LVwG-600440/25/Zo/AP

Linz, 14.09.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Gottfried Zöbl über die Beschwerde des R O, geb. 1969, vom 28.7.2014 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Urfahr-Umgebung vom 24.3.2014, Zl. VerkR96-4926-2013-STU, wegen einer Übertretung des KFG nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 25.08.2015

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Der Beschwerde wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

 

II.      Der Beschwerdeführer hat keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist keine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat dem Beschwerdeführer im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, das Probefahrtkennzeichen x dem R S überlassen zu haben, obwohl es sich um keine Probefahrt gehandelt hat. Das genannte Kennzeichen war auf einem Fahrzeug der Marke IVECO Fahrgestell Nr. x montiert und das Fahrzeug wurde von der genannten Person am 1.11.2013 um 15.00 Uhr in der Gemeinde Walding, auf der B127 Rohrbacher Straße bei km 15.600, in Fahrtrichtung Rohrbach, gelenkt, obwohl Probefahrtkennzeichen nur bei Probefahrten im Sinne des § 45 Abs. 1 KFG verwendet werden dürfen. Es hat sich um keine Probefahrt gehandelt, weil der Zweck der Fahrt die Beschaffung von Reifen für das mitgeführte Motorrad war.

 

Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 45 Abs. 4 2. Satz KFG 1967 begangen, weshalb über ihn gemäß § 134 Abs. 1 KFG 1967 eine Geldstrafe iHv 110,00 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages iHv 11,00 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde machte der Beschwerdeführer zusammengefasst geltend, dass er die Probefahrtkennzeichen gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 KFG 1967 Herrn S für die Abholung des von ihm gekauften Fahrzeuges überlassen hat. Hinsichtlich der Angaben des anzeigenden Beamten, dass ein Reifenkauf für das mitgeführte Motorrad erfolgen soll, führt der Beschwerdeführer aus, dass es sich dabei um ein Missverständnis handeln muss. Weiters habe er von seiner Seite alles Notwendige unternommen (Bereitstellung von Probefahrtschein, Zusatzblatt zum Probefahrtschein, Kaufvertrag, Pannendreieck, Warnweste und Verbandszeug) um dem Gesetz zu entsprechen. Jede Verwaltungsübertretung wie Nicht-Anlegen des Sicherheitsgurtes oder auch eine Routenänderung aus welchem Grund auch immer sind von ihm unverschuldet und als nicht fahrlässig anzusehen, da sich dies außerhalb seines Einflussbereiches bewegt und eine ausreichende mündliche Belehrung von Herrn S erfolgte.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat den Verwaltungsakt mit Schreiben vom 31.7.2014 dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ohne Beschwerdevorentscheidung vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich, welches durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter entscheidet.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 25.08.2015. An dieser Verhandlung hat der Beschwerdeführer selbst teilgenommen, die belangte Behörde war entschuldigt. Der Zeuge R S hat nicht teilgenommen, da die Ladung zur mündlichen Verhandlung nicht zustellbar war. Der Zeuge GI. K H wurde zum Sachverhalt befragt.

 

Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Beschwerdeführer überließ das Probefahrtkennzeichen x  dem R S, damit dieser das Fahrzeug der Marke IVECO, Fahrgestell Nr. x von H nach W überstellen konnte. Dieses Fahrzeug wurde am 1.11.2013 um 15.00 Uhr in der Gemeinde Walding, auf der B127 Rohrbacher Straße bei km 15.600, in Fahrtrichtung Rohrbach, von Herrn R S gelenkt.

 

Das gegenständliche Fahrzeug (Campingbus) wurde zuvor vom Beschwerdeführer mit Kaufvertrag vom 29.10.2013 von Herrn R H B gekauft und unmittelbar am darauffolgenden Tag an Herrn R S mit dem Vermerk, dass das Fahrzeug in H (Campingplatz) abzuholen ist, weiterverkauft.

 

Der Polizeibeamte GI H führte zusammenfassend aus, dass er sich nur noch ganz grob an den Vorfall erinnern kann, da dieser schon sehr lange zurück liegt. Es wurde wohl ein Motorrad im Campingbus mitgeführt. Was der Fahrzeuglenker genau über den Zweck der Probefahrt gesagt hat, wisse er nicht mehr.

 

5. Darüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 45 Abs. 1 KFG 1967 dürfen Probefahrten mit nicht zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen oder Anhängern oder Fahrgestellen solcher Fahrzeuge auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur mit Bewilligung der Behörde durchgeführt werden, in deren örtlichem Wirkungsbereich der Ort liegt, von dem aus der Antragsteller hauptsächlich über die Verwendung der Probefahrtkennzeichen verfügt. Probefahrten sind Fahrten zur Feststellung der Gebrauchsfähigkeit oder der Leistungsfähigkeit von Fahrzeugen oder ihrer Teile oder Ausrüstungsgegenstände oder Fahrten, um Fahrzeuge vorzuführen. Als Probefahrten gelten auch

1. Fahrten zur Überführung eines Fahrzeuges an einen anderen Ort im Rahmen des Geschäftsbetriebes,

2. Fahrten zur Überführung des Fahrzeuges durch den Käufer bei der Abholung des Fahrzeuges vom Verkäufer,

3. Fahrten zum Ort der Begutachtung oder Überprüfung des Fahrzeuges nach dem III. und V. Abschnitt und

4. das Überlassen des Fahrzeuges mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 3 500 kg an einen Kaufinteressenten für die Dauer von bis zu maximal 72 Stunden, wobei auch Fahrtunterbrechungen zulässig sind.

 

5.2. Aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen ergibt sich nachvollziehbar, dass dieser die Probefahrtkennzeichen x dem R S überlassen hat, damit dieser sich das zuvor vom Beschwerdeführer gekaufte und an ihn weiterverkaufte Fahrzeug der Marke IVECO in H (Campingplatz) abholen kann.

§ 45 Abs. 1 Z. 2 KFG 1967 ermöglicht es dem Käufer eines Kraftfahrzeuges, dieses vom Verkäufer abzuholen und zu überführen. Diese Bestimmung verlangt jedoch nicht zwingend, dass das Kraftfahrzeug vom Sitz/Wohnort des Verkäufers abgeholt werden muss oder dass die Abholung am Tag des Abschluss des Kaufvertrages zu erfolgen hat.

 

Selbst wenn im gegenständlichen Fall von einer unzulässigen Probefahrt auszugehen wäre, weil Herr S das Fahrzeug weit abseits der für die Überführung üblichen Fahrtstrecke lenkte, so wäre dies vom Lenker des Fahrzeuges zu verantworten. Eine Einflussnahme durch den Beschwerdeführer auf die vom Lenker tatsächlich eingehaltene Fahrtroute ist bei der Überlassung der Probefahrtkennzeichen nicht möglich.

Eine allfällige Beihilfe zu einer Verwaltungsübertretung wurde dem Beschwerdeführer im Straferkenntnis nicht vorgeworfen. Von einer Beitragstäterschaft wäre überdies auch nur zu sprechen, wenn der Beschwerdeführer von einer allfälligen Abweichung von der Fahrtstrecke gewusst hätte.

 

Der Beschwerde war daher statt zu geben.

 

II. Für das Beschwerdeverfahren sind gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG keine Kosten vorzuschreiben.

 

III. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Verwendung von Probefahrtkennzeichen ab, noch fehlt es an einer solchen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Gottfried Zöbl