LVwG-300764/10/Kü/TO

Linz, 26.04.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Thomas Kühberger über die Beschwerde des Herrn J.A., x, L., vom 4. August 2015, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 27. Juli 2015, GZ: 0027351/2015, wegen Übertretung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AlVG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 7. April 2016

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 VStG eingestellt.

 

 

II.      Der Beschwerdeführer hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde (§ 66 Abs. 1 VStG) noch einen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren (§ 52 Abs. 8 VwGVG) zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


IV.      

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 27.07.2015, GZ: 0027351/2015, wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 71 Abs. 2 iVm §§ 7, 12, 25 Abs. 2, 50 Abs. 1 Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG) eine Geldstrafe in Höhe von 200 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 20 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

„Der Beschuldigte, Herr J.A., geboren am x, war von 18.02.2015 bis 15.03.2015 als arbeitslos im Sinne des § 12 AIVG 1977 gemeldet und bezog in diesem Zeitraum Arbeitslosengeld vom Arbeitsmarkt­service.

Im Zuge einer Kontrolle durch Organe der Finanzpolizei Kirchdorf Perg Steyr am 19.05.2015 wurde festgestellt, dass der Beschuldigte - lt. eigener Aussage - seit 09.03.2015 von R.E., L., x, als Paketfahrer beschäftigt und dafür mit ca. € 500,00 entlohnt wurde. Der Lohn lag daher über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 ASVG. Der Beschuldigte hat die Aufnahme dieser Tätigkeit nicht unverzüglich beim AMS angezeigt, obwohl er dazu gem. § 50 AIVG 1977 verpflichtet gewesen wäre.

Gem. § 7 Abs. 1 AIVG 1977 hat jemand Anspruch auf Arbeitslosengeld, wenn er/sie der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht. Das sind nach § 7 Abs. 2 AIVG 1977, Arbeitslose. Der Beschuldigte stand im Zeitraum des Arbeitslosen­geldbezuges in einem Dienstverhältnis, welches über der Geringfügigkeitsgrenze entlohnt wurde und war somit nicht arbeitslos im Sinne des § 7 Abs. 2 AIVG 1977.

Der Beschuldigte wusste darüber Bescheid, dass er diese Leistung nur beziehen darf, wenn er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht, da im Bewilligungs­verfahren ausdrücklich darauf hingewiesen wurde und hat somit von 09.03.2015 bis 15.03.2015 vorsätzlich und zwar wissentlich Leistungen aus der Arbeits­losenversicherung bezogen, ohne dazu berechtigt gewesen zu sein.“

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen an, dass der Sachverhalt aufgrund der Aktenlage sowie des Ergebnisses des durchgeführten Ermittlungsverfahrens als erwiesen gilt.

 

Abschließend legt die belangte Behörde ihre für die Strafbemessung herangezogenen Gründe dar.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Bf eingebrachte Beschwerde. Darin wird eine öffentliche mündliche Verhandlung beantragt und zusammengefasst vorgebracht, dass er seit 18. Februar 2015 arbeitslos gemeldet und ab diesem Zeitpunkt auf der Suche nach einem neuen Job gewesen sei. Im Zuge der Suche nach einer Arbeitsstelle habe sich ein Kontakt mit Herrn E. ergeben. Dieser sagte ihm zu, dass er für ihn arbeiten könne und habe ihn mit 16. März 2015 zur zuständigen Sozialversicherung gemeldet.

 

3. Mit Schreiben vom 05.08.2015 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vor, das gemäß § 2 VwGVG durch seinen nach der Geschäfts­verteilung zuständigen Einzelrichter zur Entscheidung berufen ist.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 16.03.2016, an der der Bf und ein Vertreter der belangten Behörde teilgenommen haben.

 

4.1. Das Landesverwaltungsgericht geht bei seiner Entscheidung von folgen­dem Sachverhalt aus:

 

Im Zuge einer Kontrolle durch Organe der Finanzpolizei Kirchdorf Perg Steyr am 19.05.2015 wurde der Bf bei seiner Tätigkeit als Paketfahrer mit dem Liefer-Kfz x an der Bx in S. überprüft.

 

Es wurde ein Abgleich der Anmeldung zur Sozialversicherung durchgeführt. Laut Versicherungsdatenauszug bezog der Bf von 18.02.2015 bis 15.03.2015 Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung. Der Beschuldigte ist ab 16.03.2015 als Arbeiter beim Dienstgeber R.E. zur Sozialversicherung gemeldet.

 

Bei der Kontrolle gab der Bf an, seit 09.03.2015 als Paketfahrer tätig zu sein. In der Zeit ab 09.03.2015 hat der Bf „Schnuppertage“ absolviert, die so aussahen, dass der Bf stundenweise unter Aufsicht eines weiteren Mitarbeiters von Herrn E. Arbeitsschritte im Unternehmen näher kennenlernte, ohne dafür Entgelt zu erhalten. Die vorgelegten Arbeitszeitaufzeichnungen beginnen mit 16.03.2015.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Strafantrag, dem Beschwerde­vorbringen sowie dem Vorbringen des Bf in der mündlichen Verhandlung. Die Darstellung der Kontrollsituation im Strafantrag und die Beschreibung der Kontrolle durch den Bf in der mündlichen Verhandlung widersprechen sich nicht.

 

Die Zeit der Arbeitssuche ab Mitte Februar 2015 sowie der Schnuppertage ab 09.03.2015 wurden vom Bf in der mündlichen Verhandlung glaubwürdig und nachvollziehbar dargestellt. Der Bf selbst wollte – eigenen Angaben zufolge – zwar schon vor dem 16.03.2015 bei Herrn E. arbeiten, doch wurde das Dienstverhältnis mit der entsprechenden Anmeldung erst ab diesem Zeitpunkt abgeschlossen. Insofern erklärt sich die Angabe des Bf im Personenblatt. Dem Bf ist aber nicht entgegenzutreten wenn er ausführt, dass er erst mit der Anmeldung in Händen die Meldung des neuen Dienstverhältnisses beim AMS wirksam durchführen konnte. Jedenfalls gibt es keinen stichhaltigen Beweis dafür, dass der Bf schon vor dem 16.03.2015 Entgelt erhalten hätte und somit in einem Dienstverhältnis gestanden wäre. Dies belegt auch die vom Bf in der mündlichen Verhandlung zur Einsicht vorgelegte Abrechnung für März 2015.

 

 

II. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

1. Gemäß § 71 Abs. 2 AlVG begeht, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von 200 Euro bis zu 2.000 Euro, im Wiederholungsfall von 400 Euro bis zu 4.000 Euro zu bestrafen, wer vorsätzlich Leistungen der Arbeits-losenversicherung in Anspruch nimmt oder genießt, ohne dazu berechtigt zu sein, oder zu solchen Missbräuchen anstiftet oder Hilfe leistet.

 

Gemäß § 12 Abs. 3 lit. a Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG) gilt, wer in einem Dienstverhältnis steht, nicht als arbeitslos im Sinn der Abs. 1 und 2.

 

Gemäß § 50 Abs. 1 AlVG ist, wer Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezieht, verpflichtet, die Aufnahme einer Tätigkeit gemäß § 12 Abs. 3 unver-züglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle anzuzeigen. Darüber hinaus ist jede andere für das Fortbestehen und das Ausmaß des Anspruches maß-gebende Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Arbeitslosen sowie jede Wohnungsänderung der regionalen Geschäftsstelle ohne Verzug, spätestens jedoch binnen einer Woche seit dem Eintritt des Ereignisses anzuzeigen.

 

Gemäß § 48 VwGVG ist, wenn eine Verhandlung durchgeführt wurde, bei der Fällung des Erkenntnisses nur auf das Rücksicht zu nehmen, was in der Verhandlung vorgekommen ist.

 

Gemäß § 45 Abs. 2 AVG hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

 

2. Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes ist davon auszugehen, dass die Kontrollorgane den Bf im Zeitraum 09.03.2015 bis 15.03.2015 nicht bei der Arbeit angetroffen und betreten haben. Ihre Anzeige beruht auf der vom Bf bei der Kontrolle am 19.05.2015 im persönlich ausgefüllten Personenblatt angegebenen Beschäftigungszeit, die er mit 09.03.2015 angegeben hat.

 

Die Ausführungen des Bf in der Verhandlung, dass er im Zeitraum 09.03.2015 bis 15.03.2015 zwar stundenweise im Unternehmen tätig war und dort kurzfristig, unentgeltlich und freiwillig Tätigkeiten beobachtet und verrichtet hat, sind glaubwürdig. Im konkreten Fall überwogen die Elemente des unentgeltlichen Schnupperns. Der an der Stelle als Paketfahrer interessierte Bf war zu keinem Dienst eingeteilt und hatte keine vorgegebenen Arbeitszeiten. Er konnte nach eigenem Gutdünken, wann und wie lange er wollte, erscheinen oder es auch bleiben lassen. Dass er sein Erscheinen an die „Öffnungszeiten“ des Paketdienstes anpasste, liegt in der Natur der Sache. Der Bf ersetzte jedoch keinen anderen Arbeitnehmer von Herrn E. Dieser zog zudem auch keinen Vorteil aus dem Erscheinen des Interessenten, vielmehr wirkte es sich nachteilig aus, da der fixe Angestellte Zeit aufwenden musste, um dem „Schnuppernden“ die Arbeitsabläufe zu erklären und das Ausführen der einzelnen Arbeitsschritte überwachen musste. Der Bf war somit eher eine Belastung als ein Nutzen für Herrn E., da dieser ihm sozusagen eine Aufsichtsperson zur Seite stellen musste.

 

Für den erkennenden Richter ergibt sich damit kein Beweis dafür, dass der Bf gegenständlich bereits vor der Anmeldung bei der OÖGKK am 16.03.2015 in einem Dienstverhältnis gestanden wäre und deswegen zu einer Meldung bei der regionalen Geschäftsstelle verpflichtet gewesen wäre. Der Bf hat daher die ihm angelastete Verwaltungsübertretung nicht begangen, weshalb das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungs­strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG einzustellen war.

 

 

III. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bf gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG und § 66 Abs. 1 VStG weder ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht noch für das verwaltungsbehördliche Verfahren vorzuschreiben.

 

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Thomas Kühberger