LVwG-411326/16/Py/TK - 411328/2

Linz, 31.05.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr.in Andrea Panny über die Beschwerden der 1. P GmbH und 2. B A, beide vertreten durch M Rechtsanwälte, x, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 27.1.2015, GZ.: Pol01-61-1-2015, betreffend Beschlagnahmen nach dem Glücksspielgesetz sowie 3. der Finanzpolizei Team 26 für das Finanzamt Lilienfeld St. Pölten gegen Spruchpunkt II. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 27.1.2015,
GZ. Pol01-61-1-2015, wegen Aufhebung einer vorläufigen Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 8. April 2016,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Den Beschwerden zu Spruchpunkt I. wird Folge gegeben und die im bekämpften Bescheid angeordnete Beschlagnahme gemäß § 43 VwGVG aufgehoben. Der Beschwerde zu Spruchpunkt II. wird gemäß § 50 VwGVG keine Folge geben.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land (in der Folge: belangte Behörde) vom 27. Jänner 2015, GZ. Pol01-61-1-2015, wurde gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a Glücksspielgesetz (GSpG), BGBl. Nr. 620/1989, i.d.F. BGBl. I Nr. 13/2014, in Spruchpunkt I. ausgesprochen, dass zur Sicherung der Einziehung die Beschlagnahme der im angefochtenen Bescheid näher bezeichneten Glücksspielgeräte FA-1 bis FA-3 samt dazugehörigen Schlüsseln und allfällig darin angeordneten Geldsummen angeordnet wird.

In Spruchpunkt II. wurde ausgesprochen, dass die vorläufige Beschlagnahme des Gerätes FA-4 aufgehoben wird.

 

Begründend führt die belangte Behörde zu Spruchpunkt I. zusammengefasst aus, dass sich der konkrete Verdacht des Eingriffs in das Glücksspielmonopol des Bundes dadurch ergab, dass bei den betreffenden Glücksspielgeräten virtuelle Walzenspiele angeboten wurden und diese deshalb als Glücksspiele im Sinn des § 1 Abs. 1 GSpG anzusehen waren, da den Spielern keinerlei Möglichkeit geboten wurde, bewusst auf das Zustandekommen eines bestimmten Spielergebnisses Einfluss zu nehmen. Derartige Ausspielungen seien nicht vom Glückspielmonopol des Bundes ausgenommen. Für diese Ausspielungen liege auch keine Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz vor. Im Ermittlungsverfahren konnten die P GmbH als Eigentümer der Geräte und die Gewerbe­inhaberin, Frau B A, als Unternehmerin, die den Zugang zu den Geräten gewährleistete, erhoben werden. Da somit der konkrete Verdacht bestehe, dass fortgesetzt gegen § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG verstoßen wurde, war die Beschlagnahme gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a GSpG anzuordnen.

 

Zu Spruchpunkt II. wird begründend ausgeführt, dass das Oö. Landesverwaltungsgericht u.a. in seiner Entscheidung vom 28.1.2014, GZ. LVwG-410095/3/WEI/Ba, festgehalten hat, dass bei Verwendung des unter FA-4 im Spruch näher angeführten, vorläufig beschlagnahmten Gerätes, keine Ausspielung im Sinn des § 2 GSpG vorliegt, weshalb die vorläufige Beschlag­nahme des Gerätes aufzuheben war.

 

2. Dagegen richteten sich die rechtzeitig eingebrachten Beschwerden.

 

2.1. Die Beschwerdeführer zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides bringen – unter Beantragung der Durchführung einer mündlichen Verhandlung – zusammengefasst vor, dass ein ordentliches Verfahren nicht durchgeführt wurde, die Beschwerdeführer keine Möglichkeit zur Stellungnahme hatten und ihr Recht auf Parteiengehör missachtet wurde. Zudem sei der vorgeworfene Tatzeitpunkt falsch und würden eine Vielzahl von Begründungsmängel vorliegen. Der erhobene Sachverhalt sei in zahlreichen, von den Beschwerdeführern aus­drücklich angeführten Fragen, ergänzungsbedürftig, wobei vorgebracht wird, dass zu deren Beurteilung einerseits die Einholung von Sachverständigen­gutachten, andererseits die Einvernahme von namentlich angeführten Zeugen, beantragt wird.

 

In rechtlicher Hinsicht wird von den Beschwerdeführern zu Spruchpunkt I. ausgeführt, dass die letzte Änderung des § 52 GSpG verfassungswidrig ist und ein Verstoß gegen Art. 7 EMRK iVm Art. 18 BVG sowie gegen Art. 4 Abs. 1 7. ZPENRK sowie gegen Art. 91 B-VG und Art. 2 StG und Art. 7 B-VG vorliegt, weshalb angeregt wird, entsprechende Anträge im Sinn des Art. 140 Abs. 1 Z 1 lit. a iVm Art. 89 Abs. 2 B-VG beim Verfassungsgerichtshof zu stellen.

 

Des Weiteren wird in der Beschwerde vorgebracht, dass eine Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde zum Einschreiten im vorliegenden Fall nicht vorlag und die verfahrensgegenständlichen Eingabeterminals weder Glücksspielautomaten noch elektronische Lotterien darstellen.

 

2.2. Die beschwerdeführende Organpartei bringt hinsichtlich der Beschwerde zu Spruchpunkt II des angefochtenen Straferkenntnisses zusammengefasst vor, dass es sich bei dem vorgefundenen Glücksspielgerät nicht um einen „Musikautomaten“ handeln konnte, da nach Tastenbetätigung weder Musik zu vernehmen war, noch eine Vorrichtung zu finden war, mit welcher die Lautstärke einer Musikwiedergabe allenfalls hätte eingestellt werden können. Das Gerät war durch einen angesteckten USB-Stick „stumm geschaltet“. Beim Betreten des Lokals war die Stereoanlage in Betrieb und relativ laut eingestellt und hat beim Testspiel nach Abzug des USB-Sticks die zu hörende Musik übertönt. Auch sei bei der Kontrolle gegenüber den Kontrollbeamten angegeben worden, dass die Musikabspielfunktion fast nie genutzt werde. Sowohl der Glücksspielveranstalter, als auch der Inhaber und der Eigentümer des Eingriffsgegenstandes wollten somit – offenkundig – gar nicht Musiktitel verkaufen, sondern vielmehr aus der mit dem Gerät ermöglichten Veranstaltung von Glücksspielen in Form von verbotenen Ausspielungen Einnahmen erzielen, weshalb sie als Unternehmer im Sinn des Glückspielgesetzes zu qualifizieren sind. Die Entscheidung über das Spielergebnis, also die Entscheidung über das nach jedem Spieldurchgang beleuchtete Feld, wird stets vom Spielprogramm, also ausschließlich zufallsbestimmt, getroffen. Mangels Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG und weil die Ausspielung nicht vom Glückspielmonopol des Bundes ausgenommen waren, mussten die vorgefundenen Glücksspiele in Form von Ausspielungen als verbotene Ausspielungen betrachtet werden und handelt es sich auch beim als FA-4 im Spruch näher bezeichneten Gerät um ein Glücksspielgerät. Die in den Vordergrund der Betrachtungen gerückte Musikwiedergabefunktion sollte daher bei diesem Gerät den Glücksspielcharakter bloß verschleiern und wurde der Sachverhalt nicht ausreichend erhoben. Im Übrigen ist zumindest zweifelhaft, ob tatsächlich die gegenständlich angebotenen Musiktitel eine adäquate Gegenleistung zu einem Einsatz von einem Euro bieten.

 

3. Erst mit Schreiben vom 7. März 2016, und somit nahezu ein Jahr nach deren Einbringung, legte die belangte Behörde die Beschwerden samt bezughabenden Verwaltungsakt dem Oö. Landesverwaltungsgericht vor, das zur Entscheidung durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin berufen ist.

 

4. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akten­einsicht und Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 8. April 2016. An dieser nahmen der Rechtsvertreter der Beschwerdeführer P GmbH sowie B A sowie ein Vertreter der Finanzpolizei Lilienfeld St. Pölten teil. Als Zeuge wurde ein an der gegenständlichen Kontrolle beteiligtes Organ der Finanzpolizei einvernommen.

 

5. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 2 GSpG (GSpG), BGBl. Nr. 620/1989 idgF sind Ausspielungen Glückspiele,

1.   die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht, oder

2.   bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung im Zusammenhang mit der Teilnahme am Glückspiel erbringen (Einsatz) und

3.   bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

 

Gemäß § 2 Abs. 4 GSpG sind Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glückspielmonopol des Bundes gemäß § 4 ausgenommen sind, verboten.

 

Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hiefür mit einer Geldstrafe zu bestrafen, wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinn des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinn des § 2 Abs. 2 daran beteiligt.

 

Gemäß § 52 Abs. 4 letzter Satz GSpG unterliegen Gegenstände, mit deren Hilfe eine verbotene Ausspielung im Sinn des § 2 Abs. 4 GSpG durchgeführt oder auf andere Weise in das Glückspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, sofern sie nicht gemäß § 54 leg.zit. einzuziehen sind, dem Verfall.

 

Gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a Glücksspielgesetz kann die Behörde die Beschlag­nahme von Glückspielautomaten, sonstigen Eingriffsgegenständen und technischen Hilfsmitteln anordnen, und zwar sowohl wenn der Verfall als auch wenn die Einziehung vorgesehen ist, wenn der Verdacht besteht, dass mit Glückspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glückspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG verstoßen wird.

 

Gemäß § 54 Abs. 1 GSpG sind Gegenstände, mit denen gegen Bestimmungen des § 52 Abs. 1 leg.cit. verstoßen wird, zur Verhinderung weiterer Verwaltungs­übertretungen nach den Bestimmungen des § 52 Abs. 1 leg.cit. einzuziehen, es sei denn, der Verstoß war geringfügig.

 

5.2. Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 27. Jänner 2015 wurde von der belangten Behörde im Spruchpunkt I. die vorläufig ausgesprochene Beschlagnahme hinsichtlich der näher angeführten drei Geräte Nr. FA-1, FA-2 und FA-3 angeordnet und in Spruchpunkt II. ausgesprochen, dass die Beschlagnahme des Gerätes FA-4 aufgehoben wird. Dagegen wurden rechtzeitig die verfahrensgegenständlichen Beschwerden vom 23. Februar 2015 (betreffend Spruchpunkt I.) bzw. vom 24. Februar 2015 (betreffend Spruchpunkt II.) erhoben. Diese Beschwerden wurden von der belangten Behörde dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich jedoch erst mit Schreiben vom 7. März 2016 (beim Landesverwaltungsgericht Oö. eingelangt am 8. März 2016) und somit über ein Jahr nach deren Einbringung durch die Beschwerdeführer, vorgelegt.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind für die Durchführung der Beschlagnahme die Bestimmungen des Verwaltungsstraf­verfahrens maßgeblich. Gemäß § 43 Abs. 1 VwGVG tritt das Straferkenntnis von Gesetz wegen außer Kraft und ist das Verfahren einzustellen, wenn seit dem Einlangen einer rechtzeitig eingebrachten und zulässigen Beschwerde des Beschuldigten bei der Behörde 15 Monate vergangen sind. Die gegenständlichen Beschwerden zu Spruchpunkt I. wurden von der belangten Behörde erst kurz vor der Verjährungsfrist dem Oö. Landesverwaltungsgericht vorgelegt. Dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich war es daher aufgrund dieser späten Vorlage der rechtzeitig erhobenen Beschwerden trotz umgehender Anberaumung einer mündlichen Verhandlung aufgrund der noch in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge und eingebrachten ergänzenden Urkunden und Unterlagen nicht möglich, das Verfahren in den verbleibenden zwei Monaten im Hinblick auf die noch ausstehenden ergänzenden Erhebungen zum Abschluss zu bringen und den für die Entscheidung erforderlichen Sachverhalt innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist ausreichend zu erheben. Der Beschwerde zu Spruchpunkt I war daher ohne näheres Eingehen auf das Beschwerdevorbringen aus formalen Gründen Folge zu geben.

 

Zur Beschwerde der Amtspartei zu Spruchpunkt II ist festzuhalten, dass nach Aussage des in der Verhandlung einvernommenen Zeugen bzgl. des gegen­ständlichen Gerätes FA-4 die Möglichkeit des Herunterladens von Musikstücken auf einen USB-Stick, welcher im Lokal vorhanden war, vorlag. Die Kunden konnten daher vergleichbar mit gängigen sonstigen „Download-Portalen“ Musik erwerben und diese auch für nichtgewerbliche Zwecke weiterverwenden. Für den gleichläufig erfolgten Lichterkranzlauf war von den Kunden kein weiterer Einsatz mehr zu leisten. Dass das gegenständliche Gerät von dem in der Rechtsansicht der dem Finanzministerium zurechenbaren Stabstelle der Finanzpolizei beschriebenen Geräten abwich, konnte im Rahmen des Verfahrens vor dem Oö. Landesverwaltungsgericht nicht schlüssig nachgewiesen werden, weshalb die Entscheidung der belangten Behörde zu Spruchpunkt II. nicht als rechtswidrig erachtet werden kann.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

II.          Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Andrea Panny