LVwG-840083/17/Kl/AK LVwG-840091/8/Kl/AK

Linz, 11.04.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Ilse Klempt über den Antrag der  X D & W H+Co GmbH, vertreten durch Prof. H & P Rechtsanwälte, x, L, auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung im Vergabeverfahren der Auftrag­geberin Stadtgemeinde R betreffend das Vorhaben BVH Neubau des Hallenbades der Stadtgemeinde R, Gewerk: Schwarz­decker/Spenglerarbeiten nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am
17. März 2016

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Der Antrag vom 16. Februar 2016 wird gemäß §§ 1, 2 und 7
Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 - Oö. VergRSG 2006,
LGBl. Nr. 130/2006, in der Fassung LGBl. Nr. 90/2013, abgewiesen.

 

 

II.      Der Antrag auf Ersatz der entrichteten Gebühren in Höhe von
4.500 Euro (für Nachprüfungsverfahren und einstweilige Verfü­gung) wird abgewiesen.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

1. Mit Eingabe vom 16. Februar 2016 hat die X D & W H+Co GmbH (im Folgenden: Antragstellerin) einen Antrag auf  Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungs­verfahren zu untersagen, gestellt. Im Übrigen wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von insgesamt 9.000 Euro beantragt.

 

Begründend führte die Antragstellerin eingangs hierzu aus, dass die Auftrag­geberin den Neubau des Hallenbades in R beabsichtige. Der Gesamtauftragswert des Vorhabens befinde sich im Oberschwellenbereich, weshalb auch das Gewerk „Schwarzdecker/Spenglerarbeiten“ in einem offenen Verfahren nach den Regeln des Oberschwellenbereiches ausgeschrieben worden sei. Als einziges Zuschlagskriterium sei der Preis (Billigstbieterprinzip) gemäß Punkt A.0.9 der Ausschreibungsunterlage vorgesehen gewesen.

 

Die Angebotsfrist endete am 17. Dezember 2015, 10.00 Uhr. Die Antragstellerin habe sich am Vergabeverfahren durch Legung eines rechtsverbindlichen und mangel­freien Angebotes beteiligt.

 

Bei der Angebotsöffnung am 17. Dezember 2015 ab 12.00 Uhr seien folgende Angebotspreise verlesen und auch im Bezug habenden Protokoll vermerkt worden.

Angebot Nr. 4: M, R 459.306,39 Euro

Angebot Nr. 6: D, W 451.621,63 Euro

 

Das Architektenbüro G/N ZT GmbH habe offenbar im Auftrag der vergebenden Stelle die Angebotsprüfung im konkreten Verfahren durchgeführt. Der Antragstellerin sei mit E-Mail vom 26. Jänner 2016 zur Abklärung diverser Leistungsverzeichnis/Angebotspositionen aufgefordert worden. Diesbezüglich habe am 27. Jänner 2016 mit dem Kalkulanten der Antragstellerin und der verge­benden Stelle ein Aufklärungsgespräch stattgefunden. Dabei seien dem Kalkulanten Erklärungen zu den aufgeworfenen Leistungsverzeichnispositionen abverlangt worden. Eine Unterschrift habe dieser jedoch nicht leisten müssen. Aus Sicht der Antragstellerin sei bei diesem Gespräch eine Erklärung zur Kalku­lation der Leistungsverzeichnispositionen: x / x  sowie x offen geblieben. Dazu sei der Kalkulant aufgefordert worden, eine schrift­liche Aufklärung bis 1. Februar 2016 abzugeben. Eine entsprechende Aufklärung sei noch am selben Tag erfolgt.

 

Mit den erwähnten Positionen werden Leistungen im Zusammenhang mit der ausgeschriebenen Bitumenabdichtung der Dächer angeboten. Die Position x sei im Leistungsverzeichnis als Aufzahlungsposition (Az) gekenn­zeichnet worden. Die Antragstellerin habe in dieser den für sie erwachsenden Mehraufwand bei der Leistungserbringung an Hochzügen (zuzüglich) zu den Hauptpositionen x und x kalkuliert und angeboten. Seitens der vergebenden Stelle sei darauf hingewiesen worden, dass dieses Verständnis der Ausschreibung unrichtig sei. Die Antragstellerin sei daher aufgefordert worden, verbindlich zu erklären, dass in der Aufzahlungsposition x sowohl der Leistungsteil für die Erbringung der Hauptposition als auch der Mehraufwand (kumuliert) kalkuliert und angeboten worden sei. Die Antragstellerin habe mit E-Mail vom 1. Februar 2016 auf ihr Verständnis der Leistungsverzeichnis­posi­tionen und ihre Kalkulation berechtigt hingewiesen.

 

Mit Schreiben der vergebenden Stelle vom 8. Februar 2016 sei der Antrag­stellerin mitgeteilt worden, dass beabsichtigt sei, dem Angebot der M Dachdeckerei-Spenglerei GmbH mit einem geprüften Gesamtpreis von netto 459.306,39 Euro - sohin dem Angebot mit dem niedrigsten Preis - den Zuschlag erteilen zu wollen. Das Ende der Stillhaltefrist sei mit Ablauf des
19. Februar 2016 - fälschlich - bekanntgegeben worden.

 

Als Gründe für die Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung wurde bekannt­gegeben, dass das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin mit einem Nettopreis von 459.306,39 Euro nicht jenes mit dem niedrigsten Preis sei. Das Angebot der Antragstellerin sei mit netto 451.621,63 Euro das preislich günstigste Angebot.  Das Angebot sei frei von Rechenfehlern und sei auch von der Auftraggeberin nicht ausgeschieden worden.

 

Augenscheinlich vermeine die Auftraggeberin, dass sie den Angebotspreis der Antragstellerin dadurch verändern könne, dass sie Heraus- und Umrechnungen von angebotenen Positionspreisen (insbesondere im Bereich der vorstehend erwähnten Leistungspositionen) „korrigierend“ vornehmen könne.  Dabei werde übersehen, dass das Verständnis eines Bieters von einer Aufzahlungsposition eindeutig sei: Baut eine Position auf einer anderen auf, so wird die grundlegende Position als Hauptposition bezeichnet und die darauf aufbauende, die Haupt­position ergänzende, Position als Aufzahlungsposition (im LV als „Az“) gekenn­zeichnet. Die Antragstellerin habe noch vor Fällung der bekämpften Zuschlags­entscheidung auf dieses richtige Verständnis hingewiesen.

 

Aus der angeforderten, die Antragstellerin betreffenden Angebotsprüfungsnieder­schrift war ersichtlich, dass zunächst ein der Ausschreibung widersprechendes Angebot in Ansehung der Aufzahlungspositionen x und x ange­nom­men worden sei. Hierzu sei die ÖNORM B 2209:2014 zitiert worden. Unter Zugrunde­legung dieser Annahmen sei der Angebotspreis der Antragstellerin umgerechnet und das wirtschaftliche Ergebnis einer fiktiven Abrechnung simuliert worden. Hieraus sei ein neuer Angebotspreis von netto 483.828,64 Euro anstelle des tatsächlichen Angebotspreises von 451.621,63 Euro ermittelt und offenbar der weiteren Angebotsbewertung zugrunde gelegt worden. Diese Vorgehensweise sei aus nachstehenden Gründen jedenfalls rechtswidrig, zumal die Auftraggeberin
- trotz ausdrücklicher schriftlicher Erklärung der Antragstellerin zur Kalkulation des Angebotspreises - einseitig den Angebotspreis in unzulässiger Weise abgeän­dert habe. Weiters sei auch die Bezugnahme auf die ÖNORM B 2209:2014 unzutreffend erfolgt. Aus der Festlegung des Anwendungsbereiches besagter ÖNORM ergebe sich, dass diese bei Dachabdichtungen nicht anwendbar sei.

 

Zusammenfassend sei daher festzuhalten, dass die Auftraggeberin mit ihrem Verständnis von Aufzahlungspositionen fundamental gegen das allgemeine Verständnis solcher Positionen verstoßen habe. Es sei jedenfalls unzulässig, im Zuge der Angebotsprüfung ein wirtschaftliches Abrechnungsergebnis den tat­säch­­lich angebotenen Preisen gegenüberzustellen und darauf seinen neuen Angebotspreis zu kreieren und diesen der Bewertung zugrunde zu legen. Ein nach Positionen und Einheitspreisen angebotener Preis könne nicht mittels einer Abrechnungsregel (welche nur für die Ausmaßermittlung relevant sei) korrigiert werden.

 

Das Verständnis der Auftraggeberin von den hier interessierenden ventilierten Leistungsverzeichnispositionen sei auch insofern überraschend, als von Seiten der Auftraggeberin andere im Leistungsverzeichnis enthaltene Aufzahlungs­posi­tionen richtigerweise als die Hauptposition ergänzend verstanden worden seien (siehe z.B. Positionen x, x im Zusammenhang mit der Grund­definition in Position x).

 

Als Ausfluss des Transparenzgebotes normiert § 125 Abs. 5 BVergG 2006, dass grundsätzlich eine schriftlich zu führende Kommunikation mit dem Bieter im Rahmen der Angebotsprüfung zu erfolgen hat. Im Zuge des Gespräches am
27. Jänner 2016 seien von der Antragstellerin rechtsverbindliche Erklärungen zu einzelnen Positionen gefordert worden. Eine Unterschrift, welche der Antrag­stellerin zuzurechnen sei, finde sich darauf nicht (ebenso wenig wie eine, welcher der Auftraggeberin/vergebenden Stelle zugerechnet werden könne). Das von der vergebenden Stelle im Nachhinein übermittelte Bezug habende Protokoll-Schrift­stück, datiert auf 29. Jänner 2016, belege, dass es nachträglich ange­fertigt worden sei. Diese Vorgangsweise widerspreche jedenfalls einer nachvoll­zieh­baren, schriftlichen und transparenten Angebotsprüfung und sei somit auch von wesentlichem Einfluss für den Ausgang des Vergabeverfahrens.

 

Das über die Angebotsöffnung am 17. Dezember 2015 verfasste Protokoll entspreche nicht den Vorgaben des § 18 Abs. 5 BVergG 2006. Es sei der Name und Ge­schäftssitz des Bieters festzuhalten. Als Name eines in Form einer Kapital­gesellschaft agierenden Bieters sei darin natürlich der vollständige Firmenname inklusive Rechtsformzusatz festzuhalten. Betreffend die hier interessierenden Anbieter und deren Angebote sei dies jedenfalls unterlassen worden.

Aufgrund der Führung des Vergabeverfahrens im Oberschwellenbereich betrage die Stillhaltefrist gemäß § 132 bei Übermittlung im elektronischen Weg 10 Tage. Die angefochtene Zuschlagsentscheidung, datiert auf 8. Februar 2016, sei am selben Tag elektronisch versendet worden. Das Ende der Stillhaltefrist sei daher der Ablauf des 18. Februar 2016. Es sei eine falsche Stillhaltefrist in der Zuschlagsentscheidung genannt worden, was jedenfalls zu einem Nachteil der beteiligten Bieter führe, sollten sich diese zur Wahrung ihrer Rechte am unrichtigen Ende der Stillhaltefrist orientieren.

 

Die Antragstellerin erachte sich in ihrem Recht auf

- transparente und schriftliche Angebotsprüfung und folglich auf Führung eines diskriminierungsfreien, das Gleichbehandlungsgebot beachtenden und nachprüfbaren Vergabeverfahrens,

- Durchführung eines Vergabeverfahrens nach dem Billigstbieterprinzip, in dem dem Angebot mit dem niedrigsten Angebotspreis der Zuschlag erteilt werden soll,

- Zustellung einer rechtsrichtigen Zuschlagsentscheidung zur Wahrung der Rechte aller Bieter im Vergabeverfahren,

verletzt.

 

Zum Interesse am Vertragsabschluss und zum Schaden wurde vorgebracht, dass sich die Antragstellerin aufgrund beträchtlichen wirtschaftlichen Interesses am gegenständlichen Auftrag durch Legung eines gültigen und mangelfreien Ange­botes beteiligt habe. Mit einem Auftragsvolumen in der Höhe der Angebots­summe handle es sich um einen für die Antragstellerin als mittelständiges Unternehmen bereits größeren Auftrag. Zudem wären Kosten für die Kalkulation des Angebotes, des Gemeinkostenzuschlages von 20 % und der Deckungsbeitrag von 10 % sowie der entgangene Gewinn bei Nichterteilung des Zuschlages frustriert.

 

2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat die Stadtgemeinde R als Auftraggeberin sowie die M Dachdecker-Spenglerei GmbH als präsumtive Zuschlagsempfängerin (kurz: mitbeteiligte Partei) am Nachprüfungs­verfahren beteiligt. Über Anfrage wurde zunächst dargelegt, dass das Gewerk Schwarzdecker/Spenglerarbeiten als offenes Verfahren im Oberschwellenbereich ausgeschrieben wurde und nicht unter die Loseregelung im Sinn des § 14 Abs. 3 BVergG 2006 fällt.

 

2.1. In der Stellungnahme vom 1. März 2016 teilte die Auftrag­geberin zu den verfahrensgegenständlichen Leistungspositionen mit, dass die Positionen x und x jeweils die (waagrechten) Dachflächen mit dem Standardaufbau laut Leistungsverzeichnis umfassen. Die Positionen x und x umfassen jeweils die Hochzüge (lotrechte Flächen). Nach Angebotsprüfung und Vorprüfung ergab sich folgende Reihung der zuge­lassenen Angebote: D mit 451.621,63 Euro vor der mitbeteiligten Partei mit 459.306,39 Euro und den sechs weiteren Bietern. Die Auftraggeberin habe die Preisangemessenheit geprüft und gemäß § 125 Abs. 3 BVergG Aufklärung über einzelne Positionen des Angebotes der Antragstellerin verlangt, weil das Angebot zu niedrige Einheitspreise aufgewiesen habe und begründete Zweifel an der Angemessenheit der Preise bestanden. Die Antragstellerin habe nämlich zur Position x einen Einheitspreis von 4,79 Euro pro Quadratmeter und zur Position x einen Einheitspreis von 1 Euro pro Quadratmeter angeboten (jeweils nur Sonstiges, kein Lohn). Es sei daher zweifelhaft gewesen, ob in den Positionen x und x sowie x und x sämtliche zuordenbaren Kosten enthalten seien. Es hätten die Kosten des Hoch­zuges unmöglich enthalten sein können. Ein einziger Bieter, der jedoch aufgrund der Höhe des Gesamtpreises letztgereiht gewesen sei, habe für diese beiden Positionen ähnlich niedrige Einheitspreise angeboten. Alle übrigen Bieter hätten die Leistungspositionen gemäß ÖNORM B 2220/2012 so verstanden, dass in den Positionen x und x lediglich die waagrechten Dachflächen ent­halten gewesen seien und die senkrechten Flächen (Hochzüge) in den Positionen x und x enthalten gewesen seien und die Einheitspreise auch entsprechend kalkuliert. Ein anderes Verständnis sei auch logisch nicht nachvoll­ziehbar. Die Position x für die waagrechte Dachfläche umfasse 149 , jene für den diesbezüglichen Hochzug 846 . Es haben daher nicht sämtliche Kosten für den Hochzug bereits in der Position x berücksichtigt sein können. In einem Aufklärungsgespräch am 27. Jänner 2016 sei dieses Thema erörtert worden und Aufklärung ersucht worden, wo die Kosten des Hochzuges einkalkuliert worden seien. In der Nachfrist zur schriftlichen Aufklärung bis 1. Februar 2016 habe die Antragstellerin fristgerecht schriftlich Stellung genom­men und habe sich aus der Stellungnahme in Verbindung mit dem angeführten Aufklärungsgespräch ergeben, dass das Angebot der Antragstellerin so ver­standen werden müsse, dass die Hochzüge zusätzlich mit der Dachflächen­po­sition x und x in Abrechnung kommen würden, woraus sich ein Gesamtpreis von netto 483.828,64 Euro anstelle von 451.621,63 Euro ergebe. Damit sei nicht die Antragstellerin Billigstbieterin, sondern die mitbe­teiligte Partei. Die behauptete Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung liege nicht vor. Die Auftraggeberin habe das Angebot der Antragstellerin gemäß § 125 BVergG vertieft geprüft und bei den angesprochenen Positionen zu niedrige Einheitspreise festgestellt, nämlich, dass in den Preisen für die Hochzüge unmöglich sämtliche Kosten für die Hochzüge enthalten sein könnten. Bei einem Einheitspreis für die Position x von 37,32 Euro pro Quadratmeter sei ein Einheitspreis für den Hochzug von 1 Euro pro Quadratmeter nicht plausibel, da für den Hochzug der gleiche Standardaufbau wie für die Dachfläche erforder­lich sei, lediglich vermindert um die Schutzschicht aus Gummigranulatplatten und dem Kies. Sechs der acht Bieter hätten diese Positionen auch gemäß der ÖNORM B 2220/2012 verstanden und kalkuliert, sodass ein fast einheitliches Branchen­verständnis vorliege. Aufgrund dieses Branchenverständnisses und der Auslegungs­regel des § 914 ABGB - Vertragsauslegung nach der Übung des redlichen Ver­kehrs - sei die Ausschreibung gemäß der ÖNORM B 2220/2012 zu verstehen gewesen. In Verbindung mit dem kommissionell geführten Aufklärungsgespräch und der Stellungnahme der Antragstellerin habe die Auftraggeberin zugunsten der Antragstellerin den Positionen x und x ebenfalls die Ein­heitspreise der Positionen x und x zugrunde gelegt und habe sich dadurch ein korrigierter Gesamtpreis des Angebotes der Antragstellerin ergeben. Richtig sei, dass in der Niederschrift über die Angebotsprüfung irrtümlich die ÖNORM B 2209/2014 anstelle von B 2220/2012 angeführt sei. Inhaltlich ändere sich aber nichts, da der Passus „der Ausmaßfeststellung nach Flächenmaß ist die größte gedeckte Fläche, ausge­nommen Hoch- und Tiefzüge, zugrunde zu legen“ in der anwendbaren ÖNORM B 2220/2012 enthalten sei. Die vertiefte Ange­botsprüfung sowie das geführte Aufklärungsgespräch seien nach­vollziehbar und transparent geführt worden und auch schriftlich dokumentiert worden. Auch das Protokoll über die Angebots­öffnung vom 17. Dezember 2015 entspreche den gesetzlichen Vorgaben. Auch die von der Antragstellerin behaup­tete falsche Stillhaltefrist habe im konkreten Fall keinen Einfluss auf die Zuschlags­ent­schei­dung. Es wurde die Abweisung des Nachprüfungsantrages beantragt.

 

2.2. Die mitbeteiligte Partei hat mit Eingabe vom 25. Februar 2016 fristgemäß Ein­wendungen erhoben und die Abweisung des Nachprüfungsantrages begehrt. Es wurde ausgeführt, dass die Antragstellerin auch einräume, dass die Aufzah­lungs­position die zugrunde liegende Hauptposition ergänze und im Leistungs­verzeich­nis als „Az“ gekennzeichnet sei. Auch sei korrekt, dass die Kalkulation und Aus­preisung des Angebotes auf Basis der von der ausschrei­benden Stelle getätigten Angaben zu erfolgen habe. Daran habe sich die Antragstellerin nicht gehalten und bei den Hauptpositionen betreffend Ausbil­dung der gegen­ständ­lichen Bitumenfoliendächer die Aufzahlungsposition für den jewei­ligen Hochzug in den Aufzahlungspositionen x und x lediglich mit einem Einheits­preis von 1 Euro angeboten. Die Antragstellerin habe aus den dem Angebot zugrunde liegenden Plänen gewusst, dass sämtliche Flachdächer entweder mit Schotterung auszuführen oder für die Verlegung von Platten vorzubereiten seien, in jedem Fall am Randbereich der Dachausführung entsprechendes Mauerwerk (Attika oder Anschlussmauern) bestehe, welches mit entsprechenden Folienhoch­zügen gegen Spritzwasser und aufsteigende Feuch­tigkeit zu schützen sei. Letzteres sei in den jeweiligen Aufzahlungs­posi­tionen anzubieten gewesen. Nachdem dies in der Aufzahlungsposition x alleine 846 Hochzüge samt Befestigungen betreffe, ist schon einem Laien nachvoll­ziehbar, dass dies nicht für 1 Euro pro Quadratmeter, demnach nur 846 Euro insgesamt, ausgeführt werden könne, wo hingegen beispielsweise die Einschrei­terin hierfür einen Ein­heitspreis von 35,31 Euro und eine Gesamt­position von 29.872,26 Euro angebo­ten habe. Zugunsten der Antrag­stellerin sei die verge­bende Stelle davon ausge­gangen, dass das Angebot trotz der offenkundigen Spekulation durch Angabe eines nicht plausiblen symbolischen Preises von 1 Euro in den Aufzahlungsposi­tionen, womit das Angebot aber keine plausible Zusam­mensetzung des Gesamt­preises aufweise, nicht auszuscheiden sei, sondern habe im Rahmen einer ver­tieften Angebots­prüfung eine ent­sprechende Aufklärung eingeräumt. Nach der informativ bekannten Argu­mentation der Antragstellerin habe sich diese auf den Standpunkt gestellt, die erheblichen Flächen des Hochzuges der Flachdächer im Rahmen der Einheitspreise der Hauptposition (die natürlich wesentlich höher sind als 1 Euro) abzurechnen. Demnach sei die verge­bende Stelle aber verpflichtet gewesen, die dort angeführten Summen um die Quadratmeter der Dachhochzüge zu ergänzen und den Gesamtpreis korrekt neu zu berechnen, womit sich ein korrekter Gesamtpreis des Anbotes der Antrag­stellerin von 483.828,64 Euro ergebe. Nicht die Antragsgegnerin habe Heraus- oder Umrechnungen von ange­botenen Einheitspreisen vorgenommen, sondern habe die praktisch fehlende bzw. symbo­lisch getätigte Auspreisung der Aufzah­lungspositionen hinsichtlich der Dach­hochzüge nach den Angaben der Antragstellerin korrekt berechnet. Dies, obwohl sie nach Ansicht der Einschrei­terin das Angebot wegen fehlerhafter bzw. praktisch fehlender Ausprei­sung auszu­scheiden gehabt hätte.

 

2.3. Die Antragstellerin hat mit 14. März 2016 eine ergänzende Stellungnahme abgegeben und darin ausgeführt, dass die Auftraggeberin betreffend das Angebot der Antragstellerin ein Vorgehen analog einer Rechenfehlerkorrektur im Sinn des § 126 Abs. 4 BVergG in Verbindung mit Punkt A.0.10 der Ausschreibungsunter­lage gewählt habe und dabei übersehen habe, dass das Angebot der Antragstel­lerin keinen Rechenfehler aufweise. Es bestehe daher keine Möglichkeit der Auf­traggeberin, einseitig den Angebotspreis zu ändern. Auch habe die Antrag­stellerin mit E-Mail vom 1. Februar 2016 ihren Standpunkt unmissver­ständlich mitgeteilt, was umso weniger zur Änderung des einseitigen Änderungs­angebots­preises berechtigt habe. Wäre auch nach „Umrechnung“ durch die Auftraggeberin das Angebot der Antragstellerin nach wie vor das preislich günstigste, würde sich die Frage des Vertragspreises stellen. Wenngleich die Auftraggeberin betreffend die Auslegung der Ausschreibungsunterlage und des Leistungsverzeichnisses mit § 914 ABGB argumentiere, so müsse doch aufgezeigt werden, dass zumindest ein weiterer, am Vergabeverfahren beteiligter Bieter dasselbe Verständnis vom Leistungsverzeichnis gehabt habe wie die nunmehrige Antragstellerin. Auch habe die Auftraggeberin an keiner Stelle klargestellt, warum bei den diskutierten Leistungsverzeichnispositionen x und x ausdrücklich der Ver­merk „Az“ (= Aufzahlungsposition) angebracht gewesen sei. Es werde auf die vorge­legten Belegstellen zum allgemeinen Verständnis hierzu verwiesen. Zur Ausle­gung missverständlicher, wider­sprüchlicher und unvollständiger Ausschrei­bungs­unterlagen werde auf die ständige Rechtsprechung des BVA verwiesen. Bereits aus der Stellungnahme der Auftraggeberin ergebe sich richtigerweise, dass die ÖNORM B 2220/2012 die Ausmaßfeststellung von Dachdeckerleistungen regle. Die Ausmaßfeststellung sei erst nach Leistungserbringung vorzunehmen (im Rahmen der Erstellung und Überprüfung der Schlussrechnung). Eine Ausschrei­bungsunterlage/ein Leistungs­verzeichnis bei der Angebotskalkulation mit einer Ausmaßfeststellungsregel auszulegen sei nicht sachgerecht. Auch sei dem Bieter bei der Kalkulation und Auslegung von Leistungsverzeichnissen nur eine Plausi­bilitätsprüfung abverlangt, keinesfalls sei er verpflichtet, die Planungs­über­legungen der Auftraggeberin nachzuvollziehen. Die Argumentation der Auf­trag­geberin wie der mitbeteiligten Partei laufe jedoch darauf hinaus, dass die Antrag­stellerin bereits alle Planungsunterlagen durcharbeiten hätte sollen. Auch sei die Stellungnahme der Auftraggeberin unvollständig. Die Aufzahlungsposition x beziehe sich nicht nur auf die Position x, sondern auch auf die Position x. Hieraus ergebe sich eine gesamte Warmdachfläche von 3.701 . Die Argumen­tation der Auftraggeberin, wonach die Aufzahlungsposi­tion mit den 846 hierin nicht Platz haben sollte, könne daher nicht nachvoll­zogen werden. Der angebotene Einheitspreis von 1 Euro bei Position x ergebe sich wie folgt: hier werde unter der Rubrik Sonstiges die absolute Preis­differenz der Leistungserbringung zu den beiden Hauptpositionen angeboten. Die Haupt­positionen weisen gegenüber der Aufzahlungsposition einen Mehraufwand bei der Leistungserbringung durch eine aufwendigere Unterkonstruktion auf, welcher bei der Hochzugserbringung wegfällt. Bei der Hochzugsausführung kommen jedoch wiederum Erschwernisse bei der Leistungserbringung hinzu. Der wesentliche Preisunterschied ergebe sich daher aus der Ausführung des UV-beständigen Materials und der mechanischen Befestigung im Bereich des Hoch­zuges, was mit einem Aufpreis von 1 Euro in der Aufzahlungsposition unter der Rubrik Sonstiges abgebildet worden sei. Selbiges gelte auch für die Aufzahlungs­position x zur Position x. Die Differenz der Aufzahlungsposi­tion in der Höhe von 4,79 Euro resultiere aus der weniger aufwendigen Ausfüh­rung der Grundpo­sitionen (es muss keine Dampfsperre ausgeführt werden). Die Angebots­preise der Antragstellerin seien daher nachvollziehbar und wäre auch ein Aus­schei­den des Angebotes aufgrund dieses Umstandes rechtswidrig gewesen.

 

3. Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom
19. Februar 2016, GZ: LVwG-840084/7/Kl/Rd, wurde dem Antrag vom
16. Februar 2016 auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung stattgegeben und der Auftraggeberin die Erteilung des Zuschlages für die Dauer des Nachprüfungs­verfahrens, längstens aber bis 16. April 2016, untersagt.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akten­einsichtnahme, insbesondere in die von den Parteien vorgelegten Vergabe­unterlagen, sowie Erhebungen zur relevanten Software. Weiters wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung für den 17. März 2016 anberaumt und an diesem Tage durchgeführt, zu welcher die Ver­fahrensparteien geladen wurden und erschienen sind.

 

4.1. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde von der Auftraggeberin vor­gebracht, dass das Angebot der Antragstellerin nicht den Vorbemerkungen in der Ausschreibung entspreche und sohin auszuscheiden gewesen wäre. Die Antrag­stellerin sei nicht antragslegitimiert. Aus dem ausgedruckten Langleis­tungsver­zeichnis der Antragstellerin auf Seite 1 oben sei erkenntlich, dass nach LB-HB-018, Version November 2009, angeboten worden sei. Die Ausschreibungs­unter­lage sei aber nach LB-HB-020, Version November 2015, erstellt. Der Entgeg­nung der Antragstellerin, dass der von Auftraggeberseite zur Verfügung gestellte Datenträger verwendet worden sei, wurde entgegnet, dass auf dem Datenträger das LB-HB-020 gespeichert sei, es allerdings auf die ABK-Software zum Einlesen durch die Antragstellerin ankomme, welche Version dann der Bieter ver­wendet. Der Datensatz wurde in drei Formaten zur Verfügung gestellt, nämlich als PDF-Datei, als DTN-Datei und als ONLV-Datei. Je nach verwendeter Software des Bieters kommt es an, welche Version des LB-HB angeboten wird.

Die Antragstellerin weist hinsichtlich der Aufzahlungspositionen x und x darauf hin, dass diese Positionen auch nach dem Standardleistungs­buch als Aufzahlungspositionen vorgesehen sind. Auch geben die in den Vorbe­merkungen stehenden „Ausmaß- und Abrechnungsregeln“ die Vorgehensweise bei der Schlussrechnung an.

 

4.2. Die Antragstellerin führt in einer zweiten ergänzenden Stellungnahme vom 22. März 2016 aus, dass die zur Verfügung gestellten Datenträger ein Ausfüllen in zwei Formaten ermöglicht haben, nämlich einerseits im Format nach ÖNORM
A 2063:2009 und andererseits nach ÖNORM B 2063:1996, und sei es daher den Bietern freigestellt, in welchem Format der Datenträger ausgepreist wird. Die Antragstellerin habe sich an das Format B 2063 gehalten und werde „bei einem Ausdruck im besagten Format automatisch die standardisiert vorgegebene
LB-HB-018 verwendet. Die in der Ausschreibungsunterlage erwähnte LB-HB-020 kann bei Verwendung des Formates B 2063 nicht ausgeworfen werden. Da dieser Umstand jedoch nicht in der Sphäre der Bieterin gelegen sei“, könne ihr dies auch nicht entgegengehalten werden und liege daher kein Ausscheidungsgrund nach § 129 Abs. 1 Z 7 BVergG vor. Darüber hinaus habe die Antragstellerin das Ange­bots­formblatt firmenmäßig unterfertigt und sich rechtsverbindlich den Fest­legungen des übermittelten PDF-Leistungsverzeichnisses unterworfen. Zu den Aufzahlungspositionen verwies die Antragstellerin auf das LB-HB-019, welches für Hochzüge, Anschlüsse und Dehnfugen noch eine eigene Obergruppe ausge­bildet hat (Position 2118). Nach dieser Version der standardisierten Leistungs­beschreibung waren die Hochzüge als eigene Hauptposition standardisiert ausge­bildet und musste dies bei der Kalkulation so berücksichtigt werden. „In der für den Bieter erkennbaren Verwendung der LB-HB-020 war diese Version bei der Kalkulation zu beachten. Diese Version sieht nun vor, dass Hochzüge als Auf­zahlungspositionen zu Grundpositionen zu kalkulieren sind. Dies ist eine Änderung gegenüber den vormaligen standardisierten Ausschreibungs­unter­lagen.“ Daraus folgt, dass das Anbieten der Unternehmen sich sehr wohl an der Bezeichnung der Leistungsposition zu orientieren hat. Darüber hinaus wurde angeführt, dass die Aufmaßregelung der ÖNORM B 2220 (2012) festlegt, nach welchen Kriterien eine Fläche zu ermitteln ist und nicht, mit welcher Position eine Fläche abzurechnen ist.

 

4.3. Folgender Sachverhalt steht als erwiesen fest und wird der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

4.3.1. Mit Vorinformation im Amtsblatt der Europäischen Union vom
19. September 2015 wurde das Vorhaben „Neubau Hallenbad R“ bekanntgegeben und wurden einzelne Lose, darunter Schwarzdecker- und Spenglerarbeiten, ohne Aufruf zum Wettbewerb bekanntgemacht. Dieses Gewerk wurde sodann mit 17. November 2015 im Amtsblatt der Europäischen Union sowie in der Amtlichen Linzer Zeitung vom 23. November 2015 im offenen Ver­fahren Oberschwellenbereich ausgeschrieben.

Nach der Ausschreibungsunterlage (kurz: AU) besteht jedes Angebot aus dem Angebotsformblatt mit rechtsgültiger Fertigung des Bieters, allgemeinen Geschäfts­­bedingungen der Auftraggeberin, ausgepreistes Leistungsverzeichnis mit Produktangaben in ausgedruckter Form und mit rechtsgültiger Fertigung des Bieters/jedes Mitgliedes der Bietergemeinschaft/Arbeitsgemeinschaft, ausge­preistes Langleistungsverzeichnis mit Produktangaben auf Datenträger in ONLV- (oder dta-)Format und PDF-Format, ausgepreistes Kurzleistungsverzeichnis in ausgedruckter Form, Eigenerklärung gemäß § 70 BVergG 2006, Eigenerklärung für Bietergemeinschaft/Arbeitsgemeinschaft (falls BIEGE/ARGE) und Bekannt­gabe der Subunternehmer und Zustimmungserklärung des Subunternehmers (falls Subunternehmer) (Seite 7 des Angebotsblattes sowie Seite 13,
Punkt A.0.23 der allgemeinen Geschäftsbedingungen der Auftraggeberin).

Die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Auftraggeberin legen auf Seite 9 fest:

„Im Auftragsfalle gelten als Vertragsbestandteile (bei Widersprüchen in nachste­hender Reihenfolge):

1.   Angebotsformblatt mit rechtsgültiger Fertigung des Bieters

2.   Allgemeine Geschäftsbedingungen der Auftraggeberin

3.   Die behördlichen Vorschriften und Vorschreibungen, welche sich aus den für das Bauvorhaben erforderlichen Bescheiden mit Verhandlungsschriften erge­ben.

4.   ausgepreistes Langleistungsverzeichnis mit Produktangaben in ausgedruckter Form und mit rechtsgültiger Fertigung des Bieters/jedes Mitgliedes der Bieter­gemeinschaft/Arbeitsgemeinschaft in dieser Reihenfolge:

-       Position

-       Vorbemerkungen zur jeweiligen Unterleistungsgruppe

-       Vorbemerkungen zur jeweiligen Leistungsgruppe

-       technische Vorbemerkungen

5.   Pläne, Zeichnungen, Beschreibungen, Muster und ggl.

6.   Die österreichischen Normen technischen Inhaltes bzw. wenn nicht vorhan­den, DIN.

7.   Die ÖNORMEN mit allgemeinen Vertragsinhalten für Bauleistungen, ÖNORMEN B 2110, 2111, 2112, 2113.

8.   Die nicht zwingenden gesetzlichen Bestimmungen“

Nach den Angebotsbedingungen wird die ausgeschriebene Leistung in einem offenen Verfahren nach den Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 2006 (BVergG 2006) in der letztgültigen Fassung im Oberschwellenbereich vergeben (A.0.2 der AU). Der Zuschlag erfolgt an das Angebot mit dem niedrigsten Preis (Billigstbieterprinzip) (Punkt A.0.9 der AU).

Im Leistungsverzeichnis (kurz: LV) sind in der Leistungsgruppe (kurz: LG) 21 Dach­abdichtungsarbeiten ausgeschrieben. Das LV wurde nach LB-HB-020, LV-Version: 10. November 2015, mit dem Softwareprogramm ABK 7 erstellt. Die Vorbemer­kungen zur LG 21 führen aus: „Soweit in Vorbemerkungen oder Positionstexten nicht anderes angegeben, gelten für alle Leistungen dieser Gruppe folgende Regelungen:

1. Standardausführung:

Im Folgenden sind Abdichtungsarbeiten in Standardausführung auf minera­lischen und metallischen Untergründen beschrieben. Dachabdichtungs­arbei­ten auf Untergründen aus Holzwerkstoffen und brennbaren Dämmstoffen sind in Aufzahlungspositionen beschrieben. ....

4.1. Dachneigung: Alle Positionen gelten ohne Unterschied der Dachneigung bis 20 Grad. ....

5. Ausmaß- und Abrechnungsregeln:

Beim Zusammenstoß von waagrechter und lotrechter Abdichtung (Hoch­züge) werden Übergriffe nicht gesondert vergütet. Wenn Flächen zusam­menstoßen, ist von der Schnittlinie zu messen, auch wenn der Übergang durch Keile oder Hohlkehlen hergestellt wird.“

In Position x ist ein Kaltdach in Standardausführung in Nutzungskate­gorie K 3 für ungenutzte Dächer bituminös mit Kies anzubieten.

Die Position x ist als Aufzahlungsposition bezeichnet: „Az“ f.st.Hochzug
K 3 Attika/Wand Kaltdach ug bituminös Aufzahlung (Az) für Hochzüge, ein­schließ­lich Befestigun­gen. Hochzug Höhe: 20 cm, Oberfläche beschiefert.

Position x ist als Z-Position ausgewiesen: „Aufzahlung (Az) auf Dächer mit Bitumenabdich­tung (BITU) für Dachabdichtungsarbeiten auf höhere Qualität.“

Die Unterleistungsgruppe (kurz: ULG) 13 betrifft das K 3-Warmdach mit Bitumenabdichtung für genutzte Dächer.

Position x: „St.Warmdach K 3 bituminös mit Kies“ mit 3.552

Position x :„St.Warmdach K 3 bituminös für Platten“ mit 149

Position x: „Az f.st.Hochzug Attika/Wand Warmdach K 3 bituminös Aufzah­­­lung (Az) für Hochzüge, einschließlich Befestigungen. Hochzug Höhe:
25 cm, Ober­fläche beschiefert“ mit 846

Position 211311: „Aufzahlung (Az) auf Warmdächer mit Bitumenabdichtung für genutzte Dächer Nutzungskategorie: K 3“

Position x: „Az Warmdach K 3 bituminös für Untergrund/Holzwerkstoff für zusätzliche Maßnahmen bei Untergründen aus Holzwerkstoffen und brenn­barer Wärmedämmung ..... betrifft Position (en): x+B“ mit 5.372

Die ULG 71 regelt Wärmedämmschichten bei Dachabdichtungs­arbeiten. In den Vorbemerkungen der ULG Punkt 2. wird ausge­führt: „Ausmaß- und Abrech­nungsregeln: Hochzüge: Die Wärmedämmung von Hochzügen oder lotrechten Flächen wird mit der Dachfläche abgerechnet, die damit verbundenen Erschwernisse mit einer Aufzahlungsposition verrechnet“.

In Position x „Az Wärmedämmschicht für Hochzug/Tiefzug“ wird ausge­führt: „Für die Erschwernis bei Hoch- und Tiefzügen und auf senkrechten oder auf über 45 Grad zur Waagrechten geneigten Flächen, einschließlich der Befesti­gung durch Kleben oder Andübeln“ und sind 552 auszupreisen.

 

Die Position x sowie die Position x ist im standardisierten Leistungsbuch LB-HB-020 eine Aufzahlungsposition, wobei hier im Text lediglich die Hochzugshöhe durch den LV-Ersteller zu ergänzen ist, eine weitere textliche Ergänzung ist im Leistungsbuch nicht vorgesehen. Die Ergänzung „Oberfläche beschiefert“ wurde zusätzlich durch die Auftraggeberin vorgenommen.

Die standardisierte Leistungsbeschreibung LB-HB, Version 018, 2009/11 weist in der LG 21 - Schwarzdeckerarbeiten keine ULG 21.11 auf. Die ULG 21.13 lautet „Ausgleichsschichten, Trenn­lagen“.

 

Die Ausschreibungsunterlage bzw. das LV wurde von der Auftraggeberin als Datei in PDF-Format, in ONLV-Format sowie DTN-Format zur Verfügung gestellt. Es wurde dabei die ABK-Software „ABK-LV V7“ verwendet. Bei der Erstellung des LV wurde das Leistungsbuch 20 zugrunde gelegt und ist dies auch im LV als Version „LB-HB-020“ auf der PDF-Datei ausgewiesen als „LV-Version:
10. November 2015“ erkennbar. Die aktuelle Ausgabe des standardisierten Leistungsbuches in Österreich ist LB-HB-020, Ausgabe 30. Mai 2015.

Das ONLV-Format ist ein Format nach ÖNORM A 2063/2009, welche nunmehr in Geltung steht. Das DTN-Format ist ein Format nach ÖNORM B 2063/1996. Diese ÖNORM trat 2009 außer Kraft und wurde durch die ÖNORM A 2063 ersetzt. Die ÖNORM A 2063 in der aktuellen Ausgabe vom 15. Juli 2015 ersetzt per
1. Juni 2009 die ÖNORM B 2062/1996, ÖNORM B 2063/1996 und ÖNORM
B 2114/1996.  

Wie für das PDF-Format ist auch für die Formate in ONLV und DTN eine Auslese­software (des Bieters) erforderlich, z.B. „ABK-Datenträger auspreisen“, „sidoun“, „Auer“ usw.

Während das Auslesen (und Auspreisen) im ONLV-Format (wie in PDF) automatisch in ÖNORM A 2063-Format und damit in neuester Version LB-020 erfolgt, kommt es bei der Verwendung des DTN-Formates auf die Art der Auslese-Software an, welche Version ausgelesen wird, mit anderen Worten, es gibt eine Auslese-Software, welche automatisch in die neueste Version der ÖNORM A 2063 konvertiert, aber nicht jede Software bzw. Software-Version leistet diesen Dienst. Z.B. gibt es bei der ABK-Software für Auftragnehmer bzw. Bieter die als „ABK-Datenträger auspreisen Edition“ eingeschränkte Ausgabe der Vollversion von ABK 7, die kostenlos angeboten wird, und eine kostenpflichtige „ABK 7-Datenträger ausprei­sen Plus Edi­tion“. Zur kostenlosen „ABK 7-Daten­träger auspreisen Edition“ führt der Hersteller selbst aus: „… hilft Ihnen als Bieter, Ausschreibungen, die Sie im ÖNORM-Format A2063:2009 erhalten, rasch und daher wirtschaftlich auszupreisen. Als eingeschränkte Ausgabe der Voll­version von ABK 7 ist die Edition voll upgradefähig. Der Funktionsumfang ist im Wesentlichen auf das manuelle Auspreisen eines LV auf Basis eines ÖNORM-Datenträgers beschränkt.“

Es wird aber auch bei ABK zur Konvertierung von dta/dtn-Dateien darauf hingewiesen, dass spezielle Schritte bei der Konvertierung zu beachten sind.

Auch das Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft weist seit 2012 darauf hin, dass Datenträger nur mehr nach der neuen A 2063-Norm-Version vorliegen. Die neue ÖNORM A 2063 ist am 1. Juni 2009 erschienen und ersetzte die ÖNORM B 2062, B 2063 und B 2114. Weiters wird darauf hingewie­sen, dass über ein AVA-Programm nach neuer ÖNORM A 2063 verfügt werden muss, um den Datenträger einlesen zu können.

 

4.3.2. Die mitbeteiligte Partei hat das LV im PDF-Format verwendet, händisch ausgefüllt und unterzeichnet abgegeben. Dieses ist daher in Version und Text ident mit der Version der Auftraggeberin.

 

Die Antragstellerin verwendete nach ihren Angaben das zur Verfügung gestellte DTN-Format und, wie aus dem vorgelegten unterzeichneten LV ersichtlich, die ABK-Software „ABK AN V7“, wobei beim Auslesen und Auspreisen die Version „LB-HB-018, 2009/11“ ausgeworfen wurde. Diese Version divergiert sowohl im Schriftbild als auch im Inhalt. So ist schon die erste Seite „ständige Vorbemer­kungen der LB“ verschieden zu der Version 020. Klar ist bereits aus diesen Vor­bemerkungen, dass dieses LV mit der standardisierten Leistungsbeschreibung Hochbau, Version 018, 2009/11, herausgegeben vom Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend (BMWFJ), erstellt wurde. Auch die übrigen Punkte der ständigen Vorbemerkungen regeln einen anderen Inhalt als die Version 020, insbesondere fehlt dieser allgemeine Teil der ständigen Vorbemerkungen der LB im von der Auftraggeberin ausgegebenen LV (PDF-Format). Aber auch die Vorbemer­kungen zur LG 21 divergieren in der Version 018 zur Version 020, insbesondere geht die Version 018 noch von einer Dachneigung bis 22 Grad aus, die Version 020 allerdings bis 20 Grad. Augenfällig ist, dass sowohl die Vorbemer­kungen zur LG 21 als auch die einzelnen Positionen auffällig oft als Z-Positionen in der von der Antragstellerin vorgelegten Version aufscheinen, beim Angebot der Antragstellerin werden Positionen als Z-Posi­tionen ausgewie­sen, welche im LV der Auftraggeberin nicht als Z-Positionen ausgewiesen sind, und umgekehrt werden Z-Positionen im LV der Auftraggeberin im Angebot der Antragstellerin nicht mehr als Z-Positionen ausgewiesen. Z.B. wird die Position x im Angebot der Antragstellerin als Z-Position ausgewiesen, bei der Auftraggeberin hingegen nicht; die Position 211340 wird im Angebot der Antrag­stellerin nicht als Z-Position ausgewiesen, wohl aber im LV der Auftraggeberin.

Da von der Antragstellerin ein Datenträger mit der Version LB-HB-020 auszu­lesen war, ist bei Verwendung der Version LB-HB-018 durch die Antrag­stellerin (wie behauptet) die Divergenz auch für die Antragstellerin ersichtlich, nämlich einerseits als Ausweisung als Z-Position (weil sie im Text differiert) und andererseits durch ein Fehlerprotokoll, welches zu den einzelnen Positionen eine Warnung aufgrund der Textungleichheit auswirft. Es war daher erkennbar, dass LB-HB-020 verwendet wurde. Die Erkennbarkeit wurde auch von der Antrag­stellerin bestätigt.

Dies gilt auch für die Auftraggeberseite im Zuge der Angebotsprüfung. Auch bei der Prüfung des Angebotes der Antragstellerin unter Verwendung der ABK 7-Soft­ware wird ein Fehlerprotokoll wegen Differenzen zur Version 020 ausge­worfen und überdies auch noch eine farbliche Hervorhebung der anderslautenden Stellen durchgeführt.

Die textlichen Divergenzen waren daher sowohl beim Einlesen von der Antrag­stellerin als auch bei der Angebotsprüfung von der Auftraggeberin ersichtlich.

 

Die Antragstellerin hat ein unterzeichnetes ausgedrucktes Kurzleistungsver­zeichnis sowie ein ausgepreistes, unterzeichnetes, ausgedrucktes Langleistungs­ver­zeichnis vorgelegt und zu einem Gesamtpreis von 451.621,63 Euro ange­boten. Das LV wurde in ABK-AN V7 in der Version LB-HB-018, 2009/11 ange­boten. Weder im Kurzleistungsverzeichnis noch im ausgepreisten Langleistungs­verzeichnis noch in der Aufstellung der Bieterlücken sind sämtliche vorgesehenen Bieterlücken (darunter auch ohne Nennung eines Leitproduktes durch die Auftraggeberin wie z.B. Pos. 217100A und 218100A) ausgefüllt.

Die mitbeteiligte Partei hat ein im PDF-Format ausgedrucktes, händisch ausge­fülltes und unterzeichnetes Langleistungsverzeichnis sowie ein ausgedrucktes Kurzleistungsverzeichnis vorgelegt und zu einem Gesamtpreis von
459.306,39 Euro angeboten. Das Angebot wurde in der Version LB-HB-020 erstellt.

Zur Position x wurde von der Antragstellerin ein Einheitspreis von
4,79 Euro, von der mitbeteiligten Partei ein Einheitspreis von 26,08 Euro in Rech­nung gestellt.

Zur Position x wurde von der Antragstellerin ein Einheitspreis von 1 Euro, von der mitbeteiligten Partei ein Einheitspreis von 35,31 Euro verrechnet.

 

4.3.3. Im Zuge der Angebotsprüfung wurde hinsichtlich des Angebotes der Antragstellerin per E-Mail vom 26. Jänner 2016 Aufklärung zu sechs näher bezeichneten Positionen, darunter auch zur Position x, verlangt. Es wurde am 27. Jänner 2016 mit der Antragstellerin ein Aufklärungsgespräch durch­geführt und hinsichtlich der letztgenannten Position Aufklärung in schriftlicher Form bis 1. Februar 2016 vereinbart. Mit Schreiben vom 1. Februar 2016 hat die Antragstellerin fristgemäß ausgeführt: „Der Preis, wie in Position x angeboten, stellt sich im Zusammenhang mit der Haupt­position x bzw. x dar und der angebotene Preis ist als gültig zu werten.

In Abrechnung würde die Hauptposition gemeinsam mit der Aufzahlungsposition kommen, was der Definition einer Aufzahlungsposition - ‚baut eine Position auf einer anderen auf, so wird die grundlegende Position als Hauptposition bezeich­net und darauf aufbauende, die Hauptposition ergänzende Position als Aufzah­lungsposition (häufig im LV als ‚Az‘) gekennzeichnet‘ - nachkommt.

Kalkulatorisch sind somit die Hauptposition x / x  sowie die Aufzah­lung x gemeinsam die Bewertung für die ausführenden Arbeiten an den Hochzugflächen (die Schnittlinie zwischen waagrechten und senkrechten Flächen definiert gemäß Abrechnungsregel lediglich, ab welcher Linie die Position x zusätzlich zur Abrechnung kommt).“

Mit Schreiben vom 5. Februar 2016 trat die Antragstellerin rechtsfreundlich ver­treten an die Auftraggeberin heran und wurde bekräftigt, dass die Positionen x, x und die Bezug habende Aufzahlungsposition x ent­sprechend der Ausschreibung richtig angeboten worden seien und wurde auf die Definition einer Aufzahlungsposition verwiesen: „Eine Aufzahlungsposition ist eine Ergänzung zur sogenannten Hauptposition.“ Im Zuge der Gespräche bei der Angebotsprüfung sei jedoch kommuniziert worden, dass die Aufzahlungsposition eine eigene „Hauptposition“ sei, weshalb darin die Gesamtleistung (beinhaltend auch die Grundposition) anzubieten und zu kalkulieren sei. Diese Ansicht sei unrichtig, wie sich auch bei der Durchsicht des LV betreffend die anderen darin vorgesehenen Aufzahlungspositionen erweise.

 

Laut Niederschrift über die Angebotsprüfung vom 5. Februar 2015 (gemeint wohl: 2016) wurde das Angebot der mitbeteiligten Partei als mangelfrei festgestellt und auf Platz 1 gereiht. Das Angebot der Antragstellerin wurde als nicht mangelfrei fest­gestellt. Es wurde festgehalten, dass bei einem Aufklärungs­gespräch am 27. Jänner 2016 die Preisangemessenheit der angeführten Positionen geprüft wurde und bei fünf Positionen die Preisangemessenheit geklärt werden konnte. Bei einer Position konnten die Unklarheiten beim Aufklärungs­gespräch nicht beseitigt werden und wurde eine Nachfrist zur schriftlichen Aufklärung gegeben. Die schriftliche Aufklärung wurde fristgemäß übermittelt und werden bei der weiteren Prüfung die Ansätze, wie in der schriftlichen Aufklärung, berücksichtigt. Es wurde daraus geschlossen, dass die Antragstellerin entgegen der Ausschrei­bung und der ÖNORM die Hochzüge zusätzlich mit der Dachfläche Position x und x, sohin mit 26,36 Euro pro sowie 37,32 Euro pro m², abrechnen will. Es wurde daher der von der Antragstellerin für diese Positionen angebotene Einheitspreis auch für die Hochzüge zu den Positionen x und x verrechnet und ein neuer Gesamtpreis in der Höhe von 483.828,64 Euro errechnet und zugrunde gelegt, sodass das Angebot der Antrag­­­stellerin nunmehr an zweiter Stelle gereiht wurde.

 

Mit Zuschlagsentscheidung vom 8. Februar 2016 wurde der Antragstellerin von der vergebenden Stelle im Namen und im Auftrag der Auftraggeberin mitgeteilt, dass der Zuschlag dem Angebot der mitbeteiligten Partei vom
16. Dezember 2015 erteilt werden soll. „Die Zuschlagsentscheidung erfolgte nach dem Billigstbieterprinzip. Maßgebend für die Zuschlagsentscheidung war der geprüfte Gesamtpreis (exkl. USt) von 459.306,39 Euro als niedrigster Preis aller Angebote, die die Ausschreibungsbedingungen erfüllen. Ihrem Angebot, das einen höheren Angebotspreis aufweist, kann daher der Zuschlag nicht erteilt werden. Weiters teilen wir gemäß § 131 Abs. 1 BVergG 2006 mit, dass die Still­haltefrist mit Ablauf des 19. Februar 2016 endet.“

 

Im Grunde der Zuschlagsentscheidung teilte die Antragstellerin mit Schreiben vom 9. Februar 2016 rechtsfreundlich vertreten die Verletzung des Rechtes auf eine transparente und schriftliche Angebotsprüfung, auf Durchführung eines Vergabeverfahrens nach dem Billigstbieterprinzip, in dem nun der Bieter mit dem zweithöchsten verlesenen Angebotspreis als Billigstbieter ausgemittelt wird, sowie auf Zustellung einer rechtsrichtigen Zuschlagsentscheidung mit und ersuchte um Übermittlung der Niederschrift über die Angebotsprüfung und es wurde ein Vergabenachprüfungsverfahren angekündigt.

Mit Schreiben vom 11. Februar 2016 übermittelte die Auftraggeberin die die Antragstellerin betreffende Niederschrift über die Angebotsprüfung.

 

5. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

5.1. Gemäß § 1 Abs. 1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006
(Oö. VergRSG 2006) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Ent­schei­dungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vor­schrif­ten auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens (Vergabe­ver­fahren), die gemäß Art. 14b Abs. 2 Z 2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Gemäß Art. 14b Abs. 2 Z 2 lit. a B-VG ist die Vollziehung Landessache hinsicht­lich der Vergabe von Aufträgen durch die Gemeinde. Das gegenständliche Nach­prüfungsverfahren unterliegt daher den Bestimmungen des Oö. VergRSG 2006.

 

Gemäß § 2 Abs. 1 Oö. VergRSG 2006 obliegt dem Landesverwaltungsgericht die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs. 1 leg.cit.

 

Gemäß § 2 Abs. 3 Oö. VergRSG 2006 ist das Landesverwaltungsgericht bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundes­gesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Ver­ord­nungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemein­schafts­recht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfü­gun­gen sowie zur Nichtig­erklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z 16 lit. a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerde­punkte.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 Oö. VergRSG 2006 hat das Landesverwaltungsgericht eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Ent­scheidung eines Auftraggebers bzw. einer Auftraggeberin für nichtig zu erklären, wenn

1.   sie oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung den Antragsteller bzw. die Antragstellerin in dem von ihm bzw. von ihr nach
§ 5 Abs. 1 Z 5 geltend gemachten Recht verletzt, und

2.   diese Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesent­lichem Einfluss ist.

 

5.2. Gemäß § 19 Abs. 1 Bundesvergabegesetz 2006 - BVergG 2006,
BGBl. I Nr. 17/2006 in der Fassung BGBl. I Nr. 7/2016, sind Vergabeverfahren nach einem in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Verfahren unter Beachtung der unions­rechtlichen Grundfreiheiten sowie des Diskriminierungsverbotes ent­sprechend den Grundsätzen des freien und lauteren Wettbewerbes unter Gleich­behandlung aller Bewerber und Bieter durchzuführen. Die Vergabe hat an befugte, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmer zu angemessenen Preisen zu erfolgen.

 

Gemäß § 106 Abs. 1 BVergG 2006 hat der Bieter sich bei offenen oder nicht offenen Verfahren bei der Erstellung des Angebotes an die Ausschreibungsunter­lagen zu halten. Der vorgeschriebene Text der Ausschreibungsunterlage darf weder geändert noch ergänzt werden.

Erfolgt ausnahmsweise gemäß § 98 Abs. 7 und 8 die Ausschreibung eines bestimmten Erzeugnisses mit dem Zusatz „oder gleichwertig“, so kann der Bieter in freien Zeilen (Bieterlücken) des Leistungsverzeichnisses ein gleichwertiges Erzeugnis angeben (§ 106 Abs. 7 BVergG 2006). Den Nachweis der Gleichwertig­keit hat der Bieter zu führen. Die in den Ausschreibungsunterlagen als Beispiele genannten Erzeugnisse gelten als angeboten, wenn vom Bieter keine anderen Erzeugnisse in die freien Zeilen des Leistungsverzeichnisses eingesetzt wurden.

 

Gemäß § 107 Abs. 1 BVergG 2006 müssen Angebote die in den Ausschreibungs­unterlagen vorgeschriebene Form aufweisen. Bei einem Datenträgeraustausch ist die Übermittlung eines automationsunterstützt erstellten, ausgepreisten, ausge­druckten und rechtsgültig unterfertigten Kurzleistungsverzeichnisses dann zuläs­sig, wenn zugleich auch die vom Auftraggeber erstellte Beschreibung der Leis­tung vom Bieter rechtsgültig unterfertigt abgegeben oder anerkannt wird.

 

Gemäß § 107 Abs. 2 BVergG 2006 sind Angebote vollständig sowie frei von Zahlen- und Rechenfehlern abzugeben.

Angebote dürfen nur während der Angebotsfrist vom Bieter geändert oder ergänzt oder zurückgezogen werden (§ 106 Abs. 8 BVergG 2006) oder eindeutig und klar erkennbar korrigiert werden (§ 107 Abs. 4 BVergG 2006).

Während der Zuschlagsfrist ist der Bieter an sein Angebot gebunden (§ 112
Abs. 2 BVergG 2006).

Vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung hat der Auftraggeber aufgrund des Ergebnisses der Prüfung den Ausschreibungsbestimmungen wider­sprechende Angebote sowie fehlerhafte oder unvollständige Angebote, wenn deren Mängel nicht behoben wurden oder nicht behebbar sind, gemäß § 129
Abs. 1 Z 7 BVergG 2006 auszuscheiden.

 

5.3. Aus den vorliegenden Vergabeunterlagen steht als erwiesen fest, dass die Antragstellerin ein Angebot gelegt hat, das einen der Ausschreibung widerspre­chenden Text aufweist; dies verletzt die Bestimmung des § 106 Abs. 1 2. Satz BVergG 2006. Es wurde von der Auftraggeberin der Datenträger in drei Forma­ten, darunter auch im DTN-Format, zur Verfügung gestellt, welcher eine ÖNORM B 2063-Formatierung aufweist. Es liegt erwiese­nermaßen an der (Auslese-) Software der Bieterin, welche Version von ihr aus- bzw. eingelesen wird. Einem fachkundigen Bieter, der sich an öffentlichen Ausschrei­bungen beteiligt, kann zugemutet werden, dass er sich Kenntnis über die ent­sprechende Software für Bieter verschafft und auch eine (in neuer Version) entsprechende Soft­ware installiert und verwendet. Darüber hinaus ist aber darauf hinzuweisen, dass der von der Antragstellerin ausgelesene Ausschreibungstext zwar den Hinweis auf die Version LB-HB-018 enthält, sehr wohl aber Texte der Version LB-HB-020 implementierte. Dies ist daraus ersichtlich, dass einerseits im LV-Text der Antrag­stellerin Positionen (aus LB-020) enthalten sind, die es in der Version 018 noch gar nicht gab, und andererseits aber der Text der LB-018 im Sinn des zur Verfügung gestellten Textes nach LB-020 überschrieben oder abgeändert wurde und in diesem Fall als „Z“-Position im Text der Antragstellerin ausgeworfen wurde, obwohl diese Positionen im Originaltext (PDF-Ausschreibung) keine Z-Posi­tionen sind. Es hat daher auch die von der Antragstellerin verwendete Software erkannt, dass vom zur Verfügung gestellten Datenträger ein anderer Text zur Verfügung gestellt wurde. Unter Verwendung einer entsprechenden AVA-Soft­ware hingegen spielt dies keine Rolle, sondern wird eine ÖNORM
A 2063-Formatierung ausgelesen bzw. ausgeworfen. In diesem Zusammenhang ist die Antragstellerin auf ihre ergänzende Stellung­nahme vom 22. März 2016 hinzuweisen, wonach sie unter Hinweis auf LB-HB-019, ULG 18, selber ausführt: „In der für den Bieter erkennbaren Verwendung der LB-HB-020 war diese Version bei der Kalkulation zu beachten.“ Demnach ist ihr vorausgegangenes Vorbringen in derselben Stellungnahme „Die in der Ausschreibungsunterlage erwähnte
LB-HB-020 kann bei Verwendung des Formates B 2063 nicht ausgeworfen werden.“ selbst wider­legt und war daher - wie schon angeführt - der Antrag­stellerin sehr wohl erkenn­bar, dass die Ausschreibungsunterlage bzw. der Daten­träger in der Version LB-020 verfasst war. Dennoch hat sie eine Divergenz ignoriert.

Eine Über­prüfung durch Durchsicht der von der Auftraggeberin ebenfalls zur Ver­fügung gestellten PDF-Datei hätte jedenfalls die Divergenzen augenscheinlich gemacht. Das Risiko der Auswahl der zum Auslesen des Datenträgers erforderlichen Software ist daher bei der Bieterin gelegen. Ein Fehler beim von der Auftraggeberin zur Verfügung gestellten Datenträger war hingegen nicht zu erkennen. Es war daher ein Ausscheidungsgrund gemäß § 129 Abs. 1 Z 7 BVergG 2006 gegeben.

 

Darüber hinaus wurde aber auch festgestellt, dass von der Auftraggeberin vor­gesehene zu ergänzende Bieterlücken ohne beispielhafte Anführung eines Leitproduktes durch die Auftraggeberin von der Antragstellerin nicht ausgefüllt wurden. Es lag daher auch ein unvollständiges Angebot vor. Ein behebbarer Mangel lag nicht vor, zumal die Antragstellerin bei Mangelbehebung zumindest einen zeitlichen Vor­sprung gegenüber dem Mitbewerb gehabt hätte (VwGH 25.2.2004, 2003/04/0186) und andererseits auch wohl eine Verbesserung der Wettbewerbs­stellung erfolgen würde, da es die Bieterin in der Hand hätte, in Kenntnis der Angebotspreise der anderen Bieter den Wert des Angebotes zu beeinflussen.

 

Hinsichtlich der von der Antragstellerin bemängelten Abänderung ihres Ange­botes durch die Auftraggeberin in Bezug auf die Positionen x und x ist zwar grundsätzlich die Antragstellerin insofern im Recht, als im offenen Verfahren sowohl die Antragstellerin als Bieterin an ihr Angebot während der Zuschlagsfrist gebunden ist als auch für die Auftraggeberin das eingereichte Angebot unabänderbar ist. Ist nach durchgeführter Angebotsprüfung und -auf­klärung der Angebotspreis nicht nachvollziehbar oder die Preisbildung fehlerhaft oder unvollständig, so liegt eine nicht plausible Zusammensetzung des Gesamt­preises vor und wäre das Angebot auszuscheiden. Nicht jedoch ist gestattet, das Angebot bzw. den Angebotspreis zu ändern.

 

Im Besonderen ist aber zu den angeführten relevanten Positionen auszuführen, dass es sich bei der Ausschreibung um eine Erklärung der Auftraggeberin handelt, deren Inhalt nach ständiger Rechtsprechung und nach der Literatur nach den Regeln der §§ 914ff ABGB zu ermitteln ist. Dabei ist die Absicht der Parteien zu erfor­schen und der Vertrag so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht. Die aus einer Erklärung abzuleitenden Rechtsfolgen sind nicht danach zu beurteilen, was der Erklärende sagen wollte oder was der Erklärungsempfän­ger darunter verstanden hat, sondern danach, wie die Erklärung bei objektiver Beurteilung der Sachlage zu verstehen war (OGH 26.4.1961, 5 Ob 135/61) und somit, wie diese ein redlicher Erklärungsempfänger zu verstehen hätte. Es kommt nämlich nicht auf den von einer Partei vermuteten Zweck der Ausschrei­bungsbestimmungen an, sondern es ist vielmehr der objektive Erklärungswert der Ausschreibung und des Angebotes maßgebend (ständige Rechtsprechung, z.B. VwGH 22.11.2011, 2006/04/0024). Es kommt vielmehr darauf an, wie der Text für den durchschnittlich fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt zu verstehen war.

Zwar weist die Antragstellerin zu Recht darauf hin, dass die genannten Positionen als Aufzahlungspositionen durch die Auftraggeberin in der Ausschreibung tituliert wurden und daher in formaler Sichtweise davon auszugehen ist, dass in dieser Position nur eine Ergänzung zu einer Hauptposition anzubieten war.

Inhaltlich gesehen ist aber zunächst einmal darauf hinzuweisen, dass die standar­disierte Leistungsbeschreibung, Version 020, diese Positionen als Auf­zahlungspositionen vorsieht, allerdings lediglich das Einsetzen einer bestimmten Höhe des Hochzuges durch den Ausschreiber vorsieht, nicht jedoch weitere Spezifikationen. Indem die Auftraggeberin aber eine Ergänzung „Oberfläche beschiefert“ vorgenommen hat, hat sie eine Zusatzposition, die mit einem „Z“ gekennzeichnet hätte werden müssen, und hiermit eine Hauptposition bzw. Leistungsposition geschaffen. Dies war nicht nur der mitbeteiligten Partei, sondern auch der Mehrzahl der weiteren Bieter ebenfalls erkennbar und haben diese nach dem Inhalt bzw. nach dem objektiven Erklärungswert, wie ihn ein durchschnittlich fachkundiger Bieter bei der Anwendung der üblichen Sorgfalt erkennen konnte, ihrem Angebot zugrunde gelegt und einen entsprechend kal­kulierten Einheitspreis angeboten. Dies war auch insofern gut ersichtlich, als in den Positionen x und x ein Kalt- bzw. Warmdach bituminös „mit Kies“, in Position x ein Warmdach bituminös „für Platten“ gefordert war, in den jeweiligen Positionen x bzw. x von einem Kalt- bzw. Warmdach bituminös ausgegangen wurde und eben ergänzend „Oberfläche beschiefert“ gefordert wurde.

Entgegen dem Argument der Antragstellerin, dass die Position x sowohl für die Dachfläche nach Position x als auch x gelte, ist auszu­führen, dass dies gesondert anzuführen ist, wie auch darauffolgend in der Position x vorgenommen wurde.

Zu einer echten Aufzahlungsposition für Hochzüge wurde bereits durch die Antragstellerin beispielhaft auf die Position x hingewiesen. Darin ist die Aufzahlung „für die Erschwernis“ wie auch in Position x „auf höhere Qualität“ ausdrücklich genannt.

Es war daher auch insofern von einem den Ausschreibungsbestimmungen wider­sprechenden Angebot auszugehen.

 

Da daher jedenfalls das Angebot der Antragstellerin auszuscheiden gewesen wäre, hätte ihr keinesfalls der Zuschlag erteilt werden dürfen und wäre daher das Angebot der Antragstellerin unter keinen Umständen zum Zug gekommen. Allfällige Rechtswidrigkeiten sind daher nicht von wesentlichem Einfluss für den Ausgang des Vergabeverfahrens, weshalb der Nachprüfungsantrag der Antrag­stellerin abzuweisen war.

 

 

6. Gemäß § 23 Oö. VergRSG 2006 hat der Antragsteller bzw. die Antragstellerin, der bzw. die vor dem Landesverwaltungsgericht, wenn auch nur teilweise, obsiegt, Anspruch auf Ersatz der gemäß § 22 entrichteten Gebühren durch den Auftraggeber bzw. die Auftraggeberin. Der Antragsteller bzw. die Antragstellerin hat ferner Anspruch auf Ersatz der entrichteten Gebühren, wenn er bzw. sie während des anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird. Ein Anspruch auf Ersatz der Gebühren für einen Antrag auf einstweilige Verfügung besteht nur dann, wenn dem Nachprüfungsantrag (Hauptantrag) stattgegeben wird und dem Antrag auf einstweilige Verfügung stattgegeben wurde.

Da die Antragstellerin vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nicht obsiegt hat, war gemäß § 23 Abs. 1 und Abs. 2 Oö. VergRSG 2006 der Antrag auf Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von 4.500 Euro (für das Nachprüfungsverfahren und für die einstweilige Verfügung) abzuweisen.

 

7. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsge­richtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Ilse Klempt