LVwG-550772/13/KLe

Linz, 04.04.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Maga. Karin Lederer über die Beschwerde von J S, x, G, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft K vom 12. Jänner 2016, GZ: Agrar01-9-2011-No, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Mit Bescheid vom 12. Jänner 2016, GZ: Agrar01-9-2011-No, wurde dem Beschwerdeführer die von der Bezirkshauptmannschaft K am 2. Mai 1988 unter der Zahl Agrar-450/1988 ausgestellte Oö. Jagdkarte mit sofortiger Wirkung gemäß § 40 in Verbindung mit § 38 Abs. 1 lit. a und § 39 Abs. 1 lit. a Oö. Jagdgesetz 1964, LGBl. Nr. 32/1964 i.d.g.F. entzogen.

 

Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde. Begründend wurde Folgendes ausgeführt (Rechtschreibung wie im Original):

„Ich J S, mache gegen diesen Bescheid eine Beschwerde. Von Krankheit und geistesschwach Sinn. Die Jagdkarte entzogen wurde. Ich J S Beschwerde mich das Recht mir enzogen wurde. Das Jagdausübungsrecht. Über meine Geistiegen-Verlässlichkeit ist ein Ärztliches gutachten bei der Amtsärztin.“

 

Die Bezirkshauptmannschaft K hat die Beschwerdeschrift unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsaktes dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akten­einsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung. An dieser nahm keine Partei teil. Beide waren entschuldigt. Der Beschwerdeführer gab telefonisch an, dass er nicht zur Verhandlung nach Linz kommen werde, da er ohnedies zum Verfassungsgerichtshof gehe.

 

Folgender Sachverhalt steht fest:

Am 11. Mai 2015 gab der Beschwerdeführer gegenüber der belangten Behörde im Rahmen einer niederschriftlichen Befragung auszugsweise an:

„[…] Ich übe die Jagd schon seit 12 Jahren nicht mehr aus. Meine Jagdkarte habe ich vor Jahren als mein Vater verstorben ist verbrannt. Ich möchte jedoch meine Jagdausübungsberechtigung erhalten. Zur Zeit möchte ich aber nicht um ein Duplikat ansuchen, da ich nicht vorhabe, derzeit die Jagd auszuüben.

Mir wird mitgeteilt, dass ich selbst sagte, dass ich an Schizophrenie erkrankt war. Dazu gebe ich an, dass dies stimmt, aber zur Zeit geht es mir psychisch sehr gut. Vor ca. 4 Wochen hatte ich schon ein Problem, welches ich jedoch gut auslöschen konnte. Dieses Problem war nach meiner Wahrnehmung nach vermutlich ein sexueller Missbrauch mir gegenüber. Ich konkretisiere dies damit, dass ich vermutlich betäubt wurde und sexuell missbraucht wurde. Dies äußerte sich bei mir dadurch, dass ich mich aggressiv fühlte, vorwiegend fiel mir auf, dass ich beim Autofahren zu schnell unterwegs war und in einer Situation das Auto nicht mehr unter Kontrolle hatte und das Gas nicht mehr zurücknahm. Ein brennendes Licht bei einem Haus, wo ich vorbeifuhr, hat dies ausgelöst, dass ich das Auto weiter beschleunigte, statt dass ich vom Gas zurückging. Als ich sah, dass das Auto nicht mehr unter meiner Kontrolle war, fand ich zum Glück wieder in die Realität zurück. Dies war vor ca. vier Wochen. Mein Auto ist vermutlich durch eine Kamera kontrolliert. Wahrscheinlich durch das Gericht.

Medikamente nehme ich nicht ein, ausgenommen Hausmittel (Stickstoff NO2 und Essig), welche ich selbst für meine Krebskrankheit erzeuge. […]“.

 

Die Amtsärztin der Bezirkshauptmannschaft K führte in ihrer Stellungnahme vom 19. Mai 2015 aus, dass es ihr erforderlich scheine „die wiederholt formulierte Verdachtsdiagnose einer psychischen Erkrankung (Schizophrenie) zu verifizieren. Diesbezüglich ist es erforderlich, vom erwähnten behandelnden Facharzt Dr. B eine Behandlungsdokumentation/Diagnose einzuholen. Sollte sich der Verdacht einer psychischen Erkrankung bestätigen, so muss davon ausgegangen werden, dass Herr S keinesfalls verlässlich ist gemäß § 8 Abs. 2 WaffG.

Bei Vorliegen derartiger psychischer Erkrankungen muss damit gerechnet werden, dass eine Person nicht in der Lage ist, mit Waffen verlässlich umzugehen. Besonders in Ausnahme- und Belastungssituationen muss damit gerechnet werden, dass Waffen missbräuchlich verwendet, er selbst oder andere Personen dadurch gefährdet werden. […]“

 

Die Amtsärztin der Bezirkshauptmannschaft K stellte in ihrem Gutachten vom 2. Februar 2016 im Zuge einer Untersuchung nach § 8 Führerscheingesetz über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 fest:

„Es besteht eine medikamentös ausreichend gut eingestellte Diabetes mellitus, Kontrollen sind erforderlich. Weiters leidet er an einer psychischen Erkrankung (schizophrene Psychose mit wiederholt paranoid psychotischen Durchbrüchen). Er ist wegen dieser Erkrankung seit Jahren in regelmäßiger Behandlung. Weitere regelmäßige fachärztliche Betreuung muss gefordert und kontrolliert werden, da ansonsten mit Verschlechterung gerechnet werden muss. […]“

 

Diesem amtsärztlichen Gutachten liegt das ärztliche Attest von Dr. M B, Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, vom 8. November 2015 zugrunde, in dem angeführt wird:

„Es liegt bei Herrn S eine schizophrene Psychose vor, welche schon über mehrere Jahrzehnte zurückreicht und weswegen er in laufend psychiatrischer Behandlung war. Es ist vor rund 25 Jahren gelungen, eine Behandlung mit dem Depot-Neurolepticum Fluanxol 10-15 Jahre durchzufuhren. In diesem Zeitraum gab es keine besonderen Auffälligkeiten in seiner psychischen Befindlichkeit und in seinem Umweltverhalten.

 

Dann hat er eine konstante Depot-neuroleptische Therapie nicht mehr akzeptiert, sondern größtenteils nur gelegentlich Risperdal eingenommen. Das Bemühen, ihn wieder auf ein Depot-Neurolepticum umzustellen, ist durchgehend nicht gelun­gen. Es ist dadurch zu wiederholt angedeutet paranoid psychotischen Durch­brüchen gekommen, worunter er in seinen Äußerungen auffallend war. Sonst ist allgemein sein Verhalten nicht frei gesellschaftlich sozial bezogen, sondern eher isoliert bzw. nur eingeengt auf seine eigenen Vorstellungen.

 

Es ist darunter aber in dem ganzen Zeitraum zumindestens der letzten 15 Jahre zu keinen Zwischenfällen gekommen, nur 2010 war er einmal bei einem Lokalbesuch auffällig gegenüber den Gästen und wurde auch mit Polizeipariere in die Psychiatrie S eingewiesen. Es wurde auch dort die Diagnose einer paranoiden Schizophrenie mit Differentialdiagnose einer schizoaffektiven Störung gestellt und empfohlen, dass er Risperdal Consta-Medikation erhalten sollte. Er hat diese aber weiterhin nicht akzeptiert, sondern nur gelegentlich Risperdal- Tabletten eingenommen.

 

Zu psychiatrischen Verlaufsuntersuchungen war er in den letzten Jahren ein- bis zweimal im Monat. Der Verlauf ist während dieses Zeitraumes mit gelegentlich paranoiden Attacken gleich geblieben.

 

Dementsprechend ist er während dieser Zeit auch immer zu einer psychiatri­schen Untersuchung mit seinem eigenen PKW gefahren, oder hat sonst sein KFZ gelenkt, ohne dass es zu Zwischenfällen gekommen ist.

Dasselbe ist auch bis zum jetzigen Zeitpunkt der Fall. Nach seiner letzten Entlassung aus dem Krankenhaus war er mehrmals bei mir zur Untersuchung, auch einmal noch während seines stationären Aufenthaltes im Rahmen eines Ausganges. Sein Verhalten ist durchgehend gleich geblieben mit der weiteren Verweigerung der Medikation. […]“

 

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft K vom 11. September 2015, GZ: Kl/0094/2015, wurde dem Beschwerdeführer der Besitz von Waffen und Munition mit sofortiger Wirkung verboten. Grundlage dafür war, dass der Beschwerdeführer am 9. September 2015 handgeschriebene Zettel mit bedenklichem Inhalt an Nachbarn und das Gemeindeamt G verteilte. Auf diesen Zetteln war unter anderem zu lesen: „Machen wir alles mal umgekehrt, zerstör ich euch mal 17 Jahre des Lebens“, „Siloballen zerschneide ich auch“, „Bei Mordanschlag hat keine Polizei mir J S geholfen“, „Braucht euch auch keine Polizei helfen“, … Aufgrund dieser schriftlichen Drohungen wurde die Polizei verständigt. Gegenüber der Polizei wurden seitens des Beschwerdeführers nur wirre Angaben gemacht. Es wurde am 9. September 2015 eine zwangsweise Unterbringung in der psychiatrischen Abteilung des LKHS veranlasst.

Das Waffenverbot ist rechtskräftig.

 

Der Bürgermeister der Gemeinde G übermittelte der belangten Behörde in einer großen Schachtel Briefe und Unterlagen des Beschwerdeführers - gerichtet an den Bürgermeister von G und den Bürgermeister von S samt einem Handschuh, bei dem 2 Finger abgeschnitten waren. Auf einem vom Beschwerdeführer handgeschriebenen Zettel ist Folgendes vermerkt: „Du darfst nicht Begehren deines Nächsten Gut. Gebot Gottes.“

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus dem Verfahrensakt und wird vom Beschwerdeführer nicht bestritten. Die Angaben der Amtsärztin sind schlüssig und nachvollziehbar.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

Gemäß § 40 Oö. Jagdgesetz ist die Jagdkarte zu entziehen, wenn bei einem Inhaber einer Jagdkarte der ursprüngliche und noch fortdauernde Mangel einer der Voraussetzungen des § 38 nachträglich zum Vorschein kommt oder eine dieser Voraussetzungen nachträglich wegfällt.

 

Nach § 38 Abs. 1 Oö. Jagdgesetz ist Voraussetzung für die Erlangung einer Jagd­karte der Nachweis

a) der im Zusammenhang mit der Jagdausübung erforderlichen Verläss­lichkeit;

b) der jagdlichen Eignung;

c) einer ausreichenden Jagdhaftpflichtversicherung;

d) dass kein Verweigerungsgrund im Sinne des § 39 vorliegt.

 

Nach § 39 Abs. 1 lit. a Oö. Jagdgesetz ist Personen, die wegen geistiger oder körperlicher Mängel unfähig sind, ein Jagdgewehr sicher zu führen oder deren bisheriges Verhalten besorgen lässt, dass sie die öffentliche Sicherheit gefährden werden, die Ausstellung einer Jagdkarte zu verweigern.

 

Das Gesetz führt unter § 39 Abs. 1 lit. a Oö. Jagdgesetz als Verweigerungs­gründe körperliche und geistige Mängel an, ohne jedoch näher zu beschreiben, welche Mängel von vornherein die Unfähigkeit, ein Jagdgewehr sicher zu führen, mit sich bringen. Es handelt sich hierbei jedoch stets um eine Fachfrage, deren Klärung ein medizinisches Gutachten erfordert (VwGH 22.5.1979, 464/79).

 

Der Begriff „Verlässlichkeit“ ist ein Rechtsbegriff, der zur Kategorie der soge­nannten unbestimmten Gesetzesbegriffe gehört. Allerdings ist die Verlässlichkeit nicht in jede Richtung gefordert, sondern nur für die im Zusammenhang mit der Jagdausübung erforderliche. Hierbei kommt aufgrund des bei der Jagdausübung unabdingbaren Umganges mit Schusswaffen auch der Verlässlichkeit im Sinn des § 8 des Waffengesetzes besondere Bedeutung zu.

 

Nach § 8 Abs. 2 Z 2 Waffengesetz 1996 ist ein Mensch keinesfalls verlässlich, wenn er psychisch krank oder geistesschwach ist.

 

Der Behörde kommt hinsichtlich der Entscheidung, ob eine Verweigerung auszu­sprechen ist, bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen kein Ermessen zu (VwGH vom 8.4.1965, 59/65).

 

Der Beschwerdeführer leidet unter einer „schizophrenen Psychose mit wiederholt paranoid psychotischen Durchbrüchen“. Es handelt sich dabei, wie die Amtsärztin in ihrer Stellungnahme vom 19. Mai 2015 ausführt, um eine psychische Krank­heit, die die Verlässlichkeit eines Menschen im Sinne des § 8 Waffengesetz jedenfalls ausschließt.

 

Im Übrigen lässt das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers (Verteilen von Zetteln mit dem bedrohlichen Inhalt „Machen wir alles mal umgekehrt, zerstör ich euch mal 17 Jahre des Lebens“, „Siloballen zerschneide ich auch“, „Bei Mordanschlag hat keine Polizei mir J S geholfen“, „Braucht euch auch keine Polizei helfen“; Verschicken eines Handschuhes mit abgeschnittenen Fingern und Hinweis auf ein Gebot Gottes; Gefühl des Überwachtwerdens [Kamera im Fahrzeug]; Kontrollverlust und Beschleunigung des Fahrzeuges wegen eines „brennendes Lichtes“ in einem Haus) besorgen, dass er die öffentliche Sicherheit gefährdet.

 

Auf Grund dieser Ausführungen gelangt das Landesverwaltungsgericht Ober­österreich übereinstimmend mit der Rechtsansicht der belangten Behörde zu dem Ergebnis, dass beim Beschwerdeführer die im Zusammenhang mit der Jagdausübung erforderliche Verlässlichkeit nicht gegeben ist und darüber hinaus sein bisheriges Verhalten besorgen lässt, dass die öffentliche Sicherheit gefährdet ist.

 

 

II.         Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprech­ung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

 

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Maga. Karin Lederer