LVwG-300907/9/Kl/PP

Linz, 22.03.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde des Herrn Ing. T H, W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P R, x, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshaupt-mannschaft Freistadt vom 25. November 2015, Ge96-46-2015, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 24. Februar 2016

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde mit der Maßgabe abgewiesen, dass die Verwaltungsstrafnorm iSd § 44a Z 3 VStG zu lauten hat: „§ 130 Abs. 5 Einleitung ASchG“.

 

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens iHv 1.000 Euro zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 25. November 2015, Ge96-46-2015, wurden über den Beschwerdeführer Geldstrafen von 1.000 Euro in fünf Fällen, Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 2 Tagen, wegen jeweils einer Übertretung gemäß § 7 Abs. 1 und 2 Z 4 und Abs. 5 Z 2 der Bauarbeiterschutzverordnung – BauV iVm § 118 Abs. 3 und § 130 Abs. 5 Z 1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz verhängt, weil er als verwaltungs­strafrechtlich verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der H S & M GmbH (Metalltechnik für Metall- und Maschinenbau, eingeschränkt auf Stahlbau im Standort N, x) zu vertreten hat, wie anlässlich einer Überprüfung durch das Arbeitsinspektorat L am 28.8.2015 festgestellt wurde und wie aus der Anzeige des Arbeitsinspektorates L vom 4.9.2015, Zl.: 041-66/1-9/15, hervorgeht, dass am 28.8.2015 fünf Arbeitnehmer des Betriebes (P F, T A, S O, D T und I M) bei der Baustelle in N, x, (Neubau Bürogebäude) mit Arbeiten zur Herstellung der Stockwerksdecke über dem 1. OG beschäftigt waren, wobei trotz einer Absturzhöhe von ca. 6,0 Meter keine Absturz­sicherungen, Abgrenzungen oder Schutzeinrichtungen angebracht waren, obwohl bei Absturzgefahr Absturzsicherungen, Abgrenzungen oder Schutzeinrichtungen bei der Herstellung von Stockwerksdecken ab einer Absturzhöhe von 5 Meter anzubringen sind.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht und die ersatzlose Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstraf­verfahrens, in eventu die Herabsetzung der Strafhöhe beantragt. Im Wesentlichen wurde ausgeführt, dass dem Straferkenntnis und Tatvorwurf nicht zu entnehmen sei, welche Verpflichtung im konkreten Fall nicht erfüllt worden sei, weil kein konkretes Verhalten bzw. keine konkrete Unterlassung vorgeworfen worden sei. Auch fehle dem Tatvorwurf ein genauer Zeitpunkt und im Übrigen fehlten auch erforderliche Sachverhaltsfeststellungen. Insbesondere werde darauf hingewiesen, dass die Arbeitnehmer schriftlich unterwiesen worden seien. Der Beschuldigte sei am 28.8.2015 urlaubsbedingt abwesend gewesen und hätte daher keine Kontrollen durchführen können. Im Übrigen sei die Verpflichtung nach § 7 Abs. 1 BauV eine Maßnahme, unabhängig davon, wie viele Arbeit­nehmer dort beschäftigt sind. Die Behörde habe eine Strafe pro Arbeitnehmer verhängt, obwohl § 130 Abs. 4 (gemeint wohl Abs. 5) Z 1 ASchG die Verwaltungsübertretung nicht nach Anzahl der Arbeitnehmer festlegt, die auf der Baustelle gearbeitet haben oder von einer Unterlassung betroffen waren, sondern nur auf die Bestimmung, die nicht eingehalten wurde, Bezug nimmt. Auch sei der Beschuldigte unbescholten und sei dies als Milderungsgrund zu beachten.

Ein Kontrollsystem setze keinesfalls voraus, dass jeden Tag zu jeder Zeit lückenlos eine Überprüfung erfolge, ob tatsächlich die Anweisungen eingehalten werden, weil eine solche Überprüfung nur dann möglich wäre, wenn der Beschuldigte gleichzeitig auf sämtlichen Baustelle immer anwesend sei. Es könne daher dem Beschuldigten nicht subjektiv angelastet werden, dass er an seinem Urlaubstag nicht auf der Baustelle anwesend gewesen sei und nicht kontrolliert habe, in welcher Form die Arbeiten ausgeführt worden seien bzw. ob Absturzsicherungen angebracht worden seien. Die beschäftigten Arbeiter hätten alle eine persönliche Schutzausrüstung gehabt und diese auch verwenden können.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt als belangte Behörde hat die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und die Zurückweisung bzw. Abweisung der Beschwerde beantragt.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme, insbesondere in die im Akt aufliegenden und während der mündlichen Verhandlung vorgelegten Fotos, sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 24. Februar 2016, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden und mit Ausnahme der belangten Behörde erschienen sind. Weiters wurden die Zeugen DI A H, Arbeitsinspektorat L, sowie T A geladen und einvernommen.

 

4.1. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest und wird der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

Der Beschuldigte ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der H S & M GmbH mit Sitz in N, x. Bei einer Kontrolle am 28. August 2015 durch das Arbeitsinspektorat L am Firmenstandort wurden durch fünf namentlich genannte Arbeitnehmer Arbeiten zur Herstellung der Geschoßdecke über dem 1. Obergeschoß beim Neubau des Bürogebäudes durchgeführt. Konkret wurde Bewehrungsstahl montiert. Bei der Baustelle handelt es sich um eine Firmenerweiterung, nämlich Neubau eines Bürogebäudes und Errichtung einer Produktionshalle. Es wurden an diesem Tag die Bewehrungseisen gebohrt und befestigt, die aufzusetzenden Hohlwände und Betonplatten für die Decke wurden von der Firma O geliefert. Es bestand eine Absturzhöhe von zirka 6 Metern, nämlich über zwei Geschoße. Technische Sicherheitsmaßnahmen bzw. Absturzsicherungen waren nicht vorhanden. Die fünf Arbeitnehmer waren auch nicht durch persönliche Schutzausrüstung gesichert. Im unmittelbaren Bereich der Baustelle bzw. im Arbeitsbereich war auch keine persönliche Schutzausrüstung vorhanden. Zum Auf- bzw. Abstieg wurde eine Scherenbühne verwendet. Das Geländeniveau zum Erdgeschoß liegt etwas tiefer, die Baustelle ist zum Teil hangseitig gelegen.

Für Unterweisungen in der Firma ist Herr Ing. B R zuständig. Von diesem erhalten die Arbeiter bei Arbeitsantritt eine Unterweisung, sowie auch laufende Unterweisungen. Eine Unterweisung hinsichtlich persönlicher Schutz­ausrüstung wurde zuletzt im Juli 2015 vorgenommen. Eine konkrete Unterweisung hinsichtlich der Baustelle bzw. hinsichtlich der Bewehrungsarbeiten am Kontrolltag hat nicht stattgefunden. Über technische Schutzmaßnahmen für diese Arbeiten wurde nicht gesprochen. Es wurde aber laufend ermahnt, dass sich die Arbeiter anhängen sollen, also die persönliche Schutzausrüstung verwenden sollen. Zuständiger Bauleiter für die Baustelle war der Beschwerdeführer. Dieser war am Kontrolltag auf Urlaub. Es war dann Ansprechpartner auf der Baustelle der Partieführer. Ansprechpartner im Büro war Herr Ing. R, welcher dann auch telefonisch von den Arbeitern über die Kontrolle verständigt wurde und zur Baustelle gerufen wurde. Herr Ing. R ist einer der Bauleiter, ein langjähriger Mitarbeiter der Firma und rechte Hand des Beschwerdeführers. Es ist daher für den Beschwerdeführer selbstverständlich, dass er im Fall der Abwesenheit des Beschwerdeführers diesen vertritt. Eine Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten liegt nicht vor.

Das Anbringen von technischen Absturzsicherungen war vom Beschwerdeführer nicht vorgesehen. Nach Auskunft der Firma O ist das Anbringen einer technischen Absturzsicherung an Hohlwänden möglich und muss vom Auftraggeber in Auftrag gegeben werden.

Am 28. August 2015 vor der Kontrolle wurde Herr R nicht auf der Baustelle gesehen, er war im Büro.

Eine bestimmte Person in der Firma, die für Sicherheitsmaßnahmen zuständig ist, konnte nicht genannt werden. Auf der Baustelle bestimmt der Partieführer, welche Sicherheitsmaßnahmen durchzuführen sind.

Nach der Kontrolle wurde über Anweisung von Herrn Ing. R ein Seil oben auf der Geschoßdecke gespannt und haben sich dann die Arbeiter dort angehängt und die persönliche Schutzausrüstung verwendet.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ist aufgrund der Zeugenaussagen sowie der aufliegenden Fotos erwiesen. Für das Landesverwaltungsgericht bestanden keine Anhaltspunkte an der Glaubwürdigkeit der Zeugen zu zweifeln. Im Übrigen decken sich die Aussagen des Arbeitnehmers weitgehend mit den Ausführungen des Beschwerdeführers. Es ist jedenfalls einwandfrei erwiesen, dass durch die fünf genannten Arbeitnehmer Arbeiten auf der Geschoßdecke mit einer Absturz­höhe von etwa 6 Meter durchgeführt wurden und technische Schutzmaß­nahmen nicht vorhanden waren.

 

5. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

5.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Bauarbeiterschutzverordnung – BauV, BGBl. Nr. 340/1994 idF BGBl. II Nr. 77/2014, sind bei Absturzgefahr Absturz­sicherungen (§ 8), Abgrenzungen (§ 9) oder Schutzeinrichtungen (§ 10) anzubringen.

Gemäß § 7 Abs. 2 Z 4 BauV liegt Absturzgefahr vor an sonstigen Arbeitsplätzen, Standplätzen und Verkehrswegen bei mehr als 2,00 m Absturzhöhe.

Gemäß § 7 Abs. 5 Z 2 BauV können, wenn Stockwerksdecken hergestellt oder von Stockwerksdecken aus die Wände errichtet werden, bei sonstigen Arbeiten mit Blick zur Absturzkante bis zu einer Absturzhöhe von 5,00 m Absturz­sicherungen, Abgrenzungen und Schutzeinrichtungen entfallen, wenn die Arbeiten von unterwiesenen, erfahrenen und körperlich geeigneten Arbeit­nehmern durchgeführt werden. In diesem Fall kann auch die Sicherung der Arbeitnehmer durch geeignete persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz entfallen. Abs. 2 Z 1 bleibt unberührt.

Gemäß § 118 Abs. 3 ArbeitnehmerInnschutzgesetz – ASchG, BGBl. Nr. 450/1994 idF BGBl. I Nr. 60/2015 gilt die Bauarbeiterschutzverordnung als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

Gemäß § 130 Abs. 5 Z 1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 160 bis 8.324 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 333 bis 16.659 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weiter geltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

 

5.2. Im Grunde des als erwiesen festgestellten Sachverhaltes hat daher der Beschwerdeführer den objektiven Tatbestand der Verwaltungsübertretung erfüllt. Es waren fünf Arbeitnehmer bei der Herstellung der Geschoßdecke über dem 1. Obergeschoß beschäftigt, die Absturzhöhe aus zwei Obergeschoßen betrug zirka 6 Meter und es waren keine technischen Schutzeinrichtungen wie Absturzsicherungen, Abgrenzungen oder Schutzeinrichtungen vorhanden. Die Arbeitnehmer waren auch nicht angeseilt. Eine persönliche Schutzausrüstung war unmittelbar auf der Baustelle nicht vorhanden. Die Anbringung einer technischen Absturzsicherung an den Hohlwänden war grundsätzlich möglich.

Der Beschwerdeführer als handelsrechtlicher Geschäftsführer der H S & M GmbH hat daher die Verwaltungsübertretung als nach außen vertretungsbefugtes Organ gemäß § 9 Abs. 1 VStG zu verantworten, da diese Arbeitgeberin der fünf namentlich genannten Arbeitnehmer war.

 

Dem Einwand des Beschwerdeführers, dass das Anbringen von Absturz­sicherungen ein unverhältnismäßiger Aufwand gegenüber den durchzuführenden Arbeiten gewesen wäre, und sohin § 7 Abs. 4 BauV zur Anwendung gekommen wäre, ist entgegenzuhalten, dass diese Bestimmung nicht zur Anwendung kommt, da die anzuwendende Bestimmung des § 7 Abs. 5 BauV eine Spezialnorm hinsichtlich der Herstellung von Stockwerksdecken bzw. der Errichtung von Wänden von Stockwerksdecken aus darstellt und daher als speziellere Norm der allgemeinen Norm des § 7 Abs. 4 vorgeht. Der Entfall von technischen Schutzmaßnahmen nach § 7 Abs. 5 BauV hingegen setzt voraus, dass die Absturzhöhe nicht höher als 5,00 Meter beträgt. Diese Voraussetzung war im gegenständlichen Fall nicht gegeben. Im Übrigen ist der Beschwerde­führer darauf hinzuweisen, dass sämtliche Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Kontrolle nicht angeseilt waren und daher auch eine wesentliche Voraussetzung des § 7 Abs. 4 BauV nicht erfüllt war. Lediglich bei Arbeiten an Stockwerks­decken bis zu einer Absturzhöhe von 5 Meter kann auch die Verwendung einer persönlichen Schutzausrüstung entfallen.

 

Wenn hingegen der Beschwerdeführer bemängelt, dass der Spruch des Straf­erkenntnisses als Tatzeitpunkt lediglich den Tag angibt und keine Uhrzeit, so ist die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten, wonach es nicht erforderlich ist, auch die Uhrzeit anzuführen (vgl. VwGH v. 31.3.2006, 2004/02/0366).

Auch ist der Beschwerdeführer mit dem Vorbringen nicht im Recht, dass im Tatvorwurf die Behörde nicht konkretisiert dargelegt hat, welche Maßnahmen konkret der Beschwerdeführer hätte treffen müssen. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (z.B. v. 15.7.2004, 2001/02/0042) müssen konkrete Sicherheitsmaßnahmen weder Spruchbestandteil noch Gegenstand einer (rechtzeitigen) Verfolgungshandlung sein. Auch zum Sprucherfordernis betreffend die Arbeitgebereigenschaft hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 5.8.2008, 2008/02/0127, ausgeführt, dass „Zweck der arbeitnehmer­schutzrechtlichen Bestimmungen ist, den Arbeitnehmer vor Gefahren zu schützen. Die BauV bezweckt im Besonderen den Schutz von Bauarbeitern bei der Ausführung von Bauarbeiten aller Art. Der Schutz ist vom Arbeitgeber zu gewährleisten. Adressat für die Einhaltung der Schutzvorschriften ist der Arbeitgeber, was sich nicht zuletzt darin zeigt, dass der Strafanspruch nach der BauV nicht gegen den Arbeitnehmer, sondern – wie auch in der hier maßgeblichen Bestimmung des § 130 Abs. 5 Z 1 ASchG – gegen den Arbeitgeber geltend gemacht wird. ..... Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers genügt das Anführen der Bestimmung des § 130 Abs. 5 Z 1 ASchG im Zusammenhalt mit der Zitierung von § 48 Abs. 2 und 7 BauV, um den Anforderungen des § 44a VStG an einen rechtmäßigen Strafausspruch zu genügen.“

 

5.3. Zum Verschulden beruft der Beschwerdeführer sich auf eine ausreichende Unterweisung der Arbeitnehmer sowie darauf, dass er zum Kontrollzeitpunkt auf Urlaub war und nicht kontrollieren konnte sowie dass eine lückenlose Kontrolle aller Baustellen zu jeder Zeit nicht möglich und erforderlich sei.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, weshalb gemäß § 5 Abs. 1 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten ausreicht und Fahrlässigkeit ohne weiteres vermutet wird, sofern der Beschwerdeführer keinen Entlastungsnachweis erbringt. Dies hat er durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln und die Stellung konkreter Beweisanträge zu machen.

Der Beschwerdeführer legte im Hinblick auf das Verschulden die schriftlichen Nachweise der Unterweisungen der Arbeitnehmer vor. Weitere Beweisanträge wurden nicht gestellt. Hinsichtlich der Unterweisungen und Anweisungen der Arbeitnehmer, sich anzuseilen, wird der Beschwerdeführer auf die im ange­fochtenen Straferkenntnis zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hingewiesen. Insbesondere ist er darauf hinzuweisen, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Erteilung von Weisungen und die Wahr­nehmung einer Oberaufsicht nicht ausreicht, sondern entscheidend ist, ob eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. Dabei genügen stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen eines wirksamen Kontrollsystems (VwGH v. 23.5.2006, 2005/02/0248). Insbesondere bemängelt der Verwaltungsgerichtshof, dass der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. „Gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen“ (VwGH v. 4.5.2015, Ra2015/02/0020, mit weiteren Judikatur­nachweisen). Insbesondere nimmt der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis auch dazu Stellung, dass auch bei einem – allenfalls krassen – Fehlverhalten eines Arbeitnehmers, das in der Folge zu einem Arbeitsunfall geführt hat, am Verschulden des Arbeitgebers an der nicht erfolgten Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems nichts zu ändern vermag. Der Verwaltungs­gerichtshof führt in seinem Erkenntnis vom 5.8.2008, 2008/02/0127, weiters aus, dass der Beschwerdeführer auch für den Fall eigenmächtiger Handlungen von Arbeitnehmern gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften Vorsorge treffen hätte müssen. Stichprobenartige Überprüfungen der Baustelle und die Erteilung von Weisungen für das geforderte Bestehen eines wirksamen Kontrollsystems zur Hintanhaltung von Verstößen gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften reichen nicht aus, gleiches gilt für eine Verwarnung für einen festgestellten Verstoß. Gerade für den Fall eigenmächtiger Handlungen von Arbeitnehmern gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften hat das entsprechende Kontrollsystem Platz zu greifen. Schon deshalb kann es kein Vertrauen darauf geben, dass die eingewiesenen, laufend geschulten und ordnungsgemäß ausgerüsteten Arbeitnehmer die Arbeitnehmerschutzvorschriften einhalten. Für die Darstellung eines wirksamen Kontrollsystems ist es erforderlich unter anderem aufzuzeigen, welche Maßnahmen im Einzelnen der unmittelbar übergeordnete im Rahmen des Kontrollsystems zu ergreifen verpflichtet war um durchzusetzen, dass jeder in dieses Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter die arbeitnehmerschutzrecht­lichen Vorschriften auch tatsächlich befolgt und welche Maßnahmen schließlich der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnungsbefugte vorgesehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, das heißt sicherzustellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung arbeitnehmerschutz­rechtlicher Vorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchieebene gelangen und dort auch tatsächlich befolgt werden.

Im Sinn dieser Judikatur vermag daher der Beschwerdeführer mit dem Vorbringen, dass er abwesend war, dass für den Fall seiner Abwesenheit selbstverständlich seine rechte Hand, der Bauleiter Ing. R zuständig sei, ihn nicht zu entlasten. Vielmehr hätte er genau darlegen müssen, welche Maßnahmen er für den Fall seiner Abwesenheit konkret angetroffen hat um die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften zu gewährleisten. Solche Maßnahmen wurden jedoch nicht vorgebracht. Auch wurde auch nicht vorgebracht, was konkret seine rechte Hand in der Abwesenheit des Beschwerdeführers hätte durchführen müssen. Der Sachverhalt hat gezeigt, dass der Beschwerdeführer für die konkreten Arbeiten keine konkreten Maßnahmen zur Absicherung der Arbeitnehmer angeordnet hat. Auch für den Fall seiner Abwesenheit hat es keine konkreten Anordnungen an seinen Vertreter gegeben. Es ist daher kein lückenloses Kontrollnetz - wie es der Verwaltungsgerichtshof zur Entlastung fordert - nachgewiesen worden.

Es war daher von schuldhaftem, zumindest fahrlässigem Verhalten auszugehen.

 

5.4. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG idF. BGBl. I Nr. 33/2013, in Geltung ab 1. Juli 2013, sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die belangte Behörde hat bei der Strafbemessung weder straferschwerende noch strafmildernde Umstände gewertet. Sie hat geschätzte persönliche Verhältnisse von einem monatlichen Nettoeinkommen von 2.500 Euro und kein Vermögen sowie Sorgepflichten für drei Kinder zugrunde gelegt. Geänderte Umstände brachte der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung nicht vor und kamen auch solche im Beschwerdeverfahren nicht hervor. Es konnte daher von diesen Strafbemessungsumständen ausgegangen werden. Unbescholtenheit liegt hingegen nicht vor, da gegen den Beschwerdeführer – wenn auch nicht einschlägige – Vormerkungen aufliegen. Im Hinblick auf den Strafrahmen bis zu 8.324 Euro kann auch nicht gefunden werden, dass die je Delikt verhängte Geldstrafe überhöht wäre, befindet sie sich jedoch jeweils nur im untersten Bereich des gesetzlich vorgesehenen Strafrahmens. Angesichts der Tatsache, dass eine sehr hohe Absturzhöhe gegeben war und daher die Gefährdung von Leben und Gesundheit der Arbeitnehmer in höchstem Maß gegeben war, war auch im Hinblick auf diesen Unrechtsgehalt aufgrund der Schwere der Verletzung des geschützten Rechtsgutes die Strafe gerechtfertigt.

Wenn hingegen der Beschwerdeführer ausführt, dass nur eine Strafe verhängt hätte werden sollen und nicht pro Arbeitnehmer eine Geldstrafe, so ist ihm die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshfes entgegenzuhalten, wonach mehrere Straftaten vorliegen, wenn sich die rechtswidrigen Angriffe gegen die Gesundheit mehrerer Dienstnehmer richten (z.B. VwGH v. 10.5.1997, 97/02/0096 sowie v. 26.7.2002, 2002/02/0037).

 

Von der außerordentlichen Milderung gemäß § 20 VStG war jedoch nicht Gebrauch zu machen, zumal die wesentliche Voraussetzung des erheblichen Überwiegens von Milderungsgründen nicht gegeben war. Auch waren die Voraussetzungen für die Einstellung des Strafverfahrens gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG nicht gegebenen, da insbesondere kein geringfügiges Verschulden vorgelegen war. Geringfügigkeit des Verschuldens ist nämlich nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nur dann anzunehmen, wenn das tatbildmäßige Handeln des Beschwerdeführers weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Diese Voraussetzung ist nicht gegeben.

Es waren daher die verhängten Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen spruchgemäß zu bestätigen.

 

6. Da die Beschwerde keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafen, das sind insgesamt 1.000 Euro, gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG aufzuerlegen.

 

7. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 


 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Ilse Klempt