LVwG-750334/20/BP/SA

Linz, 12.04.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Dr. Bernhard Pree über die Beschwerde des A F, geb. x, vertreten durch RA Prof. Dipl.-Ing Mag. iur. A R, W, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft S vom 8. Juni 2015, GZ: Sich01-257-2015, mit dem der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Waffenpasses abgewiesen wurde,

 

zu Recht   e r k a n n t:

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm. §§ 21 Abs. 2 und 22 Abs. 2 des Waffengesetzes 1996, BGBl. I Nr. 12/1997, in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 161/2013, wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art.133 Abs.4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.               

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft S wies mit Bescheid vom 8. Juni 2015, GZ: Sich01-257-2015, den Antrag des Beschwerdeführers (im Folgenden: Bf) vom 19. Mai 2015 auf Ausstellung eines Waffenpasses gemäß § 21 Abs.2 Waffengesetzes 1996 – WaffG ab.

 

In der Begründung führte die belangte Behörde ua. wie folgt aus:

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist es grundsätzlich allein Sache des Waffenpasswerbers, das Vorliegen eines Bedarfes zum Führen genehmigungspflichtiger Schusswaffen nachzuweisen und im Anwendungsbereich des § 22 Abs 2 Waffengesetz die dort geforderte besondere Gefahrenlage, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann, glaubhaft zu machen. Der Waffenpasswerber hat daher im Verwaltungs-verfahren konkret und in substantieller Weise im Einzelnen darzutun, woraus er für seine Person die geforderte besondere Gefahrenlage ableite, dass diese Gefahr für ihn gleichsam zwangsläufig erwachse und dass es sich hierbei um eine solche qualifizierte Gefahr handle, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden könne.

Bloße Vermutungen und Befürchtungen einer möglichen Bedrohung reichen zur Dartuung einer Gefährdung nicht aus, solange sich Verdachtsgründe nicht derartig verdichten, dass sich schlüssig eine konkrete Gefährdung ergibt (vgl dazu das Erkenntnis des VwGH vom 18.10.2005, ZI 2005/03/0066, unter Hinweis auf Vorjudikatur).

Die bloße Möglichkeit, dass sich etwas ereignen könnte (hier: theoretische Möglichkeit, dass jemand, der eine gefährliche Drohung ausstößt, diese auch verwirklichen könnte), ist keine konkrete Darlegung einer besonderen Gefahrenlage iSd § 22 Abs 2 WaffG. (Hier: Der Bf hat die Ausstellung eines Waffenpasses mit der Begründung beantragt, er sei in unzähligen Anrufen und mit SMS stark belästigt worden und seine Gattin und seine Kinder könnten deshalb nicht mehr schlafen. Sein Nachbar halte ihn für „den Hauptverdächtigen Mörder seiner Katzen" und dieser Nachbar werde, wenn er den Täter gefunden habe, diesen Täter fürchterlich bestrafen.)

Es liegt mit Rücksicht auf die maßgeblichen zeitlichen Umstände, kein konkretes, erhöhtes oder sonst nachvollziehbares Sicherheitsrisiko vor, welches den Besitz eines Waffenpasses rechtfertigt.

 

Die Tatsache, dass der Werber im Besitz einer gültigen Waffenbesitzkarte mit 60 B-Waffen und 4 A-Waffenplätzen ist, erhöht in keiner Weise die Gefährdungslage durch seinen Nachbarn und ist keinesfalls ein Argument zur Erteilung eines Waffenpasses, sondern gibt höchstens Hilfestellung bei der Beurteilung der Verlässlichkeit, des Werbers..

 

Allfällige angeführte Verstöße des Nachbarn, im Rahmen des Strafgesetzes, (Z.B. Nötigung, gefährliche Drohung, beharrliche Verfolgung) sind Sache von polizeilichen Ermittlungen (Anzeige) und allfälligen gerichtlichen Be- oder Verurteilungen.

 

 

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, rechtzeitig bei der Bezirkshauptmannschaft S eingebrachte Beschwerde des rechtsfreundlich vertretenen Bf vom 23. Juni 2016, worin ua. ausgeführt wird:

 

(...)

 

Diese gesetzlichen Gegebenheiten haben zur Folge, daß Personen einen Rechtsanspruch auf Ausstellung eines Waffenpasses haben, die EWR-Bürger sind, verläßlich sind, das 21. Lebensjahr vollendet haben und einen Bedarf zum Führen Schußwaffen der Kategorie B nachweisen.

 

Dieser Rechtsanspruch auf Ausstellung eines Waffenpasses setzt einen Bedarf zum Führen von Schußwaffen der Kategorie B voraus. § 22 Abs. 2 WaffG nennt demonstrativ ein Beispiel, unter welchen Voraussetzungen ein Bedarf gegeben ist, nämlich in dem näher umschriebene Gefahrenlagen glaubhaft gemacht werden. Es handelt sich dabei gleichsam um „eine vom Gesetzgeber vorgenommene Abwägung zwischen den Privatinteressen desjenigen, der eine [Schußwaffe der Kategorie B] zu führen beabsichtigt, und den entgegenstehenden öffentlichen Interessen." Aus der Formulierung „jedenfalls", in § 22 Abs. 2 WaffG ist abzuleiten, daß auch andere Umstände bedarfsbegründend sein können.

 

Das in § 22 Abs. 2 WaffG genannte Beispiel eines Bedarfes knüpft

• erstens an „besonderen Gefahren" an, die

• zweitens außerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder der eingefriedeten Liegenschaften des Betroffenen für ihn bestehen müssen, und denen

• drittens „am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann".

 

Der VwGH fordert in diesem Sinne „das Vorhandensein einer Gefahrenlage [...], die sich vom Sicherheitsrisiko, dem jedermann, namentlich außerhalb seines Wohn- oder Betriebsbereiches oder seiner eingefriedeten Liegenschaften ausgesetzt ist, deutlich erkennbar abhebt". (Keplinger/Löff, Waffengesetz, Praxiskommentar3, § 22 Abs. 2 WaffG, S. 178f,2.f)

 

2. Im angefochtenen Bescheid wird ausgeführt, daß bloße Vermutungen und Befürchtungen einer möglichen Bedrohung zur Dartuung einer Gefährdung nicht ausreichen würden, solange sich Verdachtsgründe nicht derartig verdichten würden, daß sich schlüssig eine konkrete Gefährdung ergäbe. Diese Judikatur ist völlig unbestritten, im gegenständlichen Fall liegen aber keinesfalls bloße Vermutungen und Befürchtungen einer möglichen Bedrohung vor, sondern wurde ich bereits in der Vergangenheit — mehrfach — gefährlich bedroht. Diese Bedrohungen sind manifest und ergibt sich aus dieser Bedrohung schlüssig eine konkrete Gefährdung.

 

Angemerkt wird, daß das WaffG im Zusammenhang mit dem erforderlichen Bedarf für die Ausstellung eines Waffenpasses von besonderen Gefahren spricht, denen der Waffenpaßwerber ausgesetzt ist. Das WaffG verlangt nicht, daß der Waffenpaßwerber durch einen gefährlichen Angriff bereits verletzt oder getötet wurde.

 

Auch wenn die Judikatur des VwGH zur Frage des Bedarfes nicht als „liberal" zu bezeichnen ist, so muß doch auch auf die Judikatur des VwGH hingewiesen werden, wonach der VwGH auch erkannt hat, daß der Begriff „Bedarf  „nicht zu eng auszulegen" sei (mit

Judikaturnachweisen Hauer/Keplinger, Waffengesetz 1996, Kurzkommentar, § 22 WaffG, S. 125,I.).

 

Die konkrete Gefährdung ergibt sich aus folgenden Vorfällen:

Die Bedrohungen begangen am 04.07.2013 durch meinen Nachbarn M L, der mich mit dem Umbringen bedrohte, weil er vermutete, ich habe zwei seiner Katzen getötet.

 

Am 04.07.2013 saßen meine Ehegattin und ich auf unserer Terrasse. Das Grundstück ist gegenüber dem Nachbarn nicht eingefriedet und kommt M L auf unsere Terrasse und sagt beinahe wörtlich: „So, nur damit ihr Bescheid wisst, wegen meiner verschwundenen zwei Katzen war ich bei der Polizei und habe eine Anzeige gemacht. Außerdem habe ich 15.000,00 Euro Belohnung ausgesetzt für den Hinweis auf den Mörder meiner Katzen. Wer meine Katzen erschossen hat wird das Bedauern, der weiß nicht was ich früher gemacht habe, den laß ich leiden und bring ihn qualvoll um. Dafür gehe ich gerne zehn Jahre in den Knast. Und du bist sowieso mein Hauptverdächtiger, du kannst sie leicht erschossen haben. In der Früh waren noch alle vier Katzen da und am Abend fehlten zwei davon. Nur weil sie immer in deinen Garten geschissen haben und vor eurem Vogelhaus die Vögel gefressen haben. "

 

Im Rahmen dieses „Gespräches" wurde immer wiederholt: „Ich werde nicht eher ruhen, bis ich den Mörder meiner Katzen gefunden und getötet habe und du bist mein Hauptverdächtiger. "

 

„Ich bin über euch alle in S in informiert, ich beobachte euch in der Nacht und schau in eure Fenster. " Dabei zählte M L verschiedene Beispiele auf, was er in der Nacht in unseren Fenstern beobachtet hätte. Diese Beispiele trafen zu hundert Prozent zu, sodaß erwiesen ist, daß L meine Familie und mich tatsächlich auch in der Nacht beobachtet.

 

„Ich bin fertig mit S, aber ich kann nicht fort von hier weil ich querst den Katzenmörder zur Strecke bringen muß, der wird fürchterlich bestraft, da nehm ich alles dafür in Kauf, auch den Knast und du bist der Hauptverdächtige, ich habe es zu meiner Lebensaufgabe gemacht — ich lebe nur mehr dafür, es ist für mich, wie wenn jemand meinem Sohn etwas angetan hätte. "

 

Aufgrund dieser eindeutigen gefährlichen Drohung im Sinne des § 107 StGB habe ich auch eine entsprechende Anzeige bei der Polizei gemacht.

 

Kurz darauf erhielt ich regelmäßig anonyme nächtliche Anrufe und auch verschiedenste SMS. Auch dies habe ich der Polizei gemeldet, worauf ich einige DrohSMS erhalten habe. Danach war für kurze Zeit Pause und seit einigen Monaten finden die nächtlichen anonymen Anrufe wieder regelmäßig statt. Die entsprechenden SMS habe ich der Polizei übergeben.

 

Lediglich wenige SMS sind noch auf meinem Mobiltelefon. So z.B.:

 

„Guten Morgen zuerst einmal, du Opfer. Ich weis was du gemacht hast (20.08.2014)

 

Du feige Sau geh zum Telefon (31.08.2014)

 

Die Polizei von S hat sich bei mir gemeldet. Bin morgen dort mit allen Unterlagen. Ich hoffe Herr F sie haben alle Waffen was Sie verkauft haben auch die nötigen Unterlagen. Sie haben mich angezeigt selber Schuld. (04.09.2014)

 

Hallo P sag deinem Mann er soll die Hände lassen von meiner Frau. Sonst schneide ich ihm die Eier ab. " (21.09.2014)

 

Beweis: PV

P F, S 67, F

 

Auch in der allerletzten Zeit kam es wieder zu massiven gefährlichen Drohungen:

 

Am 12.05.2015 sitze ich mit meiner Ehegattin und meiner Tochter abends im Garten. Zu diesem Zeitpunkt schreit M L zu meiner Frau herüber:

„Sag deinem Mann er soll aufhören Scheiße über mich zu erzählen, sonst kracht es bald gewaltig. "

 

Meine Frau antwortete: „Ich weiß nicht, wovon du redest."

 

Meine Tochter sagt daraufhin (hörbar für L) zu meiner Ehegattin: „Laß ihn reden — ignoriere ihn."

 

Daraufhin L: „Jetzt hat sich die Kleine auch eingemischt, die soll gefälligst ihren Mund halten."

 

Am Samstag, den 16.05.2015 grille ich mit meiner Familie in meinem Garten. Ich sitze mit meiner Familie am Tisch und kommt Herr L an die Grundstücksgrenze und ruft mich heftig an: „He F, wenn du nicht aufhörst blöde Sachen über mich zu erzählen wird was Schlimmes passieren, mir reichts."

 

Meine Antwort: „Was meinst du?"

 

L: „Du hast zweimal beim Finanzamt angerufen, daß die mich prüfen sollen und beim Vermieter machst du mich auch schlecht....."

 

Meine Antwort darauf war, L möge mich doch in Ruhe lassen, ich würde auf diesem Niveau keine Unterhaltung führen.

 

Beweis: PV

P F

M F, S 67, F

 

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, daß L mir angedroht hat mich fürchterlich zu bestrafen und zu töten. L würde dafür auch den Knast in Kauf nehmen. Es sei seine Lebensaufgabe mich fürchterlich zu bestrafen. Er lebt nur dafür, das Verschwinden seiner Katzen sei für ihn so, wie wenn jemand seinem Sohn etwas angetan hätte.

Auch die Bedrohung, daß es bald gewaltig krachen würde und er mir meine „Eier abschneiden" würde, ist heftig und alles andere als eine milieubedingte Unmutsäußerung.

 

Im Hinblick auf die enorme Wut die mir L entgegenbringt und im Hinblick auf sein aggressives, drohendes Verhalten und im Hinblick darauf, daß er selbst angibt, der „Knast" würde ihn nicht stören, zeigt, daß L durchaus bereit ist, seine Drohungen umzusetzen.

 

Betonen möchte ich auch, daß ich ein friedfertiger Mensch bin, ich habe weder die Katzen von L getötet noch habe ich L beim Finanzamt angezeigt, oder habe ihn bei seinem Vermieter angeschwärzt.

 

Ich versuche vielmehr den Kontakt zu L zu meiden, was aber aufgrund der unmittelbaren Nachbarschaft unmöglich ist. L sieht mich nun einmal praktisch jeden Tag mehrmals, sei es beim Betreten meines Hauses, sei es im Garten oder sei es sogar durch die Fenster.

 

Ich und meine Familie sind unschuldige Opfer eines unbegründeten Hasses durch L.

 

Beweis: wie bisher

 

4.   Aus  den angeführten Gründen sind die Voraussetzungen  für die Ausstellung eines Waffenpasses gegeben.

 

Ich stelle daher nachstehende

 

Beschwerdeanträge:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft S möge diese Beschwerde dem zuständigen

Verwaltungsgericht vorlegen;

 

2. dieses möge eine mündliche Beschwerdeverhandlung anberaumen, den angefochtenen

Bescheid beheben und meinem Antrag auf Ausstellung eines Waffenpasses stattgeben; in

eventu

3. den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur Verfahrensergänzung an die belangte Behörde zurückverweisen.

 

 

3.1. Die Bezirkshauptmannschaft S legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Schreiben vom 15. März 2016 zur Entscheidung vor.

 

3.2. Mit E-Mail vom 30. März 2016 übermittelte der Rechtsvertreter des Bf eine vorbereitende Äußerung, in der ua. wie folgt ausgeführt wird: 

 

In umseits rubrizierter Rechtssache erstatte ich zur Vorbereitung der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durch meinen ausgewiesenen Vertreter nachstehende

 

vorbereitende Äußerung,

die ausgeführt wird wie folgt:

 

1. Mein Vorbringen aus meiner Beschwerde vom 23.06.2015 bleibt vollinhaltlich aufrecht.

 

Zur Besonderen Gefährdung verweise ich auf die mehrfach vorgebrachten und massiven Drohungen gegen meine Person und gegen meine Familie.

 

2. Ergänzend möchte ich noch auf nachstehende Vorfälle hinweisen:

 

Im Sommer 2015 sitze ich mit meiner Ehegattin auf unserer Terrasse, welche unmittelbar vom Haus in den Garten führt. Das heißt man kann auf die Terrasse direkt aus meinem Haus und direkt aus dem (nicht eingezäunten) Garten meines Hauses gehen.

 

Plötzlich muß ich feststellen, daß Herr L mit einem langen Stock „bewaffnet" auf mein Grundstück kommt. Zu diesem Zeitpunkt wußte ich in keinster Weise welche Motive Herr L zum Betreten meines Grundstückes hatte.

 

Ich habe Herrn L sofort aufgefordert das Grundstück zu verlassen. Da Herr L darauf nicht reagierte, habe ich mit kräftiger Stimme (aber nicht geschrien) er solle sofort das Grundstück verlassen.

 

Antwort L (nahezu wörtlich): „Ist ja nicht deins, gehört sicherlich der Bank."

 

Ich antwortete darauf nahezu wörtlich: „Sicherlich nicht, aber das geht dich nichts an."

 

L (sinngemäß): „Schau, ich habe noch immer das deutsche Kennzeichen bei meinem Auto und hab noch immer keinen Wohnsitz hier gemeldet — bin ja nur zu Besuch hier." (hämisches Lachen)

(Mit dieser Aussage spielte Herr L vermutlich darauf an, daß er längst sein Auto hätte ummelden müssen und die NOVA abführen müssen. Da er aber in S offiziell nicht gemeldet ist, könne er sich die Ummeldung und die NOVA „sparen". Aus einem anderen Vorfall ist mir auch bekannt, daß durch dieses Verhalten es Herr L vermutlich erreichen wollte, daß seine „offiziell alleinlebende" Lebensgefährtin Wohnbeihilfe bezieht.)

 

In der Folge ist Herr L wieder zurück auf das Nachbargrundstück gegangen. Von dort rief er zu mir herüber (nahezu wörtlich): „F, hast Angst vor mir, ich weiß es!! Du warst schon auf der Polizei wegen mir, weil du Angst hast vor mir und wolltest einen Waffenschein, aber die geben dir keinen!!" (schallendes und hämisches Lachen) „Ich erwisch dich schon!"

 

In der Folge hat die Lebensgefährtin von Herrn L die Polizei gerufen, weil ich Herrn L nicht auf mein Grundstück gelassen hätte um einen „entlaufenen Hasen" zu suchen.

 

Von einem gemeinsamen Bekannten habe ich weiters erfahren, daß Herr L nachstehendes in der Nachbarschaft über mich erzählen soll: Ich sei pädophil und lasse von meiner Tochter I seinen kleinen Sohn (ca. 3 Jahre) nackt fotografieren. Danach würde ich diese Bilder ins Internet stellen, so würde ich meinen 'Lebensunterhalt verdienen. Meine Kinder würden in der Nachbarschaft nirgends mehr reindürfen, weil sie überall gestohlen hätten. Meine Gattin würde in der Arbeit stehlen. Ich hätte die Absicht bei Herrn L einzubrechen. Herr L würde sich an mir rächen und wenn er es nicht persönlich macht, aus Liebe zu seinem Kind und seiner Frau, würde er mir die örtlichen H A auf den Hals hetzen.

 

Ein weiterer Vorfall ereignete sich ebenfalls im Sommer 2015, ich sitze auf der Terrasse, lese ein Buch und schreit Herr L herüber (nahezu wörtlich): „F, sitzt auf der Terrasse und lachst, dir wird das Lachen schon no vergehen." (18.07.2015)

Vorfall 22.07.2015: Ich gehe von der Terrasse hinunter zu meiner Garage und schreit Herr L (völlig ohne jeden Anlaß) durch die Thujen zu mir herüber: „F, dir wird dein Lachen bald vergehen!!"

 

Soweit mir bekannt ist dürfte nunmehr Herr L nicht mehr auf der gegenständlichen Liegenschaft dauernd aufhältig sein, sodaß sich die Drohung entsprechend reduziert haben. Die Gefährdung ist aber weiterhin voll gegeben, da Herr L vermutlich in der Nähe meines Wohnhauses (in Deutschland) wohnt und somit eine Nahebeziehung weiters gegeben ist.

 

Weiters hat Herr L mehrfach auch gedroht mir andere Personen (z.B. H A) „auf den Hals zu hetzen". Daß die unmittelbare Nachbarschaft jetzt nicht mehr besteht hat zwar die Situation verbessert, die Gefährdung ist aber damit nicht ausgeräumt.

 

Beweis: PV

P F

M F

 

3.     Aus den angeführten Gründen halte ich meine bis dato gestellten Anträge vollinhaltlich aufrecht.

 

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und das Beschwerdevorbringen.

 

Zusätzlich wurde am 11. April 2016 eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durchgeführt.

 

5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem relevanten Sachverhalt aus:

 

Der Bf wurde am 4. Juli 2013 von seinem Nachbarn bezichtigt verantwortlich für den Tod dessen 2 Katzen zu sein und in der Folge von diesem vielfach verbal attackiert und auch bedroht. Weiters erhielt der Bf – mutmaßlich von diesem Nachbarn – SMS mit aggressivem und provozierendem Inhalt. Diesbezügliche Anzeigen führten jedoch zu keiner strafgerichtlichen Verfolgung. Im Sommer 2015 ereigneten sich noch mehrere Situationen, in deren Rahmen der Nachbar dem Bf androhte, er werde ihn schon noch erwischen. Diese und ähnliche verbale Ausbrüche endeten mit Spätsommer. Der Nachbar wie auch dessen Lebensgefährtin, bei der jener – nicht polizeilich gemeldet – wohnhaft war, verzogen im Dezember / Jänner 2015 / 2016. Der Bf sah den ehemaligen Nachbarn zwar seither, doch kam es zu keinerlei verbalen Auseinandersetzungen.  

 

6. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist gemäß § 2 VwGVG zur Entscheidung durch Einzelrichter berufen, zumal das Materiengesetz keine Senatszuständigkeit vorsieht.

 

 

II.             

 

Im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung schilderte der Bf zunächst eingehend die verschiedenen Vorkommnisse im Zusammenhang mit der Verdächtigung des Nachbarn dem Bf gegenüber, dass er 2 seiner Katzen ermordet habe. Die verbalen Ausbrüche des Nachbarn wurden vom Bf durchaus glaubhaft dargestellt und im Übrigen auch von der Gattin des Bf, die als Zeugin geladen war, bestätigt. Die Schilderungen betrafen vor allem das Jahr 2013 und den Sommer 2015.

 

Angemerkt muss werden, dass der Bf den Umstand, dass nicht nur der ehemalige Nachbar, sondern auch dessen Lebensgefährtin, die an der Nachbaradresse polizeilich gemeldet war, zum Jahreswechsel 2015 / 2016 von der Nachbarliegenschaft verzogen waren, geflissentlich nicht erwähnt wurde. Erst den Aussagen der beiden Zeuginnen (Gattin und Tochter des Bf) konnte diese Information entnommen werden. Die Darstellungen des Bf, dass ein fortgesetztes und aktuelles Bedrohungsszenario weiterhin bestehe, erschienen wenig schlüssig, da der Bf nur schilderte den ehemaligen Nachbarn vom Auto aus fallweise gesehen zu haben oder in anderen Situationen diesem ausgewichen zu sein. Dass der Nachbar seit dem Sommer 2015 in welcher Form auch immer aktiv auf den Bf zugegangen wäre, behauptete der Bf selbst nicht einmal.

 

Vor allem die Aussage der Tochter des Bf gewann dadurch an Glaubwürdigkeit, dass sie sehr sachlich und nachvollziehbar präsentiert wurde. Die von der Gattin geschilderte Angst vor dem ehemaligen Nachbarn war zwar zum damaligen Zeitpunkt wohl tatsächlich vorhanden, scheint aber aktuell nicht nachvollziehbar.  

 

 

 

 

III.            

 

1. Gemäß § 21 Abs. 2 des Waffengesetzes 1996 – WaffG, BGBl. I Nr. 12/1997, in der Fassung BGBl. I Nr. 161/2013, hat die Behörde verlässlichen EWR-Bürgern, die das 21. Lebensjahr vollendet haben und einen Bedarf zum Führen von Schusswaffen der Kategorie B nachweisen, einen Waffenpass auszustellen. Die Ausstellung eines Waffenpasses an andere verlässliche Menschen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben, liegt im Ermessen der Behörde.  

 

Gemäß § 22 Abs. 2 WaffG ist ein Bedarf im Sinne des § 21 Abs 2 jedenfalls als gegeben anzunehmen, wenn der Betroffene glaubhaft macht, dass er außerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder seiner eingefriedeten Liegenschaften besonderen Gefahren ausgesetzt ist, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann.

 

Gemäß § 19 Abs. 1 sind Schusswaffen der Kategorie B Faustfeuerwaffen, Repetierflinten und halbautomatische Schusswaffen, die nicht Kriegsmaterial oder verbotene Waffen sind.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 WaffG führt eine Waffe, wer sie bei sich hat.

 

Gemäß § 7 Abs. 2 WaffG führt eine Waffe jedoch nicht, wer sie innerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder eingefriedeten Liegenschaften mit Zustimmung des zu ihrer Benützung Berechtigten bei sich hat.

 

2.1. In § 21 Abs. 2 WaffG sieht der Gesetzgeber im (hier anzuwendenden) ersten Satz der Bestimmung 3 Tatbestandselemente vor, bei deren Vorliegen ein Waffenpass für Waffen der Kategorie B von der Behörde (ohne Ermessen) auszustellen ist. Sowohl die Verlässlichkeit als auch die Vollendung des 21. Lebensjahres sind im in Rede stehenden Fall unbestritten und sohin nicht weiter zu erörtern. Anders aber verhält es sich bei dem Tatbestandselement des Bedarfes, der vom Bf nachzuweisen ist. Hier ist insbesondere auf § 22 Abs. 2 WaffG Bedacht zu nehmen.  

 

2.2. Gemäß § 22 Abs. 2 WaffG ist ein Bedarf im Sinne des § 21 Abs. 2 leg. cit. wie oben angeführt jedenfalls als gegeben anzunehmen, wenn der Betroffene glaubhaft macht, dass er außerhalb von Wohn- und Betriebsräumen oder seiner eingefriedeten Liegenschaften besonderen Gefahren ausgesetzt ist, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt entgegnet werden kann.

 

2.3. Zunächst ist auf die Wortwahl des Gesetzgebers „jedenfalls“ hinzuweisen, wonach die in § 22 Abs. 2 WaffG angeführten Tatbestandselemente nicht als abschließend anzusehen sind, da es daneben auch noch weitere Fallgruppen geben kann. Allerdings sei dazu angemerkt, dass die Grundintention einer restriktiven Gewährung von waffenrechtlichen Dokumenten, die dem Waffengesetz innewohnt, keinesfalls unterlaufen oder aufgeweicht werden soll. Im Gegenteil können hier nur Fallgruppen angenommen werden, bei denen das konkrete Gefährdungspotential und der Gebrauch der Waffe als ultima ratio in vergleichbarer Intensität angenommen werden. 

 

2.4. Ausgehend von der geltenden Rechtslage ist es allein Sache des Waffenpasswerbers, das Vorliegen eines Bedarfes zum Führen genehmigungspflichtiger Schusswaffen nachzuweisen und im Anwendungsbereich des § 22 Abs. 2 WaffG die dort geforderte besondere Gefahrenlage, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann, glaubhaft zu machen. Der Waffenpasswerber hat daher – macht er eine besondere Gefährdung geltend – im Verwaltungsverfahren konkret und in substanzieller Weise im Einzelnen darzutun, woraus er für seine Person die geforderte besondere Gefahrenlage ableitet, dass diese Gefahr für ihn gleichsam zwangsläufig erwächst und dass es sich hierbei um eine solche qualifizierte Gefahr handelt, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann. Bloße Vermutungen und Befürchtungen einer möglichen Bedrohung reichen zur Dartuung einer Gefährdung nicht aus, solange sich Verdachtsgründe nicht derart verdichten, dass sich schlüssig eine konkrete Gefährdung ergibt (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 19.12.2006 2005/03/0035; vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 2006, Zl. 2005/03/0062).

 

3.1. Als bedarfsbegründende Aspekte bringt der Bf im vorliegenden Fall insbesondere vor, dass er seit Sommer 2013 von seinem Nachbarn mehrfach mit dem Umbringen bedroht worden sei, weil jener ihn verdächtigte 2 seiner Katzen erschossen zu haben. Diese Situation gipfelte wiederum im Sommer 2015. Die geschilderten Aussprüche und Drohungen des Nachbarn sind grundsätzlich zwar durchaus geeignet ein gewisses konkretes Gefährdungspotential anzunehmen, jedoch muss schon hier darauf hingewiesen werden, dass die Handlungen des Nachbarn auch damals schon zu keinerlei über Verbalattacken bzw. mutmaßlich Droh-SMS hinausgehende Aktionen führten. Angesichts eines Zeitraums von immerhin 2 Jahren, in denen sich keine konkrete Bedrohung für Leib, Leben, Gesundheit oder Eigentum des Bf äußerte, lässt sich das konkrete Gefährdungspotential auch im damaligen Zeitpunkt nicht als besonders hoch einschätzen. Auch ist darauf hinzuweisen, dass die Strafrechtspflege keine Veranlassung fand, die Anzeigen des Bf weiterzuverfolgen. Keinesfalls aber wäre anzunehmen, dass den – fraglos bedenklichen - Äußerungen des Nachbarn am Zweckmäßigsten mit Waffengewalt begegnet werden hätte können.

 

Für die vom Bf geschilderten Situationen erschien der Rückgriff auf bewaffnete Exekutivorgane völlig ausreichend, wobei es zu keiner Situation kam, in der diese hätte konkret wegen einer Gewalteskalation eingreifen müssen.

 

3.2. Spätestens seit dem Jahreswechsel 2015 / 2016 mutierte das Gefährdungspotential aber zu einer Befürchtung, da der Nachbar (wie auch dessen Lebensgefährtin) zu diesem Zeitpunkt den Wohnsitz auf der Nachbarliegenschaft des Bf aufgab. Die geschilderten verbalen Attacken spielten sich aber sämtlich im Grenzbereich dieser Liegenschaften ab. Der Bf gibt zwar an, den Nachbarn seitdem vom Auto aus gesehen zu haben oder ihm, sofern es ein Zusammentreffen anderorts gegeben hätte, aus dem Weg gegangen zu sein, jedoch ist unbestritten, dass nicht einmal der Bf selbst behauptet, vom ehemaligen Nachbarn in auch nur irgend einer Weise kontaktiert, geschweige denn bedroht worden zu sein. Ein konkretes Gefährdungsszenario ist also jedenfalls aktuell nicht anzunehmen.

 

3.3. Dem Waffengesetz wohnt eine durchgängige Grundhaltung inne, die einen restriktiven Zugang bei der Ausstellung von waffenrechtlichen Genehmigungen dokumentiert, was sich nicht zuletzt ua. in der Bestimmung des § 10 manifestiert, wo das öffentliche Interesse „an der Abwehr der mit dem Waffengebrauch verbundenen Gefahren“ betont wird.

 

In diesem Sinn ist zur Beurteilung der Frage des Bedarfes schon aus der Formulierung, „besondere Gefahren, denen am Zweckmäßigsten durch Waffengewalt wirksam begegnet werden kann“ abzulesen, dass hier Fallgruppen angesprochen sind, die quasi der ultima ratio des Waffeneinsatzes bedürfen. Demnach sind solche nicht umfasst, die am Ehesten durch Deeskalation, durch Anzeigeerstattung oder auch durch den Einsatz von gelinderen Mitteln als dem Führen einer Schusswaffe gelöst werden können.

 

In diesem Sinn ist aber festzuhalten, dass die vom Bf geschilderten Situationen, die im Übrigen schon relativ lange zurückliegen – nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich – nicht geeignet sind, als ultima ratio das Führen einer Schusswaffe zu bedingen.

 

3.4. Zusammengefasst ist also festzuhalten, dass dem Bf ein Nachweis des Bedarfes gemäß § 21 Abs. 2 iVm. § 22 Abs. 2 WaffG nicht gelungen ist. 

 

4. Es war also im Ergebnis die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

IV.          Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art.133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Bernhard Pree