LVwG-410096/2/WEI/Ba

Linz, 05.03.2014

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde der Finanzpolizei (Team 43) des Finanzamts Kirchdorf Perg Steyr gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 25. September 2013, Zl. S-9125/13-2, betreffend eine Verwaltungsübertretung des § 52 Abs 1 Z 1 3. Tatbild Glücksspielgesetz (mitbeteiligte Partei: x) den

 

B E S C H L U S S

gefasst:

 

 

I.          Gemäß § 50 iVm § 28 Abs 1 und § 31 Abs 1 VwGVG wird die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen.

 

 

II.         Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 25. September 2013, Zl. S-9125/13-2, hat die Landespolizeidirektion Oberösterreich (im Folgenden: belangte Behörde) die mitbeteiligte Partei wie folgt schuldig erkannt:

 

„Sie haben, wie am 26.2.2013, 10.00 Uhr, in x, im Lokal ‚x‘ von Organen des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr anlässlich einer Kontrolle festgestellt worden ist, als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Lokalbetreiberin, Fa. x GmbH, x etabl., zur Teilnahme vom Inland aus verbotenen Ausspielungen unternehmerisch zugänglich gemacht, da Sie das Glücksspielgerät mit der Gehäusebezeichnung

 

FA8) ‚Music Changer Fun‘, keine Seriennr., FA-Versiegelungsplaketten A053174 bis A053176, A053201, Vervielfachungsfaktor 1,2 oder 4

 

seit 15.10.2012 betriebsbereit gehalten haben, bei welchem wiederholt Glücksspiele in Form eines elektronischen Glücksrades durchgeführt wurden und aufgrund der möglichen Einsätze und der in Aussicht gestellten Gewinne in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wurde, weil die dafür erforderliche Konzession des Bundesministeriums für Finanzen nicht vorlag.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§§ 9 Abs. 1 VStG iVm § 2 Abs. 1 und 4 GSpG und 52 Abs. 1 Zi. 1 Tatbild 3 GSpG in der Fassung BGBl. Nr. 112/2012“

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über die mitbeteiligte Partei eine Geldstrafe von 1.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage) verhängt und ein Kostenbeitrag von 100 Euro vorgeschrieben.

 

Ein weiterer Abspruch ist nicht erfolgt.

 

Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 22. Mai 2013 wurden gegen die mitbeteiligte Partei Verwaltungsstrafverfahren wegen § 52 Abs 1 Z 1 3. Tatbild GSpG in Bezug auf insgesamt zehn näher bezeichnete Glücksspielgeräte eingeleitet, wobei es sich bei FA-Nrn. 1 bis 7 um Walzenspielgeräte und bei FA-Nr. 8 und 9 um Wettannahmegeräte mit virtuellen Hunderennen handelte.

 

Nach den begründenden Ausführungen zum Schuld- und Strafausspruch betreffend das Gerät FA8) enthält die Begründung des Straferkenntnisses noch den Anhang „Anmerkung zu Geräten FA1) – FA7) und FA9)- FA10):“. Darin wird Bezug genommen auf einen ergänzend erteilten Erhebungsauftrag zu möglichen Einsatzhöhen, dem nicht nachgekommen worden sei. Im Bericht der Finanzpolizei seien lediglich rechtliche Würdigungen vorgenommen, aber keine Sachverhaltsfeststellungen (arg. § 50 Abs 2 GSpG) getroffen worden. Hinsichtlich der Geräte FA2) bis FA4), FA6) und FA7) ergebe sich die Gerichtszuständigkeit aus den möglichen Einsatzhöhen über 10 Euro. Bei sämtlichen Walzengeräten sei auch vor dem Hintergrund der Serienspieljudikatur des OGH wegen der äußerst günstigen Relationen von Einsatz und Gewinn eine Strafbarkeit nach § 168 StGB anzunehmen gewesen. Im Übrigen werde durch § 22 VStG neu der Vorrang des konkurrierenden Gerichtsdelikts manifestiert. Für die Geräte FA9) und FA10) habe die Frage der möglichen Einsätze über 10 Euro bzw Serienspiele und damit die verwaltungsbehördliche Zuständigkeit nicht geklärt werden können. Die Verfahren hinsichtlich dieser Geräte wären daher gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen gewesen.

 

I.2. Gegen diesen Strafbescheid vom 25. September 2013 richtet sich die rechtzeitige Berufung der Finanzpolizei (Team 43) des Finanzamts Kirchdorf Perg Steyr vom 4. Oktober 2013. Darin werden als Berufungsgründe Mangelhaftigkeit des Verfahrens und Verletzung des Parteiengehörs geltend gemacht. Gerügt wird die Nichtvornahme eines Lokalaugenscheins mit der Aufforderung an den Veranstalter zur Wiederinbetriebnahme der Geräte. Offene Fragen hätte die Landespolizeidirektion selbst aufklären müssen. Die Voraussetzungen für eine Einstellung wären nicht vorgelegen. Die belangte Behörde hätte auch prüfen müssen, ob nicht die Fa. x gewesen wäre. In der Anzeige hätte die Finanzpolizei beantragt, dass die Eigenschaft des Veranstalters verifiziert werden möge.

 

Abschließend wird die Vorlage der Berufung an die Berufungsbehörde beantragt.

 

I.3. Mit Schreiben vom 7. Oktober 2013 übermittelte die belangte Behörde unter gleichzeitiger Vorlage der Beschwerde den Bezug habenden Verwaltungsakt.

 

I.4. Für das Oö. Landesverwaltungsgericht steht fest, dass im vorliegenden Fall nur ein Straferkenntnis bezüglich des Gerätes FA8) „Music Changer Fun“ ergangen ist. Hinsichtlich der übrigen 9 Glücksspielgeräte wurde nicht bescheidförmlich im Spruch die Einstellung des mit Aufforderung zur Rechtfertigung eingeleiteten Strafverfahrens ausgesprochen. Vielmehr teilte die belangte Behörde nur in einem Anhang nach der Begründung des Straferkenntnisses ihre Motive mit, wieso hinsichtlich der übrigen Glücksspielgeräte der Einstellungsgrund des § 45 Abs 1 Z 1 VStG vorgelegen wäre.

 

Die Berufung der Finanzpolizei (Team 43) des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr wendet sich offensichtlich gegen den im Anhang dargelegten Standpunkt der belangten Behörde, rügt dabei aber bloß Verfahrensmängel und beantragt die Vorlage an die Berufungsbehörde.

 

II. Gemäß § 3 Abs 1 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 2013/33 idgF gilt eine bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 erhobene Berufung gegen einen Bescheid, der vor Ablauf des 31. Dezember 2013 erlassen wurde, als rechtzeitig erhobene Beschwerde gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG.

 

Da die Beschwerde zurückzuweisen war, hatte die Entscheidung durch einen Beschluss zu ergehen (vgl § 50 iVm § 28 Abs 1 und § 31 Abs 1 VwGVG).

 

Gemäß § 2 VwGVG entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter, soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch einen Senat vorsehen, was im Glücksspielgesetz nicht der Fall ist.

 

 

III. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat hinsichtlich der Zulässigkeit der Beschwerde erwogen:

 

Die gegenständliche Beschwerde ist aus den folgenden Gründen unzulässig und daher zurückzuweisen:

 

III.1. Mit § 12 des Abgabenverwaltungsorganisationsgesetzes, BGBl I Nr. 9/2010 i.d.g.F. BGBl I Nr. 14/2013 (im Folgenden: AVOG), werden die Organwalter der „Finanzpolizei“ (vgl. die Überschrift zu dieser Bestimmung) als „Organe der Abgabenbehörden“ eingerichtet und im Weiteren mit bestimmten Exekutivbefugnissen (wie z.B. Identitätsfeststellung, Auskunftsersuchen und Kontroll- und Durchsuchungsrechte) ausgestattet. Dieser Konzeption zufolge sind die Organwalter der Finanzpolizei sohin nicht selbst als Behörde, sondern lediglich als deren Hilfsorgane anzusehen.

 

Vor diesem Hintergrund ist daher § 12 Abs 5 zweiter Satz AVOG, der festlegt, dass „jenem Finanzamt, das die Kontroll- und Beweissicherungsmaßnahmen durchgeführt hat, die Parteistellung in den Verwaltungsstrafverfahren“ zukommt, „wobei sich dieses Finanzamt auch durch Organe anderer Abgabenbehörden vertreten lassen kann“, dahin zu verstehen, dass damit einerseits klargestellt wird, dass nur dem Finanzamt (als Behörde) selbst, nicht aber auch dessen Hilfsorganen – also den Organwaltern der Finanzpolizei – die Stellung einer Verfahrenspartei zukommt; dies bedingt wiederum andererseits, dass es im Falle einer in § 12 Abs 5 zweiter Satz AVOG angesprochenen Vertretung einer entsprechenden vorangegangenen Ermächtigung durch den Vertretenen bedarf, damit die Vertretungshandlung auch im Außenverhältnis ihre Wirksamkeit entfalten kann.

 

Dafür, dass ein derartiger Ermächtigungsakt vorliegen würde, findet sich jedoch im gegenständlichen Berufungsschriftsatz kein Hinweis.

 

Vielmehr lässt das von der Finanzpolizei erstattete Schreiben vom 4. Oktober 2014 sowohl seinem Inhalt nach (arg.: „Die Finanzpolizei erhebt gegen .... Berufung“; insb wird immer nur die Finanzpolizei im Text als Akteur bzw Einschreiter angesprochen) als auch auf Grund seiner optischen Erscheinung zweifelsfrei den Schluss zu, dass dieses von der „Finanzpolizei – Team 43“ – und sohin von einem Hilfsorgan – eigenständig abgefasst wurde, ohne dass die Vertretung des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr behördlich von Letzterem veranlasst worden wäre. Da die gegenständliche Beschwerde sohin von der Finanzpolizei ausschließlich aus eigenem Antrieb und nicht, wie dies gemäß § 12 Abs 5 zweiter Satz AVOG erforderlich wäre, auf Grund einer konkret-fallbezogenen Einzelermächtigung seitens der vertretenen Behörde eingebracht wurde, war diese Eingabe auch einer Mängelbehebung von vornherein nicht zugänglich (vgl in diesem Sinne auch zuletzt VwGH v. 23. Oktober 2013, Zl. 2012/03/0083, mwN).

 

Der ausschließlich der Finanzpolizei zuzurechnende Schriftsatz erweist sich mangels Parteistellung als unzulässig, weshalb die Beschwerde schon aus diesem Grund gemäß § 18 VwGVG iVm § 12 Abs 5 AVOG zurückzuweisen war.

 

III.2. Die Beschwerde wendet sich unter Hinweis auf Verfahrensmängel gegen die von der belangten Behörde im Anhang zur Begründung des Straferkenntnisses gemachten Anmerkungen zum Vorliegen von Einstellungsgründen hinsichtlich der übrigen, nicht vom Straferkenntnis erfassten Geräte.

 

Gemäß § 45 Abs 2 VStG genügt nur im Einparteienverfahren zur Einstellung des Strafverfahrens ein Aktenvermerk mit Begründung, wobei die Einstellung dem Beschuldigten mitzuteilen ist. Hingegen ist im Mehrparteienverfahren, wenn einer Partei ein Berufungsrecht (nunmehr idgF BGBl I Nr. 33/2013: Beschwerderecht beim Verwaltungsgericht) gegen die Einstellung zusteht, die Erlassung eines Bescheides vorgeschrieben.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichthofs zur Einstellung im Einparteienverfahren sind mit der Einstellung durch Aktenvermerk und Benachrichtigung des Beschuldigten Rechtswirkungen wie bei einem Bescheid verbunden. Ein solches Strafverfahren kann nur unter den Voraussetzungen des § 52 VStG und § 69 AVG wiederaufgenommen werden (vgl näher bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] E 22 ff zu § 45 Abs 2 VStG). Insofern kommt dem Einstellungsvermerk mit Benachrichtigung im Hinblick auf die - keinen Bescheid voraussetzende - Vorschrift des § 52 VStG zur Wiederaufnahme nach Einstellung gemäß § 45 Abs 2 VStG eine Art "Bescheidcharakter" zugunsten des Beschuldigten zu (vgl bei Hauer/Leukauf, aaO, E 26). Das bedeutet aber nicht, dass es sich bei einer solchen Benachrichtigung auch tatsächlich um einen formellen Bescheid handelt (vgl idS Hauer/Leukauf, aaO, Anm 7 mit Auszug aus den EB, Anm 9 und Anm 12 sowie Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2 [2000], Anm 15 zu § 45 VStG mit Auszug aus den EB und dem Durchführungsrundschreiben zur VStG-Novelle 1987).

 

Im Mehrparteienverfahren – wenn einer Partei ein Berufungs- bzw Beschwerderecht gegen die Einstellung zukommt – genügt ein bloßer Aktenvermerk nicht, sondern bedarf es der Erlassung eines förmlichen Bescheides für eine wirksame und formgerechte Einstellung (vgl Judikaturnachweise bei Hauer/Leukauf, aaO, E 29 u E 31 und Walter/Thienel, aaO, E 38 u E 40 zu § 45 VStG).

 

Aus dieser Rechtslage folgt, dass die wie auch immer erfolgte, formlose Benachrichtigung von einer Einstellung – ob durch Aktenvermerk, gesondertes Schreiben oder als Annex zur Begründung eines Straferkenntnisses - nicht als Bescheid qualifiziert werden kann. Im vorliegenden Mehrparteienverfahren wäre für die Wirksamkeit einer Einstellung die gesonderte Erlassung eines Bescheides notwendig gewesen. Die Abgabenbehörde hätte daher unter Hinweis auf ihre Parteistellung (§ 50 Abs 5 GSpG) die Zustellung eines Bescheides über die Einstellung verlangen können.

 

Im Ergebnis mangelt es der vorliegenden Berufung (Beschwerde) daher auch an einem tauglichen Beschwerdegegenstand, was sie ebenfalls unzulässig macht.

 

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Wie oben ausgeführt, weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes weder ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Schließlich liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,-- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. W e i ß