LVwG-300984/5/KLi/PP

Linz, 04.04.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Lidauer über die Beschwerde vom 29. Februar 2016 der M. S., geb. x, x, L., gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 28. Jänner 2016, GZ: SV-35/15, wegen Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde im Hinblick auf Spruchpunkt 1 Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde im Hinblick auf Spruchpunkt 2, 3 und 4 insofern Folge gegeben, als die Geldstrafen gemäß § 111 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 ASVG auf jeweils 365 Euro (insgesamt 1.095 Euro) und die Ersatzfreiheitsstrafen auf jeweils 50 Stunden (insgesamt 150 Stunden) herabgesetzt werden.

 

II.      Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde entfällt im Hinblick auf Spruchpunkt 1; im Hinblick auf Spruchpunkt 2, 3 und 4 reduzieren sich die Kosten auf jeweils 36,50 Euro (insgesamt 109,50 Euro). Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG fallen im Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich keine Kosten an.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde vom 28. Jänner 2016, GZ: SV-35/15, wurden der Beschwerdeführerin vier Übertretungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) wie folgt vorgeworfen:

 

Sie haben es als verantwortliche Beschäftigerin verwaltungsstrafrechtlich zu vertreten, dass

1.  Sie Hrn. T. S., geb. am x, im Zeitraum vom 15.11.2015 bis zum 25.11.2015 um 7.15 Uhr, auf Ihrer Baustelle in S., x, mit Umbauarbeiten beschäftigten, ohne dass dieser Dienstnehmer vor Arbeitsantritt von Ihnen als verantwortlicher Dienstgeberin beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet wurde. Der Monatslohn von Hm. T. S. lag über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 (2) ASVG. Hr. T. S. arbeitete gemäß Ihren Anweisungen und auf Ihre Rechnung. Er war somit Dienstnehmer. Da die Dienstgeber jeden von ihnen beschäftigten vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversiche­rungsträger anzumelden haben, stellt dies eine Übertretung der Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) dar.

2.  Sie Hrn. R. S., geb. am x, im Zeitraum vom 15.11.2015 bis zum 25.11.2015 um 7.15 Uhr, auf Ihrer Baustelle in S., x, mit Umbauarbeiten beschäftigten, ohne dass dieser Dienstnehmer vor Arbeitsantritt von Ihnen als verantwortlicher Dienstgeberin beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet wurde. Der Monatslohn von Hrn. R. S. lag - bei Annahme einer kollektiv­vertraglichen Entlohnung - über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 (2) ASVG. Hr. R. S. arbeitete gemäß Ihren Anweisungen und auf Ihre Rechnung. Er war somit Dienstnehmer. Da die Dienstgeber jeden von ihnen beschäftigten vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungs­träger anzumelden haben, stellt dies eine Übertretung der Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) dar.

3.  Sie Hrn. F. M. sen., geb. am x, im Zeitraum vom 15.11.2015 bis zum 25.11.2015 um 7.15 Uhr, auf Ihrer Baustelle in S., x, mit Umbauarbeiten beschäftigten, ohne dass dieser Dienstnehmer vor Arbeitsantritt von Ihnen als verantwortlicher Dienst­geberin beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet wurde. Der Monatslohn von Hm. F. M. sen. lag - bei Annahme einer kollektivvertraglichen Entlohnung - über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 (2) ASVG. Hr. F. M. sen. arbeitete gemäß Ihren Anweisungen und auf Ihre Rechnung. Er war somit Dienstnehmer. Da die Dienstgeber jeden von ihnen beschäftigten vor Arbeitsantritt beim zuständigen Kranken­versicherungsträger anzumelden haben, stellt dies eine Übertretung der Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) dar.

4.  Sie Hrn. F. M. jun., geb. am x, im Zeitraum vom 15.11.2015 bis zum 25.11.2015 um 7.15 Uhr, auf Ihrer Baustelle in S., x, mit Umbauarbeiten beschäftigten, ohne dass dieser Dienstnehmer vor Arbeitsantritt von Ihnen als verantwortlicher Dienstgeberin beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet wurde. Der Monatslohn von Hm. F. M. jun. lag - bei Annahme einer kollektivvertraglichen Entlohnung - über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 (2) ASVG. Hr. F. M. jun. arbeitete gemäß Ihren Anweisungen und auf Ihre Rechnung. Er war somit Dienstnehmer. Da die Dienstgeber jeden von ihnen beschäftigten vor Arbeitsantritt beim zuständigen Kranken­versicherungsträger anzumelden haben, stellt dies eine Übertretung der Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) dar.“

 

Über die Beschwerdeführerin wurde gemäß § 33 Abs. 1 iVm § 111 Abs. 1 und Abs. 2 ASVG eine Geldstrafe in Höhe von jeweils 730 Euro, insgesamt daher 2.920 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von jeweils 108 Stunden, insgesamt daher 432 Stunden verhängt. Ferner wurde die Beschwerdeführerin verpflichtet, einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 292 Euro zu bezahlen.

 

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass aufgrund einer Anzeige der Finanzpolizei Team 43 gegen sie mit Aufforderung zur Rechtfertigung wegen des im Spruch angeführten Tatbestandes ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet worden sei. Der Beschwerdeführerin sei eine mehr als 2-wöchige Frist zur Rechtfertigung eingeräumt worden, sie habe diese Möglichkeit jedoch nicht wahrgenommen, sodass das Verwaltungsstrafverfahren, wie angedroht, ohne ihre Anhörung durchgeführt worden sei. Von den Organen der Finanzpolizei Team 43 sei der gegenständliche Sachverhalt anlässlich einer Überprüfung festgestellt worden.

 

Das Einkommen der Beschwerdeführerin sei mit 2.500 Euro netto pro Monat geschätzt worden, ferner dass sie keine Sorgepflichten habe. Die Geldstrafe entspreche somit dem Verschuldensgehalt, dem Strafrahmen sowie den sozialen und finanziellen Verhältnissen der Beschuldigten.

 

I.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die Beschwerde vom 29. Februar 2016, mit welcher die Aufhebung des Straferkenntnisses bzw. Herabsetzung der Strafe beantragt wird.

 

Die Beschwerdeführerin gesteht zunächst zu, die im Straferkenntnis genannten Personen von 15.11.2015 bis 25.11.2015 beschäftigt zu haben, wobei die vier Personen Umbauarbeiten für ihr neues Massagestudio getätigt hätten. Diese Dienstnehmer, ausgenommen ihrem Vater, seien alle nur mit geringfügiger Verzögerung bei der Gebietskrankenkasse angemeldet worden. Ausgenommen sei ihr Vater, der von ihr als Tochter selbstverständlich kein Geld erhalten habe. Es habe zuerst eine Beitragsnummer angefordert werden müssen und hätten alle Details mit dem Steuerberater besprochen werden müssen. Für alle Dienstnehmer habe sie volle Beiträge an die Gebietskrankenkasse sowie alle anderen Lohnabgaben bezahlt.

 

Eine Aufforderung bzw. Frist zur Rechtfertigung habe sie nie erhalten. Sie habe weder vorsätzlich noch fahrlässig gehandelt, da sie nie die Absicht gehabt habe, eine Verwaltungsübertretung zu begehen bzw. Dienstnehmer nicht anzumelden oder Lohnabgaben nicht abzuführen.

 

Ihr derzeitiges monatliches Nettoeinkommen betrage 1.500 Euro. Sie stelle daher den Antrag, das Straferkenntnis aufzuheben und die Geldstrafe „auf Null zu setzen“.

 

 

II. Nachfolgender Sachverhalt steht fest:

 

II.1. Allgemeines:

 

Die Beschwerdeführerin plant in S., x, ein Massage­studio bzw. ein Bordell zu errichten. Für die Umbauarbeiten der Räumlichkeiten beschäftigte sie ihren Vater (Spruchpunkt 1), ihren Cousin (Spruchpunkt 2) und zwei weitere Personen (Spruchpunkt 3 und 4) auf der Baustelle. Keine der vier Personen wurde rechtzeitig vor Arbeitsantritt beim zuständigen Sozialver­sicherungsträger angemeldet.

 

Die Beschwerdeführerin verfügt über ein monatliches Nettoeinkommen von zirka 1.000 Euro bis 1.500 Euro netto. Sie hat keine Schulden oder Kreditver­bindlichkeiten, an Vermögen hat sie ein kleines Auto. Die Beschwerdeführerin ist sorgepflichtig für ein 10-jähriges Kind, welches in der Slowakei lebt. Sie bezahlt an Unterhalt monatlich 200 bis 300 Euro.

 

II.2. Zur Beschäftigung des Vaters:

 

Bei der im Spruchpunkt 1 genannten Person handelt es sich um den Vater der Beschwerdeführerin. Der Vater hat der Beschwerdeführerin unentgeltlich und freiwillig geholfen.

 

Der Vater erhielt für seine Leistungen keine Bezahlungen. Nachdem der Vater allerdings in der Slowakei wohnte und mit dem Pkw zur Baustelle seiner Tochter fuhr, ersetzte ihm die Beschwerdeführerin die Benzinkosten. Die Wegstrecke betrug für die einfache Fahrt zirka 280 km, hin und zurück also 560 km. Der Vater erhielt jeweils 80 Euro. Eine darüber hinausgehende Bezahlung erfolgte nicht. Aus diesem Grund hat die Beschwerdeführerin ihren Vater nicht bei der Gebietskrankenkasse angemeldet.

 

II.3. Zu den weiteren drei Personen:

 

Bei der im Spruchpunkt 2 genannten Person handelt es sich um den Cousin der Beschwerdeführerin. Der Cousin arbeitete nicht unentgeltlich auf der Baustelle sondern erhielt 30 Euro pro Tag. Dennoch hat die Beschwerdeführerin ihren Cousin erst verspätet bei der Oö. GKK angemeldet.

 

Die im Spruchpunkt 3 und 4 genannten Personen waren keine Verwandten der Beschwerdeführerin. Diese erhielten eine Bezahlung von 80 Euro pro Tag (Spruchpunkt 3) bzw. 50 oder 60 Euro pro Tag (Spruchpunkt 4). Diese beiden Personen wurden von der Beschwerdeführerin ebenfalls zunächst nicht zur Sozialversicherung angemeldet bzw. erfolgte die Anmeldung verspätet, nämlich erst nach der Kontrolle durch die Finanzpolizei.

 

Die im Spruchpunkt 3 und 4 genannten Personen waren während der Kontrolle nicht auf der Baustelle anwesend. Erst über Befragen der Beschwerdeführerin durch die Finanzpolizei gab diese an, dass neben ihrem Vater und ihrem Cousin auch diese beiden Personen von ihr auf der Baustelle beschäftigt werden.

 

 

III. Beweiswürdigung:

 

III.1. Die allgemeinen Feststellungen ergeben sich aus dem Behördenakt sowie den Erhebungen der Finanzpolizei und wurden von der Beschwerdeführerin in der Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich am 4. April 2016 als richtig zugestanden.

 

Die persönlichen Verhältnisse (Einkommens-, Vermögens- und Familienver­hältnisse) hat die Beschwerdeführerin in der Verhandlung glaubhaft angegeben.

 

III.2. Die Sachverhaltsfeststellungen zur Beschäftigung des Vaters der Beschwerdeführerin ergeben sich aus dem Akt der belangten Behörde sowie aus den Erhebungen der Finanzpolizei und nicht zuletzt aus den Beweisergebnissen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich am 4. April 2016.

 

Im Zuge dieser Verhandlung konnte auch erörtert werden, dass die Beschwerdeführerin an den Vater kein Entgelt bezahlte. Wenn im Behördenakt aufscheint, dass dieser 80 Euro erhalten hat, so handelt es sich dabei nicht um eine Bezahlung, sondern um eine Aufwandsentschädigung für die Benzinkosten des Vaters, zumal er aus der Slowakei nach Österreich zur Baustelle mit seinem eigenen Pkw fuhr. Die Frage dieser Bezahlung wurde ebenfalls in der Verhandlung erörtert und ergab sich, dass eine Entlohnung des Vaters nicht erfolgte.

 

Die Beschwerde­führerin konnte auch glaubwürdig schildern, dass sie ihm natürlich als ihrem Vater nichts bezahlt hat und er ihr als Tochter unentgeltlich geholfen hat. Auf die Frage, weshalb sie ihrem Vater nichts bezahlt hat, gab sie an: Na ja, er ist mein Vater, er hilft mir natürlich gratis“ (Protokoll ON 4, Seite 3, Abs. 5 und 6).

 

III.3. Die Beschäftigung des Cousins und der beiden weiteren Personen ergibt sich ebenfalls aus dem Behördenakt, den Erhebungen der Finanzpolizei und der Aussage der Beschwerdeführerin in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich am 4. April 2016. Die Beschwerdeführerin hat im Zuge der Verhandlung zugestanden, an ihren Cousin 30 Euro und an die beiden weiteren Personen 80 bzw. 50 oder 60 Euro bezahlt zu haben (Protokoll ON 4, Seite 3, Abs. 6).

 

Ferner gestand die Beschwerdeführerin auch zu, diese drei Personen verspätet bei der Gebietskrankenkasse angemeldet zu haben. Sie gab dazu an, zunächst nicht gewusst zu haben, dass sie diese anmelden müsse. Sie habe gedacht, weil sie aus der S. seien und die Slowakei bei der EU sei, müsse sie das nicht machen. Sie seien ja ohnehin in der Slowakei versichert. Erst bei der Kontrolle habe ihr die Finanzpolizei dann erklärt, dass sie sie trotzdem in Österreich anmelden müsse. Sie sei dann zu ihrer Buchhalterin gegangen und habe sich informiert (Protokoll ON 4, Seite 3, Abs. 8).

 

Letztendlich ergibt sich, dass die im Spruchpunkt 3 genannte Person zwar von 15.11.2015 bis 6.12.2015 angemeldet war, allerdings erst am 30.12.2015 dazu eine Richtigstellung erfolgte. Bei der im Spruchpunkt 4 genannten Person gilt dasselbe. Für den Cousin (Spruchpunkt 2) erfolgte eine Anmeldung von 15.11.2015 bis 22.1.2016, auch hier erfolgte eine Richtigstellung am 30.12.2015. Dies ergibt sich aus den Auszügen aus dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger/ELDA-Anmeldungen, welche von der Finanzpolizei im Zuge der Verhandlung vorgelegt wurden. Die Beschwerdeführerin gab dazu an, dass dies richtig sei, sie dafür aber nichts könne, weil sie ihre Buchhalterin informiert habe, dass sie die Anmeldungen machen solle. Sie habe ihr auch gesagt, dass sie ab 15.11.2015 die Anmeldungen machen solle (Protokoll ON 4, Seite 5, Abs. 1).

 

 

 

 

 

IV. Rechtslage:

 

IV.1. Als Dienstnehmer gilt gemäß § 4 Abs. 2 ASVG derjenige, der in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird, wobei hierzu auch Personen gehören, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen; unabhängig davon gelten Personen jedenfalls dann als Dienstnehmer, wenn sie entweder mit einem Dienstleistungscheck nach dem Dienstleistungsscheckgesetz entlohnt werden, oder wenn sie nach § 47 Abs. 1 iVm Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) lohnsteuerpflichtig  sind,  soweit  es sich nicht um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. a oder b EStG oder um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit.c EStG, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen, handelt.

 

IV.2. Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist. Gemäß Abs. 2 leg.cit. gilt Abs. 1 für die nur in der Unfall- und Pensions­versicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit.a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten ist.

 

IV.3. Nach § 35 Abs. 1 ASVG gilt als Dienstgeber im Sinne dieses Bundesgesetzes derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs(Lehr)verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgelts verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

 

IV.4. Gemäß § 111 Abs. 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes 1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder 2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder 3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder 4. gehörig ausgewiesene Bedienstete oder Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt. Gemäß § 111 Abs. 2 leg.cit. ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar mit Geldstrafe von 730 Euro bis 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis 5.000 Euro, bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

 

V. Das Landesverwaltungsgericht hat hierzu erwogen:

 

V.1. Zur Beschäftigung des Vaters:

 

Im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landesver­waltungsgericht Oberösterreich hat sich ergeben, dass es sich bei der im Spruchpunkt 1 genannten Person um den Vater der Beschwerdeführerin handelt. Auch hat sich ergeben, dass dieser für seine Hilfeleistungen keine Bezahlung erhielt und seiner Tochter unentgeltlich zur Verfügung stand. Insofern ist im Hinblick auf den Vater auf eine familienhafte Mitarbeit auszugehen.

 

Auch der Verwaltungsgerichtshof setzte sich mit derartigen Leistungen auseinander: Als Freundschafts- oder Gefälligkeitsdienste sind kurzfristige, freiwillige und unentgeltliche Dienste anzusehen, die vom Leistenden auf Grund spezifischer Bindungen zwischen ihm und dem Leistungsempfänger erbracht werden und die einer Prüfung auf ihre sachliche Rechtfertigung standhalten (vgl. die zum Ausländerbeschäftigungsgesetz ergangenen hg. Erkenntnisse vom 6.3.2008, Zl. 2007/09/0285, mwN, und vom 14.1.2010, Zl. 2009/09/0276, sowie auf letzteres Bezug nehmend, das vom 19.1.2011, 2009/08/0062). Für die Abgrenzung zwischen einem Gefälligkeitsdienst und einer Beschäftigung ist eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmen. Dabei trifft die Partei – unabhängig von der grundsätzlichen Verpflichtung der Behörde zur amtswegigen Erforschung des für die Entscheidung notwendigen Sachverhaltes und über die oben erwähnte Darlegungspflicht hinaus – eine entsprechende Mitwirkungs­pflicht, zumal es sich bei den zur Beantwortung der Frage, ob ein Freundschafts- oder Gefälligkeitsdienst vorliegt, maßgeblichen Umständen und Motiven um solche handelt, die zumeist der Privatsphäre der Partei zuzuordnen sind und der Behörde nicht ohne weiteres zur Kenntnis gelangen. Es ist in diesen Fällen daher Sache der Partei, entsprechend konkrete Behauptungen aufzustellen und Beweise anzubieten (vgl. die zum Ausländerbeschäftigungsgesetz ergangenen hg. Erkenntnisse vom 18.5.2010, Zl. 2007/09/0374, und vom 12.7.2011, Zl. 2009/09/0101) [VwGH 12.07.2011, 2009/09/0101 und 19.12.2012, 2012/08/0165].

 

So hat sich im Hinblick auf den Vater der Beschwerdeführerin ergeben, dass ihr dieser aufgrund seines Naheverhältnisses ohne Bezahlung auf der Baustelle half. Der Betrag von 80 Euro, den er jeweils von der Beschwerdeführerin erhalten hat, war lediglich eine Aufwandsentschädigung für die Anreise aus der Slowakei zur Baustelle (Benzingeld).

 

Zusammengefasst ergibt sich insofern im Hinblick auf den Vater, dass ein Verstoß gegen das ASVG nicht vorliegt und das angefochtene Straferkenntnis im Hinblick auf Spruchpunkt 1 insofern aufzuheben und das Verwaltungsstraf­verfahren einzustellen war. Dies geht letztendlich konsequent auch daraus hervor, dass die Beschwerdeführerin nach der Kontrolle durch die Finanzpolizei die im Spruchpunkt 2, 3 und 4 genannten Personen bei der Sozialversicherung angemeldet hat, ihren Vater aber nicht.

 

V.2. Im Hinblick auf die im Spruchpunkt 2, 3 und 4 genannten Personen hat die Beschwerdeführerin im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung ihre Beschwerde auf die Strafhöhe eingeschränkt. Insofern ist das Straferkenntnis im Hinblick auf den Schuldspruch rechtskräftig und nunmehr nur noch zu überprüfen, ob eine Herabsetzung der verhängten Strafen möglich ist.

 

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetz­buches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelte es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgeblichen Umstände und Erwägungen für diese Ermessenabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs. 1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs. 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen.

 

Nach der Rechtsprechung des VfGH steht für jene von den UVS (nunmehr: LVwG) ins Treffen geführten Fallkonstellationen, in denen – weil die Tatfolgen im Einzelfall als unbedeutend erscheinen – die Verhängung einer Mindeststrafe eine unangemessene Härte darstellt, in Fällen geringfügigem Verschuldens und unbedeutender Folgen – § 21 VStG (nunmehr § 45 Abs. 1 Z 4 VStG) oder – bei beträchtlichem Überwiegen der Milderungsgründe – die Anwendung des § 20 VStG zur Verfügung (VfGH 27.9.2002, G 45/02).

 

Gemäß § 111 Abs. 2 ASVG kann bei erstmaliger Übertretung dieser Bestimmung die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabgesetzt werden, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Die Beschwerdeführerin hat sich im Hinblick auf den objektiven Tatvorwurf geständig gezeigt. Sie hat auch unumwunden eingeräumt, diese drei Personen nicht bei der Sozialversicherung angemeldet zu haben, weil sie dies nicht gewusst habe. Die Beschwerdeführerin erklärte ihre Vorgehensweise damit, nicht gewusst zu haben, dass die Personen angemeldet werden müssen, weil sie der Meinung gewesen sei, dass sie als slowakische Staatsbürger, der Mitgliedschaft der Slowakei bei der EU und der ohnehin in der Slowakei bestehenden Versicherung nicht auch in Österreich angemeldet werden hätten müssen.

 

Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass die Beschwerdeführerin verpflichtet gewesen wäre, sich als am österreichischen Arbeitsmarkt gewerbetreibende Person zu informieren und sich mit den einschlägigen Bestimmungen ihres Berufes vertraut zu machen. Die Beschwerdeführerin hätte sich daher auch über die Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes informieren müssen (Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, § 5 VStG, E 178b).

 

Dennoch erachtet das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Vorgehens­weise der Beschwerdeführerin aufgrund ihrer Aussage und des persönlichen Bildes, welches sich das Gericht von der Beschwerdeführerin in der Verhandlung machen konnte, dass diese lediglich fahrlässig vorgegangen und einem (wenn auch nicht gerechtfertigten oder entschuldbaren) Irrtum unterlegen ist.

 

Die Beschwerdeführerin hat auch unumwunden zugestanden, dass die im Zuge der Kontrolle angetroffenen Personen bereits seit 15.11.2015 bei ihr auf der Baustelle tätig waren. Außerdem hat die Beschwerdeführerin im Zuge ihrer Befragung durch die Finanzpolizei auch noch die im Spruchpunkt 3 und 4 genannten Personen bekanntgegeben. Möglicherweise wäre es der Beschwerde­führerin aber gelungen, im Zuge der Kontrolle die Beschäftigung dieser beiden Personen zu verbergen und wäre es nie aufgekommen, dass diese beiden Personen auch noch auf der Baustelle beschäftigt waren, hätte die Beschwerde­führerin die Fragen der Finanzpolizei nicht wahrheitsgemäß beantwortet.

 

Zusammengefasst sind also die Erschwerungs- und Milderungsgründe gegen­einander abzuwägen. Mildernd ist zunächst die Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin zu werten, ferner ihr Geständnis in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich, in dem sie ihre Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt 2, 3 und 4 auf die Strafhöhe einschränkte.

 

Unter Zugrundelegung aller Milderungs- und Erschwerungsgründe ergibt sich, dass besondere – verfahrensgegenständlich relevante – Milderungsgründe sind, dass die Beschwerdeführerin bisher einen ordentlichen Lebenswandel geführt hat und die Tat mit ihrem sonstigen Verhalten im auffallenden Widerspruch steht (Geständnis, § 34 Abs. 1 Z 2 StGB), dass sie sich selbst gestellt hat, obwohl sie leicht hätte entfliehen können oder es wahrscheinlich war, dass sie unentdeckt bleiben werde (Spruchpunkt 3 und 4, § 34 Abs. 1 Z 16 StGB) und ein reumütiges Geständnis abgelegt oder durch ihre Aussage wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat (§ 34 Abs. 1 Z 17 StGB). Zu berücksichtigen ist ferner, dass sie die Sozialversicherungsbeiträge bezahlt hat.

 

Bei Abwägung aller Milderungs- und Erschwerungsgründe sowie unter Zugrunde­legung der persönlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin sind die Voraussetzungen des § 111 Abs. 2 Satz 2 ASVG erfüllt, sodass die Geldstrafe auf jeweils 365 Euro (insgesamt daher 1.095 Euro) und die Ersatzfreiheitsstrafe auf jeweils 50 Stunden (insgesamt daher 150 Stunden) herabgesetzt werden konnte.

 

Die Kosten im Verfahren vor der belangten Behörde reduzieren sich jeweils auf 36,50 Euro (insgesamt daher 109,50 Euro). Im Verfahren vor dem Landesver­waltungsgericht Oberösterreich fallen gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG keine Kosten an.

 

V.3. Zusammengefasst war insofern spruchgemäß zu entscheiden, der Beschwerde im Hinblick auf Spruchpunkt 1 Folge zu geben, das Straferkenntnis insofern aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen; im Hinblick auf Spruchpunkt 2, 3 und 4 die Geldstrafe bzw. Ersatzfreiheitsstrafe (und die Kosten) entsprechend zu reduzieren.

 

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

 

H i n w e i s

 

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Ent­scheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

 

Ein Ersuchen um Ratenzahlung ist direkt an die belangte Behörde und nicht an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zu richten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Lidauer