden demnach auch alle Erdarbeiten gefordert. Die Antragstellerin hat u.a. die Erdarbeiten für die Ein- und Auslaufbauwerke in ihrem Begleitschreiben zunächst ausgenommen.

 

In der Verhandlung versuchte die Antragstellerin, ihr Begleitschreiben damit zu begründen, dass es lediglich der Klarstellung der von ihr gewählten Ausfüh­rungsart dienen hätte sollen und dass die Erdarbeiten, welche für die Verlegung von Steinen notwendig seien, kalkuliert und auch angeboten worden seien.

 

Tatsächlich hat das Begleitschreiben aber nicht zu der von der Antragstellerin beabsichtigten Klarstellung geführt. Vielmehr hat die Antragstellerin bei objektiver Betrachtung damit eine Widersprüchlichkeit bzw. Unvollständigkeit ihres Angebotes bewirkt. Die Antragstellerin führt nämlich in ihrem Begleit­schreiben aus, dass alle Erd-, Schal-, Bewehrungs- und Betonierarbeiten für Ein- und Auslaufbauwerke vom Angebot nicht umfasst sind. Eine „Gegenausnahme“, dass Erdarbeiten für das Verlegen der Steine doch wieder vom Angebot umfasst seien, wird von der Antragstellerin nicht erwähnt.

 

Der objektive Erklärungswert des Begleitschreibens kann insofern nicht anders verstanden werden, als dass alle Erd-, Schal-, Bewehrungs- und Betonierarbeiten für Ein- und Auslaufbauwerke nicht vom Angebot umfasst sind und dieses daher unvollständig bzw. widersprüchlich ist.

 

V.6.2. Schlosserarbeiten für verzinkte Gitter und Rechen:

 

Nachdem es sich bei den Schlosserarbeiten für verzinkte Gitter und Rechen um in der Ausschreibung nicht geforderte Leistungen handelt, schadet es der Antrag­stellerin nicht, dass sie diese in ihrem Begleitschreiben aus ihrem Angebot ausgenommen hat. Das Angebot der Antragstellerin wird dadurch weder unvollständig noch widersprüchlich. Dieser Teil des Begleitschreibens ist insofern für das gegenständliche Nachprüfungsverfahren unerheblich.

 

V.6.3. Rohrbettung bei Drossel:

 

Die Erörterung in der Verhandlung hat ergeben, dass die Rohrbettung bei der Drossel für eine dauerhaft funktionsfähige Anlage unentbehrlich ist. Die Rohr­bettung hat Schutzfunktion für das im Erdreich verlegte Rohr, um das Eindringen von Erde, Wurzeln, etc. und die dadurch bedingte Bildung von Dellen und/oder Rissen zu verhindern. Insgesamt hat sich somit ergeben, dass die Rohrbettung Teil der Anlage und daher auch Teil der Ausschreibung ist.

 

In der Verhandlung versuchte die Antragstellerin ihr Begleitschreiben damit zu begründen, dass auch in diesem Punkt das Begleitschreiben lediglich der Klarstellung der von ihr gewählten Ausführungsart dienen hätte sollen. Auch in diesem Punkt hätte lediglich die Art der Ausführung klargestellt werden sollen; nämlich, dass keine Extraleistungen erfolgen würden, sondern mit vorhandenem Material gearbeitet werde.

 

Tatsächlich lässt sich aber aus der bloßen Erklärung, die Rohrbettung bei der Drossel sei vom Angebot ausgenommen - bei objektiver Betrachtung - nicht der Rückschluss ziehen, dass damit die Ausführung der Rohrbettung mit vorhan­denem Material klargestellt werden sollte. Auch hier hat das Begleitschreiben der Antragstellerin eine Widersprüchlichkeit bzw. Unvollständigkeit verursacht, anstatt die gewünschte Klarstellung zu bewirken.

 

Der objektive Erklärungswert des Begleitschreibens kann insofern nicht anders verstanden werden, als dass die Rohrbettung bei der Drossel nicht vom Angebot umfasst ist und dieses daher unvollständig bzw. widersprüchlich ist.

 

V.6.4. Aushub und Verfüllung für Drossel und offene Gräben:

 

Die Arbeiten für den Aushub und die Verfüllung für die Drossel und offene Gräben steht im Zusammenhang mit den Arbeiten für die Rohrbettung bei der Drossel, sodass auf die diesbezüglichen Ausführungen zu Punkt V.6.3. verwiesen werden kann.

 

V.6.5. Pflaster- und Betonarbeiten für den Notüberlauf:

 

Nachdem es sich bei den Pflaster- und Betonarbeiten für den Notüberlauf um in der Ausschreibung nicht geforderte Leistungen handelt, schadet es der Antrag­stellerin nicht, dass sie diese in ihrem Begleitschreiben aus ihrem Angebot ausgenommen hat. Das Angebot der Antragstellerin wird dadurch weder unvoll­ständig noch widersprüchlich. Dieser Teil des Begleitschreibens ist insofern für das gegenständliche Nachprüfungsverfahren unerheblich.

 

 

V.7. Behebbarkeit/Wettbewerbsstellung/Gleichbehandlung:

 

Wesentliches Kriterium für die Behebbarkeit von Mängeln und/oder Aufklärungs­gesprächen hierüber ist die Frage der Veränderung der Wettbewerbsstellung der Bieter untereinander bzw. die Gleichbehandlung aller Bieter (§ 19 Abs. 1 BVergG).

 

Zulässige Behebbarkeit von Mängeln bzw. zulässige Aufklärung wird demnach dann vorliegen, wenn hinsichtlich Aufklärung zum Angebot die Auskünfte oder die nachgereichten Unterlagen das Angebot bloß präzisieren, erläutern oder vervoll­ständigen; unzulässig ist jedenfalls eine „Änderung“ der „Hauptbestand­teile des Auftrages, deren Änderung den Wettbewerb verfälschen könnte“, insbesondere eine Änderung der Preise; hinsichtlich Aufklärung zur Eignung beim Bieter im offenen Verfahren gilt Analoges: Bloß Präzisieren, Erläutern oder Vervollständigen der Eignungsnachweise; hinsichtlich Aufklärung zur Eignung beim Bewerber im nicht offenen Verfahren und im Verhandlungsverfahren ist gemäß § 70 Abs. 3 geboten, für den Teilnahmeantrag Nachweise vorzulegen oder zu vervollständigen oder zu erläutern (Gölles, in Schramm/Aicher/Fruh­mann/Thienel, Bundesvergabegesetz², § 127 Rz 19).

 

Der Verwaltungsgerichtshof hatte sich in der Vergangenheit schon mehrfach mit diesen Rechtsfragen auseinanderzusetzen.

 

V.7.1. In seinem Erkenntnis vom 25. Februar 2004, 2003/04/0186, führte der Verwaltungsgerichtshof Nachfolgendes aus:

 

„Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - unter Bezugnahme auf Aicher (in Korinek/Rill, zur Reform des Vergaberechtes (1985), 363f und 411f) - sind Mängel als unbehebbar zu qualifizieren, die nach Angebotseröffnung zu einer Änderung der Wettbewerbsstellung der Bieter führen können. Gravierende formale und inhaltliche Mängel in dem Angebot sowie unverbindliche Angebote sind sofort auszuscheiden (vgl. schon das hg. Erkenntnis vom 27. September 2000,
Zl. 2000/04/0050). [...] Es ist daher bei der Abgrenzung zwischen behebbaren und unbehebbaren Mängeln darauf abzustellen, ob durch eine Mängelbehebung die Wettbewerbsstellung des Bieters gegenüber seinen Mitbietern materiell verbessert würde (in dieser Art hat auch der EuGH in dem im angefochtenen Bescheid zitierten Urteil vom 25. April 1996 in der Rechtsache C-87/94, Slg. 1996,
I-2043, Kommission/K B, nicht bloß formal, sondern inhaltlich den Verstoß gegen die Gleichbehandlung hinsichtlich der im Lastenheft aufgestellten Aufschlagskriterien bzw. der Angaben zum Kraftstoffverbrauch erblickt). [...]“

 

V.7.2. Weiters hatte sich der Verwaltungsgerichtshof auch in seinem Erkenntnis vom 3. September 2008, 2007/04/0017, mit der Frage zu befassen, ob das Nachreichen einer Bestätigung über die Insolvenzfreiheit einen behebbaren Mangel darstellen würde bzw. dass darin keine Änderung der Wettbewerbsstellung liegen würde:

„Zur Behebbarkeit von Mängeln in Angeboten hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom
25. Februar 2004, Zl. 2003/04/0186 [Anm.: siehe oben V.2.4.1.], mit ausführlicher Begründung unter Bezugnahme auf Literatur und weitere Judikatur ausgeführt, dass solche Mängel als unbehebbar zu qualifizieren sind, deren Behebung nach Angebotseröffnung zu einer Änderung der Wett­bewerbsstellung des Bieters führen kann. Bei der Abgrenzung zwischen behebbaren und unbehebbaren Mängeln ist darauf abzustellen, ob durch eine Mängelbehebung die Wettbewerbsstellung des Bieters gegenüber seinen Mitbietern materiell verbessert würde. In diesem Sinn wurden das Fehlen der firmenmäßigen Fertigung eines ohnehin rechtsgültig unterfertigten Angebots (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 2003, Zl. 2001/04/0037), die Namhaftmachung von mehreren Vertretern einer Bietergemeinschaft anstelle des von den Ausschreibungsunterlagen geforderten einzigen Vertreters (siehe dazu das zitierte hg. Erkenntnis, Zl. 2003/04/0186), das Fehlen des Nachweises einer vorhandenen Befugnis (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 29. März 2006, Zl. 2003/04/0192), die Nachreichung eines Datenträgers (siehe dazu den hg. Beschluss vom 27. Juni 2007, Zl. 2005/04/0111) oder das Fehlen eines Formblattes (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 2005,
Zl. 2005/04/0024) als behebbare Mängel, das Anbot einer kürzeren als der von der Ausschreibung geforderten Mindestgewährleistungsfrist (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 16. Februar 2005,
Zl. 2004/04/0030) oder das Fehlen der rechtzeitigen Antragstellung gemäß § 373c GewO 1994 (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2006, Zl. 2004/04/0078) jedoch als unbehebbare Mängel gewertet.“

 

V.7.3. Ferner setzte sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom
12. Mai 2011, 2008/04/0087, mit der Frage der Behebbarkeit von Mängeln und der damit zusammenhängenden Verbesserung der Wettbewerbsstellung auseinander und führte dazu aus:

 

„Ergeben sich bei der Prüfung der Angebote Unklarheiten über das Angebot oder werden Mängel festgestellt, so ist gemäß § 126 Abs. 1 BVergG 2006, sofern die Unklarheiten für die Beurteilung der Angebote von Bedeutung sind, vom Bieter eine verbindliche schriftliche Aufklärung zu verlangen. Die vom Bieter erteilten schriftlichen Auskünfte bzw. die vom Bieter allenfalls vorgelegten Nachweise sind der Niederschrift über die Prüfung der Angebote beizuschließen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind solche Mängel als unbehebbar zu qualifizieren, deren Behebung nach Angebotseröffnung zu einer Änderung der Wettbewerbsstellung des Bieters führen kann. Bei der Abgrenzung zwischen behebbaren und unbehebbaren Mängeln ist darauf abzustellen, ob durch eine Mängelbehebung die Wettbewerbsstellung des Bieters gegenüber seinen Mitbietern materiell ver­bessert würde (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 25. März 2010, Zl. 2005/04/0144, mit Verweis auf das hg. Erkenntnis vom 3. September 2008, Zl. 2007/04/0017, mit zahlreichen Beispielen und weiteren Hinweisen aus der Vorjudikatur). Im Hinblick auf vorzulegende Nachweise ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu unterscheiden, ob im maßgeblichen Zeitpunkt der nachzuweisende Umstand (etwa die Leistungsfähigkeit als solche) fehlt (in diesem Fall liegt ein unbehebbarer Mangel vor) oder ob es bloß am Nachweis des im maßgeblichen Zeitpunkt an sich bereits bestehenden Umstandes mangelt (im letztgenannten Fall handelt es sich um einen behebbaren Mangel; vgl. hiezu im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit das hg. Erkenntnis vom
11. November 2009, Zl. 2009/04/0203, mit weiteren Nachweisen auf die Vorjudikatur).“

 

V.7.4. In einer mit dem gegenständlichen Fall vergleichbaren Rechtssache hatte sich das Bundesvergabeamt in der Entscheidung vom 3. Mai 2006,
N/0017-BVA/04/2006-25,
ebenfalls mit der Frage der Behebbarkeit eines Angebotsmangels ausein­ander­zusetzen:

 

„Für einen durchschnittlichen, fachkundigen Bieter bei Anwendung üblicher Sorgfalt [vgl. EuGH 4.12.2003, RS-C-448/01 (X-AG G GmbH gegen R Ö); VwGH 17.11.2004, 2002/04/0078; 16.2.2005, 2004/04/0030; BVA 19.1.2006, 04N-134/05-17] war damit erkennbar, dass die auszugestaltenden Dienstpläne jedenfalls dem Leistungsverzeichnis in Punkt 2.3. entsprechen müssen und damit auch die maximale Aufenthaltsdauer des diensthabenden Mitarbeiters in der Sicherheitszentrale drei Stunden beträgt. Um eine Vergleichbarkeit der Angebote und damit eine im Sinne der Gleichbehandlung der Bieter gemäß § 21 Abs. 1 BergG 2002 [Anm.: nunmehr: § 19 Abs. 1 BVergG 2006] entsprechend der Ausschreibung vorgesehene Bewertung der Plausibilität und Qualität des Dienstplanes zu ermöglichen, muss auch Voraussetzung sein, dass die Dienstpläne gemäß den Bestimmungen in der Ausschreibung gestaltet werden. Entgegen der Ansicht des Antragstellers handelt es sich daher bei Punkt 2.3. des Leistungsverzeichnisses um ein Musskriterium, welches im vom Antragsteller ausgestalteten Dienstplan am Montag bezüglich des Dienstes in der Sicherheitszentrale nicht erfüllt wurde. […]. Nach der Judikatur des Verwal­tungsgerichtshofes sind solche Mängel als unbehebbar zu qualifizieren, deren Behebung nach Anbotsöffnung zu einer Änderung der Wettbewerbsstellung der Bieter führen kann. Bei der Abgrenzung zwischen behebbarem und unbehebbarem Mangel ist darauf abzustellen, ob durch eine Mängelbehebung die Wettbewerbsstellung des Bieters gegenüber seinen Mitbewerbern materiell verbessert werden würde. In diesem Sinne wurde das Fehlen der firmenmäßigen Fertigung eines ohnehin rechtsgültig unterfertigten Angebotes (VwGH 26.2.2003, 2001/04/0037), die Namhaft­machung von mehreren Vertretern einer Bietergemeinschaft anstelle des von den Ausschrei­bungsunterlagen geforderten einzigen Vertreters (VwGH 25.2.2004, 2003/04/0186) oder das Fehlen eines Formblattes, das von einem Bieter nicht abänderbare Ausschreibungsbedingungen enthält (VwGH 29.6.2005, 2005/04/0024), als behebbare Mängel, das Angebot einer kürzeren als der von der Ausschreibung geforderten Mindestgewährleistungsfrist jedoch als unbehebbarer Mangel (vgl. VwGH 16.2.2005, 2004/04/0030) gewertet. Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze kann jedoch bei der gegenständlichen Fallkonstellation nicht vom Vorliegen eines behebbaren Mangels ausge­gangen werden. Würde dem Antragsteller die Möglichkeit eingeräumt, erst nachträglich die Verweildauer der Mitarbeiter in der Sicherheitszentrale im Dienstplan ausschreibungskonform zu gestalten, so würde für den Antragsteller - verglichen mit den übrigen Bietern - die Vorbereitungszeit für die Gestaltung des Dienstplanes erstreckt werden. Gerade die Gestaltung des ausschreibungs­konformen Dienstplanes innerhalb der Angebotsfrist war jedoch Bewertungsgegenstand des Subkriteriums ‚Plausibilität und Qualität des Dienstplanes‘. Die Einräumung der Möglichkeit der nachträglichen Gestaltung des Dienstplanes betreffend die Dauer des Aufenthaltes der Mitarbeiter in der Sicherheitszentrale würde die Wettbewerbsstellung des betroffenen Bieters gegenüber seinen Mitbietern materiell verbessern, sodass eine Behebbarkeit des Mangels bei der gegebenen Fall­konstellation auszuschließen ist.“

 

V.7.5. Ferner befasste sich das Bundesvergabeamt in seiner Entscheidung vom
27. Juni 2006, N/0038-BVA/04/2006-28, ebenfalls mit der Behebbarkeit bzw. Unbehebbarkeit von Mängeln und mit der Veränderung der Wettbewerbsstellung bzw. mit der Bietergleichbehandlung:

 

„Das Angebot des Antragstellers umfasste - entgegen den oben wiedergegebenen Vorgaben der unbekämpft gebliebenen Ausschreibung - nicht die notwendigen baulichen Maßnahmen. Dies legte der Antragsteller auch ausdrücklich selbst in einem Beiblatt zum Angebot fest, in dem er darauf hinwies, dass von seinem Angebot keine Elektrozuleitungen, keine erforderlichen Blitzschutz­maßnahmen bzw. Verputzarbeiten umfasst seien. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind solche Mängel als unbehebbar zu qualifizieren, deren Behebung nach Angebotsöffnung zu einer Änderung der Wettbewerbsstellung der Bieter führen kann. Bei der Abgrenzung zwischen behebbarem und unbehebbarem Mangel ist darauf abzustellen, ob durch eine Mängelbehebung die Wettbewerbsstellung des Bieters gegenüber seinen Mitbewerbern materiell verbessert würde. In diesem Sinne würde das Fehlen der firmenmäßigen Fertigung eines ohnehin rechtsgültig unter­fertigten Angebotes (VwGH 26.2.2003, 2001/04/0037), die Namhaftmachung von mehreren Vertretern einer Bietergemeinschaft anstelle des von den Ausschreibungsunterlagen geforderten einzigen Vertreters (VwGH 25.2.2004, 2003/04/0186) oder das Fehlen eines Formblattes, das von einem Bieter nicht abänderbare Ausschreibungsbedingungen enthält (VwGH 29.6.2003, 2005/04/0024), als behebbare Mängel, das Anbieten einer kürzeren als der von der Ausschreibung geforderten Mindestgewährleistungsfrist etwa jedoch als unbehebbarer Mangel (VwGH 16.2.2005, 2004/04/0030) gewertet. Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze kann bei der gegenständlichen Fallkonstellation nicht vom Vorliegen eines behebbaren Mangels ausgegangen werden. Würde dem Antragsteller die Möglichkeit eingeräumt, nachträglich auch die notwendigen Bauleistungen im obigen Sinne anzubieten, wäre dies jedenfalls mit einer Preisänderung verbunden, wobei der Antragsteller, dem die Preise der Angebote der Mitbieter seit der Angebotsöffnung bekannt sind, entsprechende Anpassungen vornehmen könnte. [...] Das Angebot des Antragstellers war daher gemäß § 129 Abs. 1 Z 7 BVergG 2006 vom Auftraggeber auszuscheiden. Da das Angebot des Antragstellers vom Auftraggeber somit zu Recht auszuscheiden war, kann der Antragsteller auch nicht in seinen im Nachprüfungsantrag geltend gemachten subjektiven Rechten verletzt worden sein, sodass der auf Nichtigerklärung des Ausscheidens des Angebotes des Antragstellers gerichtete Nachprüfungsantrag abzuweisen ist (vgl. in diesem Zusammenhang VwGH 18.5.2005, 2004/04/0094; ebenso BVA 3.5.2006, N/0017-BVA/04/2006-25).“

 

V.7.6. In einer Entscheidung vom 11. November 2009, N/0105-BVA/04/2009-39, hatte sich das Bundesvergabeamt mit der Frage der Verbesserungsmöglichkeit beim Nachreichen von Nachweisen auseinanderzusetzen und hat ausgesprochen, dass für die Nennung von Referenzprojekten keine Verbesserungsmöglichkeit besteht:

 

„Der Antragsteller hat daher für das Auswahlkriterium C keine für die Wertung zu berücksichtigende Referenz gelegt und damit auch die Mindestanzahl an Referenzprojekten, nämlich ein Referenzprojekt für das Auswahlkriterium C, nicht erfüllt. Da es sich bei der Nennung von Referenzprojekten um ein Auswahlkriterium handelt, ist die Einräumung einer Verbesserungsmöglichkeit und damit die Nachnominierung von Referenzprojekten ausgeschlossen (vgl. in diesem Zusammenhang auch BVA 24.11.2008, N/0139-BVA/05/2008-16).“

 

V.7.7 Jüngst hatte sich auch das Bundesverwaltungsgericht in seinem Erkenntnis vom 5. Juni 2015, W187 2106525-2, mit der Frage von Mängelbehebungen in Aufklärungsgesprächen und der Verbesserung der Wettbewerbsstellung ausein­anderzusetzen:

 

„3.4.6 Vorauszuschicken ist, dass eine Verbesserung des Angebotes im Zuge eines Aufklärungs­gesprächs unzulässig ist, wenn dadurch das Angebot erst ausschreibungskonform wird. Die Verbesserung der Wettbewerbsstellung zu Lasten der Mitbieter wäre unzulässig (VwGH 28.2.2012, 2009/04/0120). Die Musterdatensätze, die die Antragstellerin in ihrem Angebot übermittelt hat, sind unbestrittener Maßen mangelhaft. Sie hat daher zu Recht weniger Punkte erhalten und wurde damit im Rahmen der Zuschlagsentscheidung schlechter bewertet. Die Auftraggeberin hat die Zuschlags­kriterien und das Verfahren zur Ermittlung des Bestbieters nach Punkt 6.2 mit 6.4 der Ausschrei­bungsunterlagen eingehalten. Die Übermittlung von Musterdatensätzen sollte die Auftraggeberin
- wie sie in Punkt 5.2.9 der Ausschreibung ausdrücklich anführt - nämlich in die Lage versetzen, die Qualität und Vollständigkeit der in Zukunft zu erwartenden Daten abzuschätzen, was im Rahmen der Statistiken, die der zukünftige Auftragnehmer erstellen wird müssen, von grundlegender Bedeu­tung ist. Auf diesen Umstand wies die Auftraggeberin in Punkt 4 der Fragebeantwortung vom
13. Jänner 2015 ausdrücklich hin.

3.4.7 Die Datensätze, die die Antragstellerin übermittelt hat, sind unstrittig mangelhaft. Dies hat auch die Antragstellerin in ihren Schriftsätzen zugestanden. Als unbehebbar sind Mängel zu qualifizieren, deren Behebung nach Angebotseröffnung zu einer Änderung der Wettbewerbsstellung der Bieter führen kann. Bei der Abgrenzung zwischen behebbaren und unbehebbaren Mängeln ist darauf abzustellen, ob durch eine Mängelbehebung die Wettbewerbsstellung des Bieters gegenüber seinen Mitbietern materiell verbessert würde (VwGH 12.5.2011. Zl. 2008/04/0087; Aicher in Korinek/Rill zur Reform des Vergaberechtes [1985], 363 f und 411 f). Eine Verbesserung der mangelhaften Datensätze ist nicht möglich, da die Qualität der Datensätze nach Punkt 6.3.1 der Ausschreibung im Rahmen der Zuschlagskriterien durch die Vergabe von Punkten entsprechend der Tabellen in Punkt 5.2.8 und 5.2.9 der Ausschreibung bewertet wird und es durch die Verbesserung der Datensätze zu einer Verbesserung der Wettbewerbsstellung der Antragstellerin zu Lasten der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin, der einzigen Mitbieterin, durch eine Vorreihung aufgrund einer größeren Anzahl von Bewertungspunkten kommen würde. Mängel in den Datensätzen sind daher nicht verbesserbare Mängel.

3.4.8            Darüber hinaus müsste die Auftraggeberin der in Aussicht genommenen Zuschlags­empfängerin nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter ebenfalls die Möglichkeit zur Verbesserung ihrer Datensätze geben (EuGH 29.3.2012, C-599/10, SAG ELV Slovensko, Rn 43), wodurch sie ebenfalls mehr Punkte bekommen hätte können. Die Antragstellerin würde durch eine Verbesserung der Datensätze, die notwendigerweise in beiden Angeboten hätte stattfinden müssen, nichts gewinnen, da sie - und wohl auch die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin - die höchste erreichbare Punkteanzahl anstrebt und damit die in Aussicht genommene Zuschlags­empfängerin wegen des niedrigeren Preises weiterhin eine höhere Punktezahl erhielte.“

 

V.7.8. Auch der EuGH hatte sich in seinem Urteil vom 25. April 1996 in der Rechtssache C-87/94 Kommission der E G gegen K B mit der Veränderung der Wettbewerbsstellung einer Bieterin zu beschäftigen:

 

„Nach alledem ist festzustellen, dass das K B dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie verstoßen hat,

-          dass es die von X im ergänzenden Schreiben vom 24. August 1993 und damit nach Öffnung der Angebote eingereichten Angaben zum Kraftstoffverbrauch berücksichtigt hat,

-          dass es den Auftrag an X auf der Grundlage von Zahlen vergeben hat, die nicht den Vorgaben des Anhanges 23 des besonderen Lastenhefts für die Berechnung des fiktiven Aufschlags für diese Firma wegen der Wartungskosten für die Auswechslung von Motor und Getriebe entsprachen,

-          und dass es beim Vergleich der Angebote für die Lose Nrn. 4-6 die von X vorgeschlagenen Einsparungsfaktoren, die in den Auftragsunterlagen oder in der Bekanntmachung nicht genannt waren, berücksichtigt hat, sie zum Ausgleich der finanziellen Unterschiede zwischen den auf den ersten Platz gesetzten Angeboten und den auf den zweiten Platz gesetzten Angeboten von X verwendet hat und sich aufgrund der Berücksichtigung dieser Faktoren für bestimmte Angebote von X entschieden hat.“

 

V.7.9. Auch in der Literatur fand eine Auseinandersetzung mit der Frage der Verschiebung der Wettbewerbsstellung statt.

 

V.7.9.1. So führt zum Beispiel Gölles in seinem Aufsatz „Das Spannungsverhältnis von Aufklärungsgesprächen, Erörterungen und Verhandlungen bei Vergabeverfahren“ (ZVB 2002/11) aus:

 

„1. Seitens der Kommission wurde formuliert (veröffentlicht in ABl L 111, 30.4.1994, S 114):

‘Der Rat und die Kommission erklären, dass bei den offenen und den nicht offenen Verfahren Verhandlungen mit den Bewerbern oder Bietern über Hauptbestandteile des Auftrages, deren Änderung den Wettbewerb verfälschen könnte, und insbesondere über die Preise ausgeschlossen sind; Erörterungen mit den Bewerbern oder Bietern dürfen nur stattfinden, wenn es darum geht, den Inhalt des Angebots oder die Forderungen der öffentlichen Auftraggeber zu präzisieren oder zu vervoll­ständigen, und sofern sich dies nicht diskriminierend auswirkt.‘

2. Unter den Judikaturbeispielen (aus Österreich und - in Folge vergleichbarer Rechtslage - auch aus Deutschland) gefällt mir ein deutsches Judikat wegen der klaren Aussage besonders:

VK Bund, 17.7.2000, VK 1-13/00:

‚Aufklärungsgespräche (§ 24 Nr. 1 I VOL/A) dürfen nur dem Zweck dienen, Zweifel über die Angebote oder die Bieter zu beheben. Sie dürfen nicht das Ziel verfolgen, eine nachträgliche Verbesserung von Angebotsbestandteilen zu erreichen. Insbesondere darf nicht in Verhandlungen eingetreten werden, wenn im Angebote fehlende zwingende Erklärungen über das zu verwendende Material nachgeholt werden sollen.‘

Dieses Beispiel zeigt bereits, in welchem Zusammenhang in der Praxis die Gefahr besteht, dass der Rahmen der Zulässigkeit von Aufklärungsgesprächen überschritten wird - nämlich beim Versuch unbehebbare Angebotsmängel unter dem Deckmantel der Aufklärung zu beheben.“

 

V.7.9.2. Ferner setzte sich Gölles in seinem Aufsatz „Mangelhafte Angebote - Verbesserbarkeit oder Ausscheiden?“ in ZVB 2003/93 mit dieser Frage auseinander:

 

„Die Beurteilung, ob ein Mangel oder eine Unvollständigkeit eines Angebotes behebbar oder unbehebbar ist, nähert sich in der Praxis mitunter einer Denksportaufgabe. Das Gesetz gibt hiezu dem Praktiker kaum eine Hilfestellung: Die Kriterien für die Beurteilung von Mängeln oder Unvoll­ständigkeiten als behebbar oder als unbehebbar werden sich vorweg an den Grundsätzen des
§ 21 Abs. 1 [Anm.: nunmehr § 19 Abs. 1], insbesondere am Wettbewerbsprinzip und am Gleichbe­handlungsgrundsatz zu orientieren haben. Basierend auf Aicher vertritt die Literatur und die Spruchpraxis, dass nur solche Mängelverbesserungen zulässig sind, die nicht zu einer Verbesserung der Wettbewerbsstellung nach der Angebotsöffnung führen. Dies ist auch in der Bestimmung des § 96 Abs. 1 begründet, dass während eines offenen Verfahrens oder eines nicht offenen Verfahrens ‚über eine Angebotsänderung nicht verhandelt werden‘ darf (die Behebung eines unbehebbaren Mangels wäre also auch ein Verstoß gegen das Verhandlungsverbot). Aicher folgend werden mE für eine Behebbarkeit von Mängeln oder Unvollständigkeiten eines Angebotes folgende Kriterien erfüllt sein müssen:

++ keine Änderung (Verbesserung) der Wettbewerbsstellung des mängelverbessernden Bieters durch die Mängelverbesserung oder Beseitigung der Unvollständigkeit;

++ keine durch § 96 Abs. 1 verbotene Angebotsänderung (gemäß § 97 Abs. 2 jedoch gering­umfängliche technische Änderungen bei Alternativangeboten zulässig);

++ Wahrung des Wettbewerbsprinzips und des Gleichbehandlungsgebotes des § 21 Abs. 1
[Anm.: nunmehr § 19 Abs. 1] (wie es auch im § 94 Abs. 2 normiert ist).“

 

V.7.10. Ein Widerspruch liegt vor, wenn der Bieter in seinem Angebot erklärt, den zu vergebenden Vertrag nicht zu den Bedingungen in der Ausschreibung, sondern zu anderen Bedingungen abschließen zu wollen. Die Erklärung dieses Widerspruches kann dabei ausdrücklich oder - was wohl der Regelfall sein wird - stillschweigend (konkludent) erfolgen. Maßstab der Prüfung des Widerspruches sind die Bestimmungen der Ausschreibungsunterlagen. Daher weicht das wider­sprechende Angebot von der Ausschreibung so ab, dass das vom Auftraggeber gewünschte Vertragsverhältnis nicht durch Annahme des Angebotes durch den Auftraggeber mittels Zuschlagserteilung zu Stande kommen könnte, sondern nur durch eine Änderung des Angebotes und damit Verhandeln über das Angebot voraussetzen würde. Dabei kommt es immer auf den objektiven Erklärungswert des Angebotes an und nicht darauf, wie der Bieter sein Angebot verstanden wissen will (Öhler/Schramm, in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Bundesver­gabegesetz2, § 269 Rz 62). Derartige Angebote sind keiner Verbesserung, also keiner Zurücknahme des Widerspruches durch den Bieter zugänglich. Angebote, die den Ausschreibungsbestimmungen widersprechen, sind daher ohne Gewäh­rung einer Verbesserungsmöglichkeit nach § 126 BVergG auszuscheiden (Öhler/Schramm, in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Bundesvergabegesetz2, § 269 Rz 63).

 

Nach der mittlerweile ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind - unter Bezugnahme auf die sogenannte Aicher-Formel - Mängel als unbe­heb­bar zu qualifizieren, die „nach Angebotsöffnung zu einer Änderung der Wett­bewerbs­stellung der Bieter führen können. Gravierende formale und inhaltliche Mängel in dem Angebot sowie unverbindliche Angebote sind sofort auszu­scheiden.“ Bei der Abgrenzung zwischen behebbaren und unbehebbaren Mängeln ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darauf abzustellen, „ob durch eine Mängelbehebung die Wettbewerbsstellung des Bieters gegenüber seinen Mitbietern (wenn auch nur mittelbar) materiell verbessert würde.“ Eine solche materielle Verbesserung der Wettbewerbsstellung könnte „insofern eintre­ten, als nicht alle Bieter nach der Veröffentlichung der Bekanntmachung über denselben Zeitraum verfügen würden, um ihre Angebote auszuarbeiten (durch die Möglichkeit der Mängelbehebung dem diesbezüglichen Bieter ein größerer Zeitraum zur Ausarbeitung seines Angebotes eingeräumt würde)“ (Öhler/Schramm, in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Bundesvergabegesetz2, § 269 Rz 72).

 

V.7.11. Durch die von der Antragstellerin vorgenommene Ausgestaltung des Angebotes, insbesondere des Begleitschreibens, wonach vom Angebot alle Erd-, Schal-, Bewehrungs- und Betonierarbeiten für Ein- und Auslaufbauwerke, Rohrbettung bei Drossel, Aushub und Verfüllung für Drossel und offene Gräben nicht umfasst sind, hat die Antragstellerin ein nicht ausschreibungskonformes Angebot gelegt. Es war daher die Aufgabe der Auftraggeberin, bereits vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung das Angebot der Antrag­stellerin auszuscheiden.

 

Unter Zugrundelegung der obigen Grundsätze kann bei der gegenständlichen Fallkonstellation nicht vom Vorliegen eines behebbaren Mangels ausgegangen werden. Würde der Antragstellerin die Möglichkeit eingeräumt, nachträglich auch die notwendigen Bauleistungen im obigen Sinn (alle Erd-, Schal-, Bewehrungs- und Betonierarbeiten für Ein- und Auslaufbauwerke, Rohrbettung bei Drossel, Aushub und Verfüllung für Drossel und offene Gräben) anzubieten, wäre dies jedenfalls mit einer Preisänderung verbunden, wobei die Antragstellerin, der die Preise der Angebote der Mitbieter seit der Angebotsöffnung bekannt sind, entsprechende Anpassungen vornehmen könnte.

 

Dadurch würde es zu einer den Grundsätzen des § 19 Abs. 1 BVergG wider­sprechenden Verschiebung der Wettbewerbsstellung zu Gunsten der Antrag­stellerin und somit zu einer Ungleichbehandlung der Bieter kommen. Das Angebot der Antragstellerin war daher gemäß § 269 Abs. 1 Z 5 BVergG auszuscheiden. Nachdem das Angebot der Antragstellerin von der Auftraggeberin zu Recht auszuscheiden war, kann die Antragstellerin auch nicht in ihren im Nachprüfungsantrag geltend gemachten subjektiven Rechten verletzt worden sein, sodass der auf Nichtigkeit des Ausscheidens des Angebotes der Antrag­stellerin gerichtete Nachprüfungsantrag abzuweisen ist.

 

Es kann insofern auch dahingestellt bleiben, ob es sich beim Angebot der Antragstellerin um ein widersprechendes oder ein unvollständiges Angebot handelt, da dieses in beiden Fällen gleichermaßen auszuscheiden ist.

 

V.8. Ergebnis:

 

Die Ausscheidensentscheidung hat sich somit als rechtskonform erwiesen. Zusammengefasst waren daher der Nachprüfungsantrag und in der Folge auch der Antrag auf Kostenersatz abzuweisen.

 

 

VI.            Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Lidauer