LVwG-550727/7/Kü/BHu

Linz, 09.06.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Thomas Kühberger über die Beschwerde von Herrn F E, vertreten durch Rechtsanwaltskanzlei Mag. Dr. A M, x, L, vom 13. November 2015, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 13. Oktober 2015, GZ: UR01-24-2014, betreffend abfallrechtlichen Behandlungsauftrag gemäß § 73 AWG 2002, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 2. Mai 2016

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde teilweise stattgegeben und Spruchpunkt I.2. des angefochtenen Bescheides aufgehoben. Im Übrigen wird der ange­fochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, als die Frist für die vollständige Entfernung der Abfälle bis 30. Juni 2018 erstreckt wird.

 

II.      Gemäß § 17 VwGVG iVm § 77 Abs. 1 AVG wird der Beschwerde­führer verpflichtet, folgende Verfahrenskosten zu tragen und den Betrag binnen zwei Wochen ab Rechtskraft dieses Erkenntnisses zu entrichten:

Kommissionsgebühren gemäß § 3 Abs. 1 Oö. Landes-Kommissionsgebüh­renverordnung 2013, LGBl.Nr. 82/2013, für die Durchführung der auswärti­gen mündlichen Verhandlung am 2. Mai 2016 für drei Amtsorgane, je 3 halbe Stunden (á 20,40 Euro), gesamt somit 183,60 Euro.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 13. Oktober 2015, GZ: UR01-24-2014, wurde dem Beschwerdeführer (im Fol­genden: Bf) gemäß § 73 Abs. 1 iVm § 1 Abs. 3 Z 2 und 9 iVm § 15 Abs. 1 und 3 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) aufgetragen, hinsichtlich der im Folgenden durch Fotoaufnahmen vom 13. Mai 2014 (acht Farbfotos) belegten und auf Grundstücken x und x, KG W, Gemeinde P, am 13. Mai 2014 vorgefun­denen Abfalllagerungen

1) ca. 25 m3 Abbruchbaurestmassen in Form von Tonziegeln, sogenanntes Normalformat und auch Hochformat

2) allfällige Restbestände von Altreifen

bis spätestens zwei Monate nach Zustellung dieses Bescheides einer nachweislich nach dem Stand der Technik und der jeweiligen Abfallart entsprechenden ordnungsgemäßen Entsorgung, unter Vorlage geeigneter Entsorgungsnachweise zuzuführen.

Alternativ wurde hinsichtlich der 25 m3 Baurestmassen festgehalten, dass zum Zweck der Weiterverwendung für einen minderen bautechnischen Einsatz eine Lagerung im unmittelbaren Bereich eines bewohnten Anwesens oder in einem Gebäude – nach einem gängigen Ordnungsprinzip (Stapelung) – durchzuführen und den Standort unter Angaben der Grundstücksnummer und Katastralgemein­de bekannt zu geben, wobei diesbezüglich eine Fotodokumentation zu über­mitteln ist.

 

Begründend wurde nach Darstellung der Rechtsgrundlagen und der Stellung­nahme des Verpflichteten festgehalten, dass die Tonziegel bereits seit mindes­tens zehn Jahren – wahrscheinlich schon Jahrzehnte – vor Ort gelagert würden. Sie würden von einem Gebäudeabbruch in L stammen. Der Bf habe in den 80er-Jahren ein Bauvorhaben auf dem Grundstück geplant, das Bauansuchen sei je­doch mangels Baulandwidmung abschlägig behandelt worden. Die Ziegel sollten offensichtlich schon damals für dieses Bauvorhaben verwendet werden. Der Bf habe in der Folge andere Bauvorhaben ausgeführt, bei denen er einen Großteil der Ziegel verwendet habe. Bei dem noch vor Ort gelagerten Ziegeln, handle es sich um den Restbestand. Festzustellen sei, dass der Bf am Standort über keine Genehmigung für einen Lagerplatz verfüge.

 

Bezüglich der Altreifen habe der Bf inzwischen zwei Entsorgungsbestätigungen des A N vorgelegt. Darin würde die Entsorgung von 27 Stück Altreifen, sowie 13 Stück Altreifen und 80 kg Altreifen bestätigt. Ob noch Altreifen auf dem Grundstück lagern würden, könne nicht gesagt werden, da dies bei einer Ge­samtüberprüfung zu diesem Entsorgungsauftrag festzustellen sei. Daher seien in diesem Auftrag noch allfällige Reifenablagerungen berücksichtigt.

 

Durch die Lagerungen werde jedenfalls das Orts- und Landschaftsbild massiv beeinträchtigt. Die Bezirksbeauftragte für Natur- und Landschaftsschutz führe weiters aus, dass die Lagerungen mitten in einer Kulturlandschaft stattfinden, den Wiesen–Gebüschstandort nachteilig und maßgeblich verändern und der Flächenverlust als (Zer)Störung der Lebensbedingungen von Pflanzen und Tieren zu werten sei. Durch die Lagerung würden daher öffentliche Interessen nach § 1 Abs. 3 Z 2 und 9 AWG verletzt. Die objektive Abfalleigenschaft liege vor.

 

Dem Bf sei die Alternative eröffnet worden, die Ziegel für einen minderen bau­technischen Einsatz statt der Entsorgung einer Behandlung im Sinn einer Endver­wertung (unter vorher geordneten Lagerbedingungen) zuzuführen.

 

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde, in der bean­tragt wird, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und vollständiger Beweisaufnahme, den Bescheid aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Beweisergänzung an die Behörde zurückzuverweisen, in eventu den Bescheid aufzuheben.

 

Begründend wurde festgehalten, dass der Bf noch im Verfahren zwei Entsor­gungsbestätigungen des A N vorgelegt habe, in denen enthalten sei, dass die Entsorgung von 27 Stück Altreifen, sowie 13 Stück Altreifen und 80 kg Altreifen vorgenommen worden seien. Von der Behörde sei in der Begründung festgestellt worden, dass nicht gesagt werden könne, ob noch Altreifen auf dem Grundstück lagern würden. Aus diesem Grund seien entsprechende bescheidmäßige Vor­schreibungen zur Entfernung von Restbeständen von Altreifen rechtswidrig.

 

Das Beweisverfahren habe ergeben, dass der Bf insgesamt 44.000 Ziegel auf das Grundstück verbracht habe und diese zum Großteil bereits für den Bau von zwei Wohnhäusern verbraucht worden seien. Die derzeit noch gelagerten Ziegel würden bei der Errichtung des Wohnhauses seines Sohnes benötigt. Bei den 25 m3 Abbruchbaurestmassen handle es sich um Römerziegel, die jedenfalls voll umfänglich verwendet werden könnten und daher gemäß § 2 AWG jedenfalls keinen Abfall darstellen würden. Die noch ca. vier Paletten, bestückt mit Römer­ziegeln, seien auf der Liegenschaft x gelagert, auf welcher ein Gebäude gestan­den sei, welches bis dato noch nicht zur Gänze abgetragen sei. Grundstück x sei ein bebauter Sternchengrund, eine Zwischenlagerung der Ziegel sei sohin keines­falls rechtswidrig. Der Bescheid sei sohin rechtswidrig ergangen, da die Behörde § 2 AWG 2002 falsch ausgelegt habe.

 

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach als belangte Behörde hat die gegenständliche Beschwerde samt Verwaltungsverfahrensakt mit Schreiben vom 2. Dezember 2015 dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entschei­dungsfindung vorgelegt. Dieses hat gemäß § 2 VwGVG durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden.

 

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhand­lung am 2. Mai 2016 an Ort und Stelle, an welcher der Bf in Begleitung seines Rechtsvertreters teilgenommen hat. Der mündlichen Verhandlung wurden auch der Sachverständige für Abfalltechnik und die Sachverständige für Natur- und Landschaftsschutz beigezogen.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

Der Bf ist Eigentümer der Grundstücke x und x, KG W, Gemeinde P. Vor ca. 30 Jahren hat der Bf diese Grundstücke gekauft und beabsichtigt, auf dieser Fläche ein Haus zu errichten. Zu dieser Zeit hat der Bf in L gearbeitet und davon Kenntnis erlangt, dass die gegenüber seinem Arbeitsplatz gelegene Postgarage in der R abgerissen werden sollte. Der Bf hat daraufhin mit dem für die Abbruch­arbeiten zuständigen Baumeister Kontakt aufgenommen und sich angetragen, selbst diesen Abbruch durchzuführen. Der Bf wollte die beim Abbruch gewonnen­en Ziegel für den Bau seines geplanten Hauses verwenden. Der zuständige Bau­meister willigte ein und überließ dem Bf die Abbrucharbeiten. Insgesamt wurden sodann vom Bf ca. 44 Paletten zu je 1000 Stück Ziegeln nach P verbracht und auf dem Grundstück in der KG W gelagert.

 

In der Folge verwendete der Bf diese Ziegel für den Bau von Häusern auf ande­ren Grundflächen. Für die gegenständlichen Grundflächen, und zwar Fläche x und Teilbereiche des Grundstückes x, hat der Bf allerdings keine Baubewilligung für die Errichtung eines Gebäudes erhalten, sodass die Ziegel anderweitig verwendet werden mussten.

 

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt lagern noch ca. zehn Paletten Ziegel auf dem Grundstück, welche mittels Plane abgedeckt sind. Im Zuge des Lokalaugenschei­nes bei der mündlichen Verhandlung konnte festgestellt werden, dass die Ziegel nicht porös sind und damit noch weiter verwendet werden können.

 

Der Bf führt zum beabsichtigten Verwendungszweck der Ziegel aus, dass sein Sohn Eigentümer des Objektes V x ist, welches sich in 300 m Entfernung zu den gelagerten Ziegeln befindet. Sein Sohn ist derzeit beim M in B und ist in zeitlicher Hinsicht nicht abzuschätzen, wann dieser mit den Bauarbeiten beginnen wird. Jedenfalls ist bereits ein Baumeister mit der Planung des Hauses beauftragt.

 

In der mündlichen Verhandlung wurde ein Lokalaugenschein durchgeführt und die Lagerung der Abbruchziegel von den beigezogenen Sachverständigen noch­mals in Augenschein genommen. Von der Sachverständigen für Natur- und Land­schaftsschutz wurde festgehalten, dass sich an ihren bisherigen fachlichen Aus­führungen, welche sie in der naturschutzfachlichen Stellungnahme vom 16. Juni 2015 dargestellt hat, nichts geändert hat. Zusammenfassend führt sie aus, dass die Lagerungen von Abbruchbaurestmassen im Bereich der Land­schaftselemente nicht dem üblichen Erscheinungsbild der umgebenden Land­schaft entsprechen und eine störende bzw. maßgebend verändernde Wirkung des Erscheinungsbildes gegenüber der übrigen Landschaft daher durchaus gegeben und erkennbar ist.

 

Im Zuge des Lokalaugenscheines konnten am Grundstück keine Lagerungen von Altreifen festgestellt werden.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem schriftlichen Vorbringen des Bf bzw. dessen persönlichen Ausführungen im Zuge der mündlichen Verhandlung, sodass dieser im Wesentlichen unbestritten feststeht. Beim Lokalaugenschein vor Ort wurde vom Bf demonstriert, dass die gelagerten Ziegel nicht porös sind, son­dern noch eine Härte aufweisen, die es zulässt, diese Ziegel weiter zu verwen­den. Die Ziegel waren jedenfalls mit Plane abgedeckt und vor Niederschlägen ge­schützt. Vereinbart wurde im Zuge der mündlichen Verhandlung, dass der Boden rund um die gelagerten Ziegel von sämtlichem Unrat gesäubert wird, sodass nur mehr die Paletten bzw. die geschlichteten Ziegel am Grundstück vorhanden sind. Altreifen waren beim Lokalaugenschein am Grundstück nicht mehr vorhanden.

 

 

II. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

1. Rechtslage:

Die im gegenständlichen Fall zur Anwendung gelangenden Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 - AWG 2002, BGBl. I Nr. 102/2002, idF. BGBl. I Nr. 193/2013, lauten wie folgt:

 

 

Allgemeine Bestimmungen

Ziele und Grundsätze

 

§ 1.

[....]

(3) Im öffentlichen Interesse ist die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behand­lung als Abfall erforderlich, wenn andernfalls

1.    die Gesundheit der Menschen gefährdet oder unzumutbare Belästigungen bewirkt werden können,

2.    Gefahren für Wasser, Luft, Boden, Tiere oder Pflanzen und deren natürlichen Lebensbedingungen verursacht werden können,

3.    die nachhaltige Nutzung von Wasser oder Boden beeinträchtigt werden kann,

4.    die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden kann,

5.    Brand- oder Explosionsgefahren herbeigeführt werden können,

6.    Geräusche oder Lärm im übermäßigen Ausmaß verursacht werden können,

7.    das Auftreten oder die Vermehrung von Krankheitserregern begünstigt werden können,

8.    die öffentliche Ordnung und Sicherheit gestört werden kann oder

9.    Orts- und Landschaftsbild sowie Kulturgüter erheblich beeinträchtigt werden können.

 

Begriffsbestimmungen

 

§ 2. (1) Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes sind bewegliche Sachen,

1.    deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder

2.    deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) nicht zu beeinträchtigen.

 

(2) Als Abfälle gelten Sachen, deren ordnungsgemäße Sammlung, Lagerung, Beför­derung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse erforderlich ist, auch dann, wenn sie eine die Umwelt beeinträchtigende Verbindung mit dem Boden eingegangen sind. Die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse kann auch dann erforderlich sein, wenn für eine bewegliche Sache ein Entgelt erzielt werden kann.

 

(3) Eine geordnete Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung im Sinne die­ses Bundesgesetzes ist jedenfalls solange nicht im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3) er­forderlich, solange

1.    eine Sache nach allgemeiner Verkehrsauffassung neu ist oder

2.    sie in einer nach allgemeiner Verkehrsauffassung für sie bestimmungsgemäßen Verwendung steht.

Die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung von Mist, Jauche, Gülle und or­ganisch kompostierbarem Material als Abfall ist dann nicht im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3) erforderlich, wenn diese im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs anfallen und im unmittelbaren Bereich eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs einer zulässigen Verwendung zugeführt werden.

[....]

 

Allgemeine Behandlungspflichten für Abfallbesitzer

 

§ 15. (1) Bei der Sammlung, Beförderung, Lagerung und Behandlung von Abfällen und beim sonstigen Umgang mit Abfällen sind

  1. die Ziele und Grundsätze gemäß § 1 Abs. 1 und 2 zu beachten und
  2. Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) zu vermeiden.

....

 

(3) Abfälle dürfen außerhalb von

  1. hierfür genehmigten Anlagen oder
  2. für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten

nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden. Eine Ablagerung von Abfällen darf nur in hierfür genehmigten Deponien erfolgen.

[....]

Behandlungsauftrag

 

§ 73. (1) Wenn

  1. Abfälle nicht gemäß den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, nach diesem Bundesgesetz erlassenen Verordnungen, nach EG-VerbringungsV oder nach
    EG-POP-V gesammelt, gelagert, befördert, verbracht oder behandelt werden oder
  2. die schadlose Behandlung der Abfälle zur Vermeidung von Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) geboten ist,

hat die Behörde die erforderlichen Maßnahmen dem Verpflichteten mit Bescheid aufzutra­gen oder das rechtswidrige Handeln zu untersagen.“

 

 

2. Tatsache ist – wie vom Bf zutreffend im Beschwerdevorbringen festgehal­ten – dass dieser noch vor Erlassung der behördlichen Entscheidung Belege der Oö. L A A (A N) über die Entsorgung von insgesamt 40 Stück PKW-Altreifen und 80 kg Altreifen vorgelegt hat. Diese Dokumente weisen nach, dass am 19. September 2015 die Altreifen zur Entsorgung übergeben wurden und somit zum Entscheidungszeitpunkt der Behörde, 13. Oktober 2015, nicht mehr auf gegenständlichen Grundstücken gelagert gewesen sind. Insofern wendet der Bf zu Recht ein, dass diese Abfälle nicht Gegenstand eines Behandlungsauftrages gemäß § 73 Abs. 1 AWG 2002 sein können. Auch im Zuge des vom Landesver­waltungsgericht Oberösterreich durchgeführten Lokalaugenscheines konnten kei­ne Altreifen mehr vor Ort gelagert vorgefunden werden. Wenn die belangte Be­hörde in der Begründung ausführt, dass nicht gesagt werden kann, ob zum Ent­scheidungszeitpunkt noch Altreifen gelagert wurden, entspricht dies jedenfalls nicht einem rechtstaatlich gebotenen Ermittlungsverfahren. Insgesamt war daher in diesem Punkt der Beschwerde zu folgen und der Spruchpunkt I.2. des ange­fochtenen Bescheides zu beheben.

 

 

3. Voraussetzung für die Erlassung eines Behandlungsauftrages nach § 73 Abs. 1 AWG 2002 ist, dass die in Rede stehenden Materialien Abfälle im Sinne des § 2 Abs. 1 AWG 2002 sind (VwGH vom 24. Mai 2012, 2009/07/0123 mwN).

 

Im Sinne des § 2 Abs. 1 AWG 2002 sind bewegliche Sachen dann als Abfälle ein­zustufen, wenn entweder der subjektive (Z 1) oder der objektive (Z 2) Abfall­begriff erfüllt ist.

 

Eine Sache ist gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 AWG 2002 dann Abfall im subjektiven Sinn, wenn sich der Besitzer der Sache entledigen will oder entledigt hat. Dabei reicht es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aus, dass bei irgend­einem Vorbesitzer die Entledigungsabsicht bestanden hat (vgl. etwa nur VwGH vom 27. Juni 2013, 2013/07/0041 mwN; VwGH vom 15. September 2011, 2009/07/0154 mwN).

 

Für die Verwirklichung des objektiven Abfallbegriffes des § 2 Abs. 1 Z 2 AWG 2002 reicht die bloße Möglichkeit einer Gefährdung von Schutzgütern im Sinne des § 1 Abs. 3 leg.cit. aus. Es kommt daher nicht darauf an, dass eine konkrete Gefahrensituation nachweisbar ist (VwGH vom 20. März 2013, 2010/07/0175).

 

Von einer Entledigungsabsicht des Bf, bezogen auf die auf unbefestigter Fläche gelagerten Ziegel, kann jedenfalls nicht ausgegangen werden, da dieser bereits in der Vergangenheit derartige Ziegel für den Bau von Häusern verwendet hat bzw. die restlichen noch am Grundstück lagernden Ziegel sein Sohn für den Bau eines Hauses in 300 m Entfernung zur Lagerfläche verwenden kann.

 

Zur Abfalleigenschaft der gelagerten Ziegel in objektiver Hinsicht ist die natur­schutzfachliche Stellungnahme der Sachverständigen für Natur- und Landschafts­schutz vom 16. Juni 2015 heranzuziehen. Gemäß den Ausführungen befinden sich die betroffenen Grundstücke in der KG W, inmitten einer relativ offenen Kul­turlandschaft, in welcher landschaftsprägende Kleinstrukturen nur noch verein­zelt ausgeprägt sind. Die gegenständliche Parzelle grenzt im Süden und im Wes­ten an öffentliches Gut. Die gelagerten Gegenstände sind für den Betrachter of­fensichtlich und vom Blickfeld der Öffentlichkeit voll zugänglich. Die Sachver­ständige kommt insgesamt zum Schluss, dass die Lagerung der Abbruchbaurest­massen im Bereich der Landschaftselemente nicht dem üblichen Erscheinungsbild der umgebenden Landschaft entspreche und eine störende bzw. maßgebend ver­ändernde Wirkung des Erscheinungsbildes gegenüber der übrigen Landschaft durchaus gegeben und erkennbar ist.

 

Die schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen der Sachverständigen, die diese im Zuge der mündlichen Verhandlung während des Lokalaugenscheines be­stätigt hat, reichen zur Annahme, dass die Lagerung der gegenständlichen Ziegel dem öffentlichen Interesse im Sinne des § 1 Abs. 3 Z 9 AWG 2002 zuwiderläuft, zumal eine erhebliche Beeinträchtigung des Landschaftsbildes damit verbunden ist. Die gebrauchten Ziegel sind auf unbefestigter Fläche gelagert und stehen da­her nicht in bestimmungsgemäßer Verwendung. Insgesamt ist daher festzu­stellen, dass die gelagerten Ziegel den objektiven Abfallbegriff des § 2 Abs. 1 AWG 2002 erfüllen.

 

Dem Wortlaut des § 15 Abs. 3 AWG 2002 folgend, dürfen Abfälle außerhalb von hierfür genehmigten Anlagen oder für die Sammlung oder Behandlung vorge­sehenen geeigneten Orten nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden. Dass für die gegenständliche Fläche eine abfallrechtliche Genehmigung für die Lagerung der Ziegel besteht, wurde vom Bf nicht behauptet und konnte auch im Ermittlungsverfahren nicht festgestellt werden. Der Sachverständige für Abfall­technik hielt im Zuge seiner Beurteilung im Verfahren vor der belangten Behörde fest, dass eine unbefestigte Fläche kein geeigneter Ort für die Lagerung der gegenständlichen Ziegel darstellt. Die vorgefundene Situation stellt daher einen Widerspruch zu § 15 Abs. 3 AWG 2002 dar. Diese Tatsache führt insgesamt auch berechtigt zur Anwendung des § 73 Abs. 1 AWG 2002, wonach von der Behörde dem Verpflichteten die erforderlichen Maßnahmen aufzutragen sind, wenn Abfälle entgegen den Bestimmungen des AWG 2002 gelagert werden. Insofern verletzt die von der belangten Behörde im Spruchpunkt I.1. des angefochtenen Beschei­des getroffene Anordnung den Bf nicht in seinen Rechten, weshalb der gegen­ständliche Behandlungsauftrag zu Recht ergangen ist.

 

Festzuhalten ist, dass der Bf im Zuge des abgeführten Lokalaugenscheines bean­tragt hat, ihm eine ausreichend bemessene Frist zur Entfernung der gelagerten Ziegel vom gegenständlichen Grundstück zu setzen, zumal, auf Grund des Aus­landaufenthaltes seines Sohnes, gegenwärtig der Baubeginn des neuen Hauses, bei dem die Ziegel verwendet werden sollten, nicht abgeschätzt werden kann. Die Sachverständige für Natur- und Landschaftsschutz führte zu diesem Ansin­nen aus, dass in fachlicher Hinsicht eine längere Frist für die Entfernung der Bau­restmassen gebilligt werden kann, da den Verfahrensergebnissen zufolge die Ma­terialien bereits seit ca. 30 Jahren auf gegenständlichem Grundstück gelagert sind und damit ein sofortiges Handeln nicht geboten erscheint. Jedenfalls umge­hend umzusetzen ist eine Säuberung der umliegenden Bereiche der Abfall­lagerung, welche vom Bf auch zugesichert wurde.

 

Insgesamt erachtet es daher das erkennende Gericht, im Hinblick auf die speziel­le Situation des vorliegenden Falles, nicht geboten eine umgehende Entfernung der noch vorhandenen Altziegel anzuordnen. Auf der vom Sohn des Bf in Aus­sicht genommenen Fläche befindet sich gegenwärtig noch ein altes Gebäude, welches abzutragen sein wird. Eine zwischenzeitige Lagerung der Altziegel auf diesem Gelände könnte daher die geplanten Baumaßnahmen beeinträchtigen. Außerdem würde auch auf diesem Grundstück sodann eine, von Weiten einsich­tige, Lagerung der Altziegel auf unbefestigter Fläche erfolgen. Aus diesem Grun­de kann daher, da gegenwärtig nachteilige Folgen, bis auf die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes, nicht zu erwarten sind, dem Antrag des Bf auf Setzung einer großzügigen Frist zur restlosen Entfernung der Baurestmassen vom gegen­ständlichen Grundstück entsprochen werden und war diese damit – unter Würdi­gung des Bauvorhabens des Sohnes des Bf – wie im Spruch festgelegt, neu zu bemessen.

 

 

III. Die Vorschreibung der Verfahrenskosten gründet sich auf die angeführten Gesetzes- und Verordnungsbestimmungen.

 

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtspre­chung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichts­hof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwal­tungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwer­de bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Thomas Kühberger