LVwG-840101/3/Kl/Rd

Linz, 26.04.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Ilse Klempt über den Antrag der A x, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P G, x, S, vom 20. April 2016 auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Ver­gabeverfahren der E A O K x betreffend das Vorhaben "Fernwärme R – Heiz­container mit Erdgasbetrieb R-x",

zu Recht    e r k a n n t :

I.         Dem Antrag wird gemäß §§ 1, 2, 8 und 11 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 – Oö. VergRSG 2006, LGBl. Nr. 130/2006 idF LGBl. Nr. 90/2013, stattgegeben und der Auftraggeberin E A O K x die Erteilung des Zuschlags für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens, längstens aber bis 20. Juni 2016, untersagt.

 

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. 1. Mit Eingabe vom 20. April 2016 hat die A x (im Folgenden: Antragstellerin) Anträge auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung und der nachträglichen Festlegung der Gewichtung der Zuschlagskriterien hinsichtlich des Kriteriums "Angebotene Technik (Subkriterien Thermischer Wirkungsgrad des Kessels, Minimumleistung der Kesselanlage, Emissionswerte)" und/oder hinsichtlich Preis sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zu­schlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, zu untersagen, gestellt. Im Übrigen wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von insgesamt 3.600 Euro beantragt.

 

Begründend führte die Antragstellerin eingangs hierzu aus, dass die Ausschreibung unter ABl. Nr. 2015/x europaweit bekannt gemacht worden sei, obwohl lediglich ein Verfahren (Bauauftrag) im Unterschwellenbereich gewählt wurde. Gemäß den Ausschreibungsunterlagen (AU) und der Bekanntmachung wurde ein Verhandlungsverfahren gewählt.

Es werde die mit E-Mail vom 13. April 2016 bekanntgegebene Zuschlagsent­scheidung bekämpft. Festzuhalten sei, dass bereits mit E-Mail vom 7. März 2016 eine Zuschlagsentscheidung übersandt wurde, welche im Zuge eines Nach­prüfungsverfahrens mit Entscheidung des LVwG Salzburg (richtig: Ober­österreich) vom 4. April 2016, LVwG-840094/6 und LVwG-840096/2, für nichtig erklärt wurde. Der nunmehr  gegenständlichen Zuschlagsentscheidung sei ein Dokument "Anlage 1 Evaluierung Letztpreisangebote.pdf" beigefügt worden. Sowohl in der Zuschlagsentscheidung als auch aus der beigefügten "Evaluierung Letztpreisangebote" seien die Zuschlagskriterien konkretisiert worden. Dabei sei der "Preis" hinsichtlich der bewerteten Preisbestandteile näher und insbesondere abweichend von den A determiniert und die spezielle Gewichtung hinsichtlich der "Angebote Technik (Zuschlagskriterium 2 gemäß Pkt. A6 der A Teil A) erstmals in dieser Form detailliert bekannt gegeben worden.

 

Zwar stelle die Bekanntgabe von Zuschlagskriterien nach der Zuschlags-entscheidung grundsätzlich keine gesondert anfechtbare Entscheidung iSd § 2 Z 16 BVergG 2006 dar, dennoch sei nicht ausgeschlossen, dass das vorliegende Verfahren nach einer möglichen Aufhebung der Zuschlagsentscheidung weiter-geführt werde. Daher werde auch die nachträgliche Festlegung und Konkreti­sierung der Zuschlagskriterien und weitere Differenzierung für die möglich zu erreichenden Punkte (nachträgliche Festlegung zu den Zuschlagskriterien Preis und Angebotene Technik) angefochten.

 

Da sich die Antragstellerin am gegenständlichen Vergabeverfahren beteiligt und fristgerecht ein ausschreibungskonformes Angebot gelegt habe, sei ihr Interesse am Vertragsabschluss, insbesondere durch den bereits erfolgten Nachprüfungs­antrag vom 14. März 2016,  evident. Zudem habe sie ein großes wirtschaftliches und strategisches Interesse am Auftrag und erachte sie sich auch weiter an ihr abgegebenes Angebot gebunden.

 

Zum drohenden bzw eingetretenen Schaden wurde ausgeführt, dass ein Schaden in der Höhe des mit diesem Auftrag verbundenen marktüblichen entgangenen Gewinns von zumindest 7 % der Netto-Auftragssumme von 666.045 Euro, sohin zumindest von ca. 46.000 Euro bestehe. Ferner drohe ein Schaden in der Höhe der frustrierten Kosten für die Angebotserstellung von ca. 8.000 Euro sowie 3.000 Euro für die anwaltliche Vertretung. Weiters drohe der Verlust eines wichtigen Referenzprojekts.

 

Die Antragstellerin erachte sich in ihrem Recht auf

- klare und nachvollziehbare Durchführung des Vergabeverfahrens und Transparenz

- rechtzeitige Bekanntgabe nachvollziehbarer Zuschlagskriterien

- rechtzeitige und ausreichend nachvollziehbare Begründung der Zuschlags­entscheidung bzw der für den Antragsteller als Bieter letzten Entscheidung im Vergabeverfahren

- richtige Durchführung des Vergabeverfahrens gemäß den Bestimmungen des BVergG 2006

- sachlich nachvollziehbare Bestbieterermittlung und –entscheidung, insbe­sondere Nichtberücksichtigung von Angeboten, die bei richtiger Bewertung nach den Zuschlagskriterien nicht Bestbieter oder Billigstbieter sind

- Bietergleichbehandlung auf Grundlage der Vorgaben in den bestandfesten Ausschreibungsunterlagen

- Zuschlagserteilung an (sie als) die richtige Bestbieterin

- Nichtigerklärung der rechtswidrigen Zuschlagsentscheidung und auch nachprüfende Beurteilung der Angebote anhand der Ausschreibungsunter­lagen

- Grundsatz des fairen, freien und lauteren Wettbewerbs,

verletzt.

 

Zum Sachverhalt und den Gründen, auf die sich die Rechtswidrigkeit stützt wurde vorgebracht, dass die A in vielen Bereichen unklar und unvollständig gebli­eben und teils widersprüchlich sowie hinsichtlich der Zuschlagskriterien unzurei­chend seien. Es sei keinesfalls auf Grundlage der Festlegungen der Ausschrei­bung nachvollziehbar, warum der präsumtive Bestbieter als Bestbieter ausge­wählt worden sei, da nach neuerlicher Bewertung das Angebot der Antragstellerin das mit dem günstigsten Preis sei und auch alle sonstigen geforderten Qualitäts­kriterien zur Gänze erfüllt worden seien.

 

Unklar sei auch die Festlegung in Pkt. A.4. zur Art des Ausschreibungsverfahrens, da unklar sei, ob ein Wettbewerb oder ein Verhandlungsverfahren gewählt worden sei. Noch gravierender sei aber die hier enthaltene Vergaberechts­verletzung dahingehend, dass sich die Auftraggeberin (willkürlich) vorbehalte, mit einzelnen Bietern Gespräche zu führen und nicht klar festgelegt sei, unter welchen Voraussetzungen dies erfolge, da sie dies gemäß ihrer Festlegung ausdrücklich vom Ergebnis der Angebotsevaluierung vom zu erwartenden wirt­schaftlichen Erfolg sowie dem dafür vertretbaren Aufwand abhängig mache. Ein solches Vorgehen widerspreche dem Grundsatz der Bietergleichbehandlung und dem Gebot eines fairen Wettbewerbs.

 

Diese Festlegung entspreche nicht der Möglichkeit des Auftraggebers mit dem Bieter des bestgereihten Angebots gemäß § 105 Abs. 4 BVergG 2006 zu ver-handeln, da gemäß der ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmung dies eben nur mit dem Bieter des bestgereihten Angebots möglich wäre. Die Auftraggeberin behalte sich aber vor, mit einer nicht bestimmten Anzahl von Bietern Vergabe-gespräche zu führen, was eben nicht nur von der Angebotsevaluierung sondern auch von dem erwarteten wirtschaftlichen Erfolg und dem notwendigen Aufwand abhängig sei.

 

Diese Festlegungen seien derartig gravierend vergabewidrige, dass diese Bestim­mungen nicht bestandfest werden können und auf Grundlage eines solcherart ermittelten Bestbieters keine vergabegemäße Bestbieterentscheidung möglich sei und die Ausschreibung bereits aus diesem Grund zu widerrufen wäre.

 

Die Antragstellerin vermute, dass die Auftraggeberin willkürlich mit einem Bieter, welcher ein Erstangebot gelegt habe, nämlich der präsumtiven Zuschlags-empfängerin, weitere Verhandlungen durchgeführt und solange nachverhandelt habe, bis dieses Angebot schlussendlich erstgereiht worden sei. Dies wider-spreche dem Gleichbehandlungsgebot und sei wettbewerbswidrig und unzulässig.

 

Die bezügliche Festlegung, erst nach Angebotsabgabe im Zuge der vertieften Angebotsprüfung "geeignet erscheinende Änderungen und Ergänzungen sowie auch Leistungsabgrenzungen einvernehmlich mit den Bietern zu vereinbaren", damit nach Angebotsabgabe Angebotsänderungen einzelner Bieter zuzulassen, sei grob vergabewidrig und widerspreche dem Wettbewerbsgebot und der Bieter­gleichbehandlung und sei derart gravierend, dass diese Vergabewidrigkeit auch nicht präkludieren könne. Die Auftraggeberin behalte sich dabei im Ergebnis vor, nach Auftragsabgabe mit einzelnen Bietern nachzuverhandeln, was ihr jedenfalls ermögliche, willkürlich einem beliebigen Bieter den Zuschlag erteilen zu können und nach Angebotsabgabe so lange mit diesem nachzuverhandeln, bis dieser das beste Angebot gelegt habe. Damit sei eine vergabekonforme Zuschlagsentschei­dung niemals möglich und damit auch ein zwingender Widerrufsgrund begründet.

 

Die nachträgliche Abänderung des Angebots eines einzelnen Bieters oder auch der Zuschlagskriterien einzig zugunsten der präsumtiven Zuschlagsempfängerin verletze den Grundsatz der Transparenz und der Gleichbehandlung des Bieters, weil dieser gegenüber seinen Konkurrenten begünstigt werde. Die Rechtswidrig-keit liege schon in der Benachteiligung der anderen Bieter, welche keine Gele­genheiten hatten, das Angebot hinsichtlich der allenfalls geänderten Umstände nachträglich selbst abzuändern. Diese Vorgangsweise widerspreche dem Grund­satz der Unveränderlichkeit der Angebote in der Zuschlagsfrist und lege eine un­zulässige Angebotsänderung fest. Jeder Angebotsänderung, die vom Auftrag­geber toleriert werde, hafte der Anschein einer Ungleichbehandlung der anderen Bieter an und sei schon aus diesem Grunde unzulässig. Damit widerspreche jede Angebotsänderung nach Ablauf der Angebotsfrist den Grundsätzen des freien und lauteren Wettbewerbs und der Gleichbehandlung aller Bieter.

 

Bieter müssen sowohl zum Zeitpunkt, in dem sie ihre Angebote vorbereiten, als auch zu dem Zeitpunkt, in dem diese vom öffentlichen Auftraggeber beurteilt werden, gleich behandelt werden. Dies sei mit den vorliegenden Festlegungen und mit der Vorgangsweise der Auftraggeberin jedenfalls nicht der Fall. Nach­träglich seien nun weitere Subkriterien beim "Preis" eingeführt, worden, die ur­sprünglich in der Ausschreibung nicht vorgesehen waren und sei das Kriterium "Angebote Technik" ohne Grundlage in der Ausschreibung nun so bepunktet worden, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin "gerade noch" Bestbieterin sei, obwohl sie nicht einmal den günstigsten Preis angeboten habe.   

 

Zur zeitlichen Abfolge wurde festgehalten, dass die Antragstellerin am 12. Oktober 2015 die A erhalten und sich um die Teilnahme beworben habe. Am 14. Dezember 2015 wurde sie durch Übermittlung der Angebotsunterlagen zum weiteren Verfahren zugelassen. Daraufhin wurde am 18. Jänner 2016 ein Erst­angebot auf Basis der bereitgestellten Angebotsunterlagen mit einem Angebots­preis von 643.400 Euro abgegeben. Am 4. Februar 2016 habe eine Bieterver­handlung stattgefunden, in welcher das Angebot diskutiert und viele Punkte in Bezug auf die gewünschte technische Ausführung präzisiert worden seien. Der Angebotsumfang sei damit wesentlich erweitert worden, da die technische Beschreibung in der Ausschreibung ursprünglich mangelhaft gewesen sei. In der Folge sei das überarbeitete Angebot am 19. Februar 2016 mit einem Ange­botspreis von 701.100 Euro abgegeben worden. Die Antragstellerin sei hierauf zur Letztpreisabgabe aufgefordert worden, welche am 25. Februar 2016 mit einem Angebotspreis von 666.045 Euro erfolgt sei.

 

In Pkt. A.6. der A sei ursprünglich die Gewichtung der Zuschlagskriterien festge­legt worden. So sei der Angebotspreis und die Kosten für Ersatz- und Verschleiß­teile für 3 Jahre mit 70 %, die angebotene Technik, thermischer Wirkungsgrad des Kessels, Minimumleistung der Kesselanlage, Emissionswert mit 15 % und die Übereinstimmung des Angebots mit den Bedingungen der Ausschreibung, insbe­sondere betreffend Haftung, Schadenersatz und Vertragsstrafen mit 15 % ge­wichtet worden.

Das 3. Zuschlagskriterium sei dabei vergaberechtlich nicht verständlich, da Ange­bote ohnehin den A entsprechen müssen und ansonsten auszuscheiden seien.

Jedenfalls sei festzuhalten, dass hinsichtlich aller drei genannten Kriterien keine Differenzierungen und keine Grundlagen genannt sind, wie diese beurteilt wer­den. Insbesondere Zuschlagskriterium 2, das in drei Subkriterium unterteilt sei, ohne dass dies auch punktemäßig weiter differenziert worden sei. Völlig will­kürlich und ohne Grundlage in der Ausschreibung habe die Auftraggeberin dieses Kriterium in der ersten Zuschlagsentscheidung im Verhältnis 9:5:1 gewichtet, in der nunmehrigen Zuschlagsentscheidung plötzlich mit 5:5:5. Das sei für keinen Bieter bei Angebotsabgabe vorhersehbar oder nun nachvollziehbar.

 

Erstmals nach der für nichtig erklärten ersten Zuschlagsentscheidung vom 7. März 2016 sei mitgeteilt worden, dass offenbar das Kriterium Angebotene Technik weiter differenziert und mit folgenden Punkten versehen wurde:

Thermischer Wirkungsgrad des Kessels: 9 %

Minimumleistung der Kesselanlage: 5 %

Emissionswerte: 1 %

Die diesbezügliche Gewichtung der Kriterien sei erstmalig nach Zuschlagsent­scheidung bekannt gegeben worden.

 

Im Zuge der erneuten Zuschlagsentscheidung vom 13. April 2016 sei mitgeteilt worden, dass das Kriterium Angebotene Technik wiederum ganz anders weiter differenziert sein soll und nunmehr mit folgender Punkteverteilung bewertet worden sei:

Thermischer Wirkungsgrad des Kessels: 5 % bzw 5 Punkte

Minimumleistung der Kesselanlage: 5 % bzw 5 Punkte

Emissionswerte: 5 % bzw 5 Punkte

Die diesbezügliche Gewichtung der Kriterien sei erstmalig mit Zuschlagsent­scheidung vom 13. April 2016 bekannt gegeben worden.

Damit gestehe die Auftraggeberin im Ergebnis ein, dass auf Grundlage ihrer be­standfesten Festlegungen das Kriterium Angebotene Technik tatsächlich nicht zu bewerten sei; es könne daher nicht Grundlage einer rechtsgültigen Zuschlagsent­scheidung sein.

 

Mit E-Mail vom 13. April 2016 wurde die nunmehr bekämpfte Zuschlagsent­scheidung bekannt gegeben, deren Inhalt von der Antragstellerin im Antrag wörtlich zitiert wurde.

Hätte die Antragstellerin gewusst, dass die Gliederung des Qualitätspunktes "An­gebotene Technik" in Thermischer Wirkungsgrad des Kessels: 5 %, Minimum­leistung der Kesselanlage: 5 % und Emissionswerte: 5 % aufgeteilt werden würde, hätte sie allenfalls ein anderes Angebot gelegt, um hier die maximale Punktezahl zu erreichen.

 

Weiters wurden die fehlende rechtzeitige Bekanntgabe von nachvollziehbaren Zu­schlagskriterien, die nicht nachvollziehbaren nachträglich bekanntgegebenen Zu­schlagskriterien, Begründungsmangel sowie die unzulässige Abgabe von zwei Hauptangeboten durch die präsumtive Zuschlagsempfängerin, als Rechtswidrig­keiten, die die Nichtigkeit der Zuschlagsentscheidung begründen, geltend ge­macht. Die jeweiligen Rechtswidrigkeiten wurden im Antrag detailliert dargelegt.

 

Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wurde von der Antrag­stellerin zunächst auf die Ausführungen im Hauptantrag verwiesen. In Bezug auf die Abwägung der Interessen wurde vorgebracht, dass diese zugunsten der Antragstellerin ausfallen müsse. Ohne einer einstweiligen Verfügung könne die Auftraggeberin der präsumtiven Zuschlagsempfängerin, deren Angebot mangels Bekanntgabe der Zuschlagskriterien nicht Bestbieter sein könne, den Zuschlag erteilen. Nach Zuschlagserteilung könnte die geltend gemachte Rechtswidrigkeit nur mehr zu Schadenersatzansprüchen führen, eine Zuschlagserteilung auf das Angebot der Antragstellerin wäre jedoch ausgeschlossen. Schon daraus sei evident, dass nur durch die Erlassung der einstweiligen Verfügung ein wirksamer Rechtsschutz auch iSd Rechtsmittelrichtlinie zu gewährleisten sei. Die Unter­sagung der Erteilung des Zuschlages sei gegenständlich das gelindeste Mittel um das Interesse der Antragstellerin abzusichern. Die Sicherstellung der Auftrags­erteilung an den tatsächlichen Bestbieter liege im Interesse aller Beteiligten und auch im öffentlichen Interesse. Besondere Umstände an einer raschen Auf­tragserteilung seien in der Ausschreibung nicht erwähnt worden. Auch habe die Auftraggeberin bei der Wahl des Vergabeverfahrens die Mindestangebotsfrist aus Gründen der Dringlichkeit nicht verkürzt, sodass auch daraus kein besonderes öffentliches Interesse an einer raschen Auftragserteilung erkannt werden könne. Überdies habe der Auftraggeber die Möglichkeit eines Nachprüfungsverfahrens und die damit einhergehende Verzögerung bei der Erstellung des Zeitplans mit einzuberechnen.    

 

2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat die E A O K x als Auftrag­geberin am Nachprüfungsverfahren beteiligt. Eine Stellungnahme bezüglich der Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist bis zum Entscheidungszeitpunkt nicht ergangen.

 

3. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 (Oö. VergRSG 2006) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftrag­geber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesen (Vergabeverfahren), die gemäß Art. 14b Abs. 2 Z 2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Alleiniger Gesellschafter der E A O K x ist die E A O, welche wiederum im mehr­heitlichen Eigentum des L O steht. Die Vergabe fällt daher in den Vollzugsbereich des Landes iSd Art. 14b Abs. 2 Z 2 lit.c B-VG und unterliegt daher das gegen­ständliche Nachprüfungsverfahren den Bestimmungen des Oö. VergRSG 2006.   

 

Gemäß § 2 Abs. 1 Oö. VergRSG 2006 obliegt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs. 1 leg.cit.

 

3.2. Gemäß § 2 Abs. 3 Oö. VergRSG 2006 ist das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zum Widerruf eines Ver­gabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundes­gesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar an­wendbares Unionsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z 16 lit.a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Der gegenständliche Antrag ist rechtzeitig und zulässig. Aufgrund der Höhe des Auftragswertes des ausgeschriebenen Bauauftrages sind die Bestimmungen für den Unterschwellenbereich anzuwenden.

 

3.3. Gemäß § 8 Abs. 1 Oö. VergRSG 2006 hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich auf Antrag durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet scheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstan­dene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin zu beseitigen oder zu verhindern.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 leg.cit. hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vor Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des An­tragstellers bzw. der Antragstellerin, der sonstigen Bewerber oder Bieter bzw. Bewerberinnen oder Bieterinnen und des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Über­wiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf ihre Erlassung abzuweisen.

 

Gemäß § 11 Abs. 3 leg.cit. ist in einer einstweiligen Verfügung die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Ver­fügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Ent­scheidung über den Antrag auf Nichtigerklärung, in dem die betreffende Rechts­widrigkeit geltend gemacht wird, außer Kraft.

 

3.4. Bereits zu der vorausgegangenen sinngemäßen Regelung des Bundesver­gabegesetzes 1997 führte Elsner, Vergaberecht (1999), auf Seite 86 aus: Die Entscheidung hängt von einer Abwägung der möglicherweise geschädigten Inter­essen des Antragstellers und einem allfälligen besonderen öffentlichen Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens ab. Dabei muss es sich um ein "be­sonderes" öffentliches Interesse handeln. Es wird nämlich (hoffentlich) bei jeder öffentlichen Auftragsvergabe ein öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens und Vergabe eines Auftrages bestehen. Aber auch daran, dass Vergabeverfahren fehlerfrei ablaufen, besteht öffentliches Interesse. Eine Nichterlassung einstweiliger Verfügungen wird daher nur bei sonstiger Gefahr für Leib und Leben und besonderer Dringlichkeit zulässig sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn besondere Interessen der Daseinsvorsorge gefährdet würden.

 

Art. 2 Abs. 4 Satz 1 (entspricht nunmehr Art. 2 Abs. 5) der Rechtsmittelrichtlinie darf nicht fälschlicherweise so ausgelegt werden, dass der vorläufige Rechts­schutz regelmäßig leerläuft. Mit diesem Interesse ist nicht das bei jeder Auftrags­vergabe bestehende öffentliche Interesse an der zügigen Abwicklung gemeint. Nach der Beschlusspraxis des EuGH kommt es in der Interessensabwägung maß­geblich darauf an, wer durch sein Verhalten die besondere Dringlichkeit der Auf­tragsvergabe verursacht hat. Für die öffentlichen Auftraggeber ergibt sich daraus eine echte Obliegenheit zu rechtzeitig geplanten und durchgeführten Beschaff­ungsvorgängen. Das Rechtsschutzinteresse des diskriminierten Bieters kann in­soweit nur vom vorrangigen Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter der Allge­meinheit zurückgedrängt werden (vgl. Schenk, Das neue Vergaberecht, 1. Auflage 2001, S. 172f).

 

Auch der Verfassungsgerichtshof hat insbesondere in seiner Entscheidung zu Zl. B 1369/01 vom 15.10.2001 ein öffentliches Interesse im Hinblick auf das Postulat effizienten Einsatzes öffentlicher Mittel in der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter gesehen, dem die Nachprüfung des Vergabeverfahrens letztlich dienen soll.

 

3.5. In Anbetracht der Tatsache, dass es sich beim gegenständlichen Vorhaben nicht um eine vordringliche Leistungserbringung handelt, kann daraus geschlos­sen werden, dass eine Gefährdung von Leib und Leben nicht aktuell ist. Auch trifft die Auftraggeberin im Hinblick auf die Rechtsnatur des Provisorialverfahrens und auf die allgemeine Mitwirkungspflicht der Parteien im Verwaltungsverfahren die Behauptungslast betreffend die gegen die Erlassung einer einstweiligen Ver­fügung sprechenden Interessen. Die Auftraggeberin hat im Verfahren konkrete, mit der Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung drohende Nachteile nicht dargelegt, sodass davon auszugehen ist, dass die nachteiligen Folgen des vorläufigen Zuschlagsverbotes nicht überwiegen und daher dem Antrag statt­zugeben ist (vgl. BVA 1.12.2000, N-56/00-9).

 

Die Antragstellerin hat denkmöglich ausgeführt, dass ihr durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Entgang des Auftrages droht, sohin ein Schaden, der nur durch die vorläufige Untersagung der Zuschlagserteilung abgewendet werden kann. Abgesehen von dem vorausgesetzten öffentlichen Interesse an der Verga­be des gegenständlichen Auftrages ist aber ein darüber hinausgehendes beson­deres öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens weder durch die Auftraggeberin vorgebracht worden noch dem Landesverwaltungs­gericht Oberösterreich zur Kenntnis gelangt. Vielmehr ist bei der Interessens­abwägung iSd Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu berücksichtigen, dass die Auftraggeberin ein Interesse an einem rechtmäßigen Vergabeverfahren haben muss. Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Vergabekontroll­instanzen, dass ein öffentlicher Auftraggeber bei der Erstellung des Zeitplanes für eine Auftragsvergabe die Möglichkeit von Nachprüfungsverfahren und die damit einhergehende Verzögerung ins Kalkül zu ziehen hat, zu verweisen. Dass sich durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine Verzögerung der Bedarfs­deckung und ein organisatorischer und finanzieller Mehraufwand ergeben können, liegt in der Natur der Sache. Da - wie bereits erwähnt - kein darüber hi­nausgehendes besonderes öffentliches Interesse an einem möglichst raschen Vertragsabschluss geltend gemacht wurde und auch nicht auf der Hand liegt, war dem Antrag stattzugeben.

 

Die im Vorbringen der Antragstellerin behaupteten Rechtswidrigkeiten sind zumindest denkmöglich. Eine Überprüfung, ob die behaupteten Rechtswidrig­keiten auch tatsächlich vorliegen, war im Rahmen des Provisorialverfahrens nicht durchzuführen.

 

Die Dauer der Aussetzung der Zuschlagserteilung ergibt sich aus § 11 Abs. 3 Oö. VergRSG 2006 iVm § 20 Abs.1 Oö. VergRSG 2006.

Gemäß § 20 Abs. 1 Oö. VergRSG 2006 ist über Anträge auf Nichtigerklärung von Entscheidungen eines Auftraggebers bzw. einer Auftraggeberin unverzüglich, spätestens aber zwei Monate nach Einlangen des Antrages zu entscheiden.

 

Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass für das Landesverwaltungs­gericht Oberösterreich somit die Möglichkeit besteht, die Aussetzung der Zu­schlagserteilung für zwei Monate, auszusprechen.

 

Die einstweilige Verfügung ist gemäß § 11 Abs. 4 Oö. VergRSG 2006 sofort vollstreckbar.

 

 

II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprech­ung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichts­hof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwal­tungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwer­de bzw. einer Revision müssen  durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Ilse Klempt