LVwG-650600/21/WP

Linz, 17.05.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Wolfgang Peterseil über die Beschwerde des H S, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. G K, Dr. P N, Mag. F H, Mag. R P, Mag. M K, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 9. Februar 2016, GZ: FE-1104/2015 NSch: 541/2015, wegen Entziehung der Lenkberechtigung nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 10. Mai 2016

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.          Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und der Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 9. Februar 2016 ersatzlos behoben.

 

 

II.         Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungs­gerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Bisheriges Verwaltungsgeschehen:

 

1. Mit dem angefochtenen Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich (in der Folge kurz: belangte Behörde) wird dem Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf) „die Lenkberechtigung für die Klassen AM, A (eingeschränkt auf Kleinmotorräder, 50ccm), B für einen Zeitraum von vier (4) Monaten gerechnet ab 22.10.2015 (Zustellung des Bescheides) bis einschließlich 22.02.2016 bzw. darüber hinaus bis zur Befolgung der begleitenden Maßnahmen“ entzogen und ordnet die belangte Behörde „die begleitende Maßnahme an: Nachschulung für alkoholauffällige Lenker, zu absolvieren bei einer hiezu ermächtigten Stelle.“ Zudem wird dem Bf „eine allenfalls bestehende ausländische Nicht-EWR-Lenkberechtigung oder EWR-Lenkberechtigung ab Verkündung des Bescheides für die Dauer der Entziehung“ entzogen. Zudem aberkennt die belangte Behörde einem allenfalls gegen diesen Bescheid erhobenen Rechtsmittel die aufschiebende Wirkung.

 

2. Die belangte Behörde geht im angefochtenen Straferkenntnis – auf das Wesentliche zusammengefasst – von folgendem Sachverhalt aus:

 

Es steht unbestritten fest, dass es am 05.10.2015 in L zwischen Ihnen und Ihrer Lebensgefährtin zu einer Auseinandersetzung gekommen ist. Von Ihrer Lebensgefährtin wurde in der Folge via Notruf am 05.10.2015 um 01.14 Uhr die Polizei verständigt und mitgeteilt, dass Sie in Ihrem Auto, Nissan Pathfinder mit dem Kennzeichen […] sitzen würden und ein Gewehr bei sich hätten. Unbestritten ist auch, dass sich das angeführte KFZ bei Eintreffen der Polizei nicht mehr an der Örtlichkeit T befand, sondern gegen 01.45 Uhr in Linz, Pichlingerstraße Nr.x, Parkplatz des Gasthauses ‚s – D‘ festgestellt wurde. Sie konnten von Polizisten in unmittelbarer Nähe zum angeführten Fahrzeug gegen 01.50 Uhr in einem Gebüsch hockend angetroffen werden. Fest steht weiters, dass bei ihnen Symptome einer Alkoholisierung (deutlicher Geruch nach Alkohol, deutliche Rötung der Augenbindehäute) festgestellt wurden und eine Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt in der Polizeiinspektion Kleinmünchen durchgeführt wurde. Diese Untersuchung mit dem geeichten Alkomaten der Marke Dräger erbrachte am 05.10.2015 um 02.42 Uhr einen relevanten Messwert von 0,60 mg/l.

 

[…]

 

Die erkennende Behörde hat in Anbetracht der Gesamtumstände keinen Zweifel daran, dass das KFZ von Ihnen selbst gelenkt wurde. Wäre das Fahrzeug tatsächlich von jemand anderem gelenkt worden, hätten Sie wohl den tatsächlichen Lenker benannt und auch nicht behaupten müssen, dass das Fahrzeug bereits den ganzen Tag an der Örtlichkeit gestanden hätte. Letztlich wäre auch die Aussage ‚wir wissen alle dass ich gefahren bin, kann das aber nicht zugeben...‘ unnötig gewesen. Die angebliche Lenkereigenschaft Ihres Arbeitskollegen war somit bestenfalls als Schutzbehauptung zu werten.

 

[…]

 

In der Sache selbst bestand somit für die erkennende Behörde keinerlei Anlass, an der Richtigkeit des zugrundeliegenden Sachverhaltes zu zweifeln bzw. kamen keine Umstände hervor, die hinsichtlich der objektiven Tatseite Zweifel hätten erwecken können.

 

3. In rechtlicher Hinsicht geht die belangte Behörde vom Vorliegen einer die Verkehrsunzuverlässigkeit indizierenden Tatsache iSd § 7 Abs 3 Z 1 FSG aus und sei die Lenkberechtigung gemäß § 26 Abs 2 Z 4 FSG für die Dauer von mindestens vier Monaten zu entziehen, eine Wertung könne diesbezüglich entfallen. Im Hinblick auf die angeordnete Nachschulung verweist die belangte Behörde auf § 24 Abs 3 FSG, wonach derartige Maßnahmen entsprechend dem Gesetz anzuordnen seien und der belangten Behörde nicht zur Disposition stünden.

 

4. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende Beschwerde. Begründend führt der Bf auf das Wesentliche zusammengefasst aus, es liege kein eindeutiger Beweis eines schuldhaften Verhaltens des Bf vor. Zwar setze sich die belangte Behörde durchaus kritisch mit dem Sachverhalt auseinander, letztlich handle es sich dabei aber lediglich um Vermutungen, Schlüsse und Verdachtsmomente, aber um keinen objektiven Beweis. Insbesondere setze sich die belangte Behörde mit den Aussagen der Entlastungszeugen des Bf überhaupt nicht auseinander. Diese fänden sich mit keinem Wort im angefochtenen Straferkenntnis. Im Hinblick auf das von der belangten Behörde als besonders relevant erkannte „Geständnis“ in der Einvernahme in der Tatnacht führt der Bf aus, diese Äußerung sei in einem sarkastischen Sinn zu deuten, da er sich im Zeitpunkt der Einvernahme keine „Chance“ gegen die einschreitenden Beamten gesehen habe. Seine diesbezügliche Aussage könne daher keinesfalls als Geständnis gewertet werden.

 

Abschließend beantragt der Bf, das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich möge den angefochtenen Bescheid ersatzlos beheben.

 

5. Mit Schreiben vom 22. März 2016, beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich am 24. März 2016 eingelangt, legte die belangte Behörde die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsakt vor. Auf die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung werde verzichtet.

 

II.            Beweiswürdigung und festgestellter Sachverhalt:

 

1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde samt des Schriftsatzes des Bf sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 10. Mai 2016. In dieser Verhandlung wurden der Bf, sowie mehrere – auch im damit im Zusammenhang stehenden Verwaltungsstraf­verfahren einver­nommene – Zeugen ausführlich befragt. Zur Beweiswürdigung wird auf das parallel geführte Verwaltungsstrafverfahren und das dort ergangene Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 17. Mai 2016, GZ: LVwG-601305, verwiesen.


2. Folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt steht daher fest:

 

Der Bf hat am 5. Oktober 2015 zwischen 01:15 Uhr und 01:25 seinen PKW, Nissan Pathfinder (amtliches Kennzeichen im Akt), von T bis Pichlingerstraße Höhe Nr. x (Parkplatz D) nicht gelenkt.

 

 

III.           Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (Art 130 Abs 1 Z 1 iVm 131 Abs 1 B-VG iVm § 3 VwGVG) hat gem Art 135 Abs 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter im Rahmen des § 27 VwGVG über die zulässige und rechtzeitige Beschwerde erwogen:

 

1. Mit Erkenntnis vom 17. Mai 2016, GZ: LVwG-601305, wurde vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich rechtskräftig – und damit für das gegenständliche Verwaltungsverfahren bindend – festgestellt, dass der Bf zum von der belangten Behörde vorgeworfenen (Tat-)Zeitpunkt seinen PKW nicht gelenkt hat. Infolge der Bindungswirkung der Entscheidung im Verwaltungs­strafverfahren hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich dieses Ergebnis dem gegenständlichen Verfahren über die Entziehung der Lenkberechtigung zugrunde zu legen.

 

2. Da der Bf zum vorgeworfenen (Tat-)Zeitpunkt seinen PKW nicht gelenkt hat, entfällt die – von der belangten Behörde insofern angenommene – die Verkehrsunzuverlässigkeit indizierende bestimmte Tatsache iSd § 7 Abs 3 Z 1 FSG. Damit steht fest, dass der Bf nicht als verkehrsunzuverlässig anzusehen ist. Die Entziehung der Lenkberechtigung erfolgte daher im Ergebnis zu Unrecht. Aus diesem Grund war der Bescheid ersatzlos zu beheben.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

IV.          Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Wolfgang Peterseil