LVwG-600067/11/Bi/SA

Linz, 10.02.2014

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Bissenberger über die Beschwerde der Frau T Y, S, S, vertreten durch Herrn Dr. K P, M, Leiter L, S, S, vom 13. Dezember 2013 gegen den Bescheid des Landespolizeidirektors von vom 10. Dezember 2013, S-4857/ST/13, wegen Zurückweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Angelegenheit eines Verwaltungsstrafverfahrens wegen Übertretung des KFG 1967, aufgrund des Ergebnisses der am 6. Februar 2014 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht  e r k a n n t:

 

 

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und der in Beschwerde gezogene Bescheid aufgehoben.

 

 

II. Gemäß § 52 Abs.8 VwGVG entfällt ein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens.

 

 

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid wurde der Antrag der Beschuldigten vom 5. Dezember 2013 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Verwaltungs­strafverfahren S-4857/ST/13 wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 82 Abs.2 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 auf der Grundlage des § 71 Abs.1 AVG zurückgewiesen.

Die belangte Behörde führte begründend aus, die Beschwerdeführerin habe den Antrag auf Wiedereinsetzung mit einem Fristversäumnis begründet, welches durch ein unabwendbares und unvorhergesehenes Ereignis entstanden sei. Nach den Angaben im Antrag habe die Erfahrung gezeigt, dass es immer wieder zu irrtümlichen Zustellungen von Poststücken komme und die am Werksgelände S ansässigen Unternehmen des Öfteren verwechselt würden. Wenn der Beschwerde­führerin aus Erfahrung bereits bekannt sei, dass es aufgrund interner Umstände oder Umstände der Situation am Firmensitz zu Zustellmängeln kommen könne, hätte sie darauf bereits im Vorfeld entweder in geeigneter Form in der Firma oder durch Information an die Behörde reagieren müssen, um Zustellmängel hintanzuhalten. Daher sei auch nicht von einem unabwendbaren unvorhergesehenen Ereignis auszugehen.

2. Dagegen hat die Rechtsmittelwerberin fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Diese Berufung ist nunmehr als Beschwerde gemäß § 7 VwGVG iVm Art.130 Abs.1 Z1 B-VG anzusehen, über die gemäß Art.131 B-VG das Landes­verwaltungsgericht OÖ  zu entscheiden hat. Am 6. Februar 2014 wurde eine mündliche Verhandlung am Sitz des Rechtsvertreters in Anwesenheit des  Rechtsvertreters der Beschwerde­führerin, Herrn Dr. P, sowie des Zeugen P F, Zusteller der Ö AG, durchgeführt. Die Vertreterin der belangten Behörde war entschuldigt. Auf die mündliche Verkündung der Erkenntnisses wurde verzichtet. 

 

3. Die Beschwerdeführerin macht im Wesentlichen geltend, sie habe gegen die (mangels Rechtsvertretung an sie ergangene) Strafverfügung der belangten Behörde vom 20. August 2013 fristgerecht Einspruch erhoben und daraufhin mit Schreiben der belangten Behörde vom 22. November 2013 eine „Mahnung zur Begleichung des Strafbetrages aufgrund des rechtskräftigen Strafbescheids vom 23. Oktober 2013“ erhalten. Auf Erkundigung ihres Rechtsvertreters sei diesem mitgeteilt worden, dass inzwischen zwei – nicht behobene – Rsa-Schreiben mittels Hinterlegung zugestellt worden seien. Daher sei die belangte Behörde von der Rechtskraft des Straferkenntnisses ausgegangen. Der Antrag auf Wieder­einsetzung vom 3. Dezember 2013 sei aber zu Unrecht zurückgewiesen worden. Beantragt wurde die Aufhebung dieses Bescheides sowie die Verfügung einer neuerlichen Zustellung der bisher ergangenen Rsa-Briefe, in eventu dem Wiedereinsetzungsantrag Folge zu geben sowie Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung während des laufenden Verfahrens.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, bei der der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin gehört, die Ausführungen der belangten Behörde berücksichtigt, die Örtlichkeiten S besichtigt und der damalige Zusteller zu den Zustellversuchen vom 16. September und 25. Oktober 2013 sowie der darauffolgenden Hinter­legung der Schriftstücke bei der Zustellbasis X unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 288 StGB zeugenschaftlich einvernommen wurde.

 

Das Beweisverfahren hat ergeben, dass der Rechtsvertreter der Beschwerde­führerin, der zugleich Verteidiger in Strafsachen und Abteilungsleiter der M, seinen Sitz im Gebäude S in S hat.  

Der Zusteller beider Schriftstücke  war laut Auskunft der Ö AG, Zustellbasis S, Herr P F.

 

Der Zeuge hat in der Verhandlung glaubhaft dargelegt, ihm sei von einer Frau, die bei der Immobilienverwaltung des Palais W beschäftigt sei, gesagt worden, das Zahnambulatorium sei Nr. X; ein Hausnummernschild fehle aber. Da die Adresse auf den Rsa-Briefen nur „Dr. K P, pA. S, S“ gelautet habe, habe er gemeint, das sei ein Zahnarzt, der im Zahnambulatorium beschäftigt sei, wobei dort nur eine Glastür aber niemand erreichbar gewesen sei, den er fragen hätte können. Er habe daher in beiden Fällen den jeweiligen Verständigungszettel beim Zahnambulatorium ins Postfach gelegt und den jeweiligen Rsa-Brief bei der Zustellbasis X hinterlegt.

Der Rechtsvertreter bestätigte, es sei richtig, dass das vorher im Palais W, S, situierte Zahnambulatorium nun im M S sei.

Geklärt wurde außerdem, dass der in Beschwerde gezogene Bescheid zwar an den Rechtsvertreter ohne Firmenzusatz gerichtet war, auf dem Rsa-Briefumschlag jedoch seine volle Anschrift mit Firmenzusatz stand; der Rsa-Brief wurde ihm am 12. Dezember 2013 zugestellt.

 

5. Das Landesverwaltungsgericht hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

Gemäß § 71 Abs.1 AVG, der gemäß § 24 VStG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:          

1. die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder

2. die Partei die Rechtsmittelfrist versäumt hat, weil der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.

Gemäß Abs.2 muss der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden und gemäß Abs.3 muss gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag die versäumte Handlung nachgeholt werden.

Aus dem Verfahrensakt ergibt sich, dass das an die Beschwerdeführerin „zH Herrn Dr. K P, p/A S, S“ gerichtete Straferkenntnis der belangten Behörde vom 23. Oktober 2013 laut Rsa-Rückschein nach einem erfolglosen Zustellversuch am 25. Oktober 2013 mit Beginn der Abholfrist am 28. Oktober 2013 bei der Zustellbasis 4402 hinterlegt wurde. Der Rsa-Brief wurde nicht abgeholt und am 19. November 2013 von der Post an die belangte Behörde zurückgeschickt. Nach Erhalt der Mahnung vom 22. November 2013 hat der Rechtsvertreter mit E-Mail vom 3. Dezember 2013 auf den offenen Einspruch gegen die Strafverfügung vom 20. August 2013 verwiesen und geltend gemacht, Rechtskraft sei nicht eingetreten, ein Strafbescheid nicht zugestellt worden. Gleichzeitig hat er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt, worauf die belangte Behörde ihm mitteilte, zwei Rsa-Schreiben seien an ihn zugestellt, aber nicht behoben worden. In der näheren Ausführung dieses Antrags vom 5. Dezember 2013 machte er geltend, er habe trotz regelmäßiger Anwesenheit an der Abgabestelle, den Büroräumlichkeiten der M in S, S, von keinem der Zustellversuche Kenntnis erlangt und Hinterlegungsverständigungen seien auch nicht in der zentralen Poststelle oder seinem Sekretariat eingetroffen. An der Anschrift S seien mehrere Firmen ansässig und er vermute, dass der Zustellversuch irrtümlich bei einem anderen Unternehmen erfolgt sei, wie es in der Vergangenheit durch Verwechslungen vorgekommen sei. Gleichzeitig hat der Rechtsvertreter Berufung gegen den Strafbescheid S-4857/St/13 erhoben und diese begründet.

Die formellen Voraussetzungen für den Wiedereinsetzungsantrag sind damit erfüllt und auch die Einbringung erfolgte fristgerecht. Ausgehend von der Hinterlegung des Straferkenntnisses erfolgte die Berufung nach Ablauf der Rechtsmittelfrist.

Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass der Zusteller in der Meinung, das Zahnambulatorium sei an der Adresse S und der Rechts­vertreter sei ein dort beschäftigter Zahnarzt – was aufgrund der Tatsache, dass seitens der belangten Behörde nicht die vollständige Adresse des Rechts­vertreters auf dem Rsa-Brief (ebenso wie bei der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 11. September 2013) angegeben worden  war, glaubhaft ist – die Hinterlegungsanzeige dort deponiert und den Rsa-Brief bei der Post hinterlegt hat, sodass der Rechtsvertreter nachvollziehbar ohne sein Verschulden weder vom Zustell­versuch noch von der Hinterlegung des Straferkenntnisses Kenntnis erlangen konnte. Die unrichtige Information des Zustellers durch die Mitarbeiterin der Immobilienverwaltung und dessen Vorgangsweise war für ihn weder vorhersehbar noch abwendbar, wobei im ggst Fall der Rechtsvertreter als Arbeitnehmer von M durch die Angabe seiner vollständigen Anschrift („M T & B Ö AG – Leiter L & I“) gegenüber der belangten Behörde Vorsorge getroffen hat, um Verwechslungen bei der Zustellung von an ihn als Verteidiger in Strafsachen gerichteten Schriftstücken zu verhindern.

Damit liegen die Voraussetzungen für eine Zurückweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht vor, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Da Sache des Beschwerdeverfahrens die Beschwerde gegen die Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrages ist, war nur über die Rechtmäßigkeit des Zurückweisungsbescheides zu befinden. 

 

 

Zu II:

Der Entfall eines Beitrages zum Beschwerdeverfahren gründet sich auf § 52 Abs.8 VwGVG.   

 

 

Zu III:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Bissenberger