LVwG-600879/10/MB/Bb

Linz, 02.05.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Markus Brandstetter über die Beschwerde der T K, geb. 1993, vom 29. April 2015 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 8. April 2015, GZ VerkR96-19686-2014, wegen Übertretung des § 52 lit. a Z 10a der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) nach Durchführung von Ermittlungen,  

 

zu Recht  e r k a n n t :

 

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.         Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat die Beschwerdeführerin einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von 10 Euro (das sind 20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision der Beschwerdeführerin an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

I.

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden (im Folgenden: belangte Behörde) warf T K (Beschwerdeführerin – im Folgenden kurz: Bf) mit Straferkenntnis vom 8. April 2015, GZ VerkR96-19686-2014, eine Verwaltungsübertretung gemäß § 52 lit. a Z 10a StVO vor und verhängte gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO eine Geldstrafe in Höhe von 50 Euro, ersatzweise eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 34 Stunden. Weiters wurde der Bf von der belangten Behörde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 Euro auferlegt.

 

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zugrunde (auszugsweise Wiedergabe):

 

„Sie haben am angeführten Bereich, welcher innerhalb eines Ortsgebietes liegt, die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h um 17 km/h überschritten. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu Ihren Gunsten abgezogen.

 

Tatort: Gemeinde Bad Ischl, Grazer Straße x

Tatzeit: 11.7.2014 um 17.26 Uhr.

Fahrzeug: PKW, Kennzeichen x.“

 

In ihrer Begründung führte die belangte Behörde aus, dass die Geschwindigkeitsüberschreitung aufgrund der vorliegenden Beweismittel, im Besonderen aufgrund der Anzeige vom 30. Juli 2014 und der Geschwindigkeitsfeststellung mittels Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerät Poliscan Speed, erwiesen sei. Die missachtete Geschwindigkeitsbeschränkung sei ordnungsgemäß verordnet und auch kundgemacht worden. Die mit 50 Euro festgesetzte Geldstrafe wurde unter Hinweis auf § 19 VStG, der bisherigen verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit der Bf, dem Nichtvorliegen von Erschwerungsgründen und den geschätzten persönlichen Verhältnissen der Bf begründet.

 

2. Gegen diesen Straferkenntnis, zugestellt am 10. April 2015, erhob die Bf mit Schriftsatz vom 29. April 2015 innerhalb offener Frist eine weitwendig begründete Beschwerde, in der die ersatzlose Aufhebung des Straferkenntnisses und die Verfahrenseinstellung begehrt und in eventu die Zurückverweisung des Verfahrens an die belangte Behörde sowie gemäß Art. 89 Abs. 2 B-VG eine Verordnungsprüfung nach § 139 B-VG bezüglich der Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Bad Ischl vom 28. März 2014, Zl. ADir-1538/1-2014 beim Verfassungsgerichtshof angeregt wird.

 

In ihrem Rechtsmittel wendet sich die Bf im Wesentlichen gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Umschreibung des Tatortes der gegenständlichen Verwaltungsübertretung und behauptet das Vorliegen einer gesetzes- bzw. verfassungswidrigen und nicht gehörig kundgemachten Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Bad Ischl.

 

3. Die belangte Behörde hat die Beschwerde dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Vorlageschreiben vom 8. Mai 2015 unter Anschluss des Verwaltungsstrafaktes mit der GZ VerkR96-19686-2014 zur Entscheidung vorgelegt, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu fällen.  

 

Mit der Aktenvorlage wurde die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung begründet (Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm Art. 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

 

II.

 

1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt und das Beschwerdevorbringen.

 

Zusätzlich wurde Einsicht genommen in die schriftliche Stellungnahme des Stadtamtes Bad Ischl vom 6. April 2016 und die dieser beigeschlossenen Verordnungsunterlagen sowie in die dazu ergangene  Stellungnahme der Bf vom 14. April 2016.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte Abstand genommen werden, da der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt aufgrund der nunmehrigen Aktenlage hinreichend geklärt vorliegt und eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ. Überdies war ausschließlich eine Rechtsfrage zu beurteilen. Dass dem Entfall der Verhandlung Art. 6 EMRK oder Art. 47 der EU-Charta der Grundrechte entgegenstünde, vermag nicht erkannt werden.

 

2. Folgender Sachverhalt ist entscheidungsrelevant:

 

Die Bf lenkte am 11. Juli 2014 um 17.26 Uhr den – auf sie zugelassenen - Pkw mit dem Kennzeichen x im Ortsgebiet von Bad Ischl auf der Grazer Straße x mit einer Geschwindigkeit - abzüglich der entsprechenden Messtoleranz – von 47 km/h (gemessene Geschwindigkeit 50 km/h). Die Geschwindigkeitsfeststellung erfolgte durch das Messgerät der Type Poliscan Speed. Die höchste zulässige Geschwindigkeit betrug zum fraglichen Zeitpunkt im tatgegenständlichen Straßenabschnitt gemäß der Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Bad Ischl vom 28. März 2014, Zl. ADir-1538/1-2014, 30 km/h. Die Kundmachung der Verordnung erfolgte am 30. Mai 2014 durch die Anbringung der entsprechenden Verkehrszeichen.

 

Die Bf ist bislang im Verwaltungsbereich der belangten Behörde verwaltungsstrafrechtlich unbescholten; sie verfügt nach behördlichen Schätzungen über monatliche Einkünfte in Höhe von ca. 1.400 Euro, besitzt kein Vermögen und hat keine Sorgepflichten.

 

3. Der dargestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Inhalt des behördlichen Verfahrensaktes und als Ergebnis der im Beschwerdeverfahren vorgenommenen Ermittlungen.

 

Die Bf hat die Geschwindigkeitsmessung an sich als auch das festgestellte Ausmaß der Überschreitung und ihre Lenkereigenschaft nicht bekämpft und diesbezüglich in der Beschwerde keine Einwendungen erhoben. Ebenso sind keine Umstände hervorgekommen, welche die Richtigkeit der Messung als auch die Täterschaft der Bf in Frage stellen würden.

 

Die mittels Radarmessung, welche nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Judikatur (z. B. VwGH 27. Februar 1992, 92/02/0097 uvm.) ein absolut taugliches Beweismittel zur Feststellung von Fahrgeschwindigkeiten darstellt, festgestellte Geschwindigkeit ist daher dem Grunde nach erwiesen und von der Bf als Lenkerin des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen KB-x verwirklicht anzusehen.

 

Dass im Bereich der Tatortörtlichkeit zur fraglichen Tatzeit die zulässige Höchstgeschwindigkeit mit 30 km/h begrenzt war, ergibt sich aus der Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Bad Ischl vom 28. März 2014. Die Anbringung der entsprechenden Verkehrszeichen mit 30. Mai 2014 ist aus den Verordnungsunterlagen ersichtlich.

 

 

 

III.

 

1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

1.1. Gemäß § 52 lit. a Z 10a StVO zeigt das Verkehrszeichen „Geschwindigkeitsbeschränkung (Erlaubte Höchstgeschwindigkeit)“ an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

 

1.2. Der Anzeige der Stadtpolizei Bad Ischl vom 30. Juli 2014 und dem Geschwindigkeitsmessgerät Poliscan Speed zufolge hat die Bf das Tatfahrzeug mit dem Kennzeichen x am 11. Juli 2014 um 17.26 Uhr im Ortsgebiet von Bad Ischl, auf der Grazer Straße x mit einer Geschwindigkeit von 50 km/h gelenkt, wobei nach Abzug der Messtoleranz zu ihren Gunsten von einer tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeit von 47 km/h auszugehen ist, obwohl gemäß der Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Bad Ischl vom 28. März 2014, Zl. ADir-1538/1-2014, im gegenständlichen Straßenabschnitt im Tatzeitraum die Fahrgeschwindigkeit mit 30 km/h begrenzt und durch Verkehrszeichen gemäß § 52 lit. a Z 10a StVO entsprechend kundgemacht war. Anhaltspunkte dafür, dass die Geschwindigkeitsmessung aufgrund technischer Mängel oder sonstiger Fehler nicht korrekt wäre, finden sich nicht und wurden von der Bf auch nicht geltend gemacht.

 

1.2.1. Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof etwa im Erkenntnis vom 16. Juni 2000, 96/21/0737, ausgeführt hat, ist der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch selbst geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Wesentlich für die Bezeichnung der als erwiesen angenommenen Tat ist neben der Umschreibung der Tathandlung die Anführung des Tatortes und die Angabe der Tatzeit (VwGH 25. März 2014, 2013/04/0057, 8. August 2008, 2006/09/0145).

 

Bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung wird dem Konkretisierungsgebot des   § 44a Z 1 VStG bei der Umschreibung von Tatzeit und Tatort durch die Anführung einer bestimmten Fahrstrecke und des Zeitraumes, innerhalb dessen das Delikt begangen wurde, entsprochen (VwGH 22. Februar 1989, 88/02/0175,  12. Juni 1986, 85/02/0220). Der Tatort muss bei einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit so umschrieben sein, dass geprüft werden kann, ob er unter den örtlichen Anwendungsbereich einer gehörig kundgemachten Verordnung über eine zulässige Höchstgeschwindigkeit fällt (VwGH 25. April 1984, 83/03/0271).

 

Im Beschwerdefall ist nicht zu erkennen, inwieweit die von der belangten Behörde gewählte Tatortumschreibung gegen diese Grundsätze verstoßen könnte. Mit dem Vorbringen einer verfehlten Tatortbezeichnung vermag die Bf keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Straferkenntnisses aufzuzeigen, da selbst Ungenauigkeiten bei der Konkretisierung der Tat in Ansehung von Tatzeit und Tatort keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit des Strafbescheides haben, wenn dadurch eine Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte des Beschuldigten und eine Gefahr der Doppelbestrafung nicht bewirkt wird (z. B. VwGH 21. März 1997, 97/02/0071).

 

Im Spruch des bekämpften Straferkenntnisses sind Tatort (Gemeinde Bad Ischl, Ortsgebiet, Grazer Straße x), Tatzeit (11. Juli 2014, 17.26 Uhr) und Tathandlung (Überschreiten der durch Straßenverkehrszeichen kundgemachten zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h abzüglich der in Betracht kommenden Messtoleranz um 17 km/h) angegeben. Diese Angaben lassen keinen Zweifel daran, wofür die Bf im Straferkenntnis bestraft worden ist. Es ist durch diese Angaben ein ausreichend enger Bezug zwischen der der Bf angelasteten Tat und einem bestimmten Ort hergestellt.

 

Die Anführung der Fahrtrichtung ist nur dann erforderlich, wenn bezüglich beider Fahrtrichtungen verschiedene Höchstgeschwindigkeiten gelten (vgl. dazu etwa VwGH 29. September 1993, 93/03/0199 und die dort zitierte Vorjudikatur).

 

Da auch die behördlichen Verfolgungshandlungen (Strafverfügung, Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme) die konkrete Tathandlung, Tatort und Tatzeit umfassten, war für die Bf zu keinem Zeitpunkt unklar, wofür sie bestraft wird und wo die Übertretung begangen wurde. Die Bf war in ihren Verteidigungsrechten daher nicht eingeschränkt und konnte sich auch hinsichtlich der örtlichen Gegebenheiten umfangreich und in jeder Hinsicht verantworten, was sich aus ihren schriftlichen Vorbringen im behördlichen Verfahren und den Beschwerdeausführungen auch ergibt. Es besteht durch die gewählte Tatortumschreibung auch keinerlei Gefahr einer Doppelbestrafung, weil es nach allgemeiner Lebenserfahrung ausgeschlossen erscheint, dass die Bf zur vorgeworfenen Tatzeit um 17.26 Uhr mehr als einmal den in Rede stehenden Straßenabschnitt der Grazer Straße befahren haben kann. Die Bf hat auch gar nicht behauptet, exakt zu diesem Zeitpunkt ein zweites Mal ihr Fahrzeug dort gelenkt zu haben.

 

1.2.2. § 94d Z 1 StVO enthält die Zuständigkeit der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich zur Erlassung von Verordnungen nach § 20 Abs. 2a StVO. Demnach ist die Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich auf Gemeindestraßen für die Erlassung von globalen Geschwindigkeitsbeschränkungen für das gesamte Ortsgebiet zuständig.

 

Der Gemeinderat der Stadtgemeinde Bad Ischl hat die konkrete Verordnung vom 28. März 2014 auf Grundlage der Bestimmungen der §§ 40 Abs. 2 Z 4 und 43 Abs. 1 Oö. Gemeindeordnung idgF und der §§ 20 Abs. 2a und 94 d Z 1 StVO idgF erlassen. Schon daraus ergibt sich unverkennbar, dass vom Geltungsbereich der Verordnung nur im Ortsgebiet gelegenen „Gemeindestraßen“ erfasst sein konnten. Für die Rettenbachtal Landesstraße (L 1295), welche nach Auskunft des Stadtamtes Bad Ischl im Hinblick auf den Begehungszeitpunkt im Ortsgebiet von Bad Ischl gelegen ist, wurde von der Bezirkshauptmannschaft Gmunden als hiefür zuständige Bezirksverwaltungsbehörde auf Basis der §§ 94b Abs. 1 lit. b und 43 Abs. 1 lit. b Z 1 StVO idgF eine gesonderte 30 km/h-beschränkende Verordnung erlassen (Verordnung vom 29. November 2012, GZ VerkR10-529-13-2012).

 

Die der Bf zur Last gelegte Tathandlung wurde nicht auf der L 1295, sondern auf der Grazer Straße auf Höhe Nr. x begangen. Die L 1295 steht damit in keinerlei wie immer gearteten Zusammenhang mit der gegenständlichen Verwaltungsübertretung. Beim tatgegenständlichen Straßenabschnitt der Grazer Straße, auf dem die Bf als Fahrzeuglenkerin betreten wurde, handelt es sich nach den Verordnungsunterlagen um eine innerhalb des Ortsgebietes von Bad Ischl verlaufende Gemeindestraße, welche damit unzweifelhaft vom Geltungsbereich der 30 km/h-Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Bad Ischl vom 28. März 2014 umfasst war.

 

Hinsichtlich der weiteren die konkrete Verordnung betreffende Einwendungen (Erforderlichkeit, Durchführung eines Ermittlungsverfahrens, etc.) ist die Bf darauf hinzuweisen, dass ihr kein Recht auf Einsicht in den Verordnungsakt zukommt. Weder der Bestimmung des § 44 StVO noch einer anderen Norm der StVO kann entnommen werden, dass ein Rechtsanspruch Einzelner auf Einsichtnahme in den jeweiligen Verordnungsakt betreffend eine der im § 43 StVO genannten Verordnungen besteht (VfGH 10. Oktober 1984, VfSlg. 10.211, VwGH 28. März 2008, 2007/02/0325, VwGH 3. März 2015, Ra 2014/02/0128).

 

Die Erlassung eines Gebotes oder Verbotes, welches durch entsprechende Verkehrsschilder kenntlich gemacht ist, zieht die Verpflichtung des Verkehrsteilnehmers nach sich, es ohne Rücksicht darauf zu beachten, ob er die behördliche Anordnung für erforderlich hält oder nicht (VwGH 30. Juni 2000, 98/02/0335). Ein Verkehrszeichen ist vom Normunterworfenen so lange zu beachten, als es aufgestellt ist (Pürstl, StVO13, 2011, § 44 StVO, E 9).

 

Die Verordnung wurde am 30. Mai 2014 gesetzmäßig durch die entsprechenden Verkehrszeichen kundgemacht. Für allfällige Mängel bei der Kundmachung besteht nach dem Verfahrensakt nicht der geringste Anhaltspunkt. Die Bf hat in der Beschwerde zwar einen Kundmachungsmangel eingewendet, jedoch enthält ihr Vorbringen keine hinreichende Konkretisierung des angeblichen Mangels, obwohl die Partei im Verwaltungsstrafverfahren jene bestimmten Tatsachen zu behaupten hat, aus denen sich der Mangel einer ordnungsgemäßen Kundmachung der Verordnung ergeben soll (z. B. VwGH 20. Juli 2001, 2000/02/0352). Der bloße Einwand, die Verordnung sei „nicht entsprechend kundgemacht worden“ ist inhaltlich nicht genügend bestimmt und vermag die Behörde zur Aufnahme von weiteren Beweisen nicht zu veranlassen (VwGH 23. September 1987, 87/03/0068, 23. Oktober 1986, 85/02/0284 ua.). Ohne konkrete Behauptungen, worin die Mangelhaftigkeit der Kundmachung der Verordnung gelegen sein sollte, ist die Behörde nicht verpflichtet, einen (unzulässigen) Erkundungsbeweis vorzunehmen (VwGH 16. Februar 2007, 2006/02/0092).

 

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die konkrete Geschwindigkeitsbeschränkung rechtskonform verordnet und zur fraglichen Tatzeit gesetzmäßig – durch die entsprechenden Verkehrszeichen – kundgemacht war. Dementsprechend war eine Einvernahme eines verantwortlichen Organs des Gemeinderates der Stadtgemeinde Bad Ischl nicht erforderlich.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich teilt die Bedenken der Bf, es liege ihrer Geschwindigkeitsüberschreitung eine gesetzes- bzw. verfassungswidrige und nicht gehörige kundgemachte Verordnung zugrunde, nicht und sieht daher auch nicht veranlasst, ein Verordnungsprüfungsverfahren gemäß Art. 89 iVm Art. 135 Abs. 4 und 139 B-VG beim Verfassungsgerichtshof zu beantragen.

 

Es besteht kein subjektives Recht der Bf darauf, dass das Verwaltungsgericht von seinem Anfechtungsrecht im Sinne des Art. 89 Abs. 2 B-VG Gebrauch macht (VwGH 20. Oktober 2010, 2010/02/0057).

 

Dass die Bf letztlich eine höhere Geschwindigkeit als 30 km/h eingehalten hat, wird von ihr nicht bestritten. Der objektive Tatbestand des § 52 lit. a Z 10a StVO ist daher erfüllt.

 

Umstände, welche das Verschulden der Bf ausschließen würden, sind im Verfahren nicht hervorgekommen, weshalb gemäß § 38 VwGVG iVm § 5 Abs. 1 VStG von fahrlässigem Verhalten auszugehen und somit auch die subjektive Tatseite zu bejahen ist. Einer geprüften Kraftfahrzeuglenkerin wie der Bf muss die sorgfältige Beachtung der Verkehrszeichen zugemutet werden.

 

2. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG iVm § 38 VwGVG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG iVm § 38 VwGVG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Nach der bezughabenden Strafbestimmung des § 99 Abs. 3 lit. a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges u.a. gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes verstößt und sein Verhalten nicht nach Abs. 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist. 

 

Die Behörde ging bei der Bemessung der Strafe offensichtlich von einem monatlichen Einkommen der Bf in Höhe von ca. 1.400 Euro, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten aus. Die Bf hat diesen Bemessungsgrundlagen nicht widersprochen, weshalb von diesen Grundlagen auch im Beschwerdeverfahren ausgegangen werden konnte.

 

 

Nach verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung ist dann mit einer Einschätzung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse vorzugehen, wenn der Beschuldigte im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens Angaben über diese Umstände verweigert. Er hat es in diesem Fall seiner unterlassenen Mitwirkung zuzuschreiben, sollte die Behörde über diese Einschätzung zu seinem Nachteil Umstände unberücksichtigt gelassen haben, die ohne seine Mitwirkung der Behörde nicht zur Kenntnis gelangen konnten (VwGH 22. April 1992, 92/03/0019; 21. Jänner 2012, 2009/05/0123).

 

Strafmildernd hat die Behörde die bisherige Unbescholtenheit der Bf gewertet, Straferschwerungsgründe wurden nicht festgestellt.

 

Das Ausmaß der begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung (17 km/h) ist isoliert betrachtet nicht eklatant. Im Hinblick darauf, dass die zulässige Höchstgeschwindigkeit aber lediglich 30 km/h betrug und die Bf diese erlaubte Geschwindigkeit um 17 km/h (= 56,6 %) überschritten hat, ist eine Gefährdung der Schutzinteressen der verletzten Norm des § 52 lit. a Z 10a StVO, welche die Erhöhung der Verkehrssicherheit bezweckt, abzuleiten und das Verschulden der Bf an der Übertretung nicht als geringfügig anzusehen.

   

Vor diesem Hintergrund erachtet das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich  die von der belangten Behörde verhängte Geldstrafe in Höhe von 50 Euro tat- und schuldangemessen und aus spezialpräventiver Sicht in der festgesetzten Höhe erforderlich, um die Bf künftig von weiteren einschlägigen Tatbegehungen abzuhalten und entsprechend darauf hinzuweisen, dass die Einhaltung der erlaubten Höchstgeschwindigkeiten im Ortsgebiet von wesentlicher Bedeutung ist. Auch aus dem Blickwinkel der Generalprävention steht dieser Strafzumessung nichts entgegen.

 

Die festgesetzte Geldstrafe ist an der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens angesiedelt und beträgt 6,8 % der möglichen Höchststrafe. Im Hinblick auf den gesetzlichen Strafrahmen von bis zu 726 Euro kann die verhängte Geldstrafe nicht als überhöht angesehen werden. Für eine Strafherabsetzung findet sich daher kein Ansatz. Die Ersatzfreiheitsstrafe wurde in angemessenem Verhältnis zur verhängten Geldstrafe mit 34 Stunden festgesetzt.

 

Auch ein Absehen von der Bestrafung und Erteilung einer Ermahnung im Sinne des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG kommt nicht in Betracht, da die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden der Bf – wie oben dargestellt - nicht als gering zu werten sind. Das Einkommen in der angenommenen Höhe wird der Bf die Bezahlung der Verwaltungsstrafen in jedem Fall problemlos ermöglichen.

3. Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens zu leisten hat. Dieser Beitrag ist  Abs. 2 leg. cit. zufolge für das Beschwerdeverfahren mit 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit 10 Euro zu bemessen.

 

In diesem Sinne war der Bf für das Beschwerdeverfahren daher ein Betrag in der Höhe von 10 Euro vorzuschreiben.

 

 

IV.

 

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

Für die Bf ist die Möglichkeit zur Revisionserhebung gemäß § 25a Abs.4 VwGG ex lege ausgeschlossen.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

 

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde/der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

 

 

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

Dr.  Markus  B r a n d s t e t t e r