LVwG-300700/11/BMa/SH

Linz, 07.11.2015

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag.a Gerda Bergmayr-Mann über die Beschwerde des T E G,  gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Linz-Land vom
8. April 2015, GZ.  SV96-104-2013, wegen Übertretung des Arbeits-vertragsrechts-Anpassungs­gesetzes (AVRAG), nach Durchführung einer öffentlichen münd­lichen Verhandlung

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.   Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird

        die Ersatzfreiheitsstrafe auf 200 Stunden herabgesetzt, im Übrigen

        wird die Beschwerde abgewiesen und das angefochtene Erkenntnis

        bestätigt.

 

 

II.   Für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht

        Oberösterreich ist gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG kein Kostenbeitrag zu

        leisten.

 

 

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche

       Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG

       unzulässig.

 

 

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Bescheid wurde der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

„Es wird Ihnen zur Last gelegt, folgende Verwaltungsübertretung(en) begangen zu haben:

 

Sie haben als Verantwortlicher der Firma x - x mit Sitz in x, K, B, verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass Sie als Arbeitge­ber mit Sitz in einem andern EWR-Mitglied­staat, die Arbeitnehmer

 

A A, geb. x, bulgarischer Staatsbürger

C M, geb. x, bulgarischer Staatsbürger

D P, geb. x, bulgarischer Staatsbürger

G N, geb. x, bulgarischer Staatsbürger

G T, geb. x, bulgarischer Staatsbürger

I D, geb. x, bulgarischer Staatsbürger

I H, geb. x, bulgarischer Staatsbürger

I I, geb. x, bulgarischer Staatsbürger

I M, geb. x, bulgarischer Staatsbürger

K I, geb. x, bulgarischer Staatsbürger

P K, geb. x, bulgarischer Staatsbürger

P D, geb. x, bulgarischer Staatsbürger

S I, geb. x, bulgarischer Staatsbürger

T D, geb. x, bulgarischer Staatsbürger

T M, geb. x, bulgarischer Staatsbürger

T S, geb. x, bulgarischer Staatsbürger

V V, geb. x, bulgarischer Staatsbürger

Z T, geb. x, bulgarischer Staatsbürger

 

am 05.04.2013 auf der Baustelle in E, x, beschäftigt haben, ohne die Beschäftigung der geführten obigen Arbeitnehmer, die zur Erbringung einer fortgesetzten Arbeitsleistung nach Österreich entsandt wurden, spätestens eine Woche vor Arbeitsaufnahme (29.03.2013) der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Aus­länderbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen gemeldet zu haben.

 

Im Zuge der Kontrolle durch Organe des Finanzamtes Linz am 05.04.2013 die auf obiger Baustelle durchgeführt wurde, wurde festgestellt, dass die Meldung einer Entsendung nach Österreich gemäß § 7b Abs. 3 und 4 AVRAG für die achtzehn oben angeführten Arbeiter verspätet eingelangt ist.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

 

§ 7b Abs. 1 und 3 iVm. 7b Abs. 9 Z. 1 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG; BGBl Nr. 459/1993, idF BGBl I Nr. 98/2012)

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

 

Geldstrafe von falls diese uneinbringlich ist,        gemäß

Euro Ersatzfreiheitsstrafe von

3.000,- 300 Stunden §7b Abs.9 Z1 AVRAG

 

Weitere Verfügungen (z.B. Anrechnung der Vorhaft, Verfallsausspruch):

 

Gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) haben Sie Euro 50,- als Beitrag zu den Kos­ten des Strafverfahrens zu zahlen, das sind 10 % der Strafe. Im Falle des Vollzuges der Ersatz­freiheitsstrafe sind außerdem die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54 d VStG).“

 

1.2. Mit der rechtzeitigen Beschwerde, die am 28. April 2015 zur Post gegeben wurde, wird im Wesentlichen ausgeführt, das Unternehmen x-x, Stadt K, sei kein Arbeitgeber sondern anhand des abgeschlossenen Vertrages Ausführer. Alle Dokumente würden mit der Gesetzgebung der Republik Bulgarien übereinstimmen und sind dem Unternehmen Österreichischer B – B x in Österreich vorgelegt worden. Die Dokumente der Nationalen Einnahme­agentur Bulgarien seien per E-Mail an das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz in Bezug auf das Abkommen zwischen der Republik Bulgarien und der Republik Österreich geschickt worden. Die gegen die x-x, Stadt K, verhängten Sanktionen seien nicht gerechtfertigt.

Mit diesem als Beschwerde gewerteten „Einwand“ wird konkludent die Aufhebung des bekämpften Straf­erkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungs-strafverfahrens beantragt.

 

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Landesverwaltungsgericht am
8. Mai 2015 vorgelegt.

 

Das LVwG entscheidet gemäß § 2 VwGVG durch seine nach der Geschäfts­verteilung zuständige Einzelrichterin.

 

2.2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und am 4. September 2015 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, die am 12. Oktober 2015 fortgesetzt wurde. Die Ver­fahren LVwG-300700, 300699 und 300701 wurden aus verfahrensökonomischen Gründen zur gemeinsamen Verhandlung verbunden.

 

3. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1. T E G ist Geschäftsführer der Firma x-x mit Sitz in x, K, B, und Verantwortlicher dieser Firma.

Die im Spruch des Straferkenntnisses der belangten Behörde ange­führten achtzehn Arbeitnehmer, die jeweils bulgarische Staatsangehörige sind, wurden am 4. April 2013 auf der Baustelle in x, E, von der Firma x-x mit Sitz in B beschäftigt. Die Beschäftigung dieser Arbeitnehmer wurde nicht spätestens eine Woche vor Arbeitsaufnahme am 29. März 2013 der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländer-beschäftigungsgesetz und dem Arbeits­vertrags­rechts-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen gemeldet.

 

3.2. Beweiswürdigend wird ausgeführt, dass sich der festgestellte Sachverhalt aus dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde und der Aus­sage des in der mündlichen Verhandlung vernommenen Kontrollorgans
C L sowie der in Kopie der Verhandlungsschrift vom 4. September 2015 ange­schlossenen Beilage 1 über die niederschriftliche Befragung des DI N S am
5. April 2013 durch die Finanzpolizei ergibt.

Aus dem im erstinstanzlichen Akt einliegenden Mailverkehr geht hervor, dass am 9. April 2013 eine Anfrage wegen des Ausfüllens der ZKO 3-Formulare an das AMS Ober­österreich gerichtet wurde, wobei dieser Zeitpunkt schon nach der gegenständ­lichen Kontrolle am 5. April 2013 liegt. Aus diesem Schriftverkehr geht auch her­vor, dass es die B Ltd B war, die die bulgarischen Firmen auf das Firmengelände der oberösterreichischen B GmbH geschickt hat, woraus sich ergibt, dass die bulgarischen Arbeiter auch der bulgarischen Firma x-x, K, und nicht einer österreichischen Firma zuzurechnen sind.

Dass die x-x, K,  Arbeitgeber der im Spruch angeführten Arbeiter war, ergibt sich auch durch die o.a. Aussage des DI S und jener des Zeugen L.

 

Das diesen Feststellungen entgegenstehende Vorbringen des Beschwerdeführers wird als Schutzbehauptung gewertet.

 

3.3. In rechtlicher Hinsicht hat das Oö. Landesverwaltungsgericht erwogen:

 

3.3.1. Gemäß § 7b Abs. 3 des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes,
BGBl. Nr. 459/1993 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl. I
Nr. 98/2012 haben Arbeitgeber mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes als Österreich die Beschäftigung von Arbeit­nehmern, die zur Erbringung einer fortgesetzten Arbeitsleistung nach Österreich entsandt werden, spätestens eine Woche vor Arbeitsaufnahme der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Aus­länderbeschäftigungsgesetz und dem Arbeits-vertragsrechts-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen zu melden und eine Abschrift der Meldung dem im Abs. 1 Z 4 bezeichneten Beauftragten, sofern nur ein Arbeitnehmer ent­sandt wird, diesem auszuhändigen. .....

 

Nach Abs. 9 leg.cit begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirks­verwaltungsbehörde mit Geldstrafe von 500 Euro bis 5.000 Euro, im Wieder­holungs­fall von 1.000 Euro bis 10.000 Euro zu bestrafen, wer als Arbeitgeber oder als in Abs. 1 Z. 4 bezeichneter Beauftragter

1. die Meldung nach Abs. 3 nicht rechtzeitig erstattet oder

2. die erforderlichen Unterlagen entgegen Abs. 5 nicht bereit hält.

.....

 

3.3.2. Wie sich aus den Feststellungen ergibt, wurde die erforderliche Meldung nach § 7b Abs. 3  von der Firma x-x mit Sitz in B nicht rechtzeitig erstattet. Der Bf hat als das zur Vertretung nach außen berufene Organ (§ 9 Abs. 1 VStG) dieser Firma damit das Tatbild der vorge­worfenen Verwaltungsübertretung begangen.

 

3.3.3. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bf initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachen-vorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

Dem Bf als Geschäftsführer der bulgarischen Firma, die die achtzehn bulgarischen Staatsbürger nach Österreich zur Arbeit entsandt hat, ist vorzuwerfen, dass er sich vor Entsendung dieser Arbeitnehmer nicht bei der zuständigen Behörde erkundigt hat, welche Meldungen zu erstatten sind. Auch wenn er seinem Kennt­nisstand nach davon ausgegangen ist, sämtliche Meldungen erstattet zu haben, so ist ihm dennoch die vorgeworfene unterlassene Meldung als Fahrlässigkeit anzulasten.

Er hat damit auch die subjektive Tatseite erfüllt.

3.3.4. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.  

Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs-gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu  nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs. 1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs. 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

3.3.5. Über den Bf wurde wegen nicht rechtzeitiger Meldung nach § 7b Abs. 3 AVRAG eine Geldstrafe von 3.000 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfrei­heitsstrafe von 300 Stunden verhängt.

 

In Anbetracht der unterlassenen Meldung hinsichtlich achtzehn bulgarischer Staats­bürger ist der Ausschöpfung des Strafrahmens zu ca. 60 % durch die belangte Behörde nichts entgegenzuhalten.

Die Ersatzfreiheitsstrafe von 300 Stunden wurde nicht in Relation der Obergrenze für die Geldstrafe zur Obergrenze für die Freiheitsstrafe festgesetzt und war daher entsprechend herabzusetzen.

Eine Korrektur des Beitrags zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens konnte wegen des Verbots der reformatio in peius nicht erfolgen, wurde doch offenbar irrtümlich anstatt 300 Euro (10% der verhängten Strafe von 3000 Euro)  nur 50 Euro vorgeschrieben.

 

Weil der „Einwand“ des Rechtsmittelwerbers aufgrund seiner inhaltlichen Ausführungen auch ohne Anführung der Geschäftszahl zuordenbar und als Beschwerde erkennbar war, wurde zugunsten des Beschwerdeführers von einer ausreichenden Bestimmtheit der Beschwerde ausgegangen.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu II.

Weil die Ersatzfreiheitsstrafe herabzusetzen war, war die Beschwerde teilweise erfolgreich und somit fielen keine Kostenbeiträge für das Rechtsmittelverfahren an.

 

Zu III.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Insbesondere weicht die gegenständliche Entscheidung von der als einheitlich zu beurteilenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

 

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Maga. Gerda Bergmayr-Mann