LVwG-650602/3/WP

Linz, 24.05.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Wolfgang Peterseil über die Beschwerde des G S c/o JA G gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 4. Februar 2016, GZ: FE-118/2016, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen AM, A und B

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG wird der Beschwerde insofern stattgegeben, als die Spruchpunkte 2) und 3) des angefochtenen Bescheides ersatzlos behoben werden. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung mit drei Jahren (= 36 Monate) gerechnet ab 11. Februar 2016 (= Zustellung des angefochtenen Bescheides), somit bis einschließlich 11. Februar 2019, festgesetzt.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Bisheriger Verfahrensgang:

 

1. Mit Urteil des Landesgerichts Linz vom 14. Juli 2015, GZ: 22 Hv 16/15s – 64, wurde der Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf) wegen des schweren sexuellen Missbrauches von Unmündigen nach § 206 Abs 1, Abs 3 4. Fall StGB und der Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauches von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB, der Verbrechen des sexuellen Missbrauches von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB, der Vergehen der pornographischen Darstellung Minderjähriger nach § 207a Abs 1 Z 1 und Z 2 StGB, der Vergehen der pornographischen Darstellung Minderjähriger nach § 207a Abs 3 2. Fall StGB, schuldig erkannt und über ihn eine Freiheitsstrafe von 11 Jahren verhängt.

 

2. Mit Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 17. November 2015, GZ: 14 Os 102/15d-6, wurde die vom Bf erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Linz vom 14. Juli 2015 zurückgewiesen.

 

3. Mit Urteil des Oberlandesgerichts Linz vom 13. Jänner 2016, GZ: 9 Bs 392/15h, wurde der Berufung des Bf gegen das Urteil des Landesgerichts Linz vom 14. Juli 2015 keine Folge gegeben, und aufgrund der Berufung der Staatsanwaltschaft Linz die Freiheitsstrafe auf 13 Jahre erhöht.

 

4. Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich (in der Folge kurz: belangte Behörde) vom 4. Februar 2016 wurde dem Bf die „von der BH Linz-Land, am 15.05.2013, unter Zl F13/186224, für die Klassen AM, A (79.03, 79.04) und B erteilte Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrs­zuverlässigkeit für die Dauer von 36 Monaten gerechnet ab Zustellung des Bescheides“ entzogen. Zugleich wurde dem Bf „eine allenfalls bestehende ausländische Nicht-EWR-Lenkberechtigung oder EWR-Lenkberechtigung für die Dauer von 36 Monaten gerechnet ab Zustellung des Bescheids“ entzogen. Der Bf wurde zudem verpflichtet, den Führerschein unverzüglich bei der belangten Behörde abzuliefern. Gleichzeitig wurde einem Rechtsmittel gegen diesen Bescheid wegen Gefahr in Verzug die aufschiebende Wirkung aberkannt. In ihrer Begründung nimmt die belangte Behörde Bezug auf die oben dargestellten Urteile des Landesgerichts bzw Oberlandesgerichts Linz und damit auf die vom Bf zu verantwortenden schweren Verbrechen gegen die sexuelle Integrität von Unmündigen.

 

5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Einleitend behauptet der Bf, er könne einen in deutscher Sprache verfassten Text nicht lesen und könne nicht gut in deutscher Sprache schreiben. Begründend bringt der Bf vor, er habe (1) kein Delikt in Österreich begangen, (2) kein Delikt mit dem Auto oder auf der Straße begangen, (3) keinen gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich, seine Wohnadresse sei noch in Rumänien, (4) seinen Führerschein in Rumänien gemacht und die Polizei habe ihm gesagt, er müsse den Führerschein „wechseln“. (5) Sein Informationsrecht gem Art 10 EMRK sei verletzt worden, da er nicht wisse, was im Bescheid stünde, (6) er sei weder Egoist noch eine Gefahr für den Straßenverkehr, (7) eine österreichische Behörde dürfe einen Führerschein eines EU-Bürgers nicht entziehen, er habe seine Taten nicht in Österreich, sondern in Rumänien begangen und dafür gelte rumänisches Strafrecht, nicht die österreichischen Gesetze. In Österreich gelte „Hass, Rasism und Diskriminierung gegen Ausländer und Flüchtlinge! Österreich missbraucht seine Gesetze und Europäische und Internationale Gesetze“.

Ein Antrag auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wird vom Bf weder ausdrücklich noch konkludent gestellt.

 

6. Mit Schreiben vom 25. März 2016, beim Landesverwaltungsgericht Ober­österreich am 31. März 2016 eingelangt, legte die belangte Behörde die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsakt zur Entscheidung vor. Von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung werde abgesehen. Zudem wird keine öffentliche mündliche Verhandlung beantragt.

 

 

II.            Beweiswürdigung und festgestellter Sachverhalt:

 

1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt samt der einliegenden Urteile des Landesgerichts und Oberlandesgerichts Linz sowie des Obersten Gerichtshofs.

 

Gemäß § 24 Abs 1 iVm Abs 4 VwGVG konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mangels gesonderten Antrages des Bf und der Tatsache, dass der für das Verfahren wesentliche Sachverhalt aufgrund der Aktenlage hinreichend geklärt vorliegt und eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ, unterbleiben. Dass dem Entfall der Verhandlung Art 6 EMRK oder Art 47 der EU-Charta der Grundrechte entgegenstünde, vermag nicht erkannt zu werden. 

 

2. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Der am 17. April 1974 geborene Bf wurde mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts Linz vom 14. Juli 2015, GZ: 22 Hv 16/15s – 64, wegen des schweren sexuellen Missbrauches von Unmündigen nach § 206 Abs 1, Abs 3 4. Fall StGB und der Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauches von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB, der Verbrechen des sexuellen Missbrauches von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB, der Vergehen der pornographischen Darstellung Minderjähriger nach § 207a Abs 1 Z 1 und Z 2 StGB, der Vergehen der pornographischen Darstellung Minderjähriger nach § 207a Abs 3 2. Fall StGB, schuldig erkannt und über ihn eine Freiheitsstrafe von 11 Jahren verhängt. Die Verurteilung erfolgte aufgrund folgender Taten:

 

[E]r hat in Linz bzw. in Rumänien zu nachgenannten Zeiten

 

I.) mit nachgenannten unmündigen Personen den Beischlaf oder eine dem Beischlaf gleichzusetzenden Handlung unternommen, nämlich

 

1.) jeweils in Zlatna (Rumänien) mit der zum Tatzeitpunkt ca. ein Jahr alten [AP]

a) zu einem unbekannten Zeitpunkt zwischen Herbst 2013 und 11.März 2014 einen Oralverkehr, indem er masturbierte, ihr das Ejakulat in das Gesicht spritzte und anschließend seinen Penis in den geöffneten Mund des Kleinkindes einführte, wodurch [AP] in besonderer Weise erniedrigt wurde […];

b) Ca. 45 Minuten nach den zu I.) 1.) a) dargestellten Handlungen - einen Vaginalverkehr, indem er seinen erigierten Penis wiederholt an ihrem Scheidenbereich rieb, mit kurzen Stoßbewegungen in den Scheideneingang eindrang und abschließend sein Ejakulat über ihren Scheidenbereich verteilte […];

 

c) Zu einem unbekannten Zeitpunkt zwischen Herbst 2013 und 25.3.2014 einen weiteren Vaginalverkehr, indem er wiederholt seinen Penis - insbesondere auch im Zuge von Masturbationsbewegungen - an ihrem Vaginalbereich rieb und in weiterer Folge mit schnellen Stoßbewegungen eine zumindest geringfügige Penetration des Vaginalbereiches vornahm […];

 

2.) am 20.04.2014 in Zlatna (Rumänien) mit der unmündigen [AS] geb. 2007, einen vaginalen Geschlechtsverkehr, indem er zuerst oberhalb der Unterhose onanierte, ihr dann die Unterhose nach oben zog und mit schnellen Stoßbewegungen versuchte die Vagina zu penetrierte, bis er schließlich ejakulierte […];

 

II.) in Rumänien außer dem Fall des § 206 eine geschlechtliche Handlung an einer unmündigen Person vorgenommen, und zwar an der unmündigen [AS], geb. 2007, indem er

 

1.) am 06.04.2014 in Zlatna (Rumänien) seinen Penis an ihrem Genitalbereich oberhalb der Pyjamahose rieb und im Badezimmer mit seinen Fingern ihren Scheidenbereich intensiv betastete […];

 

2.) am 25.04.2014 in Aiud (Rumänien) mit seinem erigierten Penis wiederholt über ihren nackten (unentwickelten) Brustbereich strich, während sie schlafend auf der Couch lag […];

 

III.) pornographische Darstellungen einer minderjährigen Person

 

1.) hergestellt, indem er

 

a) von seinen oben dargestellten Missbrauchshandlungen (Punkt I.) und II.)) jeweils Videos aufnahm bzw. in weiterer Folge daraus einzelne Lichtbilder („Screenshots") erstellte;

 

b) am 01.09.2014 in L mindestens vier kinderpornographische Fotos, nämlich wirklichkeitsnahe Abbildungen der Genitalien oder der Schamgegend der ca. vier bis fünf Jahre alten „[D]" (ungarisches Bettlerkind) anfertigte, wobei es sich um reißerisch verzerrte, auf sich selbst reduzierte und von anderen Lebensäußerungen losgelöste Abbildungen handelt, die der sexuellen Erregung des Betrachters dienen;

2.) anderen angeboten oder sonst zugänglich gemacht, nämlich insbesondere indem er

 

a) am 06.08.2014 in L zwei Bildaufnahmen (Screenshots der Videos), welche seinen sexuellen Missbrauch an der [AP] zeigen (Punkt I.)), auf ein „Facebook- Profil" im Internet hochlud und an die Mutter [der AP] übermittelte;

 

b) am 15.11.2014 wiederum sieben Fotos mit kinderpornographischem Inhalt auf ein neu erstelltes Facebook-Profil („G") im Internet hochlud, um sie an [die Mutter der AP] zu übermitteln;

 

IV.) ca. ab Frühjahr 2013 sich pornographische Darstellungen von unmündigen minderjährigen Personen in zahlreichen Angriffen verschafft und bis zur Hausdurchsuchung am 17.12.2014 in L auf diversen Speichermedien besessen, und zwar

 

1.) mindestens 227 Bilddateien und eine Videodatei mit wirklichkeitsnahen Abbildungen einer geschlechtlichen Handlung an einer unmündigen Person oder einer unmündigen Person an sich selbst oder an einer anderen Person (§207a Abs.4 Z 1 StGB);

 

2.) mindestens 108 Bilddateien mit wirklichkeitsnahen Abbildungen der Genitalien bzw. der Schamgegend, wobei es sich um reißerisch verzerrte, auf sich selbst reduzierte und von anderen Lebensäußerungen losgelöste Abbildungen handelt, die der sexuellen Erregung des Betrachters dienen (§ 207a Abs. 4 Z 3 lit.b StGB).

 

Strafmildernd wertete das Landesgericht Linz das teilweise Geständnis des Bf, sowie seine bisherige Unbescholtenheit. Erschwerend wurden das Zusammentreffen von zahlreichen Verbrechen und Vergehen bei Opfermehrheit und das extrem junge Alter der Opfer berücksichtigt.

 

Mit rechtskräftigem Urteil des Oberlandesgerichts Linz vom 13. Jänner 2016, GZ: 9 Bs 392/15h, wurde der Berufung des Bf gegen das Urteil des Landesgerichts Linz vom 14. Juli 2015 keine Folge gegeben und aufgrund der Berufung der Staatsanwaltschaft Linz die Freiheitsstrafe auf 13 Jahre erhöht. Das Oberlandesgericht Linz führt zur Strafbemessung – korrigierend und ergänzend – aus:

 

Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht als mildernd das teilweise Geständnis des Angeklagten und dessen Unbescholtenheit, als erschwerend das Zusammentreffen zahlreicher Verbrechen und Vergehen bei Opfermehrheit und das extrem junge Alter der Opfer. Diese Strafzumessungsgründe sind zu ergänzen und teilweise zu korrigieren. Das extrem junge Alter der Opfer stellt keinen besonderen Erschwerungsgrund dar, sondern ist im Rahmen der allgemeinen Strafzumessungstatsachen nach § 32 StGB zum Nachteil des Angeklagten zu berücksichtigen (Mayrhofer StGB § 32 E. 23b).

 

Das vom Erstgericht zutreffend als mildernd gewertete teilweise Geständnis wurde entgegen der Ansicht des Berufungswerbers zu Recht relativiert und ist nur von untergeordneter Bedeutung, zumal der Angeklagte das nach Vorhalt von Lichtbildern und eines Chatprotokolls teilweise abgelegte Geständnis (AS 195 in ON 11) betreffend die Tathandlungen zum Nachteil der [AP] und der [AS] in der Hauptverhandlung beträchtlich abschwächte, indem er erklärte, er habe nicht die Absicht gehabt, [AP] seinen Penis in den Mund zu stecken und die Missbrauchshandlungen nur über Verlangen der Mutter des Kindes durchgeführt (AS 11, 15 in ON 63). Der Angeklagte stellte die subjektive Tatseite gänzlich in Abrede und beschränkte sein Zugeständnis auf objektive Sachverhaltsannahmen, welche auf Grund anderer Beweismittel nicht mehr zu leugnen waren. Überdies habe er an [AP] nur einmal ein kinderpornographisches Foto über deren Aufforderung Übermittelt (AS 21 ff in ON 63). Auch die sexuellen Übergriffe gegenüber [AS] habe er nicht absichtlich, sondern aus reiner Neugier begangen (AS 25, 29 in ON 63).

 

Zutreffend reklamiert die Staatsanwaltschaft die Annahme des besonderen Erschwerungsgrundes nach § 33 Abs 1 Z 5 StGB. Tatmotive sind dann als besonders verwerflich einzustufen und damit strafschärfend zu berücksichtigen, wenn sie mit der wertverbundenen Einstellung so unvereinbar sind, dass sie Abscheu hervorrufen (Ebner in WK2 § 33 Rz 17; RIS-Justiz RS0090990). Nach den Urteilsfeststellungen brachte die Kindesmutter [der AP] ihre circa einjährige Tochter ‚extra nur für die Missbrauchshandlungen‘ in das Hotel, da sie dringend Geld benötigte, welches ihr vom Angeklagten in Aussicht gestellt wurde, damit er mit ihrem Baby - auf sexuelle Weise – ‚spielen‘ durfte (US 5). Das Ausnützen dieser finanziellen Notlage der [Mutter der AP], aber auch das Ausnützen der Lebenssituation ungarischer Bettelkinder, also von Personen, die am Rande der Gesellschaft leben, ist nach dem Empfinden rechtstreuer Menschen besonders verachtenswert und verwirklicht demnach den Erschwerungsgrund nach § 33 Abs 1 Z 5 StGB.

 

Allerdings hat das Erstgericht mit der Argumentation, dass man ‚von einer wahren Schuldeinsicht oder eines Unrechtsbewusstseins kaum sprechen‘ könne, der Angeklagte ‚seine Schuld offensichtlich nicht wirklich‘ einsehe, seine Tathandlungen bagatellisiere und nur bereit war, ‚das zuzugestehen, was sich ohnedies eindeutig aus dem Filmmaterial ergab‘, dem Gesetz zuwider im Ergebnis die (teilweise) leugnende Verantwortung des Angeklagten als eine für die Strafbemessung maßgebende entscheidende Tatsache gewertet (RIS-Justiz RS0090897). Gesetzeskonform hingegen hat das Erstgericht im Rahmen der allgemeinen Strafzumessungstatsachen das besonders rücksichtslose und verwerfliche Verhalten des Angeklagten zu seinem Nachteil gewertet. Die Tathandlungen des Angeklagten, insbesondere der schwere sexuelle Missbrauch der einjährigen [AP], welche durch Videoaufnahmen in abstoßender Weise dokumentiert sind, beinhalten einen außergewöhnlich hohen Handlungs- und Gesinnungsunwert. Dabei erschwert die Tatschuld besonders, dass die Missbrauchshandlungen rein egoistisch motiviert waren, um die sexuellen Bedürfnisse des Angeklagten auszuleben und vor allem von Rücksichtslosigkeit gegenüber einem einjährigen Kind gekennzeichnet waren, das er zu einem bloßen Objekt seiner sexuellen Willkür degradierte. Die vorliegenden besonderen Strafzumessungsgründe sowie die allgemeinen Strafzumessungstatsachen nach § 32 Abs 2 und 3 StGB erfordern bei dem gegebenen Strafrahmen von fünf bis 15 Jahren Freiheitsstrafe – auch unter Berücksichtigung der Konfiskation nach § 19a StGB (Fuchs/Tipold in WK2 § 19a Rz 17) – eine Anhebung der vom Erstgericht verhängten Freiheitsstrafe auf 13 Jahre. Dieses Strafmaß trägt nicht nur allen Tat- und Schuldkomponenten Rechnung, sondern auch generalpräventiven Aspekten. Die Verschärfung strafrechtlicher Sanktionen bei sexuellen Übergriffen verdeutlicht, dass sich in den letzten Jahren eine erhöhte gesellschaftliche Sensibilität gegenüber Eingriffen gegen das Rechtsgut der sexuellen Integrität - vor allem gegenüber Unmündigen, die einem besonderen Schutzbedürfnis unterliegen - entwickelt hat und demnach eine strenge Ahndung derartiger Verbrechen angezeigt ist.

 

Diese Urteile waren letztlich Anlass für die Erlassung des nunmehr angefochtenen Entziehungsbescheides vom 4. Februar 2016.

 

3. Der dargestellte Sachverhalt ergibt sich schlüssig und widerspruchsfrei aus dem Inhalt des behördlichen Verfahrensaktes. Es bestehen daher keine Bedenken, die Sachverhaltsfeststellungen der Entscheidung zugrunde zu legen.

 

III.           Rechtslage:

 

Gemäß § 24 Abs 1 Z 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen. [...]

 

Gemäß § 3 Abs 1 Z 2 FSG bildet die Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine wesentliche Voraussetzung für die Erteilung der Lenkberechtigung.

 

Gemäß § 7 Abs 1 Z 2  FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs 3) und ihrer Wertung (Abs 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs 1 hat gemäß § 7 Abs 3 Z 8 FSG insbesondere zu gelten, wenn jemand eine strafbare Handlung gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung gemäß den §§ 201 bis 207 oder 217 StGB begangen hat.

 

§ 7 Abs 4 erster Satz FSG zufolge sind für die Wertung der in Abs 1 genannten und in Abs 3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Gemäß § 25 Abs 3 erster Satz FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

 

Gemäß § 29 Abs 3 FSG ist nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Entziehungsbescheides der über die entzogene Lenkberechtigung ausgestellte Führerschein, sofern er nicht bereits abgenommen wurde, unverzüglich der Behörde abzuliefern.

 

Nach § 30 Abs 2 FSG hat die Behörde einem Besitzer einer ausländischen Nicht-EWR-Lenkberechtigung oder eines ausländischen EWR-Führerscheines (§ 1 Abs 4), der einen Wohnsitz (§ 5 Abs 1 Z 1) in Österreich hat, die Lenkberechtigung unter Anwendung der §§ 24 bis 29 zu entziehen. Der eingezogene Führerschein ist der Ausstellungsbehörde zusammen mit einer Sachverhaltsdarstellung zu übermitteln. Nach Ablauf der Entziehungsdauer hat der Betroffene einen Antrag auf Ausstellung eines österreichischen Führerscheines gemäß § 15 Abs 3 oder, falls die Entziehungsdauer länger als 18 Monate war, auf Erteilung einer österreichischen Lenkberechtigung zu stellen. Die Behörde hat auch die Entziehung der Lenkberechtigung eines anderen EWR- oder eines Nicht-EWR-Staates anzuordnen, wenn eine Person mit Wohnsitz in Österreich eine solche Lenkberechtigung zu einem Zeitpunkt erlangt hat, zu dem in Österreich bereits die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen war. In diesem Fall ist die Lenkberechtigung bis zu jenem Zeitpunkt zu entziehen, zu dem die bereits angeordnete Entziehungsdauer endet. Eine Entziehung der Lenkberechtigung eines anderen EWR-Staates oder eines Nicht-EWR-Staates ist auszusprechen, wenn eine Person eine Lenkberechtigung in diesem Staat zu einem Zeitpunkt erworben hat, zu dem die Person ihren Wohnsitz (§ 5 Abs 1 Z 1) in Österreich und nicht im Ausstellungsstaat des Führerscheines hatte.

 

 

IV.          Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (Art 130 Abs 1 Z 1 iVm 131 Abs 1 B-VG iVm § 3 VwGVG) hat gem Art 135 Abs 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter im Rahmen des § 27 VwGVG über die zulässige und rechtzeitige Beschwerde erwogen:

 

1. Im Hinblick auf das einleitende Vorbringen des Bf, er sei der deutschen Sprache in Wort und Schrift nicht ausreichend mächtig, um den gegenüber ihn erlassenen Bescheid zu verstehen, ist ihm einerseits die Feststellung des Landesgerichts Linz im strafgerichtlichen Verfahren, er sei der deutschen Sprache (ausreichend) mächtig, entgegen zu halten („Dass der Angeklagte durchaus in der Lage ist, die deutsche Sprache zu verstehen sowie zu sprechen, ergibt sich aus der Vernehmung vom 17.12.2014, in der er einerseits angab, die deutsche Sprache gut zu verstehen und keinen Dolmetscher zu benötigen […] und andererseits daraus, dass der Angeklagte in der Lage war, das Vernehmungsprotokoll in deutscher Sprache zu ergänzen und auszubessern […]. Er konnte die Fragen während der Vernehmung problemlos auf [D]eutsch beantworten, und zeigte somit, dass er sie sehr wohl verstanden hat und folglich der deutschen Sprache hinlänglich mächtig ist“; aus dem Urteil des Landesgerichts Linz, Seite 15, ON 7 des verwaltungsbehördlichen Akts).

 

Andererseits ist gemäß Art 8 B-VG die deutsche Sprache, unbeschadet der den sprachlichen Minderheiten bundesgesetzlich eingeräumten Rechte, Staatssprache der Republik. Gemäß § 39a AVG ist, wenn eine Partei oder eine zu vernehmende Person der deutschen Sprache nicht hinreichend kundig ist, erforderlichenfalls der der Behörde beigegebene oder zur Verfügung stehende Dolmetscher, beizuziehen. Durch diese Gesetzesstelle wird aber nur der mündliche Verkehr zwischen der Behörde und den Parteien bzw den zu vernehmenden Personen geregelt. Ein Anspruch auf Verwendung einer fremden Sprache im schriftlichen Verkehr mit der Behörde bzw auf Geltendmachung von Sprachunkenntnis in Bezug auf schriftlich ergangene Bescheide wird dadurch nicht begründet (VwGH 25.04.1995, 95/20/0065 uHa VwGH 11.1.1989, 88/01/0187 und die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, [1990], 633 angeführte Judikatur).

 

2. Aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Landesgerichts respektive Oberlandesgerichts Linz steht bindend fest, dass der Bf die Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauches von Unmündigen nach § 206 Abs 1, Abs 3 4. Fall StGB, des schweren sexuellen Missbrauches von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB sowie des sexuellen Missbrauches von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB begangen hat. Er hat damit jeweils eine bestimmte Tatsache iSd § 7 Abs 3 Z 8 FSG verwirklicht, weshalb die belangte Behörde zu Recht seine Verkehrszuverlässigkeit überprüft hat. Gemäß § 7 Abs 4 FSG ist diese bestimmte Tatsache einer Wertung zu unterziehen, wofür insbesondere die Verwerflichkeit der strafbaren Handlungen, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten in dieser Zeit maßgebend sind.

 

3. Strafbare Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung (sogenannte „Sittlichkeitsdelikte“) zählen zu den verpöntesten und verwerflichsten Tathandlungen überhaupt. Derartige Handlungen verstoßen gegen wesentliche Grundwerte unserer Gesellschaftsordnung und stellen einen besonders schweren Eingriff in die Sphäre dritter Personen, insbesondere in deren körperliche Unversehrtheit dar und laufen deren Recht auf freie Willensbestimmung zuwider. Insbesondere sexueller Missbrauch an Kindern, vor allem gegenüber Unmündigen, die einem besonderen Schutzbedürfnis unterliegen, stellt ein überaus schwerwiegendes Delikt mit extrem hoher Verwerflichkeit dar.

 

4. Im vorliegenden Fall ist zum Nachteil des Bf besonders erschwerend das erheblich junge Lebensalter seiner Missbrauchsopfer (einjähriges Kleinkind, sechsjähriges Kind) sowie das – auch vom Oberlandesgericht Linz als erschwerend gewertete – Ausnützen der finanziellen Notlage der Mutter der AP zu berücksichtigen. Ein solches Handeln ist nach dem Empfinden rechtstreuer Menschen besonders verachtenswert. Zum Nachteil des Bf ist weiters zu berücksichtigen, dass er seine sexuellen Missbrauchshandlungen zusätzlich auf Video festhielt, in weiterer Folge daraus einzelne Lichtbilder („screenshots“) erstellte und anderen angeboten oder sonst zugänglich gemacht hat, insbesondere indem er Lichtbildaufnahmen auf sein „Facebook-Profil“ im Internet hochlud. In den Tathandlungen des Bf manifestiert sich eine völlige Gleichgültigkeit gegenüber den rechtlich geschützten Werten der Schutzbedürftigkeit unmündiger Minderjähriger und den moralischen Grundsätzen unserer Gesellschaft. Sein Verhalten zeugt von einer besonders rücksichtslosen Täterpersönlichkeit und lässt bei ihm eine sich über alle sittlichen Wertvorstellungen hinwegsetzende Sinnesart erkennen.

 

Negativ wirkt sich auch die Vielzahl an strafbaren Handlungen und das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen aus. Des Weiteren ist zu beachten, dass das Oberlandesgericht Linz das durch das Landesgericht Linz verhängte Strafausmaß um zwei Jahre erhöhte und eine (unbedingte) Freiheitsstrafe von 13 Jahren verhängte. Im Rahmen der Strafbemessung brachte das Oberlandesgericht zum Ausdruck: „[D]ie Tathandlungen des Angeklagten […] beinhalten einen außergewöhnlich hohen Handlungs- und Gesinnungsunwert. Dabei erschwert die Tatschuld besonders, dass die Missbrauchshandlungen rein egoistisch motiviert waren, um die sexuellen Bedürfnisse des Angeklagten auszuleben und vor allem von Rücksichtslosigkeit gegenüber einem einjährigen Kind gekennzeichnet waren, das er zu einem bloßen Objekt seiner sexuellen Willkür degradierte“.

 

5. Seit der letzten strafbaren Handlung in Bezug auf § 7 Abs 3 Z 8 FSG (25. April 2014) sind mittlerweile rund zwei Jahre vergangen. In dieser Zeit hat der Bf die von ihm im Zuge seiner Verbrechen hergestellten Bilder insofern weiter verarbeitet, indem er diese dritten Personen durch das Hochladen auf diverse Soziale Medien im Internet zugänglich machte (die letzte diesbezügliche Tathandlung war am 15. November 2014) sowie die Bilder bis zu seiner Festnahme am 17. Dezember 2014 bei sich digital vorrätig hielt. Von einem Wohlverhalten respektive normkonformen Verhalten in dieser Zeit kann daher keinesfalls ausgegangen werden. Im Hinblick auf die Zeit nach seiner Festnahme am 17. Dezember 2014 hat sich der Bf zwar offenkundig wohlverhalten, jedoch verbrachte er die Zeit in Haft (Untersuchungshaft 17.12.2014 bis 14.7.2015, anschließend Strafhaft), sodass er auch diesbezüglich ein normkonformes Verhalten noch nicht ausreichend unter Beweis stellen konnte. Darüber hinaus ist festzustellen, dass einem Wohlverhalten während anhängiger Straf- und Entziehungsverfahren grundsätzlich – wenn überhaupt – nur geringe Bedeutung beigemessen werden kann.

Die seither verstrichene Zeit erscheint daher noch viel zu kurz, als dass der Bf seine Verkehrszuverlässigkeit bereits wiedererlangt hätte. In Anbetracht der Gesamtumstände, insbesondere unter Bedachtnahme auf sein besonders verwerfliches Verhalten, ist die Verlässlichkeit des Bf im Hinblick auf die Verwendungsmöglichkeiten eines Kraftfahrzeuges derzeit noch nicht gewährleistet, zumal der Bf seine Straftaten nicht an seinem Wohnort beging, sondern sich zur Tatbegehung nach Rumänien begab um sich dort – unter Ausnutzung der finanziellen Notlage der Mutter eines seiner Opfer – an seinen wehrlosen Opfern zu vergehen („Sie trafen sich, wenn der Angeklagte nach Rumänien reiste ungefähr zwei- bis dreimal im Jahr. Am 6.04.2014 kam es dazu, dass der Angeklagte [AS] alleine mit nach Zlatna nahm, mit dem Vorwand mit ihr ein Mädchen zu besuchen […] Tatsächlich fuhr der Angeklagte allerdings mit dem Kind in das von ihm desöfteren besuchte Hotel […], wo es zu sexuellen Handlungen mit dem Mädchen kam“, aus dem Urteil des Landesgerichts Linz, Seite 7, ON 7 des verwaltungsbehördlichen Akts). Insofern manifestiert sich im Tatverhalten des Bf gerade jenes Risiko, das der Gesetzgeber in § 7 Abs 1 Z 2 FSG zum Ausdruck bringt. Sittlichkeitsdelikte werden – wofür das Verhalten des Bf beispielgebend ist – durch die mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen verbundene erhöhte Mobilität wesentlich erleichtert, wobei zumindest derzeit durchaus die Annahme noch begründet ist, dass der Bf weitere schwere strafbare Handlungen begehen würde, sofern ihm dies durch die mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen verbundene Mobilität ermöglicht würde.

 

6. Dem Bf wurde der die Entziehung bewirkende Bescheid am 11. Februar 2016 zugestellt. Da der Entzug der Lenkberechtigung mit Zustellung des Bescheides eintreten sollte, hat die belangte Behörde offenkundig die Auffassung vertreten, der Bf sei bis zum Ablauf des 11. Februar 2019 verkehrsunzuverlässig. Die Verkehrsunzuverlässigkeit ist ab dem Tag der Tat, im vorliegenden Fall ab dem Tag der letzten Tat, – also ab dem 25. April 2014 – zu beurteilen; die belangte Behörde geht daher offensichtlich insgesamt von einer Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit des Bf von etwa 4 Jahren und 9,5 Monaten (rund 57,50 Monate) aus.

 

7. Der Verwaltungsgerichtshof hatte sich bereits mehrfach mit der Beurteilung der Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit von Personen, die dem Beschwerdefall – in seiner Verwerflichkeit nicht annähernd – vergleichbare strafbare Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung begangen hatten, auseinandergesetzt:

 

In seinem Erkenntnis vom 30.9.2002, 2002/11/0158, das eine Person betraf, die wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB, rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten (davon drei unbedingt und sechs Monate unter Setzung einer Probezeit) verurteilt wurde, hielt der Verwaltungsgerichtshof die von der Behörde vertretene Annahme einer Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit von 26 Monaten für nicht rechtswidrig.

 

In seinem Erkenntnis vom 24.9.2003, 2002/11/0155, das eine Person betraf, die wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 (alte Fassung) StGB, des Verbrechens des sexuellen Missbrauches von Unmündigen nach § 207 Abs 1 (neue Fassung) StGB und des Vergehens des Missbrauches eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt wurde, hielt der Verwaltungsgerichtshof die von der Behörde vertretene Annahme einer Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit von 32 Monaten für nicht rechtswidrig.

 

In seinem Erkenntnis vom 25.11.2003, 2003/11/0240, das eine Person betraf, die neben dem Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 205 Abs 1 und nach § 206 Abs 1 StGB überdies zwei Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1 und 84 Abs 1 StGB (eine davon eine an sich schwere Verletzung herbeiführend) zur Last fielen und die zwei Verurteilungen, eine zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Monaten und eine zu einer bedingt nachgesehenen Geldstrafe, erlitten hatte, hielt der Verwaltungsgerichtshof die von der Behörde vertretene Annahme einer Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit von mehr als 16 Monate für verfehlt.

 

Wenngleich keiner der oben zitierten Entscheidungen des Verwaltungs­gerichtshofes ein Verbrechen zu Grunde lag, das im Hinblick auf Intensität und Verwerflichkeit in derart massivem Widerstreit zu den moralischen Grundsätzen unserer Gesellschaft steht, so stecken diese höchstgerichtlichen Entscheidungen doch einen groben Rahmen für die Prognose der Verkehrsunzuverlässigkeit bei derart gelagerten Verbrechen ab. Im gegenständlichen Fall sah sich das Oberlandesgericht Linz aufgrund der Tatumstände (zur Strafbemessung siehe die oben wiedergegebenen Begründungspassagen) beinahe zur Ausschöpfung des Maximalstrafrahmens veranlasst, obwohl es sich um die ersten einschlägigen Verbrechen des Bf handelt. In der (unbedingt) verhängten Freiheitsstrafe von 13 Jahren manifestiert sich die besondere Verwerflichkeit und krasse Abartigkeit der Taten des Bf und ist dies bei der Prognose der Verkehrsunzuverlässigkeit maßgeblich zu berücksichtigen. Selbst unter Bedachtnahme darauf, dass es sich gegenständlich um die erstmalige Entziehung der Lenkberechtigung des Bf handelt und er im Straßenverkehr bislang nicht auffällig in Erscheinung trat, vermag das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich keine günstigere Zukunftsprognose für den Bf hinsichtlich der Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit abzugeben, als die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid. Die von der belangten Behörde prognostizierte Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit erscheint im Hinblick auf das abartige und höchst verwerfliche Verhalten des Bf nachvollziehbar und steht – wenngleich in dieser Dimension nicht vergleichbar – auch in Einklang mit der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Es bedarf daher einer Entziehung der Lenkberechtigung bis zum Ablauf des 11. Februar 2019, bis der Bf die Verkehrszuverlässigkeit voraussichtlich wiedererlangen wird.

 

8. Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um eine Administrativmaßnahme zum Schutz der Öffentlichkeit vor verkehrsunzuverlässigen Personen (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0108). Persönliche und berufliche Interessen des Bf am Besitz der Lenkberechtigung haben bei der Entziehung der Lenkberechtigung aus Gründen des öffentlichen Interesses außer Betracht zu bleiben (VwGH 24.8.1999, 99/11/0166).

 

Der Ausspruch über die Entziehung einer allfälligen ausländischen Nicht-EWR-Lenkberechtigung bzw eines allfälligen ausländischen EWR-Führerscheines stützt sich auf § 30 Abs 2 FSG und die Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheines ist § 29 Abs 3 FSG begründet. Beide Anordnungen sind daher zu Recht erfolgt.

 

Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde erfolgte zu Recht: Angesichts der Verkehrsunzuverlässigkeit des Bf war es geboten, diesen mit sofortiger Wirkung nicht mehr als Lenker von führerscheinpflichtigen Fahrzeugen am Straßenverkehr teilnehmen zu lassen (vgl VwGH 20.2.1990, 89/11/0252).

 

9. Wenn der Bf vorbringt, er habe keinen gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich, so entbehrt dies der Wahrheit, ist er doch seit 20. September 2010 in Linz mit Hauptwohnsitz gemeldet. Wenn er weiters behauptet, er habe kein Delikt in Österreich begangen, so ist ihm zu erwidern, dass es nicht auf die Tatbegehung in Österreich ankommt, um die Verkehrszuverlässigkeit einer in Österreich ansässigen (mit Hauptwohnsitz gemeldeten) Person zu überprüfen und ihre Verkehrsunzuverlässigkeit festzustellen. Im Hinblick auf das Vorbringen, er habe kein Delikt mit dem Auto begangen, ist auf die obigen Ausführungen unter Punkt 5. zu verweisen, wonach die Tatbegehung unter Verwendung eines Kraft­fahrzeuges nicht Voraussetzung für die Feststellung der Verkehrsunzu­verlässigkeit ist.

 

10. Mit Spruchpunkt 2) des angefochtenen Bescheides wurde dem Bf (offenkundig gemäß § 30 FSG) „eine allenfalls bestehende ausländische Nicht-EWR-Lenkberechtigung oder EWR-Lenkberechtigung für die Dauer von 36 Monaten gerechnet ab Zustellung des Bescheids“ entzogen.

 

§ 30 Abs 1 Satz 1 FSG zufolge ist „[d]em Besitzer einer ausländischen EWR- oder Nicht-EWR-Lenkberechtigung, der keinen Wohnsitz (§ 5 Abs. 1 Z 1) in Österreich hat, […] das Recht, von seiner Lenkberechtigung Gebrauch zu machen, abzuerkennen, wenn Gründe für die Entziehung der Lenkberechtigung vorliegen.

 

Der Bf hat seinen Wohnsitz in Österreich, sodass die Heranziehung des § 30 Abs 1 FSG im konkreten Fall nicht in Betracht kommt und ein Lenkverbot gemäß § 30 Abs 1 FSG daher in keinem Fall ausgesprochen werden konnte.

 

Eine im Besitz des Beschwerdeführers befindliche, konkrete ausländische Lenkberechtigung wäre von der belangten Behörde gemäß § 30 Abs 2 FSG entsprechend zu entziehen gewesen. Nach Auffassung des erkennenden Richters ist es jedoch unzulässig, ein nicht näher genanntes Recht pauschal zu entziehen. Spruchpunkt 2) des angefochtenen Bescheides war daher ersatzlos zu beheben.

 

11. Mit Spruchpunkt 3) des angefochtenen Bescheides wird dem Bf aufgetragen, den Führerschein „unverzüglich bei der Behörde abzuliefern“. Bei dieser Anordnung handelt es sich allerdings lediglich um die Wiederholung der gesetzlichen Bestimmung des § 29 Abs 3 FSG, wonach „[n]ach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Entziehungsbescheides […] der über die entzogene Lenkberechtigung ausgestellte Führerschein, sofern er nicht bereits abgenommen wurde, unverzüglich der Behörde abzuliefern“ ist. Da eine gesetzliche Anordnung keiner Konkretisierung durch einen Verwaltungsakt bedarf, § 29 Abs 3 FSG insofern also keine taugliche Grundlage für die Erlassung eines Bescheides bildet, war auch dieser Spruchpunkt ersatzlos zu beheben.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

V.            Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Beurteilung der Verkehrsunzuverlässigkeit erfolgte anhand der – in der Entscheidung zitierten – Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Mag. Wolfgang Peterseil