LVwG-000092/2/Wei

Linz, 18.04.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des G L, geb. x 1957, L, vertreten durch Dr. M M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft von Urfahr-Umgebung, vom 6. November 2014, GZ. SanRB96-18-2014-Bd, wegen einer Übertretung des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes (LMSVG)

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt

 

II.      Gemäß § 52 Abs 8 und 9 VwGVG entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen. Zudem war der Beschwerdeführer auch nicht zum Ersatz der Lebensmitteluntersuchungskosten gemäß § 71 Abs 3 LMSVG zu verpflichten.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.


 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 6. November 2014 hat die belangte Behörde den Beschwerdeführer (im Folgenden Bf) wie folgt schuldig erkannt:

 

„Straferkenntnis

 

Sie haben es als der gemäß § 9 Abs. 2 VStG bestellte verantwortlich Beauftragte der Firma ‚H Fleischwaren GmbH', mit dem Sitz in L zu vertreten, dass die am 14.11.2013 um 12:09 Uhr im angeführten Betrieb entnommene Probe in Verkehr gebracht wurde, obwohl sie nicht den Vorschriften des LMSVG entsprochen hat (Auftragsnummer 13123037-001, Probenzeichen 4006MAYW0182/13) der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH, Institut für Lebensmitteluntersuchung (AGES)).

 

Die vorliegende Probe mit der Bezeichnung ‚Aufschnitt 2/3 V Krakauer Wiener Extra‘ ist genusstauglich, weist aber folgende Mängel auf:

 

Das Wasser:Eiweiß-Verhältnis beträgt 4,1 ± 0,2, obwohl im Österreichischen Lebensmittelbuch, Kapitel B14 Fleisch und Fleischerzeugnisse, Unterkapitel G (Grenzwerte) Punkt G.1.2.2 ‚Fleischwürste‘ der Wassergehalt für Wiener durch ein Wasser: Eiweiß-Verhältnis von 3.4 limitiert ist. Da das kollagenfreie Eiweiß mehr als 2%-Punkte über dem Grenzwert liegt ist der Grenzwert für das Wasser:Eiweiß-Verhältnis um 0,2 höher (somit bei 3,6 Toleranz: 0,2) Der im Befund ermittelte Wert ist auch unter Berücksichtigung der kodifizierten Analysentoleranz und der Messunsicherheit überschritten.

 

Der Kollagenwert der Teilprobe Krakauer beträgt 15,8+/-1,1 und das Fett:Eiweiß-Verhältnis beträgt 1,7 +/-0,1, obwohl im Österreichischen Lebensmittelbuch, Kapitel B14 Fleisch und Fleischerzeugnisse, Unterkapitel G (Grenzwerte), Punkt G.1.2.2 der Kollagenwert für Krakauer mit 12 (Toleranz: 10% des Grenzwertes) limitiert ist und das Fett:Eiweiß-Verhältnis mit 0,9 (Toleranz: 0,2) limitiert ist. Diese Werte sind auch unter Berücksichtigung der kodifizierten Analysentoleranz und der Messunsicherheit überschritten bzw. unterschritten.

 

Die Probe ist daher nach den Allgemeinen Anforderungen des § 5 Abs 5 Z 3 LMSVG als verfälscht zu beurteilen.

 

Zum Zeitpunkt der Probenziehung wurde der Mangel nicht deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht. Die Probe wurde im Expeditkühlraum im oben angeführten Betrieb für den Verkauf bereitgehalten und befand sich daher im Verkehr.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

 

§ 90 Abs. 1 Z. 2 i.V.m. § 5 Abs. 5 Z. 3 i.V.m. § 5 Abs.1. Z.2 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes - LMSVG, BGBl.Nr. 13/2006 i.d.g.F.

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung verhängte die belangte Behörde über den Bf gemäß § 90 Abs 1 Z 2 LMSVG eine Geldstrafe von 500 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 25 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden 50 Euro (10 % der Geldstrafe) und als Ersatz der Barauslagen für Lebensmitteluntersuchung 608,30 Euro vorgeschrieben.

 

I.2. Zur Begründung führte die belangte Behörde wie folgt aus,

„Begründung:

 

Aufgrund der Anzeige vom 07. März 2014 durch das Amt der Oberösterreichischen Landesregierung wegen des Verdachts der Übertretung des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes wurde gegen den für diese Verwaltungsübertretung benannten Verantwortlichen der Firma H Fleischwaren GmbH wurde ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet.

 

Die Verwaltungsübertretung wurde Ihnen mit Strafverfügung vom 07. April 2014 zur Last gelegt.

 

Mit Schreiben vom 22. April 2014 erhoben Sie nunmehr vertreten durch den Rechtsanwalt Dr. M M gegen diese Strafverfügung Einspruch mit folgender Begründung:

 

"Auf dem Etikett der beanstandeten Ware war aufgedruckt und klar ersichtlich, dass diese Ware nicht nach dem Kodex hergestellt und ausschließlich für die Weiterverarbeitung bestimmt war. Es liegt daher keine Verfälschung vor. Eine Verfälschung liegt nämlich dann nicht vor, wenn „dieser Umstand deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht ist" § 5 Abs. 1 22 LMSVG. Dies wurde durch die Etikettierung eindeutig durchgeführt. "

Es liegt daher kein Verstoß gegen § 5 Abs. 5Z 3 LMSVG vor und wurde diese Gesetzesstelle falsch angewandt.

Das Produkt gibt keinerlei Anlass zur Beanstandung. Es fehlt dem Beschuldigten insbesondere auch die subjektive Tatseite.

Im Ermittlungsverfahren sind keine neuen Tatsachen und Beweise hervorgekommen, weshalb von der Behörde über den Verfahrensgegenstand entschieden wird.

 

Die Behörde geht von folgendem entscheidenden Sachverhalt aus:

 

Anlässlich einer am 14.11.2013 um 12:09 Uhr durch ein Aufsichtsorgan gem. § 24 LMSVG durchgeführten Kontrolle wurde im Betrieb" H Fleischwaren GmbH,  die nachstehend angeführte Probe entnommen und von der österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH, Institut für Lebensmitteluntersuchung (AGES) untersucht und wie folgt beurteilt: (AGES Gutachten vom 13. Februar 2014 mit der Auftragsnummer 13123037.)

 

Probe

U Zahl vom

Mangel

Probenzeichen

Aufschnitt 2/3 V. Krakauer Wiener Extra

13123037-001 13.02.2014

Verfälscht gem. § 5 Abs. 5Z3 LMSVG

4006MAYW0182/13

 

Zum Zeitpunkt der Probenziehung wurde der Mangel nicht deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht. Die Probe wurde im Expeditkühlraum für den Verkauf bereitgehalten und befand sich daher im Verkehr. Die Beobachtungen wurden im Rahmen einer dienstlichen Wahrnehmung gemacht.

 

[...]

 

Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat erwogen:

 

Gemäß § 5 Abs. 1 Z. 2 LMSVG ist es verboten, Lebensmittel, die verfälscht oder wertgemindert sind, ohne dass dieser Umstand deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht ist, in Verkehr zu bringen.

 

Gemäß § 5 Abs. 5 Z. 3 LMSVG sind Lebensmittel verfälscht, wenn ihnen wertbestimmende Bestandteile, deren Gehalt vorausgesetzt wird, nicht oder nicht ausreichend hinzugefügt oder ganz oder teilweise entzogen wurden, oder sie durch Zusatz oder Nichtentzug wertvermindernder Stoffe verschlechtert wurden, oder ihnen durch Zusätze oder Manipulationen der Anschein einer besseren Beschaffenheit verliehen oder ihre Minderwertigkeit überdeckt wurde, oder wenn sie nach einer unzulässigen Verfahrensart hergestellt wurden.

 

Gemäß § 90 Abs. 1 Z. 2 LMSVG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 20 000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 40 000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer Lebensmittel, die wertgemindert oder verfälscht sind, wenn dieser Umstand nicht deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht ist in Verkehr bringt,.

 

Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Nach § 9 Abs. 2 VStG sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

 

Aus der von der Firma H Fleischwaren GmbH vorgefegten Bestellungsurkunde geht eindeutig hervor, dass Sie als verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs. 2 VStG bestellt wurden. Die Bestellung entspricht auch den inhaltlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 4 VStG -Zustimmung durch den Bestelften, Festlegung eines klar abgegrenzten Verantwortungsbereich und eine entsprechende Anordnungsbefugnis. Somit wurde die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit rechtswirksam auf Sie als beauftragten sonstigen Verantwortlichen übertragen.

 

 

Beim Produkt "Aufschnitt 2/3 V. Krakauer Wiener Extra" handelt es sich unbestritten um ein Lebensmittel, das unter den Geltungsbereich des LMSVG fällt (§ 3 Z. 1 LMSVG i.V.m. Art. 2 VO (EG) 178/2002, ABl 2002 L 31/1 idF ABI 2009 L 188/14: "alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden.").

 

Nach § 3 Abs. 9 erster Satz LMSVG ist der Begriff des "Inverkehrbringes" im Sinne des LMSVG grundsätzlich jenem des Art, 3 Z. 8 der Verordnung (EG) 178/2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EU-LMVO) gleichzusetzen.

 

Nach Art. 3 Z. 8 EU-LMVO gilt 1.) das Bereithalten von Lebensmitteln für Verkaufszwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jeder anderen Form der Weitergabe, gleichgültig, ob unentgeltlich oder nicht; 2.) der Verkauf; 3.) der Vertrieb; sowie 4.) jede andere Form der Weitergabe selbst jeweils als ein Inverkehrbringen.

 

Gemäß § 3 Z. 9 sechster Satz LMSVG liegt allerdings in diesem Fällen jeweils dann kein Inverkehrbringen vor, wenn sichergestellt ist, dass die Ware in ihrer den lebensmittelrechtlichen Vorschriften nicht entsprechenden Beschaffenheit nicht zum Verbraucher gelangt.

 

Wie oben bereits angeführt, liegen die im Spruch angeführten Mängel vor, die Probe an sich ist genussfähig.

Es wird dabei auf das Gutachten der AGES verwiesen.

 

Der maßgebliche Sachverhalt ist durch die lebensmittelpolizeiliche Kontrolle des Lebensmittel­aufsichtsorgans des Landes Oberösterreich sowie das Gutachten der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH, zweifelsfrei erwiesen und Sie haben den Tatbestand der Ihnen angelasteten Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 5 Z. 3 i.V.m. § 5 Abs. 1 Z. 2 LMSVG in objektiver Hinsicht erfüllt.

 

Wie oben angeführt, sind Sie verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs. 2 VStG und somit verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich für die Ihnen angelastete Übertretung, weshalb Sie die Übertretung auch in subjektiver Hinsicht zu vertreten haben.

 

Ihre Rechtfertigungsangabe hinsichtlich des Hinweises, dass das Etikett darauf hinwies, dass die Ware nicht nach Kodex hergestellt sei, geht ins Leere. Dies deshalb, da sich auf dem Etikett kein derartiger Hinweis befindet.

 

Das LMSVG sieht hinsichtlich des Verschuldens keine Regelung vor. Es kommt daher § 5 Abs. 1 VStG zum Tragen, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist immer dann anzunehmen, wenn einem Verbot zuwidergehandelt wird oder ein Gebot nicht befolgt wird und zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft machen kann, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Einen Schuldentlastungsbeweis in subjektiver Hinsicht im Sinne der vorstehenden Gesetzesbestimmung vermochten Sie nicht zu erbringen. Es war Ihnen daher zumindest Fahrlässigkeit vorzuwerfen.

 

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

§ 90 Abs. 1 Z 2 LMSVG sieht einen Strafrahmen von bis zu 20.000 Euro, im Wiederholungsfall bis 40.000 Euro vor.

 

Nach Abwägung der vorliegenden Umstände erscheint die verhängtet Geldstrafen gemäß § 90 Abs. 1 Z. 2 LMVSG bei einem Strafrahmen bis zu 40.000,-- Euro im Wiederholungsfall (§ 90 Abs. 1 Z. 2 LMSVG) auch im Hinblick auf Ihre einschlägigen Verwaltungsvormerkungen mehr als angemessen. Die Strafhöhe ist aus spezialpräventiven und generalpräventiven Überlegungen zu rechtfertigen, zumal sie im unteren Bereich des Strafrahmens liegt und war zu verhängen, um Sie von weiteren Übertretungen dieser Art abzuhalten.

 

Überdies war zur berücksichtigen, dass die Probe genusstauglich war und somit keine gesundheitliche Gefährdung darstellte. Die Behörde erachtet die verhängten Geldstrafen daher als tat- und schuldangemessen.

 

In einem Parallelverfahren wurden von der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familien-verhältnisse, welche gemäß § 19 VStG zu berücksichtigen sind, wie folgt eingeschätzt: monatliches Nettoeinkommen 2.500 €, durchschnittliches Vermögen, keine Sorgepflichten. Diese Annahme wurde von Ihnen im Zuge des Verfahrens nicht korrigiert und somit der Strafbemessung zugrunde gelegt.

 

Als     erschwerend     werden     Ihre     einschlägigen     Verwaltungsvormerkungen     nach lebensmittelrechtlichen Vorschriften gewertet.

Milderungsgründe traten im Verfahren nicht zu Tage.

 

Der Ausspruch über den Ersatz der Untersuchungskosten der AGES ist in der oben angeführten Gesetzesstelle begründet.

 

Die Vorschreibung der Verfahrenskosten ist in der bezogenen Gesetzesstelle begründet.

 

Nach Abwägung der vorliegenden Umstände erscheint die verhängte Geldstrafe bzw. die Ersatzfreiheitsstrafe bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe, welche sich im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens befindet, angemessen und ist nach Ansicht der Behörde geeignet, Sie von weiteren Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.“

 

 

II.1. Gegen das am 20. Jänner 2015 dem Rechtsvertreter des Bf zugestellte Straferkenntnis vom 6. November 2014 richtet sich die Beschwerde vom 17. Februar 2015, mit der primär die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens angestrebt wird.

 

In seiner rechtzeitigen Beschwerde führte der Bf aus, es sei gänzlich unzutreffend, dass eine als verfälscht zu beurteilende Probe in Verkehr gebracht worden sei. Das Straferkenntnis sei nicht hinreichend bestimmt. Es sei nicht festgestellt worden, wodurch das Inverkehrbringen stattgefunden habe. Darüber hinaus liege auch keine Verfälschung vor. Dies sei dann nicht der Fall, wenn „dieser Umstand deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht sei“. Dies sei durch die Etikettierung eindeutig durchgeführt worden. Darüber hinaus sei die Ware nicht in Verkehr gebracht worden. Die Ware sei auch nicht für den Letztverbraucher bestimmt, da die H Fleischwaren GmbH nicht an Letztverbraucher, sondern lediglich an Zwischenhändler oder Gastronomiebetriebe, die die Ware weiterverarbeiten würden, liefere. Es liege kein Verstoß gegen § 5 Abs. 5 Z 3 LMSVG vor und sei die Gesetzesstelle falsch angewendet worden. Das Produkt gebe keinerlei Anlass zur Beanstandung.

 

Der Beschwerdeführer stellte die Anträge, eine mündliche Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht anzuberaumen, der Beschwerde Folge zu geben und das Strafverfahren einzustellen bzw. der Beschwerde Folge zu geben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die belangte Behörde zurück zu verweisen.

 

II.2. Die belangte Behörde legte den Verwaltungsakt mit Vorlageschreiben vom  27. Februar 2015 dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vor, ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen.

 

 

III.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den gegenständlichen Verfahrensakt der Bezirks-hauptmannschaft Urfahr-Umgebung zu SanRB96-18-2014-Bd. Bereits aus dem Verfahrensakt ergibt sich, dass das gegenständliche Straferkenntnis aufzuheben ist, sodass gemäß § 44 Abs 2 VwGVG auf eine Verhandlung verzichtet werden konnte.

 

Zum wesentlichen Sachverhalt kann auf den Spruch und die Feststellungen der belangten Behörde verwiesen werden. Er ist bis auf die unzutreffende Beschwerdebehauptung der Kenntlichmachung des Mangels in der Etikettierung unbestritten. Das aktenkundig von der AGES abgelichtete Etikett enthält keinen Hinweis zur Frage der Konformität mit dem Codex bzw ÖLMB, ebenso wenig wie zur behaupteten Lieferung nur an Zwischenhändler oder Gastronomiebetriebe zur Weiterverarbeitung. Abgesehen davon waren lediglich Rechtsfragen zu klären.

Der Beschwerdeführer wurde am 1.12.2000 zum verantwortlichen Beauftragten für die H Fleischwaren GmbH bestellt und hat dieser Bestellung zugestimmt. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer verantwortlicher Beauftragter ist, ist gerichtsbekannt.

 

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorliegenden Verfahrensakt.

 

III.2. Im Folgenden werden zum besseren Verständnis die gegenständlich relevanten Passagen im Österreichischen Lebensmittelbuch, IV. Auflage, Codexkapitel B 14 Fleisch und Fleischerzeugnisse auszugsweise wiedergegeben:

 

B.2 Herstellung

B.2.1 Allgemeines

Würste werden aus genußtauglichem Fleisch von nach dem Lebensmittelsicherheits­und Verbraucherschutzgesetz untersuchten Tieren hergestellt.

 

Von den tauglichen Teilen des Schlachtkörpers werden Knochen, Knorpel (Kehlkopf, Luftröhre u. dgl.) sowie Nackenband, große Gefäßstämme, Harnblase, Darmfett, Därme und Rindergekröse - ausgenommen Kalbsgekröse -, Hirn, Rückenmark und Milz auch bei Innereienwürsten der Wurstmasse nicht zugesetzt.

 

Separatorenfleisch wird bei der Herstellung von Brät- und Fleischwürsten der Sorte 1, Kochwürsten der Sorte 1 und Pasteten einschließlich Pastetenkonserven nicht ver­wendet.

Separatorenfleisch ist ein Erzeugnis, das durch Ablösung des an fleischtragenden Knochen nach dem Entbeinen bzw. an den Geflügelschlachtkörpern (d. h. an der aus­gelösten Karkasse) haftenden Fleisches auf maschinelle Weise so gewonnen wird, dass die Struktur der Muskelfasern sich auflöst oder verändert wird.

 

[...]

 

B.2.4 Brät

 

Brät ist ein durch intensive Zerkleinerung von Fleisch unter Schüttung von Wasser (Eis) und Zusatz von Nitritpökelsalz oder Kochsalz und Salpeter ("rotes Brät") oder unter Zusatz von Kochsalz ("weißes Brät") hergestelltes Zwischenprodukt bei der Fleischwarenherstellung. Bei der Brätherstellung geht unter dem Einfluss der Salze Muskeleiweiß in Lösung, wodurch bei der späteren Erhitzung die zusammenhängen­de Koagulation unter Einschluss des Fettes und des Wassers gewährleistet wird.

 

Brät für Fleischwürste (Richtwerte):

 

Brät 30:       77 % Rindfleisch und/oder Schweinefleisch 23 % Wasser

 

Brät 40:      71 % Rindfleisch und/oder Schweinefleisch 29 % Wasser

 

Brät 50:      67 % Rindfleisch und/oder Schweinefleisch 33 % Wasser

 

Fleischsorten für Brate:

Sorte I für Fleischwürste  Sorte 1

Sorte II für Fleischwürste  Sorten 2 und 3

 

B.2.5 Wasserzusatz

Hinsichtlich des Wasserzusatzes bei Brühwürsten ist zu bemerken, dass dieser in Be­zug auf einen bestimmten Wassergehalt des Endproduktes nicht exakt festgelegt werden kann, da auch bestimmte Behandlungsarten auf den Wassergehalt des End­produktes Einfluss haben. Die in den Richtlinien angegebenen Wasserzusätze gelten nur unter der Bedingung, dass die Brüh-, Raucher- und Trocknungsverluste nicht ge­ringer sind als bei der üblichen Herstellungsweise.

 

So sind beispielsweise bei der Verwendung von wenig oder nicht wasserdampfdurch­lässigen Wursthüllen oder bei verkürzten Räucherzeiten u. dgl. die Wasserzusätze entsprechend zu verringern, um eine Überschreitung des Grenzwertes für das Was-ser:Eiweiß-Verhältnis zu verhindern.

 

B.2.6 Abtrocknung

Bei Würsten, für welche eine bestimmte Trocknung gefordert ist, wird diese durch stichprobenweises Wiegen von Würsten jeder einzelnen Herstellungscharge geprüft. Die Prüfung der Konsistenz der Würste durch Betasten ist keine geeignete Methode, um den Trocknungsgrad ausreichend exakt beurteilen zu können.

B.2.7 Speckzusatz

Für die Unterscheidung von Speck ) (Rückenspeck) und Speck 11 (Speck ohne Rücken­speck) gelten hinsichtlich des Kollagenwertes, des WassenEiweiß-Verhältnisses und des Fettgehaltes die unter G.1.1.2 angeführten Richtwerte.

 

B.2.8 Bindegewebegehalt im Ausgangsmaterial

Hinsichtlich Auswahl und Bearbeitung ist grundsätzlich Fleisch entsprechend den Richtlinien dieses Kapitels für die betreffende Wurstsorte zu verwenden. Zusätze an bindegewebsreichem Material sind nur zulässig, wenn dies ausdrücklich in den Richtlinien angegeben ist. Wenn jedoch besser ausgeschnittenes Fleisch verwen­det wird, als diese Richtlinien vorsehen, so darf lediglich das über das notwendige Ausmaß hinaus entfernte Bindegewebe nachträglich wieder zugesetzt werden.

 

B.3 entfällt

 

B.4 Herstellungsrichtlinien für Würste

B.4.1. Allgemeines

In diesen Richtlinien werden für die einzelnen Wurstsorten lediglich jene Ausgangs­materialien nach Art und Menge angegeben, die für die erforderliche Beschaffenheit des fertigen Produktes charakteristisch sind. Die Richtlinien sind beispielhafter Natur; gewisse Variationen sind möglich, sofern dadurch die Grenzwerte nicht unter- bzw. überschritten werden. Dies bedeutet, dass Fleisch der in den Herstellungsrichtlinien angegebenen Tierart durch Fleisch einer anderen Tierart unter Einhaltung der Grenz­werte ersetzt werden kann (siehe auch B.1.1.1)

 

B.4.2 Brühwürste

Brühwürste und gebratene Würste sind aus Brät oder unter Mitverwendung von Brät unter Zugabe von Gewürzen hergestellte Würste, die einer Erhitzung unterzogen werden. Man un­terscheidet Brät- und Fleischwürste.

 

Hinsichtlich des Wasserzusatzes siehe B.2.5.

 

Bei bestimmten Brät- und Fleischwürsten kann pflanzliche Stärke, bei Würsten der Sorte 3 auch eine bestimmte Menge Salzstoß und bei Brätwürsten der Sorte 3 und Fleischwürsten der Sorte 3 b) Herzmuskulatur zugesetzt werden. Bei Speckwurst und Mortadella besteht die sichtbare Einlage aus Speckstücken.

[...]

B.4.2.1 Brätwürste

[...]

B.4.2.2 Fleischwürste

Diese enthalten mehr oder weniger grob zerkleinertes, gepökeltes Fleisch und je nach Wurstsorte auch mehr oder weniger grob zerkleinerten Speck, wobei in der Regel der Zusammenhalt der Fleischeinlage durch Brät gewährleistet wird.

 

B.4.2.2.1 Gebratene Würste

Diese unterscheiden sich von Brühwürsten dadurch, dass sie einer trockenen Erhit­zung in Verbindung mit einer Räucherung ("Braten") unterzogen wurden; ihre Haltbarkeit hängt vom Trocknungsgrad ab (siehe auch G. 1.2.4).

B.4.2.2.2 Dauerwürste

[...]

B.4.2.2.3 Rohe Bratwürste

[...]

B.4.2.2.4 Einteilung der Fleischwürste

 

Sorte 1 a):      Schinkenwurst mit hervorhebender Bezeichnung, Krakauer mit

hervorhebender Bezeichnung.

Sorte 1 b):      Schinkenwurst und Krakauer;

Göttinger, Bierwurst, Bierkugel;

Schweinskrainer, Schinkenwürstel u.dgl.;

Wiener Spezial.

Sorte 2 a):      Polnische Speziai, Polnische mit hervorhebender Bezeichnung, Beski-

den;

Wiener, Mährische, Würste mit Phantasiebezeichnungen;

Krainer, burgenländische Hauswürstel, Selchwürstel, Schweinswürstel

u.dgl.;

Mortadella;

Lyoner, Aufschnittwurst; Schinkenleberkäse;

Fleisch- oder Leberkäse nach bayrischer Art;

Bratwürste, gebrüht oder roh, Rostbratwürste, Grillwürstel.

Sorte 2 b):      Polnische;

Tiroler;

Käsewurst;

Debreziner;

Cabanossi, Bierstangerl u.dgl.

Sorte 2 c):                Speckwurst.

 

Sorte 3 a):      Waldviertler, Rauchwurst, Rauchdürre, im Kranz (rund) oder abgepasst;

Dürre in Stangen, doppelt geräuchert.

Türkische Wurst, Sucuku und dergleichen

 

Sorte 3 b): Jausenwurst, Braunschweiger, Dürre, alle in Stangen;

 

Bezüglich fettarmer Fleischwürste siehe B.4.4.

 

Im Einzelnen gelten für das zu verwendende Ausgangsmaterial folgende Richtlinien:

 

Sorte 1a)

Schinkenwurst mit hervorhebender Bezeichnung, Krakauer mit hervorhebender Bezeichnung:

85 Teile gepökeltes, sehnenarmes Schweinefleisch I, grob gestückt

15 Teile Brät 30.

 

Schinkenwurst mit hervorhebender Bezeichnung enthält als Einlagefleisch nur mageres Schweinsschlögelfleisch.

 

Auf 100 Teile Wurstmasse kann bis zu 1 Teil Kartoffelstärke zugesetzt werden.

Sorte 1b)

Schinkenwurst und Krakauer:

70 Teile gepökeltes, sehnenarmes Schweinefleisch I grob gestückt

30 Teile Brät 30

Schinkenwurst enthält als Einlagefleisch nur mageres Schweinschlögelfleisch.

Auf 100 Teile Wurstmasse kann bis zu 1Teil Kartoffelstärke zugesetzt werden.

 

Göttinger, Bierwurst und Bierkugel:

45 Teile Schweinefleisch l und/oder Rindfleisch I

25 Teile Speck I

30 Teile Brät 30

 

Schweinskrainer, Schinkenwürstel u.dgl.:

65 Teile Schweinefleisch I

25 Teile Speck I

10 Teile Brät 30

Schinkenwürstel enthält als Einlagefleisch nur mageres Schweinschlögelfleisch.

Wiener Spezial:

45 Teile Schweinefleisch I und/oder Rindfleisch I

25 Teile Speck I

30 Teile Brät 30

Wiener Spezial wird stets gebraten.

Sorte 2 a)

Polnische Spezial, Polnische mit hervorhebender Bezeichnung und Beskiden:

50 Teile Schweinefleisch I, teilweise auch Rindfleisch I

25 Teile Speck I

25 Teile Brät 30

Würste dieser Sorte werden stets gebraten.

Wiener und Mährische:

45 Teile Schweinefleisch I, wovon bis zu 10 Teile grob entsehntes Stelzenfleisch sein

können, und/oder Rindfleisch I

25 Teile Speck I

30 Teile Brät 30

 

[...]

 

G. GRENZWERTE

 

G.1. Tabellen

 

[...]

 

G.1.2.1.1 Brätwürste mit wasserreichen pflanzlichen Einlagen

Bei Brätwürsten mit mindestens 10 % wasserreichen pflanzlichen Einlagen, wie Champig­nons, Pflaumen, Oliven, liegt der Grenzwert für das Wasser:Eiweiß-Verhältnis um 0,5 über dem nach der Bezeichnung gleichen Produkt ohne Einlage. Die übrigen Grenzwerte entspre­chen jener Wurstsorte, nach welcher sie bezeichnet sind.

 

Wurstsorte

Kollagen­freies Eiweiß in%

Kollagen-     Wasser: wert     1   Eiweiß

Fett: Eiweiß

pflanzl. Stärke berechnet als Kar­toffel­stärke in %

Sichtbare Muskel­fleischein­lage in Vol.-%

Sichtba­res Fettge­webe

in Vol.-%

G.l.2.2 Fleischwürste

Sorte 1

a)  Schinkenwurst mit her­vorhebender Bezeich­nung, Krakauer mit her­vorhebender Bezeich­nung

18

10

3,6

0,6

1,5

75

5

Schinkenwurst mit her­vorhebender Bezeich­nung, Krakauer mit her­vorhebender Bezeich­nung in wasserdampfun-durchlässigen Hüllen

18

10

3,8

0,6

1,5

75

5

b) Schinkenwurst, Krakauer*

15,5

12

3,8

0,9

1,5

60

12

Schinkenwurst, Krakauer in wasserdampfundurch-lässigen Hüllen

15,5

12

4,0

0,9

1,5

60

12

Göttinger, Bierwurst, Bier­kugel

13

15

3,6

2,0

-

 

 

Schweinskrainer, Schin­kenwürstel u.dgl

15

15

3,0

2,3

-

 

 

Wiener Spezial

15

15

2,8

2,2

-

 

 

Sorte 2

a) Polnische Spezial, Polni­sche mit hervorhebender Bezeichnung und Beskiden

14

16

3,0

2,2

-

 

 

Wiener*, Mährische

12

18

3,4

2,4

-

 

 

Krainer, Hauswürstel, Selchwürstei, Schweins­würstel u.dgl.

12

18

3,3

2,4

-

 

 

Wurstsorte

Kollagen-freies Ei­weiß in %

Kollagen­wert

Wasser: Eiweiß

Fett: Eiweiß

pflanzl. Stär­ke berech­net als Kar-toffelstärke3 in 96

Sichtbare Muskel­fleischeinla­ge in Voi.-%

 
Mortadella                                              12

18

3,4

2,6

-

 

 
Lyoner*, Aufschnittwurst+*,

11

16

4,2

2,3

-

20

 
Schinkenleberkäse

14

13

4,0

1,5

3

(gebraten) 2

(gedämpft)

50

 
Fleisch- oder Leberkäse nach bayrischer Art

10

16

5,2

2,2

6

 

 
Bratwürste, gebrüht oder roh, Rostbratwürste Grillwürstel

11

17

4,3

2,3

-

 

 
b) Polnische

13

20

3,0

2,4

-

 

 
Tiroler*

11

20

3,7

2,4

-

 

 
Käsewu rst

Grenzwerte der Wurstmasse nach Entfernen der Käseeinlage wie Tiroler

 
Debreziner

11

18

3,8

2,6

1

 

 
Cabanossi, Bierstangerl u. dgl.

16

20

1,2

2,4

-

 

 
c) Speckwurst

-

-

3,7

-

4

 

 
Sorte 3

 

 

 

 

 

 

 
a) Waldviertier, Rauchwurst und Rauchdürre im Kranz (rund) oder abgepasst; Türkische Wurst, Sucuku und dgl."

11

28

3,0

2,7

-

 

 
Dürre in Stangen, doppelt geräuchert

11

28

3,0

2,7

3,5

 

 
b) Jausenwurst, Braunschweiger und Dürre, alle in Stangen O

10

30

3,7

2,7

3

 

 
* Wenn das kollagenfreie Eiweiß mehr als 2 %-Punkte über dem Grenzwert liegt, ist der Grenzwert für

das WassenEiweiß-Verhälnis um 0,2 höher. + Champignonaufschnittwurst enthält mindestens 10 % Champignoneiniage;

die Champignoneinlage wird zur Analyse nicht entfernt

Für türkische Wurst, Sucuku und dgl. gelten diese Grenzwerte auch, wenn sie als Rohwurst in Ver­kehr gebracht werden,

O Der histometrisch ermittelte Volumenanteil an Herzmuskulatur in der fettfreien Masse darf 2 % nicht überschreiten.

„Rauchdürre" wird wie „Rauchwurst" beurteilt. „Rauchdürre in Stangen" hat einer Fleischwurst der

Sorte 2a} zu entsprechen. „Zigeunerdürre" wird als Fleischwurst mit Phantasiebezeichnung (Sorte 2a) beurteilt.

 

[...]

 

G.2 Toleranzen

 

Die Untersuchungen im Sinne von G.1 sind in Doppelbestimmung durchzuführen und die angegebenen Toleranzen anzuwenden

 

 

Kollagen-freies Eiweiß

in % des Grenz­wertes

Kol lagen -wert in % des Grenz­wertes

Wasser: Eiweiß

Fett: Eiweiß

Fettge­halt in %-Punkten

Fleisch-(Wurst-) einlage in %-Punkten

Panade in Þs Panade-anteiles 1

G.2.1 Formfleisch, Faschiertes und Zubereitungen aus Faschiertem

Rind-, Schweine- oder Geflügelfleisch geformt

-

10

0,2

-

2

-

10

Döner Kebab (Döner Ke-bap), Gyros; Faschiertes-drehspieß nach Döner-Kebab-Art (Döner-Kebap-Art)

 

10

0,2

 

3

 

 

Döner Kebab (Döner Ke-bap) aus Geflügelfleisch

 

10

0,2

 

3   .

 

 

mageres Faschiertes

-

20

-

-

3

-

10

reines Rinder-Faschlertes

-

20

 

-

3

-

10

Faschiertes mit Schwei-nefleischanteil („ge­mischtes Faschiertes", „Faschiertes gemischt")

-

10

-

-

3

-

10

Faschiertes von anderen Tierarten

-

10

-

-

3

-

10

G.2.2 Fleischerzeugnisse

Brät-und Fleischwürste, Pasteten, streichfähige Kochwürste, Rohwürste und Geflügelfleischer­zeugnisse

3

10

0,2

0,2

2

_

-   .

Schnittfeste Kochwürste

-

-

-

-

-

5

-

Beefblock, Rind- fleisch in Aspik oder Gelee

3

-

-

-

-

-

-

Kochpökelwaren ein­schließlich Geflügel­kochpökelwaren

 

 

0,2

 

 

 

 

Rohpökelwaren

 

 

0,2

 

 

 

 

Fülle für gefüllte Teigwa­ren

10

20

 

 

 

 

 

Fleischkonserven

3

10

0,2

0,2

2 *

-

-

Panade

 

 

 

 

 

 

10

*bei Rind- und Schweinefleisch im eigenen Saft

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

IV.1. Rechtliche Grundlagen

 

§ 3 Z9 LMSVG lautet:

 

Begriffsbestimmungen

§ 3. Für dieses Bundesgesetz gelten folgende Begriffsbestimmungen:

9. Inverkehrbringen: Inverkehrbringen gemäß Art. 3 Z 8 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002. Art. 3 Z 8 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 gilt sinngemäß für Gebrauchsgegenstände, wobei ein Inverkehrbringen von Spielzeug dann nicht vorliegt, wenn sichergestellt ist, dass das Spielzeug in seiner den lebensmittelrechtlichen Vorschriften nicht entsprechenden Beschaffenheit nicht zum Verbraucher gelangt. Art. 3 Z 8 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 gilt sinngemäß auch für kosmetische Mittel, wobei ein Inverkehrbringen dann nicht vorliegt, wenn es sich um die Anwendung am Endverbraucher im Rahmen der Berufsausübung handelt. Für Wasser für den menschlichen Gebrauch gilt auch die Abgabe zum Zweck der Gemeinschaftsversorgung als Inverkehrbringen, sofern diese nicht im Rahmen des familiären Verbandes erfolgt.

Davon abweichend ist als Inverkehrbringen bei ursprünglich auf Grund des Lebensmittelgesetzes 1975 – LMG 1975, BGBl. Nr. 86, erlassenen Verordnungen das Gewinnen, Herstellen, Behandeln, Einführen, Lagern, Verpacken, Bezeichnen, Feilhalten, Ankündigen, Werben, Verkaufen, jedes sonstige Überlassen und das Verwenden für andere zu verstehen, sofern es zu Erwerbszwecken oder für Zwecke der Gemeinschaftsversorgung geschieht. Bei Beurteilung einer Ware ist jedoch auch zu berücksichtigen, ob sich ihre etwaige den lebensmittelrechtlichen Vorschriften gemäß Z 13 nicht entsprechende Beschaffenheit bloß aus der Besonderheit jener Phase des Inverkehrbringens ergibt, aus der sie stammt. Ein Inverkehrbringen liegt nicht vor, wenn sichergestellt ist, dass die Ware in ihrer den lebensmittelrechtlichen Vorschriften nicht entsprechenden Beschaffenheit nicht zum Verbraucher gelangt. Die Befugnisse der Aufsichtsorgane gemäß §§ 35, 39 und 41 bleiben davon unberührt.

 

§ 5 Abs 1 LMSVG lautet:

 

Lebensmittel

Allgemeine Anforderungen

 

§ 5. (1) Es ist verboten, Lebensmittel, die

1. nicht sicher gemäß Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 sind, d.h. gesundheitsschädlich oder für den menschlichen Verzehr ungeeignet sind, oder

2. verfälscht oder wertgemindert sind, ohne dass dieser Umstand deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht ist, oder

3. den nach den § 4 Abs. 3, §§ 6 oder 57 Abs. 1 erlassenen

Verordnungen nicht entsprechen,

 

in Verkehr zu bringen.

 

§ 5 Abs 2 LMSVG lauten:

 

(2) Es ist verboten, Lebensmittel mit zur Irreführung geeigneten Angaben in Verkehr zu bringen oder zu bewerben. Zur Irreführung geeignete Angaben sind insbesondere

1. zur Täuschung geeignete Angaben über die Eigenschaften des Lebensmittels, wie Art, Identität, Beschaffenheit, Zusammensetzung Menge, Haltbarkeit, Ursprung oder Herkunft und Herstellungs- oder Gewinnungsart;

2. Angaben von Wirkungen oder Eigenschaften, die das Lebensmittel nicht besitzt;

3. Angaben, durch die zu verstehen gegeben wird, dass das Lebensmittel besondere Eigenschaften besitzt, obwohl alle vergleichbaren Lebensmittel dieselben Eigenschaften besitzen.

 

§ 5 Abs 5 Z 3 LMSVG:

 

(5) Lebensmittel sind

 

3. verfälscht, wenn ihnen wertbestimmende Bestandteile, deren Gehalt vorausgesetzt wird, nicht oder nicht ausreichend hinzugefügt oder ganz oder teilweise entzogen wurden, oder sie durch Zusatz oder Nichtentzug wertvermindernder Stoffe verschlechtert wurden, oder ihnen durch Zusätze oder Manipulationen der Anschein einer besseren Beschaffenheit verliehen oder ihre Minderwertigkeit überdeckt wurde, oder wenn sie nach einer unzulässigen Verfahrensart hergestellt wurden;

 

§ 90 Abs 1 LMSVG lautet:

 

Verwaltungsstrafbestimmungen

Tatbestände

§ 90. (1) Wer

1. Lebensmittel, die für den menschlichen Verzehr ungeeignet oder mit irreführenden oder krankheitsbezogenen Angaben versehen sind, oder in irreführender oder krankheitsbezogener Aufmachung,

2. Lebensmittel, die wertgemindert oder verfälscht sind, wenn dieser Umstand nicht deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht ist,

3. Gebrauchsgegenstände, die für den bestimmungsgemäßen Gebrauch ungeeignet oder mit irreführenden oder krankheitsbezogenen Angaben versehen sind, oder in irreführender oder krankheitsbezogener Aufmachung,

4. kosmetische Mittel, deren bestimmungsgemäße Verwendbarkeit nicht gewährleistet ist oder die mit irreführenden Angaben oder verbotenen krankheitsbezogenen Angaben versehen sind, oder in irreführender oder verbotener krankheitsbezogener Aufmachung,

5. Gebrauchsgegenstände, die bei bestimmungsgemäßem Gebrauch geeignet sind, Lebensmittel derart zu beeinflussen, dass diese für den menschlichen Verzehr ungeeignet oder wertgemindert sind,

6. Gebrauchsgegenstände, die bei bestimmungsgemäßem Gebrauch geeignet sind, kosmetische Mittel derart zu beeinflussen, dass deren bestimmungsgemäße Verwendbarkeit nicht gewährleistet ist oder sie wertgemindert sind,

 

in Verkehr bringt, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 50 000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 100 000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Bei vorsätzlichen Verstößen gegen Z 1 und 2, die in Kenntnis der Rechtwidrigkeit des Handelns begangen werden, ist, sofern die Folgen der Übertretung nicht unbedeutend sind, eine Geldstrafe in der Höhe von zumindest 700 Euro, bei Wiederholung von 4000 Euro festzusetzen. Im Fall der Uneinbringlichkeit ist eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen festzusetzen.

 

IV.2. Zum Inverkehrbringen:

 

Gemäß § 3 Z 9 LMSVG iVm Art 3 Z 8 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 bezeichnet der Ausdruck "Inverkehrbringen" das Bereithalten von Lebensmitteln oder Futtermitteln für Verkaufszwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jeder anderen Form der Weitergabe, gleichgültig, ob entgeltlich oder nicht, sowie den Verkauf, den Vertrieb oder andere Formen der Weitergabe selbst.

 

 "Inverkehrbringen" in diesem Sinne umfasst das Bereithalten von Lebensmitteln für Verkaufszwecke "einschließlich ... jeder anderen Form der Weitergabe, gleichgültig ob entgeltlich oder nicht".

 

Auch das Bereithalten für jede andere Form der Weitergabe als den Verkauf im eigentlichen Sinn fällt somit unter den Begriff des "Inverkehrbringens" (VwGH 26.09.2011, Zl. 2007/10/0204). Die belangte Behörde hat dem Bf in ausreichender Weise vorgehalten, die ggst. Ware im Expeditkühlraum für den Verkauf bereitgehalten zu haben. Das Bereithalten im Warenausgang, das die Weitergabe an Erwerber (seien es auch andere Unternehmer) oder Transporteure bezweckt, erfüllt die Voraussetzungen des § 3 Z9 LMSVG. Es handelt sich dabei um ein Bereithalten für Verkaufszwecke oder ggf. auch für eine andere Form der Weitergabe.

 

IV.3. Die belangte Behörde wirft dem Bf vor, ein verfälschtes Lebensmittel in Verkehr gebracht zu haben, ohne die wesentlichen Tatmerkmale im Zusammenhang mit der Verfälschung zu beachten.

 

Wie das Oö. Landesverwaltungsgericht schon entschieden hat (vgl etwa LVwG-000062/2/FP/CG vom 18.12.2014) ist für die Verfälschung der Eingriff in die Substanz eines Lebensmittels charakteristisch (vgl VwGH 09.11.1992, Zl. 91/10/0105;). Es werden demnach wertbestimmende Anteile nicht oder nicht ausreichend hinzugefügt oder ganz oder teilweise entzogen. In Frage kommt weiters der Zusatz oder Nichtentzug wertvermindernder Stoffe. Lebensmittel werden darüber hinaus verfälscht, wenn ihnen durch Zusätze oder Manipulationen der Anschein einer besseren Beschaffenheit verliehen oder ihre Minderwertigkeit überdeckt wird oder eine unzulässige Verfahrensart verwendet wird.

 

Eine Verfälschung eines Lebensmittels liegt bspw. dann vor, wenn einem Lebensmittel minderwertige Fremdstoffe zugesetzt werden, deren Vorhandensein in dem Lebensmittel der Käufer nach der Form und Bezeichnung, unter der es feilgehalten und verkauft wird, nicht voraussetzt und auch nicht offenbar erkennen kann (OGH 26.02.1960, Zl. 7 Os290/59).

 

Wesentlich für die Verfälschung ist demnach idR auch, dass sich der Wert des Lebensmittels durch die Handlung oder Unterlassung verschlechtert.

 

Bei der Frage des Kollagengehaltes handelt es sich nach Ansicht des Gerichtes nicht um eine Eigenschaft des Erzeugnisses, das seine Zutaten, sondern vielmehr seine Qualität betrifft (vgl zum BEFFE-Gehalt EuGH 9.2.1999, Rs C-383/97, Van der Laan).

 

Der seinerzeit zuständige OGH ging bspw davon aus, dass Erzeugung und Verkauf einer Schinkenwurst mit einer Fleischeinlage von nur sechzig Prozent (statt 70%) nicht als Verfälschung, sondern als falsche Bezeichnung eines Lebensmittels zu beurteilen war (OGH 24.06.1965, Zl. 9 Os93/65).

 

IV.4. Eine Bestrafung wegen Inverkehrbringens eines verfälschten Produktes gemäß § 90 Abs 1 Z 2 LMSVG setzt voraus, dass dem Täter eine die Verfälschung bewirkende Manipulationshandlung iSd Legaldefinition des § 5 Abs 5 Z 3 LMSVG vorgeworfen werden kann.

 

Alleine der Vorwurf einer Abweichung von einem Grenzwert im ÖLMB reicht für den Vorwurf des Inverkehrbringens eines verfälschten Produktes nicht hin. Zudem muss eine Verschlechterung der Produkteigenschaften feststehen (arg.: „wertbestimmende Bestandteile... , wertvermindernder Stoffe, oder ... Anschein einer besseren Beschaffenheit... Minderwertigkeit...unzulässigen Verfahrensart hergestellt“).

 

Dies bedeutet, dass zwar denkbar ist, dass ein bestimmter Wert zB. aufgrund des Zusatzes oder des Entzugs eines wertbestimmenden Bestandteiles, von der kodifizierten Regel abweicht, es jedoch für einen tauglichen Tatvorwurf nach dem Verfälschungstatbestand nicht hinreicht, sich mit der Feststellung einer Abweichung hinsichtlich dieses bestimmten Wertes zu begnügen. Vielmehr müsste die Behörde entsprechende Nachforschungen darüber anstellen, wodurch die Abweichung hervorgerufen wurde. Erst auf Grund von Ermittlungsergebnisse wäre es möglich festzustellen, ob eine Manipulation iSd § 5 Abs 5 Z 3 LMSVG des Lebensmittels erfolgt sein muss, die zu einer Verschlechterung durch Zusatz oder Nichtentzug wertmindernder Stoffe geführt hat oder mit der der Anschein einer besseren Beschaffenheit verliehen und die Minderwertigkeit überdeckt wird.

 

Den Anforderungen des § 44a Z 1 VStG entsprechend hätte die belangte Behörde dem Beschuldigten eine im Sinne eines Substanzeingriffes vorgenommene Manipulation mit der Folge der deutlichen Verschlechterung des Lebensmittels vorwerfen müssen. Einen konkreten Vorwurf, der Bf habe dem Produkt bestimmte wertbestimmende oder –mindernde Stoffe zugesetzt (vgl dazu oben unter III.2. die Richtlinien für die zu verwendenden Ausgangsmaterialien bei Herstellung der Fleischwürste im Codexkapitel B14 unter B.4.2.2.4) oder eine andere Manipulation im Sinne des § 5 Abs 5 Z 3 LMSVG vorgenommen, hat die belangte Behörde dem Bf aber innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist nicht gemacht. Sie konnte es nach der Aktenlage gar nicht, zumal das Gutachten der AGES insofern keine Aussagen enthält und auch sonst keine aussagekräftigen Ermittlungsergebnisse vorliegen.

 

Die belangte Strafbehörde hat auch keine Feststellungen zur Frage getroffen, ob überhaupt eine Wertverminderung oder eine Herstellung mit einer unzulässigen Verfahrensart vorlag, wie es im letzten Gliedsatz des § 5 Abs 5 Z 3 LMSVG angesprochen wird.

 

IV.5. Wenn man „in dubio pro reo“ die vorgesehenen Toleranzen und Messunsicherheiten zugunsten des Beschuldigten berücksichtigt, dann ergiben sich entsprechend den angegebenen Messunsicherheiten im Gutachten der AGES und den Toleranzen im Codexkapitel B14 unter G.2. folgende gesicherte Zahlenwerte:

 

Wiener

Wasser:Eiweiß-Verhältnis 4,1 – 0,2 Messunsicherheit = 3,9

Grenzwert 3,6 (3,4 + 0,2) + 0,2 Toleranz= 3,8

 

Krakauer

Kollagenwert 15,8 – 1,1 Messunsicherheit = 14,7

Fett:Eiweiß-Verhältnis 1,7 – 0,1 Messunsicherheit = 1,6

 

Grenzwert Kollagen: 12 + 10% Toleranz = 13,2

Grenzwert Fett:Eiweiß-Verhältnis: 0,9 + Toleranz 0,2 = 1,1

 

Nach Bereinigung der Zahlenwerte bleiben beim Wasser:Eiweiß-Verhältnis der Wiener eine geringfügige Abweichung von 0,1, bei der Krakauer beim Kollagen 1,5 und beim Fett:Eiweiß-Verhältnis 0,5. Sämtliche Grenzwertverletzungen erscheinen nicht von besonderer Bedeutung. Die Abweichungen wurden auch im Gutachten der AGES nicht als schwerwiegend dargestellt, sondern nur schlicht festgestellt, ohne daraus Weiterungen abzuleiten. Deshalb wird eine Manipulation im Sinne des oben dargelegten Substanzeingriffs nach dem § 5 Abs 5 Z 3 LMSVG wahrscheinlich gar nicht schlüssig darstellbar sein.

 

IV.6. Der bloße Vorwurf der von der AGES festgestellten Abweichung von Grenzwerten kann die Feststellung einer Verschlechterung durch negative Beeinflussung des Produktes im Wege eines Eingriffs in seine Substanz bzw Manipulation iSd § 5 Abs 5 Z 3 LMSVG nicht ersetzen. Eine Bestrafung wegen Inverkehrbringens eines verfälschten Lebensmittels kommt schon mangels eines tauglichen Vorwurfes zur Verfälschung und mangels Feststellung einer Wertminderung nicht in Betracht.

 

Da das Produkt an sich verkehrsfähig war, könnte noch der Irreführungstatbestand des § 5 Abs 2 LMSVG in Betracht kommen. Dies unter der Voraussetzung, dass hinsichtlich der angesprochenen Verkehrskreise Irreführungseignung bestand (vgl. hiezu auch LVwG-000049/5/FP/TK vom 20.10.2014, Blass ua, LMR³ LMSVG § 5 Rz 21). Es wäre also zu ermitteln und festzustellen gewesen, dass ein nicht unerheblicher Teil der Betroffenen durch bestimmte Angaben irregeführt werden konnte. Allerdings muss es sich um zur Irreführung geeignete Angaben über solche Umstände handeln, die nach der Verkehrsauffassung, insbesondere nach der Verbrauchererwartung (sofern diese vorliegend relevant wäre), wesentlich sind (VwGH 09.11.1992, Zl. 91/10/0105).

 

Eine Irregularität des Lebensmittels könnte unter Berücksichtigung des von der belangten Behörde Vorgeworfenen also allenfalls auf eine irreführende Bezeichnung zurückzuführen sein, wenn der jeweils angesprochene Verkehrskreis angesichts der Bezeichnung bestimmte Werte zum Wasser:Eiweiß-Verhältnis,  Kollagenwert oder Fett:Eiweis-Verhältnis erwarten kann und deshalb in die Irre geführt wird.

 

Diesbezüglich ist darauf hinzuweisen, dass dem ÖLMB nach ständiger Judikatur (nur) der Charakter eines objektivierten Sachverständigengutachtens über die maßgebliche Verbrauchererwartung zukommt (vgl. VwGH 26.09.2011, Zl. 2010/10/0145) und dass es im Hinblick auf dieses auf die Erwartung eines durchschnittlich informierten aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers (vgl. VwGH 22.11.2006, Zl. 2003/10/0042) ankommt. Das ÖLMB hat keinen normativen Charakter und ist daher nicht rechtsverbindlich. In der Judikatur des OGH (vgl RIS-Justiz RS0066294) wurde die hervorragende Bedeutung des Codex als gleichsam autorisiertes Sachverständigengutachten relativiert und betont, dass die aus dem Codex ableitbare Verbrauchererwartung nicht so weit führen darf, dass dem Durchschnittsverbraucher geradezu fiktiv völlig realitätsfremde Erwartungen unterstellt werden (keine Zuspitzung der Verbrauchererwartung in Ansehung der Zusammensetzung bestimmter Lebensmittel auf Zehntelprozente).

 

Alleine die Abweichung von Grenzwerten im Codex reicht auch für eine Bestrafung nach der Bestimmung des § 5 Abs 2 LMSVG nicht hin. Vielmehr muss feststehen, dass der Verbraucher oder allenfalls ein Teilnehmer eines anderen Verkehrskreises getäuscht werden kann, mithin Täuschungseignung bestand. Eine entsprechende Kennzeichnung könnte dies unterbinden (vgl Natterer, Lebensmittelrecht [2008], Rz 131,132). Durch die vollständige Angabe der Inhaltsstoffe im Zutatenverzeichnis, kann eine Verfälschung selbst bei erheblichen Abweichungen saniert werden, weil der Umstand dann deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht ist (Blass ua, LMR³ LMSVG § 5 RZ 21).

 

Der EuGH hat in seiner Entscheidung vom 09.02.1999, Rs C-383/97, Van der Laan ausführt, dass selbst wenn bei den deutschen Verbrauchern eine Erwartung hinsichtlich des Eiweißgehaltes im fettfreien Anteil oder des BEFFE-Gehalts (Gehalt an bindegewebseiweißfreiem Fleischeiweiß) bestünde, eine solche Erwartung in keinem Fall derart präzise sein könne, dass der Verbraucher angesichts der Unterschiede zwischen den tatsächlich festgestellten Anteilen 15 % bzw 87,9% und den nach dem Deutschen Lebensmittelbuch vorgeschriebenen Anteilen von 19% bzw. 90 % irregeführt werden könnte.

 

Die überzeugende Ansicht, wonach sich eine Verbrauchererwartung kaum im einstelligen Prozentbereich abspielen kann (vgl dazu auch Natterer, Lebensmittelrecht [2008], Rz 48), muss auch für den österreichischen Markt gelten, zumal sich das Verbraucherverhalten von Österreichern und Deutschen nicht wesentlich unterscheidet.

 

IV.7. Dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich wäre es ohnehin verwehrt, den Spruch zu korrigieren, zumal es sich bei „Irreführung“ und „Verfälschung“ um unterschiedliche Tatvorwürfe mit jeweils eigenem Sachverhaltssubstrat handelt. Hinsichtlich der Verfälschung wäre die Frage der richtigen substantiellen Zusammensetzung der Ware im Hinblick auf einen Eingriff zu stellen, während sich im Falle der Irreführung die Frage der nicht irreführenden Deklaration im Hinblick auf die Verkehrsauffassung stellt.

 

Bei der Einordnung unter den richtigen Tatbestand (Verfälschung oder Irreführung) handelt es sich um eine Rechtsfrage, die die Behörde selbst, auf Basis der Untersuchungsergebnisse (= Tatsachen) der AGES, zu beurteilen hat.

 

Eine (die Verfolgungsverjährung nach § 31 VStG unterbrechende) Verfolgungshandlung nach § 32 Abs 2 VStG ist auf eine bestimmte physische Person als Beschuldigten, auf eine bestimmte Tatzeit, den ausreichend zu konkretisierenden Tatort und sämtliche Tatbestandselemente der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschriften iSd § 44a Z 2 VStG zu beziehen (VwGH 21.10.2014, Zl. Ra 2014/03/0006).

 

Eine solche Verfolgungshandlung unter Einbeziehung sämtlicher Tatbestandselemente liegt aktenkundig nicht vor. Die belangte Behörde hat dem Bf das Inverkehrbringen eines mit zur Irreführung geeigneten Angaben versehenen Produkts gar nicht vorgeworfen.

 

Im Ergebnis war das angefochtene Straferkenntnis schon mangels Erfüllung des objektiven Tatbestandes einer Verwaltungsübertretung bzw wegen der fehlenden Anlastung von wesentlichen Spruchmerkmalen aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen.

 

Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 52 Abs 8 und 9 VwGVG die Pflicht zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens. Ebenso wenig war der Bf zum Ersatz der Untersuchungskosten der AGES nach § 71 Abs 3 LMSVG zu verpflichten.

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. W e i ß