LVwG-650536/23/ZO

Linz, 25.04.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter          Mag. Gottfried Zöbl über die Beschwerde des B M, geb. 1990, vertreten durch RA Dr. J P vom 3.12.2015, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Braunau am Inn vom 05.11.2015, Zl. 15/281291, wegen Entziehung der Lenkberechtigung,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben und die Lenkberechtigung für die Klassen AM, A1, A2 und B unter folgenden Einschränkungen erteilt:

-      Befristung bis 8.10.2017

-      Beibringung von Harnbefunden auf Cannabis einmal monatlich im Mai, Juni und Juli 2016 sowie von weiteren sechs Harnbefunden auf Cannabis bis 8.10.2017, jeweils innerhalb einer Woche nach Aufforderung durch die Führerscheinbehörde

-      amtsärztliche Nachuntersuchung bis 8.10.2017.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist keine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.

 


E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit dem angefochtenen Bescheid dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für die Klassen AM, A1, A2 und B wegen fehlender gesundheitlicher Eignung entzogen.

 

Dieser Bescheid wurde zusammengefasst damit begründet, dass beim Beschwerdeführer in der Vergangenheit ein Suchtmittelmissbrauch diagnostiziert worden sei und er die für die Erteilung erforderliche Abstinenz erst nach längerer Zeit habe nachweisen können. Nach Wiedererteilung der Lenkberechtigung habe er im September 2015 wiederum Cannabis konsumiert, weshalb er entsprechend dem amtsärztlichen Gutachten nicht zum Lenken von Kraftfahrzeugen geeignet sei.

 

2.           In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde machte der Beschwerdeführer zusammengefasst geltend, dass ein geringfügiger Suchtmittelkonsum nach der Rechtsprechung des VwGH die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht berühre und es sich überdies nicht um eine „harte“ Droge handle. Seit November 2014 sei nur ein einziger Cannabiswert überhöht gewesen. Er habe im November 2015 wieder eine Harnprobe abgegeben, welche auf Cannabis negativ sei.

 

3.            Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat die Beschwerde unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsaktes ohne Beschwerde-vorentscheidung dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm Art. 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wurde mit Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 21.12.2015, LVwG-650536/4 abgewiesen.

 

4.           Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt, weitere von der Behörde und vom Beschwerdeführer vorgelegte Unterlagen sowie Einholung eines amtsärztlichen Gutachtens und Wahrung des Parteiengehörs. Daraus ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt zur Gänze, weshalb eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht erforderlich war.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Der Beschwerdeführer lenkte im März 2012 ein Kraftfahrzeug in einem durch Suchtmittel beeinträchtigten Zustand, weshalb ihm die Lenkberechtigung entzogen wurde. In weiterer Folge waren Harnproben auf Cannabis im Mai, Juli und Oktober 2014 positiv, daran anschließend wies er eine mehrmonatige Abstinenz nach. Entsprechend der fachärztlichen psychiatrischen Stellungnahme vom 26.1.2015 wurden beim Beschwerdeführer Cannabisabusus, Alkoholabusus in der Vergangenheit und eine selbstunsichere Persönlichkeitsproblematik diagnostiziert. Der Facharzt empfahl die bedingte Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 für die Dauer von 12 Monaten mit quartalsweiser Vorlage eines Harnbefundes auf Cannabinoide sowie den Besuch einer qualifizierten Beratungsstelle oder eine Psychotherapie. Nach Vorlage eines weiteren negativen Harnbefundes im Februar 2015 übernahm die Amtsärztin diese Empfehlungen in ihrem Gutachten vom 13.3.2015. Dem Beschwerdeführer wurde mit Bescheid vom 13.3.2015, Zl. 15/082025, die Lenkberechtigung wieder erteilt, wobei sie auf 1 Jahr befristet und der Beschwerdeführer verpflichtet wurde, alle 3 Monate Harnbefunde auf Cannabis  sowie den GGT und CDT-Wert vorzulegen. Weiters wurde eine monatliche Drogenberatung vorgeschrieben.

 

Der Beschwerdeführer legte im Juni 2015 unauffällige Laborwerte vor. Der Wert vom September 2015 war bezüglich Cannabis positiv, worauf die Amtsärztin eine gesundheitliche Nichteignung diagnostizierte. Dem Beschwerdeführer wurde daraufhin die Lenkberechtigung vorerst mit Mandatsbescheid und nach Einbringung einer Vorstellung und Einholung einer Stellungnahme der Amtsärztin mit dem nunmehr bekämpften Bescheid entzogen. Im November und Dezember 2015 sowie im Jänner und Februar 2016 legte der Beschwerdeführer jeweils normgerechte Laborwerte vor.

 

Die fachärztliche psychiatrische Stellungnahme vom 04.03.2016 kommt zum Schluss, dass der Beschwerdeführer bedingt zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 geeignet sei. Es seien weitere Harnkontrollen auf Cannabis für die nächsten 18 Monate, zunächst monatlich, dann zwei- später dreimonatlich erforderlich.

 

Auf Basis dieser Unterlagen erstellte eine Amtsärztin der Direktion Soziales und Gesundheit ihr Gutachten vom 8.4.2016. Dieses Gutachten kommt zusammengefasst zu dem Schluss, dass nach dem ursprünglich diagnostizierten Cannabisabusus der Beschwerdeführer nunmehr seit September 2015 glaubhaft abstinent sei. Entsprechend der psychiatrischen fachärztlichen Stellungnahme seien weitere Kontrollbefunde und eine zeitliche Befristung der Lenkberechtigung auf 18 Monate erforderlich. Notwendig sei noch ein weiterer unauffälliger Harnbefund, danach könne die Lenkberechtigung befristet auf 18 Monate erteilt werden, wobei in den ersten drei Monaten die Harnkontrollen auf Cannabis monatlich vorzulegen seien, in den folgenden 15 Monaten seien insgesamt sechs Harnbefunde auf Abruf durch die Behörde binnen drei Tagen erforderlich. Weiters sei – wie vom Facharzt verlangt – der Nachweis einer laufenden Psychotherapie zumindest für die ersten sechs Monate notwendig.

 

Dieses Gutachten wurde den Parteien vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich telefonisch zur Kenntnis gebracht, sie haben auf die Abgabe einer gesonderten Stellungnahme verzichtet. Der Beschwerdeführer legte einen unauffälligen Harnbefund auf Cannabis vom 19.4.2016 vor (Harnabgabe am 15.4., d.h., 3 Tage nach Aufforderung durch das LVwG).

 

5.           Darüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht folgendes erwogen:

 

5.1.      Gemäß § 5 Abs.5 FSG ist die Lenkberechtigung, soweit dies aufgrund des ärztlichen Gutachtens oder wegen der Art der Lenkberechtigung nach den Erfordernissen der Verkehrssicherheit nötig ist, unter den entsprechenden Befristungen, Auflagen oder zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen der Gültigkeit zu erteilen (§ 8 Abs.3 Z2).

 

Gemäß § 8 Abs.3 FSG hat das ärztliche Gutachten abschließend auszusprechen:

„geeignet“, „bedingt geeignet“, „beschränkt geeignet“ oder „nicht geeignet“.

 

Ist der Begutachtete gemäß § 8 Abs.3 Z.2 FSG nach dem ärztlichen Befund zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nur unter der Voraussetzung geeignet, dass er Körperersatzstücke oder Behelfe oder dass er nur Fahrzeuge mit bestimmten Merkmalen verwendet oder dass er sich ärztlichen Kontrolluntersuchungen unterzieht, so hat das Gutachten „bedingt geeignet“ für die entsprechenden Klassen zu lauten und Befristungen, Auflagen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen der Gültigkeit anzuführen, unter denen eine Lenkberechtigung ohne Gefährdung der Verkehrssicherheit erteilt werden kann; dies gilt auch für Personen, deren Eignung nur für eine bestimmte Zeit angenommen werden kann und bei denen amtsärztliche Nachuntersuchungen erforderlich sind;

 

Gemäß § 14 Abs.5 FSG-GV ist Personen, die Alkohol, Sucht- oder Arzneimittel abhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.

 

5.2.      Das nunmehr vorliegende aktuelle amtsärztliche Gutachten vom 8.4.2016, welches sich auf die fachärztliche psychiatrische Stellungnahme vom 4.3.2016 sowie auf die aktenkundigen Laborbefunde und die Vorgutachten stützt, kommt zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich gesundheitlich geeignet zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 ist. Allerdings ist – wie auch bereits der Facharzt vorgeschlagen hat – eine Befristung auf 18 Monate sowie eine ausreichende Kontrolle der Cannabisabstinenz des Beschwerdeführers in diesem Zeitraum erforderlich. Dieser Abstinenznachweis kann durch die von der Amtsärztin vorgeschlagenen Harnbefunde erreicht werden, wobei dem Beschwerdeführer eine Frist von jeweils einer Woche nach Aufforderung durch die Behörde eingeräumt wurde, um seine zeitlichen Dispositionsmöglichkeiten nicht über Gebühr einzuschränken. Auch mit dieser Frist ist ein allfälliger (mehr als geringfügiger) Cannabiskonsum wohl feststellbar. Der von der Amtsärztin vorgeschlagene Besuch einer Psychotherapie war nicht vorzuschreiben, weil der Facharzt diese in seiner Stellungnahme vom März 2016 nicht mehr verlangt hat.

 

Das nunmehr vorliegende amtsärztliche Gutachten erscheint schlüssig und ist gut nachvollziehbar. Es wurde dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht und er ist diesem nicht mehr entgegengetreten. Es kann daher die Entscheidung zu Grunde gelegt werden. Die Dauer der Befristung ist gemäß § 8 Abs.3a FSG vom Zeitpunkt der Ausfertigung des amtsärztlichen Gutachtens zu berechnen. Auf Grund der nunmehr vorliegenden Sachlage war daher der Beschwerde teilweise statt zu geben.

 

II.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Einschränkung der Lenkberechtigung ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Gottfried Zöbl