LVwG-410792/3/MB/BZ

Linz, 01.06.2016

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Markus Brandstetter aus Anlass der Beschwerde des Herrn K J B, geb. x, G, x, vertreten durch Dr. P R, Rechtsanwalt in I, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 5. März 2012, GZ: Pol96-35-2011, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Glücksspielgesetz den

B E S C H L U S S

gefasst:

 

I. Aus Anlass der Beschwerde wird das angefochtene Straferkenntnis wegen Eintritt der Strafbarkeitsverjährung aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 38 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) iVm § 45 Abs. 1 Z 2 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) eingestellt.

 

II. Der Beschwerdeführer hat keine Kostenbeiträge zu leisten.

 

III.  Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche   
   Revision unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen (im Folgenden: belangte Behörde) vom 5. März 2012, GZ: Pol96-35-2011, wurden über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 52 Abs. 1 Z 1 erstes Tatbild Glücksspielgesetz (GSpG) idF BGBl I Nr. 73/2010 iVm § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) Geldstrafen in der Höhe von insgesamt 6.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von insgesamt 90 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von 600 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"1.

Sie haben als das zur Vertretung nach außen berufene Organ der K U x mit Sitz in G, x, zu verantworten, dass in der ‚B T ‘ in T, x, Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen iSd § 2 Abs. 4 GSpG, an denen vom Inland aus teilgenommen werden konnte, zumindest seit dem 14.12.2010 bis zum Kontrolltag 14.3.2011 von der genannten Firma als Unternehmer iSd § 2 Abs. 2 GSpG unter Verwendung eines Glücksspielgerätes der Type 'E W', Gerätebezeichnung 'G T G', ohne erkennbare äußere Seriennummer, fortgesetzt zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen veranstaltet wurden.

Bei diesem Gerät handelt es sich um einen Geldwechselautomaten mit einer zusätzlichen Glücksspielfunktion in Form eines elektronischen Glücksrades, für welches zur Teilnahme am Spiel eine vermögenswerte Leistung in Form eines Einsatzes von mindestens 1 und höchstens 2 Euro pro Spiel zu entrichten war und für welches vom Unternehmer vermögenswerte Leistungen in Form eines Geldbetrages in der Höhe zwischen 2 und maximal 40 Euro in Aussicht gestellt wurden und welche weder von einer Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG umfasst, noch nach § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen war.

 

2.

Sie haben als das zur Vertretung nach außen berufene Organ der P V x mit Sitz in G, x, zu verantworten, dass in der ‚B T ‘ in T, x, Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen iSd § 2 Abs. 4 GSpG, an denen vom Inland aus teilgenommen werden konnte, jeweils seit 19.8.2010 (ab Inkrafttreten der GSpG-Novelle 2010) bis zum Kontrolltag 14.3.2011 von der genannten Firma als Unternehmer iSd § 2 Abs. 2 GSpG unter Verwendung der nachstehenden zwei Glücksspielautomaten fortgesetzt zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen veranstaltet wurden.

 

Gerät 1)

Glücksspielautomat der Type S G, Gerätebezeichnung ‚S K D ‘, Seriennummer x, mit den angebotenen virtuellen Walzenspielen ‚Casino Royal‘, ‚Burning Fruits‘ und ‚Lucky Seven‘, mit einem Mindestspieleinsatz von 0,50 Euro pro Spiel und ein in Verbindung mit dem Erreichen bestimmter Symbolkombinationen in Aussicht gestellter Höchstgewinn von 20 Euro + 98 SG (Super Games), welche weder von einer Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG umfasst, noch nach § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen waren.

 

Gerät 2)

Glücksspielautomat der Type ‚D P O ‘, Gerätebezeichnung ‚P o G ‘, Seriennummer x, mit den angebotenen virtuellen Walzenspielen ‚Jungle Dance‘, ‚Hot Diamonds‘ und ‚Pharaoh’s Book‘, mit einem Mindestspieleinsatz von 0,25 Euro pro Spiel und ein in Verbindung mit dem Erreichen bestimmter Symbolkombinationen in Aussicht gestellter Höchstgewinn von 250 Euro, welche weder von einer Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG umfasst, noch nach § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen waren.“

 

I.2. Dagegen hat der Bf rechtzeitig Berufung (nunmehr: Beschwerde), datiert mit 21. März 2012, erhoben.

 

I.3. Mit Erkenntnis vom 6. Mai 2013, GZ: VwSen-360002/8, wurde dem Rechtsmittel des Bf vom Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich insofern stattgegeben, als Spruchpunkt I. des angefochtenen Straferkenntnisses aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren dahingehend gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 und 3 VStG eingestellt wurde und darüber hinaus das Verfahren wegen Anhängigkeit bei der S W weiterhin ausgesetzt blieb.

 

Gegen diese Entscheidung brachte die Bundesministerin für Finanzen mit 18. Juni 2013 Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof ein.

 

I.4. Mit Erkenntnis vom 22. Juni 2015, 2013/17/0407 bis 0408-6, eingelangt beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich am 22. Juni 2015, behob der Verwaltungsgerichtshof die Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 6. Mai 2013 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

 

Infolge Aufhebung der ursprünglichen Entscheidung ist nunmehr das Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich berufen, über das Rechtsmittel des Bf, welches zwischenzeitig als Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG gilt, neuerlich zu entscheiden.

 

II. Gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG ist die Zuständigkeit zur Weiterführung des gegenständlichen, mit Ablauf des 31. Dezembers 2013 anhängigen Verfahrens auf das Oö. Landesverwaltungsgericht übergegangen.

 

Gemäß § 3 Abs. 1 letzter Satz Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz- VwGbk-ÜG gelten zulässige Berufungen als rechtzeitig erhobene Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG.  

 

Gemäß § 2 VwGVG entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter, soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch einen Senat vorsehen.

 

 

III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

III.1. Gemäß § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

 

Gemäß § 31 Abs. 2 leg. cit. erlischt die Strafbarkeit einer Verwaltungsüber­tretung durch Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und beginnt in dem in Abs. 1 genannten Zeitpunkt. In die Verjährungsfrist werden nicht eingerechnet:

1.   die Zeit, während deren nach einer gesetzlichen Vorschrift die Verfolgung nicht eingeleitet oder fortgesetzt werden kann;

2.   die Zeit, während deren wegen der Tat gegen den Täter ein Strafverfahren bei der Staatsanwaltschaft, beim Gericht oder bei einer anderen Verwal­tungsbehörde geführt wird;

3.   die Zeit, während deren das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung einer Vorfrage ausgesetzt ist;

4.   die Zeit eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof, vor dem Verfas­sungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Union.

 

Die Verjährungsfrist schließt auch das Rechtsmittelverfahren mit ein (VwGH 22.3.2001, 2000/07/0046). Die Strafbarkeitsverjährung ist von Amts wegen wahrzunehmen (VwGH 26.06.2012, 2010/09/0016).

 

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.

 

III.2. Im gegenständlichen Straferkenntnis wird dem Bf – kurz zusammengefasst – vorgeworfen, er habe in der Zeit vom 14.12.2010 bzw. vom 19.08.2010 bis zum Kontrolltag 14.3.2011 Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen veranstaltet.  

 

Aufgrund des angelasteten Tatzeitraumes beginnt die dreijährige Frist mit 14. März 2011 zu laufen. Durch die Einbringung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof (hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Straferkenntnisses) wurde die Verjährung für die Dauer des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof gehemmt. Wie der im Verfahrensakt einliegenden Beschwerde zu entnehmen ist, ist diese am 18. Juni 2013 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangt. Die Entscheidung des Verwaltungs­gerichtshofes wurde dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich am 22. Juni 2015 zugestellt. Im Sinne des § 31 Abs. 2 Z 4 VStG war die Verjährungsfrist (hinsichtlich der unter Spruchpunkt I. des angefochtenen Straferkenntnisses vorgeworfenen Tat) somit vom 18. Juni 2013 bis 22. Juni 2015, also für die Dauer von 2 Jahren und 4 Tagen unterbrochen.

 

Hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Straferkenntnisses hat der Unabhängige Verwaltungssenat am 16. Juli 2012 Anzeige gemäß § 78 Abs. 1 StPO wegen des Verdachts einer gemäß § 168 StGB gerichtlich strafbaren Handlung an die Staatsanwaltschaft Wels erstattet. Mit Schreiben vom 28. Jänner 2014, eingelangt am 4. Februar 2014, hat die Staatsanwaltschaft Wels dem Landesverwaltungsgericht Oö. mitgeteilt, dass das Ermittlungsverfahren gemäß § 190 Z 2 StPO mit der zusammengefassten Begründung eingestellt wurde, dass ein nicht vorwerfbarer Rechtsirrtum iSd § 9 StGB mit der im Strafverfahren erforderlichen Sicherheit nicht auszuschließen sei. Im Sinne des § 31 Abs. 2 Z 2 VStG war die Verjährungsfrist (hinsichtlich der unter Spruchpunkt II. des angefochtenen Straferkenntnisses vorgeworfenen Tat) somit vom 12. Juli 2012 bis 4. Februar 2014, also für die Dauer von 1 Jahr, 6 Monaten und 22 Tagen unterbrochen.

 

Ohne diese Unterbrechungen wäre die Strafbarkeit der vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen am 14. März 2014 erloschen. Durch die im § 31 Abs. 2 Z 2 und 4 VStG geregelte Hemmung der Verjährungsfrist ist zur Berechnung des tatsächlichen Endes der Verjährungsfrist die Zeit der Unterbrechung der in § 31 Abs. 2 VStG geregelten Frist zuzurechnen. Unter Berücksichtigung der Unterbrechung erlosch die Strafbarkeit hinsichtlich der unter Spruchpunkt I. des angefochtenen Straferkenntnisses vorgeworfenen Tat daher am 18. März 2016 und hinsichtlich der unter Spruchpunkt II. des angefochtenen Straferkenntnisses vorgeworfenen Tat daher am 6. Oktober 2015.

 

 

 

Im Hinblick auf die eingetretene Strafbarkeitsverjährung bedarf es keiner weiteren Erörterungen. Das angefochtene Straferkenntnis war aus Anlass des erhobenen Rechtsmittels aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 2 VStG einzustellen, weil nunmehr mit der Strafbarkeitsverjährung ein Umstand vorliegt, der die Strafbarkeit aufhebt. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

Am Rande sei auf den Zeitpunkt der Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes (16.3.2016, Ra 2015/17/0022; 17.3.2016, Ra 2016/17/0036; 30.3.2016, Ra 2015/09/0081; 30.3.2016, Ra 2015/09/0077) hinzuweisen.

 

 

IV. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­ver­waltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Dr. Markus Brandstetter