LVwG-601077/2/PY/HK

Linz, 21.04.2016

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin            Dr.in Andrea Panny über die Beschwerde der Frau K S, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. A P, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 23. Juni 2015, GZ.: VerkR96-8398-2015, wegen Verwaltungsübertretung nach dem Führerscheingesetz (FSG), nachstehenden

 

 

 

B E S C H L U S S

 

 

gefasst:

 

 

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG iVm § 38 VwGVG eingestellt.

 

 

II.         Gemäß § 52 Abs.8 VwGVG hat die Beschwerdeführerin keine Kostenbeiträge zum Verwaltungsstrafverfahren zu leisten.

  

 

III.        Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

Zu I.:

 

1.           Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 23. Juni 2015, GZ: VerkR96-8398-2015, wurde über die Beschwerdeführerin (in der Folge: Bf) wegen Verwaltungsübertretung nach § 37 Abs.1 iVm § 37 Abs.3 Z1 FSG eine Geldstrafe in Höhe von 1.200,00 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 554 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 120 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

Sie haben das angeführte Kraftfahrzeug auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gelenkt, obwohl Sie nicht im Besitze einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung waren.

Tatort: Gemeinde Peuerbach, Eckartsroith 24

Tatzeit: 04.01.2015, 17:30 Uhr

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 37 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 3 FSG

Fahrzeug: Kennzeichen x, PKW

 

In der Begründung führt die belangte Behörde zusammengefasst aus, dass die Beschuldigte der schriftlichen Aufforderung zur Rechtfertigung unbegründet keine Folge leistete und daher nach der Aktenlage zu entscheiden war. Aufgrund der Sachverhaltsdarstellung in der Anzeige der Landespolizeidirektion Oberösterreich, Stadtpolizeikommando Steyr, an deren Richtigkeit und Unbedenklichkeit die Behörde nicht zweifelt, ist die strafbare Handlung als erwiesen anzusehen.

Abschließend legt die belangte Behörde ihre für die Strafbemessung herangezogenen Gründe dar.

 

2.           Dagegen richtet sich die rechtzeitig von der Bf im Wege ihrer rechtsfreundlichen Vertretung erhobene Beschwerde, in der zusammengefasst vorgebracht wird, dass entgegen der Sachverhaltsfeststellung das Fahrzeug zu keinem Zeitpunkt von der Beschwerdeführerin gelenkt wurde.

 

3.           Mit Schreiben vom 7. Oktober 2015 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Landesverwaltungsgericht vor, das gemäß § 2 VwGVG zur Entscheidung durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin berufen ist.

 

4.           Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs.2 Z1 VwGVG entfallen.

 

4.1.      Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Vom Landespolizeikommando Oberösterreich, Stadtpolizeikommando Steyr, wurde mit Anzeige vom 4. Februar 2015, VStV/915100046829/004/2015 der Behörde zur Kenntnis gebracht, dass im Zuge einer Anzeige gegen Dritte bekannt wurde, dass die Bf am 4. Jänner 2015 um 17:30 Uhr ein Auto zur Werkstätte der Firma „Auto N T“ in P gebracht und für die Zeit des Werkstättentermins ein Leihfahrzeug mit dem Probekennzeichen (x) erhalten und in der Folge in Betrieb genommen hat, obwohl sie keine Lenkberechtigung besitzt.

 

Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 24. März 2015 leitete die belangte Behörde das Verwaltungsstrafverfahren gegen die Beschuldigte ein, die sich zu den Tatvorwürfen nicht äußerte, worauf die belangte Behörde das gegenständliche Straferkenntnis erließ.

 

Anlässlich der dagegen rechtzeitig erhobenen Beschwerde wurde von der belangten Behörde die Befragung des Werkstätteninhabers, Herrn T N, im Rechtshilfeweg durch die Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Wels, veranlasst. Anlässlich seiner Zeugenbefragung am    28. September 2015 gab Herr N niederschriftlich an, dass die Bf zu ihm in die Werkstätte kam und einen anderen Wagen kaufen wollte, da ihr Auto defekt war. Sie befand sich in Begleitung einer Frau und suchte sich einen Wagen aus, der mit den Probefahrtkennzeichen x bestückt wurde. Vorher habe er sich den Führerschein zeigen lassen und den Probefahrtschein ausgestellt. Den Schlüssel habe er der Bf gegeben, jedoch nicht darauf geachtet, ob sie oder ihre Begleitung den Wagen in Betrieb nahm. Die Bf brachte den Wagen nicht  - wie vereinbart - am selben Tag zurück, sondern holte der Inhaber des Autohauses den Wagen Tage später ab, wozu man sich in der Dragonerstraße in Wels traf. Die Bf war zu diesem Zeitpunkt in Begleitung eines Mannes und stand vor dem Wagen, weshalb für den Zeugen nicht feststellbar, ob sie den Wagen dorthin gelenkt hatte.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt, insbesondere der angeführten Zeugenbefragung vom 28. September 2015. Beweiswürdigend ist dazu auszuführen, dass aufgrund der Zeugeneinvernahme begründete Zweifel vorliegen, ob tatsächlich die Bf selbst das mit dem Probekennzeichen bestückte Fahrzeug von der Autowerkstätte gelenkt hat. Dieser Umstand wird von ihr bestritten, konkrete Feststellungen dazu sind – zumal der einvernommene Zeuge dazu keine Wahrnehmungen machte – nicht mehr möglich.

5. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 37 Abs.1 erster Satz Führerscheingesetz (FSG), BGBl.I 1997/120 idgF begeht eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist, mit einer Geldstrafe von 36 Euro bis zu 2.180 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 6 Wochen zu bestrafen, wer diesem Bundesgesetz, den aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen zuwiderhandelt.

 

Gemäß § 37 Abs.3 Z1 FSG ist eine Mindeststrafe von 363 Euro zu verhängen für das Lenken eines Kraftfahrzeuges entgegen der Bestimmung des § 1 Abs.3, sofern der Lenker überhaupt keine gültige Klasse von Lenkberechtigungen besitzt.

 

5.2. Von der Bf wird nicht bestritten, dass sie zum Tatzeitpunkt nicht in Besitz einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung war. Allerdings bestreitet sie, das verfahrensgegenständliche Kraftfahrzeug zum Tatzeitpunkt gelenkt zu haben.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z 1 VStG, der gemäß § 38 VwGVG auch im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Anwendung findet, hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Nach Durchführung des Beweisverfahrens verbleiben trotz eingehender Beweiswürdigung Zweifel an der Täterschaft der Bf. In Hinblick auf die Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs.2 EMRK, wonach bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld vermutet wird, dass der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist, war daher mangels ausreichender Beweise für einen Schuldspruch der Bf spruchgemäß zu entscheiden. 

 

 

Zu II.:

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Dr.in  Andrea  P a n n y